2.2.2017 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 34/151 |
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zur „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Eine EU-Strategie für die Wärme- und Kälteerzeugung“
(COM(2016) 51 final)
(2017/C 034/25)
Berichterstatterin: |
Baiba MILTOVIČA |
Befassung |
Europäische Kommission, 16.2.2016 |
Rechtsgrundlage |
Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union |
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(COM(2016) 51 final) |
Zuständige Fachgruppe |
Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft |
Annahme in der Fachgruppe |
6.10.2016 |
Verabschiedung auf der Plenartagung |
19.10.2016 |
Plenartagung Nr. |
520 |
Ergebnis der Abstimmung (Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen) |
229/3/3 |
1. Schlussfolgerungen und Empfehlungen
1.1. |
Eine Strategie für die sich tagtäglich unmittelbar auf alle EU-Bürger auswirkende Wärme- und Kälteerzeugung ist längst überfällig und sehr zu begrüßen. Wenn vorbildliche Verfahren eingesetzt werden und ein kohärenter politischer Rahmen geschaffen und durch die zur Verfügung stehenden Finanzmittel gestützt wird, sind europaweit zahlreiche Verbesserungen möglich. |
1.2. |
Diese umfassende EU-Strategie ist äußerst ehrgeizig. Es wird davon ausgegangen, dass die Verwirklichung der Klima- und Energieziele der EU in erheblichem Maße von der wirksamen und kohärenten Umsetzung dieser Strategie auf Ebene der Mitgliedstaaten abhängen wird. In der Strategie wird darauf hingewiesen, dass eine Stärkung der Rolle der erneuerbaren Energieträger bei der Wärme- und Kälteerzeugung der bedeutendste Einzelfaktor für die Erreichung mittel- und langfristiger Ziele sein könnte und als solcher im laufenden Programm der Energieunion anerkannt werden sollte. |
1.3. |
Der EWSA schlägt deshalb vor, in den Jahresbericht über die Lage der Energieunion einen spezifischen Abschnitt über die im Zusammenhang mit dieser Strategie erzielten Fortschritte aufzunehmen. |
1.4. |
Der EWSA würdigt die Bemühungen der Kommission um die Ermittlung und Zusammenstellung der bezüglich Wärme- und Kälteerzeugung relevanten Daten, die von entscheidender Bedeutung sind. Eurostat sollte Arbeiten an einer umfassenderen Datensammlung — insbesondere in Bezug auf die für die Wärmeerzeugung verbrauchte Energie — den Vorrang geben. |
1.5. |
Den Verbrauchern kommt eine maßgebliche Rolle für den Erfolg einer umfassenden Strategie zu, und der EWSA plädiert nachdrücklich für die Weiterverfolgung seines Vorschlags für einen übergreifenden europäischen Energiedialog, um die Verbraucher nachhaltig zu sensibilisieren und ihnen klare Anreize für Verhaltensänderungen zu geben. Diese Anreize sollten finanzieller Art sein und gleichzeitig die positiven sozialen Auswirkungen der vielen in der Strategie enthaltenen Maßnahmen unterstreichen sowie sich an schutzbedürftige Personen und von Energiearmut betroffene Menschen richten. |
1.6. |
Der Ausschuss empfiehlt dringend eine vergleichende Analyse der Projekte im staatlichen und privaten Sektor, die der Unterstützung effizienter und CO2-armer Wärme- und Kälteerzeugungsprogramme dienen. |
1.7. |
Auf regionaler und kommunaler Ebene müssen in allen Mitgliedstaaten neue, auf die vorgeschlagene Strategie abgestimmte Stadtplanungskonzepte eingeführt werden, um einen Erfolg der Strategie sicherzustellen. Der EWSA unterstreicht in diesem Zusammenhang die Rolle des Bürgermeisterkonvents. |
