WEISSBUCH Eine wirksamere EU-Fusionskontrolle (Text von Bedeutung für den EWR) /* COM/2014/0449 final */
WEISSBUCH Eine wirksamere EU-Fusionskontrolle (Text von Bedeutung für den EWR) Inhaltsverzeichnis 1............ Einführung. 4 2............ Materiellrechtliche Prüfung von
Unternehmenszusammenschlüssen nach der Reform der Fusionskontrollverordnung im
Jahr 2004. 4 2.1......... Materiellrechtliche Würdigung. 5 2.2......... Weitere Förderung von Zusammenarbeit und
Konvergenz. 7 2.3......... Schlussfolgerung. 9 3............ Erwerb nichtkontrollierender
Minderheitsbeteiligungen. 9 3.1......... Warum benötigt die Kommission die
Zuständigkeit für die Prüfung nichtkontrollierender Minderheitsbeteiligungen?. 9 3.1.1...... Schadenstheorien. 10 3.1.2...... Artikel 101 und 102 AEUV
sind möglicherweise nicht für das Vorgehen gegen wettbewerbswidrige
Minderheitsbeteiligungen geeignet 13 3.2......... Wettbewerbspolitische Optionen und
vorgeschlagene Maßnahmen für die Prüfung des Erwerbs von
Minderheitsbeteiligungen. 13 3.2.1...... Ausgestaltung des Verfahrens
und Optionen – welche Grundsätze sollten für die Kontrolle von
Minderheitsbeteiligungen auf EU-Ebene gelten?. 13 3.2.2...... Das vorgeschlagene System:
„gezielte“ Transparenz. 14 3.2.3...... Das Verfahren im Einzelnen. 15 3.2.4...... Umfang der Prüfung nach der
Fusionskontrollverordnung und Verhältnis zu Artikel 101 AEUV 16 3.3......... Schlussfolgerung zur Prüfung von
Minderheitsbeteiligungen. 17 4............ Verweisung von Fusionskontrollsachen. 17 4.1......... Ziele und Grundsätze für die Verweisung von
Fusionskontrollsachen. 17 4.2......... Die vorgeschlagenen Maßnahmen für die
Verweisung von Fusionskontrollsachen. 19 4.2.1...... Artikel 4 Absatz 5
der Fusionskontrollverordnung: vor der Anmeldung erfolgende Verweisung an die
Kommission. 19 4.2.2...... Artikel 22 der
Fusionskontrollverordnung: Verweisung angemeldeter Zusammenschlüsse an die
Kommission. 19 4.2.3...... Artikel 4 Absatz 4
der Fusionskontrollverordnung: vor der Anmeldung erfolgende Verweisung an einen
Mitgliedstaat 21 5............ Verschiedenes. 21 6............ Schlussfolgerung. 22 1. Einführung 1. Zehn Jahre nach der
gründlichen Überarbeitung der EU-Fusionskontrollverordnung[1] im
Jahr 2004 zieht die Kommission in diesem Weißbuch die Bilanz aus der Anwendung
des materiellrechtlichen Kriteriums der erheblichen Behinderung wirksamen
Wettbewerbs (significant impediment of effective competition – SIEC) und
liefert einen Überblick darüber, wie die Konvergenz und die Zusammenarbeit
zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten wie auch unter den
Mitgliedstaaten weiter gefördert werden könnten. Ferner schlägt sie konkrete
Änderungen vor, durch die die EU-Fusionskontrolle wirksamer werden soll. 2. Die Vorschläge betreffen vor
allem zwei Bereiche: -
Zum einen soll sichergestellt werden, dass mit
der Fusionskontrollverordnung alle Ursachen von Schaden, der für den Wettbewerb
und damit auch für die Verbraucher durch einen Zusammenschluss oder eine
Unternehmensumstrukturierung entstehen könnte, bekämpft werden, einschließlich
derjenigen, die sich aus dem Erwerb nichtkontrollierender Minderheitsbeteiligungen
ergeben könnten. -
Zum andern soll ermittelt werden, wie eine enge
Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den nationalen Wettbewerbsbehörden
sowie eine geeignete Aufgabenverteilung im Bereich der Fusionskontrolle am
besten gewährleistet werden können, indem insbesondere die Vorschriften für die
Verweisung von Fusionskontrollsachen von den Mitgliedstaaten an die Kommission
und umgekehrt gestrafft werden. 3. Dem Weißbuch ist eine
Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen beigefügt, in der die im Weißbuch
dargelegten Erwägungen und wettbewerbspolitischen Vorschläge ausführlicher
analysiert werden. Beigefügt sind ferner eine Folgenabschätzung, in der die
möglichen Vorteile und Kosten der verschiedenen Optionen geprüft werden, sowie eine
Zusammenfassung dieser Folgenabschätzung. Die Stellungnahmen der
Interessenträger wurden in einer öffentlichen Konsultation[2]
eingeholt und sind in dieses Weißbuch und die Arbeitsunterlage eingeflossen. 2. Materiellrechtliche Prüfung von
Unternehmenszusammenschlüssen nach der Reform der Fusionskontrollverordnung im
Jahr 2004 4. Seit dem Erlass der ersten
Fusionskontrollverordnung 1989 hat sich die EU-Fusionskontrolle zu einem der
wichtigsten Pfeiler des EU-Wettbewerbsrechts entwickelt. Ihre wesentlichen
Bestandteile sind inzwischen fest etabliert. Mit der 2004 erlassenen
neugefassten Fusionskontrollverordnung wurde die Fusionskontrolle auf EU-Ebene
in mancher Hinsicht gestärkt, insbesondere durch die Einführung des SIEC-Tests
als relevantes Kriterium für die Prüfung von Zusammenschlüssen und durch die
Verbesserung der Möglichkeiten für eine Verweisung von Fusionskontrollsachen
von den Mitgliedstaaten an die Kommission und umgekehrt. 5. Die EU-Fusionskontrolle
leistet einen wichtigen Beitrag zum Funktionieren des Binnenmarkts, indem sie
ein harmonisiertes Regelwerk für Zusammenschlüsse und
Unternehmensumstrukturierungen bereitstellt und gewährleistet, dass der
Wettbewerb und damit auch die Verbraucher nicht durch wirtschaftliche
Konzentration auf dem Markt geschädigt werden. Wie die jüngsten Erfahrungen
zeigen, haben die zunehmende Globalisierung der Wirtschaft und die Vertiefung
des Binnenmarkts dazu geführt, dass sich die EU-Fusionskontrolle immer stärker
auf grenzübergreifende Fälle und Fälle mit Auswirkungen auf die europäische
Wirtschaft konzentriert. 6. Die große Mehrheit der von
der Kommission geprüften Zusammenschlüsse gibt keinen Anlass zu
wettbewerbsrechtlichen Bedenken und wird nach dem Vorprüfverfahren
(„Phase I“) genehmigt. In weniger als 5 % der Fälle wird wegen
Bedenken, die sich in Phase I ergeben haben, ein eingehendes Prüfverfahren
(„Phase II“) eingeleitet. Bei rund 5-8 % aller angemeldeten
Zusammenschlüsse äußert die Kommission Bedenken, dass durch den Zusammenschluss
wirksamer Wettbewerb behindert werden könnte. Solche Bedenken werden meist
durch Abhilfemaßnahmen ausgeräumt, die von den beteiligten Unternehmen (in
Phase I oder in Phase II) angeboten werden. Die Kommission hat seit
1990 nur 24 Zusammenschlüsse und seit 2004 nur 6 Zusammenschlüsse
verboten, also erheblich weniger als 1 % der mehr als
5000 angemeldeten Zusammenschlüsse. 2.1. Materiellrechtliche
Würdigung 7. Die wichtigste Änderung, die
mit der Reform von 2004 an der Fusionskontrollverordnung vorgenommen wurde, war
die Einführung des SIEC-Tests[3].
Bei diesem Test wird nach wie vor davon ausgegangen, dass sich erhebliche
Behinderungen wirksamen Wettbewerbs vor allem aus der Begründung oder Stärkung
einer marktbeherrschenden Stellung ergeben. Dadurch ermöglicht es der Test,
weiter auf der Beschlusspraxis der Kommission und der Rechtsprechung der
Unionsgerichte aufzubauen. 8. Bei der Untersuchung der
Auswirkungen eines angemeldeten Zusammenschlusses auf den Wettbewerb prüft die
Kommission nach wie vor, ob durch den Zusammenschluss wirksamer Wettbewerb im
Binnenmarkt oder in einem wesentlichen Teil desselben erheblich behindert
würde. Insbesondere bemüht sich die Kommission zu ermitteln, ob der
Zusammenschluss eine beherrschende Stellung begründen oder verstärken würde. 9. Zudem sollte mit dem
SIEC-Test eine mögliche Durchsetzungslücke geschlossen werden, da davon
ausgegangen wurde, dass der vorher angewandte Test die wahrscheinlichen
wettbewerbswidrigen Auswirkungen eines Zusammenschlusses zweier Unternehmen auf
einem oligopolistischen Markt nicht eindeutig erfasste, wenn das aus dem
Zusammenschluss hervorgegangene Unternehmen keine beherrschende Stellung
erlangte.[4]
Mit der Einführung des SIEC-Tests wurde diese Unsicherheit beseitigt und der
Kommission eine umfassendere wirtschaftliche Analyse komplexer Zusammenschlüsse
ermöglicht. Bei der Prüfung wird eine Kombination qualitativer und, soweit
verfügbar, quantitativer/empirischer Nachweise herangezogen.[5] 10. In den meisten Fällen hat die
Kommission geprüft, welche wettbewerbswidrigen Auswirkungen ein Zusammenschluss
zweier auf demselben Markt tätiger Unternehmen ohne eine Koordinierung mit
anderen Wettbewerbern haben könnte („nichtkoordinierte Effekte“). Wesentlich
seltener wurde untersucht, ob sich durch einen Zusammenschluss die Gefahr einer
Koordinierung zwischen dem zusammengeschlossenen Unternehmen und anderen
Unternehmen erhöhen würde („koordinierte Effekte“)[6] oder
ob ein Zusammenschluss zwischen Unternehmen, die auf vertikal[7] oder
eng miteinander verbundenen Märkten[8]
tätig sind, zur Abschottung des Marktes gegenüber Wettbewerbern führen würde
(„vertikale Effekte“ bzw. „konglomerate Effekte“). 11. Seit 2004 hat die Kommission
den SIEC-Test in einer Vielzahl von Fällen angewandt. So hat sie in der Sache Western
Digital/Hitachi eine geplante Übernahme auf dem Markt für
Festplattenlaufwerke geprüft. Durch den Zusammenschluss hätte sich die Zahl der
Wettbewerber in der Festplattenlaufwerkbranche von 4 auf 3 und auf dem Markt
für 3,5-Zoll-Festplattenlaufwerke von 3 auf 2 verringert. Nach einer Analyse
der kombinierten quantitativen und qualitativen Nachweise gelangte die
Kommission zu dem Ergebnis, dass unter den gegebenen Umständen wirksamer
Wettbewerb wahrscheinlich erheblich behindert würde, wenn Hitachi den Markt
verließe.[9] 12. Um ihre Prüfung von
Zusammenschlüssen mithilfe des neuen Tests transparenter und berechenbarer zu
machen, hat die Kommission zwei Leitlinienmitteilungen veröffentlicht, die
einen soliden wirtschaftlichen Rahmen für die Analyse horizontaler[10] bzw.
