52014DC0038

BERICHT DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT über die Korruptionsbekämpfung in der EU /* COM/2014/038 final */


I. Einleitung

1. Politischer Hintergrund und Ziele des Berichts

Korruption fügt der Wirtschaft und der Gesellschaft als Ganzes erheblichen Schaden zu. Zahlreiche Länder weltweit leiden unter einer tief verwurzelten Korruption, die die wirtschaftliche Entwicklung behindert, die Demokratie schwächt und der sozialen Gerechtigkeit sowie der Rechtsstaatlichkeit schadet. Auch die EU-Mitgliedstaaten sind dagegen nicht immun. Die Korruption ist von ihrer Art und ihrem Umfang her zwar von Land zu Land unterschiedlich ausgeprägt, betrifft jedoch alle Mitgliedstaaten. Sie stellt ein Problem für die verantwortungsvolle Staatsführung, den sparsamen Umgang mit öffentlichen Geldern und für wettbewerbsfähige Märkte dar. Im Extremfall erschüttert sie das Vertrauen der Bürger in demokratische Institutionen und Verfahren.

Der vorliegende Bericht enthält eine Analyse der Korruption in den EU-Mitgliedstaaten sowie der jeweiligen Präventions- und Abhilfemaßnahmen. Auf dieser Grundlage soll eine Diskussion zwischen der Kommission, den Mitgliedstaaten, dem Europäischen Parlament und anderen Interessenvertretern angestoßen werden mit dem Ziel, die Antikorruptionsarbeit zu unterstützen und Wege aufzuzeigen, wie die EU ihren Beitrag dazu leisten kann.

In den EU-Mitgliedstaaten sind die erforderlichen Rechtsinstrumente und Einrichtungen zur Vorbeugung und Bekämpfung von Korruption zwar weitgehend vorhanden, doch sind die Ergebnisse EU-weit nicht zufriedenstellend. Vorschriften zur Korruptionsbekämpfung werden nicht immer konsequent angewandt, systemische Probleme nicht wirksam behoben, und die zuständigen Stellen verfügen nicht immer über ausreichende Kapazitäten, um die Vorschriften effektiv durchsetzen zu können. Die konkreten Ergebnisse sind nach wie vor zu weit von den erklärten Absichten entfernt. Auch scheint häufig der echte politische Wille zu fehlen, die Korruption vollständig auszumerzen.

Damit die EU einen Beitrag zu dieser Problematik leisten kann, hat die Kommission im Juni 2011 die Mitteilung über die Korruptionsbekämpfung in der EU[1] herausgegeben, in der sie die Erstellung eines Korruptionsbekämpfungsberichts der EU ankündigte. Auf der Grundlage dieses Berichts sollen die Bemühungen der Mitgliedstaaten in diesem Bereich verfolgt und bewertet werden, um ein stärkeres politisches Engagement für eine wirksame Korruptionsbekämpfung zu erreichen. Der vorliegende Bericht ist der erste dieser Art. Weitere Berichte sollen alle zwei Jahre folgen.

Im Einklang mit internationalen Rechtsinstrumenten[2] ist der Begriff der Korruption im vorliegenden Bericht weit definiert, d. h. er umfasst jeglichen Machtmissbrauch zur Erlangung privater Vorteile. Im Bericht wird daher auf spezifische Korruptionshandlungen und auf diejenigen Maßnahmen eingegangen, die die Mitgliedstaaten speziell zur Verhütung oder Ahndung von Korruption im Sinne der geltenden Rechtsvorschriften ergreifen. Darüber hinaus werden auch verschiedene Bereiche und Maßnahmen erwähnt, die sich auf das Korruptionsrisiko und die Möglichkeit, dieses zu begrenzen, auswirken.

Der Bericht konzentriert sich auf ausgewählte Schwerpunkte, die für die einzelnen Mitgliedstaaten von besonderer Bedeutung sind. Ferner werden bewährte Verfahren vorgestellt, Schwachstellen aufgezeigt und Maßnahmen beschrieben, die den Mitgliedstaaten eine wirksamere Bekämpfung der Korruption ermöglichen sollen. Der Kommission ist bewusst, dass einige dieser Themen ausschließlich in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen. Es liegt jedoch im Interesse der gesamten Union, dafür zu sorgen, dass alle Mitgliedstaaten über wirksame Antikorruptionsstrategien verfügen und dass die EU die Mitgliedstaaten bei dieser Arbeit unterstützt. Mit dem Bericht sollen daher EU-weit hohe Standards für die Korruptionsbekämpfung gefördert werden. Indem der Bericht die Probleme – und bewährten Verfahren – innerhalb der EU herausstellt, verleiht er auch den Bemühungen der EU Glaubwürdigkeit, sich anderswo für solche Standards einzusetzen.

Korruption ist ein vielschichtiges Phänomen mit wirtschaftlichen, sozialen, politischen und kulturellen Ausprägungen, die nicht einfach zu beseitigen sind. Eine Patentlösung gibt es nicht. Eine wirksame Strategie darf sich also nicht auf ein Repertoire an Standardmaßnahmen beschränken. Im Bericht wird die Korruptionsproblematik daher im nationalen Kontext jedes Mitgliedstaats analysiert und aufgezeigt, wie die einzelnen Mitgliedstaaten die wichtigsten Problembereiche im eigenen Land angehen können.

Weitere Erläuterungen zur Methodik des Berichts finden sich im Anhang.

Der politische Kontext

Die Finanzkrise hat den Druck auf die EU-Bürger und ihre Regierungen weiter erhöht. Angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen Probleme inner- und außerhalb Europas bedarf es besserer Garantien in Bezug auf die Integrität und die Transparenz der öffentlichen Ausgaben. Die Bürger erwarten, dass die EU die Mitgliedstaaten darin unterstützt, die legale Wirtschaft gegen organisiertes Verbrechen, Finanz- und Steuerbetrug, Geldwäsche und Korruption zu schützen – gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise und knapper Haushaltsmittel. Allein die Korruption kostet die EU-Wirtschaft jedes Jahr schätzungsweise 120 Mrd. EUR – nur etwas weniger als der jährliche Haushalt der Europäischen Union.[3]

Europa 2020 ist die EU-Wachstumsstrategie für dieses Jahrzehnt: Mit ihr sollen eine intelligente, nachhaltige und integrative Wirtschaft geschaffen und die EU und ihre Mitgliedstaaten bei ihren Bemühungen unterstützt werden, für ein hohes Beschäftigungsniveau, Produktivität und sozialen Zusammenhalt zu sorgen. Untersuchungen zufolge hängt der Erfolg der Strategie Europa 2020 auch von institutionellen Faktoren wie einer verantwortungsvollen Staatsführung, der Rechtsstaatlichkeit und der Korruptionsbekämpfung ab.[4] Die Bekämpfung der Korruption trägt dazu bei, die Wettbewerbsfähigkeit der EU in der Welt zu sichern. Im Rahmen des Europäischen Semesters wurde daher in Bezug auf eine Reihe von Mitgliedstaaten auf Antikorruptionsmaßnahmen eingegangen. In diesem jährlichen Zyklus der wirtschaftspolitischen Steuerung werden die Wirtschafts- und Strukturreformprogramme der Mitgliedstaaten eingehend analysiert und länderspezifische Empfehlungen abgegeben. Ganz allgemein können die Korruptionsrisiken durch eine effizientere öffentliche Verwaltung verringert werden, insbesondere wenn gleichzeitig die Transparenz erhöht wird. In ihrer Mitteilung „Für ein Wiedererstarken der europäischen Industrie‟ vom Januar 2014 weist die Kommission daher ausdrücklich darauf hin, dass eine gute öffentliche Verwaltung für die Wachstumsstrategie der EU von großer Bedeutung ist.[5]

Aufbau des Berichts

Der Korruptionsbekämpfungsbericht der EU bezieht alle 28 EU-Mitgliedstaaten ein. Er ist wie folgt aufgebaut:

Einleitung: politischer Hintergrund und Ziele. Ergebnisse der Eurobarometer-Erhebungen 2013 über die Korruptionswahrnehmung und Erfahrungen mit der Korruption. Allgemeiner Teil: Beschreibung der EU-weiten Trends im Bereich der Korruption. Dieser Teil liefert eine Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse. Die Schlussfolgerungen und Empfehlungen für künftige Maßnahmen in den einzelnen Mitgliedstaaten finden sich (ausschließlich) in den jeweiligen Länderkapiteln. Thematischer Teil: Analyse eines Querschnittsthemas, das auf EU-Ebene besonders wichtig ist. Im Mittelpunkt dieses ersten Berichts steht die öffentliche Auftragsvergabe, die auf EU-Ebene umfassend geregelt und für den Binnenmarkt von entscheidender Bedeutung ist. Sie ist besonders korruptionsanfällig. Der thematische Teil befasst sich daher mit der Korruption und den Korruptionsbekämpfungsmaßnahmen im nationalen Beschaffungswesen. Anhang zur Methodik: Beschreibung der vorbereitenden Arbeiten für den Bericht, der gewählten Methodik und ihrer Grenzen. Länderkapitel zu allen 28 Mitgliedstaaten: Diese Kapitel enthalten keine umfassende Beschreibung der korruptionsbezogenen Themen und Korruptionsbekämpfungsmaßnahmen. Vielmehr wird auf ausgewählte Schwerpunkte hingewiesen, die bei der Bewertung jedes einzelnen Landes unter angemessener Berücksichtigung des nationalen Kontexts ermittelt wurden.

a) Einführung mit einem Überblick über die allgemeine Korruptionssituation: Hier werden ausgewählte Indikatoren, u. a. in Bezug auf die Wahrnehmung, sowie Fakten, Trends, Herausforderungen und Entwicklungen in den Bereichen Korruption und Korruptionsbekämpfung vorgestellt.

b) Untersuchungsschwerpunkte: Für jedes Land werden mehrere Problembereiche genannt und analysiert. Zwar werden vorrangig Schwachstellen und verbesserungsbedürftige Bereiche behandelt, jedoch ist die Analyse vorwärts gerichtet und zeigt Pläne und Maßnahmen auf, die in die richtige Richtung weisen, sowie Themen, die weiterer Aufmerksamkeit bedürfen. Es werden bewährte Verfahren herausgestellt, die anderen als Beispiel dienen können. Das Themenspektrum beschränkt sich nicht allein auf die im thematischen Teil erörterten Aspekte (öffentliche Auftragsvergabe). Einige Länderkapitel umfassen allerdings eine gesonderte Analyse zur öffentlichen Auftragsvergabe. Dies ist bei den Ländern der Fall, in denen in diesem Bereich erhebliche Probleme festgestellt wurden.