1.8. |
Die übergeordneten EU-Energie- und Klimaziele müssen in konkrete Beiträge der Mitgliedstaaten übersetzt werden, die im Rahmen nationaler Aktionspläne bspw. in Form von sektorbezogenen Fünfjahreszielen mit spezifischen Messgrößen für Wärme- und Kälteerzeugung zu verwirklichen sind. |
2. Einleitung
2.1. |
Die Strategie für die Wärme- und Kälteerzeugung stellt die erste spezifische EU-weite Bewertung für den Sektor als Ganzes dar. Auf die Wärme- und Kälteerzeugung entfallen etwa 50 % des gesamten Energieverbrauchs der EU und sie wird auch langfristig weiterhin den größten Anteil an der Energienachfrage haben, wobei die Beheizung von Gebäuden den größten Einzelposten ausmacht. Die Gebäudeheiztechnik wird dank ihrer Nachhaltigkeit ausschlaggebend dafür sein, ob die EU ihre mittel- und langfristigen Klima- und Energieziele erreichen kann. Die Raumheizung und die Warmwassererzeugung in Gebäuden haben derzeit mit den größten Anteil am Energieverbrauch in diesem Bereich — und ihr CO2-Ausstoß lässt sich am schwersten senken. Derzeit werden Gebäude vor allem mit direkt zugeführter Energie aus fossilen Brennstoffen beheizt, was Sicherheits- und Emissionsprobleme vor Ort mit sich bringt. |
2.2. |
Alle Bereiche der Zivilgesellschaft sind betroffen. Der Energiebedarf der meisten Großbetriebe der Verarbeitungsindustrie mit in der Regel hoher Wärmezufuhr wirkt sich unmittelbar auf deren Wettbewerbsfähigkeit aus; Kühlung ist großenteils in der Lebensmittelverarbeitungs-, -vertriebs-, -einzelhandels- und -lagerungskette wesentlich, während die Kosten und die Wirksamkeit der Wohngebäudebeheizung und -kühlung für alle von Belang sind. |
2.3. |
In den Mitgliedstaaten geben immer mehr Haushalte einen hohen Einkommensanteil für Energie aus, wodurch die Energiearmut zunimmt. Insbesondere ältere Menschen, schutzbedürftige Personen und Geringverdiener sind hiervon bedroht und der EWSA hat vorgeschlagen, eine Beobachtungsstelle für Energiearmut einzurichten, um dieses Problem zu analysieren und zu lösen (1). Um wirksame Ergebnisse zu erzielen, müssen einschlägige soziale, finanzielle und technische Maßnahmen ineinandergreifen. Mehr Gewicht auf der Erhebung zuverlässiger Daten zur Wärmeerzeugung wird der Bekämpfung der Energiearmut förderlich sein. |
2.4. |
Wärme und Kälte als solche lassen sich nicht leicht und auf wirtschaftliche Weise transportieren. Dies führt zu stark lokal ausgerichteten und fragmentierten „Märkten“. Auf die Kühlung entfallen insgesamt nur 5 % des Energiebedarfs, auf die Wärmeerzeugung hingegen 95 %, wobei der Heizwärmeverbrauch erheblich über der Kälteerzeugung liegt, auch wenn der Kühlung in den wärmeren Mitgliedstaaten große Bedeutung zukommt. Kapitalinvestitionen in Heiz- und Kühlsysteme sind eher mittel- bis langfristig ausgerichtet, die technologische Entwicklung und die Innovation in dieser Branche ist jedoch rasant. |
2.5. |
Der EWSA hat in früheren Stellungnahmen (2) ein integriertes und kohärentes politisches Konzept im gesamten Energiesektor gefordert und darüber hinaus eine größere Rolle — und einen Dialog mit — der Zivilgesellschaft bei diesen Fragen. Im Paket zur Energieunion wurde dies nun offiziell zur Priorität erhoben, und die Einstufung der Wärme- und Kälteerzeugung als wichtiger Wirtschaftszweig macht es möglich, Bezüge zwischen den zahlreichen derzeit auszuarbeitenden klimaschutz- und energiebezogenen Legislativpaketen herzustellen und für Einheitlichkeit zu sorgen. |