nichthorizontaler (d. h. vertikaler oder konglomerater) Zusammenschlüsse[11]
bilden („Leitlinien“).[12] 13. In den Leitlinien wird ferner im
Einklang mit Erwägungsgrund 29 der Fusionskontrollverordnung erläutert,
dass ein Zusammenschluss zu Effizienzvorteilen führen kann, die seine schädlichen
Auswirkungen auf den Wettbewerb und damit den Schaden für die Verbraucher
ausgleichen. Wenn die an dem Zusammenschluss beteiligten Unternehmen
Effizienzvorteile geltend machen, werden diese von der Kommission
berücksichtigt, sofern sie nachprüfbar und durch den betreffenden
Zusammenschluss bedingt sind und ihre Weitergabe an die Verbraucher
wahrscheinlich ist. So konnten in der Sache UPS/TNT Express
wettbewerbsrechtliche Bedenken in Bezug auf einige (wenn auch nicht alle)
Mitgliedstaaten unter anderem auf der Grundlage von Effizienzerwägungen
ausgeräumt werden.[13]
In der Sache Nynas/Harburg untermauerten die bewirkten Effizienzvorteile
die Schlussfolgerung, dass der Zusammenschluss für die Verbraucher von Vorteil
war, da die erworbene Anlage ansonsten wahrscheinlich stillgelegt worden wäre.[14] 14. Die vergangenen zehn Jahre
haben auch gezeigt, dass Fusionskontrolle die Innovationstätigkeit fördern
kann, da Wettbewerb zu besseren Marktergebnissen führt, und zwar nicht nur in
Form von Preissenkungen oder Produktionssteigerungen, sondern auch in Form von
höherer Produktqualität, größerer Produktvielfalt und mehr Produktinnovation.
In der Sache Intel/McAfee[15]
beispielsweise haben die Abhilfemaßnahmen dazu beigetragen, die
Innovationstätigkeit im Bereich der Sicherheitssoftware zu erhalten und
sicherzustellen, dass der Markt nicht gegenüber Wettbewerbern abgeschottet
wurde. 15. 2008 hat die Kommission ihre
Praxis im Bereich der Abhilfemaßnahmen durch Überarbeitung der Mitteilung über
Abhilfemaßnahmen[16]
weiterentwickelt. Diese enthält klare Vorgaben für die Gestaltung und Umsetzung
von Abhilfemaßnahmen in Form von Veräußerungen (z. B. Verkauf einer
Tochtergesellschaft oder Produktionsanlage an einen Wettbewerber), wobei die
Wirksamkeit der Abhilfemaßnahme im Mittelpunkt steht. 2.2. Weitere
Förderung von Zusammenarbeit und Konvergenz 16. Mit der
Fusionskontrollverordnung wurde mit großem Erfolg für die Prüfung von
Zusammenschlüssen von unionsweiter Bedeutung das Prinzip der einzigen
Anlaufstelle eingeführt. Allerdings spielen bei der Fusionskontrolle in der EU
auch die Mitgliedstaaten eine wichtige Rolle. Voraussetzung für ein gut
funktionierendes System für die Prüfung von Zusammenschlüssen in der ganzen EU
ist eine effiziente Arbeitsteilung, Zusammenarbeit und Konvergenz zwischen der
Kommission und den 27 Mitgliedstaaten, die eine Fusionskontrolle ausüben. 17. Im Anschluss an eine
öffentliche Konsultation legte die Kommission dem Rat 2009 einen Bericht vor,
in dem sie eine begrenzte Bestandsaufnahme der Fallverteilung zwischen der
Kommission und den Mitgliedstaaten vornahm („Bericht von 2009“).[17] In der öffentlichen Konsultation hatten die
Interessenträger darauf hingewiesen, dass voneinander abweichende
Fusionskontrollvorschriften und -verfahren innerhalb der Europäischen Union
einen höheren Verwaltungsaufwand für die Unternehmen zur Folge haben und zu
einer unwirksamen Durchsetzung des Fusionskontrollrechts, uneinheitlichen
Ergebnissen und negativen Auswirkungen auf den Binnenmarkt führen könnten. 18. Die nationalen
Wettbewerbsbehörden wenden zwar in der Regel die Artikel 101 und 102 des
Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union („AEUV“) in Verbindung
mit ihren nationalen Rechtsvorschriften an, für die Fusionskontrolle auf
nationaler Ebene ist jedoch ausschließlich das nationale Recht maßgebend. Die
EU-Fusionskontrollverordnung hat für viele nationale Rechtsordnungen in diesem
Bereich als Vorbild gedient, was zu einer grundsätzlichen Konvergenz der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten insbesondere bei der Anwendung des
materiellrechtlichen Tests geführt hat.[18]
Durch eine engere Zusammenarbeit zwischen den nationalen Wettbewerbsbehörden
und der Kommission sowohl in konkreten Fällen als auch im Rahmen der 2010
eingesetzten Arbeitsgruppe „Unternehmenszusammenschlüsse“ wurde auch in
materiellrechtlichen und Zuständigkeitsfragen Konvergenz erzielt.[19] 19. Trotz dieser Fortschritte
bleibt noch Raum für mehr Zusammenarbeit und Konvergenz, insbesondere bei der
Entwicklung materiellrechtlicher Tests für die Leitfäden (z. B. die
Leitlinien der Kommission für horizontale bzw. nichthorizontale
Zusammenschlüsse) und ihrer Anwendung und Auslegung durch die
Wettbewerbsbehörden und die die gerichtliche Kontrolle ausübenden Gerichte. Zu
den wichtigsten Unterschieden gehören nationale Rechtsvorschriften, die es
einer Regierung nach wie vor erlauben, sich über die auf wettbewerbsrechtlichen
Erwägungen beruhende Entscheidung einer nationalen Wettbewerbsbehörde
hinwegzusetzen und einen wettbewerbswidrigen Zusammenschluss aus anderen
Gründen des öffentlichen Interesses zu genehmigen.[20] Auch
die Abhilfemaßnahmen und die Verfahren, z. B. die Fristen für die Prüfung
der Zusammenschlüsse und die Vollzugsverbote, sind häufig unterschiedlich. 20. Eine stärkere Konvergenz
zwischen der Kommission und den nationalen Wettbewerbsbehörden und unter den
nationalen Wettbewerbsbehörden ist wichtig, um wirklich gleiche
Wettbewerbsbedingungen zu schaffen und uneinheitliche Ergebnisse zu vermeiden.[21] Im
Einklang mit den Vorschlägen einiger nationaler Wettbewerbsbehörden kann dies
durch eine Verstärkung der Zusammenarbeit und einen Erfahrungsaustausch unter
Nutzung aller verfügbaren Instrumente und Foren (z. B. der Arbeitsgruppe
„Unternehmenszusammenschlüsse“) sowie durch eine Intensivierung der Zusammenarbeit
zwischen den nationalen Wettbewerbsbehörden in konkreten Fällen erreicht
werden. 21. Die nationalen
Wettbewerbsbehörden können uneinheitliche Ergebnisse in jedem Fall vermeiden,
indem sie Zusammenschlüsse an die Kommission verweisen. Im Rahmen der Vorschläge
für die in Abschnitt 4.2.2 behandelte Reform der Verweisung angemeldeter
Zusammenschlüsse an die Kommission nach Artikel 22 der
Fusionskontrollverordnung wird die Einrichtung eines auf einer frühzeitigen
Informationsmitteilung beruhenden Systems angeregt. Ein solches System dürfte
auch die praktische Zusammenarbeit zwischen den nationalen Wettbewerbsbehörden
in grenzübergreifenden Fällen und Fällen, die in die Zuständigkeit mehrerer
