9.6.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 185/105


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Legale Einwanderung

(2017/C 185/13)

Berichterstatter:

Olgierd GEBLEWICZ (PL/EVP), Marschall der Woiwodschaft Westpommern

Referenzdokument:

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zur Ausübung einer umfassende Qualifikationen voraussetzenden Beschäftigung

COM(2016) 378 final

I.   EMPFEHLUNGEN FÜR ÄNDERUNGEN

Änderung 1

Artikel 2 Buchstabe h

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

„höherer Bildungsabschluss“ ein von einer zuständigen Stelle ausgestelltes Diplom, ein von ihr ausgestelltes Prüfungszeugnis oder einen sonstigen von ihr ausgestellten Befähigungsnachweis, das beziehungsweise der nach erfolgreichem Abschluss eines Hochschulstudiums oder eines diesem gleichwertigen tertiären Bildungsprogramms — d. h. einer Reihe von Lehrveranstaltungen in einer staatlich anerkannten Hochschule oder gleichwertigen tertiären Bildungseinrichtung in dem betreffenden Land — erworben wurde, und bei dem die zu seinem Erwerb erforderlichen Studien mindestens drei Jahre gedauert haben und nach nationalem Recht mindestens Stufe 6 der ISCED 2011 oder Stufe 6 des EQR entsprechen;

„höherer Bildungsabschluss“ ein von einer zuständigen Stelle ausgestelltes Diplom, ein von ihr ausgestelltes Prüfungszeugnis oder einen sonstigen von ihr ausgestellten Befähigungsnachweis, das beziehungsweise der nach erfolgreichem Abschluss eines Hochschulstudiums oder eines diesem gleichwertigen tertiären Bildungsprogramms — d. h. einer Reihe von Lehrveranstaltungen in einer staatlich anerkannten Hochschule oder gleichwertigen tertiären Bildungseinrichtung in dem betreffenden Land — erworben wurde, und bei dem die zu seinem Erwerb erforderlichen Studien mindestens drei Jahre gedauert haben und nach nationalem Recht mindestens Stufe 6 der ISCED 2011 oder Stufe 6 des EQR entsprechen; im Fall von anerkannten Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten, die sich in der EU aufhalten und nicht über die für die Anerkennung ihrer Qualifikationen erforderlichen Befähigungsnachweise verfügen, führen die Mitgliedstaaten entsprechende zusätzliche Verfahren zur Bestimmung ihres Bildungs- und Qualifikationsniveaus durch ;

Begründung

Der zitierte Begriff sollte neu definiert werden, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass eine potenziell große Gruppe von anerkannten Flüchtlingen möglicherweise nicht in der Lage ist, ihre beruflichen Qualifikationen nachzuweisen. In den vorgeschlagenen Bestimmungen der Richtlinie ist daher ein deutlich flexiblerer Ansatz vorzusehen, als dies jetzt der Fall ist. Der AdR weist in diesem Zusammenhang auf die bereits vorhandenen Dokumente hin, in denen Erfahrungen aus diesem Bereich zusammengefasst sind, insbesondere auf das derzeit in Erarbeitung befindliche Dokument „A Skills Profile Tool Kit for Third Country Nationals“, das im Rahmen der neuen europäischen Agenda für Kompetenzen vorgeschlagen wird. Außerdem empfiehlt der AdR, die einschlägigen Erfahrungen der europäischen Regionen zu nutzen.

Änderung 2

Artikel 2 Buchstabe i

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

„höhere berufliche Fertigkeiten“ die Fertigkeiten, die anhand einer mindestens dreijährigen einschlägigen Berufserfahrung nachgewiesen werden, deren Niveau mit einem Hochschulabschluss vergleichbar ist und die in dem im Arbeitsvertrag oder verbindlichen Arbeitsplatzangebot genannten Beruf oder der Branche erforderlich sind;

„höhere berufliche Fertigkeiten“ die Fertigkeiten, die anhand einer mindestens dreijährigen einschlägigen Berufserfahrung nachgewiesen werden, deren Niveau mit einem Hochschulabschluss vergleichbar ist und die in dem im Arbeitsvertrag oder verbindlichen Arbeitsplatzangebot genannten Beruf oder der Branche erforderlich sind; im Fall von anerkannten Flüchtlingen sowie subsidiär Schutzberechtigten, die sich in der EU aufhalten und nicht über die für die Anerkennung ihrer höheren beruflichen Qualifikationen erforderlichen Befähigungsnachweise verfügen, führen die Mitgliedstaaten entsprechende zusätzliche Verfahren zur Bestimmung ihres Qualifikationsniveaus und ihrer Berufserfahrung durch;

Begründung

Siehe vorherige Ziffer.

