29.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 285/11


P7_TA(2014)0127

Übertragung von Rechtsetzungsbefugnissen und die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 25. Februar 2014 zu den Folgemaßnahmen in Bezug auf die Übertragung von Rechtsetzungsbefugnissen und die Kontrolle der Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse durch die Mitgliedstaaten (2012/2323(INI))

(2017/C 285/02)

Das Europäische Parlament,

gestützt auf die Artikel 290 und 291 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (1),

unter Hinweis auf die Vereinbarung über delegierte Rechtsakte in der von der Konferenz der Präsidenten am 3. März 2011 angenommenen Fassung,

unter Hinweis auf die Rahmenvereinbarung über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission (2), insbesondere Nummer 15 und Anhang I,

unter Hinweis auf das Urteil des Gerichtshofs vom 5. September 2012 in der Rechtssache C-355/10, Europäisches Parlament/Rat der Europäischen Union (noch nicht veröffentlicht), und die anhängige Rechtssache C-427/12, Europäische Kommission/Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 5. Mai 2010 zur legislativen Befugnisübertragung (3),

unter Hinweis auf den am 19. September 2013 angenommenen Informationsbericht des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Bessere Rechtsetzung: Durchführungsrechtsakte und delegierte Rechtsakte“,

unter Hinweis auf das Schreiben des Präsidenten des Europäischen Parlaments vom 26. November 2012 an den Vorsitz der Konferenz der Ausschussvorsitze zu den horizontalen Leitlinien für die Anwendung delegierter Rechtsakte in Zusammenhang mit den legislativen Programmen des mehrjährigen Finanzrahmens in der von der Konferenz der Präsidenten am 15. November 2012 gebilligten Fassung,

unter Hinweis auf das Schreiben des Präsidenten des Europäischen Parlaments vom 8. Februar 2013 an die Präsidenten der Kommission und des Rates betreffend die mangelnden Fortschritte im Rat hinsichtlich der Anpassungsvorschläge in den Bereichen Landwirtschaft und Fischerei,

gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Rechtsausschusses sowie der Stellungnahmen des Entwicklungsausschusses, des Ausschusses für Wirtschaft und Währung, des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit, des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie, des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr, des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, des Ausschusses für Fischerei und des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (A7-0435/2013),

A.

in der Erwägung, dass mit dem Vertrag von Lissabon die Möglichkeit eingeführt wurde, dass Parlament und Rat (zusammen „der Gesetzgeber“) im Rahmen eines Gesetzgebungsakts („Basisrechtsakt“) einen Teil ihrer Befugnisse auf die Kommission übertragen; in der Erwägung, dass die Übertragung von Befugnissen ein sensibler Vorgang ist, bei dem die Kommission mit der Wahrnehmung einer Befugnis betraut wird, die untrennbar mit der eigenen Rolle des Gesetzgebers verbunden ist; in der Erwägung, dass daher die korrekte Anwendung des Vertrags sichergestellt werden muss, damit auch delegierten Rechtsakten ein ausreichendes Maß an demokratischer Legitimität zuteilwird; in der Erwägung, dass der Ausgangspunkt für die Prüfung der Frage der Befugnisübertragung deshalb immer die Freiheit des Gesetzgebers sein muss; in der Erwägung, dass nach ständiger Rechtsprechung die Annahme von für den betrachteten Gegenstand wesentlichen Regelungen dem Gesetzgeber vorbehalten ist, weswegen die Annahme von Bestimmungen nicht delegiert werden kann, wenn sie politische Beschlüsse erfordert, die in die Verantwortung des Gesetzgebers fallen; in der Erwägung, dass sich delegierte Befugnisse nur auf die Ergänzung oder Änderung von Teilen eines Gesetzgebungsakts beziehen können, die nicht von wesentlicher Bedeutung sind; in der Erwägung, dass es sich bei den daraus resultierenden, von der Kommission angenommenen delegierten Rechtsakten um Akte ohne Gesetzescharakter und von allgemeiner Geltung handeln wird; in der Erwägung, dass im Basisrechtsakt Ziel, Inhalt, Geltungsbereich und Dauer der Befugnisübertragung ausdrücklich genannt und auch die Bedingungen, unter denen die Übertragung erfolgt, festgelegt werden müssen;

