52015PC0075

Vorschlag für einen BESCHLUSS DES RATES zur Aufhebung des Beschlusses 2011/492/EU über den Abschluss des Konsultationsverfahrens mit der Republik Guinea-Bissau nach Artikel 96 des AKP-EU-Partnerschaftsabkommens /* COM/2015/075 final - 2015/0039 (NLE) */


BEGRÜNDUNG

Die Europäische Union beschloss am 31. Januar 2011, gemäß Artikel 96 des geänderten Abkommens von Cotonou[1] Konsultationen mit der Republik Guinea-Bissau einzuleiten. Dieser Beschluss wurde infolge der Ereignisse vom 1. April 2010 gefasst. An diesem Tag nahm unter der Führung des Vize-Generalstabschefs der Streitkräfte, General Antonio Indjai, eine Gruppe meuternder Militärs den Generalstabschef, José Zamora Induta, und den Premierminister von Guinea-Bissau, Carlo Gomes Junior, fest.

Die Meuterei und die anschließende Ernennung ihrer Drahtzieher in hohe militärische Ämter stellten eine besonders ernste und flagrante Verletzung der in Artikel 9 des Abkommens von Cotonou genannten wesentlichen Elemente (insbesondere Achtung der demokratischen Grundsätze) sowie einen besonders dringenden Fall nach Artikel 96 Absatz 2 Buchstabe b dar. Daher sandte die Kommission am 2. Februar 2011 ein Schreiben an die guinea-bissauische Regierung, indem sie sie zu Konsultationen aufforderte.

In der ersten Anhörung, die am 29. März 2011 in Brüssel stattfand, verpflichtete sich Guinea-Bissau:

· im Zusammenhang mit den Morden vom März und Juni 2009 vollständig unabhängige Ermittlungen und Gerichtsverfahren unter angemessenen Rahmen- und Sicherheitsbedingungen durchzuführen und abzuschließen,

· die vom nationalen Parlament angenommene Reformstrategie für den Sicherheitssektor und das mit der Unterstützung der GSVP-Mission der Europäischen Union ausgearbeitete Gesetzespaket wirksam umzusetzen,

· die Militärführung auszutauschen, um im Einklang mit den Schlussfolgerungen und den Empfehlungen des Fahrplans der Wirtschaftsgemeinschaft der westafrikanischen Staaten (Ecowas) für die Reform des Sicherheitssektors sicherzustellen, dass höhere Befehlspositionen mit Personen besetzt werden, die nicht in verfassungswidrige oder illegale Vorfälle oder Gewalttaten verwickelt waren,

· eine Expertenmission zur Förderung der Reform des Sicherheitssektors und des Schutzes von Politikern zu genehmigen und zu unterstützen, die mit der Unterstützung der Ecowas, der Gemeinschaft der portugiesischsprachigen Länder (CPLP) und/oder anderer Partner durchgeführt wird,

· nationale Pläne zur praktischen Durchführung der Reform des Sicherheitssektors und zur Bekämpfung des Drogenhandels vorzubereiten, anzunehmen und wirksam umzusetzen sowie

· die administrative und finanzielle Verwaltung des zivilen und des militärischen Personals sowie die Maßnahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche zu verbessern.

Mit dem Beschluss 2011/492/EU des Rates vom 18. Juli 2011 legte die Europäische Union geeignete Maßnahmen zur Umsetzung dieser Verpflichtungen fest, einschließlich eines Systems gegenseitiger Verpflichtungen für die schrittweise Wiederaufnahme der Zusammenarbeit mit der EU.

Am 12. April 2012 verübten nach der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen – nach dem Tod des Präsidenten Malam Bacai Sanhé im Januar – Mitglieder der Streitkräfte einen Staatsstreich, bei dem der amtierende Präsident und der Premierminister festgenommen wurden.

