30.8.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 316/208


P8_TA(2015)0044

Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung — Antrag EGF/2014/012 BE/ArcelorMittal — Belgien

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. März 2015 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung gemäß Nummer 13 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 2. Dezember 2013 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin, die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung (Antrag EGF/2014/012 BE/ArcelorMittal, Belgien) (COM(2014)0734 — C8-0014/2015 — 2015/2020(BUD))

(2016/C 316/28)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2014)0734 — C8-0014/2015),

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1309/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über den Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (2014–2020) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1927/2006 (1) (EGF-Verordnung),

gestützt auf die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1311/2013 des Rates vom 2. Dezember 2013 zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2014–2020 (2), insbesondere auf Artikel 12,

gestützt auf die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 2. Dezember 2013 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin, die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung (3) (IIV vom 2. Dezember 2013), insbesondere auf Nummer 13,

unter Hinweis auf das in Nummer 13 der IIV vom 2. Dezember 2013 vorgesehene Trilogverfahren,

unter Hinweis auf das Schreiben des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten,

unter Hinweis auf das Schreiben des Ausschusses für regionale Entwicklung,

unter Hinweis auf den Bericht des Haushaltsausschusses (A8-0035/2015),

A.

in der Erwägung, dass die Union Legislativ- und Haushaltsinstrumente geschaffen hat, um Arbeitnehmer, die unter den Folgen weitreichender Strukturveränderungen im Welthandelsgefüge zu leiden haben, zusätzlich zu unterstützen und ihnen bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt behilflich zu sein;

B.

in der Erwägung, dass die finanzielle Unterstützung der Union für entlassene Arbeitnehmer im Einklang mit der Gemeinsamen Erklärung des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission, die in der Konzertierungssitzung vom 17. Juli 2008 angenommen wurde, und unter gebührender Beachtung der IIV vom 2. Dezember 2013 hinsichtlich der Annahme von Beschlüssen zur Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) dynamischen Charakter haben und so zügig und effizient wie möglich bereitgestellt werden sollte;

C.

in der Erwägung, dass der Erlass der EGF-Verordnung die Einigung zwischen Parlament und Rat auf eine Wiedereinführung des Kriteriums der krisenbedingten Inanspruchnahme des Fonds, eine Erhöhung des Finanzbeitrags der Union auf 60 % der geschätzten Gesamtkosten der vorgeschlagenen Maßnahmen, eine Verbesserung der Effizienz bei der Bearbeitung der EGF-Anträge in der Kommission und durch Parlament und Rat durch Verkürzung der Zeiträume für die Bewertung und Genehmigung, eine Ausweitung der förderfähigen Maßnahmen und des Kreises der Begünstigten durch Einbeziehung von Selbständigen und Jugendlichen und eine Finanzierung von Anreizen zur Unternehmensgründung widerspiegelt;

D.

in der Erwägung, dass Belgien den Antrag EGF/2014/012 BE/ArcelorMittal auf einen Finanzbeitrag aus dem EGF aufgrund von 1 285 Entlassungen bei ArcelorMittal Liège S.A. — einem Unternehmen, das in der NACE-2-Abteilung 24 „Metallerzeugung und –bearbeitung“ tätig ist — während des Bezugszeitraums vom 1. Januar 2014 bis 1. Mai 2014 und danach im Zusammenhang mit einer schwerwiegenden Störung des Wirtschaftsgeschehens und insbesondere einem raschen Rückgang des Marktanteils der Union gestellt hat, wobei voraussichtlich 910 Personen an den Maßnahmen teilnehmen werden;

E.

in der Erwägung, dass der Antrag die in der EGF-Verordnung festgelegten Kriterien für die Förderfähigkeit erfüllt;

1.

stellt fest, dass die Bedingungen gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a der EGF-Verordnung erfüllt sind; teilt daher die Auffassung der Kommission, dass Belgien Anspruch auf einen Finanzbeitrag gemäß dieser Verordnung hat;

2.

stellt fest, dass die belgischen Behörden den Antrag auf einen Finanzbeitrag aus dem EGF am 22. Juli 2014, also innerhalb von zwölf Wochen ab dem Tag, an dem die genannten Interventionskriterien erfüllt waren, gestellt und ihn bis zum 16. September 2014 um zusätzliche Informationen ergänzt haben und dass die Kommission die Bewertung des Antrags am 9. Dezember 2014 vorlegte;

3.

begrüßt, dass die belgischen Behörden, um die Arbeitnehmer rasch zu unterstützen, beschlossen haben, am 1. Januar 2014, also lange vor der Entscheidung über die Gewährung der EGF-Unterstützung für das vorgeschlagene koordinierte Paket und sogar vor der Stellung des Antrags, mit der Umsetzung der personalisierten Dienstleistungen für die betroffenen Arbeitnehmer zu beginnen;

4.