Die Auswahl der Untersuchungsschwerpunkte in den einzelnen Länderkapiteln basiert auf folgenden Überlegungen:

· Schwere und Auswirkung des Problems im Verhältnis zu anderen Problemen im Land, die mit der Korruption in Zusammenhang stehen;

· Ausmaß der möglichen Auswirkungen auf weitere Politikbereiche (z. B. größere Schlupflöcher in der Überwachung der öffentlichen Auftragsvergabe, die ein erhebliches Risiko für die Veruntreuung öffentlicher Gelder darstellen), sowie

· die Fähigkeit, konstruktive und konkrete Maßnahmen für die Zukunft aufzuzeigen.

Ausblick und Follow-up

Die in den Länderkapiteln herausgestellten Aspekte, die weiterer Aufmerksamkeit bedürfen, spiegeln die Bemühungen der Kommission wider, wichtige offene Fragen im Bereich der Korruptionsprävention und -bekämpfung anzugehen und hierfür Maßnahmen zu ermitteln, die einen Mehrwert bieten. Diese Maßnahmen sind auf den jeweiligen Hintergrund und die Bedürfnisse der einzelnen Länder zugeschnitten. Sie sind konkret und zielgerichtet, ohne jedoch zu sehr ins Detail zu gehen, und darauf ausgelegt, vor Ort spürbare Veränderungen zu bewirken. Der Bericht stützt sich – so vorhanden – auch auf Empfehlungen, die bereits von anderen Berichtsmechanismen zur Korruptionsbekämpfung (insbesondere von der Europarats-Gruppe der Staaten gegen Korruption GRECO und der OECD), formuliert worden sind, von den Mitgliedstaaten aber noch nicht vollständig berücksichtigt wurden.

Als Follow-up zu dem Bericht möchte sich die Kommission an einer konstruktiven und zukunftsgerichteten Diskussion beteiligen, wie dem Problem der Korruption am besten beizukommen ist, insbesondere mit Blick auf die von ihr ermittelten Aspekte, die besonderer Aufmerksamkeit bedürfen. Die Kommission hofft auf eine breite Diskussion über Antikorruptionsmaßnahmen, an der sowohl die Mitgliedstaaten, das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente als auch der private Sektor und die Zivilgesellschaft mitwirken, und möchte sich aktiv in die Diskussionen sowohl auf nationaler auch auf EU-Ebene einbringen.

Ferner beabsichtigt die Kommission, für die Mitgliedstaaten, lokale NRO und andere Beteiligte ein Programm für den Erfahrungsaustausch einzurichten, um bewährte Verfahren zu ermitteln, Schwachstellen in den Antikorruptionsstrategien zu beseitigen, die Sensibilisierung für das Thema zu fördern und Schulungen bereitzustellen. Diese Bemühungen sollten den im Bericht aufgezeigten Aspekte, die besonderer Aufmerksamkeit bedürfen, Rechnung tragen und Folgemaßnahmen erleichtern. Das Programm für den gegenseitigen Erfahrungsaustausch soll nach Annahme des Berichts auf den Weg gebracht werden. Dabei sollen sowohl das eingegangene Feedback als auch die mit den beteiligten Interessenvertretern geführten Diskussionen über die spezifischen Bedürfnisse, die mit dem Programm erfüllt werden sollen, berücksichtigt werden.

Die Kommission wird das Feedback auf diesen ersten Bericht sorgfältig analysieren, mögliche Lücken und Fehler erörtern und für den zweiten Bericht die entsprechenden Lehren ziehen. Dabei soll auch die Methodik überarbeitet und die Möglichkeit der Entwicklung neuer Korruptionsindikatoren geprüft werden.

Die künftigen Arbeiten werden sich unter anderem damit befassen, inwieweit die in diesem ersten Bericht vorgeschlagenen Maßnahmen umgesetzt wurden, und eine Bilanz des Programms für den Erfahrungsaustausch ziehen.

II. Ergebnisse der Eurobarometer-Erhebung über die Korruptionswahrnehmung und Erfahrungen mit der Korruption

Zur Vorbereitung des Korruptionsbekämpfungsberichts der EU wurden Anfang 2013 zwei Eurobarometer-Umfragen durchgeführt: 1) eine Eurobarometer-Sondererhebung („Special Eurobarometer“)[6] und 2) eine an Unternehmen gerichtete Eurobarometer-Kurzumfrage („Flash Eurobarometer“)[7]. Bei den meisten Ländern deckt sich das Ranking des von Transparency International veröffentlichten Korruptionswahrnehmungsindex[8] („corruption perception index“ - CPI) mit den Antworten der Umfrageteilnehmer.

In der Eurobarometer-Sondererhebung wurden zwei Aspekte untersucht: einerseits die allgemeine Wahrnehmung der Verbreitung von Korruption, andererseits die persönliche Erfahrung mit Bestechung (d. h. ob von den Umfrageteilnehmern schon einmal Bestechungsgelder erwartet worden waren). Aus den Ergebnissen geht hervor, dass sich die Situation in den einzelnen Mitgliedstaaten recht unterschiedlich darstellt.

Die Antworten bestätigen eine niedrige Korruptionswahrnehmung und eine geringe Erfahrung mit Bestechung in Dänemark, Finnland, Luxemburg und Schweden. Nur wenige Teilnehmer aus diesen Ländern gaben an, von ihnen sei die Zahlung eines Bestechungsgelds erwartet worden (weniger als 1 %). Auch liegt in diesen Ländern die Zahl der Personen, die die Korruption für weit verbreitet halten (20 %, 29 %, 42 % bzw. 44 %), deutlich unter dem EU-Durchschnitt. Im Vereinigten Königreich gaben nur fünf der 1115 Befragten an, von ihnen seien Bestechungsgelder erwartet worden (weniger als 1 %), was europaweit das beste Ergebnis darstellt. Den Daten zur Wahrnehmung zufolge halten jedoch 64 % der Befragten aus dem Vereinigten Königreich die Korruption in ihrem Land für weit verbreitet (der EU-Durchschnitt liegt bei 74 %).

In Ländern wie Deutschland, den Niederlanden, Belgien, Estland und Frankreich gehen zwar mehr als die Hälfte der Befragten davon aus, dass Korruption ein weit verbreitetes Phänomen ist, jedoch gaben nur wenige Personen an, dass sie schon einmal ein Bestechungsgeld zahlen mussten (rund 2 %). Diese Länder schneiden auch laut dem Transparency-International-Index gut ab. Bei Österreich fielen die Ergebnisse ähnlich aus wie in dieser Gruppe, nur dass hier etwas mehr Befragte (5 %) angaben, von ihnen seien Bestechungsgelder erwartet worden.

In einigen Ländern, u. a. in Ungarn (13 %), in der Slowakei (14 %) und in Polen (15 %), gaben relativ viele der Befragten an, persönlich Erfahrung mit Bestechung gemacht zu haben, wobei sich diese Fälle klar auf eine begrenzte Anzahl von Sektoren konzentrierten. In diesen Ländern konzentrierte sich die Bestechung auf einen Sektor – und zwar auf das Gesundheitswesen. Strukturelle Probleme im Gesundheitswesen bieten bekanntermaßen einen Anreiz für die Bestechung des medizinischen Personals. In allen genannten Ländern zeigen die ausführlichen Antworten, dass das Gesundheitswesen von den meisten Befragten am häufigsten genannt wird, während die anderen Einrichtungen und Sektoren (z. B. Polizei, Zoll, Politik, Staatsanwaltschaft) von weniger als 1 % der Befragten angeführt werden. In diesen Ländern wird Korruption im weiteren Sinne als weit verbreitet angesehen (82 % in Polen, 89 % in Ungarn und 90 % in der Slowakei).

In manchen Ländern, u. a. in Portugal, Slowenien, Spanien und Italien, scheint Bestechung selten vorzukommen, Korruption im weiteren Sinne stellt jedoch ein ernsthaftes Problem dar: So gaben relativ wenige der Befragten an, dass jemand innerhalb der letzten 12 Monate von ihnen Bestechungsgelder verlangt oder erwartet habe. Zwar haben offensichtlich wenige der Befragten persönlich Erfahrung mit Bestechung gemacht (1-3 %), jedoch ist die Wahrnehmung so stark durch die jüngsten politischen Skandale und die Finanz- und Wirtschaftskrise beeinflusst, dass die allgemeine Korruptionswahrnehmung hoch ist (90, 91, 95 bzw. 97 %).

Zu den Ländern, die sowohl hinsichtlich der Korruptionswahrnehmung als auch der tatsächlichen Erfahrung mit Korruption schlecht abschneiden, zählen Kroatien, die Tschechische Republik, Litauen, Bulgarien, Rumänien und Griechenland. In diesen Ländern gaben zwischen 6 % und 29 % der Befragten an, dass jemand innerhalb der letzten 12 Monate von ihnen Bestechungsgelder erwartet habe. Zwischen 84 % und 99 % der Befragten halten Bestechung in ihrem Land für weit verbreitet. Kroatien und die Tschechische Republik schneiden hierbei etwas besser ab als die übrigen Länder derselben Gruppe.

Die oben nicht genannten Länder (Lettland, Malta, Irland und Zypern) weichen bei keinem der oben angeführten Aspekte erheblich vom EU-Durchschnitt ab.

Auf europäischer Ebene sind drei Viertel der Befragten (76 %) der Ansicht, Korruption sei in ihrem Land weit verbreitet. Die Länder, in denen die Befragten die Korruption am ehesten als weit verbreitetes Problem ansehen, sind Griechenland (99 %), Italien (97 %), Litauen, Spanien und die Tschechische Republik (jeweils 95 %). Ein Viertel der Europäer (26 %) ist der Ansicht, dass sie in ihrem Alltag persönlich von Korruption betroffen sind (zum Vergleich: 29 % in der Eurobarometer-Erhebung von 2011). Am ehesten tendieren die Befragten in Spanien und Griechenland (jeweils 63 %), Zypern und Rumänien (jeweils 57 %) sowie Kroatien (55 %) zu dieser Einschätzung, am seltensten die Befragten in Dänemark (3 %), Frankreich und Deutschland (jeweils 6 %). Rund jeder zwölfte Europäer (8 %) gibt an, in den letzten zwölf Monaten Zeuge von Korruption geworden oder selbst von Korruption betroffen gewesen zu sein. Am ehesten tendieren zu dieser Einschätzung die Befragten in Litauen (25 %), in der Slowakei (21 %) und in Polen (16 %), am seltensten die Befragten in Finnland und Dänemark (jeweils 3 %), in Malta und im Vereinigten Königreich (jeweils 4 %).

Rund drei Viertel der Europäer (73 %) sind der Ansicht, dass Bestechungen und Beziehungen häufig die einfachste Art und Weise sind, im eigenen Land an bestimmte öffentliche Dienstleistungen zu kommen. Am weitesten verbreitet ist diese Ansicht in Griechenland (93 %), in Zypern (92 %), in der Slowakei und in Kroatien (jeweils 89 %). Ähnlich wie im Jahr 2011 sind rund zwei Drittel der Europäer (67 %) der Auffassung, dass die Finanzierung politischer Parteien zu intransparent ist und unzureichend überwacht wird. Zu dieser Einschätzung tendieren am ehesten die Befragten in Spanien (87 %), Griechenland (86 %) und in der Tschechischen Republik (81 %), am seltensten die Befragten in Dänemark (47 %), im Vereinigten Königreich (54 %) sowie in Schweden (55 %) und Finnland (56 %). Weniger als ein Viertel der Europäer (23 %) sind der Auffassung, dass ihre Regierung wirksame Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung ergreift. Rund ein Viertel der Befragten (26 %) ist der Meinung, dass die Strafverfolgung in ihrem Land genügend Wirkung zeigt, um vor Korruptionspraktiken abzuschrecken.