Mitgliedstaaten fallen, erleichtern. 22. Als Ergänzung zu der bereits
erzielten erfolgreichen „soft convergence“, die wie oben dargelegt
beibehalten und verstärkt werden sollte, sollten die Kommission und die
nationalen Wettbewerbsbehörden den Übergang zu einem System prüfen, bei dem
alle Behörden – ähnlich wie schon bei der Durchsetzung des Kartellrechts –
dasselbe materielle Unionsrecht anwenden.[22]
Dies würde jedoch eine ehrgeizigere Überarbeitung des derzeitigen Systems des
Fusionskontrollrechts in der EU voraussetzen. 2.3. Schlussfolgerung 23. Dieser Überblick zeigt, wie
die Fusionskontrolle auf EU-Ebene durch die Reform der
Fusionskontrollverordnung im Jahr 2004 gestärkt wurde, insbesondere durch die
Einführung des SIEC-Tests. Langfristig sollte das auf der
Fusionskontrollverordnung beruhende System zu einem echten „Europäischen Raum
der Fusionskontrolle“ weiterentwickelt werden, in dem für die von der
Kommission und den nationalen Wettbewerbsbehörden geprüften Zusammenschlüsse
dieselben Vorschriften gelten. Für die nähere Zukunft gibt es jedoch vor allem
zwei Möglichkeiten, die Fusionskontrollverordnung durch begrenzte Änderungen zu
verbessern. Erstens erwägt die Kommission, den Erwerb nichtkontrollierender
Minderheitsbeteiligungen in den Anwendungsbereich der EU-Fusionskontrolle
einzubeziehen. Und zweitens kann die Verweisungsregelung nach den Erfahrungen
der Kommission mit der Reform von 2004 noch weiter gestrafft werden.[23] 3. Erwerb
nichtkontrollierender Minderheitsbeteiligungen 3.1. Warum
benötigt die Kommission die Zuständigkeit für die Prüfung nichtkontrollierender
Minderheitsbeteiligungen? 24. Eine wirksame und effiziente
Wettbewerbspolitik erfordert geeignete, gut konzipierte Mittel zur Bekämpfung
aller Ursachen von Schaden für den Wettbewerb und damit auch für die
Verbraucher. In ihrer derzeitigen Form gilt die Fusionskontrollverordnung nur
für „Zusammenschlüsse“, die als Erwerb der Kontrolle über ein oder mehrere
Unternehmen oder Teile von Unternehmen durch eine oder mehrere Personen oder
Unternehmen definiert sind. 25. Wenn nun aber der Erwerb einer
Minderheitsbeteiligung nicht mit dem Erwerb der Kontrolle verbunden ist, kann
ihn die Kommission weder untersuchen noch unterbinden. Die Kommission kann
lediglich gegen eine bereits bestehende Minderheitsbeteiligung eines der an dem
Zusammenschluss beteiligten Unternehmen vorgehen, wenn die Kontrolle gezielt
erworben wird. So kann die Kommission eingreifen, wenn das Unternehmen, an dem
das eine beteiligte Unternehmen eine Minderheitsbeteiligung hält, ein
Wettbewerber des anderen beteiligten Unternehmens ist. Wird die Minderheitsbeteiligung
jedoch erst nach der Prüfung des Zusammenschlusses durch die Kommission
erworben, ist die Kommission nicht mehr befugt, sich mit etwaigen dadurch
aufgeworfenen wettbewerbsrechtlichen Bedenken zu befassen, obwohl sich aus der
Minderheitsbeteiligung ähnliche wettbewerbsrechtlichen Bedenken ergeben können
wie aus dem Erwerb der Kontrolle. 26. Die Erfahrungen der
Kommission, der Wettbewerbsbehörden von Mitgliedstaaten und Drittländern sowie
der Wirtschaftsforschung zeigen, dass der Erwerb einer nichtkontrollierenden
Minderheitsbeteiligung in bestimmten Fällen dem Wettbewerb, und damit auch den
Verbrauchern, schaden kann. 27. In der Europäischen Union kann
derzeit in Deutschland, Österreich und dem Vereinigten Königreich der Erwerb
von Minderheitsbeteiligungen geprüft werden.[24]
In allen drei Mitgliedstaaten sind die nationalen Wettbewerbsbehörden gegen
einen solchen Erwerb vorgegangen, wenn er Anlass zu wettbewerbsrechtlichen
Bedenken gab. Außerhalb der EU können solche strukturellen Bindungen in vielen
Ländern, unter anderem in Kanada, den Vereinigten Staaten und Japan, auf der
Grundlage der jeweiligen Fusionskontrollvorschriften geprüft werden. 3.1.1. Schadenstheorien 28. Der Erwerb einer
Minderheitsbeteiligung kann unterschiedliche wettbewerbsrechtliche Bedenken
aufwerfen. Die diesen Bedenken zugrundeliegenden Schadenstheorien ähneln denen,
die im Falle des Erwerbs der Kontrolle angewandt werden und die im Allgemeinen
verlangen, dass sich die Marktmacht durch den Zusammenschluss spürbar erhöht.[25] 29. Der Erwerb einer
Minderheitsbeteiligung an einem Wettbewerber kann nichtkoordinierte
wettbewerbswidrige Auswirkungen haben, da eine solche Beteiligung den Anreiz
und die Möglichkeit für den Erwerber verstärken könnte, einseitig die Preise zu
erhöhen oder die Produktion zu drosseln. Wenn ein Unternehmen an den Gewinnen
seines Wettbewerbers finanziell beteiligt ist, könnte es beschließen, die
Steigerung dieser Gewinne durch eine Beschränkung seiner eigenen Produktion
oder eine Erhöhung seiner eigenen Preise zu „internalisieren“. Diese
wettbewerbswidrigen Auswirkungen können unabhängig davon auftreten, ob es sich
bei der Minderheitsbeteiligung um eine passive Beteiligung (die keinen Einfluss
auf die Entscheidungen des Zielunternehmens verleiht) oder eine aktive
Beteiligung (die einen gewissen Einfluss auf die Entscheidungen des
Zielunternehmens verleiht) handelt. 30. Der Erwerb einer
Minderheitsbeteiligung kann auch dann wettbewerbsrechtliche Bedenken aufwerfen,
wenn der Erwerber seine Position benutzt, um die dem Zielunternehmen zur
Verfügung stehenden Wettbewerbsstrategien zu beschränken und es dadurch als
Wettbewerber zu schwächen. Die Kommission und die Mitgliedstaaten haben
festgestellt, dass ernsthafte wettbewerbsrechtliche Bedenken eher wahrscheinlich
sind, wenn eine Minderheitsbeteiligung mit einem gewissen Maß an Einfluss auf
die Entscheidungen des Zielunternehmens verbunden ist, wie auch die folgenden
Fallstudien zeigen. 31. Die Sache Siemens/VA Tech
ist ein Beleg sowohl für die auf den „finanziellen Anreiz“ abstellende
Schadenstheorie als auch für die Gefahr, die entsteht, wenn ein Unternehmen bei
einem Wettbewerber Einfluss und Stimmrechte ausüben kann.[26]
Siemens hielt eine bereits bestehende Minderheitsbeteiligung an SMS Demag,
einem Wettbewerber einer der Tochtergesellschaften von VA Tech. Die Kommission
stellte fest, dass der Zusammenschluss wegen einer Kombination aus finanziellen
Anreizen und Informationsrechten aufgrund der Minderheitsbeteiligung an SMS
Demag zu einer Verringerung des Wettbewerbs auf dem Markt für
Metallurgieanlagenbau geführt hätte.[27] 32. Der Erwerber erhält durch
seine Minderheitsbeteiligung auch dann Einfluss auf das Zielunternehmen, wenn
er das Ergebnis grundlegender Gesellschafterbeschlüsse beeinflussen kann.
