MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT Strategie für eine sichere europäische Energieversorgung /* COM/2014/0330 final */
Wohlstand
und Sicherheit der Europäischen Union hängen von einer stabilen und reichlichen
Versorgung mit Energie ab. Dass die Bürger in den meisten Mitgliedstaaten seit
den Ölkrisen der 1970er Jahre keine dauerhafte Störung ihrer Energieversorgung
erleben mussten, zeugt davon, dass die Mitgliedstaaten und die EU bei der
Sicherung der Energieversorgung erfolgreich waren. Für die meisten Bürger steht
Energie „auf Knopfdruck“ überall und unauffällig zur Verfügung. Dies hat einen
großen Einfluss auf die Faktoren, die sich auf die nationalen
energiepolitischen Entscheidungen auswirken, wobei die Versorgungssicherheit
nicht denselben Stellenwert wie andere Erwägungen hat. Gleichwohl
waren Unionsbürger in einigen der östlichen Mitgliedstaaten im Winter 2006 und
2009 von vorübergehenden Gasversorgungsstörungen stark betroffen. Dies war ein
herber „Weckruf“, der die Notwendigkeit einer gemeinsamen europäischen
Energiepolitik verdeutlichte. Seither ist viel unternommen worden, um die
Gasversorgungssicherheit der EU zu stärken und die Zahl der Mitgliedstaaten zu
verringern, die ausschließlich von einem einzigen Lieferanten abhängen. Trotz
aller Fortschritte bei der Stärkung ihrer Infrastruktur und bei der
Diversifizierung ihrer Lieferanten ist die EU jedoch nach wie vor für externe
Schocks im Energiebereich anfällig, wie aus den nachstehenden Zahlen klar
hervorgeht. Die EU braucht daher eine nüchterne Strategie für die
Energieversorgungssicherheit, die auf kurze Sicht die Widerstandsfähigkeit
gegenüber diesen Schocks und Energieversorgungsstörungen fördert und
langfristig die Abhängigkeit von bestimmten Brennstoffen, Energielieferanten
und Versorgungswegen verringert. Die politischen Entscheidungsträger auf
nationaler und europäischer Ebene müssen den Bürgern vermitteln, welche
Entscheidungen mit der Verringerung dieser Abhängigkeit verbunden sind. Wichtige Fakten und Zahlen zur Energieversorgungssicherheit der EU § Derzeit importiert die EU 53 % der von ihr verbrauchten Energie. Die Energieimportabhängigkeit betrifft Rohöl (fast 90 %), Erdgas (66 %) und in geringerem Maße feste Brennstoffe (42 %) sowie nukleare Brennstoffe (40 %). § Die Energieversorgungssicherheit ist ein Anliegen, das jeden Mitgliedstaat betrifft, auch wenn einige stärker gefährdet sind als andere. Dies gilt insbesondere für weniger integrierte und vernetzte Regionen wie das Baltikum und Osteuropa. § Das dringlichste Problem in Punkto Energieversorgungssicherheit ist die starke Abhängigkeit von einem einzigen Drittlandslieferanten. Dies gilt insbesondere für Erdgas, aber auch für Strom: o Sechs Mitgliedstaaten beziehen ihr gesamtes Erdgas ausschließlich aus Russland; drei davon decken mehr als ein Viertel ihres gesamten Energiebedarfs mit Erdgas. Im Jahr 2013 entfielen 39 % der EU-Erdgasimporte auf Lieferungen aus Russland bzw. wurden 27 % des Gasverbrauchs in der EU durch Russland gedeckt. Russland exportierte 71 % seines Gases nach Europa, wobei die größten Mengen nach Deutschland und Italien gingen (siehe Anhang 1). o Was Strom betrifft, so hängen Betrieb und Ausgleich des Stromnetzes in drei Mitgliedstaaten (Estland, Lettland und Litauen) von einem Drittlandsbetreiber ab. § Die Energieimporte der EU kosten mehr als 1 Mrd. EUR pro Tag (etwa 400 Mrd. EUR im Jahr 2013), und sie machen mehr als ein Fünftel der gesamten Einfuhren in die EU aus. Die EU importiert Rohöl und Mineralölerzeugnisse im Wert von mehr als 300 Mrd. Euro, die zu einem Drittel aus Russland stammen. § Die Energieversorgungssicherheit der EU muss auch vor dem Hintergrund des weltweit wachsenden Energiebedarfs gesehen werden, der bis 2030 voraussichtlich um 27 % steigen wird, wobei mit bedeutenden Veränderungen beim Energieangebot und bei den Energiehandelsströmen zu rechnen ist. Die im Folgenden
beschriebene Strategie beruht auf mehreren Stärken und Erkenntnissen, die bei
der Anwendung der geltenden Politiken und bei der wirksamen Reaktion der Union
auf frühere Energieversorgungskrisen festgestellt bzw. gewonnen wurden: Europa
hat durch den Ausbau von Verbindungsleitungen erhebliche Fortschritte in Richtung
Vollendung des Energiebinnenmarkts gemacht. Europa schneidet weltweit bei der
Energieintensität am besten ab, und der Energieträgermix ist ausgewogener als
der seiner Hauptpartner. Allzu häufig werden
jedoch Fragen der Energieversorgungssicherheit nur auf nationaler Ebene
behandelt, ohne die gegenseitige Abhängigkeit der Mitgliedstaaten in vollem
Umfang zu berücksichtigen. Der Schlüssel zu einer besseren
Energieversorgungssicherheit liegt erstens in einer gemeinsamen Vorgehensweise
in Form eines funktionierenden Binnenmarkts und in einer stärkeren
Zusammenarbeit auf regionaler und europäischer Ebene, insbesondere um die
Entwicklungen bei den Netzen zu koordinieren und die Märkte zu öffnen, und
zweitens in einem kohärenteren auswärtigen Handeln. Dazu gehört, dass mithilfe
der Erweiterungsinstrumente dafür gesorgt wird, dass diese Leitprinzipien von
den Kandidatenländern und potenziellen Kandidatenländern beachtet werden. Derzeit ist die EU der
einzige wichtige wirtschaftliche Akteur, der 50 % seines Stroms ohne
Treibhausgasemissionen erzeugt.[1]
Dieser Trend muss fortgesetzt werden. Auf längere Sicht ist die
Versorgungssicherheit untrennbar mit der Notwendigkeit eines Übergangs zu einer
wettbewerbsfähigen CO2-armen Wirtschaft mit einer geringeren Nutzung
importierter fossiler Brennstoffen verbunden, und diese Notwendigkeit trägt
erheblich zur Versorgungssicherheit bei. Die vorliegende Strategie für eine
sichere europäische Energieversorgung ist daher integraler Bestandteil des
Rahmens für die Klima- und Energiepolitik bis 2030[2]. Außerdem
steht sie voll und ganz mit unseren Zielen in den Bereichen
Wettbewerbsfähigkeit und Industriepolitik[3]
in Einklang. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass, wie vom Europäischen Rat
gefordert, über diesen Rahmen rasch entschieden wird, und dass die
Mitgliedstaaten sich gemeinsam darauf einstellen, langfristige Pläne für
wettbewerbsorientierte, sichere und nachhaltige Energie auszuarbeiten und
umzusetzen. Das Abstellen auf eine sichere Energieversorgung in einem sich
schnell ändernden Umfeld erfordert Flexibilität, Anpassungs- und
Wandlungsfähigkeit. Daher kann es notwendig sein, diese Strategie aufgrund
veränderter Umstände weiterzuentwickeln. In der Strategie werden
Bereiche aufgeführt, in denen kurz-, mittel- und längerfristig Entscheidungen
getroffen oder konkrete Maßnahmen ergriffen werden müssen, um Bedenken
hinsichtlich der Energieversorgungssicherheit Rechnung zu tragen. Sie beruht
auf acht zentralen Säulen, die zusammen eine für alle Mitgliedstaaten
vorteilhafte, engere Zusammenarbeit unter Berücksichtigung nationaler
energiepolitischer Entscheidungen fördern und denen der Grundsatz der
Solidarität zugrunde liegt: 1. Sofortmaßnahmen, damit die EU eine größere Versorgungsstörung im Winter
2014/2015 besser bewältigen kann; 2. Stärkung von Notfall-/Solidaritätsmechanismen, einschließlich der
Koordinierung von Risikobewertungen und Notfallplänen, und Schutz strategischer
Infrastrukturen; 3. Dämpfung der Energienachfrage; 4. Aufbau eines gut funktionierenden und vollständig integrierten Binnenmarkts; 5. Steigerung der Energieproduktion in der Europäischen Union; 6. Weiterentwicklung von Energietechnologien; 7. Diversifizierung der Lieferungen aus Drittländern und der damit
verbundenen Infrastrukturen; 8. Bessere Koordinierung der nationalen Energiepolitiken und geschlossenes
Auftreten in der externen Energiepolitik.
1.
Sofortmaßnahmen, damit die EU eine größere
Versorgungsstörung im Winter 2014/2015 besser bewältigen kann
Angesichts der aktuellen Ereignisse in der
Ukraine und möglicher Energieversorgungsstörungen muss bei den kurzfristigen
Maßnahmen der Schwerpunkt auf die Länder gelegt werden, die von einem einzigen
Gaslieferanten abhängig sind. Mit Blick auf den kommenden Winter wird die
Kommission mit den Mitgliedstaaten, Regulierungsbehörden, Übertragungs-/Fernleitungsnetzbetreibern
und Wirtschaftsbeteiligten daran arbeiten, dass die Union besser gerüstet ist,
um auf etwaige Versorgungsstörungen sofort reagieren zu können. Besonderes
Augenmerk wird auf Folgendes gelegt werden: auf gefährdete Gebiete, auf die
Verbesserung der Speicherkapazität (z. B. durch die umfassende Nutzung der
lettischen Speicherkapazitäten im Ostseeraum), auf die Entwicklung von
Gasflüssen entgegen der Hauptflussrichtung (Reverse Flow) (dem erfolgreichen
Beispiel des Memorandum of Understanding zwischen der Slowakei und der Ukraine
folgend), auf die Erstellung von Plänen für die Versorgungssicherheit auf
regionaler Ebene und auf die stärkere Erschließung des Potenzials von
Flüssigerdgas. Schlüsselmaßnahmen Die Kommission und die Mitgliedstaaten sollten · die Zusammenarbeit im Rahmen der Koordinierungsgruppe „Erdgas“[4] intensivieren und vor allem die Erdgasflüsse und die Gasspeichermengen weiter überwachen und nationale Risikobewertungen und Notfallpläne auf EU-Ebene und/oder auf regionaler Ebene koordinieren; · die Risikobewertungen und die Präventions- und Notfallpläne gemäß der Verordnung (EG) Nr. 994/2010 aktualisieren; · mit Stresstests beginnen, um die Energieversorgungssicherheit vor dem Hintergrund des Risikos von Versorgungsstörungen im kommenden Winter zu überprüfen, und gegebenenfalls Sicherungsmechanismen entwickeln, z. B. Aufstockung der Gasreserven, Ausbau von Infrastrukturen für den Notfall sowie der Reverse-Flow-Möglichkeiten, Verringerung der Energienachfrage oder sehr kurzfristige Umstellung auf alternative Brennstoffe; · weiter mit den Erdgaslieferanten und Fernleitungsnetzbetreibern zusammenarbeiten, um kurzfristige zusätzliche Lieferquellen, insbesondere für Flüssiggas, ausfindig zu machen.