Bei der an Unternehmen gerichteten Erhebung (Flash Eurobarometer) zeigen die länderspezifischen Ergebnisse erhebliche Abweichungen: einen Unterschied von 89 Prozentpunkten zwischen der höchsten (Griechenland: 99 %) und der niedrigsten (Dänemark: 10 %) Korruptionswahrnehmung. (Zum gleichen Ergebnis gelangt die oben genannte Eurobarometer-Sondererhebung: Hier reicht die Bandbreite von 20 % bis 99 %.) In Griechenland waren alle bis auf einen Umfrageteilnehmer der Ansicht, dass die Korruption in ihrem Land weit verbreitet ist.

Auf europäischer Ebene sind mehr als vierzig Prozent der Unternehmen der Ansicht, dass die Korruption ein Problem für ihre Geschäftstätigkeit darstellt. Gleiches gilt für das Thema Mäzenatentum und Vetternwirtschaft. Bei der Frage, ob Korruption ein Problem für die Geschäftstätigkeit darstellt, gaben 50 % der Unternehmen aus dem Bausektor und 33 % der IT-/Telekommunikationsunternehmen an, dass es sich um ein sehr ernstes Problem handle. Je kleiner das Unternehmen, desto häufiger scheint Korruption und Mäzenatentum ein Problem für die Geschäftstätigkeit zu sein. Korruption wird am häufigsten von Unternehmen in der Tschechischen Republik (71 %), in Portugal (68 %) sowie in Griechenland und der Slowakei (jeweils 66 %) als problematisch angesehen.

III. Wichtigste Erkenntnisse des Berichts

Aus den einzelnen Länderanalysen geht hervor, dass die Probleme, die mit der Korruption in Zusammenhang stehen, sehr unterschiedlich sind. Dies gilt auch für die Korruptionskontrollmechanismen, von denen sich einige als wirksam, andere aber als unwirksam erwiesen haben. Dennoch sind EU-weit oder innerhalb bestimmter Gruppen von Mitgliedstaaten einige Gemeinsamkeiten festzustellen. Die Länderanalysen zeigen, dass die öffentliche Auftragsvergabe in den Mitgliedstaaten zu den korruptionsanfälligsten Bereichen zählt, was sowohl auf unzureichende Kontrollmechanismen als auch auf ein mangelhaftes Risikomanagement zurückzuführen ist. Der folgende Abschnitt enthält eine Bewertung der Korruptionsrisiken, wobei sowohl positive als auch negative Praktiken bei der öffentlichen Auftragsvergabe untersucht werden.

Die vorliegende Zusammenfassung liefert einen Überblick über die Schwerpunktthemen, auf die in den länderspezifischen Kapiteln noch detaillierter eingegangen wird. Sie ist in vier Themenbereiche gegliedert (A. Politische Dimension, B. Kontrollmechanismen und Prävention, C. Repression, D. Risikobereiche), wobei es aufgrund der Komplexität der untersuchten Aspekte mitunter Überschneidungen geben kann. Detailliertere Hintergrundinformationen und Analysen finden sich in den Länderkapiteln.

A. Politische Dimension

Priorisierung von Antikorruptionsstrategien

In den meisten Mitgliedstaaten haben Antikorruptionsstrategien auf der politischen Agenda mehr Sichtbarkeit erlangt. Durch die Finanzkrise wurden Fragen der Integrität sowie die Rechenschaftspflicht der Entscheidungsträger stärker ins Blickfeld gerückt. Die meisten Mitgliedstaaten mit erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten haben den Ernst der Lage erkannt und Korruptionsbekämpfungsprogramme entwickelt (oder in die Wege geleitet), um die bestehenden Risiken, u. a. für die Veruntreuung öffentlicher Gelder, zu senken. In einigen Mitgliedstaaten enthalten die wirtschaftlichen Anpassungsprogramme konkrete Vorgaben in Bezug auf Antikorruptionsstrategien. Aber auch wenn eine Antikorruptionsstrategie nicht formal an ein Anpassungsprogramm geknüpft ist, ergänzt sie die Anpassungsmaßnahmen – insbesondere in Ländern, in denen die Korruption ein ernstes Problem darstellt. Auch im Rahmen des Europäischen Semesters der wirtschaftspolitischen Steuerung wurden Empfehlungen zur wirksamen Korruptionsbekämpfung abgegeben.

Dieser Bericht beruht nicht auf der Annahme, dass übergreifende Antikorruptionsstrategien für die Vorbeugung und Bekämpfung von Korruption unerlässlich sind. Die Tatsache jedoch, dass es in einigen Mitgliedstaaten mit systemimmanenten Korruptionsproblemen seit langem keine umfassende Antikorruptionsstrategien gibt, ist kritisch zu beurteilen, da sich Probleme dieser Art nur durch ein umfassendes und koordinierten Vorgehen auf zentraler Ebene bewältigen lassen. In einigen dieser Mitgliedstaaten wurde kürzlich eine nationale Antikorruptionsstrategie eingeführt, in anderen hingegen gibt es eine derartige Strategie noch nicht. Als positive Schritte sind die von einigen Mitgliedstaaten angenommenen Antikorruptionsstrategien zu sehen. Sie beruhen auf Folgenabschätzungen früherer strategischer Programme, zu denen vorab eine öffentliche Konsultation erfolgt war und an denen Vertreter der Zivilgesellschaft wie auch eine Reihe öffentlicher und unabhängiger Einrichtungen in den Bereichen Rechtsdurchsetzung und Überwachung mitgewirkt haben. Hierbei gilt es jedoch zu bedenken, dass die Implementierungsphase noch nicht abgeschlossen ist und die endgültigen Ergebnisse ausstehen.

Die meisten Mitgliedstaaten, in denen sich die Korruptionsbekämpfung besonders schwierig gestaltet, haben komplexe und differenzierte rechtliche und institutionelle Regelungen sowie zahlreiche zielgerichtete Strategien oder Programme geschaffen. Diese Maßnahmen alleine führen aber nicht zwangsläufig zu greifbaren Ergebnissen. In anderen Mitgliedstaaten hingegen, in denen entsprechende Rechtsvorschriften oder strategische Programme fehlen, konnte die Korruption durch Präventionssysteme, Praktiken und Gepflogenheiten, nach denen Erbringer und Empfänger öffentlicher Dienstleistungen verfahren, oder in einigen Fällen durch hohe Transparenzstandards, deutlich eingedämmt werden.

Politische Rechenschaftspflicht

Bei den sozialen Protesten, zu denen es aufgrund der Krise kam, standen nicht nur die Wirtschafts- und Sozialpolitik im Mittelpunkt, sondern auch die Integrität und Rechenschaftspflicht der politischen Entscheidungsträger. Prominente Skandale, bei denen es um Korruption, die Veruntreuung öffentlicher Gelder oder unmoralisches Verhalten von Politikern ging, haben zum Unmut der Öffentlichkeit und zum Misstrauen in das politische System beigetragen.

Integrität in der Politik ist für viele Mitgliedstaaten ein heikles Thema. Verhaltenskodizes für politische Parteien oder gewählte Versammlungen auf zentraler oder lokaler Ebene sind eher die Ausnahme als die Regel. Doch auch wenn es derartige Kodizes gibt, mangelt es häufig an einem wirksamen Überwachungsmechanismus oder klaren Sanktionen; nur selten werden abschreckende Strafen verhängt. Die unzureichende Rechenschaftspflicht hat teils gar den Eindruck erweckt, das Fehlverhalten politischer Entscheidungsträger bliebe praktisch immer ungestraft.

In manchen Mitgliedstaaten herrscht nicht nur Sorge darüber, dass das Misstrauen der Öffentlichkeit wächst – auch das internationale Ansehen steht auf dem Spiel. Dies hat zur Folge, dass die Mitgliedstaaten der Korruptionsbekämpfung nun weit größere Bedeutung beimessen und einschneidende Maßnahmen veranlassen oder radikale Reformen ankündigen.

In einigen Mitgliedstaaten wurde die Berücksichtigung der Parteizugehörigkeit bei Stellenbesetzungen im mittleren Management und in niedrigeren Positionen in der öffentlichen Verwaltung auf zentraler oder regionaler/lokaler Ebene als ernsthaftes Problem angeführt. Derartige Praktiken erhöhen das Risiko für Korruption und Interessenkonflikte, schwächen Kontrollmechanismen und beeinträchtigen die Glaubwürdigkeit der öffentlichen Verwaltung insgesamt.

Strafrechtliche Verantwortung gewählter Amtsträger

Ein grundlegendes Problem der Antikorruptionsstrategien ist, dass es auf EU-Ebene keine einheitliche Definition des Begriffs „Amtsträger“ gibt, die auch gewählte Amtsträger mit einschließt. Die Kommission hat 2012 einen Vorschlag für eine Richtlinie über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Europäischen Union gerichtetem Betrug[9] vorgelegt, der eine Definition dieses Begriffs umfasst, die auch Personen mit einem gesetzgebenden Amt einschließt. Bei den Verhandlungen im Rat[10] und im Europäischen Parlament[11] über die vorgeschlagene Richtlinie mangelt es allerdings an Unterstützung für die vorgeschlagene Definition, der zufolge die Korruption durch gewählte Amtsträger strafbar sein soll. Nach Ansicht der Kommission bedarf es einer klaren Harmonisierung der strafrechtlichen Verantwortung gewählter Amtsträger für Korruptionsdelikte.

Parteienfinanzierung

Eines der grundlegenden Themen, das sich erfahrungsgemäß auf die Korruption auswirkt, ist die Parteienfinanzierung. In die jüngsten großen Korruptionsfälle, bei denen es um illegale Parteienfinanzierung ging, waren Politiker einiger Mitgliedstaaten involviert. Stimmenkauf und andere Formen unzulässiger Beeinflussung der Wählerschaft wurden aus mehreren Mitgliedstaaten berichtet.

