26.6.2014 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 196/20 |
Veröffentlichung eines Eintragungsantrags gemäß Artikel 50 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel
(2014/C 196/08)
Diese Veröffentlichung eröffnet die Möglichkeit, gemäß Artikel 51 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (1) Einspruch gegen den Antrag zu erheben.
EINZIGES DOKUMENT
VERORDNUNG (EG) Nr. 510/2006 DES RATES
zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (2)
„WESTFÄLISCHER PUMPERNICKEL“
EG-Nr.:DE-PGI-0005-01095 —22.2.2013
g. g. A. ( X ) g. U. ( )
1. Name
„Westfälischer Pumpernickel“
2. Mitgliedstaat oder Drittland
Deutschland
3. Beschreibung des Agrarerzeugnisses oder des Lebensmittels
3.1. Erzeugnisart
Klasse 2.4. Backwaren, feine Backwaren, Süßwaren oder Kleingebäck
3.2. Beschreibung des Erzeugnisses, für das der unter Punkt 1 aufgeführte Name gilt
Äußere Produktbeschreibung: Schwarzes oder sehr dunkles Vollkornbrot aus Roggenschrot ohne Kruste. Im Krumenbild ist die Kornstruktur des Roggenkorns noch deutlich zu erkennen. Das Brot ist von sehr typischem herb-süßem Geschmack.
Formate sind rechteckig oder rund. Die sehr geringe Lockerung, die feuchte Krume sowie die Zuckerarten, die bei der extrem langen Backzeit durch den Abbau der im Roggen enthaltenen Stärke entstehen, lassen die einzelnen Scheiben beim geschnittenen Westfälischen Pumpernickel ganz leicht aneinanderkleben.
Zusammensetzung: Vollkornbrot aus mindestens 90 % Roggenbackschrot und/oder Roggenvollkornschrot, Wasser, Salz, Hefe, bereits ausgebackener Westfälischer Pumpernickel; optional: andere Lebensmittel aus Getreide (z. B. Malze) und/oder aus Zuckerrüben (z. B. Rübenkraut (= Sirup) oder andere Verarbeitungsprodukte). Es dürfen keine Konservierungsstoffe zugesetzt werden.
Chemische/Mikrobiologische Eigenschaften
In chemischer Hinsicht unterscheidet sich Westfälischer Pumpernickel von anderem Vollkornbrot dadurch, dass die Stärke (Polysaccharid) wegen der langen Backzeit enzymatisch in erheblicher Menge in Mono-, Di- und Oligosaccharide aufgespalten ist.
Insofern Westfälischer Pumpernickel ein reines Roggenbrot ist, hebt ihn dies schon von den meisten anderen Brotsorten ab. Er hat darum andere Eigenschaften als die meisten anderen Brotsorten. Denn im Roggenteig kann das Gluten aufgrund der Anwesenheit von Pentosanen (Roggen enthält etwa 6 bis 8 % davon, Weizen nur etwa 2 bis 3 %) kein Klebergerüst aufbauen. Deshalb hält Roggenteig weniger Gas als Weizenteig. Das führt dazu, dass Roggenbrot weniger locker ist als Weizenbrot und eine dichtere Krume hat. Angesichts dieser besonderen Backeigenschaften von Roggen, die häufig nicht so erwünscht sind, sind Weizen-/Roggenmischbrote weit verbreitet, reines Roggenbrot ist selten.
Westfälischer Pumpernickel zeichnet sich durch eine sehr lange Frischhaltung aus. Eingeschweißt hält er sich mehrere Monate, in Konservendosen bis zu zwei Jahre.
3.3. Rohstoffe (nur für Verarbeitungserzeugnisse)
Mindestens 90 % Roggenbackschrot und/oder Roggenvollkornschrot, Wasser, Salz, Hefe, bereits ausgebackener, spezifikationskonformer Westfälischer Pumpernickel; optional: andere Lebensmittel aus Getreide (z. B. Malze) und/oder aus Zuckerrüben (z. B. Rübenkraut (= Sirup) oder andere Verarbeitungsprodukte).