In Ermangelung von Fortschritten bei der Umsetzung der in Beschluss 2011/492/EU des Rates genannten Verpflichtungen wurden die geeigneten Maßnahmen durch den Beschluss 2012/387/EU des Rates vom 16. Juli 2012 bis zum 19. Juli 2013 und anschließend mit dem Beschluss 2013/385/EU des Rates vom 15. Juli 2013 bis zum 19. Juli 2014 verlängert.

Die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen vom 13. April und 18. Mai 2014 wurden von allen internationalen Beobachtern, einschließlich einer EU-Wahlbeobachtungsmission, als frei und glaubwürdig beurteilt. Mit dem Beschluss 2014/467/EU des Rates vom 14. Juli wurde die Geltungsdauer des Beschlusses 2011/492/EU verlängert, aber die Anwendung der darin enthaltenen geeigneten Maßnahmen ausgesetzt, um der EU zu ermöglichen, mit der demokratisch gewählten Regierung zusammenzuarbeiten und diese bei ihren Bemühungen zur Festigung der demokratischen Institutionen, zur Aussöhnung der Zivilgesellschaft und zur Förderung der sozioökonomischen Entwicklung in Guinea-Bissau direkt zu unterstützen.

Im Rahmen der halbjährlichen Überprüfung der im Beschluss 2011/492/EU des Rates vorgesehenen geeigneten Maßnahmen nach Artikel 96 fand vom 13.-15. Januar 2015 eine gemeinsame Monitoring-Mission des Europäischen Auswärtigen Dienstes und der Kommissionsdienststellen statt, um zu beurteilen, inwieweit die in Artikel 9 des Cotonou-Abkommens festgelegten wesentlichen Elemente (demokratische Grundsätze, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte, verantwortungsvolle Staatsführung) eingehalten wurden, sowie um die Fortschritte Guinea-Bissaus bei der Umsetzung seiner Verpflichtungen im Hinblick auf die Aufhebung der Maßnahmen nach Artikel 96 zu bewerten.

Auf der Grundlage der Ergebnisse der gemeinsamen Monitoring-Mission und der Empfehlungen der gebietsansässigen und gebietsfremden EU-Missionsleiter in Guinea-Bissau sowie unter Berücksichtigung der Abhaltung glaubwürdiger Wahlen, der Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung, der Einsetzung einer alle Seiten einbeziehenden Regierung, die sich für die Umsetzung der für die Entwicklung und Stabilität des Landes erforderlichen Reformen einsetzt, wie auch angesichts der ermutigenden Fortschritte bei der Umsetzung der auf der Grundlage von Artikel 96 eingegangenen Verpflichtungen, scheint es aus politischen Gründen angebracht, die in Beschluss 2011/492/EU des Rates festgelegten geeigneten Maßnahmen nach Artikel 96 aufzuheben.

Die vollständige Wiederaufnahme der Zusammenarbeit der EU mit der Republik Guinea-Bissau wird ein starkes politisches Signal zur Unterstützung der neu gewählten Regierung sein, da der EU dadurch ermöglicht wird, die Regierung bei der Umsetzung des Reformprogramms und der Entwicklungsagenda zu unterstützen und zu den laufenden Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft beizutragen, Guinea-Bissau bei seiner Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung zu unterstützen und das Risiko einer weiteren Schwächung der demokratischen Institutionen zu reduzieren.

Schlussfolgerung

In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen wird der Rat ersucht, den beigefügten Entwurf eines Vorschlags für einen Beschluss des Rates zur Aufhebung des Beschlusses 2011/492/EU über den Abschluss des Konsultationsverfahrens mit der Republik Guinea-Bissau gemäß Artikel 96 des Abkommens von Cotonou anzunehmen.