Die Evaluierungen der GRECO zum Thema Parteienfinanzierung hatten spürbare Auswirkungen auf die Reform des einschlägigen rechtlichen und – in gewissem Umfang – institutionellen Rahmens. Bis auf einige Ausnahmen haben die meisten Mitgliedstaaten ihre Rechtsvorschriften über die Parteienfinanzierung kürzlich überarbeitet und die Transparenzstandards verschärft, u. a. im Hinblick auf Spenden. In zwei Mitgliedstaaten gibt es keine Beschränkungen für anonyme Spenden. In einem dieser Mitgliedstaaten ist die Offenlegung der Parteikonten nicht vorgeschrieben. Die wichtigsten politischen Parteien haben jedoch eine freiwillige Vereinbarung unterzeichnet, um finanzielle Transparenz zu gewährleisten. Ferner sollen die Rechtsvorschriften über die Parteienfinanzierung entsprechend den GRECO-Empfehlungen geändert werden. Der andere Mitgliedstaat hat nicht vermeldet, dass er seine Rechtsvorschriften im Hinblick auf die GRECO-Empfehlungen weiter anzupassen gedenkt. Ein weiterer Mitgliedstaat hat seine Rechtsvorschriften zur Parteienfinanzierung kürzlich überarbeitet, jedoch gibt es weiterhin Schlupflöcher im Hinblick auf Spendenobergrenzen, Regelungen über das Sponsoring durch staatseigene Unternehmen, Überwachungsmechanismen und Sanktionsbefugnisse.

Gut geregeltes, transparentes System der Parteienfinanzierung – Finnland

Finnland hat sein Parteiengesetz 2010 geändert, um allen Empfehlungen der GRECO Rechnung zu tragen. Zuvor gab es in Finnland nur begrenzte Vorschriften über die Finanzierung politischer Parteien. Mit der neuen Regelung soll die Finanzierung von Wahlkandidaten, politischen Parteien sowie anderen den politischen Parteien angegliederten Einrichtungen transparent gemacht werden. Wird das Gesetz wie geplant angewandt, wird dies die Transparenz der Parteienfinanzierung erheblich verbessern. GRECO zufolge kann Finnland anderen Ländern als Beispiel dienen.

In einigen Fällen haben politische Parteien ihre Integritätsstandards verschärft und in Korruptionsskandale verwickelte Mitglieder bestraft oder ihres Amtes enthoben. In einem Mitgliedstaat wurden sowohl die Transparenz als auch die Rechenschaftspflicht des parlamentarischen Systems deutlich verbessert. Doch auch in Ländern, in denen es solche Beispiele politischer Rechenschaftspflicht gibt, gehören integritätsfördernde Maßnahmen nicht zur allgemeinen Praxis.

Beträchtliche Mängel sind noch immer bei der Überwachung der Parteienfinanzierung festzustellen. Die Auswirkungen der jüngsten legislativen Reformen sind noch abzuwarten. Sobald eine Gesetzeslücke geschlossen ist (z. B. die Transparenz sowie die Begrenzung von Spenden), scheinen sich oft andere aufzutun (z. B. laxe Darlehensregelung, Regelungen zu Mehrfachspenden, unzureichende Überwachung von Stiftungen oder Einrichtungen, die politischen Parteien angegliedert sind). Eine proaktive Überwachung und abschreckende Sanktionen bei illegaler Parteienfinanzierung sind EU-weit noch immer nicht gängige Praxis, und es bedarf weiterer Anstrengungen, um eine kohärente Umsetzung sicherzustellen.

B. Kontrollmechanismen und Prävention

Präventivmaßnahmen

Präventivmaßnahmen treten in mannigfaltiger Form auf – als klare ethische Grundsätze, Sensibilisierungsmaßnahmen, als Maßnahmen zur Förderung einer Integritätskultur in verschiedenen Organisationen, als klare Anweisung von oben zu integritätsbezogenen Aspekten, wirksamen internen Kontrollmechanismen und Transparenz in Form eines einfachen Zugangs zu Informationen von öffentlichem Interesse, als effizientes System zur Beurteilung der Leistung öffentlicher Einrichtungen usw. Hierbei ist festzustellen, dass die Mitgliedstaaten bei der Korruptionsprävention sehr unterschiedlich verfahren. In einigen Ländern wurden bislang nur vereinzelt präventive Maßnahmen durchgeführt, die zu keinen überzeugenden Ergebnissen führten. In anderen hingegen hat eine wirksame Prävention dazu geführt, dass sie seit langem zu den „sauberen Ländern“ zählen. Auch wenn die Korruption in den letztgenannten Ländern nicht als großes Problem gesehen wird, so geht man die Problematik dort sehr aktiv und dynamisch im Wege von Integritäts- und Präventionsprogrammen an, die von den meisten zentralen und lokalen Behörden als Priorität angesehen werden. In anderen Mitgliedstaaten wird die Korruptionsproblematik seit längerem als weniger dringlich angesehen, weshalb man sich dort auch nicht aktiv für umfassende Präventivmaßnahmen einsetzt.

Aktive Förderung der Integrität im öffentlichen Sektor – Niederlande

Die niederländischen Behörden setzen sich aktiv für Integrität, Transparenz und Rechenschaftspflicht ein. Das vom Ministerium für Inneres und Angelegenheiten des Königreichs eingerichtete Amt für die Förderung der Integrität im öffentlichen Sektor (BIOS) ist eine unabhängige Einrichtung, die im öffentlichen Sektor die Konzeption und Umsetzung von Integritätsstrategien anregt und unterstützt.

Darüber hinaus verfolgen viele niederländische Städte und Gemeinden Integritätsstrategien, mit denen die Aufdeckung von Regelverstößen verbessert werden konnte (301 im Jahr 2010 im Vergleich zu 135 im Jahr 2003). Diese Integritätsstrategien wurden in den vergangenen 20 Jahren fortentwickelt und sind nunmehr in der lokalen Verwaltung fest verankert.

Externe und interne Kontrollmechanismen (außerhalb der Strafverfolgung)

Sowohl für die Prävention als auch für die Aufdeckung von Korruption in Behörden spielen Kontrollmechanismen eine wichtige Rolle. In einigen Mitgliedstaaten haben Strafverfolgungsbehörden und Staatsanwaltschaften oder Korruptionsbekämpfungsstellen eine große Verantwortung inne, denn sie sollen allein gegen die Korruption im Land vorgehen. Die Tätigkeit dieser Behörden bzw. Stellen ist zwar von größter Bedeutung, eine tief verwurzelte Korruption lässt sich aber nicht ohne einen umfassenden Ansatz bekämpfen, der auf eine bessere Prävention und wirksamere Kontrollmechanismen in der öffentlichen Verwaltung auf zentraler und lokaler Ebene abzielt.

In manchen Mitgliedstaaten wurden die Antikorruptionsreformen maßgeblich von den Rechnungshöfen vorangetrieben. In einigen wenigen Mitgliedstaaten unterrichtet der Rechnungshof bei Korruptionsverdacht andere zuständige Behörden. Mitunter ist er auch für die Überprüfung der Parteien- und Wahlkampffinanzierung verantwortlich. Seine proaktive Tätigkeit geht jedoch nicht mit effektiven internen und externen Kontrollen auf regionaler und lokaler Ebene einher.

In vielen Mitgliedstaaten sind die internen Kontrollen im Land (besonders auf lokaler Ebene) unzureichend und es fehlt an Koordinierung. Diese Kontrollen müssen verstärkt werden und mit wirksamen Präventionsmaßnahmen einhergehen, damit sich bei der Korruptionsbekämpfung konkrete und nachhaltige Ergebnisse erzielen lassen.

Offenlegung von Vermögenswerten

Die Offenlegung der Vermögenswerte von Amtsträgern auf sensiblen Posten trägt zur Stärkung ihrer Rechenschaftspflicht bei, sorgt für mehr Transparenz und vereinfacht das Aufdecken potenzieller Fälle von illegaler Bereicherung sowie von Interessenkonflikten und der Unvereinbarkeit bestimmter Ämter und Aufgaben. Auch die Aufdeckung und Untersuchung potenzieller Korruptionspraktiken wird dadurch vereinfacht.

Hinsichtlich der Offenlegung von Vermögenswerten gewählter Amtsträger gibt es recht unterschiedliche Ansätze: Sie reichen von der umfangreichen Offenlegung[12] von Informationen bis hin zu einer stärkeren Einschränkung der Offenlegungspflicht oder gar der vertraulichen Behandlung derartiger Informationen. In bestimmten Sektoren könnten durch die Offenlegung der Vermögenswerte von berufsmäßigen Amtsträgern Interessenkonflikte vermieden werden. Trotz dieser verschiedenen Ansätze geht der allgemeine Trend zu strengeren Offenlegungspflichten für Amtsträger. Einige Mitgliedstaaten, in denen es bislang keine Offenlegungspflichten gab, haben kürzlich entsprechende Regelungen eingeführt oder angekündigt.

Wichtig ist hierbei, dass die Einhaltung der Regelungen tatsächlich überwacht wird: In einigen Mitgliedstaaten sind die Stellen, die die Offenlegung der Vermögenswerte überwachen, nur mit begrenzten Befugnissen und Instrumenten ausgestattet. In anderen gibt es kaum Hinweise darauf, dass die einschlägigen Regelungen tatsächlich umgesetzt oder durchgesetzt werden. In einigen Ländern ist das Überwachungssystem komplex und schwerfällig, was sich auf seine Wirksamkeit auswirkt. Nur in wenigen Mitgliedstaaten findet eine eingehende Überprüfung statt: Hier gibt es unabhängige Integritäts‑/Korruptionsbekämpfungsstellen, die über die nötigen Befugnisse und Instrumente verfügen, um in zahlreichen Datenbanken (Steuerverwaltung, Handelsregister usw.) die Herkunft der Vermögenswerte der betreffenden Amtsträger zu prüfen und potenzielle Falschangaben aufzudecken.

Regeln für Interessenkonflikte

Interessenkonflikte treten in Situationen auf, in denen Amtsträger aus privatem Interesse handeln, zu handeln beabsichtigen oder zu handeln vorgeben.[13] Der Aspekt des Interessenkonflikts wurde daher in den Anwendungsbereich vieler Korruptionsbekämpfungsinstrumente und Überprüfungsmechanismen aufgenommen, einschließlich solcher im Zusammenhang mit dem VN-Übereinkommen gegen Korruption (UNCAC), der GRECO und der OECD.

In der EU gibt es unterschiedliche Vorschriften und Sanktionen für Interessenkonflikte. Einige Mitgliedstaaten haben einschlägige Rechtsvorschriften, die eine Vielzahl gewählter oder bestellter Amtsträger betreffen, sowie spezielle Stellen, die mit der Durchführung von Kontrollen betraut sind. Wie streng kontrolliert wird, hängt vom jeweiligen Mitgliedstaat ab: In einigen Mitgliedstaaten gibt es unabhängige Stellen, die Interessenkonflikte im Auge behalten, allerdings nur begrenzt dazu in der Lage sind, landesweit tätig zu werden; zudem ist das Follow-up ihrer Beschlüsse unzureichend. In anderen Mitgliedstaaten gibt es eine Ethikkommission, die für solche Überprüfungen zuständig ist und dem Parlament Bericht erstattet. Für Kontrollen bei Parlamentsabgeordneten ist in einigen Fällen ein parlamentarischer Ausschuss und in anderen ein mit der Überprüfung von Interessenkonflikten und Vermögenserklärungen betrauter Ausschuss zuständig; oft verfügt ein solcher Ausschuss jedoch nur über begrenzte Kapazitäten und Sanktionsbefugnisse. Inhaltliche Überprüfungen sind häufig formalistischer Natur und beschränken sich meistens auf Verwaltungskontrollen. Die zur Durchführung inhaltlicher Überprüfungen erforderlichen Kontrollkapazitäten und -instrumente sind oftmals unzureichend.

