EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 13.10.2015
COM(2015) 495 final
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT UND DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS
über die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens
1.Einleitung
1.1Zielsetzung und Hauptmerkmale des Verfahrens
Mit der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 vom 12. Dezember 2006
wurde das erste echte europäische Zivilverfahren geschaffen – das Europäische Mahnverfahren. Es findet seit Dezember 2008 in allen Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Dänemark Anwendung. Das Verfahren kann in grenzüberschreitenden Rechtssachen als Alternative zu inländischen Mahnverfahren eingesetzt werden. Der vorliegende Bericht wurde nach Artikel 32 der Verordnung erstellt, dem zufolge die Kommission dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss einen detaillierten Bericht über die Überprüfung des Funktionierens des Europäischen Mahnverfahrens vorzulegen hat.
Für die Wirtschaftsbeteiligten der Europäischen Union ist die rasche und effiziente Beitreibung unbestrittener ausstehender Forderungen von essenzieller Bedeutung. Zahlungsverzug ist eine der Hauptursachen für Zahlungsunfähigkeit, insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen, und führt zum Verlust zahlreicher Arbeitsplätze. Dies hat mehrere Mitgliedstaaten dazu veranlasst, ein vereinfachtes Mahnverfahren einzuführen. Das Ziel eines Mahnverfahrens ist es, ein zügiges und kostengünstiges gerichtliches Verfahren bereitzustellen, das es ermöglicht, einen Geldbetrag bei einem Schuldner beizutreiben, sofern dieser die Forderung nicht bestreitet. Die inländischen Verfahren sind in grenzüberschreitenden Rechtssachen jedoch häufig unzulässig oder praktisch undurchführbar, zudem gibt es eine große Schwankungsbreite, was ihre Leistungsfähigkeit angeht.
Aus diesen Gründen wurde das Europäische Mahnverfahren eingeführt. Es gibt Gläubigern in 27 Mitgliedstaaten die Möglichkeit, unbestrittene Geldforderungen in Zivil- und Handelssachen mit Hilfe eines einheitlichen Verfahrens beizutreiben. Das Verfahren, das weder die Anwesenheit bei Gericht noch die Hilfe eines Rechtsanwalts erfordert, wird schriftlich durchgeführt. Der Antragsteller muss lediglich einen Antrag einreichen. Es sind weder schriftliche Nachweise zum Beleg des Antrags erforderlich, noch muss der Antragsteller im Laufe des Verfahrens irgendwelche weiteren Maßnahmen ergreifen. Europäische Zahlungsbefehle werden von Gerichten oder anderen Justizbehörden erlassen. Sie gelangen in allen Mitgliedstaaten in den freien Verkehr, ohne dass im Vollstreckungsmitgliedstaat ein Zwischenverfahren für ihre Anerkennung und Vollstreckung (Exequaturverfahren) nötig wird. Dies bedeutet, dass ein Europäischer Zahlungsbefehl in anderen Mitgliedstaaten wie jeder dort erlassene Zahlungsbefehl vollstreckt werden kann, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung bedarf.
Das straffe und effiziente Verfahren ist nur für unbestrittene Forderungen konzipiert. Das Recht des Antragsgegners auf eine wirksame Verteidigung ist dadurch gewährleistet, dass dieser innerhalb von 30 Tagen nach Erlass eines Zahlungsbefehls Einspruch einlegen kann. Der Antragsgegner muss lediglich angeben, dass er die Forderung bestreitet, ohne dass er eine Begründung dafür liefern oder sich von einem Anwalt vertreten lassen muss. Geschieht dies, wird das Europäische Mahnverfahren beendet. Die Forderung kann jedoch gemäß den Regeln eines ordentlichen Zivilprozesses weiterverfolgt werden, so dass die Argumente des Antragsgegners in vollem Umfang geprüft werden können.
Die Verordnung enthält Formblätter für das vorgesehene vereinfachte Verfahren, die online in allen Sprachen über das Europäische Justizportal abrufbar sind.
Die Formblätter wurden durch die Verordnung (EU) Nr. 936/2012 der Kommission vom 4. Oktober 2012 aktualisiert.
Informationen darüber, welche Gerichte für den Erlass Europäischer Zahlungsbefehle zuständig sind, finden sich im Europäischen Gerichtsatlas für Zivilsachen.
Das Europäische Justizielle Netz hat im Jahr 2010 einen Leitfaden zu der Verordnung veröffentlicht.
1.2Methodik und Informationserhebung
Der Bericht stützt sich auf Informationen aus verschiedenen Quellen.
Im Juni 2010 wurde eine Eurobarometer-Erhebung bei 26 690 Bürgerinnen und Bürgern in der EU-27 durchgeführt.
Ein von der Universität Maribor in Slowenien betreutes Projekt zur Vereinfachung der Beitreibung von Forderungen in der EU, an dem 14 Mitgliedstaaten teilnahmen (Österreich, Belgien, Bulgarien, Zypern, die Tschechische Republik, Deutschland, Spanien, Finnland, Frankreich, Italien, die Niederlande, Polen, Portugal und Schweden) wurde von der Europäischen Kommission kofinanziert. Aus dem Projekt ergaben sich zwei Sachverständigenberichte zu der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 sowie 14 Länderberichte.