3. Überblick über die Kommissionsmitteilung und Bemerkungen
3.1. |
In der Mitteilung wird das Potenzial des Sektors bewertet, zu den strategischen Klima- und Energiezielen der EU beizutragen; sie wird von einem Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen begleitet, das eine analytische und wissenschaftliche Grundlage bietet. Mit der Mitteilung soll die Wärmeerzeugung als ein Politikbereich im Zusammenhang mit der Energieeffizienz in den Vordergrund gestellt werden. Es soll eine sachliche und konsensorientierte Debatte darüber sowie über die damit zusammenhängenden Themen Senkung der Energienachfrage und Dekarbonisierung angestoßen werden. |
3.2. |
Dieser strategische Rahmen umfasst vier Aktionsschwerpunkte. Die Wärmeeffizienz von Gebäuden, effiziente und nachhaltige Heiztechnik, Einbeziehung des ungenutzten Potenzials der Industrie bei gleichzeitiger Verbesserung ihrer Effizienz und größere Synergien mit dem Elektrizitätssystem, bei dem Wärmepumpen und andere Systeme für erneuerbare Energie eine wichtige Rolle spielen. Es werden viele mögliche Maßnahmen beschrieben, detaillierte Lösungen werden allerdings Bestandteil des die Energieunion umfassenden Pakets zur Überprüfung der Rechtsvorschriften sein. |
3.3. |
Die dominante Vorstellung ist es, die CO2-Emissionen der Gebäude durch Renovierung und effizientere Heiz- und Kühlsysteme zu senken, das Fernwärmenetz auszubauen und von fossilen Brennstoffen auf CO2-arme Energiequellen umzustellen. Wohngebäude machen den größten Teil des Gebäudebestands in Europa aus, wobei 60 % bis 70 % des Gebäudebestands in der EU aus dem Jahr 1980 oder früher stammen und die Haushalte den größten spezifischen Verbrauch (kWh/m2/Jahr) aufweisen. Durch die geringe Gebäudesanierungsrate wird die starke finanzielle Belastung der Verbraucher noch erhöht. Die privaten Haushalte in der EU verwenden im Durchschnitt 6,4 % (COM(2014) 520 final) ihres verfügbaren Einkommens für den wohnbezogenen Energieverbrauch, davon entfallen ungefähr zwei Drittel auf Heizung und ein Drittel auf andere Zwecke. Immer mehr Haushalte haben Schwierigkeiten, ihre Energiekosten zu bestreiten. Eine erschwingliche Wärme- und Kälteerzeugung ist für den Erhalt einer guten Lebensqualität der Privatverbraucher wesentlich. |
3.4. |
Da nicht alle Unternehmen auf eine CO2-arme Energieversorgung umstellen können, zumal viele Unternehmen der Verarbeitungsindustrie die sich durch eine hohe Energiedichte auszeichnenden fossilen Brennstoffe benötigen, wird es wichtig sein, die Abwärme, die in einigen Industrieanlagen und Kraftwerken als Nebenprodukt anfällt, in wesentlich höherem Maße zu nutzen. In dem Arbeitspapier wird auf die Nutzung der Abwärme aus der Industrie in Fernwärmesystemen hingewiesen, ebenso auf die zunehmende Bedeutung neuer Technologien und alternativer Brennstoffe, die einen wichtigen Beitrag leisten können. |
3.5. |
In der Strategie werden mehrere wichtige Herausforderungen aufgezeigt. Mehr als 80 % der eingesetzten Energie stammen aus fossilen Brennstoffen, was diesen Bereich zu einem Schlüsselfaktor bei der Verringerung der CO2-Emissionen und einer Umstellung auf ein effizienteres und sichereres Energiesystem macht. Zwei Drittel der Gebäude in der EU — von denen die meisten auch 2050 immer noch genutzt werden — wurden vor der Einführung von Energieeffizienzanforderungen errichtet. Anreize für „Verbesserungen“ können durch die Eigentumsverhältnisse oder mietrechtliche Aspekte fragmentiert und durch fehlende angemessene Finanzierungsmechanismen geschwächt werden. Es mangelt an einem marktgesteuerten Wettbewerb im Wärmesektor, an Ausbildung und Fachwissen bei den Bauunternehmern und Installateuren und an Bewusstsein für die potenziellen Vorteile bei den Privatverbrauchern. Die Gebäuderenovierungsquote ist niedrig (0,4-1,2 % pro Jahr), und darüber hinaus wird Energiearmut unionsweit immer mehr zu einem Problem. |