Generell sind besondere Probleme auf die wenigen und unzureichenden Sanktionen für gewählte Amtsträger zurückzuführen. Sofern in den Verhaltenskodizes einzelner gewählter Versammlungen Interessenkonflikte erfasst sind, sind in der Regel keine abschreckenden Sanktionen vorgesehen. Parteidisziplin und Selbstkontrolle zeigen in dieser Hinsicht möglicherweise keine ausreichende Wirkung. Zudem sind die Auflösung geschlossener Verträge und die Annullierung durchgeführter Verfahren in Interessenkonfliktsituationen oder die Einziehung der dem geschätzten Schaden entsprechenden Beträge häufig nur in allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften geregelt und werden in der Praxis nicht effektiv angewandt.

In vielen Mitgliedstaaten kommt es immer wieder zu Interessenkonflikten bei der Beschlussfassung, der Zuweisung öffentlicher Mittel und der Vergabe öffentlicher Aufträge, insbesondere auf lokaler Ebene. In diesem Bericht werden die diesbezüglichen besonderen Herausforderungen auf regionaler und lokaler Ebene in denjenigen Mitgliedstaaten analysiert, in denen diese Probleme gravierender scheinen als in anderen. Es besteht ein (mitunter großer) Unterschied zwischen regionalen und lokalen Verwaltungen, und es fehlt ein kohärenter Ansatz für die Auferlegung von Mindeststandards und eine entsprechende Sensibilisierung. In der Regel werden Interessenkonflikte in den EU-Mitgliedstaaten nicht strafrechtlich geahndet. In einem Mitgliedstaat sind sie zwar strafbar, Erfolge bei der Strafverfolgung sind aber noch nicht nachzuweisen. Einige Formen von Interessenkonflikten sind auch in einem anderen Mitgliedstaat strafbar (rechtswidriges Interesse an einer von Amtsträgern verwalteten oder beaufsichtigten Tätigkeit).

Die Mobilität von Arbeitskräften zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor ist wichtig für das Funktionieren einer modernen Gesellschaft und kann für beide Sektoren von großem Nutzen sein. Sie birgt jedoch möglicherweise das Risiko, dass ehemalige Amtsträger Informationen, in deren Besitz sie aufgrund ihrer früheren Funktionen gelangt sind, weitergeben, die nicht weitergegeben werden sollten, und dass ehemals im privaten Sektor beschäftigte Personen öffentliche Ämter wahrnehmen, die in Bezug auf ihren früheren Arbeitgeber zu Interessenkonflikten führen. Nur in einigen Mitgliedstaaten wurden ausdrückliche Maßnahmen für diese Situation getroffen, die jedoch häufig unzulänglich umgesetzt wurden.

C. Repression

Strafrecht

Strafrechtliche Vorschriften zur Bekämpfung der Korruption, die den Standards der Vorschriften des Europarats, der VN und der EU entsprechen, sind weitgehend vorhanden. Ein Mitgliedstaat hat das UNCAC nicht ratifiziert. In diesem Mitgliedstaat steht der Ratifizierung vor allem entgegen, dass Mandatsträger wegen Bestechung nicht strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können.

Einige Mitgliedstaaten planen wesentliche strafrechtliche und strafprozessuale Reformen oder haben bereits solche Reformen eingeführt. Dabei wird das gemeinsame Ziel verfolgt, die Verfahren zu beschleunigen und effizienter zu gestalten sowie die Korruptionsbekämpfungsinstrumente zu verstärken (darunter eine genauere Definition der Straftatbestände, in einigen Fällen höhere Sanktionen und Bestimmungen für beschleunigte Verfahren). Aufgrund des schmalen Grats zwischen rechtmäßigem und rechtswidrigem Verhalten ist der Spielraum für die strafrechtliche Ahndung in einigen Mitgliedstaaten noch sehr eng.

Der Rahmenbeschluss 2003/568/JI zur Bekämpfung der Bestechung im privaten Sektor wurde unterschiedlich gut umgesetzt.[14] Besonders mangelhaft ist die Umsetzung der Bestimmungen, wonach sämtliche Tatbestandsmerkmale der Bestechung und der Bestechlichkeit unter Strafe zu stellen und juristische Personen zur Verantwortung zu ziehen sind. Selbst für die Mitgliedstaaten, die den Rahmenbeschluss umgesetzt haben, liegen kaum Informationen zum Stand der Durchsetzung vor.

Effizienz von Korruptionsbekämpfungsstellen

Es steht jedem Mitgliedstaat frei, je nach Ausmaß und Art der Korruption im Land, Verfassungs- und Rechtsrahmen, Traditionen, Verbindungen zu anderen nationalen Politikbereichen, den allgemeinen institutionellen Gegebenheiten usw. darüber zu entscheiden, welche institutionellen Strukturen für die Korruptionsbekämpfung im jeweiligen nationalen Kontext erforderlich sind.

Mehrere Mitgliedstaaten haben zentrale Korruptionsbekämpfungsstellen, die sowohl Präventions- als auch Repressionsaufgaben wahrnehmen, während es in anderen Mitgliedstaaten ausschließlich für die Prävention verantwortliche Korruptionsbekämpfungsstellen gibt, von denen einige auch für die Vermögensüberprüfung, Interessenkonflikte, Unvereinbarkeiten und in einigen Fällen die Parteienfinanzierung zuständig sind. In anderen Ländern gibt es spezielle Strafverfolgungsbehörden oder Staatsanwaltschaften für die Korruptionsbekämpfung.

Inzwischen wird weithin eingeräumt, dass die Einrichtung spezialisierter Korruptionsbekämpfungsstellen, deren Schwerpunkt entweder auf der Prävention oder auf der Repression oder auf beidem liegt, kein Allheilmittel ist. Es wurden unterschiedliche Ergebnisse erzielt. Den Länderanalysen dieses Berichts ist jedoch zu entnehmen, dass manche dieser Stellen die Antikorruptionsreformen in dem jeweiligen Land wirksam vorangetrieben haben.

Einige Korruptionsbekämpfungsstellen haben nachhaltigere Erfolge zu verzeichnen als andere. Zu den Faktoren, die sich auf ihren (vorläufigen oder langfristigen) Erfolg auswirken, gehören: Garantien für ihre Unabhängigkeit und die Vermeidung politischer Einflussnahme, leistungsbezogene Auswahl und Beförderung von Personal, multidisziplinäre Zusammenarbeit zwischen operativen Teams und mit anderen Einrichtungen, schneller Zugriff auf Datenbanken und einschlägige Erkenntnisse sowie Bereitstellung der erforderlichen Ressourcen und Kompetenzen. Diese Elemente werden nicht in allen Mitgliedstaaten konsequent berücksichtigt.

Bewährte Verfahren bei Korruptionsbekämpfungsstellen

Die slowenische Kommission für Korruptionsprävention (CPC) hat ihre auch vom slowenischen Verfassungsgericht anerkannte Rolle, für die „Wahrung der Rechtsstaatlichkeit durch Korruptionsbekämpfungsmaßnahmen“ einzutreten, gefestigt. Trotz begrenzter Ressourcen hat die CPC eine solide Erfolgsbilanz mit jährlich über 1000 Überprüfungen und Untersuchungen vorzuweisen. Sie hat die Vermögenswerte und Beteiligungen der Führer der wichtigsten politischen Parteien überprüft und dabei unlängst Verstöße gegen die Vorschriften zur Offenlegung von Vermögenswerten aufgedeckt und ist bei wichtigen politischen Persönlichkeiten auf Vermögenswerte vermutlich ungeklärter Herkunft gestoßen.

Die rumänische Nationale Antikorruptionsdirektion (DNA) ist eine Staatsanwaltschaft, die sich auf die Bekämpfung von Korruption auf mittlerer und hoher Ebene spezialisiert hat. Sie kann eine beachtliche Erfolgsbilanz in Bezug auf unparteiische Untersuchungen und Strafverfolgungen bei Korruptionsverdacht auf höchster politischer Ebene, in der Justiz und in anderen Sektoren wie Steuerverwaltung, Zölle, Energie, Verkehr, Bauwirtschaft, Gesundheitswesen usw. vorweisen. In den vergangenen sieben Jahren erhob die DNA Anklage gegen über 4700 Personen. 90,25 % der Anklagen wurden durch rechtskräftige Gerichtsentscheidungen bestätigt. Fast 1500 Angeklagte wurden durch rechtskräftige Gerichtsentscheidungen verurteilt. Nahezu die Hälfte von ihnen hatte hochrangige Positionen inne. Maßgeblich für diese Ergebnisse war die Struktur der DNA, der neben Staatsanwälten, die die Untersuchungen leiten und beaufsichtigen, Kriminalpolizisten sowie Wirtschafts-, Finanz- und IT-Experten angehören.

Das lettische Büro für Korruptionsprävention und -bekämpfung (KNAB) hat sich in und außerhalb Lettlands einen soliden Ruf erarbeitet. Seine Aufgaben erstrecken sich auf die Bereiche Prävention, Untersuchung und Ausbildung, einschließlich der Kontrolle der Parteienfinanzierung. Außerdem führt das KNAB vorgerichtliche Ermittlungen durch; zu diesem Zweck ist es mit herkömmlichen Polizeibefugnissen ausgestattet und hat Zugang zu Bank- und Steuer-Datenbanken. Vor Kurzem erlebte das Büro eine Phase interner Spannungen.

Das der Generalstaatsanwaltschaft angegliederte kroatische Büro für die Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität (USKOK) hat bei proaktiven Untersuchungen und bei Strafverfolgungen auch in bedeutenden Fällen, die hochrangige gewählte und bestellte Amtsträger betrafen, Erfolge zu verzeichnen.

Die zentrale auf die Korruptionsbekämpfung spezialisierte spanische Staatsanwaltschaft hat solide Erfolge bei Untersuchungen und Strafverfolgungen erzielt, unter anderem in Fällen auf hoher Ebene, in denen es um Vorwürfe illegaler Parteienfinanzierung komplexer Art ging. Das Betrugsbekämpfungsamt Kataloniens, eine auf Prävention und Untersuchung von Korruption und Betrug spezialisierte regionale Korruptionsbekämpfungsstelle, ist das einzige seiner Art in Spanien. Es soll die Veruntreuung öffentlicher Gelder verhindern und diesbezügliche Untersuchungen durchführen und darüber hinaus anderen Stellen Empfehlungen erteilen.