Um Informationen über das Funktionieren des Verfahrens einzuholen, schickte die Kommission im April 2013 einen Fragebogen an die Mitgliedstaaten. Die statistischen Daten über die Nutzung des Verfahrens wurden im Juni 2014 aktualisiert und fertiggestellt.
Auf der 45. Sitzung der Kontaktstellen des Europäischen Justiziellen Netzes für Zivil- und Handelssachen am 29.-30. Mai 2013 wurde das Funktionieren der europäischen Verfahren, inklusive des Europäischen Mahnverfahrens, auf der Grundlage von zwei Arbeitsunterlagen der Kommission auf fachlicher Ebene erörtert.
Schließlich wurden zur Erstellung des vorliegenden Berichts auch drei Vorabentscheidungen des Europäischen Gerichtshofs bezüglich der Auslegung der Verordnung herangezogen.
2.Allgemeine Bewertung der Verordnung
Insgesamt gesehen wurde das Ziel der Verordnung, Streitigkeiten im Zusammenhang mit unbestrittenen Geldforderungen einfacher und schneller beizulegen und die Verfahrenskosten zu verringern sowie den freien Verkehr Europäischer Zahlungsbefehle in der EU ohne Exequaturverfahren zu ermöglichen, weitgehend erreicht, obwohl das Verfahren in den meisten Mitgliedstaaten nur relativ selten zum Einsatz kam.
Die Studien und die durchgeführte Konsultation deuten darauf hin, dass es weder bei der Anwendung des Verfahrens noch aufgrund der Abschaffung des Exequaturverfahrens größere rechtliche oder praktische Probleme im Bereich der Anerkennung und Vollstreckung von in diesen Verfahren gefällten Entscheidungen gab.
2.1Statistische Daten
Die vorliegenden Daten zeigen, dass bei den Gerichten in den Mitgliedstaaten jährlich zwischen 12 000 und 13 000 Anträge auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls eingehen.
Die meisten Anträge (mehr als 4000 jährlich) werden in Österreich und Deutschland eingereicht, wo auch die meisten Europäischen Zahlungsbefehle erlassen werden. Belgien, die Tschechische Republik, Frankreich, Ungarn, die Niederlande, Portugal und Finnland verzeichnen pro Jahr zwischen 300 und 700 Anträge. In den übrigen Mitgliedstaaten wird das Verfahren seltener eingesetzt. Genauere Informationen über die tatsächliche Nutzung des Europäischen Mahnverfahrens in den einzelnen Mitgliedstaaten finden sich im Anhang.
2.2Kenntnis der Existenz und der Funktionsweise des Verfahrens
Eine Eurobarometer-Erhebung im Jahr 2010
zeigte, dass die Bürgerinnen und Bürger die europäischen Verfahren einschließlich des Europäischen Mahnverfahrens nur in relativ geringem Maße kennen und anwenden: Nur 6 % aller Befragten hatten vom Europäischen Mahnverfahren gehört. Dies dürfte damit zusammenhängen, dass das Verfahren vornehmlich von Unternehmen und Anwälten genutzt wird und dass nur relativ wenige Bürgerinnen und Bürger in grenzüberschreitende Streitsachen verwickelt sind.
Personen, die das Europäische Mahnverfahren kennen, halten es gemeinhin für nützlich, um grenzüberschreitende zivilrechtliche Geldforderungen durchzusetzen, die vom Antragsgegner wahrscheinlich nicht bestritten werden.
Die Kommission hat ein Projekt zur Unterstützung grenzüberschreitend tätiger kleiner und mittlerer Unternehmen auf den Weg gebracht, das die grenzübergreifende Beitreibung von Forderungen erleichtern soll, um die Nutzung, die Kenntnis und das Bewusstsein für die vorhandenen Rechtsinstrumente inklusive der Verordnung zu erhöhen.
3.Besondere Aspekte der Bewertung
3.1Geografischer Anwendungsbereich: „grenzüberschreitende Rechtssachen“
Die Verordnung ist bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten anwendbar, bei denen mindestens eine der Parteien ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat als dem des befassten Gerichts hat. Diese Einschränkung auf „grenzüberschreitende“ Rechtssachen entspricht dem Anwendungsbereich anderer einschlägiger Instrumente, etwa dem des europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen.
Es kann sein, dass Personen, die das Verfahren anwenden, diese Einschränkung des Anwendungsbereichs nicht kennen oder nicht begreifen. Vielleicht erwarten sie, dass eine größere Zahl ihrer Streitigkeiten unter die Verordnung fallen sollte. Dies lässt sich daran ablesen, dass einige Unternehmen ein künstliches – von der Verordnung gefordertes – grenzüberschreitendes Szenario herstellen, um die Vorteile des Verfahrens nutzen zu können, etwa indem sie ihre Forderung auf ein ausländisches Unternehmen übertragen. Dies zeigt, dass das Verfahren als wirksam wahrgenommen wird.
3.2Zuständigkeit
Fünf Mitgliedstaaten haben die Zuständigkeit für die Bearbeitung Europäischer Mahnverfahren einem einzigen Gericht bzw. einer einzigen Behörde übertragen.
In den übrigen Mitgliedstaaten sind erst- oder zweitinstanzliche Gerichte (oder Notare wie in Ungarn) für den Erlass Europäischer Zahlungsbefehle zuständig.