Solche Beschlüsse können erforderlich sein, um umfangreiche Investitionen zu
genehmigen, Kapital zu beschaffen, das Produktangebot oder den räumlichen
Wirkungskreis des Unternehmens zu ändern oder Fusionen und Übernahmen auf den
Weg zu bringen. 33. Diese Schadenstheorie lag der
Untersuchung der britischen Behörden im Fall Ryanair/Aer Lingus
zugrunde. In der Sache Ryanair/Aer Lingus I hatte Ryanair bereits
eine umfangreiche Minderheitsbeteiligung an seinem Konkurrenten Aer Lingus
erworben, als es sein Vorhaben, die Kontrolle zu erwerben, 2006 bei der
Kommission anmeldete. Die Kommission untersagte die Übernahme wegen ernsthafter
Bedenken, dass der Wettbewerb durch die Begründung oder Stärkung einer
beherrschenden Stellung von Ryanair auf einer Reihe von Strecken beeinträchtigt
würde.[28]
Anders als die britische Competition Commission war sie jedoch nicht befugt,
die Minderheitsbeteiligung von Ryanair an Aer Lingus zu prüfen.[29] 34. Die gleiche Schadenstheorie
stand im Mittelpunkt der Sache Toshiba/Westinghouse[30], in
der die Kommission feststellte, dass der Zusammenschluss zu einer Ausschaltung
des Wettbewerbs auf dem Markt für Kernbrennelemente führen könnte. Bei ihrer
Entscheidung berücksichtigte die Kommission, dass Toshiba seine
Minderheitsbeteiligung und sein Vetorecht bei GNF, einem Wettbewerber von
Westinghouse, benutzen könnte, um das Unternehmen daran zu hindern, in Bereiche
zu expandieren, in denen es mit Toshiba/Westinghouse konkurrieren würde. 35. Minderheitsbeteiligungen an
Wettbewerbern können auch koordinierte wettbewerbswidrige Auswirkungen haben,
indem sie Marktteilnehmern die Möglichkeit und den Anreiz bieten können, sich
stillschweigend oder ausdrücklich abzustimmen, um höhere Gewinne als bei
wirksamem Wettbewerb zu erzielen.[31]
Denn mit dem Erwerb einer Minderheitsbeteiligung kann sich die Transparenz
erhöhen, da der Erwerber einen privilegierten Einblick in die
Geschäftstätigkeiten des Zielunternehmens erhält. Dadurch wird möglicherweise
auch die Androhung von Vergeltungsmaßnahmen für den Fall, dass das Zielunternehmen
von dem kollusiven Verhalten abweicht, glaubwürdiger und wirksamer.[32] 36. Außerdem kann der Erwerb einer
mit erheblichem Einfluss verbundenen Minderheitsbeteiligung im Rahmen eines
nichthorizontalen Zusammenschlusses Anlass zu wettbewerbsrechtlichen Bedenken
hinsichtlich einer Marktabschottung auf der Ebene der Vorleistungen geben. Im
Falle einiger Minderheitsbeteiligungen könnte eine Marktabschottung sogar
wahrscheinlicher sein als im Falle des Kontrollerwerbs, weil der Erwerber der
Minderheitsbeteiligung nicht die Gesamtheit, sondern nur einen Teil der Gewinne
des Zielunternehmens internalisiert, die diesem infolge der
Abschottungsstrategie entgangen sind. 37. Marktabschottung auf der Ebene
der Vorleistungen war ein Problem in der Sache IPIC/MAN Ferrostaal.[33] Die
Übernahme des Unternehmens MAN Ferrostaal durch die International Petroleum
Investment Company („IPIC“) wurde von der Kommission 2009 unter Bedingungen
genehmigt. Die Kommission stellte fest, dass von dem Zusammenschluss die Gefahr
einer Marktabschottung in Bezug auf die weltweit einzige nicht herstellereigene
Technologie für die Melaminproduktion ausging. Die Technologie war Eigentum des
Unternehmens Eurotecnica, an dem MAN Ferrostaal zu 30 % beteiligt war. Da
die IPIC bereits AMI, einen der beiden weltgrößten Melaminhersteller,
kontrollierte, stimmte sie der Veräußerung ihrer Minderheitsbeteiligung an
Eurotecnica zu, um das Risiko eines Ausschlusses von Wettbewerbern von AMI zu
minimieren. 38. Zudem sind aus der
öffentlichen Konsultation und neueren Medienberichten weitere Fälle sowohl auf
EU-Ebene als auch auf Ebene der Mitgliedstaaten bekannt, in denen
Minderheitsbeteiligungen an Wettbewerbern oder vertikal verbundenen Unternehmen
erworben wurden.[34] 3.1.2. Artikel 101 und 102 AEUV sind möglicherweise nicht für das
Vorgehen gegen wettbewerbswidrige Minderheitsbeteiligungen geeignet 39. Die Kommission hat geprüft, ob
die Wettbewerbsvorschriften über wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen und
den Missbrauch einer beherrschenden Stellung (Artikel 101 bzw. 102 AEUV)
genutzt werden könnten, um gegen den wettbewerbswidrigen Erwerb von
Minderheitsbeteiligungen vorzugehen. Dies ist jedoch nur in beschränktem Umfang
möglich. 40. In Bezug auf Artikel 101
AEUV ist nicht klar, ob der Erwerb einer Minderheitsbeteiligung in allen Fällen
eine „Vereinbarung“ darstellen würde, die eine Einschränkung des Wettbewerbs
bezweckt oder bewirkt. So ließe sich im Falle einer Reihe von Aktienkäufen an
der Börse schwerlich argumentieren, dass die verschiedenen Kaufverträge die
Kriterien des Artikels 101 AEUV erfüllen. Dies dürfte auch für die Satzung
eines Unternehmens gelten, deren Zweck im Allgemeinen darin besteht, die
Corporate Governance des Unternehmens und die Beziehungen zwischen diesem und
seinen Anteilseignern festzulegen. Damit die Kommission nach Artikel 102
AEUV vorgehen könnte, müsste der Erwerber der Minderheitsbeteiligung eine
beherrschende Stellung innehaben und der Erwerb einen Missbrauch darstellen.
Die Kommission kann daher nur unter ganz bestimmten Umständen gegen
Beeinträchtigungen des Wettbewerbs vorgehen, die sich aus dem Erwerb einer
Minderheitsbeteiligung ergeben.[35] 41. Zudem ähneln, wie oben
dargelegt, die Theorien für Schaden, der aus dem Erwerb einer
Minderheitsbeteiligung entsteht, den Theorien für Schaden, der aus dem Erwerb
der Kontrolle erwächst, d. h. es werden horizontale, nichtkoordinierte und
vertikale Effekte geprüft. 3.2. Wettbewerbspolitische
Optionen und vorgeschlagene Maßnahmen für die Prüfung des Erwerbs von
Minderheitsbeteiligungen 3.2.1. Ausgestaltung
des Verfahrens und Optionen – welche Grundsätze sollten für die Kontrolle von
Minderheitsbeteiligungen auf EU-Ebene gelten? 42. Ein
System für die Kontrolle des Erwerbs nichtkontrollierender
Minderheitsbeteiligungen sollte den folgenden drei Grundsätzen Rechnung tragen:
Es sollte die potenziell wettbewerbswidrigen Fälle des Erwerbs von
Minderheitsbeteiligungen erfassen,
es sollte unnötigen und unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand für die
Unternehmen, die Kommission und die nationalen Wettbewerbsbehörden vermeiden,
und
es sollte sich in die bestehenden Fusionskontrollsysteme der EU und der
Mitgliedstaaten einfügen.[36] 43. Im Konsultationspapier wurden
drei mögliche Verfahren für die Kontrolle von Minderheitsbeteiligungen
vorgestellt:
ein Anmeldesystem, mit dem das derzeitige System der Ex-ante-Fusionskontrolle
unter bestimmten Voraussetzungen auf den Erwerb nichtkontrollierender
Minderheitsbeteiligungen ausgeweitet würde;
ein Transparenzsystem, bei dem die beteiligten Unternehmen eine
Informationsmitteilung übermitteln müssten, in der sie die Kommission über den
Erwerb nichtkontrollierender Minderheitsbeteiligungen unterrichten. Anhand der
Informationsmitteilung könnte die Kommission über eine eingehendere Prüfung des
Zusammenschlusses, die Mitgliedstaaten über einen Verweisungsantrag und
potenzielle Beschwerdeführer über eine Beschwerde entscheiden;
ein Selbstbeurteilungssystem, bei dem die beteiligten Unternehmen den Erwerb
nichtkontrollierender Minderheitsbeteiligungen nicht vor dessen Abschluss
anmelden müssten. Bei potenziell problematischen Fällen des Erwerbs von
Minderheitsbeteiligungen könnte die Kommission jedoch auf der Grundlage eigener
Marktinformationen oder von Beschwerden ein Prüfverfahren einleiten. 44. Es besteht ein unmittelbarer
Zusammenhang zwischen dem Umfang der Zuständigkeit der Kommission und der Frage,
welches Verfahren als geeignet und angemessen angesehen wird. Wenn die
Kommission beispielsweise für alle Fälle des Erwerbs von
Minderheitsbeteiligungen oberhalb einer bestimmten Schwelle zuständig wäre,
würden die Unternehmen durch das System der vorherigen Anmeldung von Zusammenschlüssen
stark belastet, da auch unproblematische Erwerbsvorgänge erfasst würden. Es
wäre daher möglicherweise angemessener, der Kommission die Zuständigkeit für
alle Fälle des Erwerbs von Minderheitsbeteiligungen oberhalb einer bestimmten
Schwelle im Rahmen eines Selbstbeurteilungssystems zu übertragen, bei dem die
Kommission beschließen kann, Zusammenschlüsse von Amts wegen zu prüfen.
Andererseits wäre der mit einem Anmelde- oder Transparenzsystem verbundene
Verwaltungsaufwand wesentlich geringer, wenn die Zuständigkeit der Kommission
auf potenziell problematische Zusammenschlüsse beschränkt würde. Der
Zusammenhang zwischen der Ausgestaltung des Verfahrens und dem Umfang der
Zuständigkeit wurde in der öffentlichen Konsultation häufig angesprochen. 3.2.2. Das vorgeschlagene System: „gezielte“ Transparenz 45. Aus
den genannten Gründen wäre wohl ein alternatives System der „gezielten“
Transparenz für den Umgang mit dem Erwerb von Minderheitsbeteiligungen am
besten geeignet. Nach Auffassung der Kommission würde ein solches System mit
den genannten drei Grundsätzen im Einklang stehen. Die Kommission könnte sich
von Anfang an auf die potenziell problematischen Erwerbsvorgänge konzentrieren,
da Erwerbsvorgänge, durch die eine „wettbewerbsrelevante Verbindung“ entsteht,
erkannt und somit auch ohne eine umfassende Anmeldepflicht wirksam von der
Kommission kontrolliert werden können. 46. Nach den oben erörterten
Schadenstheorien läge eine „wettbewerbsrelevante Verbindung“ vor, wenn prima
facie Wettbewerbsbeziehungen zwischen dem Erwerber und dem Zielunternehmen
bestehen, da sie entweder auf denselben Märkten oder in denselben
Wirtschaftszweigen oder auf vertikal verbundenen Märkten tätig sind.