In einigen Mitgliedstaaten sahen sich Korruptionsbekämpfungsstellen, die gegen Politiker ermitteln, hinterher direktem oder indirektem Druck ausgesetzt. Druckmittel sind unter anderem öffentliche Erklärungen oder sonstige Maßnahmen, mit denen die Legitimität der Führungskräfte dieser Stellen oder deren institutionelle Befugnisse und Kompetenzen in Frage gestellt werden. Es muss unbedingt gewährleistet werden, dass diese Korruptionsbekämpfungsstellen ihre Aufgaben künftig ohne ungebührlichen Druck wahrnehmen können.

Leistungsfähigkeit von Staatsanwaltschaft, Strafverfolgung und Justiz

Hinsichtlich der Effizienz von Strafverfolgungsbehörden und Staatsanwaltschaften bei der Untersuchung von Korruption sind große Unterschiede in der EU festzustellen. Bei der Bewertung ihrer Effizienz wurden unter anderem folgende Faktoren zugrunde gelegt: geschätztes Ausmaß und Art der zu bekämpfenden Korruption, ausgewogene Berücksichtigung von Präventionsmaßnahmen, politische Entschlossenheit zur Förderung ihrer Unabhängigkeit, verfügbare Kapazitäten und Ressourcen, etwaige Hindernisse für Untersuchungen, Effektivität und insbesondere Unabhängigkeit der Justiz usw. Eine Bewertung lässt sich nur schwer vornehmen, da es den Statistiken für Korruptionsdelikte in den meisten Mitgliedstaaten an Kohärenz fehlt. Es gibt kaum aktuelle, präzise konsolidierte Statistiken, die allen Verfahrensphasen der Korruptionsfälle Rechnung tragen.

Durch repressive Maßnahmen allein lässt sich die Korruption nicht wirksam angehen. Dennoch ist es wichtig, dass die Justiz abschreckende strafrechtliche Sanktionen verhängen kann, denn dies ist ein deutliches Signal dafür, dass Korruption nicht toleriert wird.

Einige Mitgliedstaaten messen der repressiven Komponente besondere Bedeutung bei, so dass die Strafverfolgung zum sichtbarsten Aspekt der Korruptionsbekämpfungsmaßnahmen wird. Herausragende Ergebnisse sind auch in Mitgliedstaaten zu verzeichnen, in denen es (über die Antikorruptionsstellen hinaus) generell eine wirksame Strafverfolgung gibt. In anderen Mitgliedstaaten werden bei der Strafverfolgung nur dürftige Erfolge erzielt oder die Untersuchungen ziehen sich in die Länge.

Die Unabhängigkeit der Justiz ist ein maßgeblicher Bestandteil von Antikorruptionsstrategien. Dies gilt sowohl für die Fähigkeit der Justiz, sich effektiv mit Korruptionsfällen, einschließlich solcher auf hoher Ebene, zu befassen, als auch für die Integritätsstandards innerhalb der Justiz selbst. Wirksame Unabhängigkeitsgarantien und hohe ethische Standards innerhalb der Justiz tragen wesentlich zu den erforderlichen Rahmenbedingungen für eine effiziente Justiz bei, die in Korruptionsfällen objektiv und unparteiisch ohne ungebührliche Beeinflussung Recht spricht. In einigen Mitgliedstaaten gibt es Probleme hinsichtlich der Unabhängigkeit von Strafverfolgung und Staatsanwaltschaft. Ohne Beurteilung der allgemeinen institutionellen Struktur, die die verfassungsmäßigen, rechtlichen und kulturellen Gegebenheiten des jeweiligen Mitgliedstaats widerspiegelt und separaten Mechanismen und Verfahren auf EU-Ebene unterliegt – insbesondere dem jährlichen EU-Justizbarometer und dem Rahmen für die Rechtsstaatlichkeit, wie von Präsident Barroso in seiner Rede zur Lage der Union in den Jahren 2012 und 2013 angekündigt und erläutert – wurden bei mehreren Gelegenheiten insbesondere Bedenken im Hinblick darauf geäußert, dass Strafverfolgungsbehörden und Gerichte in Korruptionsfällen der politischen Einflussnahme ausgesetzt sind. Beispiele hierfür sind unter anderem die nicht transparente oder willkürliche Anwendung von Verfahren zur Ernennung, Beförderung oder Entlassung führender Staatsanwälte, die mit Korruptionsfällen befasst sind, sowie Entlassungen in Korruptionsbekämpfungseinrichtungen oder Versuche, diese Einrichtungen oder ihre Leiter zu diskreditieren, ohne dass es hierfür einen ersichtlichen objektiven Grund gibt. In anderen Fällen haben sich politische Akteure in die Verwaltung und Arbeitsweise von mit der Korruptionsbekämpfung befassten Strafverfolgungsbehörden eingemischt. Die weitreichenden Befugnisse einiger Korruptionsbekämpfungseinrichtungen gehen nicht immer mit einer Rechenschaftspflicht einher, so dass der Eindruck entsteht, die Einrichtungen würden sich eher nicht an Aufsehen erregende Fälle wagen oder könnten auf umstrittene Ermittlungsmethoden zurückgreifen.

Es gibt keinen einheitlichen Standard, der als Modell für die Verfahren zur Ernennung oder Entlassung der Leiter von Strafverfolgungsbehörden oder Staatsanwaltschaften angesehen werden kann. In den meisten Mitgliedstaaten liegt die Verantwortung für die betreffenden Entscheidungen bei den Regierungen. Damit wird die politische Rechenschaftspflicht zum Ausdruck gebracht und dem Umstand Rechnung getragen, dass Strafverfolgung und Staatsanwaltschaft in der Exekutive angesiedelt sind. Unabhängig von dem einzuhaltenden Verfahren muss glaubwürdig und leistungsbezogen vorgegangen werden, damit der Eindruck politischer Voreingenommenheit vermieden wird und Polizei und Staatsanwaltschaft bei jeglichem Korruptionsverdacht ermitteln können.

Das Fehlen einer effizienten Koordinierung von Strafverfolgungsbehörden und Korruptionsbekämpfungsstellen wurde ebenfalls als Schwachstelle in einigen Mitgliedstaaten aufgezeigt.

In einzelnen Länderanalysen werden Bedenken hinsichtlich der Integrität der Justiz bei der Arbeit an Korruptionsfällen und hinsichtlich ihrer Unabhängigkeit geäußert; Vielfalt und Art der Korruptionsfälle, an denen Richter oder Staatsanwälte beteiligt sind, verdeutlichen diese Bedenken. Ein in einem Mitgliedstaat errichtetes spezielles Antikorruptionsgericht sah sich beträchtlichen Herausforderungen (und sogar der einstweiligen Auflösung) gegenüber, was sich negativ auf seine Stabilität und seine Fähigkeit, überzeugende Ergebnisse zu erzielen, auswirkte.

In mehreren Mitgliedstaaten scheint es der Justiz an der Entschlossenheit und der Fähigkeit zu fehlen, komplexe oder sensible Korruptionsfälle zu behandeln. In einigen Mitgliedstaaten könnten Korruptionsfälle verjähren, wenn sich die Gerichtsverfahren als zu langwierig und schwerfällig erweisen. Die Art und Weise, wie die Verfahrensvorschriften in der Praxis angewandt werden, führt mitunter zu erheblichen Verzögerungen, mit denen in einigen Fällen der Abschluss des Gerichtsverfahrens verhindert werden soll.

In mehreren Mitgliedstaaten, in denen es immer wieder vorkommt, dass in Korruptionsfällen Sanktionen ausgesetzt oder nur geringe Sanktionen verhängt werden, wurde auch auf die begrenzte abschreckende Wirkung von Gerichtsurteilen hingewiesen. In anderen Fällen haben Gerichte unlängst allerdings abschreckende Freiheitsstrafen für Korruption ausgesprochen.

Es wurde festgestellt, dass die Ermittlungsgerichte in einem Mitgliedstaat zwar entscheidend dazu beitragen, legislative und institutionelle Reformen in Bezug auf Korruptionsfälle voranzutreiben, allerdings wurden auch Fragen hinsichtlich der Länge der Verfahren und ihrer tatsächlichen Auswirkung auf die Strafverfolgung aufgeworfen.

Es ist darauf hinzuweisen, dass in bestimmten Mitgliedstaaten die Untersuchung von Korruptionsfällen oftmals durch Verfahrensmängel behindert wird. Beispielhaft genannt seien hier überzogene oder unklare Bestimmungen zur Aufhebung der Immunität oder deren fehlerhafte Anwendung und Verjährungsfristen, die den Abschluss komplexer Fälle erschweren, insbesondere in Kombination mit langwierigen Verfahren oder inflexiblen Regeln für den Zugang zu Bankdaten, die Finanzermittlungen und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit behindern.

D. Besondere Risikobereiche

Kleinkorruption

Die Kleinkorruption ist nur noch in einigen Mitgliedstaaten ein weit verbreitetes Problem. Trotz zahlreicher Korruptionsbekämpfungsinitiativen ist es nicht gelungen, die Kleinkorruption in diesen Ländern zu bekämpfen. Mehrere Mitgliedstaaten, in denen die Kleinkorruption vor Jahrzehnten als gängiges Problem galt, konnten in diesem Bereich Fortschritte erzielen. Dies zeigen Erhebungen über unmittelbare Erfahrungen mit Korruption, die positive Trends erkennen lassen und die betreffenden Länder in dieser Hinsicht sogar über dem EU-Durchschnitt einreihen. Trotz vielversprechender Fortschritte bei der Reduzierung der Kleinkorruption im Allgemeinen gibt es in einer Reihe von Mitgliedstaaten immer noch risikoanfällige Strukturen im Gesundheitswesen, wo weiterhin Anreize bestehen, inoffiziell für eine besondere Behandlung zu zahlen.

Korruptionsrisiken auf regionaler und lokaler Ebene

Höhere Korruptionsrisiken bestehen auf regionaler und lokaler Ebene, wo in der Regel weniger strikte Kontrollen und Gegenkontrollen sowie weniger strikte interne Überprüfungen stattfinden als auf zentraler Ebene. In Bezug auf eine verantwortungsvolle Staatsführung und die Effizienz von Antikorruptionsstrategien gibt es innerhalb einiger Mitgliedstaaten erhebliche Unterschiede.[15]

In vielen Mitgliedstaaten gehen die weitreichenden Ermessensbefugnisse regionaler Regierungen oder lokaler Verwaltungen (die ebenfalls beträchtliche Mittel verwalten) nicht mit einem entsprechenden Maß an Rechenschaftspflicht und Kontrollmechanismen einher. Interessenkonflikte führen zu besonderen Problemen auf lokaler Ebene. Es bedarf weiterer Anstrengungen zur Verbreitung der von einigen regionalen oder lokalen Verwaltungen angewandten bewährten Verfahren und zur Schaffung gleicher Ausgangsbedingungen für gewählte und bestellte Amtsträger auf lokaler Ebene, insbesondere in Bezug auf Transparenzstandards, die Offenlegung von Vermögenswerten, die Verhinderung und Ahndung von Interessenkonflikten sowie die Kontrolle öffentlicher Ausgaben.