vertritt die Auffassung, dass die Entlassungen bei ArcelorMittal Liège S.A. insofern mit weitgehenden strukturellen Veränderungen im Welthandelsgefüge infolge der Globalisierung zusammenhängen, als die Rohstahlerzeugung in der EU-27 zwischen 2007 und 2013 von 210,1 Mio. Tonnen auf 166,2 Mio. Tonnen zurückgegangen ist (4) (-20,9 %; -3,8 % jährliche Wachstumsrate (5)), während die Erzeugung weltweit von 1 348,1 Mio. Tonnen auf 1 649,3 Mio. Tonnen angestiegen ist (+22,3 %; +3,4 % jährliche Wachstumsrate); stellt fest, dass der Rückgang des Anteils der EU an der weltweiten Stahlerzeugung von 16 % im Jahr 2007 auf 10 % im Jahr 2013 deutlicher ausgefallen ist als in den Vereinigten Staaten und Russland, wohingegen der Anteil Asiens im selben Zeitraum deutlich gestiegen ist (von 56 % auf 67 %), was dazu geführt hat, dass die Zahl der Arbeitsplätze in der metallverarbeitenden Industrie in Lüttich von 6 193 Arbeitsplätzen in 40 Unternehmen im Jahr 2007 auf 4 187 Arbeitsplätze in 35 Unternehmen im Jahr 2012 zurückgegangen ist, was einem Rückgang der Beschäftigung in dieser Branche um 32 % entspricht;

5.

betont, dass die Auswirkungen dieser Veränderungen im Welthandelsgefüge durch andere Faktoren verstärkt wurden, so etwa durch den Rückgang der Nachfrage nach Stahl in der Automobil- und der Baubranche in der EU infolge der Wirtschaftskrise und durch einen relativen Anstieg der Produktionskosten (Rohstoffe, Energie, Umweltauflagen usw.); weist darauf hin, dass diese Faktoren die Wettbewerbsfähigkeit der Stahlindustrie der EU beeinträchtigt und dazu geführt haben, dass im europäischen Stahlsektor in den letzten Jahren infolge von Werksschließungen und Umstrukturierungen bei mehreren Stahlerzeugern zahlreiche Arbeitsplätze verloren gegangen sind;

6.

betont, dass ein effizienter und koordinierter Ansatz auf Unionsebene notwendig ist, um von einer sinkenden wieder zu einer wachsenden Wettbewerbsfähigkeit der Stahlindustrie in der Union zu gelangen; hebt hervor, dass angemessen und gezielt investiert werden muss, damit Innovation die wichtigste Triebkraft der weltweiten Wettbewerbsfähigkeit des Stahlsektors der Union und eine Garantie für den Erhalt der Arbeitsplätze in der EU ist;

7.

weist auf den Fortschrittsbericht zur Umsetzung der Mitteilung der Kommission „Aktionsplan für eine wettbewerbsfähige und nachhaltige Stahlindustrie in Europa“ vom 11. Juni 2013 hin, in dem festgestellt wird, dass die Hälfte der in der Mitteilung vorgesehenen Maßnahmen umgesetzt wurde; hebt hervor, dass die korrekte Umsetzung der betreffenden Maßnahmen sichergestellt werden muss, damit greifbare Ergebnisse erzielt werden, die zu einem Wiederaufschwung des Stahlsektors in der Union führen;

8.

stellt fest, dass dies der vierte EGF-Antrag der Stahlbranche ist, wobei drei dieser Anträge mit weitgehenden Strukturveränderungen im Welthandelsgefüge infolge der Globalisierung (6) und ein Antrag mit der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise zusammenhängen (7); fordert die Kommission nachdrücklich auf, durch die Ausarbeitung und Umsetzung präventiver und unterstützender Maßnahmen weiteren Entlassungen in dieser Branche vorzubeugen;

9.

stellt fest, dass die Entlassungen bei ArcelorMittal Liège S.A. aller Voraussicht nach schwerwiegende Folgen für die Region rund um Lüttich haben werden, da diese Region stark von der metallverarbeitenden Industrie abhängig ist und der Abbau von Arbeitsplätzen bei ArcelorMittal sich dort umso stärker bemerkbar macht, als ArcelorMittal auf dem lokalen Arbeitsmarkt 78,9 % aller Arbeitsplätze in der Metallbranche und 14,3 % der Arbeitsplätze in der Industrie stellt;

10.

stellt fest, dass das koordinierte Paket der zu kofinanzierenden personalisierten Dienstleistungen drei Hauptbereiche abdeckt: Wiedereingliederung, Ausbildung und Umschulung sowie die Förderung des Unternehmertums; betont, dass sichergestellt werden muss, dass die Umschulungsdienstleistungen im Einklang mit den tatsächlichen Bedürfnissen des Arbeitsmarktes in der betreffenden Region durchgeführt werden;