2.
Stärkung von Notfall-/Solidaritätsmechanismen,
einschließlich der Koordinierung von Risikobewertungen und Notfallplänen, und
Schutz strategischer Infrastrukturen
Die EU verfolgt ein
übergeordnetes vorrangiges Ziel: Sie will sicherstellen, dass durch eine
bestmögliche Vorbereitung und Planung die Widerstandsfähigkeit gegenüber
plötzlichen Energieversorgungsstörungen verbessert, strategische
Infrastrukturen geschützt und die am stärksten gefährdeten Mitgliedstaaten
kollektiv unterstützt werden.
2.1.
Erdölvorräte
Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet,
Mindestvorräte an Erdöl und Erdölerzeugnissen zu halten[5], um das Risiko von
Versorgungsstörungen abzufedern. Die derzeitigen Vorräte entsprechen einem
Verbrauch von etwa 120 Tagen und liegen damit deutlich über den
geforderten Mindestvorräten von 90 Verbrauchstagen. Diese
EU-Vorratshaltungspflicht steht überdies mit der im Rahmen der Internationalen
Energieagentur (IEA) entwickelten Erdölbevorratungspflicht in Einklang und
hängt mit dieser zusammen. Diese Instrumente haben ihre Relevanz und Effizienz
unter Beweis gestellt. Die Garantie dafür, dass physische Versorgungsengpässe
unwahrscheinlich sind, ist ein grundlegendes Element, um Marktpreisschwankungen
im Krisenfall zu dämpfen. Die EU sollte daher die internationale Zusammenarbeit
und Transparenz hinsichtlich der Erdölvorräte und Erdölmärkte weiter fördern
und dabei insbesondere neue Großverbraucher wie China und Indien einbeziehen.
2.2.
Prävention und Minderung der Risiken von
Gasversorgungsstörungen
Seit den Gasversorgungskrisen von 2006 und
2009 hat die EU ihre Koordinierungskapazitäten ausgebaut, um mögliche Störungen
der Erdgasversorgung zu verhindern und einzudämmen[6].
Investitionen in Ersatzinfrastruktur sind nun vorgeschrieben: Bis zum
3. Dezember 2014 müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass sie
sogar bei Ausfall der größten einzelnen Gasinfrastruktur die Spitzennachfrage
decken können. Außerdem müssen auf allen grenzüberschreitenden
Verbindungsleitungen zwischen den Mitgliedstaaten Gasflüsse entgegen der
Hauptflussrichtung möglich sein. Die EU ist auch besser auf Störungen der
Erdgasversorgung vorbereitet. Es gibt europäische Rechtsvorschriften, die die
Versorgung geschützter Verbraucher (z. B. Kunden, die Gas zu Heizzwecken
verwenden) unter erschwerten Bedingungen gewährleisten, was den Fall einer
Infrastrukturstörung unter normalen Winterbedingungen einschließt, und die
Mitgliedstaaten müssen Pläne für die Notfallvorsorge und für Notfallmaßnahmen
erstellen. Die Koordinierungsgruppe „Erdgas“, an der die Mitgliedstaaten, die
Regulierungsbehörden und alle Interessengruppen teilnehmen, hat sich als
wirksame EU-weite Plattform für den Informationsaustausch zwischen Experten und
für die Koordinierung von Maßnahmen erwiesen. Diese Vorschriften bilden einen
europäischen Rahmen, der Vertrauen schafft und für Solidarität sorgt, da durch
ihn gewährleistet wird, dass die Mitgliedstaaten ihrer nationalen Verantwortung
gerecht werden und gemeinsam die Versorgungssicherheit verbessern. Die
bisherigen Erfahrungen auf dem Gebiet der Erdgasversorgungssicherheit haben
gezeigt, dass eine weitere Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg Synergien
hervorbringen kann, beispielsweise durch die Entwicklung von Risikobewertungen
(Stresstests) und die Erstellung von Plänen für die Versorgungssicherheit auf
regionaler und EU-Ebene, durch die Entwicklung eines Rechtsrahmens für
Gasspeicher, der deren strategische Bedeutung für die Versorgungssicherheit
anerkennt, oder durch eine genauere Definition des Begriffs „geschützter
Verbraucher“. Dies wird Bestandteil einer umfassenden Überprüfung der
bestehenden Bestimmungen der Verordnung zur Gewährleistung einer sicheren
Erdgasversorgung und ihrer Durchführung sein, die die Kommission vor
Ende 2014 zum Abschluss bringen wird. Darüber
hinaus könnten auf internationaler Ebene zusammen mit wichtigen strategischen
Partnern neue Instrumente für die Versorgungssicherheit ins Auge gefasst
werden. Die Zusammenlegung eines Mindestanteils der vorhandenen
Sicherheitsvorräte in einer gemeinsamen virtuellen Kapazitätsreserve -
z. B. im Rahmen der IEA - könnte im Falle einer begrenzten
Versorgungsstörung eine schnelle Reaktion ermöglichen[7].
2.3.
Schutz kritischer Infrastrukturen
Die EU hat damit begonnen, eine Politik zu
entwickeln, die auf den physischen Schutz kritischer Infrastrukturen (vor Bedrohungen,
Gefahren usw.) abstellt und auch die Energieinfrastruktur einschließt[8]. Zunehmende
Aufmerksamkeit sollte der IT-Sicherheit gewidmet werden. Darüber hinaus muss
eine umfassendere Debatte über den Schutz strategischer Energieinfrastrukturen,
z. B. von Fernleitungs- und Übertragungsnetzen, geführt werden, die für
alle Verbraucher äußerst wichtige Dienstleistungen erbringen. Diese Debatte
sollte sich mit der Kontrolle strategischer Infrastrukturen durch außerhalb der
EU ansässige Rechtspersonen, insbesondere durch staatseigene Unternehmen,
Nationalbanken oder Staatsfonds wichtiger Lieferländer, befassen, die darauf
abzielen, den EU-Energiemarkt zu durchdringen, und nicht das Ziel verfolgen,
die Netze und Infrastrukturen in der EU auszubauen. Bei jedem Kauf einer
strategischen Infrastruktur durch Käufer, die außerhalb der EU ansässig sind,
muss die Einhaltung der bestehenden EU-Rechtsvorschriften gewährleistet werden.
Außerdem sollten die Vorteile eines Gesamtenergiesystems geprüft werden, das
für einen angemessenen Ausgleich zwischen zentraler und dezentraler
Energieproduktion sorgt, um ein System aufzubauen, das sowohl wirtschaftlich
effizient als auch gegenüber Ausfällen einzelner großer Anlagen
widerstandsfähig ist. Die bestehenden Bestimmungen über die
Entflechtung der Fernleitungsaktivitäten sehen bereits einen Mechanismus vor,
der sicherstellen soll, dass Fernleitungsnetzbetreiber, die von außerhalb der
EU ansässigen Rechtspersonen kontrolliert werden, die gleichen Verpflichtungen
erfüllen wie Rechtspersonen mit Sitz in der EU. Die jüngsten Erfahrungen mit
bestimmten Betreibern aus Nicht-EU-Ländern, die die Einhaltung der
EU-Rechtsvorschriften im Hoheitsgebiet der EU vermeiden wollten, könnten eine
strengere Anwendung und möglicherweise eine Verschärfung der in der EU und in
den Mitgliedstaaten geltenden Vorschriften erforderlich machen. In diesem
Zusammenhang muss die Einhaltung der EU-Binnenmarktvorschriften, insbesondere
für die Vergabe öffentlicher Aufträge, ebenfalls gewährleistet sein.
2.4.
Mechanismen für Solidarität zwischen den
Mitgliedstaaten
Solidarität - das Kennzeichen der Europäischen
Union - erfordert eine praxisnahe Hilfe für diejenigen Mitgliedstaaten, die
durch schwere Energieversorgungsstörungen am stärksten gefährdet sind. Daher
sollte auf der Grundlage der Energiesystem-Stresstests und von Gesprächen mit
den nationalen Behörden und der Industrie eine zweckmäßige Notfallplanung
vorgenommen und regelmäßig überprüft werden mit dem Ziel, ein Mindestmaß an
EU-internen Lieferungen alternativer Brennstoffe zur Ergänzung der
Sicherheitsvorräte sicherzustellen. Angesichts der aktuellen Ereignisse sollte
der unmittelbare Schwerpunkt auf den Mitgliedstaaten an der Ostgrenze der EU
liegen; gegebenenfalls könnte eine Assoziierung von Kandidatenländern und
potenziellen Kandidatenländern mit solchen Mechanismen erfolgen. Schlüsselmaßnahmen Die Kommission wird die vorhandenen Mechanismen zur Gewährleistung der Energieversorgungssicherheit überprüfen und gegebenenfalls ihre Verschärfung vorschlagen, zusammen mit Maßnahmen zum Schutz strategischer Energieinfrastrukturen und Maßnahmen für ein angemessenes Gleichgewicht zwischen zentralen und dezentralen Anlagen; den Mitgliedstaaten und der Industrie auf der Grundlage von Risikobewertungen (Energieversorgungssicherheits-Stresstests) neue Notfallkoordinierungsmechanismen und Pläne für die Belieferung von Ländern in Notzeiten vorschlagen. Der unmittelbare Schwerpunkt sollte auf allen Mitgliedstaaten an der Ostgrenze der EU liegen.
3.
Dämpfung der Energienachfrage
Die Dämpfung der Energienachfrage ist eines
der wirksamsten Instrumente, um die Abhängigkeit der EU von Energieeinfuhren
aus dem Ausland und die Anfälligkeit der EU gegenüber Preiserhöhungen zu
verringern. Das bereits vereinbarte EU-Ziel, die Energieeffizienz um 20 %
zu steigern, wodurch gegenüber den Prognosen 371 Mio. t RÖE an
Primärenergie eingespart werden sollen, erfährt angesichts der aktuellen
Situation eine zusätzliche Dringlichkeit. Diese Einsparungen lassen sich
erreichen, wenn die in den einschlägigen Rechtsvorschriften vorgesehenen
Maßnahmen strikt und ohne Verzögerungen durchgeführt werden. Dies gilt
insbesondere für die Energieeffizienz-Richtlinie („Effizienz-Richtlinie“) und
die Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden („Gebäude-Richtlinie“).
Signifikante Energieeinsparungen sind nur
möglich, wenn vorrangige Sektoren klar benannt werden und leicht zugängliches
Investitionskapital mobilisiert wird. Die Energienachfrage im Gebäudesektor,
auf den rund 40 % des Energieverbrauchs in der EU und ein Drittel des
Erdgasverbrauchs entfallen[9],
könnte durch eine beschleunigte Gebäuderenovierung um bis zu drei Viertel
verringert werden. Verbesserungen bei der Fernwärme und Fernkühlung können
ebenfalls einen wichtigen Beitrag leisten. Die Industrie ist für etwa ein
Viertel des Gasverbrauchs in der EU verantwortlich, und ein gestärktes
Emissionshandelssystem, wie es von der Kommission als Teil des Rahmens für die
Klima- und Energiepolitik bis 2030 vorgeschlagen wurde, bietet ein
erhebliches Potenzial für Energieeffizienzsteigerungen.[10] Um weitere Investitionen des privaten Sektors, der eine wichtige Rolle
spielt, auszulösen, wurden in den Europäischen Struktur- und Innovationsfonds
(ESI) Mittel in Höhe von mindestens 27 Mrd. EUR speziell für Investitionen
in eine CO2-arme Wirtschaft, einschließlich Investitionen in die
Energieeffizienz, vorgesehen[11].