3.4. Futter (nur für Erzeugnisse tierischen Ursprungs)
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3.5. Besondere Erzeugungsschritte, die in dem abgegrenzten geografischen Gebiet erfolgen müssen
Der Herstellungsvorgang vom Anmischen des Teiges bis zum Backen muss im abgegrenzten geografischen Gebiet erfolgen. Soweit bereits ausgebackener Pumpernickel als Zutat zugegeben wird, muss auch dies Westfälischer Pumpernickel nach dieser Spezifikation sein, auch er muss im abgegrenzten Gebiet hergestellt sein. Der Zusatz ausgebackenen Pumpernickels fördert die Frischhaltung des Produktes und dient zur Intensivierung des Geschmacks. Diese Zutat muss aus dem geografischen Gebiet stammen, weil traditionell immer ausgebackener Westfälischer Pumpernickel unter Zusatz von ausgebackenem Westfälischem Pumpernickel hergestellt wurde und der Verbraucher den Zusatz anderen Brotes als Verfälschung empfände. Zur Erläuterung: Es handelt sich bei dieser Zutat faktisch um nichts anderes als um „Rework“, dieses kann aus Schnittbrotresten, anderen bei der Produktion des Pumpernickels anfallenden Resten oder aus nicht verkauftem verkehrsfähigem Pumpernickel sein.
3.6. Besondere Vorschriften für Vorgänge wie Schneiden, Reiben, Verpacken usw.
Soweit Westfälischer Pumpernickel als aufgeschnittene Ware in Fertigpackungen vermarktet werden soll, darf das Aufschneiden und Verpacken nur im Herstellungsbetrieb erfolgen. Denn da Westfälischer Pumpernickel keine Kruste hat, ist er sehr anfällig für mikrobiologischen Befall, etwa mit Schimmelsporen. Ein Transport von einem Herstellungsbetrieb zu einem anderen Ort zur Weiterverarbeitung würde angesichts dessen ein nicht akzeptables Kontaminationsrisiko bedeuten.
3.7. Besondere Vorschriften für die Etikettierung
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4. Kurzbeschreibung der Abgrenzung des geografischen Gebiets
Das Herstellungsgebiet ist ein Teil des deutschen Bundeslandes Nordrhein-Westfalen, nämlich das Gebiet des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe ohne den Kreis Lippe.
5. Zusammenhang mit dem geografischen Gebiet
Das Produkt verfügt über ein besonderes Ansehen, das auf seiner Herkunft beruht. Durch die lange, bis ins Jahr 1570 zurückreichende Erzeugungstradition verfügen die lokalen Erzeuger außerdem über besondere Fertigkeiten, die ebenfalls zum hohen Ansehen der Produkte beitragen.
5.1. Besonderheit des geografischen Gebiets
Bis auf den südlichen Teil Westfalens, der mit dem Sauerland noch zur deutschen Mittelgebirgsregion zählt, gehört Westfalen bereits zu Norddeutschland. Aufgrund des in Westfalen herrschenden, von der Nordsee geprägten maritimen Klimas (ausreichende Regenmengen, verteilt auf viele Regentage, nicht so heiße Sommer, eher milde Winter) ist Roggenanbau in dieser Gegend traditionell verbreitet. Roggen hat andere Backeigenschaften als Weizen. Darum führte der starke Anbau von Roggen in Westfalen schon früh auch zur Entstehung besonderer Brotsorten, darunter dem westfälischen Pumpernickel.
5.2. Besonderheit des Erzeugnisses
Westfälischer Pumpernickel hat eine lange Geschichte und ein auch darauf beruhendes besonderes Ansehen. Das hervorragende Ansehen von Westfälischem Pumpernickel hat sich bis in die heutigen Tage erhalten. Die Existenz der Werke „Pumpernickel — Das schwarze Brot der Westfalen“ oder „Kulinarische Randgebiete neu entdeckt — Band 1 Pumpernickel“ zeigt, wie hoch die Wertschätzung für den Westfälischen Pumpernickel noch heute in Westfalen ist. Dies wird u. a. dadurch belegt, dass fast alle deutschen Lebensmittelketten „Westfälischen Pumpernickel“ im Sortiment haben.