Änderung 3

Artikel 6 Absatz 4

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

Die Mitgliedstaaten können einen Antrag auf eine Blaue Karte EU ablehnen, um eine Anwerbung unter ethischen Gesichtspunkten in Branchen sicherzustellen, in denen im Herkunftsland ein Mangel an beruflich qualifizierten Fachkräften besteht.

Die Mitgliedstaaten können einen Antrag auf eine Blaue Karte EU ablehnen, um eine Anwerbung unter ethischen Gesichtspunkten in Branchen sicherzustellen, in denen im Herkunftsland ein Mangel an beruflich qualifizierten Fachkräften besteht. Um bei der Anwerbung eine angemessene Berücksichtigung der ethischen Aspekte zu gewährleisten, stützen sich die Mitgliedstaaten auf internationale Standards, wie z. B. jene der Internationalen Organisation für Migration bzw. auf das Überwachungssystem IRIS.

Begründung

Bei der Anwerbung hoch qualifizierter Arbeitskräfte spielen ethische Fragen eine besonders wichtige Rolle. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Nachfrage seitens der europäischen Arbeitgeber häufig Berufe betrifft, in denen ein besonders starker Mangel an Arbeitskräften besteht, die aber auch in den Drittländern dringend gebraucht werden. Wandern solche Arbeitskräfte gehäuft und unkontrolliert ab, kann dies zu einer langfristigen Verschlechterung der sozioökonomischen Lage in den Herkunftsländern und damit de facto zu einer Vergrößerung des Migrationspotenzials führen. Es wird vorgeschlagen, die Bestimmungen zur Anwerbung unter ethischen Gesichtspunkten um konkrete Grundsätze zu ergänzen, die u. a. von internationalen Organisationen festgelegt werden. In diesem Zusammenhang sollten u. a. die Initiative der Internationalen Organisation für Migration „A Private Public Alliance for Fair and Ethical Recruitment“ sowie das Überwachungssystem IRIS berücksichtigt werden.

Änderung 4

Artikel 12 Absatz 1

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

Anerkannte Arbeitgeber: Die Mitgliedstaaten können zwecks Anwendung vereinfachter Verfahren für die Erteilung einer Blauen Karte EU beschließen, Anerkennungsverfahren für Arbeitgeber gemäß ihren einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder ihrer Verwaltungspraxis einzuführen.

Beschließt ein Mitgliedstaat die Einführung von Anerkennungsverfahren, so stellt er den betreffenden Arbeitgebern klare und transparente Informationen insbesondere über die Genehmigungsbedingungen und -kriterien, die Gültigkeitsdauer der Anerkennung und die Folgen der Nichteinhaltung der Bedingungen einschließlich eines etwaigen Entzugs, einer etwaigen Nichtverlängerung sowie etwaiger geltender Sanktionen zur Verfügung.

Anerkannte Arbeitgeber: Die Mitgliedstaaten können zwecks Anwendung vereinfachter Verfahren für die Erteilung einer Blauen Karte EU beschließen, Anerkennungsverfahren für Arbeitgeber gemäß ihren einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder ihrer Verwaltungspraxis einzuführen. Die Kriterien umfassen die ethischen Aspekte der Anwerbung (insbesondere frühere Erfahrungen des jeweiligen Arbeitgebers mit der Beschäftigung hoch qualifizierter Drittstaatsangehöriger), dazu wird unter Beteiligung der Institutionen der regionalen und lokalen Ebene eine Liste der anerkannten Arbeitgeber erstellt.

Beschließt ein Mitgliedstaat die Einführung von Anerkennungsverfahren, so stellt er den betreffenden Arbeitgebern klare und transparente Informationen insbesondere über die Genehmigungsbedingungen und -kriterien, die Gültigkeitsdauer der Anerkennung und die Folgen der Nichteinhaltung der Bedingungen einschließlich eines etwaigen Entzugs, einer etwaigen Nichtverlängerung sowie etwaiger geltender Sanktionen zur Verfügung.