Eine solche Spezialisierung kann bestimmte Vorteile haben, etwa die Gewährleistung von Spezialkenntnissen zu den Verfahren und von Sprachkenntnissen. Andererseits könnten die Bürgerinnen und Bürger und insbesondere die Verbraucher es vorziehen, ihre Forderungen bei einem zuständigen Gericht vor Ort einzureichen, auch wenn das Europäische Mahnverfahren schriftlich abgewickelt wird. Ob die Vorteile einer Spezialisierung die Nachteile überwiegen, könnte auch von der Größe des Mitgliedstaats abhängen. Insgesamt lassen die im Anhang präsentierten Daten über die Nutzung des Verfahrens keine eindeutigen Schlüsse darüber zu, ob das Verfahren bei einem zentralen System stärker in Anspruch genommen wird. Dennoch erscheint das Europäische Mahnverfahren, da es schriftlich und auf nichtstreitige Art ohne Erörterung der Sache selbst abgewickelt wird, weshalb es sich besonders für eine elektronische Bearbeitung eignet (siehe Abschnitt 3.5), besser für die Behandlung durch ein zentrales Gericht geeignet als andere Verfahren, die eine Erörterung des Sachverhalts und eine Beweiswürdigung erfordern, was dafür sprechen könnte, das Gericht näher bei den Streitparteien anzusiedeln.
3.3Antrag auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls
3.3.1Hauptforderung und Zinsen
Jeder Antrag auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls muss sich auf eine bezifferte Forderung beziehen, die zum Zeitpunkt seiner Einreichung fällig ist. Die Höhe der Forderung setzt sich aus dem Hauptbetrag und gegebenenfalls den Zinsen, Vertragsstrafen und Kosten zusammen. Werden Zinsen geltend gemacht, sind im Antrag der Zinssatz und der Zeitraum anzugeben, für den Zinsen verlangt werden. In der Rechtssache C-215/11
erklärte der Gerichtshof, dass ein Antragsteller in der Lage sein sollte, in seinem Antrag die bis zur Begleichung der Hauptforderung auflaufenden Zinsen zu verlangen. In diesem Fall kann das nationale Gericht bestimmen, wie Formblatt E des Zahlungsbefehls auszufüllen ist, vorausgesetzt, der Antragsgegner wird über die Berechnung der Zinsen informiert.
Durch die Verordnung der Kommission (EU) Nr. 936/2012 vom 4. Oktober 2012
, mit der die Anhänge der Verordnung zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens geändert wurden, wird gewährleistet, dass der Antragsgegner in der Tabelle „Wichtige Hinweise für den Antragsgegner“ in Formblatt E darüber informiert wird, dass nach einzelstaatlichem Recht bis zum Zeitpunkt der Vollstreckung des Zahlungsbefehls Zinsen anfallen können, wodurch sich der zu zahlende Gesamtbetrag erhöht. Dennoch fehlt in Formblatt E weiterhin eine angemessene Beschreibung zu diesen Zinsen. Aus diesem Grund sollte eine neuerliche Änderung der Formblätter erwogen werden.
3.3.2Im Antrag zu verwendende Sprache
In den meisten Mitgliedstaaten müssen die Anträge in einer der dortigen Amtssprachen eingereicht werden. Einige Mitgliedstaaten lassen aber auch Anträge in anderen Sprachen zu: Die Tschechische Republik, Estland, Zypern und Schweden akzeptieren Anträge in Englisch; Frankreich akzeptiert Anträge in Englisch, Deutsch, Italienisch und Spanisch.
Die Notwendigkeit einer Übersetzung erhöht die Kosten und verlängert das Verfahren, wenngleich die Parteien beim Europäischen Mahnverfahren keine Beweise vorlegen und erörtern müssen. Das Antragsformular lässt sich automatisch in die Amtssprache des Mitgliedstaats übersetzen, in dem das Gericht angesiedelt ist. Da es Kästchen zum Ankreuzen enthält, ist eine Übersetzung in den meisten Fällen nicht erforderlich. Zur Erreichung des Ziels eines wahrhaft europäischen Verfahrens sollten alle Mitgliedstaaten Anträge auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls in mindestens einer weiteren Sprache neben ihrer Amtssprache oder ihren Amtssprachen zulassen.
3.3.3Elektronische Einreichung des Antrags
Zahlreiche Mitgliedstaaten lassen eine elektronische Einreichung des Antrags zu
oder planen, künftig bei allen für das Europäische Mahnverfahren zuständigen Gerichten die elektronische Bearbeitung einzuführen.
Die Europäische Kommission kofinanziert nach Abschluss einer von ihr in Auftrag gegebenen Studie zur Machbarkeit der elektronischen Einreichung von Anträgen auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls derzeit ein Pilotprojekt zu diesem Thema. An dem Pilotprojekt „e-CODEX“ zum Europäischen Mahnverfahren nehmen neun Mitgliedstaaten teil.