Positiv ist zu vermerken, dass auf lokaler oder regionaler Ebene wirksame Präventionspraktiken angewandt werden. In einem Mitgliedstaat wurde ein Netz von über 200 Regional-, Kommunal- und Provinzverwaltungen eingerichtet, die bei der Verhinderung von Korruption und Mafia-Unterwanderung in öffentlichen Strukturen zusammenarbeiten.

Ausgewählte korruptionsanfällige Sektoren

In mehreren Mitgliedstaaten sind einige Sektoren anscheinend besonders korruptionsanfällig und erfordern daher gezielte Gegenmaßnahmen.

Stadtentwicklung und Bauwirtschaft sind Sektoren, in denen die Korruptionsanfälligkeit in der EU in der Regel hoch ist. Besonders korruptionsanfällig sind sie in einigen Mitgliedstaaten; dort wurden in den letzten Jahren viele Korruptionsfälle untersucht und strafrechtlich verfolgt. Als Reaktion auf die Risiken in diesem Bereich richtete ein Mitgliedstaat eine Fachstaatsanwaltschaft für die Bekämpfung von Stadtplanungs- und Umweltkriminalität ein, die für eine Vielzahl von Straftaten einschließlich Korruption zuständig ist. In einem Mitgliedstaat wurde die Umweltplanung als betrugsanfälliger Bereich ausgemacht. Dort besteht der Verdacht, dass Korruption und illegale Parteienfinanzierung in Zusammenhang mit der Erteilung von Baugenehmigungen, insbesondere für Großprojekte, stehen.

Das Gesundheitsweisen ist ein weiterer Sektor, in dem das Korruptionsrisiko generell hoch ist, was vor allem für die Auftragsvergabe und die Pharmaindustrie gilt. Dieser Bereich wurde in einer Reihe von Mitgliedstaaten genauer beleuchtet. Diese Länder entwickeln derzeit Strategien und Reformen zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen. Bislang sind jedoch kaum greifbare Ergebnisse festzustellen. Informelle Zahlungen und Korruption bei der öffentlichen Auftragsvergabe und in der Pharmaindustrie geben weiterhin Anlass zur Sorge.

Die Korruption in der Steuerverwaltung, die in einem Mitgliedstaat als gravierendes Problem ermittelt wurde, erfordert eine gezielte strategische Intervention.

Insgesamt fehlen in den meisten Mitgliedstaaten, auf die oben Bezug genommen wird, kohärente Risikobewertungsmechanismen oder sektorspezifische Strategien für die Bekämpfung der Korruption in risikoanfälligen Sektoren.

Integrität und Transparenz im Finanzsektor

Nach der Finanzkrise wurde oft darauf hingewiesen, dass es im Finanzsektor besserer Integritäts- und Transparenzstandards bedarf. Diese Aspekte werfen in einer Reihe von Mitgliedstaaten Probleme auf.

Laut einem Bericht der Parlamentarischen Versammlung des Europarats besteht ein Zusammenhang zwischen „großen Korruptionsfällen“ und Steuerhinterziehung durch Offshore-Gesellschaften und Steueroasen.[16] In dem Bericht wird auf die Initiative „Stolen Asset Recovery“ (Rückführung gestohlener Vermögenswerte) der Weltbank[17] und des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) verwiesen, in deren Rahmen 150 große Korruptionsfälle analysiert wurden. Dabei wurde ein direkter Zusammenhang zwischen groß angelegter Korruption durch hochrangige Amtsträger und der Verschleierung gestohlener Vermögenswerte durch undurchsichtige Briefkastenfirmen, Stiftungen und Trusts festgestellt. Außerdem wurde aufgezeigt, inwiefern die Untersuchung und Rückverfolgung gestohlener Vermögenswerte aufgrund des fehlenden Zugangs zu Angaben zum wirtschaftlichen Eigentum und aufgrund hochkomplexer Unternehmensstrukturen, die unterschiedlichen Rechtsordnungen unterliegen, erschwert werden.

In dem Bericht der Parlamentarischen Versammlung wird unter anderen Europaratsmitgliedern ein Mitgliedstaat genannt, der mehr oder weniger fragwürdigen finanziellen und rechtlichen Arrangements des Offshore-Systems Vorschub leistet oder solche Arrangements toleriert. Der betreffende Mitgliedstaat hat kürzlich Pläne zur Überarbeitung seines Rechtsrahmens für den Zugang zu Bankdaten angekündigt.

In einem anderen Mitgliedstaat haben die jüngsten Kontroversen im Zusammenhang mit dem Finanzsektor, einschließlich der Großbanken, über Fragen wie die Festsetzung von Zinssätzen, unverantwortliche und spekulative Kreditvergabe sowie die Nichterfüllung der Sorgfaltspflicht Bedenken hinsichtlich der Regulierung und der Durchsetzung vorhandener Vorschriften ausgelöst. Die Rolle der Banken bei der Erleichterung oder Ermöglichung der Geldwäsche wurde ebenfalls umfassend erörtert. Die geplante Einrichtung eines öffentlich zugänglichen Registers der Eigentümer eingetragener Unternehmen kann zu mehr Transparenz beitragen.

Ein anderer Mitgliedstaat hat sich verpflichtet, die Bankenaufsicht und den Rechtsrahmen sowie die Schutzmaßnahmen gegen Geldwäsche zu verstärken.

Auslandsbestechung

Die Mitgliedstaaten, die im eigenen Land wirksam gegen Korruption vorgehen, sehen sich aufgrund des Verhaltens ihrer Unternehmen im Ausland – insbesondere in Ländern, in denen Korruptionspraktiken weit verbreitet sind – oftmals gefordert. Die OECD führt in dieser Hinsicht strenge Kontrollen durch und weist in ihren regelmäßigen Bewertungen sowohl auf positive als auch auf weniger zufriedenstellende Ergebnisse bei der Durchsetzung entsprechender Vorschriften hin. In einer Reihe von Mitgliedstaaten gibt es bewährte Verfahren. So wurden zahlreiche Fälle mit Erfolg strafrechtlich verfolgt und mit schweren Sanktionen geahndet, Fälle von Auslandsbestechung erhielten Vorrang, und es wurde unlängst ein umfassendes Antibestechungsgesetz erlassen, das die rechtlichen und verfahrenstechnischen Instrumente zur Verhinderung und Strafverfolgung von Korruption, vor allem von Auslandsbestechung, verstärkt.

Das britische Antibestechungsgesetz – ein solider Rechtsrahmen für die Bekämpfung von Inlands- und Auslandsbestechung

Dank des Antibestechungsgesetzes (Bribery Act) von 2010, das am 1. Juli 2011 in Kraft trat, gehört das Vereinigte Königreich zu den Ländern mit den weltweit strengsten Antibestechungsvorschriften. Das Gesetz stellt nicht nur die Zahlung und die Annahme von Bestechungsgeldern sowie die Bestechung ausländischer Amtsträger unter Strafe, sondern dehnt auch die strafrechtliche Haftung auf Handelsorganisationen aus, die in ihrem Namen begangene Bestechungsdelikte nicht verhindern. Aufgrund der Bestimmungen über die extraterritoriale Zuständigkeit kann das Amt für schweren Betrug (Serious Fraud Office – SFO) Unternehmen mit einer Niederlassung im Vereinigten Königreich oder an diesen Unternehmen beteiligte Personen auch dann strafrechtlich verfolgen, wenn sich der Unternehmenssitz in Übersee befindet. Handelsorganisationen unterliegen nicht der strafrechtlichen Haftung, wenn sie angemessene Verfahren zur Verhinderung von Bestechung und Bestechlichkeit eingeführt haben.

Der zugehörige SFO-Leitfaden für Handelsorganisationen (Guidance to Commercial Organisations – GCO) informiert über den neuen Rechtsrahmen und enthält praktische Empfehlungen für Unternehmen (einschließlich Fallstudien) in Bezug auf die ihnen aus dem Gesetz erwachsenden Verpflichtungen zur Verhinderung oder Aufdeckung von Bestechung oder Bestechlichkeit. Im Einklang mit einer früheren OECD-Empfehlung wird im GCO deutlich gemacht, dass bestimmte Gefälligkeiten als Bestechungsgelder gelten, und Unternehmen werden Kriterien an die Hand gegeben, um zwischen Gastfreundschaft und verschleierten Formen von Bestechung unterscheiden zu können.

Das SFO hat weitreichende Befugnisse zur Untersuchung und Strafverfolgung von schwerem und komplexem Betrug einschließlich Korruption. Unter gewissen Umständen kann es im Einklang mit dem erwähnten Leitfaden zivilrechtliche Einziehungsanordnungen und Vergleiche erwägen.

Die OECD hat andere Mitgliedstaaten – in Anbetracht der Korruptionsrisiken, denen ihre Unternehmen im Ausland ausgesetzt sind – dafür kritisiert, dass sie Auslandsbestechung nicht oder nur unzureichend strafrechtlich verfolgen.

Staatseigene Unternehmen

In einigen Mitgliedstaaten bestehen Defizite bei der Beaufsichtigung staatseigener Unternehmen. Die diesbezüglichen Rechtsvorschriften sind unklar und die Berücksichtigung der Parteizugehörigkeit behindert leistungsbezogene Ernennungen und die Verfolgung des öffentlichen Interesses. Außerdem sind die Schutzmaßnahmen gegen Korruption und die Mechanismen zur Verhinderung und Ahndung von Interessenkonflikten unzureichend. Es besteht wenig Transparenz hinsichtlich der Zuweisung von Mitteln und in einigen Fällen hinsichtlich des Erwerbs von Dienstleistungen durch diese Unternehmen. Die jüngsten Untersuchungen über mutmaßliche Veruntreuungen von Geldern, Korruptionspraktiken und Geldwäsche im Zusammenhang mit staatseigenen Unternehmen lassen auf hohe Korruptionsrisiken in diesem Bereich sowie Schwachstellen bei Kontrolle und Prävention schließen.

Es ist darauf hinzuweisen, dass in einigen Mitgliedstaaten bei beschleunigten Privatisierungen, die die Korruptionsrisiken erhöhen könnten, mehr Transparenz und effiziente Kontrollen erforderlich sind.