Begründung

Der AdR fordert, unter Berücksichtigung der regionalen und lokalen Dimension sowie der ethischen Aspekte der Anwerbung ergänzend konkrete Voraussetzungen für die Einstufung als „anerkannter Arbeitgeber“ festzulegen. Er schlägt vor, dass eine solche Liste von Arbeitgebern, die vereinfachte Verfahren anwenden können, unter Einbindung der regionalen und lokalen Institutionen erstellt wird und dabei auch ethischen Aspekten der Anwerbung Rechnung getragen wird.

II.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

Allgemeine Empfehlungen

1.

würdigt die Bemühungen der Organe der Europäischen Union, ein adäquates Angebot an hoch qualifizierten Arbeitskräften durch eine Stärkung der gemeinsamen EU-Standards und -Verfahren für den Zugang solcher Migranten zum EU-Arbeitsmarkt sicherzustellen. In diesem Zusammenhang sind die vorgeschlagenen Maßnahmen als Schritt in die richtige Richtung und zumindest teilweise als Antwort auf die Kritik an der derzeit geltenden Richtlinie zu werten;

2.

ist der Auffassung, dass die Förderung und Schaffung wirksamer legaler/dokumentierter Einwanderungsmöglichkeiten für Drittstaatsangehörige weiterhin eine der Prioritäten der Migrationspolitik sowohl der EU als auch der einzelnen Mitgliedstaaten und Regionen bleiben sollte. In diesem Sinne ist ein verbesserter Rechtsrahmen für hoch qualifizierte Migranten ein wichtiger Aspekt der erforderlichen Schaffung einer umfassenden EU-Migrationspolitik auf der Grundlage der Wahrung der Menschenrechte, der internationalen Verpflichtungen und der Solidarität;

3.

vertritt den Standpunkt, dass das langfristige Ziel der Europäischen Union, ein wettbewerbsfähiger globaler Akteur zu bleiben, die Erarbeitung und Anpassung einer komplexen Strategie zur Anziehung von Humankapital, aber auch von finanziellen Investitionen aus Drittstaaten erfordert. Wichtig ist der letztgenannte Aspekt für jedes Wirtschaftssystem, das auf eine Stärkung seiner Innovationskraft, seines technologischen Entwicklungsstands und seiner Wettbewerbsfähigkeit ausgerichtet ist. Besondere Bedeutung erlangt er jedoch vor dem Hintergrund der demografischen Situation in einem Teil der Mitgliedstaaten sowie im Hinblick auf die Probleme auf den EU-Arbeitsmärkten;

4.

weist darauf hin, dass die Europäische Union bereits jetzt in bestimmten Branchen mit einem Arbeitskräftemangel zu kämpfen hat und sich dieser Mangel aufgrund der ungünstigen demografischen Entwicklung weiter verschlimmern wird. Gleichzeitig zieht die EU im Wettbewerb um die besten Köpfe, in dem sie mit anderen globalen Akteuren wie den USA, Kanada oder Australien steht, derzeit den Kürzeren;

5.

weist darauf hin, dass die Maßnahmen zur Anwerbung von Arbeitskräften aus Drittstaaten kein Ersatz für breit angelegte und im Rahmen eines langen Investitionszeitraums geplante Maßnahmen im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung für die Bewohnerinnen und Bewohner der EU sein können und dürfen. Angesichts der Tatsache, dass zahlreiche Länder, insbesondere in Osteuropa, mit dem Problem der Abwanderung qualifizierter Arbeitskräfte (Brain-Drain) konfrontiert sind, das die Gefahr der Entvölkerung eines Landes bzw. einer Region und der Auswanderung der Intellektuellen birgt, sollten solche Investitionen stärker als bisher auf die Berufe ausgerichtet sein, die als strategisch wichtig bzw. von Arbeitskräftemangel betroffen identifiziert worden sind, und es sollten spezifische Maßnahmen entwickelt werden, um Personen zu fördern, die in diesen Bereichen eine Aus- bzw. Weiterbildung absolvieren wollen;

6.

würdigt den breiten Konsultationsprozess, der im Zuge der Erarbeitung der derzeitigen Fassung der Richtlinie durchgeführt wurde, äußert jedoch die Befürchtung, dass dieser Prozess zu wenig auf der regionalen Ebene und unter Einbindung der regionalen und lokalen Institutionen stattgefunden hat, die den Bedarf auf den regionalen und lokalen Arbeitsmärkten am besten kennen;