Grundsätzlich würde das Verfahren nur ausgelöst, wenn die Minderheitsbeteiligung
und die damit verbundenen Rechte es dem Erwerber ermöglichen, erheblichen
Einfluss auf die Geschäftspolitik des Zielunternehmens und damit dessen
Verhalten auf dem Markt zu nehmen oder auf sensible Geschäftsinformationen
zuzugreifen. Ab einer bestimmten Höhe könnte jedoch die Beteiligung selbst zu
einer Änderung der finanziellen Anreize für den Erwerber in der Weise führen,
dass der Erwerber sein eigenes Verhalten auf dem Markt anpasst, unabhängig
davon, ob er erheblichen Einfluss auf das Zielunternehmen erlangt. Nur bei
Erwerb einer „wettbewerbsrelevanten Verbindung“ müsste der Kommission eine
Informationsmitteilung übermittelt werden. 47. Im Interesse der
Rechtssicherheit für die beteiligten Unternehmen würde ein Erwerbsvorgang nur
dann das Kriterium der „wettbewerbsrelevanten Verbindung“ erfüllen, wenn alle
folgenden Voraussetzungen erfüllt sind: -
Es wird eine Minderheitsbeteiligung an einem
Wettbewerber oder einem vertikal verbundenen Unternehmen erworben (d. h.
es müssen Wettbewerbsbeziehungen zwischen Erwerber und Zielunternehmen
bestehen), und -
die Verbindung würde als wettbewerbsrelevant
angesehen, wenn die erworbene Beteiligung 1) rund 20 %[37]
beträgt oder 2) zwischen 5 % und rund 20 % beträgt, aber weitere
Faktoren hinzukommen, zum Beispiel Rechte, durch die der Erwerber de facto über
eine Sperrminorität verfügt[38],
ein Sitz in der Unternehmensleitung oder Zugang zu sensiblen
Geschäftsinformationen des Zielunternehmens. 48. Die beteiligten Unternehmen
müssten selbst beurteilen, ob durch einen Zusammenschluss eine
„wettbewerbsrelevante Verbindung“ entsteht und, falls ja, eine
Informationsmitteilung übermitteln. Wenn eine Informationsmitteilung eingeht,
würden die Kommission über die Einleitung der Prüfung des Zusammenschlusses und
die Mitgliedstaaten über einen Verweisungsantrag entscheiden. 3.2.3. Das Verfahren im Einzelnen 49. Im Rahmen der gezielten
Transparenz müsste ein Unternehmen, das plant, eine Minderheitsbeteiligung zu
erwerben, die das Kriterium der „wettbewerbsrelevanten Verbindung“ erfüllt, der
Kommission eine Informationsmitteilung übermitteln. Die Informationsmitteilung
würde Angaben zu den beteiligten Unternehmen und ihrem Umsatz, eine
Beschreibung des Erwerbsvorgangs, die Höhe der Beteiligung vor und nach dem Erwerbsvorgang,
etwaige mit der Minderheitsbeteiligung verbundene Rechte und einige begrenzte Angaben
zu den Marktanteilen enthalten. Auf der Grundlage dieser Informationsmitteilung
entscheidet dann die Kommission, ob eine weitere Prüfung des Erwerbsvorgangs gerechtfertigt
ist, und die Mitgliedstaaten prüfen, ob sie eine Verweisung beantragen. Die
beteiligten Unternehmen müssten nur dann eine vollständige Anmeldung
übermitteln, wenn sich die Kommission für die Einleitung eines Prüfverfahrens
entschieden hat, und die Kommission würde nur dann einen Beschluss erlassen,
wenn sie vorher ein Prüfverfahren eingeleitet hat. Im Interesse der
Rechtssicherheit sollten die beteiligten Unternehmen auch die Möglichkeit
haben, freiwillig eine vollständige Anmeldung zu übermitteln. 50. Die Kommission könnte auch in
Betracht ziehen, eine Wartezeit nach Eingang einer Informationsmitteilung vorzuschlagen,
während der die beteiligten Unternehmen den Anteilserwerb nicht vollziehen
dürften und während der die Mitgliedstaaten entscheiden müssten, ob sie eine
Verweisung beantragen. Eine solche Wartezeit könnte beispielsweise
15 Arbeitstage dauern. Sie stünde damit mit der Frist im Einklang, die
nach Artikel 9 für den Verweisungsantrag eines Mitgliedstaats nach einer
vollständigen Anmeldung gilt. Dadurch würde sichergestellt, dass die an
Mitgliedstaaten verwiesenen Erwerbsvorgänge noch nicht vollzogen sind und von
den Mitgliedstaaten nach ihrem normalen Verfahren bearbeitet werden können.
Diese könnten dann ein Vollzugsverbot vorsehen, da sie möglicherweise nicht
über die erforderlichen Instrumente für den Umgang mit vollzogenen Anteilserwerben
verfügen. Ganz allgemein sollte die Verweisungsregelung gewährleisten, dass das
Schutzniveau der nationalen Fusionskontrollsysteme, die nichtkontrollierende
Minderheitsbeteiligungen bereits erfassen, beibehalten bleibt und
Durchsetzungslücken vermieden werden. 51. Ferner hätte die Kommission
die Möglichkeit, innerhalb eines begrenzten Zeitraums nach Eingang der
Informationsmitteilung einen Erwerbsvorgang unabhängig davon, ob er bereits
vollzogen wurde, zu prüfen. Innerhalb eines solchen Zeitraums, der 4 bis
6 Monate betragen könnte, wären Beschwerden von Unternehmen möglich.
Dadurch würde sich auch die Gefahr verringern, dass die Kommission während der
Wartezeit zu Beginn des Verfahrens vorsorglich ein Prüfverfahren einleitet. 52. Für den Fall, dass die
Kommission ein Verfahren zur Prüfung eines bereits (ganz oder teilweise)
vollzogenen Anteilserwerbs einleitet, sollte sie befugt sein, einstweilige
Maßnahmen anzuordnen, um die Wirksamkeit eines Beschlusses nach den
Artikeln 6 und 8 der Fusionskontrollverordnung sicherzustellen. Diese
Befugnis könnte zum Beispiel durch Erlass einer Hold-separate-Anordnung
ausgeübt werden.[39] 3.2.4. Umfang der Prüfung nach der Fusionskontrollverordnung und Verhältnis zu
Artikel 101 AEUV 53. Vereinbarungen zwischen dem
Erwerber der Minderheitsbeteiligung und dem Zielunternehmen werden weiterhin
nach den Artikeln 101 und 102 AEUV geprüft, es sei denn, es handelt sich
um „Nebenabreden“. Nur bei Nebenabreden, d. h. mit dem Erwerb der
Beteiligung unmittelbar verbundenen und für sie notwendigen Einschränkungen[40], wird
davon ausgegangen, dass sie unter den Genehmigungsbeschluss fallen und daher
nicht von den Artikeln 101 und 102 AEUV erfasst werden. 54. Entsprechend der derzeitigen
Praxis im Falle des Kontrollerwerbs würde den Vereinbarungen zwischen dem
Erwerber der Minderheitsbeteiligung und dem Zielunternehmen jedoch bei der
materiellrechtlichen Würdigung des Erwerbsvorgangs nach den Fusionskontrollvorschriften
Rechnung getragen, da diese Vereinbarungen für die gegenwärtigen und künftigen
Marktbedingungen (z. B. das Bestehen langfristiger Verträge) von Bedeutung
sind, die die Kommission im Rahmen der materiellrechtlichen Würdigung
berücksichtigt.[41] 3.3. Schlussfolgerung
zur Prüfung von Minderheitsbeteiligungen 55. Die Kommission verfügt zurzeit
über keine geeigneten Instrumente, um gegen den wettbewerbswidrigen Erwerb von
Minderheitsbeteiligungen vorzugehen. Ein System der gezielten Transparenz
scheint sich gut zu eignen, um diese Erwerbsvorgänge zu erfassen und daraus
entstehenden Schaden für die Verbraucher abzuwenden, und würde mit den unter
Randnummer 42 genannten drei Grundsätzen im Einklang stehen. 56. Erstens ist zu erwarten, dass
die Kommission und die Mitgliedstaaten von schädlichen Erwerbsvorgängen Kenntnis
erlangen würden, von unproblematischen Erwerbsvorgängen (die beispielsweise
nur Investitionszwecken dienen) dagegen nicht. 57. Zweitens wäre der
Verwaltungsaufwand für die Unternehmen im Rahmen der gezielten Transparenz
begrenzt, da die Kommission nur über eine beschränkten Zahl von Fällen
unterrichtet werden müsste, nämlich diejenigen, in denen eine
„wettbewerbsrelevante Verbindung“ entsteht. Die beteiligten Unternehmen müssten
der Kommission zunächst nur wenige Angaben über solche Erwerbsvorgänge in Form
einer Informationsmitteilung übermitteln, anhand deren die Kommission dann
entscheiden könnte, ob eine vollständige Anmeldung erforderlich ist. 58. Und drittens würde sich ein
System der gezielten Transparenz in die bestehenden Fusionskontrollsysteme der
EU und der Mitgliedstaaten einfügen. Die Informationsmitteilung würde den
Mitgliedstaaten übersandt, um sie über den Erwerb der Minderheitsbeteiligung zu
unterrichten und es ihnen zu ermöglichen, in dieser Phase eine Verweisung zu
beantragen. Dagegen wäre ein Selbstbeurteilungssystem schwerer mit den
Fusionskontrollsystemen der Mitgliedstaaten in Einklang zu bringen, da
Unsicherheit darüber bestehen würde, ob die Kommission einen Zusammenschluss
prüfen würde oder nicht. 4. Verweisung
von Fusionskontrollsachen 4.1. Ziele
und Grundsätze für die Verweisung von Fusionskontrollsachen 59. Mit der
Fusionskontrollverordnung wurde das Prinzip der einzigen Anlaufstelle
eingeführt, nach dem Zusammenschlüsse von unionsweiter Bedeutung (die sich nach
den Umsatzschwellen in Artikel 1 der Fusionskontrollverordnung bestimmt)
ausschließlich von der Kommission geprüft und damit mehrere Prüfverfahren auf
Ebene der Mitgliedstaaten vermieden werden. Mithilfe der Umsatzschwellen soll
eindeutig geklärt werden, ob ein Zusammenschluss wahrscheinlich eine
europäische oder grenzübergreifende Dimension hat oder nicht, doch die
Fusionskontrollverordnung sieht auch vor, dass Fusionskontrollsachen von der
Kommission an einen oder mehrere Mitgliedstaaten verwiesen werden können und
umgekehrt. Im Rahmen dieses Mechanismus, dessen Funktionsweise durch die Reform
von 2004 verbessert wurde, kann eine Sache von der am besten geeigneten Behörde
bearbeitet werden, falls sie ihr nicht bereits aufgrund der Anwendung der
Umsatzschwellen vor und nach der Anmeldung des Zusammenschlusses bei einer
zuständigen Behörde zugewiesen ist. 60. In dem oben erwähnten Bericht