2015/0039 (NLE)

Vorschlag für einen

BESCHLUSS DES RATES

zur Aufhebung des Beschlusses 2011/492/EU über den Abschluss des Konsultationsverfahrens mit der Republik Guinea-Bissau nach Artikel 96 des AKP-EU-Partnerschaftsabkommens

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf das Partnerschaftsabkommen zwischen den Mitgliedern der Gruppe der Staaten in Afrika, im Karibischen Raum und im Pazifischen Ozean („AKP“) einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits, unterzeichnet am 23. Juni in Cotonou[2] (im Folgenden „AKP-EU-Partnerschaftsabkommen“)[3], in seiner geänderten Fassung, insbesondere auf Artikel 96,

gestützt auf das Interne Abkommen zwischen den im Rat vereinigten Vertretern der Regierungen der Mitgliedstaaten über die zur Durchführung des AKP-EU-Partnerschaftsabkommens zu treffenden Maßnahmen und die dabei anzuwendenden Verfahren[4], insbesondere auf Artikel 3,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)       Mit dem Beschluss 2011/492/EU[5] des Rates wurden die Konsultationen mit der Republik Guinea-Bissau nach Artikel 96 des AKP-EU-Partnerschaftsabkommens abgeschlossen und die im Anhang des Beschlusses aufgeführten geeigneten Maßnahmen getroffen.

(2)       Diese Maßnahmen wurden durch den Beschluss 2012/387/EU[6] des Rates bis zum 19. Juli 2013 und anschließend durch den Beschluss 2013/385/EU[7] des Rates bis zum 19. Juli 2014 verlängert. Durch den Beschluss 2014/467/EU[8] des Rates wurde die Geltungsdauer des Beschlusses 2011/492/EU des Rates um ein Jahr, d. h. bis zum 19. Juli 2015 verlängert, die Anwendung der darin festgelegten geeigneten Maßnahmen jedoch ausgesetzt.

(3)       Am 13. April und 18. Mai 2014 fanden in Guinea-Bissau friedliche, freie und glaubwürdige Parlaments- und Präsidentschaftswahlen statt und wurde die verfassungsmäßige Ordnung im Land wiederhergestellt.

(4)       Es wurde eine alle Seiten einbeziehende Regierung eingesetzt, die sich für die Durchführung der für die Entwicklung und Stabilität des Landes erforderlichen Reformen einsetzt, und es wurden ermutigende Fortschritte bei der Umsetzung der im Beschluss 2011/492/EU des Rates auf der Grundlage von Artikel 96 festgelegten Verpflichtungen erzielt.

(5)       Guinea-Bissau ist nach wie vor fragil, und die demokratisch gewählten Institutionen benötigen die Unterstützung der internationalen Partner, um die Umsetzung des Reformprogramms und der Entwicklungsagenda in dem Land fortzusetzen.

(6)       Um die laufenden Anstrengungen der nationalen Regierung zur Stabilisierung und Konsolidierung der demokratischen Institutionen und zur Förderung der sozioökonomischen Entwicklung von Guinea-Bissau zusammen mit anderen internationalen Partnern zu unterstützen, sollte der Beschluss 2011/492/EU des Rates aufgehoben werden –

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Der Beschluss 2011/492/EG des Rates wird aufgehoben.

Artikel 2

Das diesem Beschluss beigefügte Schreiben wird der Regierung der Republik Guinea-Bissau übermittelt.

Artikel 3

Dieser Beschluss tritt am Tag seiner Annahme in Kraft.

Geschehen zu Brüssel am

                                                                       Im Namen des Rates

                                                                       Der Präsident

[1]               ABl. L 287 vom 4.11.2010, S. 3.

[2]               ABl. L 317 vom 15.12.2000, S. 3.

[3]               ABl. L 287 vom 4.11.2010, S. 3.

[4]               ABl. L 317 vom 15.12.2000, S. 376, geändert in ABl. L 247 vom 9.9.2006, S. 48.

[5]               Beschluss 2011/492/EU des Rates vom 18. Juli 2011 über den Abschluss des Konsultationsverfahrens mit der Republik Guinea-Bissau nach Artikel 96 des AKP-EU-Partnerschaftsabkommens (ABl. L 203 vom 6.8.2011, S. 2).

[6]               Beschluss 2012/387/EU des Rates vom 16. Juli 2012 zur Verlängerung der Geltungsdauer der in dem Beschluss 2011/492/EU bezüglich Guinea-Bissau festgelegten geeigneten Maßnahmen (ABl. L 187 vom 17.7.2013, S. 1-2).