7.

weist darüber hinaus darauf hin, dass die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften eine überaus wichtige Rolle bei der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen für Einwanderer spielen, und zwar sowohl bei deren Zugang zum Arbeitsmarkt als auch bei anderen Aspekten der Integration (Bildung, Wohnungswesen, Gesundheitsversorgung usw.);

8.

betont, dass den Institutionen der regionalen Ebene eine entscheidende Rolle bei der Feststellung des Bedarfs auf dem Arbeitsmarkt sowie bei der Festlegung der Voraussetzungen für die Anwendung eines Schutzverfahrens (Arbeitsmarkttest) zukommt. Darüber hinaus könnten diese Institutionen jedoch auch für eine positive Aufnahme der vorgeschlagenen Lösungen sowie für die kritische Masse sorgen, derer es im Hinblick auf einen stärkeren Bekanntheitsgrad des Verfahrens für die Blaue Karte bedarf;

Bewertung der derzeitigen Regelung

9.

weist darauf hin, dass die 2009 eingeführten Lösungen die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllt haben. Einer der Gründe hierfür liegt darin, dass die Möglichkeit eines Fortbestehens paralleler Systeme auf der Grundlage der einzelstaatlichen sowie der von der Richtlinie geschaffenen Ansätze zugelassen worden war;

10.

ist der Auffassung, dass die bisherigen Erfahrungen mit der Durchführung des Verfahrens für die Blaue Karte zeigen, dass die Europäische Kommission zwar auf eine „Europäisierung“ des Bereichs Migrationspolitik und der sektorspezifischen Ansätze abzielt, die Mitgliedstaaten jedoch weiterhin an einer Beibehaltung und Förderung einzelstaatlicher Lösungen interessiert sind;

11.

weist darauf hin, dass auch die 2009 eingeführten Regelungen viele der Bedürfnisse und Erwartung sowohl der Migranten als auch der Arbeitgeber nicht erfüllt und statt dessen ein fragmentiertes System in der EU fortgeführt haben, mit einem insgesamt unzureichenden Angebot an Rechten für die hoch qualifizierten Arbeitskräfte und ihre Familien, mit hohen Kosten für Bewerber, Arbeitgeber und die mitgliedstaatlichen Verwaltungen sowie mit geringer Sichtbarkeit des Systems außerhalb der EU, das somit insgesamt ein unattraktives Angebot geblieben ist;

Lösungsvorschläge — potenzielle Gefahren und Mängel

12.

begrüßt den Vorschlag für die Senkung der Einkommensobergrenzen und die Einführung von Instrumenten zur Förderung der internen Mobilität, die Erleichterungen beim Zugang zu langfristigen Aufenthaltstiteln sowie die Berücksichtigung der bereits in der EU aufhältigen Migranten;

13.

wirft die Frage auf, ob angesichts des immer stärkeren Wettbewerbs um die besten Köpfe nicht erwogen werden sollte, nach dem Vorbild jener Länder, die bei der Anwerbung hoch qualifizierter Arbeitskräfte (Australien, Kanada) mehr Erfolge für sich verbuchen können, angebotsabhängige Elemente (angebotsorientiertes System/Punktesystem) in das europäische Migrationssystem aufzunehmen bzw. ein Hybridsystem einzuführen;

14.

betont, dass für Hochqualifizierte Aspekte wie Karrierechancen, Zugang zu technischer Ausrüstung, Sprache sowie eine den Qualifikationen entsprechende Beschäftigung in ihrem Entscheidungsprozess eine wichtige Rolle spielen; befürchtet, dass die vorgeschlagenen Lösungen diesem Aspekt nach wie vor nur unzureichend Rechnung tragen;

15.

nimmt mit Zufriedenheit zur Kenntnis, dass die Blaue Karte nicht nur Arbeitnehmern erteilt werden kann, die in die EU kommen, sondern auch solchen, die sich bereits dort aufhalten;

16.