B.

in der Erwägung, dass zur Darlegung der praktischen Vorkehrungen und vereinbarten Klarstellungen und Präferenzen, die für die Übertragung von Rechtsetzungsbefugnissen gemäß Artikel 290 AEUV gelten, das Parlament, der Rat und die Kommission eine Vereinbarung über delegierte Rechtsakte angenommen haben mit dem Ziel einer reibungslosen Ausübung von delegierten Befugnissen und einer wirksamen Kontrolle dieser Befugnisse durch das Europäische Parlament und den Rat;

C.

in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten gemäß den Verträgen alle zur Durchführung verbindlicher Rechtsakte der Union erforderlichen Maßnahmen nach nationalem Recht ergreifen; in der Erwägung, dass jedoch in Fällen, in denen es einheitlicher Bedingungen für die Durchführung verbindlicher Rechtsakte der Union bedarf, mit diesen Rechtsakten der Kommission (und in einigen Sonderfällen dem Rat) gemäß Artikel 291 AEUV Durchführungsbefugnisse übertragen werden; in der Erwägung, dass — sofern im Basisrechtsakt vorgesehen ist, dass die Annahme von Durchführungsrechtsakten durch die Kommission der Kontrolle der Mitgliedstaaten unterliegen muss — der Kommission diese Durchführungsbefugnisse im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 durch den Basisrechtsakt übertragen werden sollten; in der Erwägung, dass eine der wichtigsten Verpflichtungen, die die Kommission in einer im Anhang dieser Verordnung beigefügten Erklärung eingegangen ist, die vordringliche Angleichung des Besitzstandes an das neue, während der laufenden Wahlperiode fertigzustellende System von delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten darstellt, einschließlich der Basisrechtsakte, die sich auf das Regelungsverfahren mit Kontrolle beziehen;

D.

in der Erwägung, dass der Gesetzgeber auf Einzelfallbasis die Detailgenauigkeit der einzelnen Gesetzgebungsakte zu bestimmen hat und somit ebenfalls zu entscheiden hat, ob der Kommission Befugnisse zur Annahme von delegierten Rechtsakten zu übertragen sind und ob Befugnisse benötigt werden, um einheitliche Bedingungen zur Durchführung des Gesetzgebungsakts sicherzustellen; in der Erwägung, dass die Übertragung solcher delegierten Befugnisse oder Durchführungsbefugnisse zu keinem Zeitpunkt eine Verpflichtung darstellt; in der Erwägung, dass eine solche Übertragung jedoch in Betracht gezogen werden sollte, wenn Flexibilität und Effizienz erforderlich sind und durch das ordentliche Gesetzgebungsverfahren nicht sichergestellt werden können; in der Erwägung, dass sich die Entscheidung, ob delegierte Befugnisse oder Durchführungsbefugnisse übertragen werden, auf objektive Faktoren stützen muss, die eine rechtliche Überprüfung der gewählten Lösung erlauben; in der Erwägung, dass die fehlende Rechtsprechung zu Artikel 290 AEUV und den darin niedergelegten Kriterien es dem Europäischen Parlament und dem Rat erschwert hat, sich auf eine Abgrenzung zwischen Durchführungsrechtsakten und delegierten Rechtsakten zu einigen;

E.

in der Erwägung, dass die Übertragung von Befugnissen auf die Kommission nicht nur eine technische Frage ist, sondern aufgrund ihrer möglichen sozioökonomischen, ökologischen und gesundheitlichen Auswirkungen auch Fragen von erheblicher politischer Bedeutung für Unionsbürger und Verbraucher, Unternehmen und ganze Branchen umfassen kann;

F.

in der Erwägung, dass bei vielen Dossiers die legislativen Verhandlungen gezeigt haben, dass bestimmte Themen von den Organen unterschiedlich ausgelegt werden; in der Erwägung, dass gemäß Artikel 37a seiner Geschäftsordnung die Ausschüsse des Parlaments bei der Prüfung eines Vorschlags, in dem delegierte Rechtsakte vorgesehen sind, den Rechtsausschuss um eine Stellungnahme ersuchen können; in der Erwägung, dass die Konferenz der Präsidenten am 13. Januar 2012 eine gemeinsame Linie gebilligt und am 19. April 2012 einen horizontalen Ansatz angenommen hat, der von den einzelnen Ausschüssen zu verfolgen ist, um Divergenzen zu überwinden; in der Erwägung, dass diese gemeinsame Linie vom Parlament weiterentwickelt werden muss, indem es eigene Kriterien für die Anwendung der Artikel 290 und 291 AEUV festlegt und sich um eine Einigung mit dem Rat und der Kommission in Bezug auf diese Kriterien bemüht;