an den Rat von 2009 wurde festgestellt, dass die in der Fusionskontrollverordnung
festgelegten Umsatzschwellen und Verweisungsvorschriften insgesamt gut
funktioniert haben. Verbesserungen sind jedoch noch möglich, da eine erhebliche
Zahl von Fällen (240 im Jahr 2007) nach wie vor in drei oder mehr
Mitgliedstaaten geprüft wird. 61. Die Verweisungsregelung könnte
dahin gehend geändert werden, dass erforderlichenfalls leichter von der
Zuweisung, wie sie sich aus der Anwendung der Umsatzschwellen ergibt,
abgewichen werden kann. Insbesondere in Bezug auf die Verweisung von den
Mitgliedstaaten an die Kommission, sowohl vor als auch nach der Anmeldung,
besteht noch Verbesserungsbedarf. 62. Die Erfahrung hat gezeigt,
dass das derzeitige Verfahren für vor der Anmeldung erfolgende Verweisungen von
den Mitgliedstaaten an die Kommission nach Artikel 4 Absatz 5 für die
Anmelder umständlich und zeitaufwendig ist.[42]
Denn zunächst muss ein „begründeter Antrag“ auf Verweisung gestellt und dann,
wenn dem Antrag stattgegeben wurde, eine Anmeldung eingereicht werden. In
einigen Fällen, die ohne weiteres für eine Verweisung an die Kommission in
Frage gekommen wären, haben die beteiligten Unternehmen deshalb möglicherweise
keinen Verweisungsantrag gestellt. Die Kommission regt daher an, Verweisungen
nach Artikel 4 Absatz 5 zu vereinfachen und das derzeitige zweistufige
Verfahren abzuschaffen. 63. Ferner ist die Kommission nach
den derzeitigen Vorschriften für die Verweisung angemeldeter Zusammenschlüsse
an die Kommission nach Artikel 22 nur für die Mitgliedstaaten zuständig,
die einen Verweisungsantrag gestellt oder sich ihm angeschlossen haben. In
einigen Fällen hat dies dazu geführt, dass Zusammenschlüsse entgegen dem
Prinzip der einzigen Anlaufstelle von der Kommission und nationalen
Wettbewerbsbehörden parallel geprüft wurden.[43]
Die Kommission schlägt daher vor, die Vorschriften für Verweisungen nach
Artikel 22 zu straffen, damit die Kommission in den an sie verwiesenen
Fusionskontrollsachen eine EWR-weite Zuständigkeit erhält und das Prinzip der
einzigen Anlaufstelle besser umgesetzt wird. 4.2. Die
vorgeschlagenen Maßnahmen für die Verweisung von Fusionskontrollsachen 64. Ziel der vorgeschlagenen
Änderungen an der Verweisungsregelung ist es, Verweisungen zu erleichtern, um
die Regelung insgesamt wirksamer zu machen, ohne ihre Merkmale grundlegend zu
ändern. 4.2.1. Artikel 4 Absatz 5 der Fusionskontrollverordnung: vor der Anmeldung erfolgende Verweisung an die Kommission 65. Da seit 2004 nur in wenigen
Fällen[44]
eine beantragte Verweisung nach Artikel 4 Absatz 5 von einem
Mitgliedstaat abgelehnt wurde, schlägt die Kommission vor, das derzeitige
zweistufige Verfahren (begründeter Antrag mit anschließender Anmeldung)
abzuschaffen. Dadurch würden Verweisungen nach Artikel 4 Absatz 5
beschleunigt und effizienter, die Mitgliedstaaten hätten jedoch in den seltenen
Fällen, in denen sie dies für notwendig erachten, weiter die Möglichkeit, eine
Verweisung abzulehnen. 66. Die beteiligten Unternehmen
würden den Zusammenschluss direkt bei der Kommission anmelden. Die Kommission
würde die Anmeldung dann unverzüglich an die Mitgliedstaaten weiterleiten, um
denjenigen Mitgliedstaaten, die prima facie für die Prüfung des
Zusammenschlusses nach nationalem Recht zuständig sind, Gelegenheit zu geben,
die Verweisung innerhalb von 15 Arbeitstagen abzulehnen. Sofern kein
zuständiger Mitgliedstaat die Verweisung ablehnt, wäre die Kommission für die
Prüfung des gesamten Zusammenschlusses zuständig. 67. Erhebt mindestens ein
zuständiger Mitgliedstaat Einwände gegen die Zuständigkeit der Kommission,
würde die Kommission in vollem Umfang auf die Zuständigkeit verzichten, und die
Mitgliedstaaten würden ihre Zuständigkeit behalten. In diesem Fall würde die
Kommission über keinerlei Ermessen verfügen und in einem Beschluss feststellen,
dass sie nicht länger zuständig ist. Es wäre dann Sache der beteiligten
Unternehmen zu ermitteln, in welchen Mitgliedstaaten sie den Zusammenschluss
anmelden müssen. 68. Zur Erleichterung des
Informationsaustausches zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission schlägt
die Kommission vor, den Mitgliedstaaten die Vorabinformationen der beteiligten
Unternehmen oder den Verweisungsantrag zu übersenden, um sie im Rahmen der
Vorabkontakte auf den Zusammenschluss aufmerksam zu machen. 4.2.2. Artikel 22 der
Fusionskontrollverordnung: Verweisung angemeldeter
Zusammenschlüsse an die Kommission 1.
Es wird vorgeschlagen, das Verfahren nach
Artikel 22 wie folgt zu ändern. -
Ein oder mehrere Mitgliedstaaten, die für die
Prüfung eines Zusammenschlusses nach nationalem Recht zuständig sind, könnten
bei der Kommission innerhalb von 15 Arbeitstagen, nachdem der
Zusammenschluss bei ihnen angemeldet (oder ihnen zur Kenntnis gebracht) wurde,
eine Verweisung beantragen.[45] -
Die Kommission wäre in der Lage, über den
Verweisungsantrag zu entscheiden. So könnte sie im Einklang mit Artikel 22
Absatz 1 Unterabsatz 1 der Fusionskontrollverordnung entscheiden, dem
Antrag nicht stattzugeben, wenn der Zusammenschluss keine grenzübergreifenden
Auswirkungen hat. Gäbe die Kommission einem Verweisungsantrag statt, würde sie
die Zuständigkeit für den gesamten EWR erhalten. -
Wenn jedoch (mindestens) ein zuständiger
Mitgliedstaat die Verweisung ablehnt, würde die Kommission auf die
Zuständigkeit für den gesamten EWR verzichten, und die Mitgliedstaaten würden
ihre Zuständigkeit behalten. Die Mitgliedstaaten müssten die Ablehnung der
Verweisung nicht begründen. 70. Damit
dieser Vorschlag funktioniert, müssen zwei Probleme gelöst werden. Erstens
könnte ein Zeitproblem auftreten, wenn der Verweisungsantrag gestellt wird,
nachdem ein anderer Mitgliedstaat den Zusammenschluss bereits für sein Gebiet
genehmigt hat. In diesem Fall könnte die Kommission nicht mehr die EWR-weite
Zuständigkeit übernehmen. Zweitens verfügen andere Mitgliedstaaten
möglicherweise nicht über ausreichende Informationen, um sich zu vergewissern,
ob sie zuständig und damit zur Ablehnung der Verweisung berechtigt sind, oder
im Falle ihrer Zuständigkeit fundiert zu entscheiden, ob sie die Verweisung
ablehnen, da bei ihnen möglicherweise noch keine Anmeldung eingegangen ist. 71. Um diese Probleme möglichst
umfassend zu lösen, schlägt die Kommission vor, dass die nationalen
Wettbewerbsbehörden so bald wie möglich, nachdem ein Mitgliedstaat eine
Anmeldung erhalten oder auf anderem Wege von einem Zusammenschluss erfahren
hat, frühzeitige Informationsmitteilungen über Fälle versenden, die
grenzübergreifenden Charakter haben, in die Zuständigkeit mehrerer
Mitgliedstaaten fallen oder Märkte betreffen, die prima facie größer als
nationale Märkte sind. Die nationale Wettbewerbsbehörde würde in dieser Mitteilung
angeben, ob sie erwägt, einen Verweisungsantrag zu stellen. In diesem Fall
würde die Mitteilung die Hemmung der nationalen Fristen aller Mitgliedstaaten
auslösen, die die Sache ebenfalls prüfen. Eine andere Möglichkeit wäre, dass
die Kommission, wenn sie der Auffassung ist, dass sie selbst die am besten
geeignete Behörde wäre, den Mitgliedstaat nach Artikel 4 Absatz 5
auffordern könnte, einen Verweisungsantrag zu stellen, und dass eine solche
Aufforderung ebenfalls alle nationalen Fristen hemmen würde. 72. Eine solche Verfahrenslösung
dürfte die Gefahr verringern, dass eine nationale Wettbewerbsbehörde bei der
Kommission einen Verweisungsantrag stellt, während eine andere nationale
Wettbewerbsbehörde den Zusammenschluss bereits genehmigt hat. Nur in dem unwahrscheinlichen
Fall, dass ein Mitgliedstaat eine Genehmigungsentscheidung erlassen hat, bevor
ein Verweisungsantrag gestellt wurde, würde die Genehmigungsentscheidung in
Kraft bleiben und die Sache nur von den übrigen Mitgliedstaaten verwiesen. 73. Die Versendung einer solchen
Informationsmitteilung würde auch die Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen
allen an dem Prüfverfahren beteiligten Behörden erleichtern und die Konvergenz
fördern, auch wenn die Sache nicht an die Kommission verwiesen wird. 4.2.3. Artikel 4
Absatz 4 der Fusionskontrollverordnung: vor der
Anmeldung erfolgende Verweisung an einen Mitgliedstaat 74. Die Kommission schlägt vor,
die materiellrechtlichen Schwellen für die vor der Anmeldung erfolgende
Verweisung von der Kommission an einen Mitgliedstaat nach Artikel 4
Absatz 4 klarer zu fassen. 75. Um die Inanspruchnahme dieser
Bestimmung zu fördern, schlägt die Kommission vor, den materiellrechtlichen
Test in Artikel 4 Absatz 4 dahin gehend anzupassen, dass die
beteiligten Unternehmen nicht mehr geltend machen müssen, der Zusammenschluss
könne „den Wettbewerb in einem Markt ... erheblich beeinträchtigen“,
damit die Sache für eine Verweisung in Frage kommt. Es würde genügen
darzulegen, dass sich der Zusammenschluss wahrscheinlich in erster Linie auf
einen gesonderten Markt in dem betreffenden Mitgliedstaat auswirkt. Die
Streichung dieses Kriteriums, das als „Selbstbezichtigung“ empfunden wird,
könnte dazu führen, dass mehr Anträge nach Artikel 4 Absatz 4
gestellt werden. 5. Verschiedenes 76. Nach Auffassung der Kommission
könnten noch weitere Bestimmungen der Fusionskontrollverordnung verbessert und
gestrafft werden, insbesondere im Hinblick auf die Vereinfachung der Verfahren.