3.6. |
Knapp die Hälfte aller Gebäude sind mit Heizungsanlagen mit einer Effizienz von weniger als 60 % ausgestattet, im Vergleich dazu erreicht die aktuelle Technik (bei einem Austausch nun gesetzlich vorgeschriebene) Werte von über 90 %. Darüber hinaus wirken sich Raumheizungen (fossile Brennstoffe und Biomasse) in einigen Teilen Europas stark auf die Luftverschmutzung aus. Ein erheblicher Anteil der Heizkessel hat aber seine technische Lebensdauer bereits weit überschritten. Bei der Anschaffung neuer Geräte spielen die Kosten eine große Rolle; zwar sind sie ausnahmslos rasch amortisiert, doch ist es zunächst schwer, das nötige Anfangskapital aufzubringen, insbesondere bei der Umstellung auf erneuerbare Wärmequellen wie etwa Solar- bzw. Erdwärme oder Wärmepumpen. In diesem Jahrhundert hat die Industrie dank einer höheren Energieeffizienz bereits große Einsparungen erzielt, aber insbesondere KMU haben Schwierigkeiten mit der Priorisierung und Finanzierung von Verbesserungen. |
3.7. |
Es wird hervorgehoben, dass sich die Fernwärme, über die derzeit in der EU 9 % der Heizwärme bereitgestellt wird, stark ausbauen und dank der Nutzung von Abwärme leichter auf erneuerbare oder gemischte Wärmequellen umstellen lässt als Privathaushalte. Ebenso ist die Kraft-Wärme-Kopplung unzureichend entwickelt und auch das Potenzial intelligenter Gebäude — Privathaushalte, Industrie oder Dienstleistungen — in Kombination mit einem intelligenten Netz bietet künftige Effizienzgewinne und den Haushalten die Gelegenheit, sich stärker als „Prosumenten“ zu beteiligen. Mit der Strategie wird indirekt zur Entwicklung der Bürgerenergie auf der Ebene der einzelnen Haushalte durch neue Wärmetechnologien und eine verstärkte Sensibilisierung angeregt. |
3.8. |
Es werden Instrumente und Lösungen vorgeschlagen. Eine konsequente Integration, Überarbeitung und Anwendung der EU-Instrumente im Rahmen der sich derzeit entwickelnden Initiative für die Energieunion werden die grundlegenden Bestandteile der Strategie sein. Insbesondere ist hier auf die Energieeffizienzrichtlinie, die Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, die EU-Rahmenvorschriften zum Ökodesign und zur Energieverbrauchskennzeichnung, die Richtlinie über erneuerbare Energien und das Emissionshandelssystem (EHS) zu verweisen. Die Strategie sollte zu einer wirksameren Koordinierung dieser Maßnahmen beitragen. |
3.9. |
Es werden spezifische Maßnahmen dargelegt, die die Kommission zur Bewältigung der genannten Herausforderungen und zur Flankierung bereits ergriffener gesetzgeberischer Maßnahmen durchführen wird. Dazu gehören die Förderung erneuerbarer Energien, die Schaffung von Anreizen für die Bürgerbeteiligung, eine intensivere Zusammenarbeit mit den Verbraucherverbänden, ein verstärktes Engagement für Innovation, beispielsweise durch den Strategieplan für Energietechnologie, und die Förderung neuer Konzepte für die Finanzierung von Maßnahmen. Die Strategie muss verbraucherorientiert sein und die Umstellung auf emissionsarme Systeme auf der Grundlage erneuerbarer Energieträger und der Nutzung von Abwärme in den Mittelpunkt stellen. |