Kriterien für die Anwendung der Artikel 290 und 291 AEUV

1.

ist der Ansicht, dass das Parlament bei der Anwendung der Artikel 290 und 291 AEUV die folgende, nicht erschöpfende Liste unverbindlicher Kriterien beachten sollte:

Über den verbindlichen oder unverbindlichen Charakter einer Maßnahme muss auf der Grundlage von deren Art und Inhalt entschieden werden; nach Artikel 290 AEUV kann nur die Befugnis zur Annahme rechtsverbindlicher Maßnahmen übertragen werden.

Die Kommission kann Gesetzgebungsakte nur im Wege von delegierten Rechtsakten ändern. Dies schließt die Änderung von Anhängen ein, da Anhänge fester Bestandteil von Gesetzgebungsakten sind. Anhänge dürfen nicht hinzugefügt oder gestrichen werden, um die Anwendung von delegierten Rechtsakten zu fördern oder zu verhindern. Ist der Gesetzgeber der Auffassung, dass ein Text fester Bestandteil des Basisrechtsaktes sein sollte, kann er den Text in einem Anhang hinzufügen. Dies trifft insbesondere im Hinblick auf Listen oder Register der Union von zugelassenen Produkten oder Substanzen zu, die aus Gründen der Rechtssicherheit fester Bestandteil des Basisrechtsakts bleiben sollten, gegebenenfalls in Form eines Anhangs. Maßnahmen, im Rahmen derer der genaue Inhalt der im Gesetzgebungsakt aufgeführten Pflichten näher festgelegt werden soll, dienen als Ergänzung des Basisrechtsaktes durch Hinzufügen nicht wesentlicher Bestimmungen.

Maßnahmen, die zu einer Auswahl von Prioritäten, Zielen oder erwarteten Ergebnissen führen, sollten im Wege von delegierten Rechtsakten angenommen werden, wenn der Gesetzgeber beschließt, diese nicht in den Gesetzgebungsakt einzubeziehen.

Maßnahmen zur Festlegung (weiterer) zu erfüllender Bedingungen, Kriterien oder Anforderungen — deren Erfüllung durch die Mitgliedstaaten oder andere Personen oder Stellen, die von den Rechtsvorschriften direkt betroffen sind, sicherzustellen ist — ändern per definitionem den Inhalt der Rechtsvorschriften und fügen neue allgemein anwendbare Regelungen hinzu. Folglich kann die Einführung solcher Regelungen oder Kriterien nur im Wege eines delegierten Rechtsakts erfolgen. Demgegenüber kann die Durchführung der Regelungen oder Kriterien, die bereits in dem Basisrechtsakt (oder in einem künftigen delegierten Rechtsakt) festgelegt sind, mittels Durchführungsrechtsakten erfolgen, ohne dabei jedoch den Inhalt der sich aus dem Rechtsakt ergebenden Rechte oder Pflichten zu verändern und ohne weitere politische Entscheidungen zu treffen.

Unter gewissen Umständen ist die Kommission zur Annahme zusätzlicher verbindlicher Regelungen von allgemeiner Geltung ermächtigt, die sich wesentlich auf die im Basisrechtsakt festgelegten Rechte oder Pflichten auswirken. Diese Maßnahmen ergänzen per definitionem die Maßnahmen im Basisrechtsakt und bewirken somit eine weitere Festlegung der Politik der Union. Dies kann nur im Wege eines delegierten Rechtsaktes erreicht werden.