Die Kommission hat sich stets bemüht, den Verwaltungsaufwand für die
Unternehmen im Rahmen der Fusionskontrolle auf ein Minimum zu beschränken. So
hat sie mit der Verabschiedung eines Vereinfachungspakets[46] im
Dezember 2013 einen wichtigen Schritt unternommen, um die EU-Fusionskontrolle
effizienter zu machen, ohne die Fusionskontrollverordnung selbst zu ändern. Mit
diesem Maßnahmenpaket wurden erheblich mehr Fusionskontrollsachen in den
Anwendungsbereich des sogenannten vereinfachten Verfahrens für unproblematische
Zusammenschlüsse einbezogen und alle für die Anmeldung von Zusammenschlüssen
bei der Kommission vorgeschriebenen Formblätter gestrafft, so dass nun
insgesamt wesentlich weniger Informationen übermittelt werden müssen als
vorher. 77. Wenn die
EU-Fusionskontrollverfahren über das mit dem Vereinfachungspaket von 2013
Erreichte hinaus weiter gestrafft und vereinfacht und bestimmte Vorschriften
der Fusionskontrollverordnung verbessert werden sollen, muss die
Fusionskontrollverordnung selbst geändert werden. Entsprechende Vorschläge
werden ausführlich in der dem Weißbuch beigefügten Arbeitsunterlage der
Kommissionsdienststellen behandelt, auf zwei Punkte soll jedoch an dieser
Stelle hingewiesen werden: -
Die Fusionskontrollverordnung könnte dahin gehend
geändert werden, dass die Gründung eines Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmens,
das vollständig außerhalb des EWR niedergelassen und tätig ist (und keine
Auswirkungen auf die Märkte im EWR hat), nicht in ihren Anwendungsbereich
fallen würde. Ein solches Gemeinschaftsunternehmen müsste daher nicht bei der
Kommission angemeldet werden, selbst wenn die Umsatzschwellen des
Artikels 1 überschritten sind. -
Zur weiteren Vereinfachung der
Fusionskontrollverfahren könnte die Kommission ermächtigt werden, bestimmte
Gruppen von Zusammenschlüssen, die in der Regel wettbewerbsrechtlich
unbedenklich sind (z. B. Zusammenschlüsse, bei denen zwischen den
beteiligten Unternehmen keine horizontalen oder vertikalen Beziehungen bestehen
und die zurzeit nach einem vereinfachten Verfahrens behandelt werden), von der
Pflicht zur vorherigen Anmeldung freizustellen. Für diese Fälle könnte ein
ähnliches Verfahren gelten, wie es oben im Rahmen des Systems der „gezielten
Transparenz“ für den Umgang mit dem Erwerb nichtkontrollierender
Minderheitsbeteiligungen in Erwägung gezogen wird. 6. Schlussfolgerung 78. Die 2004 erlassene
überarbeitete Fusionskontrollverordnung ist insgesamt ein guter Rahmen für den
wirksamen Schutz des Wettbewerbs und damit der Verbraucher vor
wettbewerbswidrigen Auswirkungen von Fusionen und Übernahmen auf dem Binnenmarkt.
Der Rahmen bietet diesen Wettbewerbsschutz, ermöglicht aber gleichzeitig die
rasche Genehmigung der großen Mehrheit unproblematischer Zusammenschlüsse. Seit
der Einführung des SIEC-Tests im Jahr 2004 kann die Kommission auch die
nichtkoordinierten Effekte von Zusammenschlüssen prüfen, bei denen das
zusammengeschlossene Unternehmen keine marktbeherrschende Stellung erwirbt.
Außerdem haben Verbesserungen an der Verweisungsregelung in erheblichem Maße
dazu beigetragen, dass Fusionskontrollsachen der am besten geeigneten Behörde
zugewiesen werden. 79. Wie oben dargelegt, kann die
EU-Fusionskontrolle jedoch noch weiter verbessert werden.[47]
Insbesondere wird in diesem Weißbuch vorgeschlagen, die Zuständigkeit der
Kommission im Rahmen eines nichtinvasiven Systems der gezielten Transparenz auf
die Prüfung der potenziellen wettbewerbswidrigen Auswirkungen des Erwerbs
nichtkontrollierender Minderheitsbeteiligungen auszuweiten und die
Verweisungsregelung durch Straffung des Verfahrens nach Artikel 4
Absatz 5 und Änderung des Artikels 22 effizienter und wirksamer zu
machen, damit das Prinzip der einzigen Anlaufstelle besser gewahrt wird. Die
Kommission bittet um Stellungnahmen zu diesem Weißbuch. Die Kommission fordert
insbesondere dazu auf, zu den Vorschlägen und Fragen Stellung zu nehmen, die in
diesem Weißbuch und in der diesem Weißbuch beigefügten Arbeitsunterlage der
Kommissionsdienststellen behandelt werden. Bitte senden Sie Ihre Stellungnahme
spätestens am Freitag, dem 3. Oktober 2014, per E-Mail an folgende Adresse: comp-merger-registry@ec.europa.eu oder
per Post an folgende Anschrift: Europäische Kommission
Generaldirektion Wettbewerb, Referat A-2
Weißbuch „Eine wirksamere EU-Fusionskontrolle“
1049 Bruxelles/Brussel
BELGIQUE/BELGIË Die
Beiträge, die die Generaldirektion Wettbewerb im Rahmen einer öffentlichen
Konsultation erhält, werden in der Regel veröffentlicht. Allerdings kann
beantragt werden, Beiträge oder Teile davon vertraulich zu behandeln. Geben Sie
bitte gegebenenfalls auf dem Deckblatt Ihrer Stellungnahme klar und deutlich
an, dass sie nicht veröffentlicht werden soll. In diesem Fall lassen Sie bitte
der Generaldirektion Wettbewerb gleichzeitig eine nichtvertrauliche Fassung der
Stellungnahme zur Veröffentlichung zukommen. [1] Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom
20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl.