Aus einer aktuellen Analyse der Programmplanung der Mitgliedstaaten für diese
Mittel geht hervor, dass diese Investitionen tatsächlich auf mehr als 36 Mrd. EUR
steigen werden. Finanzierungsinstrumente, die durch Beiträge der ESI-Fonds[12]
geschaffen werden, können zusätzliche private Kapitalinvestitionen
mobilisieren, während Energiedienstleistungsunternehmen mit neuen
Geschäftsmodellen Einsparungen im gesamten Energiesystem bewirken können. Schlüsselmaßnahmen Die Mitgliedstaaten sollten Maßnahmen zur Erreichung des für 2020 vereinbarten Energieeffizienzziels beschleunigen, wobei der Schwerpunkt auf der Heizung und Dämmung insbesondere von Gebäuden und in der Industrie liegen sollte, und zwar vor allem durch o eine ehrgeizige Umsetzung der Effizienz-Richtlinie und der Gebäude-Richtlinie; o eine verstärkte Unterstützung im Regulierungsbereich und aus öffentlichen Mitteln, um die Gebäuderenovierungsquote schneller zu erhöhen und die Verbesserung/Einführung von Fernwärmesystemen zu beschleunigen; o die Förderung von Energiedienstleistungen und der Laststeuerung mit neuen Technologien, wobei eine finanzielle Unterstützung der EU, insbesondere durch die ESI-Fonds, die nationalen Fördersysteme ergänzen kann; o eine beschleunigte Umsetzung der Aktionspläne für nachhaltige Energie, die von den am Konvent der Bürgermeister teilnehmenden Kommunen vorgelegt werden; o die Förderung der Energieeffizienz in der Industrie durch ein gestärktes EU-Emissionshandelssystem. Die Kommission wird die Effizienz-Richtlinie in diesem Sommer überprüfen, um die Fortschritte bei der Verwirklichung des Energieeffizienzziels für 2020 zu bewerten, und mitteilen, inwiefern Energieeffizienz zu dem Rahmen für die Energie- und Klimapolitik bis 2030 beitragen kann; klare vorrangige Sektoren (im Wohnungsbau, im Verkehrswesen und in der Industrie) benennen, in denen Energieeffizienzgewinne mittel- bis langfristig erreicht werden können, auch in den Mitgliedstaaten, die von Versorgungsstörungen am meisten gefährdet sind; die noch verbliebenen Hindernisse für die Einführung von Energieeffizienzmaßnahmen und für die Entwicklung eines echten Markts für Energieeffizienzdienstleistungen ermitteln und Vorschläge dafür unterbreiten, wie diese durch nichtlegislative Maßnahmen beseitigt werden können; die Richtlinie für Energieverbrauchskennzeichnung und die Ökodesign-Richtlinie anhand der gewonnenen Erfahrungen überarbeiten, um den Energieverbrauch und andere Umweltauswirkungen von Produkten auf effektive Weise zu verringern. 4.
Aufbau eines
gut funktionierenden und vollständig integrierten Binnenmarkts Ein europäischer Energiebinnenmarkt ist ein
entscheidender Faktor für die Energieversorgungssicherheit und das Instrument,
mit dem diese kosteneffektiv erreicht wird. Staatliche Interventionen, die sich
auf diesen Marktrahmen auswirken, wie nationale Entscheidungen zu den
erneuerbaren Energien oder zu Energieeffizienzzielen, Entscheidungen zur
Förderung von Investitionen in die Kernenergie (oder zur Stilllegung von
Kernkraftwerken) oder zur Förderung wichtiger Infrastrukturvorhaben (z. B.
Nord Stream, South Stream, TAP oder baltisches Flüssiggas-Terminal),
müssen auf europäischer und/oder auf regionaler Ebene erörtert werden, um
sicherzustellen, dass Entscheidungen in einem Mitgliedstaat nicht die
Versorgungssicherheit in einem anderen Mitgliedstaat gefährden. Auf EU-Ebene
gibt es verschiedene Instrumente, um solche Vorhaben unter Wahrung des
EU-Besitzstands und in koordinierter Weise zu realisieren
(Binnenmarktvorschriften, TEN-E-Leitlinien, Kontrolle staatlicher Beihilfen).
Eine echte Strategie für eine sichere europäische Energieversorgung bedeutet,
dass der Anwendung von Durchsetzungsinstrumenten eine strategische Diskussion
auf EU-Ebene und nicht nur auf nationaler Ebene vorausgeht.
4.1.
Besseres Funktionieren des Binnenmarkts für Gas und
für Strom
Das dritte Energiebinnenmarktpaket bildet den
Rahmen, innerhalb dessen sich der europäische Energiebinnenmarkt entwickeln
muss. Die Staats- und Regierungschefs haben vereinbart, dass der
Energiebinnenmarkt bis 2014 verwirklicht werden sollte. Wenngleich durchaus
positive Entwicklungen zu verzeichnen sind, bleibt doch noch viel zu tun. Bei der regionalen Marktintegration gab es positive
Schritte. Wettbewerbsorientierte und liquide Märkte dienen als effektive
Absicherung gegen den Missbrauch der Marktmacht oder politischen Macht durch
einzelne Lieferanten. Gut entwickelte Handelsmechanismen und liquide Spotmärkte
können bei Versorgungsstörungen wirksame kurzfristige Lösungen bieten, wie dies
bereits bei Erdöl oder Kohle der Fall ist. Die gleiche Sicherheit kann im Gas-
und im Stromsektor erreicht werden, sofern die Fernleitungsnetzkapazitäten und
Übertragungsnetze für den Transport von Gas bzw. Strom zur Verfügung stehen. Ein regionaler Ansatz war, was den
grenzüberschreitenden Handel und die Versorgungssicherheit (einschließlich ggf.
Kapazitätssicherungsmechanismen[13])
betrifft, für die Integration des europäischen Energiemarkts bisher von
entscheidender Bedeutung und wird dies auch weiterhin sein. Die nordischen
Länder (Finnland, Schweden, Dänemark und Norwegen) sind im Elektrizitätssektor
mit einer frühzeitigen Integration ihrer Märkte in Nord Pool mit gutem
Beispiel vorangegangen. Auch das Pentalaterale Forum im Nordwesten (mit
Frankreich, Deutschland, Belgien, den Niederlanden, Luxemburg und Österreich)
hat bahnbrechende Integrationsprojekte sowohl im Strom- als auch im Gassektor
auf den Weg gebracht. Die Übertragungsnetzbetreiber und Regulierungsbehörden
haben ebenfalls entscheidende Schritte zur Kopplung der Elektrizitätsmärkte in
mehreren Regionen unternommen[14].
Im Gassektor wurde 2013 mit der Einrichtung der PRISMA-Plattform eine ähnliche
Wirkung erzielt. Über diese Plattform wird die Verbindungskapazität der Netze
von 28 Fernleitungsnetzbetreibern, die für den Transport von 70 % des
Gases in Europa verantwortlich sind, auf transparente und einheitliche Weise
versteigert. Dennoch ist die Entwicklung
wettbewerbsorientierter und gut integrierter Märkte in den baltischen Staaten
und im Südosten Europas noch nicht so weit fortgeschritten, weshalb diesen
Regionen die damit verbundenen Vorteile für die Versorgungssicherheit entgehen.
In diesen Regionen sind gezielte Vorgehensweisen zur schnelleren Entwicklung
kritischer Infrastrukturen (siehe 4.2) sowie die Schaffung regionaler
Gashandelsplätze notwendig. Die ordnungsgemäße Umsetzung der Netzkodizes im
Gassektor wird die Energieversorgungssicherheit erheblich verbessern, da
dadurch der offene und diskriminierungsfreie Zugang zu den Fernleitungsnetzen
gefördert wird, was ungehinderte und flexible Gasflüsse in der gesamten EU
ermöglicht. Überdies müssen die Kartell- und
Fusionskontrollvorschriften weiterhin mit Nachdruck durchgesetzt werden, da
durch diese gewährleistet wird, dass die EU-Versorgungssicherheit nicht durch
wettbewerbswidriges Verhalten oder durch eine wettbewerbswidrige Konsolidierung
oder vertikale Integration von Energieunternehmen beeinträchtigt wird.
4.2.
Beschleunigter Bau wichtiger Verbindungsleitungen
Ein wirklich integrierter und
wettbewerbsorientierter Energiebinnenmarkt braucht nicht nur einen gemeinsamen
Rechtsrahmen, sondern setzt auch einen bedeutenden Ausbau der
Energietransportinfrastruktur, insbesondere von grenzüberschreitenden
Verbindungsleitungen zwischen den Mitgliedstaaten, voraus. Schätzungen der
Kommission zufolge werden hierfür bis 2020 ca. 200 Mrd. EUR
benötigt, wobei der Markt derzeit jedoch nur rund die Hälfte dieses Betrags
aufbringen kann. Die Verordnung über die Leitlinien für
transeuropäische Energienetze und die Fazilität „Connecting Europe“ (CEF)
wurden dafür konzipiert, die Schlüsselprojekte, die Europa benötigt, anhand von
12 vorrangigen Korridoren und Gebieten zu ermitteln und ihre rechtzeitige Realisierung
sicherzustellen. Die erste Unionsliste mit Vorhaben von gemeinsamem Interesse
(projects of common interest, PCI) wurde 2013 verabschiedet. Das Hauptziel der
EU-Infrastrukturpolitik besteht nunmehr darin, für die rechtzeitige
Durchführung der PCI zu sorgen. Die 5,8 Mrd. EUR der CEF werden
zusammen mit gestrafften Genehmigungsverfahren dazu beitragen. Auf die CEF
entfallen nur rund 3 % der bis 2020 benötigten Investitionen in Höhe
von 200 Mrd. EUR, aber in ihrem Rahmen können durch die Nutzung von
Finanzierungsinstrumenten weitere Mittel mobilisiert werden. Um etwas bewirken
zu können, muss die CEF auf wenige kritische Projekte ausgerichtet sein;
außerdem muss sie mit den Bemühungen der Regulierungsbehörden, einen Teil der
Infrastruktur durch Netzentgelte zu finanzieren, und mit den Bemühungen der
Mitgliedstaaten, im Bedarfsfall die Europäischen Struktur- und
Investitionsfonds in Anspruch zu nehmen, gekoppelt werden. Sowohl bei der
Genehmigung als auch bei der Durchführung der Projekte sollten die bestehenden
EU-Umweltvorschriften und ‑Leitlinien[15]
zur Gewährleistung der ökologischen Nachhaltigkeit und der öffentlichen
Unterstützung und Akzeptanz für das jeweilige Projekt gebührend berücksichtigt
werden. 27 Projekte im Gassektor und
6 Projekte im Stromsektor wurden als kurz- und mittelfristig für die
EU-Energieversorgungssicherheit entscheidend ausgewiesen (indikative Liste in
Anhang 2), weil ihre Durchführung voraussichtlich zu einer stärker
diversifizierten Energieversorgung und zu mehr Solidarität in den am meisten
gefährdeten Teilen Europas führen wird. Etwa die Hälfte dieser Projekte soll
bis Ende 2017 zum Abschluss gebracht werden, während bei den restlichen
Projekten die Inbetriebnahme bis 2020 geplant ist. Der Großteil dieser
kritischen Vorhaben liegt in Osteuropa und in Südwesteuropa. Die Kosten für
diese Projekte werden auf rund 17 Mrd. EUR geschätzt. Bei den
kritischen PCI handelt es sich mit Ausnahme einiger Projekte für
Flüssiggas-Terminals und Speicherprojekte hauptsächlich um Großprojekte, und
diese sind ihrem Wesen nach komplex und anfällig für Verzögerungen. Um ihre
Umsetzung zu beschleunigen, ist somit mehr als eine frühzeitige CEF-Förderung
notwendig. Die Kommission will daher die Förderung kritischer Projekte wie
folgt intensivieren: durch die Zusammenführung der Projektträger, um die
technischen Möglichkeiten einer beschleunigten Projektdurchführung zu erörtern,
durch die Zusammenführung der nationalen Regulierungsbehörden (NRB), um eine
Einigung bei der grenzüberschreitenden Kostenaufteilung und Finanzierung zu
erreichen, und durch die Zusammenführung der zuständigen Ministerien, um eine
starke politische Unterstützung sowohl im Hinblick auf die erste Aufforderung
als auch die späteren Aufforderungen sicherzustellen. In den Schlussfolgerungen des Europäischen
Rates vom März 2014 wurde zu Folgendem aufgerufen: „Rasche Umsetzung
sämtlicher Maßnahmen, um das für alle Mitgliedstaaten geltende Ziel eines
Verbundgrades von mindestens 10 % ihrer vorhandenen
Stromerzeugungskapazität zu erreichen“. Derzeit beträgt der
durchschnittliche Verbundgrad rund 8 %. Unter Berücksichtigung
der Bedeutung der Verbindungsleitungen für die Stärkung der
Versorgungssicherheit und der Notwendigkeit, den grenzüberschreitenden Handel
zu erleichtern, schlägt die Europäische Kommission vor, das aktuelle
Verbundziel von 10 % für 2030 auf 15 % zu erhöhen, wobei den
Kostenaspekten und dem Handelspotenzial in den betreffenden Regionen Rechnung
zu tragen ist. 4.3.