Die Teilnehmer sind entweder Versender oder Empfänger von Anträgen oder beides. Ein Versender erlaubt es den Nutzern, Anträge auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls (d. h. Formblatt A) an einen Empfänger zu verschicken. Der Empfänger nimmt die Anträge entgegen und leitet sie auf elektronischem Weg an das Gericht weiter, das im eingereichten Formblatt A angegeben ist. Das betreffende Gericht kann danach elektronische Antworten (z. B. Formblatt B, Formblatt E usw.) auf demselben Weg zurückschicken. Derzeit verfügen noch nicht alle an dem Pilotversuch beteiligten Mitgliedstaaten über ein einsatztaugliches System: Einige Systeme befinden sich noch in der Testphase – ihr Einsatz ist für 2015 oder 2016 geplant. Die versendenden Mitgliedstaaten erlauben im Allgemeinen nur wichtigen Rechtskunden wie Anwälten, Banken, Versicherungsunternehmen und Sozialversicherungsträgern, nicht aber der Öffentlichkeit, die elektronische Einreichung von Anträgen. Beispiele für solche nationalen Systeme, über die derartige Kunden Anträge einreichen können, gibt es bereits in Deutschland und Österreich. In Kürze wird das Europäische Justizportal, das als Versender fungieren wird, der Öffentlichkeit ebenfalls die Möglichkeit geben, Anträge elektronisch einzureichen. Die Einreichung wird nur bei empfangenden Mitgliedstaaten möglich sein, die über ein eCODEX-System verfügen, dessen Integration mit dem Europäischen Justizportal mit Erfolg getestet wurde.
3.3.4Prüfung des Antrags
Drei Mitgliedstaaten
haben angegeben, dass die Gerichte einen hohen Prozentsatz von Anträgen zur Vervollständigung oder Berichtigung zurücksenden. Als häufigste Gründe für die Rücksendung wurden unrichtige oder unvollständige Angaben zu den Parteien (etwa eine fehlende Anschrift oder Unterschrift des Antragstellers), unvollständige Zinsforderungen und unbezahlte Gerichtsgebühren genannt.
Die über das Europäische Justizportal bereitgestellten dynamischen Formulare helfen den Nutzern bereits dabei, die Anträge korrekt auszufüllen. Das Portal bietet Nutzern derzeit außerdem die Möglichkeit, das für sie zuständige Gericht über die Website des Europäischen Gerichtsatlas ausfindig zu machen. Ab der zweiten Jahreshälfte 2015 wird es nach Einführung der Europäischen Gerichtsdatenbank noch einfacher sein, das zuständige Gericht, bei dem der Antrag einzureichen ist, zu bestimmen. Es könnte untersucht werden, wie weitere Erläuterungen zum Ausfüllen der Formulare auf dem Europäischen Justizportal bereitgestellt und weitere Einzelheiten über die Geltendmachung von Zinsen in die elektronischen Formulare aufgenommen werden könnten. Ferner könnten die Mitgliedstaaten, obwohl sie nicht – anders als in der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen – rechtlich zur Hilfestellung beim Ausfüllen der Formblätter verpflichtet sind, die den Bürgern im Rahmen des europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen gebotene Unterstützung auch auf das europäische Mahnverfahren ausweiten, um den Bürgern zu helfen und eine zeit- und kosteneffiziente Rechtspflege zu gewährleisten.
In der Verordnung ist ausdrücklich vorgesehen, dass die Prüfung von Anträgen auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls im Rahmen eines automatisierten Verfahrens erfolgen kann. In Österreich und Deutschland ist dies der Fall. Das Europäische Mahnverfahren – ein schriftliches Verfahren ohne Beweiswürdigung oder Anhörungen – scheint für eine vollständige elektronische Bearbeitung besonders geeignet zu sein, was sich positiv auf die Dauer der Verfahren auswirken könnte (siehe auch Abschnitt 3.4). Da gegen einen in einem automatisierten Verfahren erlassenen Zahlungsbefehl leicht Einspruch erhoben werden kann und das Verfahren eine wirksame Zustellung der Schriftstücke gewährleistet, sind die Rechte des Antragsgegners auf angemessene Weise gewahrt.
3.4Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls
Die vorliegenden Informationen deuten darauf hin, dass die Gerichte ihrer Verpflichtung, Europäische Zahlungsbefehle binnen 30 Tagen nach Einreichung des jeweiligen Antrags zu erlassen, im Allgemeinen nur in einigen Mitgliedstaaten nachkommen. Unter den Mitgliedstaaten, die Daten hierzu übermittelt haben, erlassen die Gerichte Zahlungsbefehle fristgerecht in Malta (1 Woche), in Belgien und Irland (2 Wochen), in Deutschland (2 bis 3 Wochen) sowie in Bulgarien und Litauen (30 Tage). Die Gerichte entscheiden binnen 1 bis 2 Monaten in Griechenland und Luxemburg sowie binnen 2 Monaten in Frankreich und Finnland; in Österreich, der Tschechischen Republik, Zypern, Estland, Polen, den Niederlanden, Portugal, Schweden Slowenien dauert es bis zu 4 Monate, in Ungarn bis zu 6 Monate, in Spanien 8 Monate und in der Slowakei bis zu 9 Monate.