[7]               Beschluss 2013/385/EU des Rates vom 15. Juli 2013 zur Verlängerung der Geltungsdauer der in dem Beschluss 2011/492/EU bezüglich Guinea-Bissau festgelegten geeigneten Maßnahmen (ABl. L 194 vom 17.7.2013, S. 6).

[8]               Beschluss 2014/467/EU des Rates vom 14. Juli 2014 zur Verlängerung der Geltungsdauer des Beschlusses 2011/492/EU des Rates und zur Aussetzung der darin genannten geeigneten Maßnahmen (ABl. L 212 vom 18.7.2014, S. 12-14).

ANHANG

Seiner Exzellenz, dem Präsidenten der Republik Guinea-Bissau,

Seiner Exzellenz, dem Premierminister der Republik Guinea-Bissau

Sehr geehrte Herren,

Die Europäische Union (EU) begrüßt die Fortschritte, die von Guinea-Bissau im vergangenen Jahr erreicht wurden. Mit den friedlichen und glaubwürdigen Wahlen im April und Mai 2014, der Schaffung demokratisch gewählter Institutionen, einschließlich einer alle Seiten einbeziehenden Regierung, die sich – davon gehen wir aus – dafür einsetzen wird, das Land wieder aufzubauen, seine demokratischen Institutionen zu stärken und die soziale und politische Stabilität sowie die wirtschaftliche Entwicklung zu fördern, hat das Land eine entscheidende Wende vollzogen.

Angesichts der Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung und der von Guinea-Bissau erzielten Fortschritte bei der Umsetzung seiner Verpflichtungen auf der Grundlage von Artikel 96 des Abkommens von Cotonou sowie Ihrer Zusage, diesen Verpflichtungen mittels der Durchführung entsprechender Reformen und geeigneter Maßnahmen auch weiterhin nachzukommen, freuen wir uns, Ihnen mitteilen zu können, dass die Maßnahmen, die seit 2011 den Anwendungsbereich der Entwicklungszusammenarbeit der EU mit Guinea-Bissau eingeschränkt haben, aufgehoben wurden. Wir nehmen daher unsere Zusammenarbeit mit Ihrem Land vollständig wieder auf.

Da Guinea-Bissau noch vor vielen politischen und sozioökonomischen Herausforderungen steht, möchten wir Sie ermutigen, geeint zu bleiben und sich auch weiterhin um die Stärkung der demokratischen Institutionen, eine grundlegende Reform des Sicherheitssektors, die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit, die Bekämpfung der Korruption, der Straffreiheit und des Drogenhandels und die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung zu bemühen. Die EU wird ihnen dabei zur Seite stehen und alle Bemühungen in diese Richtung unterstützen.

Dank der Aufhebung der geeigneten Maßnahmen, die im Rahmen von Artikel 96 des Abkommens von Cotonou getroffen wurden, können wir Sie bei der Organisation des Diskussionsforums zu Guinea-Bissau am 25. März 2015 in Brüssel unterstützen und einen umfassenden Beitrag dazu leisten, dass die Veranstaltung ein Erfolg wird.

Darüber hinaus werden wir die Konsultations- und Vorbereitungsphase für den 11. Europäischen Entwicklungsfonds mit Ihrer Regierung fortsetzen, damit das Nationale Richtprogramm, das Sie bei der Umsetzung Ihres ehrgeizigen Reformprogramms unterstützen soll, schnellstmöglich unterzeichnet werden kann.

Schließlich freuen wir uns nicht nur auf die vollständige Wiederaufnahme der Zusammenarbeit mit der Republik Guinea-Bissau im Entwicklungsbereich, sondern auch auf eine Intensivierung unseres politischen Dialogs nach Artikel 8 des Abkommens von Cotonou.

Hochachtungsvoll

Im Namen des Rates || Für die Kommission

F. MOGHERINI Hohe Vertreterin || N. MIMICA Mitglied der Kommission