In Abhängigkeit von der Struktur des betreffenden Finanzierungsprogramms könnten nicht wesentliche Elemente zur Änderung oder Ergänzung des Basisrechtsakts — wie beispielsweise bestimmte technische Bestimmungen, strategische Interessen, Ziele oder erwartete Ergebnisse — durch delegierte Rechtsakte angenommen werden, sofern sie nicht im Basisrechtsakt enthalten sind. Nur wenn es sich um Elemente handelt, die keine weitere politische Festlegung beinhalten, kann der Gesetzgeber deren Annahme im Rahmen von Durchführungsrechtsakten erlauben.

Eine Maßnahme zur Bestimmung der Art von im Rahmen des Basisrechtsakts bereitzustellenden Informationen (d. h. des genauen Inhalts der Informationen) stellt im Allgemeinen eine Erweiterung der Verpflichtung zur Bereitstellung von Informationen dar und sollte im Wege eines delegierten Rechtsakts ausgeführt werden.

Eine Maßnahme, die sich auf Vorkehrungen für die Bereitstellung von Informationen (d. h. das Format) bezieht, stellt im Allgemeinen keine Erweiterung der Verpflichtung zur Bereitstellung von Informationen dar. Eine solche Maßnahme ermöglicht vielmehr eine einheitliche Durchführung. Diese sollte daher in der Regel im Wege eines Durchführungsrechtsakts umgesetzt werden.

Maßnahmen zur Festlegung von Verfahren (d. h. der Art und Weise, wie etwas geleistet oder ausgeführt wird) können entweder im Rahmen eines delegierten Rechtsakts oder eines Durchführungsrechtsakts erlassen werden (oder auch ein wesentliches Element des Basisrechtsakts sein); entscheidend hierfür sind der Inhalt, der Kontext und die Art der im Basisrechtsakt festgelegten Bestimmungen. Maßnahmen, die Einzelheiten von Verfahren festlegen, die weitere nicht wesentliche politische Entscheidungen zur Ergänzung des im Basisrechtsakt festgelegten rechtlichen Rahmens beinhalten, sollten im Allgemeinen durch delegierte Rechtsakte erlassen werden. Bei Maßnahmen, die Einzelheiten von Verfahren festlegen, um einheitliche Bedingungen für die Durchführung einer im Basisrechtsakt festgelegten Verpflichtung sicherzustellen, sollte es sich generell um Durchführungsmaßnahmen handeln.

Wie bei Verfahren kann eine Ermächtigung zur Festlegung von Methoden (d. h. der Art des Vorgehens, insbesondere in einer regelmäßigen und systematischen Weise) oder der Methodik (d. h. der Regelungen zur Festlegung von Methoden) in Abhängigkeit von Inhalt und Umfeld delegierte Rechtsakte oder Durchführungsrechtsakte umfassen.

Im Allgemeinen sollten delegierte Rechtsakte angewendet werden, wenn der Basisrechtsakt der Kommission einen beträchtlichen Ermessensspielraum zur Erweiterung des im Basisrechtsakt festgelegten rechtlichen Rahmens einräumt.

Genehmigungen können Maßnahmen von allgemeiner Geltung sein. Dies ist beispielsweise der Fall bei Beschlüssen, die sich auf die Genehmigung oder das Verbot der Verwendung eines bestimmten Stoffes in einem Nahrungsmittel, einem Kosmetikprodukt usw. beziehen. Diese Beschlüsse sind von allgemeiner Geltung, da sie jeden Akteur betreffen, der den Stoff verwenden möchte. In solchen Fällen könnte es sich — falls sich der Beschluss der Kommission vollständig auf im Basisrechtsakt enthaltene Kriterien stützt — um einen Durchführungsrechtsakt handeln; ermöglichen es die Kriterien hingegen der Kommission, weitere nicht wesentliche/sekundäre politische Entscheidungen zu treffen, so sollten solche Genehmigungen die Form eines delegierten Rechtsakts annehmen, da es sich um eine Ergänzung des Basisrechtsakts handeln würde.

Ein Gesetzgebungsakt kann der Kommission nur die Befugnis übertragen, allgemein anwendbare Rechtsakte ohne Gesetzescharakter anzunehmen. Maßnahmen mit individuellem Geltungsbereich können daher nicht im Wege von delegierten Rechtsakten angenommen werden. Ein Rechtsakt ist von allgemeiner Geltung, wenn er für objektiv festgelegte Situationen gilt und Rechtswirkungen gegenüber allgemein und abstrakt umschriebenen Personengruppen entfaltet.