weist jedoch gleichzeitig darauf hin, dass die Frage geklärt werden muss, warum diese Möglichkeit ausschließlich anerkannten Flüchtlingen offen stehen sollte. Im Richtlinienvorschlag werden Saisonarbeitskräfte und entsandte Arbeitskräfte sowie Personen, deren Anerkennungsverfahren noch läuft, explizit von dieser Möglichkeit ausgenommen; hat Verständnis für die politischen Gründe für eine solche Entscheidung, weist jedoch darauf hin, dass die Schaffung der Möglichkeit einer den Qualifikationen entsprechenden Arbeitsaufnahme auch für andere Kategorien von in der EU aufhältigen Personen den betroffenen Migranten und Arbeitgebern eine dauerhaftere Perspektive bieten und damit eine bessere Nutzung der Humanressourcen ermöglichen könnte;

17.

weist darauf hin, dass die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen in Berufen mit hohen Qualifikationsanforderungen nicht nur darauf ausgerichtet sein sollten, Einwanderer anzuziehen, sondern auch darauf, die Voraussetzungen zu schaffen, dass diese vermehrt in der EU bleiben und sich erfolgreich integrieren;

18.

vertritt die Auffassung, dass die Frage der Beschäftigung Hochqualifizierter ganzheitlich und komplex sowie unter Berücksichtigung der inneren Logik des Migrationsprozesses — von der Anwerbung über die Zulassung und Erfassung der Qualifikationen bis hin zur erfolgreichen Integration und tatsächlichen Freizügigkeit auf dem EU-Arbeitsmarkt — betrachtet werden muss;

19.

vertritt im Zusammenhang mit den vorgeschlagenen Lösungen die Auffassung, dass unbedingt eine einheitliche und allgemein anerkannte Methode zur Erfassung von Daten über den Bedarf an hoch qualifizierten Arbeitskräften in den einzelnen Berufen und auf den verschiedenen Arbeitsmärkten erarbeitet werden muss. Um Mechanismen zu schaffen, die gewährleisten, dass die Lücken auf den Arbeitsmärkten der Mitgliedstaaten wirksamer geschlossen werden, als dies bisher der Fall ist, bedarf es der Weiterentwicklung von Initiativen wie dem EURES-Portal, EuroPass sowie der derzeit im Rahmen der neuen europäischen Kompetenzagenda vorgesehenen Maßnahmen, die einen Abgleich zwischen Arbeitgebern ermöglichen, die auf der Suche nach Arbeitskräften sind, und potenziellen Arbeitnehmern, die über die erforderlichen Qualifikationen verfügen; hebt gleichzeitig die zentrale Rolle heraus, die den europäischen Regionen bei der Sammlung dieser Art von Daten zukommen könnte;

20.

sorgt sich, ob die vorgeschlagenen Lösungen jungen Absolventen ausreichend Rechnung tragen, deren Einkommensniveau unter Umständen nicht genügt, um die in der Richtlinie festgelegten Kriterien zu erfüllen;

21.

betont, dass der Frage der Anerkennung von Qualifikationen sowie den praktischen Aspekten dieses Prozesses im Fall von Personen, die zum ersten Mal als potenzielle Begünstigte dieses Systems in Erscheinung treten (anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte) ganz besondere Bedeutung zukommt. Es ist davon auszugehen, dass sich der Nachweis der Qualifikationen bei dieser Personengruppe besonders schwierig und komplex gestaltet;

22.

betont, dass den ethischen Aspekten der Anwerbung hoch qualifizierter Arbeitnehmer aus Drittländern mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte und wirksame Verfahren zur Vermeidung eines Brain-Drain aus weniger entwickelten Ländern erarbeitet werden sollten, die ohnehin über ein geringes Humankapital verfügen;

23.

Es wird vorgeschlagen, eine vertiefte und belastbare Analyse zur Abwanderung hoch qualifizierter Arbeitnehmer aus Drittstaaten sowie zu den potenziellen Folgen des „Brain-Drain“ durchzuführen. Die Schlussfolgerungen aus dieser Analyse sollten zur Ausarbeitung gemeinsamer Maßnahmen der EU und der Herkunftsländer der Migranten genutzt werden, um negative Auswirkungen der Migration zu vermeiden und möglichst Win-Win-Lösungen zu schaffen (Migration, die sowohl den Herkunfts- und Aufnahmeländern als auch den Migranten selbst zugutekommt);

24.