Der europäische Erdölmarkt Russland ist einer der Hauptlieferanten von
Rohöl, das derzeit in der EU raffiniert wird, und einige Raffinerien sind für
dieses Rohöl optimiert. Wenngleich ausreichende Raffineriekapazitäten zur
Deckung der allgemeinen Nachfrage nach Mineralölerzeugnissen bestehen, ist die
EU Nettoexporteur von Benzin und Nettoimporteur von Dieselkraftstoff
überwiegend aus Russland und den USA. Die wechselseitige Abhängigkeit der EU,
der USA und Russlands bei den verfügbaren Erdölvorräten sowie die Möglichkeit,
Erdöl weltweit zu handeln und zu transportieren, bedeuten, dass die
Erdölversorgung der EU nicht unmittelbar bedroht ist. Es gibt jedoch Probleme,
die aufmerksam beobachtet werden müssen und eine stärker strategisch
ausgerichtete Koordinierung der EU-Erdölpolitik erfordern: -
Die Abhängigkeit der Raffineriebranche der EU von
russischem Rohöl; -
die gestiegene Konzentration in der russischen
Erdölindustrie und die Tatsache, dass Raffineriekapazitäten in der EU zunehmend
im Eigentum russischer Erdölgesellschaften stehen; -
die im Verkehrssektor verwendeten Raffinerieerzeugnisse. Der Raffineriesektor der EU steht bei der
Behauptung seiner Wettbewerbsfähigkeit vor erheblichen Herausforderungen - der
Rückgang der Raffinieriekapazitäten und ausländische Investitionen,
insbesondere von russischen Unternehmen, die die Abhängigkeit von russischem
Rohöl noch verstärken, belegen dies. Wettbewerbsfähige Raffineriekapazitäten
müssen in Europa aufrechterhalten werden, um eine übermäßige Abhängigkeit von
importieren raffinierten Mineralölerzeugnissen zu vermeiden und Rohölbestände
ausreichend flexibel verarbeiten zu können[16].
Langfristig muss die Erdölabhängigkeit der EU,
insbesondere im Verkehrswesen, verringert werden. Die
Kommission hat eine Reihe von Maßnahmen zur Minderung der
Treibhausgasemissionen und des Verbrauchs von Kraftstoffen im Verkehr dargelegt
und auch eine Strategie für alternative Kraftstoffe vorgestellt[17],[18]. Schlüsselmaßnahmen Die Mitgliedstaaten sollten die regionale Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten dort stärken, wo Verbindungsleitungen, Ausgleichsregelungen, Kapazitätssicherungsmechanismen und Marktintegration einen Beitrag zur Energieversorgungssicherheit leisten; die Umsetzung der Rechtsvorschriften für den Energiebinnenmarkt wie vorgesehen bis Ende 2014 vollenden, insbesondere im Hinblick auf die Entflechtungsvorschriften, den Gastransport entgegen der Hauptflussrichtung und den Zugang zu Gasspeicheranlagen; die Diskussionen über die Richtlinie zur Energiebesteuerung intensivieren, um die steuerlichen Anreize für Dieselkraftstoff zu verringern und das Gleichgewicht zwischen den Raffineriekapazitäten und dem Verbrauch von Mineralölerzeugnissen in der EU wiederherzustellen; eine günstige Besteuerung alternativer Kraftstoffe, insbesondere von regenerativ hergestellten Kraftstoffen, sollte ebenfalls in Betracht gezogen werden; die Anstrengungen zur Durchführung der kürzlich verabschiedeten Richtlinie über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe intensivieren. Die Übertragungs- bzw. Fernleitungsnetzbetreiber müssen die Umsetzung der Netzkodizes im Gas- und im Stromsektor beschleunigen. Die Kommission wird im Bedarfsfall die Vertragsverletzungsverfahren, die die Binnenmarktvorschriften betreffen, beschleunigen; mit den Mitgliedstaaten an der zügigen Durchführung aller Vorhaben von gemeinsamem Interesse und sonstiger Maßnahmen zusammenarbeiten, um für alle Mitgliedstaaten das Ziel eines Verbundgrads von mindestens 10 % ihrer installierten Stromerzeugungskapazität bis 2020 und von 15 % bis 2030 zu erreichen; alle verfügbaren Gemeinschaftsmittel, einschließlich der CEF, der ESI-Fonds und der Fördermittel der Europäischen Investitionsbank, koordinieren, um den Bau der wichtigsten Verbindungsleitungen und der damit zusammenhängenden nationalen und regionalen Infrastruktur zu beschleunigen; in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und ihren nationalen Regulierungsbehörden prüfen, welche Maßnahmen ergriffen werden können, um eine zweckmäßige CBCA[19] für die in Anhang 2 aufgeführten kritischen Projekte zu beschleunigen ebenso wie alle Maßnahmen, die dazu führen könnten, dass diese in den nächsten zwei bis drei Jahren zum Abschluss gebracht werden; mit der Industrie und den Mitgliedstaaten erörtern, wie die Rohöllieferungen an die Raffinerien in der EU diversifiziert werden können, um die Abhängigkeit von Russland zu verringern; eine aktive Handelsagenda verfolgen, die den Zugang zu Erdölexportmärkten sicherstellt und marktverzerrende Praktiken begrenzt, indem strenge Energiehandelsregeln gefördert und die Handelsregeln im Bedarfsfall adäquat durchgesetzt werden; EU-weit strategische Komponenten der Erdölwertschöpfungskette ermitteln und koordinierte Maßnahmen aufzeigen, damit die Konsolidierung der Raffineriekapazitäten in der EU in einer Weise erfolgt, die die Diversifizierung der Energieversorgung der EU verbessert; mit der IEA zusammenarbeiten, um die Erdölwertschöpfungskette zu beobachten und sicherzustellen, dass die Transparenz der Daten zu den Handelsströmen, Investitionen und Eigentumsverhältnissen verbessert wird.
5.
Steigerung der Energieproduktion in der
Europäischen Union
Die Union kann
ihre Abhängigkeit von bestimmten Lieferanten und Brennstoffen durch die
maximale Nutzung einheimischer Energiequellen verringern. 5.1.
Steigerung der Energieproduktion in der
Europäischen Union In den letzten beiden Jahrzehnten ist die
Energieproduktion in der Europäischen Union trotz des Ausbaus der regenerativen
Energiegewinnung stetig zurückgegangen[20].
Dieser Trend kann jedoch durch einen weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien,
eine verstärkte Nutzung der Kernenergie und eine nachhaltige Gewinnung
wettbewerbsfähiger fossiler Brennstoffe verlangsamt werden, falls diese
Optionen gewählt werden. Erneuerbare Energien Durch die zunehmende Nutzung erneuerbarer
Energien lassen sich aufgrund vermiedener Brennstoffimporte Kosten von rund
30 Mrd. EUR pro Jahr einsparen. fIm Jahr 2012 wurden Schätzungen
zufolge 14,1 % des Endenergieverbrauchs in der EU durch erneuerbare
Energien gedeckt; bis 2020 dürfte das Ziel von 20 % erreicht werden.
Für die Zeit nach 2020 hat die Kommission vorgeschlagen, den bis 2030 zu
erreichenden Anteil erneuerbarer Energien auf mindestens 27 % zu erhöhen. Strom und Heizwärme aus erneuerbaren Energien
bieten beträchtliche kostenwirksame Möglichkeiten, den Erdgasverbrauch in
einigen Sektoren bis zum Ende dieses Jahrzehnts weiter zu senken. Insbesondere
durch einen Umstieg auf einheimische regenerative Wärmequellen lassen sich
Brennstoffimporte in erheblicher Höhe ersetzen. Laut ihren nationalen
Aktionsplänen für erneuerbare Energien planen die Mitgliedstaaten bereits,
zwischen 2012 und 2020 im Wärmesektor zusätzlich
29 Mio. t RÖE durch erneuerbare Energien zu decken und im
Stromsektor zusätzlich 39 Mio. t RÖE regenerativ zu erzeugen.
Diese Pläne könnten durch nationale Mittel sowie durch ESI-Fonds
„vorfinanziert“ und mit Fördermitteln der EIB und internationaler
Finanzinstitutionen unterstützt werden. Wie bei der Infrastruktur sollte der
Großteil der Investitionen in diesem Bereich vom Privatsektor getätigt werden. Erneuerbare Energien sind zwar eine
„No-regrets-Option“, dennoch haben sie zu Bedenken hinsichtlich ihrer Kosten
und Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts geführt. Aufgrund
gesunkener Technologiekosten sind viele erneuerbare Energien zunehmend
wettbewerbsfähig und marktreif (z. B. Windkraft an Land). Ihre Einbindung
im großen Maßstab wird intelligentere Energienetze und neue Lösungen zur
Speicherung von Energie erfordern. Kapazitätssicherungsmaßnahmen auf regionaler
Ebene müssen möglicherweise auch in Betracht gezogen werden[21]. Mit den
neuen Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und
Energiebeihilfen 2014-2020 wird eine kostengünstigere Erreichung der
nationalen Ziele für den Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 ebenfalls
gefördert. Kohlenwasserstoffe und saubere Kohle Die Ausbeutung konventioneller Erdöl- und
Erdgasvorkommen in Europa sowohl in traditionellen Fördergebieten (z. B.