Derart langwierige Verfahren sind angesichts der Tatsache, dass bei dem Verfahren keine Beweiswürdigung oder Anhörung der Parteien nötig ist, kaum zu rechtfertigen. Es ist unbedingt erforderlich, die Dauer zu verkürzen, da die zügige Beitreibung unbestrittener Forderungen den Cashflow von Unternehmen, insbesondere von KMU, stark beeinflusst. Eine systematische Nichteinhaltung der in der Verordnung vorgesehenen Fristen kann zudem als Verstoß gegen die Verordnung angesehen werden. Die weiteren Arbeiten bezüglich der elektronischen Abwicklung des Verfahrens könnten dazu beitragen, das Problem zu lösen. Die Kommissionsdienststellen werden auch künftig genau prüfen, ob es in diesem Bereich Verbesserungen gegeben hat.
3.5Zustellung Europäischer Zahlungsbefehle und anderer Schriftstücke
Es gab keine Berichte über besondere Probleme bei der Zustellung von Schriftstücken im Zusammenhang mit dem Europäischen Mahnverfahren. Die einzigen laut gewordenen Beschwerden betrafen die Kosten der grenzüberschreitenden Zustellung. Dem Bericht der Kommission vom Dezember 2013 über die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007
zufolge haben europäische Vorschriften dazu beigetragen, die Zustellung von Schriftstücken zwischen den EU-Ländern trotz einer stetig steigenden Zahl an Fällen zu beschleunigen. Die Zustellungsdauer für gerichtliche Schriftstücke hat sich in Österreich, Belgien, Finnland, Deutschland, Griechenland und Portugal verringert. In den einzelnen Mitgliedstaaten gibt es verschiedene Arten der Zustellung. Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, im Rahmen des Europäischen Mahnverfahrens kostengünstige Zustellungsarten wie die postalische Zustellung mit Empfangsbestätigung zu verwenden.
Obwohl in den Artikeln 13 und 14 der Verordnung die elektronische Zustellung von Schriftstücken als mögliche Zustellungsart genannt ist, konnte sich diese in der Gerichtslandschaft der EU bislang nicht durchsetzen. Dies könnte sowohl rechtliche als auch technische Hintergründe haben. In den Artikeln 13 und 14 wird die elektronische Zustellung dem Recht des Staats unterworfen, in dem die Zustellung erfolgen soll. Um diese Zustellungsart nutzen zu können, müssen somit nationale Gesetze über die elektronische Zustellung von Schriftstücken vorhanden sein. Ferner ist nach der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in den Mitgliedstaaten
, die auf die elektronische Zustellung im Rahmen der Verordnung zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens Anwendung findet,
die unmittelbare elektronische Zustellung eines Schriftstücks durch ein Gericht an eine Partei in einem anderen Mitgliedstaat selbst theoretisch ausgeschlossen. Des Weiteren können technische Hindernisse sowie Unvereinbarkeiten zwischen nationalen elektronischen Zustellungssystemen der weiteren Entwicklung der grenzüberschreitenden elektronischen Zustellung im Wege stehen.
3.6Kosten
Aus der Verordnung geht hervor, dass die Gerichtsgebühren nach nationalem Recht festzulegen sind. Allerdings ist im Falle eines Einspruchs gegen einen Europäischen Zahlungsbefehl durch den Antragsgegner in der Verordnung vorgesehen, dass die Gerichtsgebühren eines Europäischen Mahnverfahrens und eines ordentlichen Zivilprozesses insgesamt nicht höher sein dürfen als die Gerichtsgebühren eines ordentlichen Zivilprozesses für sich genommen. Die vorliegenden Daten zu den Gerichtsgebühren beim Europäischen Mahnverfahren zeigen, dass diese ähnlich sind wie die Gebühren bei Streitigkeiten im Rahmen vergleichbarer nationaler Verfahren und in erster Linie von dem Mitgliedstaat abhängen, in dem die Forderung gestellt wird. Zudem werden die Gebühren in den einzelnen Mitgliedstaaten auf unterschiedliche Art berechnet (Pauschalgebühren, Berechnung der Gebühren in Relation zur Höhe der Forderung oder eine Kombination aus beidem). In der Praxis wurden gelegentlich Beschwerden seitens der Bürger über den Gebührenanteil in einigen Mitgliedstaaten laut.
Das größte der Kommission zugetragene Problem in Bezug auf die Gerichtsgebühren war jedoch der Mangel an Transparenz für potenzielle Antragsteller. Um dieses Problem zu beheben, hat das Europäische Justizielle Netz für Zivil- und Handelssachen diesbezügliche Informationen auf dem Europäischen Justizportal veröffentlicht.
3.7Einlegung eines Einspruchs gegen einen Europäischen Zahlungsbefehl
Antragsgegner legen offenbar nur in begrenztem Umfang Einspruch gegen Europäische Zahlungsbefehle ein, obwohl die Einspruchsquote je nach Mitgliedstaat unterschiedlich ist. In Österreich etwa ist die Einspruchsquote marginal (4 %), während sie in Frankreich und Deutschland rund 16 % und in Griechenland über 50 % beträgt.
Im Großen und Ganzen wurden keine Probleme beim Einspruch gegen Europäische Zahlungsbefehle berichtet. Nach Artikel 17 Absatz 2 bewirkt ein Einspruch die Überleitung in ein ordentliches Zivilverfahren. Da sich Europäische Zahlungsbefehle auch auf Forderungen mit geringem Streitwert im Sinne der EU-Verordnung über geringfügige Forderungen beziehen können, hat die Kommission vorgeschlagen, dass das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen auch einer Partei zur Verfügung stehen sollte, die im Rahmen des Europäischen Mahnverfahrens Einspruch gegen einen Europäischen Zahlungsbefehl eingelegt hat, wenn die Rechtsstreitigkeit in den Anwendungsbereich des europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen fällt.