4. Allgemeine Bemerkungen
4.1. |
Die Wärme- und Kälteerzeugung spielt in der Industrie, in der Lebensmittelverarbeitung und -lagerung und im Dienstleistungssektor eine wichtige Rolle. Sie wirkt sich in Form des allgemeinen Strebens nach angenehmen Lebens- und Arbeitsbedingungen auch auf jeden einzelnen EU-Bürger aus. Von den Kosten und der Verfügbarkeit von Wärme und Kühlung hängt nicht nur der Grad der Energiearmut in einer Gesellschaft ab, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit ganzer Wirtschaftszweige. Deshalb begrüßt der EWSA diesen ersten strategischen Überblick über die Wärme- und Kälteerzeugung in der EU. |
4.2. |
In dem Dokument wird die Auffassung vertreten, dass die Umsetzung der darin beschriebenen Strategien maßgeblich zu einer Kostensenkung, einer verbesserten Energieversorgungssicherheit, einer Verringerung der Importabhängigkeit und zur Erreichung der Klimaziele beitragen wird. Der Ausschuss teilt diese Sichtweise voll und ganz, verweist jedoch auf den Umfang und die Komplexität der in der Strategie dargelegten, teilweise eventuell unterschätzten Herausforderungen, wie etwa: die beträchtlichen Anforderungen, die an die Mitgliedstaaten gestellt werden, die erforderliche Verhaltensänderung bei den Bürgern, die Wirksamkeit der Programme zur finanziellen Unterstützung, die Bekämpfung ungewisser Energiepreise und die Festlegung und Umsetzung der wirksamsten technischen Lösungen. |
4.3. |
In vielen Mitgliedstaaten sind die Verbraucher an Fernwärmesysteme angeschlossen, die im Hinblick auf die Kosten, die Effizienz und die Nutzung der Abwärme erhebliche Vorteile mit sich bringen können. Der EWSA fordert die EU-Institutionen auf, die klare und eindeutige Hervorhebung dieses Sektors in der Strategie anzuerkennen und die Entwicklung und Verbesserung der städtischen Fernwärmesysteme durch finanzielle Maßnahmen und Maßnahmen für die Renovierung und technische Verbesserung zu unterstützen. Durch die Modernisierung von Wärmekraftwerken können Energieeinsatz und Emissionen merklich gesenkt werden. Im Zuge der Neugestaltung des Strommarkts sollte die Anwendung der besten verfügbaren Techniken vorgeschrieben werden. Insbesondere sollten Synergieeffekte zwischen thermischer Abfallbehandlung (Waste to Energy), die umfangreiche Möglichkeiten bietet, und Fernwärme genutzt werden. |
4.4. |
In der Strategie könnte der Rolle der Verbraucher, insbesondere der Bedeutung von Aus- und Weiterbildung im Bereich der Verhaltensänderung, größere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Insbesondere müssen die Bewohner von Mehrfamilienhäusern für Heizverbrauch und -kosten sensibilisiert werden. Für intelligente Gebäude und intelligente Wärmesysteme sind intelligente Bewohner mit aktuellen digitalen Kompetenzen vonnöten. In der Strategie wird nicht genügend Gewicht auf die Bedeutung der Verbraucher für den Erfolg einer umfassenden Strategie gelegt. Da Verbraucher dazu tendieren, gegenüber Effizienzeinsparungen dem „Komfort“ den Vorzug zu geben, und sich mitunter dagegen sträuben, ihre Lebensweise nennenswert zu ändern, um einen größtmöglichen Nutzen aus den neuen Technologien zu ziehen, sollten die Auslöser für Verhaltensänderung in diesem Sektor eingehender untersucht werden. |
4.5. |