Nordsee) als auch in neu entdeckten Gebieten (z. B. östliches Mittelmeer,
Schwarzes Meer) sollte in voller Übereinstimmung mit der Energie- und
Umweltgesetzgebung, einschließlich der neuen Offshore-Sicherheitsrichtlinie[22],
erfolgen. Die Förderung von Erdöl und Erdgas aus nicht konventionellen Quellen
in Europa, vor allem von Schiefergas, könnte die rückläufige Gewinnung von
konventionellem Gas teilweise ausgleichen[23],
sofern auf Fragen der öffentlichen Akzeptanz und auf die Umweltauswirkungen in
angemessener Weise eingegangen wird[24].
In einigen Mitgliedstaaten finden derzeit erste Explorationstätigkeiten statt.
Für eine etwaige kommerzielle Förderung ist ein genauerer Überblick über die
nicht konventionellen Vorkommen (wirtschaftlich abbaubare Ressourcen) in der EU
notwendig. In den letzten zwei Jahrzehnten sind sowohl
die Förderung als auch der Verbrauch von Steinkohle in der EU zurückgegangen.
Trotzdem entfällt in mehreren Mitgliedstaaten ein bedeutender Anteil der
Stromerzeugung nach wie vor auf Steinkohle und Braunkohle, und EU-weit beträgt
ihr Anteil ca. 27 %. In der EU werden derzeit rund 40 % des Bedarfs
an festen Brennstoffen durch Importe gedeckt, doch die Beschaffung erfolgt auf
einem gut funktionierenden und diversifizierten Weltmarkt, der der Union eine
sichere Importgrundlage bietet. Aufgrund ihrer CO2-Emissionen haben
die Steinkohle und Braunkohle in der EU nur dann eine langfristige Zukunft,
wenn die Technologie der CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS)
verwendet wird. Mit der CCS-Technologie kann auch die Erdgas- und
Erdölrückgewinnung weiter verbessert werden - ein Potenzial, das ansonsten
nicht ausgeschöpft werden würde. Angesichts des bislang eher begrenzten
Einsatzes der CCS-Technologie sollten daher weitere Anstrengungen in den
Bereichen Forschung, Entwicklung und Einführung unternommen werden, um diese
Technologie umfassend nutzen zu können. Schlüsselmaßnahmen Die Mitgliedstaaten sollten die Nutzung erneuerbarer Energien weiter ausbauen, um das für 2020 festgelegte Ziel mit einem marktorientierten Ansatz zu erreichen; mit der Europäisierung der Systeme zur Förderung erneuerbarer Energien durch eine bessere Koordinierung der nationalen Förderregelungen beginnen; im Wärmesektor den Brennstoffumstieg auf Heiztechnologien auf Basis erneuerbarer Energien beschleunigen; stabile nationale rechtliche Rahmenbedingungen für erneuerbare Energien gewährleisten und administrative Hindernisse angehen; den Zugang zur Finanzierung von Projekten aller Größenordnungen (großer wie auch kleiner Projekte) im Bereich der erneuerbaren Energien durch eine konzertierte Initiative der Europäischen Investitionsbank und nationaler Investitionsbanken erleichtern, ggf. durch die Inanspruchnahme der Fördermittel der ESI-Fonds; bei der Nutzung von Kohlenwasserstoffen und sauberer Kohle, falls eine dieser Optionen gewählt wird, die Prioritäten für die Minderung des CO2-Ausstoßes berücksichtigen; die nationalen Verwaltungsverfahren für Kohlenwasserstoffprojekte straffen, u. a. durch die Durchführung strategischer Umweltprüfungen und die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle für die Genehmigungsverfahren, und dies gemäß den Leitlinien der Kommission zur Straffung der Verfahren für die Umweltverträglichkeitsprüfung von Energieinfrastrukturen und Projekten von gemeinsamem Interesse und zu den Umweltverträglichkeitsprüfungen für grenzüberschreitende Großprojekte[25]; das Potenzial nicht konventioneller Kohlenwasserstoffe unter vollumfänglicher Berücksichtigung der Empfehlung 2014/70/EU prüfen, um die Einhaltung höchster Umweltstandards zu gewährleisten; Demonstrationsprojekte für die CO2-Abscheidung und -Speicherung fördern, insbesondere solche, die im Rahmen des Programms NER 300 und des Europäischen Energieprogramms zur Konjunkturbelebung kofinanziert werden, wie das Projekt ROAD. Die Kommission wird ein europäisches Wissenschafts- und Technologie-Netz zur Gewinnung nicht konventioneller Kohlenwasserstoffe gründen; einen Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten, den einschlägigen Industriezweigen und den im Umweltschutz tätigen Nichtregierungsorganisationen veranstalten, um Merkblätter zu den besten verfügbaren Techniken (BVT-Merkblätter) für die Exploration und Gewinnung von Kohlenwasserstoffen zu erstellen; die vollständige Umsetzung und Überprüfung der CCS-Richtlinie sicherstellen und über die zweite Vergaberunde im Rahmen des Programms NER 300 entscheiden; die Entwicklung von Technologien für erneuerbare Energien und den Handel in multilateralen und bilateralen Verhandlungen fördern. 6.
Weiterentwicklung
von Energietechnologien Der vorliegende
Plan zur Verringerung der EU-Energieabhängigkeit erfordert erhebliche mittel-
bis langfristige Änderungen des Energiesystems, zu denen es ohne starke Impulse
für die Entwicklung neuer Energietechnologien nicht kommen wird. Diese neuen
Technologien werden benötigt, um die Nachfrage nach Primärenergie weiter zu
senken, die Optionen hinsichtlich der Lieferungen (sowohl von außerhalb als
auch innerhalb der EU) zu diversifizieren und zu konsolidieren und die
Energienetzinfrastruktur zu optimieren, damit diese Diversifizierung in vollem
Umfang genutzt werden kann. Die neuen
Technologien können effiziente und kostenwirksame Lösungen zur Verbesserung der
Energieeffizienz von Gebäuden und von lokalen Heizungsanlagen sowie neue
Lösungen für die Speicherung von Energie hervorbringen und die Netzsteuerung
optimieren. Hierfür sind
erhebliche Investitionen der EU und der Mitgliedstaaten in den Bereichen
Forschung und Innovation erforderlich. Der Einsatz breit gefächerter neuer
Energietechnologien wird entscheidend dafür sein, dass diese in ausreichender
Zahl tatsächlich marktreif werden und es den Mitgliedstaaten somit ermöglichen,
ihren unterschiedlichen Entscheidungen in Bezug auf den Energiemix gerecht zu
werden. Diese
Investitionen müssen die gesamte Technologielieferkette von den Werkstoffen
(einschließlich kritischer Rohstoffe) bis zur Herstellung umfassen, damit nicht
nur die Abhängigkeit der EU von Energieimporten verringert, sondern auch die
Abhängigkeit der EU von ausländischen Technologien eingedämmt wird. Letztlich
kann eine solche Strategie nur dann umgesetzt werden, wenn sie ein integraler
Bestandteil der Forschungs- und Innovationspolitik der Union ist. Damit diese Investitionen eine maximale
Wirkung entfalten können, muss eine stärkere Koordinierung zwischen den
Mitgliedstaaten wie auch zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission
erfolgen. Darüber hinaus sind Finanzierungsinstrumente zur Mobilisierung
höherer Investitionen der Industrie, z. B. über die Europäische
Investitionsbank, unerlässlich, insbesondere für den Einsatz großer
Demonstrationsanlagen. Schlüsselmaßnahme Die Kommission wird die Energieversorgungssicherheit bei der Umsetzung der Prioritäten des Rahmenprogramms für Forschung und Innovation „Horizont 2020“ (2014-2020) als durchgängiges Leitprinzip einbeziehen und sicherstellen, dass der künftige integrierte Fahrplan des Strategieplans für Energietechnologie mit der Strategie für eine sichere europäische Energieversorgung in Einklang steht.
7.
Diversifizierung der Drittlandslieferungen und der
damit verbundenen Infrastrukturen
7.1.
Erdgas
Rund 70 % des Gasverbrauchs in der EU
werden durch Importe gedeckt, wobei diese Quote bis 2020 stabil bleiben
und bis 2025-2030 auf rund 340-350 Mrd. m³ leicht ansteigen
dürfte[26].
Im Jahr 2013 stammten 39 % des Gaseinfuhrvolumens aus Russland, 33 %
aus Norwegen und 22 % aus Nordafrika (Algerien und Libyen). Die aus
anderen Ländern importierten Mengen sind gering und machen rund 4 % aus.
Die Flüssiggasimporte aus diesen und anderen Ländern (z. B. Katar,
Nigeria) nahmen zu und erreichten einen Höchststand von ca. 20 %, sie
gingen jedoch wegen höherer Preise in Asien auf rund 15 % zurück. Der Zugang zu stärker diversifizierten
Erdgasressourcen ist eine Priorität, wobei von zuverlässigen Lieferanten nach
wie vor bedeutende Gasmengen importiert werden sollten. Flüssiggas wird in den
kommenden Jahren eine wichtige potenzielle Diversifizierungsquelle bleiben und
an Bedeutung gewinnen. Neue Flüssiggaslieferungen aus Nordamerika, Australien
und Katar sowie neu entdeckte Vorkommen in Ostafrika werden die weltweiten
Flüssiggasmärkte voraussichtlich vergrößern und liquider machen. In den USA dürfte
die erste Verflüssigungsanlage an der Ostküste 2015-2017 mit einer Kapazität
von ca. 24 Mrd. m3/Jahr in Betrieb gehen. Zudem werden
viele weitere Projekte entwickelt. Es wird davon ausgegangen, dass das
Flüssiggas größtenteils für die asiatischen Märkte bestimmt ist. Dennoch
verhandeln einige europäische Unternehmen bereits mit US-amerikanischen
Flüssiggasproduzenten über Flüssiggaslieferverträge. Diese Entwicklungen
sollten durch eine angemessene Berücksichtigung der entsprechenden Prioritäten
in den externen Politikbereichen der EU, insbesondere bei den laufenden
Verhandlungen über eine Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft
(TTIP), erleichtert werden. Wachstumspotenzial gibt es sowohl bei der
norwegischen Produktion (Steigerung von derzeit 106 Mrd. m³/Jahr auf
bis zu 116Mrd. m³/Jahr im Jahr 2018) als auch bei der nordafrikanischen
Produktion (potenziell riesige, nicht erkundete oder ungenutzte
Kohlenwasserstoffressourcen mit dem Vorteil der geografischen Nähe). Die Union
sollte die internen Verbindungsleitungen verbessern, damit das Gas dieser
Lieferanten alle regionalen Märkte gemäß den bestehenden Verbund-Zielvorgaben
erreicht. Zusätzlich zur Stärkung unserer bestehenden
Lieferantenbeziehungen sollte die EU-Politik auch die Erschließung neuer
Versorgungsquellen zum Ziel haben. Der Bau des südlichen Korridors und die
ermittelten Vorhaben von gemeinsamem Interesse sind in diesem Zusammenhang
wichtig, da sie den Boden für Lieferungen aus der Kaspischen Region und aus
weiter entfernt liegenden Ländern bereiten. In dieser Region muss unbedingt
eine aktive Handelsagenda im Interesse des Marktzugangs, aber auch im Interesse
der Entwicklung kritischer Infrastrukturen verfolgt werden, deren
Wirtschaftlichkeit vom Zugang zu ausreichenden Exportmengen abhängt. In einer
ersten Phase wird damit gerechnet, dass bis 2020 in Aserbaidschan
gefördertes Erdgas mit einem Volumen von 10 Mrd. m³/Jahr den
europäischen Markt über den südlichen Gaskorridor erreichen wird. Diese neue
Verbindungsleitung ist überdies für die Anbindung an den Mittleren Osten von
entscheidender Bedeutung. Über die derzeit in der Türkei geplante Infrastruktur
könnten jährlich bis zu 25 Mrd. m³ Gas in den europäischen Markt
gelangen. Längerfristig betrachtet könnten andere Länder wie Turkmenistan, Irak
und Iran, sofern die Voraussetzungen für die Aufhebung der Sanktionen erfüllt
sind, auch einen nennenswerten Beitrag zum Ausbau des südlichen Gaskorridors
leisten. Daher wird eine kohärente und zielgerichtete Außenpolitik gegenüber
diesen Ländern eine entscheidende Rolle spielen. Darüber hinaus sollte die EU
einen intensiveren politischen und handelspolitischen Dialog mit ihren Partnern
in Nordafrika und im östlichen Mittelmeerraum pflegen, insbesondere im Hinblick
auf die Schaffung eines Mittelmeer-Gashubs im Süden Europas. All dies wird nur möglich sein, wenn
entsprechende Importinfrastrukturkapazitäten bereitgestellt und die fraglichen
Gasmengen zu einem erschwinglichen Preis verkauft werden. Voraussetzung ist
auch eine Zusammenarbeit zwischen der EU und den Mitgliedstaaten (siehe
Abschnitt 4).