Durchführungsrechtsakte sollten keine weiteren politischen Vorgaben umfassen, und die der Kommission übertragenen Befugnisse sollten dieser keinen wesentlichen Ermessensspielraum einräumen.

Allgemeine Anmerkungen

2.

fordert die Kommission und den Rat nachdrücklich auf, Verhandlungen mit dem Parlament aufzunehmen, um eine Einigung hinsichtlich der genannten Kriterien zu erzielen; ist der Auffassung, dass dies im Rahmen einer Überprüfung der Interinstitutionellen Vereinbarung über bessere Rechtsetzung erreicht werden kann, die diese Kriterien einbeziehen würde;

3.

bekräftigt die von der Konferenz der Präsidenten in ihren Sitzungen vom 13. Januar 2011 und 19. April 2012 in Bezug auf delegierte Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte gefassten Beschlüsse und betont, dass das Parlament stets auf der Nutzung delegierter Rechtsakte für alle der Kommission übertragenen Befugnisse, welche die Kriterien gemäß Artikel 290 AEUV erfüllen, bestehen sollte, und dass Dossiers, in denen die institutionellen Rechte des Parlaments im Hinblick auf die Einbeziehung delegierter Rechtsakte nicht gewahrt werden, nicht im Plenum zum Zwecke der Abstimmung über eine Vereinbarung behandelt werden sollten; betont, dass das Parlament bereits zu Beginn der Verhandlungen darauf hinweisen sollte, dass delegierte Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte ein zentrales institutionelles Thema für das Parlament darstellen;

4.

fordert die Kommission auf, künftig ausdrücklich und nachhaltig zu begründen, warum sie in einem bestimmten Gesetzesvorschlag einen delegierten Rechtsakt oder Durchführungsrechtsakt vorschlägt und warum sie dessen Regelungsinhalt als nicht wesentlich erachtet; verweist darauf, dass — wie aus Artikel 290 und 291 AEUV eindeutig hervorgeht — delegierte Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte unterschiedlichen Bedürfnissen entsprechen und daher nicht gegeneinander ausgetauscht werden können;

5.

ist der Ansicht, dass zur Stärkung der Rolle seiner Berichterstatter in legislativen Verhandlungen öfter auf die Möglichkeit zurückgegriffen werden sollte, den Rechtsausschuss gemäß Artikel 37a seiner Geschäftsordnung um eine Stellungnahme zu ersuchen;

6.

ist ernsthaft besorgt darüber, dass die Angleichung des Besitzstandes an den Vertrag von Lissabon vier Jahre nach dessen Inkrafttreten nur in Teilen verwirklicht worden ist; begrüßt die jüngsten Vorschläge der Kommission zur Anpassung der verbleibenden Gesetzgebungsakte, in denen die Verwendung des Regelungsverfahrens mit Kontrolle vorgesehen ist; betont jedoch, dass die Verhandlungen über diese Vorschläge so bald wie möglich beginnen müssen, um dieses Dossier noch vor Ende dieser Wahlperiode abzuschließen; ist der Auffassung, dass zumindest sämtliche Fälle, die bisher im Rahmen des Regelungsverfahrens mit Kontrolle behandelt wurden, nun an Artikel 290 AEUV angepasst werden sollten, da Maßnahmen im Rahmen des Regelungsverfahrens mit Kontrolle auch Maßnahmen von allgemeiner Geltung zur Änderung nicht wesentlicher Bestandteile eines Basisrechtsakts sind, unter anderem indem einige dieser Bestandteile gestrichen werden oder indem der Basisrechtsakt um neue, nicht wesentliche Bestandteile ergänzt wird; fordert gleichzeitig den Rat auf, die Verhandlungen über diejenigen spezifischen Anpassungsvorschläge fortzuführen, die noch immer im Rat blockiert sind, wozu auch die Vorschläge in den Bereichen Landwirtschaft und Fischerei gehören;

7.