L 24 vom 29.1.2004, S. 1). Die geltende Fusionskontrollverordnung ist
eine Neufassung der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom
21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen
(ABl. L 395 vom 30.12.1989, S. 1). [2] Die Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen „Towards
more effective EU merger control“ (SWD(2013) 239 final, im Folgenden
„Konsultationspapier“) und die eingegangenen Stellungnahmen finden Sie unter:
http://ec.europa.eu/competition/consultations/2013_merger_control. [3] Siehe Artikel 2 Absätze 2 und 3 der
Fusionskontrollverordnung. [4] Siehe Erwägungsgrund 25 der
Fusionskontrollverordnung. [5] Komplexe wirtschaftliche Analysen wurden in jüngster
Zeit beispielsweise in folgenden Fusionskontrollsachen vorgenommen, um
festzustellen, ob eine erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs vorlag:
COMP/M.6570 – UPS/TNT Express, Beschluss der Kommission vom
30. Januar 2013; COMP/M.6458 – Universal Music Group/EMI Music,
Beschluss der Kommission vom 21. September 2012; COMP/M.6471 – Outokumpu/Inoxum,
Beschluss der Kommission vom 7. November 2012; COMP/M.6663 – Ryanair/Aer
Lingus, Beschluss der Kommission vom 27. Februar 2013. [6] Zum Beispiel in der Sache COMP/M.4980 – ABF/GBI
Business, Entscheidung der Kommission vom 23. September 2008. [7] Zum Beispiel in den Sachen COMP/M.4942 – Nokia/NAVTEQ,
Entscheidung der Kommission vom 2. Juli 2008, und COMP/M.4854 – Tom
Tom/TeleAtlas, Entscheidung der Kommission vom 14. Mai 2008. [8] Zum Beispiel in der Sache COMP/M.5984 – Intel/McAfee,
Beschluss der Kommission vom 26. Januar 2011. [9] COMP/M.6203 – Western Digital/Hitachi, Beschluss
der Kommission vom 23. November 2011, Erwägungsgrund 1038. [10] Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse
gemäß der Ratsverordnung über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen
(ABl. C 31 vom 5.2.2004, S. 5). [11] Leitlinien zur Bewertung nichthorizontaler
Zusammenschlüsse gemäß der Ratsverordnung über die Kontrolle von
Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. C 265 vom 18.10.2008, S. 6). [12] Die Leitlinien sind auch von den Unionsgerichten als
Benchmarks für die Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit der Analyse von
Zusammenschlüssen durch die Kommission betrachtet worden; siehe zum Beispiel
Urteil des Gerichts erster Instanz vom 9. Juli 2007, Sun
Chemical u. a./Kommission, T‑282/06, Slg. 2007,
II-2149. [13] COMP/M.6570 – UPS/TNT Express, Beschluss der
Kommission vom 30. Januar 2013. [14] COMP/M.6360 – Nynas/Harburg, Beschluss der
Kommission vom 2. September 2013. [15] COMP/M.5984 – Intel/McAfee, Beschluss der
Kommission vom 26. Januar 2011. [16] Mitteilung der Kommission über nach der Verordnung (EG)
Nr. 139/2004 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 802/2004 der
Kommission zulässige Abhilfemaßnahmen (ABl C 267 vom 22.10.2008,
S. 1). [17] Mitteilung der Kommission an den Rat – Bericht über das
Funktionieren der Verordnung Nr. 139/2004 des Rates
(KOM(2009) 281 endg. vom 18.6.2009) mit beigefügter Arbeitsunterlage
der Kommissionsdienststellen (SEK(2009) 808 endg./2). [18] So hat Deutschland 2013 den bis dahin angewandten
Marktbeherrschungstest durch den SIEC-Test nach Artikel 2 Absätze 2
und 3 der Fusionskontrollverordnung ersetzt. [19] Siehe EU-Arbeitsgruppe „Unternehmenszusammenschlüsse“, Best
Practices on Cooperation between EU National Competition Authorities in Merger
Review, 8. November 2011. [20] Solche Interventionen sind zwar im Allgemeinen selten,
entsprechende Regelungen bestehen jedoch unter anderem in Deutschland,
Frankreich, Italien, Spanien und dem Vereinigten Königreich. [21] Siehe Erwägungsgrund 14 der
Fusionskontrollverordnung, in dem es um Verweisungen und Zuständigkeiten geht
und in dem der Aspekt der Zusammenarbeit betont wird. [22] Mario Monti, A New Strategy for the Single Market at
the Service of Europe's Economy and Society, Bericht an den Präsidenten der
Europäischen Kommission, José Manuel Barroso, 9. Mai 2010.
Siehe auch aus neuerer Zeit Autorité de la concurrence, Rapport au Ministre
de l'Économie et des Finances. Pour un contrôle plus simple, cohérent et
stratégique en Europe, 16. Dezember 2013. [23] Die vorliegende Überprüfung lässt weitere Verbesserungen
der Fusionskontrollverordnung unberührt. [24] Siehe Anhang I des Konsultationspapiers. [25] Siehe Randnr. 8 der Leitlinien für horizontale
Zusammenschlüsse und Randnr. 10 der Leitlinien für nichthorizontale
Zusammenschlüsse. [26] COMP/M.3653 – Siemens/VA Tech, Entscheidung der
Kommission vom 13. Juli 2005. [27] http://ec.europa.eu/competition/mergers/cases/decisions/m3653_20050713_20600_de.pdf. [28] COMP/M.4439 – Ryanair/Aer Lingus I,
Entscheidung der Kommission vom 27. Juni 2007, bestätigt durch das Urteil
des Gerichts vom 6. Juli 2010, Ryanair/Kommission, T-342/07,
Slg. 2010, II-3457. Siehe auch COMP/M.6663 – Ryanair/Aer
Lingus III, Beschluss der Kommission vom 27. Februar 2013, mit
dem die Kommission ein anderes Vorhaben, durch das Ryanair die Kontrolle über
Aer Lingus erwerben wollte, für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärte. [29] Abschlussbericht vom 28. August 2013, http://www.competition-commission.org.uk/assets/competition commission/docs/2012/ryanair-aer-lingus/130828_ryanair_final_report.pdf.
Gegen diese Entscheidung legte Ryanair einen Rechtsbehelf ein, der jedoch vom
Competition Appeal Tribunal am 7. März 2014 zurückgewiesen wurde. [30] COMP/M.4153 – Toshiba/Westinghouse, Entscheidung
der Kommission vom 19. September 2006. [31] Siehe zum Beispiel die Sache COMP/M.1673 – VEBA/VIAG,
Entscheidung der Kommission vom 13. Juni 2000. [32] Siehe auch Anhang I des Konsultationspapiers. [33] COMP/M.5406 – IPIC/MAN Ferrostaal, Entscheidung der
Kommission vom 13. März 2009. [34] So wurden in jüngster Zeit Minderheitsbeteiligungen von
Telefónica an Telecom Italia, von Air France an Alitalia, von Intel an ASML
(einem Hersteller von Lithografiesystemen für die Halbleiterindustrie), von
Marine Harvest an Grieg Seafood und von VW an Suzuki erworben. Beispiele für
Minderheitsbeteiligungen in vertikalen Beziehungen sind unter anderem die
10%ige Minderheitsbeteiligung von Nestlé an Givaudan (die kürzlich verkauft
wurde) und die 15%ige Beteiligung von BMW an SGL Carbon (zusätzlich zu der
29%igen Beteiligung der Familie Quandt/Klatten, die in erheblichem Umfang am
Automobilhersteller BMW beteiligt ist). Diese Beispiele zeigen natürlich nur,
dass Minderheitsbeteiligungen zwischen Wettbewerbern und vertikal verbundenen Unternehmen
tatsächlich vorkommen, und sind hier unabhängig davon angeführt, ob sie Anlass
zu wettbewerbsrechtlichen Bedenken gegeben hätten. [35] Siehe auch Urteil des Gerichts vom 6. Juli 2010, Aer
Lingus/Kommission, T-411/07, Slg. 2010, II‑3691, insbesondere
Randnr. 104, und Urteil des Gerichtshofs vom 21. Februar 1973,
Continental Can/Kommission, 6/72, Slg. 1973, 216. [36] Siehe Artikel 1 Absätze 2 und 3 der
Fusionskontrollverordnung. Es wird vorgeschlagen, die derzeit für den Erwerb
der Kontrolle geltenden Umsatzschwellen auch auf den Erwerb
nichtkontrollierender Minderheitsbeteiligungen anzuwenden. Die
Verweisungsregelung sollte auch für den Erwerb von Minderheitsbeteiligungen
gelten, damit die Fusionskontrollsachen der jeweils am besten geeigneten
Behörde zugewiesen werden können. [37] Die britische Wettbewerbsbehörde OFT (Office of Fair
Trade) hat eine Schwelle von 15 % festgesetzt, oberhalb deren sie
jeden Fall prüfen kann (siehe OFT, Mergers – Jurisdictional and procedural
guidance, Abschnitt 3.20). Dieser Wert könnte auch als klare Schwelle
dienen, oberhalb deren eine Beteiligung als „wettbewerbsrelevante Verbindung“
angesehen würde. [38] Die britische Fusionskontrollsache BSkyB/ITV (2007)
ist ein gutes Beispiel für eine De-facto-Sperrminorität (die nicht groß genug
ist, um als De-facto-Kontrolle angesehen zu werden). Es wurde festgestellt,
dass eine Beteiligung von 17,9 % ausreichte, um BSkyB erheblichen Einfluss
auf ITV zu verleihen, da sie es dem Unternehmen ermöglichte, die strategischen
Entscheidungen von ITV zu beeinflussen. Der Zusammenschluss wurde unter der
Auflage genehmigt, die Beteiligung bis auf 7,5 % zu veräußern. [39] Im Falle einer Hold-separate-Verpflichtung müssen unter
anderem die betroffenen Vermögenswerte getrennt verwaltet und ein
Hold-separate-Manager ernannt werden. Dies würde sich an die derzeitige Praxis
bei Veräußerungsverpflichtungen während der Veräußerungsfristen oder den
Bedingungen und Auflagen nach Artikel 7 Absatz 3 der
Fusionskontrollverordnung anlehnen. [40] Ausweitung des Artikels 6 Absatz 1
Buchstabe b Unterabsatz 2 sowie des Artikels 8 Absatz 1
Unterabsatz 2 und Absatz 2 Unterabsatz 3 der
Fusionskontrollverordnung auf Minderheitsbeteiligungen. [41] Siehe zum Beispiel die Sache COMP/M.6541 – Glencore/Xstrata,
Erwägungsgrund 26. [42] Siehe z. B. Randnr. 19 des Berichts von 2009. [43] Zum Beispiel in der Sache COMP/M.5828 – Procter & Gamble/Sara
Lee, Beschluss der Kommission vom 17. Juni 2010. [44] Nur 6 der 261 seit 2004 beantragten Verweisungen nach
Artikel 4 Absatz 5 wurden von einem Mitgliedstaat abgelehnt. [45] Anders als beim derzeitigen Verfahren könnten nur
Mitgliedstaaten, die für die Prüfung des Zusammenschlusses nach nationalem
Recht zuständig sind, eine Verweisung beantragen. [46] Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1269/2013 der
Kommission vom 5. Dezember 2013 (ABl. L 336 vom 14.12.2013,
S. 1) und Bekanntmachung der Kommission über ein vereinfachtes Verfahren
für bestimmte Zusammenschlüsse gemäß der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des
Rates (ABl. C 366 vom 14.12.2013, S. 5). [47] Der für dieses Weißbuch gewählte Gegenstand lässt die
zusätzliche Evaluierung anderer wichtiger Aspekte der EU-Fusionskontrolle durch
die Kommission unberührt. Die Kommission wird prüfen, welche Themen sich für
eine Ex-post-Evaluierung der von ihr ausgeübten Fusionskontrolle eignen.