7.2.
Uran und Kernbrennstoffe
In Kernkraftwerken erzeugter Strom bietet eine
zuverlässige Versorgung mit emissionsfreiem Grundlaststrom und spielt eine
wichtige Rolle für die Energieversorgungssicherheit. Verglichen mit den
Brennstoffkosten bei Gas- oder Kohlekraftwerken ist der relative wertmäßige
Anteil des Kernbrennstoffs an den gesamten Stromerzeugungskosten unbedeutend,
und nur ein kleiner Anteil der Gesamtkosten des Kernbrennstoffs entfällt auf
Uran. Der weltweite Uranmarkt ist zwar stabil und gut diversifiziert, die EU
ist jedoch völlig von Lieferungen aus Drittländern abhängig. Es gibt nur wenige
Unternehmen auf der Welt, die Uran in Kernbrennstoffe für Kernreaktoren
umwandeln können - die Kernenergiebranche der EU ist jedoch bei der gesamten
Versorgungskette, einschließlich Anreicherung und Wiederaufbereitung,
technologisch führend. Die nukleare Sicherheit hat für die EU
absolute Priorität. Bei der nuklearen Sicherheit auf internationaler Ebene sollte
die EU weiterhin eine Vorreiterrolle einnehmen und sich konstruktiv einbringen.
Eine schnellere Verabschiedung der geänderten Richtlinie über nukleare
Sicherheit, in der eine stärkere Unabhängigkeit der Regulierungsbehörden, die
Unterrichtung der Öffentlichkeit und regelmäßige Peer-Reviews vorgesehen sind,
ist daher wichtig. Bei der Herstellung von Kernbrennstoffen ist
Russland jedoch ein wichtiger Konkurrent, der Paketlösungen für Investitionen
in die gesamte Kernenergieversorgungskette anbietet. Aus diesem Grund sollte
Investitionen in neue, in der EU ohne Einsatz von EU-Technologie zu bauende
Kernkraftwerke besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden, damit diese bei der
Versorgung mit Kernbrennstoff nicht ausschließlich auf Russland angewiesen
sind: Voraussetzung für jede Neuinvestition muss die Möglichkeit einer
diversifizierten Brennstoffversorgung sein, was durch die
Euratom-Versorgungsagentur sicherzustellen ist. Darüber hinaus benötigen alle
Kraftwerksbetreiber ein insgesamt diversifiziertes Brennstoffversorgungsportfolio. Schlüsselmaßnahmen Die Kommission und die Mitgliedstaaten sollten gemeinsam für mehr Transparenz auf EU-Ebene hinsichtlich der Gasversorgungssicherheit sorgen und prüfen, wie die Preisinformationen im Rahmen der bestehenden Berichterstattungsmechanismen, z. B. Eurostat-Daten und Marktüberwachung durch die Kommission, weiterentwickelt werden können; die Entwicklung und den weiteren Ausbau der Gasversorgungsinfrastruktur in Norwegen, den südlichen Gaskorridor und den Mittelmeer-Gashub unterstützen; auf EU-Ebene ein System zur Überwachung der Energieversorgungssicherheit auf der Grundlage der jährlichen Berichte der Europäischen Kommission an den Europäischen Rat und das Europäische Parlament einführen; die Verabschiedung der geänderten Richtlinie über nukleare Sicherheit beschleunigen; zusammenarbeiten, um im Bedarfsfall die Versorgung mit Kernbrennstoffen zu diversifizieren. Die Kommission wird eine aktive Handelsagenda verfolgen, die den Zugang zu Erdgas‑/Flüssiggasexporten sicherstellt und marktverzerrende Praktiken begrenzt, indem strenge Energiehandelsregeln gefördert und die Handelsregeln im Bedarfsfall adäquat durchgesetzt werden; auf die Aufhebung bestehender Erdölausfuhrverbote in Drittländern hinwirken; bei ihrer Prüfung neuer Investitionsvorhaben im Nuklearbereich und neuer Entwürfe von Abkommen und Vereinbarungen mit Drittstaaten die Diversifizierung der Brennstoffversorgung systematisch berücksichtigen.
8.
Bessere Koordinierung der nationalen
Energiepolitiken und geschlossenes Auftreten in der externen Energiepolitik
Viele der oben beschriebenen Maßnahmen deuten
auf ein und dieselbe grundlegende Priorität hin, nämlich darauf, dass die
Mitgliedstaaten wichtige energiepolitische Entscheidungen besser aufeinander
abstimmen müssen. Entscheidungen über den Energiemix sind natürlich eine
nationale Angelegenheit, dennoch implizieren die fortschreitende Integration
der Energieinfrastruktur und der Energiemärkte, das gemeinsame Angewiesensein
auf Lieferanten aus Drittländern und die Notwendigkeit, in Krisenzeiten für
Solidarität zu sorgen, dass die grundlegenden politischen Entscheidungen in
Energiefragen mit den Nachbarländern erörtert werden sollten. Das Gleiche gilt
für die externen Dimension der EU-Energiepolitik[27], [28]. Die Kommission begrüßt, dass einige
Mitgliedstaaten sich für eine Energieunion ausgesprochen haben. Sie unterstützt
die Einrichtung eines Mechanismus, der es den Mitgliedstaaten ermöglichen
würde, einander über wichtige Entscheidungen in Bezug auf ihren jeweiligen Energiemix
zu unterrichten, bevor diese ausführlich erörtert und erlassen werden, damit
diesbezügliche Stellungnahmen im nationalen Beschlussfassungsprozess
berücksichtigt werden können. Der Europäischen Union ist generell an
stabilen, transparenten, regelgestützten und liquiden internationalen
Energiemärkten gelegen. In internationalen Organisationen und Foren sollte die
EU kohärente und aufeinander abgestimmte Stellungnahmen abgeben. Eine damit
verbundene politische Maßnahme ist die koordinierte Förderung von Technologien
für nachhaltige Energie auf der ganzen Welt, insbesondere in den aufstrebenden
Volkswirtschaften, in denen die Nachfrage nach Energie in den kommenden
Jahrzehnten voraussichtlich am stärksten steigen wird. Eine solche Initiative
stimmt nicht nur mit den allgemeinen umwelt- und klimapolitischen Zielen der EU
überein, sondern kann auch Auswirkungen auf die traditionellen Märkte für
fossile Brennstoffe haben und dadurch die Nachfrage abschwächen und die
Liquidität verbessern. In unserer engeren Nachbarschaft müssen wir
weiter das Ziel verfolgen, alle Partner auf allen Ebenen einzubeziehen, um sie
eng in den EU-Energiemarkt einzubinden. Die Energiegemeinschaft, in deren
Rahmen die EU-Rechtsvorschriften im Energiebereich auf die Erweiterungs- und Nachbarländer
ausgeweitet werden sollen, sollte vor dem Hintergrund der Sorge um die
Versorgungssicherheit der EU weiter gestärkt werden. Dies sollte durch die
Förderung von Reformen des Energiesektors in den beteiligten Ländern erreicht
werden, wobei gleichzeitig die Modernisierung ihres Energiesystems und ihre
vollständige Integration in den EU-Rechtsrahmen im Energiebereich unterstützt
werden sollten. Darüber hinaus sollte der institutionelle Rahmen der
Energiegemeinschaft kurz- bis mittelfristig verbessert werden, um die
Durchsetzungsmechanismen zu stärken. Außenpolitische Instrumente wie die kohärente
Einbeziehung von Energiefragen in den politischen Dialog, insbesondere bei
Gipfeltreffen mit strategischen Partnern, müssen systematisch genutzt werden.