In der Strategie wird deutlich, dass gezielte Finanzpakete für die Förderung der erforderlichen öffentlichen und privaten Investitionen von entscheidender Bedeutung sein werden. Der EWSA stellt fest, dass nur ein sehr geringer Anteil der von der EIB für den Energiesektor genehmigten Finanzierungen durch den Europäischen Fonds für strategische Investitionen für einschlägige Wärme- und Kälteerzeugungsprojekte bestimmt ist. Das Arbeitspapier enthält keine Beispiele oder Analysen der einschlägigen Programme in den Mitgliedstaaten, von denen nur einige erfolgreich zur Förderung von Investitionen beigetragen haben. |
4.6. |
Angesichts der enormen Bedeutung, die der Wärme- und Kälteerzeugung bei der Verwirklichung der Klima- und Energieziele der EU zukommt, schlägt der EWSA vor, in den Jahresbericht über die Lage der Energieunion einen spezifischen Abschnitt aufzunehmen, in dem auf der Grundlage der in Abschnitt 3 der Strategie genannten Herausforderungen die erzielten Fortschritte und das weitere Vorgehen aufgezeigt werden. Dies hätte zwei wesentliche Vorteile:
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5. Besondere Bemerkungen
5.1. |
In dem begleitenden Arbeitspapier wird anhand von Daten aus zahlreichen Quellen ein Überblick darüber gegeben, wie EU-weit die Energie zur Wärme- und Kälteerzeugung eingesetzt wird. Es werden Schätzungen vorgenommen und angemessene Schlüsse gezogen, aber die Situation des Sektors entspricht im Wesentlichen derjenigen in den Jahren 2012 und 2013. Weitere Daten, die Aufschluss über die Tendenzen in den letzten zehn Jahren geben, wären hilfreich gewesen. Eurostat sollte Arbeiten an einer umfassenderen Datensammlung — insbesondere in Bezug auf die für die Wärmeerzeugung verbrauchte Energie — den Vorrang geben (3). |
5.2. |
Außerdem sollte darauf hingewiesen werden, dass wenn 90 % des bis 2020 vermutlich erfolgenden Anstiegs bei der für die Wärmeerzeugung genutzten Energie aus erneuerbaren Quellen auf die Nutzung von Biomasse zurückgeht, die Verringerung der durch die Biomasseverbrennung verursachten Partikel- und Gasemissionen nach wie vor eine Herausforderung darstellt. In diesem Zusammenhang werden die Ergebnisse der aktualisierten EU-Strategie für nachhaltige Bioenergie für den Zeitraum 2020-2030 von besonderer Bedeutung sein (sie soll Bestandteil des für vor Ende 2016 vorgesehenen Pakets der EU zu erneuerbaren Energien sein), wobei darin den gesundheitsschädlichen Auswirkungen einiger Bioenergieträger sowie anderen Fragestellungen Rechnung getragen werden sollte. |
5.3. |
Die Energiesysteme, Rechtsstrukturen, Gebäudetechnik und Geschäftsmodelle der einzelnen Mitgliedstaaten unterscheiden sich stark voneinander. Die anstehenden, für die Umsetzung der Strategie relevanten Legislativpakete sollten Spielraum für nationale Anpassungen lassen. |
5.4. |
Diese Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten sind anzuerkennen. Dabei muss nach der Festlegung der Zielvorgaben hinsichtlich des besten Weges zu ihrer Erreichung auf nationaler und lokaler Ebene Technologieneutralität gewahrt sein. Die große Erfahrung der Städte und lokalen Behörden mit der Aufstellung von Plänen für nachhaltige Energie, wie sie im Rahmen des Bürgermeisterkonvents kommuniziert wird, bietet wertvolle Erkenntnisse. |
5.5. |