3.8Überprüfung
In Artikel 20 ist vorgesehen, dass in Ausnahmefällen eine Situation bereinigt werden kann, in der ein Antragsgegner nichts von dem Verfahren im Ursprungsmitgliedstaat wusste und sich nicht angemessen verteidigen konnte. Dieser Fall kann eintreten, wenn ein Antrag beispielsweise an eine falsche Adresse geschickt wurde. Die Verordnung regelt, unter welchen Bedingungen das Recht auf Überprüfung in Anspruch genommen werden kann, während die Überprüfung selbst den jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften unterliegt. Informationen über die verschiedenen Überprüfungsverfahren in den Mitgliedstaaten finden sich im Europäischen Gerichtsatlas.
In der Rechtssache C-324/12
entschied der Gerichtshof, dass die Nichteinhaltung der Frist für die Einlegung eines Einspruchs gegen einen Europäischen Zahlungsbefehl aufgrund eines Fehlverhaltens des Vertreters des Antragsgegners keine Überprüfung dieses Zahlungsbefehls gemäß Artikel 20 rechtfertigt, da ein solches Fristversäumnis keine außergewöhnlichen Umstände im Sinne dieses Artikels darstellt.
Die nationalen Verfahren zur Durchführung der Überprüfung sind je nach Mitgliedstaat sehr unterschiedlich und hängen mitunter auch vom jeweiligen europäischen Instrument ab (Europäischer Vollstreckungstitel, Europäischer Zahlungsbefehl, Verfahren für geringfügige Forderungen, Unterhaltsverordnung). Das Überprüfungsverfahren im Rahmen der genannten Instrumente hat ebenfalls Fragen aufgeworfen und zu Unsicherheit geführt.
In den verbundenen Rechtssachen C-119/13 und C-120/13
ging es darum, dass Europäische Zahlungsbefehle den Antragsgegnern nicht oder nicht wirksam zugestellt wurden, da sie ihren Wohnsitz verlegt hatten. Der Gerichtshof urteilte, dass die Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 dahin auszulegen ist, dass die Verfahren gemäß den Artikeln 16 bis 20 der Verordnung keine Anwendung finden, wenn sich herausstellt, dass ein Europäischer Zahlungsbefehl nicht in einer Weise zugestellt wurde, die den Mindestvorschriften der Artikel 13 bis 15 der Verordnung genügt. Zeigt sich ein solcher Fehler erst nach der Vollstreckbarerklärung eines Europäischen Zahlungsbefehls, muss der Antragsgegner die Möglichkeit haben, diesen Fehler nach nationalem Recht zu beanstanden, der, sofern er ordnungsgemäß nachgewiesen ist, die Ungültigkeit der Vollstreckbarerklärung zur Folge haben muss.
Aus dem Urteil des Gerichtshof in den Rechtssachen C-119/13 und C-120/13 folgt, dass ein wesentliches Element beim Schutz der Verteidigungsrechte im Rahmen des einheitlichen Europäischen Mahnverfahrens, nämlich das Recht eines säumigen Antragsgegners auf Wiedereröffnung des Verfahrens im Fall von Fehlern bei der Zustellung des Zahlungsbefehls, als nicht durch die Verordnung geregelt angesehen wird, sondern den nationalen Rechtsvorschriften unterliegt.
Um sicherzustellen, dass ein Antragsgegner derartige Fehler nach dem Unionsrecht beanstanden kann, sollten die Bedingungen für die Überprüfung gemäß Artikel 20 künftig präzisiert werden, und zwar im Lichte der jüngsten Bestimmungen der Unterhaltsverordnung und des Vorschlags zur Überarbeitung des Verfahrens für geringfügige Forderungen. Dies würde auch die Kohärenz der zivilrechtlichen Instrumente auf EU-Ebene verbessern.
3.9Vollstreckung
Besondere Probleme im Zusammenhang mit der Vollstreckung Europäischer Zahlungsbefehle wurden nicht gemeldet. Ein Hindernis, das Erwähnung fand, war der Mangel an Transparenz hinsichtlich des Schuldnervermögens für die Zwecke der grenzüberschreitenden Vollstreckung. Dies ist jedoch ein allgemeines Problem, das alle Formen der grenzüberschreitenden Vollstreckung in der EU betrifft, also nicht nur die Vollstreckung Europäischer Zahlungsbefehle.
3.10Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu missbräuchlichen Vertragsklauseln und zu Mahnverfahren
Der Gerichtshof der Europäischen Union wurde gebeten, im Zusammenhang mit der Anwendung der Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen die Anwendung und Durchsetzung nationaler Mahnverfahren unter dem Aspekt der im EU-Recht verankerten Grundsätze der Äquivalenz und Effektivität zu untersuchen. Dabei stellte sich u. a. die Frage, ob sich die Urteile des Gerichtshofs auf die Nutzung von Mahnverfahren bei Verbraucherrechtsstreitigkeiten auswirken. Tatsächlich beruhen Mahnverfahren ihrem Wesen nach auf dem Konzept, dass die materielle Begründetheit einer Forderung – anders als bei ordentlichen Gerichtsverfahren – grundsätzlich nicht geprüft wird.