Der auf EU-Ebene mit den wichtigsten Lieferländern geführte Energiedialog wird
überprüft werden. Die jüngste gemeinsame Erklärung der G7-Energieminister in
Rom ist ein gutes Beispiel für unsere verstärkte Zusammenarbeit mit den
wichtigsten Partnern. Ebenso muss die Kohärenz mit den externen Aspekten
anderer Sektorpolitiken, die zur Förderung der Energieversorgungssicherheit
beitragen könnten, gewährleistet werden, insbesondere im Hinblick auf die
strategische Programmplanung der EU-Außenhilfeinstrumente. Der Europäische
Auswärtige Dienst spielt bei der Einbeziehung von Energiebelangen in die
EU-Außenpolitik und bei der Abstimmung mit den Außenministerien der
Mitgliedstaaten eine wichtige Rolle. Darüber hinaus sollten die Energieabkommen der
Mitgliedstaaten mit Drittländern vollständig mit den EU-Rechtsvorschriften und
mit der EU-Politik im Bereich der Energieversorgungssicherheit in Einklang
stehen. Zu diesem Zweck sollten die Kommission und die Mitgliedstaaten
uneingeschränkt vom Beschluss Nr. 994/2012/EU des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur Einrichtung eines Mechanismus
für den Informationsaustausch über zwischenstaatliche Energieabkommen zwischen
Mitgliedstaaten und Drittländern Gebrauch machen. Dies gilt insbesondere für
die Möglichkeit, Standardbestimmungen auszuarbeiten und um Unterstützung der
Kommission bei den Verhandlungen zu ersuchen. Angesichts der jüngsten
Erfahrungen müssen die Mitgliedstaaten und betroffenen Unternehmen die
Kommission so früh wie möglich vor dem Abschluss zwischenstaatlicher Abkommen
mit potenziellen Auswirkungen auf die Energieversorgungssicherheit und auf die
Diversifizierungsoptionen unterrichten und die Kommission um Unterstützung bei
den Verhandlungen ersuchen. Dies setzt eine Überarbeitung des Beschlusses
Nr. 994/2012/EU voraus. Von besonderem Interesse ist der Gassektor -
hier könnten verstärkte politische Beziehungen der EU zu möglichen
Lieferländern den Weg für Transaktionen ebnen, ohne die Weiterentwicklung eines
wettbewerbsorientierten EU-Binnenmarkts zu gefährden. Zudem könnte eine
Bündelung der Nachfrage in bestimmten Fällen die Verhandlungsposition der EU
stärken. Im Zusammenhang mit dem gemeinsamen Bezug von
Erdgas wurde auf den „gemeinsamen Beschaffungsmechanismus“ der
Euratom-Versorgungsagentur hingewiesen. Unter den gegenwärtigen Umständen, in
denen keine Gefahr für die Versorgungssicherheit auf dem Uranmarkt besteht,
lässt dieser Mechanismus den kommerziellen Partnern bei der Aushandlung ihrer
Transaktionen völlig freie Hand. Die Mitunterzeichnung der Verträge durch die
Euratom-Versorgungsagentur bestätigt lediglich, dass keine Gefahr für die
Versorgungssicherheit besteht. Gefährdet ein Vertrag die Versorgungssicherheit,
so hat die Agentur das Recht, dagegen Widerspruch einzulegen. Außerdem
verbessert die Euratom-Versorgungsagentur auf der Grundlage der Mitteilungen
und anderer Informationen, die sie erhält, auch die Transparenz des Marktes für
nukleare Brennstoffe, da sie regelmäßig Berichte veröffentlicht. Die Kommission wird in enger Zusammenarbeit
mit den Mitgliedstaaten prüfen, ob für Gas ein Verfahren entwickelt werden
könnte, das zu einer größeren Transparenz des Marktes beiträgt und gleichzeitig
den Erfordernissen der Energieversorgungssicherheit Rechnung trägt. Außerdem
könnten freiwillige Mechanismen zur Nachfragebündelung geprüft werden, die
möglicherweise zu einer stärkeren Verhandlungsposition der europäischen Käufer
führen. Diese Optionen müssten sorgfältig konzipiert und umgesetzt werden,
damit die Vereinbarkeit mit dem EU-Recht und dem Handelsrecht gewährleistet
ist. Wo dies zweckmäßig ist, wäre eine Assoziierung von Kandidatenländern und
potenziellen Kandidatenländern mit einem solchen Verfahren möglich. Schlüsselmaßnahmen Die Kommission wird die Umsetzung der in ihrer Mitteilung über die externe Energiepolitik vom September 2011 aufgezeigten Maßnahmen sicherstellen; Optionen für Mechanismen zur freiwilligen Bündelung der Nachfrage prüfen, die die Verhandlungsposition der europäischen Abnehmer in Übereinstimmung mit dem EU-Recht und dem Handelsrecht stärken könnten; zusammen mit dem Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) die systematischere Nutzung außenpolitischer Instrumente zur Unterstützung der Ziele der externen Energiepolitik fördern und für mehr Kohärenz zwischen den energiepolitischen- und den außenpolitischen Zielen sorgen; den Beschluss Nr. 994/2012/EU zur Einrichtung eines Mechanismus für den Informationsaustausch über zwischenstaatliche Energieabkommen zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern überarbeiten. Die Mitgliedstaaten sollten einander über wichtige nationale energiepolitische Entscheidungen vor deren Annahme unterrichten und dafür die bestehenden Foren, in denen die Kommission den Vorsitz führt, in vollem Umfang nutzen; die Kommission vor der Aufnahme von Verhandlungen über zwischenstaatliche Abkommen mit potenziellen Auswirkungen auf die Energieversorgungssicherheit frühzeitig informieren und die Kommission in die Verhandlungen einbeziehen. Dadurch würde sichergestellt, dass die geschlossenen Abkommen mit dem Unionsrecht voll und ganz in Einklang stehen.
Schlussfolgerungen
In den letzten
Jahren wurden bei der Verbesserung der Energieversorgungssicherheit Europas
viele Fortschritte erzielt. Trotz dieser Erfolge ist Europa nach wie vor
anfällig für Energiekrisen. Die Strategie für eine sichere europäische
Energieversorgung sieht daher eine Reihe von konkreten Maßnahmen zur Stärkung
der Widerstandsfähigkeit Europas und zur Verringerung ihrer Importabhängigkeit
vor. Die Strategie für
eine sichere Energieversorgung der Union ist untrennbar mit dem Rahmen für die
Klima- und Energiepolitik bis 2030 verbunden und sollte zusammen mit
dieser vom Europäischen Rat verabschiedet werden. Die Umstellung auf eine
wettbewerbsfähige CO2-arme Wirtschaft wird die Verwendung von
importierten fossilen Brennstoffen durch eine Dämpfung der Energienachfrage und
durch die Nutzung erneuerbarer und anderer EU-interner Energien verringern. Kurzfristige
Perspektive 1.
Für den kommenden Winter muss die Union besser auf
Störungen der Energieversorgung vorbereitet sein. Die bestehenden europäischen
Notfall- und Solidaritätsmechanismen sollten auf der Grundlage von
Risikobewertungen (Energiesicherheits-Stresstests) gestärkt werden, die von der
Kommission zusammen mit den Mitgliedstaaten, Regulierungsbehörden,
Übertragungs- und Fernleitungsnetzbetreibern und Wirtschaftsbeteiligten zur
Erhöhung der Widerstandsfähigkeit koordiniert werden. Die Union muss außerdem
mit ihren internationalen Partnern bei der Entwicklung neuer
Solidaritätsmechanismen für Erdgas und für die Nutzung von Speicheranlagen
zusammenarbeiten. 2.
Bei Investitionen in neue Infrastrukturen, deren
Träger marktbeherrschende Lieferanten sind, müssen alle Binnenmarkt- und
Wettbewerbsvorschriften eingehalten werden. Insbesondere sollte das Projekt
South Stream solange ausgesetzt werden, bis die vollständige Einhaltung der
EU-Rechtsvorschriften gewährleistet ist, und vor dem Hintergrund der
Prioritäten für die EU-Energieversorgungssicherheit neu bewertet werden. 3.
Die Union sollte mit ihren Nachbarn und Partnern in
der Energiegemeinschaft, insbesondere mit der Ukraine und Moldau, eng
zusammenarbeiten, um die Energieversorgungssicherheit zu verbessern. Die
jüngste Vereinbarung über Reverse-Flow-Gasflüsse zwischen der Slowakischen
Republik und der Ukraine ist in dieser Hinsicht zu begrüßen. Mittel- bis
langfristige Perspektive 4.
Europa muss einen besser funktionierenden und einen
stärker integrierten Energiemarkt schaffen. Vorrangigen Vorhaben sollten
beschleunigt werden, um bestehende „Energieinseln“ anzubinden und
sicherzustellen, dass das aktuelle Verbundziel von mindestens 10 % der
installierten Stromerzeugungskapazität bis 2020 erreicht wird.
Bis 2030 sollten die Mitgliedstaaten so weit vorangekommen sein, dass sie
ein Verbundziel von 15 % erreichen können. 5.
Die Union muss ihre Abhängigkeit von bestimmten
Drittlandslieferanten durch die Diversifizierung ihrer Energiequellen,
Lieferanten und Versorgungswege verringern. Vor allem sollten eine engere
Partnerschaft mit Norwegen, eine schnellere Fertigstellung des südlichen
Gaskorridors und die Förderung eines neuen Gashubs in Südeuropa angestrebt
werden. 6.
Die Energieversorgungssicherheit und der Übergang
zu einer CO2-armen Wirtschaft sollten bei der Anwendung der
EU-Finanzierungsinstrumente im Zeitraum 2014-2020 Vorrang haben, wobei
insbesondere vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, von der
Fazilität „Connecting Europe“, von „Horizont 2020“ und vom Europäischen
Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument Gebrauch gemacht werden sollte. Sie
sollten auch das Leitmotiv für den Einsatz von Instrumenten des auswärtigen
Handelns der EU sein; hierzu gehören zum Beispiel die
Nachbarschaftsinvestitionsfazilität, die Investitionsfazilität für die
westlichen Balkanstaaten, die Europäische Investitionsbank und die Europäische
Bank für Wiederaufbau und Entwicklung. 7.
Die nationalen Energiepolitiken müssen stärker
koordiniert werden, wenn glaubwürdig auf die Herausforderung der
Energieversorgungssicherheit reagiert werden soll. Nationale Entscheidungen über
den Energiemix oder die Energieinfrastruktur haben Auswirkungen auf andere
Mitgliedstaaten und die gesamte Union. Die Mitgliedstaaten sollten einander und
die Kommission bei der Festlegung ihrer langfristigen energiepolitischen
Strategien und bei der Ausarbeitung zwischenstaatlicher Abkommen mit
Drittstaaten besser informieren. Weitere Anstrengungen sind erforderlich, um
bessere Synergien zwischen den energiepolitischen und den außenpolitischen
Zielen zu erzielen und unseren Partnern gegenüber geschlossen aufzutreten. ___
Anhang 1: Abhängigkeit von
Erdgaslieferungen aus Russland
Horizontale Achse: Erdgasanteil (%) am Energiemix – Vertikale Achse: Anteil (%) des russischen Erdgases am nationalen Erdgasverbrauch - Größe der Kreise: Mengen an importiertem russischen Erdgas. Die Schätzungen beruhen auf vorläufigen Daten der Industrie für 2013 und schließen Erdgas ein, das von russischen Unternehmen gehandelt, jedoch nicht notwendigerweise in Russland gewonnen wurde.