äußert sich besorgt darüber, dass die systematische Festlegung sämtlicher politischer Elemente im Basisrechtsakt — obgleich sie in bestimmten Fällen eine gute Lösung sein mag — schon bald dazu führen kann, dass Artikel 290 AEUV nicht mehr das wertvolle Instrument zur Rationalisierung des Gesetzgebungsverfahrens ist, als das er ursprünglich im Sinne der Vermeidung von Mikromanagement sowie eines komplexen und langwierigen Mitentscheidungsverfahrens vorgesehen war; betont, dass dieser Ansatz in manchen Fällen nur sehr schwer umsetzbar sein könnte, beispielsweise in Sektoren, in denen sich Technologien noch in der Entwicklungsphase befinden;

8.

hebt hervor, dass in den Fällen, in denen man sich für die Verwendung von Durchführungsrechtsakten entschieden hat, das Verhandlungsteam des Parlaments sorgfältig prüfen sollte, welche Art der Kontrolle durch die Mitgliedstaaten erforderlich ist und ob das Beratungs- oder das Prüfungsverfahren verwendet werden sollte; betont, dass die Verhandlungsteams des Parlaments in Fällen, in denen das Prüfungsverfahren verwendet wird, die Klausel über die Nichtabgabe einer Stellungnahme nur in hinreichend begründeten Ausnahmefällen akzeptieren sollten, da diese die Kommission daran hindert, den Entwurf eines Durchführungsrechtsakts anzunehmen, falls der Ausschuss, der sich aus den Vertretern der Mitgliedstaaten zusammensetzt und dem die Kommission vorsitzt, keine Stellungnahme abgibt;

9.

empfiehlt der Kommission, delegierte Rechtsakte nicht dazu zu missbrauchen, Angelegenheiten, über die in Trilogen auf politischer Ebene Einvernehmen erzielt wurde, infrage zu stellen; weist darauf hin, dass die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte der Kommission möglichst nur für einen begrenzten Zeitraum übertragen werden sollte;

10.

ruft seine Ausschüsse dazu auf, die Verwendung von delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten innerhalb ihrer jeweiligen Verantwortungsbereiche aufmerksam zu beobachten; fordert zu diesem Zweck die Kommission auf, die Verwaltungsvorschriften für die Übermittlung und Archivierung von Dokumenten im Zusammenhang mit delegierten Rechtsakten, einschließlich vorbereitender Dokumente, zu verbessern, um mindestens das gleiche Niveau an Informationen und Transparenz wie bei dem bestehenden Register für Durchführungsrechtsakte sicherzustellen und zu gewährleisten, dass dem Parlament und dem Rat in ihrer Eigenschaft als Gesetzgeber Informationen gleichzeitig übermittelt werden;

11.

ist der Auffassung, dass erhebliche Fortschritte dabei erzielt wurden, eine rasche Weiterleitung der delegierten Rechtsakte an die federführenden Ausschüsse zu gewährleisten, was sich wiederum positiv auf die Wahrnehmung des Kontrollrechts durch die Mitglieder ausgewirkt hat;

12.

verweist auf die politische Verantwortung des Gesetzgebers und die Notwendigkeit, das Parlament in der Phase der Vorbereitung delegierter Rechtsakte regelmäßig und zeitnah einzubeziehen; fordert die Kommission auf, das Parlament, einschließlich des für das betreffende Dossier verantwortlichen Berichterstatters, stets über den Zeitplan, über anstehende Treffen von Sachverständigengruppen und über den Inhalt geplanter delegierter Rechtsakte auf dem Laufenden zu halten, und zwar auch indem sie Zugang zu ihren einschlägigen Datenbanken wie CIRCA gewährt;

13.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, Nummer 15 der Rahmenvereinbarung über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission in vollem Umfang zu beachten, unter anderem durch eine Vereinfachung des Verfahrens für die Einladung von Sachverständigen des Parlaments zu Sitzungen mit nationalen Experten, wenn der zuständige Ausschuss des Parlaments darum ersucht; ist der Ansicht, dass nach der Teilnahme von Sachverständigen des Parlaments an solchen Sitzungen die Kommission zu Sitzungen im Parlament zum Zwecke eines weiteren Meinungsaustauschs über die Vorbereitung delegierter Rechtsakte eingeladen werden kann; fordert die Kommission auf, Nummer 15 der Rahmenvereinbarung auch auf jene Sitzungen der Mitgliedstaaten und der Kommission anzuwenden, auf denen andere Angelegenheiten als Durchführungsrechtsakte im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 erörtert werden;