weist darauf hin, dass jeder Migrationsprozess ein komplexes und vielschichtiges Phänomen ist, bei dem sowohl die Ziel- als auch die Herkunftsländer der Migranten eine gewichtige Rolle spielen; ruft u. a. im Zusammenhang mit den vorgenannten ethischen Fragen zu einem verstärkten Dialog und zu einer engeren Zusammenarbeit zwischen den EU-Organen und den Institutionen in den Herkunftsländern der Migranten sowie in den Transitländern und auf der regionalen und lokalen Ebene auf. Auf der Grundlage der völkerrechtlichen Instrumente sollten für diese Zusammenarbeit die bereits vorhandenen Gremien und Plattformen wie die ARLEM, die Arbeitsgruppe Ukraine, die CORLEAP, die Gemischten Beratenden Ausschüsse und die Arbeitsgruppen genutzt werden, und im Hinblick auf die Förderung der Mechanismen der zirkulären Migration sollte auf die Erfahrungen der Europäischen Stiftung für Berufsbildung zurückgegriffen werden;

25.

vertritt die Auffassung, dass der Vorschlag im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip steht, da das Ziel, im internationalen Wettbewerb um hoch qualifizierte Arbeitskräfte zu bestehen, durch Maßnahmen der Mitgliedstaaten allein nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern sich aufgrund des Skaleneffekts besser auf der EU-Ebene umsetzen lässt. Die vorgeschlagenen Maßnahmen gehen nicht über das hinaus, was notwendig ist, um die EU in die Lage zu versetzen, hoch qualifizierte Arbeitskräfte aus Drittstaaten anzuwerben und auf Dauer zu halten sowie deren Mobilität und Zirkulation zwischen Arbeitsplätzen in verschiedenen Mitgliedstaaten zu verbessern, wobei den Mitgliedstaaten eine gewisse Flexibilität für Anpassungen des Systems an ihre jeweilige Lage eingeräumt wird. Der Vorschlag entspricht somit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Die Rolle der Regionen

26.

hebt hervor, dass die sozialen und wirtschaftlichen Folgen von Migration, wie die Auswirkungen auf das Funktionieren der Arbeitsmärkte sowie auf den sozialen und kulturellen Bereich, auf der regionalen und lokalen Ebene am deutlichsten zu spüren sind. Die Wettbewerbsfähigkeit Europas insgesamt mag zwar ein abstrakter Begriff sein, doch kommt der Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit und einer starken Innovationskraft der europäischen Städte und Regionen, ausgehend von der Arbeit, die die Akteure des gemeinnützigen und des dritten Sektors täglich leisten, zentrale Bedeutung zu;

27.

weist darauf hin, dass durch die Berücksichtigung der regionalen Dimension in der Debatte über die vorgeschlagenen Lösungen verschiedene Paradoxa sichtbar werden. Eines davon besteht darin, dass hoch qualifizierte Einwanderer von den Regionen mit dem höchsten Entwicklungsgrad angeworben werden können, ihre Anwesenheit jedoch in jenen Regionen am wünschenswertesten wäre, die ihnen nicht so attraktive Arbeits- und Lebensbedingungen bieten können;

28.

nimmt mit Zufriedenheit zur Kenntnis, dass die Vorsichtsmaßnahmen, die im Falle einer Verschlechterung der Arbeitsmarktlage in einem bestimmten Land ergriffen werden können, beibehalten wurden;

29.

betont, dass der Frage, wie sich die Wirksamkeit der Integrationsmaßnahmen verbessern lässt und wie bewährte Verfahren aus diesem Bereich genutzt werden können, aus Sicht der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften besondere Bedeutung beizumessen ist, diese aber im Kommissionsvorschlag kaum thematisiert wird;

30.

schlägt vor, die Rolle der lokalen und regionalen Partner auf den einzelnen Ebenen anzuerkennen, darunter jene, die sie bei der Erprobung vereinfachter Systeme (fast-track) in Zusammenarbeit zwischen den Regionen, den Ländern und der Privatwirtschaft, beim wirksamen Austausch bewährter Verfahren und hier insbesondere im Bereich der Anerkennung von Qualifikationen, der Verringerung struktureller Missverhältnisse und der wirksamen Integration sowie bei der Umsetzung von Lösungsansätzen spielen, die eine bestmögliche Abstimmung der formalen Qualifikationen auf den Bedarf auf den lokalen und regionalen Arbeitsmärkten ermöglichen.

31.

betont, dass es notwendig ist, mit den Unternehmen direkter zu kommunizieren und sie in die Konzipierung der Initiativen zur Förderung der beruflichen Eingliederung einzubeziehen.

Brüssel, 8. Dezember 2016

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Markku MARKKULA