In der Strategie wird vorgeschlagen, dass die Privatkundenbanken spezielle Darlehen für die Renovierung von in Privatbesitz befindlichem vermieteten Wohnraum anbieten, doch haben die Hypothekarkreditgeber in Europa (der Europäische Hypothekenverband-Europäische Rat für gedeckte Schuldverschreibungen (EMF-ECBC)) vor, Hausbesitzern, die Maßnahmen der energetischen Sanierung durchführen, ermäßigte Kredittilgungsraten sowie niedrigere Zinssätze auf Darlehen zur Finanzierung dieser Maßnahmen zu gewähren. Der EWSA fordert die europäischen Regulierungsbehörden auf, diese Initiative rasch und positiv zu berücksichtigen. |
5.6. |
Der Ausschuss hat in mehreren Stellungnahmen auf das Wachstum der Energiedienstleistungsunternehmen (4) und die Rolle, die sie bei der Förderung der eines breiteren Energieangebots und einer größeren Energieeffizienz für die Verbraucher spielen können, hingewiesen. Der EWSA begrüßt diesen Beitrag, drängt aber die Kommission, die Mitgliedstaaten dazu anzuhalten, für eine ordnungsgemäße Beaufsichtigung und Überwachung der Energiedienstleister oder ähnlicher privater Einrichtungen zum Schutz der Verbraucherinteressen zu sorgen. Das Vertrauen der Verbraucher in diese Dienste und andere Energieberatungsprogramme ist ein wichtiges Thema (5). |
5.7. |
Der EWSA begrüßt nachdrücklich das auf eine Initiative der Europäischen Kommission zurückgehende Bürgerforum „Energie“ in London und fordert eine stärkere Bürgerbeteiligung sowie eine engere Zusammenarbeit mit den europäischen Verbraucherverbänden. Die komplexen legislativen, regulatorischen, technologischen und gesellschaftlichen Entwicklungen und die Verhaltensänderungen, die die Grundlage für die Energiewende bilden, erfordern Verständnis und Selbstverantwortung der Bürger, um umfassend greifen zu können. Im Vorschlag des EWSA für einen Europäischen Energiedialog, der diesen Zielen gerecht wird, bekommt die Bürgerbeteiligung mehr Gewicht. |
5.8. |
Die Strategie für Wärme- und Kälteerzeugung erfordert allem voran die Befolgung eines rigorosen und koordinierten Denkansatzes, der bei den laufenden Überprüfungen und in die aktuellen Legislativpakete übernommen werden sollte. In diesem Sinn ist es notwendig, im Rahmen der Überarbeitung der Richtlinie 2012/27/EU über Energieeffizienz (EED) und der Richtlinie 2010/31/EU über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD), der Erarbeitung der neuen Richtlinie zu erneuerbaren Energien (REDII) für den Zeitraum 2020-2030 und der aktualisierten EU-Strategie für nachhaltige Bioenergie für den Zeitraum 2020-2030 gezielt auf die wesentliche Bedeutung der Wärme- und Kälteerzeugung einzugehen und die in der Strategie vorgeschlagenen Koordinierungsmaßnahmen anzunehmen. |
5.9. |
Anlass zur Sorge gibt daher, dass in dem jüngst vorgelegten Vorschlag für eine Lastenverteilungsverordnung (COM(2016) 482 final) versäumt wurde, der Energieeffizienz Vorrang einzuräumen. Die osteuropäischen Mitgliedstaaten könnten über Gebäudesanierungsmaßnahmen ihre Probleme im Zusammenhang mit Umweltverschmutzung, Energieabhängigkeit und Energiearmut verringern, und über diese Verordnung könnten dafür Mittel bereitgestellt werden. |
Brüssel, den 19. Oktober 2016
Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses
Georges DASSIS
(1) ABl. C 341 vom 21.11.2013, S. 21.
(2) ABl. C 383 vom 17.11.2015, S. 84; ABl. C 198 vom 10.7.2013, S. 56; ABl. C 318 vom 29.10.2011, S. 155; ABl. C 277 vom 17.11.2009, S. 75.
(3) ABl. C 264 vom 20.7.2016, S. 117.
(4) ABl. C 120 vom 20.5.2005, S. 115; ABl. C 162 vom 25.6.2008, S. 62; ABl. C 24 vom 28.1.2012, S. 134.
(5) ABl. C 383 vom 17.11.2015, S. 84.