14.

ist der Auffassung, dass der Zeitraum zwischen der Übermittlung der endgültigen Entwürfe von Durchführungsrechtsakten und deren Annahme durch die Kommission häufig zu kurz ist und somit keine angemessene Kontrolle durch das Parlament möglich ist; fordert die Kommission daher auf, im Einklang mit der Vereinbarung zwischen dem Parlament und der Kommission über Komitologieverfahren aus dem Jahr 2008 das Recht des Parlaments auf Kontrolle der endgültigen Entwürfe von Durchführungsrechtsakten innerhalb einer Frist von einem Monat umfassend zu beachten;

15.

fordert, dass ausreichende technische und personelle Ressourcen für delegierte Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte zugewiesen werden, unter anderem um eine effiziente interne Informationsweitergabe zu gewährleisten; ist der Auffassung, dass die Weiterleitung delegierter Rechtsakte an die Mitglieder im Wege eines Mitteilungsblattes die Kontrolle solcher Rechtsakte erleichtert und es den Mitgliedern ermöglicht, rechtzeitig mögliche Einwände zu erheben;

16.

empfiehlt, dass in jedem Ausschuss ständige Berichterstatter für delegierte Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte benannt werden, wodurch die Kohärenz innerhalb des betreffenden Ausschusses und mit anderen Ausschüssen gewährleitet würde; ist der Auffassung, dass ähnliche Themen in kohärenter Weise und unter Beibehaltung der notwendigen Flexibilität behandelt werden müssen;

17.

begrüßt, dass die Sachverständigen der Kommission für eine Teilnahme an Informationssitzungen mit den Mitgliedern zur Verfügung stehen, da die Organisation solcher Sitzungen rechtzeitig vor der Annahme der delegierten Rechtsakte sinnvoll ist, um wichtige Aspekte solcher Rechtsakte zu klären und die Bewertung der betreffenden Rechtsakte durch das Parlament zu erleichtern;

18.

fordert insbesondere die Mitglieder von Verhandlungsteams weiterhin auf, delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten besondere Aufmerksamkeit zu widmen, wenn sie dem zuständigen Ausschuss nach jedem Trilog gemäß Artikel 70 Absatz 4 der Geschäftsordnung des Parlaments Bericht erstatten;

Anmerkungen zu spezifischen Aspekten

Landwirtschaft und Fischerei

19.

bedauert, dass die anzugleichenden Dossiers mit wesentlichen Rechtsvorschriften für Landwirtschaft und Fischerei nach dem Scheitern der Verhandlungen im Rahmen der informellen Triloge und der ersten Lesung des Parlaments im Rat blockiert worden sind; betont, dass der Grund für diese Situation häufig darin liegt, dass der Rat keine delegierten Rechtsakte verwenden möchte; stellt fest, dass es nur im Rahmen der vollständigen Legislativverfahren im Zusammenhang mit der Reform der GAP und der GFP möglich war, eine für beide Seiten annehmbare Lösung im Hinblick auf die Angleichung zu finden, obwohl eine Einigung über manche Bestimmungen nur unter der Bedingung erzielt werden konnte, dass diese keinen Präzedenzfall darstellen; fordert den Rat nachdrücklich auf, die noch ausstehenden anzugleichenden Dossiers voranzutreiben, damit die Verfahren vor dem Ende der derzeitigen Wahlperiode abgeschlossen werden können;

Entwicklungszusammenarbeit

20.

erinnert daran, dass das Parlament im Hinblick auf das Instrument für die Entwicklungszusammenarbeit (DCI) seit 2006 einen Prozess der demokratischen Kontrolle in Form eines politischen Dialogs mit der Kommission über die Entwürfe von Maßnahmen praktiziert hat; stellt jedoch fest, dass das Parlament gemischte Erfahrungen mit dieser Vorgehensweise gemacht hat und sein Einfluss auf die Entscheidungen der Kommission begrenzt gewesen ist;

21.