Die hervorstechenden objektiven Besonderheiten Westfälischen Pumpernickels sind, dass er nur aus Roggen besteht und sich schon dadurch von den meisten anderen Broten unterscheidet und dass er in Dampfbackkammern oder im Etagenofen im geschlossenen Backkasten mindestens 16 Stunden gebacken wird. Es gibt gerade in Deutschland eine große Vielfalt an Brotsorten, darunter auch viele Schwarzbrotsorten. Die extrem lange Backdauer von 16 Stunden und mehr ist aber typisch nur für den Westfälischen Pumpernickel. Es gibt kein anderes Brot mit einer solchen Backdauer. Bei den dabei praktizierten Temperaturen werden die im Getreide enthaltenen Enzyme aktiviert, um zu einem späteren Zeitpunkt am Ende des mindestens 16-stündigen Backvorgangs wieder gestoppt zu werden. Hierbei handelt es sich vor allen Dingen um Amylasen, die die ebenfalls im Getreide enthaltene Amylose (Stärke) in Ihre Bestandteile teilen, nämlich vor allem in diverse Mono- und Disaccharide (diverse Zucker), die den typischen Geschmack entstehen lassen. Im weiteren Verlauf des Backvorgangs werden die gewonnenen Zucker verkaramellisiert. Die dunkle Farbe entsteht durch die sogenannte Maillard-Reaktion. Durch diese „Zerstörung“ der Stärke steht für eine Lockerung, wie sie bei allen anderen Brotsorten gewünscht ist, nicht mehr genug Stärke zur Verkleisterung zur Verfügung. Alle anderen Herstellungsverfahren von Brot sind darauf ausgelegt, die genannten Enzyme zu hemmen. Eine Kombination von Aktivierung und Hemmung der getreideeigenen Enzyme mit dem Verfahren des Backvorgangs über einen solch langen Zeitraum ist einzigartig. Wir haben es hier also mit einer komplett anderen Herstellungsweise zu tun. Das Backen von Westfälischem Pumpernickel hat mit herkömmlichem Backen anderer Schwarzbrote nichts zu tun.
Durch diesen einzigartigen Prozess entstehen der typische herb-süße Geschmack sowie die dunkelbraune, fast schwarze Krumenfarbe. Besonders dieser typische Geschmack, der zugleich leicht süßlich, manchmal etwas spitz durch einen Hauch von Säure ist und dennoch ein mild aromatisches Aroma aufweist, ist charakteristisch für diese Spezialität.
Diese objektiven, wegen der besonderen Herstellungsweise gebietstypischen Eigenschaften wiederum und wiederum auch das besondere Ansehen des Westfälischen Pumpernickels beruhen zudem auf besonderen Fertigkeiten der lokalen Bäcker. Die Temperaturführung bei einer Backdauer von mindestens 16 Stunden erfordert große Erfahrung, die sich im Gebiet im Verlauf der langen Tradition gebildet hat. Diese Backdauer ist gebietstypisch. Dort werden, sofern überhaupt Pumpernickel hergestellt wird, allenfalls Backzeiten von 12-16 Stunden praktiziert, was aber nicht die besonderen Eigenschaften hervorruft, die Westfälischen Pumpernickel auszeichnen.
5.3. Ursächlicher Zusammenhang zwischen dem geografischen Gebiet und der Qualität oder den Merkmalen des Erzeugnisses (im Falle einer g. U.) bzw. einer bestimmten Qualität, dem Ansehen oder sonstigen Eigenschaften des Erzeugnisses (im Falle einer g. g. A.)
Das besondere Ansehen, das besondere Aussehen und der besondere Geschmack des Produkts beruhen auf seiner besonderen Herstellungsweise, die tief im Herstellungsgebiet verwurzelt ist und sich dort durch die lange Tradition des Roggenanabaus entwickelt hat. Das Ausbacken des Westfälischen Pumpernickels von 16 Stunden ist ein sehr ungewöhnliches Verfahren, das erheblichen Einfluss auf die Produkteigenschaften in chemischer und physikalischer Hinsicht hat. Diese Verfahren der Herstellung von Pumpernickel gibt es außerhalb Westfalens nur ganz vereinzelt, es hat seine Wurzel und bis heute seine stärkste Nutzung in Westfalen. Darum wird dieses Verfahren und deshalb auch das damit erzeugte Produkt, der Westfälische Pumpernickel, im Bewusstsein der Verbraucher als typisch westfälisch angesehen. Ein gängiger Werbespruch auf Ansichtskarten Westfälischer Städte um 1900 war:
„Seht Ihr von fern Westfalen’s Pforte winken,
das Land der Pumpernickel und der Schinken?
Seid froh willkommen Hier auf Eurer Reise,
und esst mit uns des schönen Landes Speise!“
Hinweis auf die Veröffentlichung der Spezifikation
(Artikel 5 Absatz 7 der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 (3))
https://register.dpma.de/DPMAregister/geo/detail.pdfdownload/38550
(1) ABl. L 343 vom 14.12.2012, S. 1.
(2) ABl. L93 vom 31.3.2006, S. 12. Ersetzt durch die Verordnung (EU) Nr. 1151/2012.
(3) Siehe Fußnote 2.