Anhang 2: Status der für die Versorgungssicherheit
wichtigsten Infrastrukturvorhaben
Erdgasvorhaben A || Kurzfristige Projekte || (2014 – 2016) || # || Bezeichnung des Projekts || Einzelheiten || Abschluss bis Baltischer Gasmarkt 1 || LT: LNG-Tankschiff || (kein PCI). Stand: im Bau || Ende 2014 2 || Ausbau der Pipeline Klaipėda-Kiemėna || Steigerung der Kapazität der Verbindung von Klaipėda zur Verbindungsleitung LT-LV. Stand: UVP und technisches Design || 2017 Verbesserung der Gasversorgungsoptionen in Mittel- und Südosteuropa 1 || PL: LNG-Terminal || Terminal in Swinemünde (Świnoujście) und Anschlusspipeline (wegen der Ausgereiftheit kein PCI). Stand: im Bau || Ende 2014 2 || Verbindungsleitung EL-BG || Neue Verbindungsleitung zur Unterstützung der Diversifizierung und zur Lieferung von Gas aus dem Fördergebiet Shah Deniz nach Bulgarien. Stand: Genehmigungsverfahren läuft, UVP (Verzögerung von zwei Jahren) || 2016 3 || Gasflussumkehr EL-BG || Ständige Gasflussumkehr auf der vorhandenen Verbindungsleitung (Alternative/Ergänzung zur IGB). Stand: Vor-Machbarkeit || 2014 4 || BG: Speicherausbau || Erhöhung der Speicherkapazität in Chiren; Stand: Vor-Machbarkeit || 2017 5 || Gasflussumkehr HU-HR || Gasflussumkehr, um Gasflüsse aus Kroatien nach Ungarn zu ermöglichen. Stand: Machbarkeitsstudien. || 2015 6 || Gasflussumkehr HU-RO || Projekt soll Gasflüsse von Rumänien nach Ungarn ermöglichen. Stand: Machbarkeitsstudien. || 2016 7 || Verbindungsleitung BG-RS || Neue Verbindungsleitung zur Unterstützung der Versorgungssicherheit in Bulgarien und Serbien. Stand: UVP, Trassenführung, Finanzierung (Probleme mit der Entflechtung von Srbijagas für den Zugang zu Kapital) || 2016 8 || Verbindungsleitung SK-HU || Neue bidirektionale Pipeline. Stand: Bau || 2015 B || Mittelfristige Projekte || (2017 – 2020) || # || Bezeichnung des Projekts || Einzelheiten || Abschluss bis Baltischer Gasmarkt 1 || Verbindungsleitung PL-LT || Neue bidirektionale Pipeline (GIPL) zur Beendigung der Isolierung der baltischen Staaten. Stand: Machbarkeit/Front-End-Engineering-Design (FEED) || 2019 2 || Verbindungsleitung FI-EE || Neue bidirektionale Offshore-Pipeline („Balticconnector“). Stand: Vor-Machbarkeit, Genehmigungsverfahren läuft || 2019 3 || Baltisches LNG-Terminal || Neues LNG-Terminal mit noch festzulegendem Standort (EE/FI). Stand: Vor-Machbarkeit, Genehmigungsverfahren läuft || 2017 4 || Verbindungsleitung LV-LT || Ausbau der vorhandenen Verbindungsleitung (einschließlich Verdichterstation). Stand: Vor-Machbarkeit || 2020 Ermöglichung von Gasflüssen aus Spanien nach Norden 1 || „Verbindungsleitung“ Midcat ES-FR || Neue Verbindungsleitung (einschließlich Verdichter), um bidirektionale Gasflüsse[29] zwischen Frankreich und Spanien zu ermöglichen. Stand: Machbarkeitsstudie. || vorbehaltlich Bestätigung Projektcluster zur Verbesserung der Gasversorgungsoptionen in Mittel- und Südosteuropa 1 || Verbindungsleitung PL-CZ || Neue bidirektionale Pipeline zwischen der Tschechischen Republik und Polen. Stand: Machbarkeit/FEED, Genehmigungsverfahren läuft (CZ) || 2019 2 || Verbindungsleitung PL-SK[30] || Neue bidirektionale Pipeline zwischen der Tschechischen Republik und Polen. Stand: endgültige Investitionsentscheidung 2014 || 2019 3 || PL: Drei interne Pipelines und Verdichterstation || Interne Verstärkungen sind notwendig, um Einspeisepunkte an der Ostseeküste an die Verbindungsleitungen PL-SK und PL-CZ anzubinden. Stand: Vor-Machbarkeit || 2016-18 4 || (TANAP TR-EL) || Transanatolische Erdgasleitung, durch die Gas vom Kaspischen Meer über die Türkei in die EU gebracht und der südliche Gaskorridor geöffnet wird. Stand: Machbarkeit/endgültige Investitionsentscheidung || 2019 5 || TAP (EL-AL-IT) || EU-interner Abschnitt des südlichen Gaskorridors. Direkte Anbindung an die TANAP. Stand: Genehmigungsverfahren läuft || 2019 6 || IAP (AL-ME-HR) || Neuer Verbindungsleitungsabschnitt des Gasrings auf dem Balkan, der an die TAP angebunden ist. Stand: Machbarkeit/FEED || 2020 7 || HR: LNG-Terminal || Neues LNG-Terminal auf KrK zur Unterstützung der Versorgungssicherheit und der Diversifizierung in der Region. Stand: Machbarkeit/FEED (Finanzierungsprobleme) || 2019 8 || BG: internes Netz || Sanierung und Ausbau des für die regionale Integration benötigten Fernleitungsnetzes. Stand: Machbarkeit/FEED || 2017 (vorbehaltlich Bestätigung) 9 || RO: internes Netz und Gasflussumkehr in die UA || Integration des rumänischen Durchleitungs- und Fernleitungsnetzes und Gasflussumkehr in die Ukraine. Stand: Machbarkeitsstudie (rechtliche Probleme bei der Gasflussumkehr) || vorbehaltlich Bestätigung 10 || EL: Verdichterstation || Verdichterstation in Kipi, um die Anbindung an die TANAP und TAP zu ermöglichen. Stand: Genehmigungsverfahren läuft || 2019 11 || EL: LNG-Terminal Alexandroupolis || Neues LNG-Terminal in Nordgriechenland. Stand: Genehmigungsverfahren läuft || 2016[31] 12 || EL: LNG-Terminal in der Ägäis. || Neues schwimmendes LNG-Terminal in der Bucht von Kavala. Stand: Machbarkeit/FEED, Genehmigungsverfahren läuft || 2016[32] Stromvorhaben A || Kurzfristige Projekte || (2014 – 2016) || # || Bezeichnung des Projekts || Einzelheiten || Abschluss bis Beendigung der Isolation der baltischen Länder 1 || Nordbalt 1&2 || Verbindungsleitungen Schweden-Litauen (kein PCI) Stand: im Bau || 2015 2 || Verbindungsleitung LT-PL || Neue Verbindungsleitung und Gleichstrom-Kurzkupplungen; eine spätere Phase ist für 2020 geplant; in PL sind damit zusammenhängende Verstärkungen notwendig. Stand: im Bau || 2015 (erste Phase) B || Mittelfristige Projekte || (2017 – 2020) || # || Bezeichnung des Projekts || Einzelheiten || Abschluss bis Beendigung der Isolation der baltischen Länder 1 || Leitungen innerhalb von LV und SE || Ausbau der Kapazität auf der Verbindungsleitung LV-SE (Nordbalt). Stand: Machbarkeit/FEED || 2019 2 || Verbindungsleitung EE-LV || Herstellung der Verbindung und damit verbundene Verstärkungen in EE. Stand: Machbarkeit/FEED || 2020 3 || Synchronisierung von EE, LV, LT mit den kontinentaleuropäischen Netzen || Synchronisierung der baltischen Staaten. Stand: Machbarkeitsstudien. || 2020 (vorbehaltlich Bestätigung) Beendigung der Isolation der baltischen Länder 1 || Verbindungsleitung Frankreich – Spanien || Hochspannungs-Gleichstrom-Unterwasserverbindungsleitung zwischen der Aquitaine (FR) und dem Baskenland (ES) || 2020 (vorbehaltlich Bestätigung) [1] 23 % erneuerbare Energien und 27 % Kernenergie. [2] COM(2014) 15. [3] Mitteilung der Kommission „Für ein Wiedererstarken der
europäischen Industrie“ (COM(2014)14). [4] Eingerichtet durch die Verordnung (EU) Nr. 994/2010 über
Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Erdgasversorgung. [5] Richtlinie 2009/119/EG
des Rates vom 14. September 2009 zur Verpflichtung der
Mitgliedstaaten, Mindestvorräte an Erdöl und/oder Erdölerzeugnissen zu halten. [6] Verordnung (EU) Nr. 994/2010 des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 20. Oktober 2010 über Maßnahmen zur Gewährleistung
der sicheren Erdgasversorgung und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/67/EG
des Rates. [7] Auf diese Möglichkeit wurde in der gemeinsamen Erklärung
hingewiesen, die am 6. Mai 2014 auf der Tagung der G7-Energieminister
in Rom verabschiedet wurde. [8] Richtlinie 2008/114/EG des Rates vom
8. Dezember 2008 über die Ermittlung und Ausweisung europäischer
kritischer Infrastrukturen und die Bewertung der Notwendigkeit, ihren Schutz zu
verbessern. [9] Hauptsächlich für Raumheizung und Warmwasser. [10] Mitteilung der Kommission „Energiepreise und -kosten in Europa“,
S. 11. [11] Mindestens 12 %, 15 % oder 20 % der nationalen
Mittel des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) müssen in
weniger entwickelten Regionen, Übergangsregionen bzw. stärker entwickelten Regionen
der EU in die Förderung der Umstellung auf eine CO2-arme Wirtschaft
in allen Branchen investiert werden. Falls der Kohäsionsfonds (KF) für diese
Investitionen herangezogen wird, steigt der Anteil für weniger entwickelte
Regionen auf 15 %. [12] Das „Renovierungsdarlehen“ beispielsweise ist ein standardisiertes
handelsübliches Instrument auf der Grundlage eines Darlehensmodells mit
Risikoteilung. [13] Mitteilung der Kommission „Vollendung des Elektrizitätsbinnenmarktes
und optimale Nutzung staatlicher Interventionen“, C(2013) 7243 final. [14]Ein hervorragendes Beispiel für eine solche regionale Zusammenarbeit
war die Einführung der so genannten „Day-ahead-Marktkopplung“ durch die
Netzbetreiber und Strombörsen aus sechzehn Mitgliedstaaten Anfang 2014. [15] Leitlinien der Kommission „Streamlining environmental
assessment procedures for energy infrastructure and Projects of Common
interest“ (Straffung der Verfahren für die Umweltverträglichkeitsprüfung von
Energieinfrastrukturen und Vorhaben von gemeinsamem Interesse) und für
Umweltverträglichkeitsprüfungen für groß angelegte grenzüberschreitende
Projekte. [16] Insbesondere unter Berücksichtigung der Ergebnisse der derzeit
stattfindenden Überprüfung des Sektors. [17] Verkehrsweißbuch 2011 „Fahrplan zu einem einheitlichen
europäischen Verkehrsraum – Hin zu einem wettbewerbsorientierten und
ressourcenschonenden Verkehrssystem“, KOM(2011) 144 endgültig. [18] COM(2013) 17 final. [19] CBCA = cross-border cost allocation (grenzüberschreitende
Kostenallokation). [20] Zwischen 2001 und 2012 ist die Energieproduktion in der EU insgesamt
um 15 % gesunken. [21] Mitteilung der Kommission „Vollendung des Elektrizitätsbinnenmarkts und
optimale Nutzung staatlicher Interventionen“, C(2013) 7243. [22] Richtlinie 2013/30/EU. [23] JRC-Studie über nicht konventionelles Gas und seine potenziellen
Auswirkungen auf den Energiemarkt in der EU (EUR25305 EN). [24] Mitteilung und Empfehlung der Kommission über die Exploration und
Förderung von Kohlenwasserstoffen (z. B. Schiefergas) durch
Hochvolumen-Hydrofracking in der EU (COM(2014) 23 final und
Empfehlung 2014/70/EU vom 22. Januar 2014). [25]
http://ec.europa.eu/environment/eia/pdf/PCI_guidance.pdf und
http://ec.europa.eu/environment/eia/pdf/Transboundry%20EIA%20Guide.pdf [26] Trends in der EU in den Bereichen Energie, Verkehr und
Treibhausgasemissionen bis 2050 – Referenzszenario 2013 - Europäische
Kommission. [27] Bericht der Kommission über die Umsetzung der Mitteilung zur
Energieversorgungssicherheit und internationalen Zusammenarbeit sowie der
Schlussfolgerungen des Rates „Energie“ vom November 2011
(COM(2013) 638). [28] Bericht des Rates vom 12. Dezember 2013: „Maßnahmen im
Anschluss an die Tagung des Europäischen Rates vom 22. Mai 2013:
Überprüfung der Entwicklungen im Bereich der externen Dimension der
Energiepolitik der EU“. [29] Gasflüsse von Spanien nach Frankreich im Fall eines
Versorgungsengpasses in West- und Mitteleuropa. Gasflüsse von Spanien nach
Frankreich, um hohen Gaspreisen in Spanien entgegenzuwirken. Die „Artère du
Rhône“ muss ebenfalls verstärkt werden. [30] Diese beiden Verbindungsleitungen (PL-CZ und PL-SK) werden
Gasflüsse zwischen der Ostsee und der Adria ermöglichen, aber auch Gas aus
DE-NL-NO könnte durch sie transportiert werden und auf diese Weise die
Versorgungssicherheit in ganz (Süd-)Osteuropa erheblich verbessern. [31] Laut Angaben der Projektträger. Mit einer Inbetriebnahme ist eher
nach 2017 zu rechnen. [32] Wie oben.