weist darauf hin, dass Durchführungsrechtsakte im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit häufig auf vorherigen Konsultationen mit Dritten basieren, was die Vornahme von Änderungen in einem fortgeschrittenen Stadium des formellen Komitologieverfahrens erschwert; betont daher, dass die frühere Unterrichtung des Parlaments und ein früherer Dialog mit dem Parlament einen wichtigen Schritt hin zu einer wirksameren Nutzung der Kontrollbefugnisse des Parlaments darstellen würden;

Wirtschaft und Währung

22.

weist darauf hin, dass im Bereich der Finanzdienstleistungen mit den Verordnungen über die Europäischen Aufsichtsbehörden technische Regulierungsstandards und technische Durchführungsstandards eingeführt werden, aufgrund derer die Europäischen Aufsichtsbehörden der Kommission Entwürfe von technischen Regulierungsstandards und technischen Durchführungsstandards zur Annahme vorlegen; ist der Auffassung, dass angesichts der technischen Kompetenz und des Fachwissens der Europäischen Aufsichtsbehörden delegierte Rechtsakte, wann immer möglich, die Form technischer Regulierungsstandards und nicht gewöhnlicher delegierter Rechtsakte annehmen sollten; ist ferner der Auffassung, dass die Kommission vor der Annahme gewöhnlicher delegierter Rechtsakte die entsprechende Europäische Aufsichtsbehörde um fachliche Beratung zum Inhalt dieser Rechtsakte ersuchen sollte;

23.

weist darauf hin, dass der Zeitraum für die Überprüfung von technischen Regulierungsstandards angesichts von deren Umfang und Komplexität um einen weiteren Monat verlängert werden kann, und ist der Auffassung, dass diese Art von Flexibilität zur Regel werden sollte; weist ferner darauf hin, dass der Gesetzgeber für alle delegierten Rechtsakte im Bereich Finanzdienstleistungen einen Prüfungszeitraum von drei Monaten festgelegt hat, der um drei Monate verlängert werden kann, und vertritt den Standpunkt, dass diese Praxis auf andere komplexe Bereiche ausgeweitet werden sollte;

24.

betont, dass die Regelung, wonach kein delegierter Rechtsakt während der Sitzungspausen des Parlaments vorgelegt werden darf, auch für technische Regulierungsstandards gelten sollte;

25.

ist der Ansicht, dass der Aufruf an die Interessenträger, sich an den Interessengruppen der Europäischen Aufsichtsbehörden zu beteiligen, ausreichend lange (mindestens zwei Monate lang) gelten, über eine Vielzahl von Kanälen verbreitet werden und einem klaren und gestrafften Prozess folgen sollte, um sicherzustellen, dass Bewerbungen von möglichst vielen Kandidaten eingehen; verweist darauf, dass die Interessengruppen in den Europäischen Aufsichtsbehörden im Einklang mit den Bestimmungen der jeweiligen Verordnungen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen müssen;

Beschäftigung und Soziales

26.

verweist darauf, dass das Parlament im Bereich Beschäftigung und soziale Angelegenheiten die Gültigkeit des EURES-Beschlusses vor dem Gerichtshof angefochten hat, um seine Vorrechte zu verteidigen;

Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres

27.

fordert die Kommission auf, in ihr Arbeitsprogramm Vorschläge zur Änderung aller Rechtsakte der ehemaligen dritten Säule aufzunehmen, um diese an die neue Normenhierarchie anzupassen sowie die Befugnisse, die Zuständigkeiten und das Recht des Parlaments auf Informationen in Bezug auf die Befugnisübertragung auf die Kommission nach dem Vertrag von Lissabon zu achten; betont, dass dies eine individuelle Bewertung jedes Rechtsakts erfordert, um Beschlüsse zu ermitteln, die — als wesentliche Bestimmungen — vom Gesetzgeber anzunehmen sind, insbesondere wenn sie die Grundrechte der betroffenen Personen berühren, und solche, die als nicht wesentliche Bestimmungen betrachtet werden können (vgl. Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-355/10);

28.

weist darauf hin, dass der Rat nach wie vor — lange nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon — Rechtsakte auf der Grundlage der früheren dritten Säule erlässt, so dass das Parlament gezwungen war, vor dem Gerichtshof Klage zu erheben;

o

o o

29.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und den Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.


(1)  ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13.

(2)  ABl. L 304 vom 20.11.2010, S. 47.

(3)  ABl. C 81 E vom 15.3.2011, S. 6.