Dem Gerichtshof zufolge ist es aufgrund der fehlenden Vereinheitlichung der nationalen Mechanismen zur Beitreibung unbestrittener Forderungen nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der Mitgliedstaaten, die Modalitäten, nach denen die nationalen Mahnverfahren durchgeführt werden, festzulegen, vorausgesetzt allerdings, dass sie nicht ungünstiger sind als diejenigen, die gleichartige Sachverhalte regeln, die dem innerstaatlichen Recht unterliegen (Äquivalenzprinzip), und dass sie die Ausübung der den Verbrauchern durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsprinzip).
Der Gerichtshof entschied insbesondere in der Rechtssache C-618/10 mit Verweis auf die Rechtssache C-473/00
, dass der Effektivitätsgrundsatz einer mitgliedstaatlichen Regelung entgegensteht, wonach das zuständige Gericht, sofern der Verbraucher keinen Widerspruch erhebt, von Amts wegen prüfen darf, ob eine Verzugszinsklausel in einem Vertrag zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher missbräuchlich ist, obwohl es über die hierzu erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen verfügt.
Laut der Rechtsprechung des Gerichtshofs sind die spezifischen Merkmale der nach nationalem Recht zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern geführten gerichtlichen Verfahren kein Faktor, der den Rechtsschutz, der den Verbrauchern nach der Richtlinie 93/13/EWG zu gewähren ist, beeinträchtigen könnte.
Allerdings hat der Gerichtshof im Zusammenhang mit der Überprüfung von Schiedssprüchen, die die Wirkung eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils haben, auch betont, dass die Wahrung des Effektivitätsgrundsatzes nicht so weit gehen kann, dass vom nationalen Gericht verlangt wird, einer völligen Untätigkeit des Verbrauchers vollständig abzuhelfen.
Andere Urteile des Gerichtshofs zum Effektivitätsgrundsatz
betreffen Mahnverfahren, bei denen Einspruch eingelegt wurde, nachdem die Sache in ein ordentliches oder anderes Zivilverfahren übergeleitet wurde. In der Rechtssache C-618/10, Banco Español, grenzt der Gerichtshof die spezifische Situation vor Erhebung eines Einspruchs in einem Mahnverfahren klar von anderen Situationen ab. Bei der Rechtssache ging es um die Frage, welche Aufgaben dem nationalen Gericht aufgrund der Bestimmungen der Richtlinie 93/13/EWG im Rahmen eines Mahnverfahrens zukommen, bevor der Verbraucher Widerspruch erhoben hat. Der Gerichtshof betonte, dass jeder Fall, in dem sich die Frage stellt, ob eine nationale Verfahrensvorschrift die Anwendung des Unionsrechts unmöglich macht oder übermäßig erschwert, unter Berücksichtigung der Stellung dieser Vorschrift im gesamten Verfahren, des Verfahrensablaufs und der Besonderheiten des Verfahrens vor den verschiedenen nationalen Stellen zu prüfen ist.
Nach Artikel 8 der Verordnung muss ein Gericht anhand der ihm vorliegenden Informationen prüfen, ob die Forderung begründet erscheint. Falls dem ersten Anschein nach Zweifel an der Begründetheit der Forderung oder einem Teil von ihr (etwa den Zinsen) bestehen, kann das Gericht gemäß Artikel 10 der Verordnung dem Antragsteller den Erlass eines Zahlungsbefehls für einen Teil der Forderung vorschlagen.
Ferner ist sichergestellt, dass nach einem Einspruch gegen einen Europäischen Zahlungsbefehl und der Überleitung der Klage in ein ordentliches Gerichtsverfahren die Sache selbst vollumfänglich geprüft wird. Daraus lässt sich die Folgerung ableiten, dass das Europäische Mahnverfahren aufgrund seiner Merkmale mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in Einklang steht.
4.Fazit
Das Europäische Mahnverfahren wurde eingeführt, um die Beitreibung ausstehender Forderungen zu vereinfachen, zu beschleunigen und die Verfahrenskosten zu verringern und um Gläubigern, insbesondere KMU, ein schnell durchführbares und effizientes Rechtsinstrument an die Hand zu geben – ein Ziel, das heute noch genauso gültig ist wie zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung.
Aufgrund der vorstehenden Bewertung der Anwendung des Verfahrens lässt sich feststellen, dass die Verordnung im Allgemeinen zuverlässig und zufriedenstellend zu funktionieren scheint. Die Anwendung der Verordnung hat die Bearbeitung unbestrittener Geldforderungen bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten allgemein verbessert, vereinfacht und beschleunigt. In Anbetracht dessen erscheint eine Änderung der grundlegenden Parameter des europäischen Verfahrens zum jetzigen Zeitpunkt nicht angebracht.
Allerdings ist das europäische Verfahren bei Unternehmen, Bürgern, Fachleuten und Gerichten nicht ausreichend bekannt. Daher ist eine weitere Aufklärung vonnöten, sowohl auf europäischer Ebene als auch in den Mitgliedstaaten. Die Verordnung sollte durch Information der Öffentlichkeit wie der Fachkreise über das Europäische Mahnverfahren wirksam und aktiv bekannt gemacht werden.