11.

spricht sich dafür aus, die Bestimmungen der EGF-Verordnung zukünftig für die Unterstützung junger Menschen in dieser Region zu nutzen, die weder eine Arbeit haben noch eine schulische oder berufliche Ausbildung absolvieren;

12.

begrüßt, dass das koordinierte Paket personalisierter Dienstleistungen in Absprache mit den zu unterstützenden Personen und den Sozialpartnern ausgearbeitet wurde;

13.

weist darauf hin, dass mehr als die Hälfte der geschätzten Gesamtausgaben für Umschulungsdienstleistungen, d. h. auf Maßnahmen zur Unterstützung, Orientierung und Integration, aufgewendet werden muss; weist darauf hin, dass diese Dienstleistungen von FOREM (der öffentlichen Arbeits- und Fortbildungsverwaltung der Wallonischen Region) erbracht werden, die bei der Umsetzung dieses Antrags als Vermittlungsstelle fungiert;

14.

weist darauf hin, dass es wichtig ist, die Vermittelbarkeit aller Arbeitnehmer durch eine adäquate Fortbildung und die Anerkennung der während der beruflichen Laufbahn eines Arbeitnehmers erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten zu verbessern; erwartet, dass die im Rahmen des koordinierten Pakets angebotenen Fortbildungsmaßnahmen nicht nur auf den Bedarf der entlassenen Arbeitnehmer, sondern auch auf das tatsächliche Unternehmensumfeld abgestimmt werden;

15.

weist darauf hin, dass im Einklang mit Artikel 7 der EGF-Verordnung bei der Ausarbeitung des koordinierten Pakets personalisierter Dienstleistungen sowohl den künftigen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt als auch den in Zukunft nachgefragten Kompetenzen Rechnung getragen werden sollte und dass dieses Paket mit dem Umstieg auf eine ressourcenschonende und nachhaltige Wirtschaft vereinbar sein sollte;

16.

betont, dass aus Mitteln des EGF nur aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen kofinanziert werden dürfen, die zu einer dauerhaften, langfristigen Beschäftigung führen; weist erneut darauf hin, dass die Unterstützung aus dem EGF weder an die Stelle von Maßnahmen treten darf, die aufgrund des nationalen Rechts oder aufgrund von Tarifvereinbarungen in die Verantwortung der Unternehmen fallen, noch ein Ersatz für Maßnahmen zur Umstrukturierung von Unternehmen oder Branchen sein darf;

17.

weist darauf hin, dass Maßnahmen, die nach belgischem Recht im Rahmen von Massenentlassungen vorgeschrieben sind und zu den üblichen Aktivitäten der Taskforces für die Personalumstrukturierung gehören (z. B. Unterstützung beim Outplacement, Fort- und Weiterbildung, Unterstützung bei der Arbeitssuche und Berufsberatung usw.) daher nicht Gegenstand dieses EGF-Antrags sind;

18.

begrüßt, dass in der Vergangenheit für ein Projekt (EnTrain — En Transition-Reconversion-Accompagnement) finanzielle Unterstützung aus dem ESF gewährt wurde, das auf die Entwicklung pädagogischer Methoden für Umschulungseinheiten im Allgemeinen abstellte, und dass sich die Ergebnisse dieses Projekts bei der Umsetzung der geplanten Maßnahmen als nützlich erweisen dürften;

19.

billigt den dieser Entschließung beigefügten Beschluss;

20.

beauftragt seinen Präsidenten, diesen Beschluss mit dem Präsidenten des Rates zu unterzeichnen und seine Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union zu veranlassen;

21.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung mit ihrer Anlage dem Rat und der Kommission zu übermitteln.


(1)  ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 855.

(2)  ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 884.

(3)  ABl. C 373 vom 20.12.2013, S. 1.

(4)  Quelle: World Steel Association, Steel Statistical Yearbook 2014.

(5)  Durchschnittliche jährliche Wachstumsrate.

(6)  EGF/2009/022 BG/Kremikovtsi (Antrag von der Kommission abgelehnt), EGF/2012/010 RO/Mechel (COM(2014)0255 vom 7.5.2014), EGF/2013/007 BE/Hainaut steel (Duferco-NLMK) (COM(2014)0725 vom 9.12.2014), EGF/2013/002 BE/Carsid (COM(2014)0553 vom 5.9.2014).

(7)  EGF/2010/007 AT/Steiermark und Niederösterreich. Beschluss 2011/652/EU vom 27. September 2011 (ABl. L 263 vom 7.10.2011, S. 9).


ANLAGE

BESCHLUSS DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

über die Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (Antrag EGF/2014/012 BE/ArcelorMittal, Belgien)

(Der Text dieser Anlage ist hier nicht wiedergegeben; er entspricht dem endgültigen Rechtsakt, Beschluss (EU) 2015/472.)