Außerdem könnte die Funktionsweise der Verordnung durch nichtlegislative sowie durchführungsbezogene Maßnahmen verbessert werden. Die Kommission wird sich die Kooperationsmechanismen des Europäischen Justiziellen Netzes für Zivil- und Handelssachen aktiv zunutze machen, um die Anwendung dieses nützlichen Verfahrens weiter zu verbessern und dafür zu werben. Die Funktionsweise des Verfahrens könnte weiterhin dadurch verbessert werden, dass für eine elektronische Bearbeitung gesorgt wird und die Mitgliedstaaten vermehrt darüber nachdenken, ob eine zentralisierte Bearbeitung von Fällen im Rahmen des Verfahrens sinnvoll wäre.
Anhang
Statistische Daten über die Nutzung des Europäischen Mahnverfahrens
Die Daten beziehen sich auf die Jahre 2012/2013. Falls in der Tabelle nicht anders angegeben, geht es um die Daten für das Jahr 2012.
|
Zahl der An-träge
|
Zu voll-streckende Zahlungs-befehle
|
Rücksendung von Anträgen zur Vervoll-stän-digung/ Berichti-gung
|
Änderung des Antrags
|
Zahl der Ein-sprüche
|
Zahl der er-lassenen Zahlungs-befehle
|
Dauer des Ver-fahrens
|
Belgien
|
319
|
|
wenige
|
wenige
|
|
261
|
1 bis 2 Wochen
|
Bulgarien
|
109
|
54
|
14
|
1
|
4
|
82
|
30 Tage
|
Tsche-chische Republik
(2013)
|
358
|
|
|
|
|
210
|
2 Wochen bis 6 Monate
|
Deutsch-land
|
4130
|
|
85 %
|
5 %
|
633
|
90 %
|
2 bis 3 Wochen
|
Estland
|
6
|
2
|
3
|
2
|
1
|
2
|
1 Woche bis 5 Monate
|
Irland
|
189
|
11
|
65
|
0
|
51
|
134
|
2 Wochen
|
Griechen-land
|
168
|
|
|
0
|
> 50 %
|
149
|
1 bis 2 Monate
|
Spanien
|
63
|
|
|
|
|
72***
|
8 Monate
|
Frankreich
|
335
|
|
118
|
|
+/- 16 %
|
305
|
2 Monate
|
Zypern
(2013)
|
11
|
4
|
1
|
0
|
2
|
9
|
2 Wochen bis 5 Monate
|
Litauen
|
9
|
23
|
0
|
|
5
|
7
|
30 Tage
|
Luxemburg
(2013)
|
218
|
173
|
102
|
59
|
31
|
127
|
1 bis 2 Monate
|
Ungarn
(2013)
|
442
|
144
|
|
|
24
|
489***
|
0 bis 3 Monate (350 Fälle);
3 bis 6 Monate (139 Fälle)
|
Malta
|
1
|
0
|
0
|
|
0
|
4***
|
1 Woche
|
Niederlande
|
372 (2011)
|
|
80 %
|
10 %
|
80
|
194
|
5 Monate
|
Österreich
|
4367 (2012)
2119
(2013)
|
|
237 (2012)
129 (2013)
|
2 (2012)
1 (2013)
|
175 (2012)
212 (2013)
|
4092 (2012)
2074
(2013)
|
1,5 bis 4 Monate
(2013)
|
Polen
|
1800 seit 2008
|
0
|
263
|
50
|
194
|
1016
|
4,5 Monate
|
Portugal
|
485
(2012)
296
(2013)
|
97 (2012)
166
(2013)
|
10
(2012)
25
(2013)
|
|
|
|
(2012)
5 Monate
|
Slowenien
|
12
|
35
|
1
|
5
|
1
|
7
|
5 Monate
|
Slowakei
(2013)
|
86
|
8
|
14
|
4
|
16
|
54
|
1 bis 9 Monate
|
Schweden
(2013)
|
91
|
27
|
83
|
|
23
|
62
|
142 Tage
(85 Tage bei Anträgen, die als unzulässig usw. erklärt wurden)
|
Finnland
(2013)
|
633
|
|
weniger als 10
|
weniger als 10
|
52
|
ca. 400
|
2 Monate
|
Vereinigtes Königreich
(2013)
|
208
|
108
|
Keine Daten aus England und Wales oder Schottland
5 (Nord-irland)
|
Keine Daten aus England und Wales oder Schottland
1 (Nord-irland)
|
Keine Daten aus England und Wales oder Schottland
5 (Nord-irland)
|
Keine Daten aus England und Wales
1 (Schott-land)
23 (Nord-irland)
|
Keine Daten aus irgend-einer der Gerichts-barkeiten im Ver-einigten König-reich
|
Kroatien*
|
|
|
|
|
|
|
|
Italien**
|
|
|
|
|
|
|
|
Lettland
|
|
|
|
|
|
|
|
Rumänien
|
|
|
|
|
|
|
|
Keine Daten angegeben
* Hinweis: Kroatien ist der EU erst am 1. Juli 2013 beigetreten.
** Es liegen keine gesonderten Statistiken zu Europäischen Zahlungsbefehlen vor; diese werden zusammen mit nationalen Zahlungsbefehlen statistisch aufbereitet.
*** Einschließlich von Anträgen aus den Vorjahren