Verbindungen zwischen Korruption und organisierter Kriminalität

In den Mitgliedstaaten, in denen die organisierte Kriminalität ein gravierendes Problem darstellt, leistet die Korruption dieser Form der Kriminalität häufig Vorschub. In einem Mitgliedstaat standen zahlreiche Fälle vermutlich illegaler Parteienfinanzierung auf zentraler oder regionaler Ebene auch in Zusammenhang mit kriminellen Vereinigungen. Verbindungen zwischen kriminellen Vereinigungen, Unternehmen und Politikern geben in diesen Mitgliedstaaten weiterhin Anlass zur Sorge, besonders auf regionaler und lokaler Ebene, und bei der öffentlichen Auftragsvergabe, in der Bauwirtschaft, bei Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen, in der Abfallwirtschaft und in anderen Sektoren. Untersuchungen zufolge ist in einem anderen Mitgliedstaat der Einfluss der organisierten Kriminalität auf allen Ebenen, unter anderem in der Politik, spürbar. Politische Korruption gilt dort häufig als Mittel zur Erlangung eines direkten oder indirekten Zugangs zur Macht; unter allen EU-Mitgliedstaaten gilt das betreffende Land als das mit der größten Schattenwirtschaft. Wie Europol in seiner 2013 vorgenommenen Bewertung der Bedrohungslage im Bereich der schweren und organisierten Kriminalität in der EU festgestellt hat, machen sich kriminelle Vereinigungen Korruption zunutze, um den öffentlichen und den privaten Sektor zu infiltrieren, so dass insgesamt von der Korruption weiterhin eine ernst zu nehmende Bedrohung ausgeht.

E.           Weitere Aspekte

Es gibt eine Reihe von Aspekten, die – auch wenn sie per se nicht unbedingt einen Bezug zur Korruption aufweisen – Einfluss darauf haben können, inwieweit in einem bestimmten Umfeld der Korruption Vorschub geleistet wird. Durch wirksame Strategien in Bezug auf diese Aspekte lassen sich die Gelegenheiten zur Korruption reduzieren.

Transparenzstrategien und Informationsfreiheit

Offenheit und Transparenz können eine abschreckende Wirkung auf die Korruption haben und dazu beitragen, etwaige Regelverstöße aufzudecken. In den meisten Mitgliedstaaten gibt es zwar angemessene einschlägige Rechtsvorschriften (in einigen sollen in Kürze entsprechende Gesetze erlassen werden), die Transparenzstandards werden aber unterschiedlich umgesetzt. Ein Mitgliedstaat hat eine Online-Anwendung entwickelt, die einen Überblick über alle öffentlichen Ausgaben für Güter und Dienstleistungen bietet (siehe auch Abschnitt „Öffentliche Auftragsvergabe“). Abrufbar sind außerdem nähere Angaben zu den Geschäftsführungs- und Aufsichtsorganen aller staatseigenen oder vom Staat kontrollierten Unternehmen und deren Jahresberichte.

Die wirksamen Antikorruptionsstrategien in einigen Mitgliedstaaten sind teilweise auf eine Tradition der Offenheit, Transparenz und Freigabe von Dokumenten zurückzuführen.

Verstärkung der Transparenz der Beschlussfassung in der öffentlichen Verwaltung - Griechenland

Ein 2010 erlassenes Gesetz[18] verpflichtet alle öffentlichen Einrichtungen, ihre Beschlüsse – einschließlich derer im Zusammenhang mit der Vergabe öffentlicher Aufträge – online zu veröffentlichen. Aufgrund des Programms „Klarheit“ (diavgeia – διαύγεια)[19] sind alle öffentlichen Einrichtungen, Regulierungsbehörden und lokalen Verwaltungen seit dem 1. Oktober 2010 verpflichtet, ihre Beschlüsse ins Internet zu stellen. Die Beschlüsse öffentlicher Stellen dürfen erst umgesetzt werden, wenn sie auf die Klarheits-Webseiten hochgeladen wurden. Nur Beschlüsse, die sensible personenbezogene Daten und/oder Informationen zur nationalen Sicherheit enthalten, unterliegen nicht dieser Verpflichtung. Jedes Dokument wird digital signiert und erhält automatisch eine individuelle Nummer. Weicht der im Staatsanzeiger veröffentlichte Wortlaut von dem auf den Klarheits-Webseiten ab, so hat letzterer Vorrang. Abgeschlossene öffentliche Verträge werden ebenfalls veröffentlicht.

Schutz von Hinweisgebern („Whistleblower“)

Adäquate Hinweisgeber-Mechanismen zur Formalisierung der in öffentlichen Verwaltungen anzuwendenden offiziellen Verfahren für die Meldung von Verhaltensweisen, bei denen es sich nach Ansicht der Hinweisgeber um Unregelmäßigkeiten oder sogar rechtswidrige Handlungen handelt, können dazu beitragen, Korruption (und auch Missstände anderer Art), die naturgemäß schwer feststellbar sind, aufzudecken. Da jedoch solche Verhaltensweisen in der eigenen Organisation – unter anderem aus Angst vor Vergeltung – generell ungern gemeldet werden, sind entsprechende Hinweise nur schwer zu erhalten. Von entscheidender Bedeutung sind daher der Aufbau einer Integritätskultur innerhalb der jeweiligen Organisation, die Schärfung des Bewusstseins für die Problematik und die Schaffung wirksamer Schutzmechanismen, die potenziellen Hinweisgebern Vertrauen vermitteln.[20]

Transparenz der Lobbyarbeit

Im komplexen Umfeld politischer Entscheidungsfindung ist es wünschenswert, dass öffentliche Verwaltungen einen ständigen Dialog mit externen Interessenvertretern führen. Alle interessierten Parteien sollten sich äußern können; dies sollte jedoch auf transparente Weise erfolgen. Lobbytätigkeiten können mit Korruptionsrisiken verbunden sein und zu einer Beeinflussung von Rechtsvorschriften führen. Daher sollten Verfahren zur Festlegung von Rahmenbedingungen für solche Tätigkeiten vorhanden sein, die sich entweder auf Rechtsvorschriften oder auf eine freiwillige Eintragung von Interessenvertretern stützen.

Solche Verfahren können zu Klarheit und Transparenz in den Beziehungen zwischen Behörden und externen Interessenvertretern beitragen. Somit können sie dabei helfen, das Korruptionsrisiko zu verringern. Bislang sind in diesem Bereich in relativ wenigen Mitgliedstaaten Fortschritte erzielt worden, allerdings sind in manchen Mitgliedstaaten entsprechende Rechtsvorschriften oder Regeln in Vorbereitung, oder es wird darüber diskutiert, ob neue Verfahren eingeführt werden können.

IV. Öffentliche Auftragsvergabe

A. Allgemeine Übersicht über den EU-Rahmen

Größe des Markts für öffentliche Aufträge in der EU

Die öffentliche Auftragsvergabe ist ein bedeutendes Element der Volkswirtschaften in der EU. Rund ein Fünftel des BIP der EU wird jedes Jahr von Behörden und Einrichtungen des öffentlichen Rechts für die Beschaffung von Gütern, Arbeiten und Dienstleistungen ausgegeben.[21] Etwa 20 % dieser Gesamtsumme entfallen auf die öffentliche Vergabe von Aufträgen, die die Schwellenwerte, ab denen die EU-Vergabevorschriften gelten, übersteigen. Schätzungen der Kommission zufolge betrug der Gesamtwert dieser Ausschreibungen im Jahr 2011 etwa 425 Mrd. EUR.[22]

Bedeutung von Antikorruptionsstrategien bei der öffentlichen Auftragsvergabe

Die öffentliche Auftragsvergabe ist aufgrund des Umfangs der damit verbundenen Finanzströme und einer Reihe anderer Faktoren ein für Korruptionspraktiken anfälliger Bereich. Untersuchungen zum Thema öffentliche Auftragsvergabe und Korruption aus dem Jahr 2008 zufolge können sich die Kosten, die infolge von Korruptionspraktiken zu einem Auftrag hinzukommen, auf zwischen 20 und 25 % und in manchen Fällen sogar auf 50 % der Gesamtkosten des Auftrags belaufen.[23] In den Grundsätzen der OECD für Integrität bei der öffentlichen Auftragsvergabe heißt es sinngemäß: Eine unzureichende Steuerung bei der öffentlichen Auftragsvergabe behindert den Wettbewerb auf dem Markt und erhöht den Preis, den eine Behörde für Güter und Dienstleistungen bezahlt, was sich unmittelbar auf die öffentlichen Ausgaben und damit auf die Gelder der Steuerzahler auswirkt. Aufgrund der auf dem Spiel stehenden finanziellen Interessen und der engen Interaktion zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor ist die öffentliche Auftragsvergabe ein Bereich mit besonders hohem Risiko. […][24]

Eine Studie aus dem Jahr 2013 über die Aufdeckung und Eindämmung von Korruption im öffentlichen Auftragswesen in der EU kam zu dem Schluss, dass sich die direkten Kosten der Korruption im öffentlichen Auftragswesen in nur fünf Sektoren (Straßen und Schienen, Wasser und Abfall, Raumplanung/Wohnungsbau, Bildung sowie Forschung und Entwicklung) in acht Mitgliedstaaten[25] im Jahr 2010 auf 1,4 Mrd. bis 2,2 Mrd. EUR beliefen.[26]

Aus den einzelnen Länderbewertungen dieses Berichts geht hervor, dass das öffentliche Auftragswesen einer der am stärksten für Korruption anfälligen Bereiche ist. Dies wird auch anhand einer Reihe von Korruptionsfällen auf hoher Ebene deutlich, an denen ein oder mehrere Länder beteiligt waren. Da das Korruptionsrisiko bei der öffentlichen Auftragsvergabe relativ hoch ist, sind Sicherheitsvorkehrungen gegen Korruption und Betrug im öffentlichen Auftragswesen sowohl für die EU-Mitgliedstaaten als auch die EU-Organe ein vorrangiges Anliegen.[27]

Schwachstellen bei der Prävention und Repression von Korruption im öffentlichen Auftragswesen beeinträchtigen die Verwaltung von nationalen Mitteln und EU-Mitteln.

Derzeitiger EU-Rechtsrahmen

Das Hauptziel der EU-Rechtsvorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe (d. h. der Richtlinie über die öffentliche Auftragsvergabe, der „Sektorenrichtlinie“, der Richtlinie über die öffentliche Auftragsvergabe in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit und der „Rechtsmittelrichtlinien“)[28] besteht darin, sicherzustellen, dass die Grundsätze des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere die Grundsätze des freien Warenverkehrs, der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs sowie andere sich daraus ableitende Grundsätze gewahrt werden. Die Rechtsvorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe sollen gewährleisten, dass die Märkte für Aufträge EU-weit geöffnet bleiben, so zur möglichst effizienten Verwendung öffentlicher Mittel beitragen und auf diese Weise eine gerechte, einheitliche und transparente Plattform für öffentliche Ausgaben fördern. Dies kann auch die EU-Antikorruptionsstrategien, wo Transparenz und fairer Wettbewerb eine wichtige Rolle bei der Prävention korruptiver Praktiken spielen, positiv beeinflussen.

Die Rechtsvorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe enthalten darüber hinaus Bestimmungen, die unmittelbarere Auswirkungen auf Antikorruptionsstrategien haben (wie den Ausschluss von Bietern, die wegen Korruptionsvorwürfen rechtskräftig verurteilt wurden), ausführliche Bestimmungen zur Bekanntmachung und Transparenz verschiedener Phasen des Beschaffungszyklus, Mindestnormen für Rechtsmittel, spezielle Bestimmungen für ungewöhnlich niedrige Angebote sowie Vorschriften, in denen bestimmte Anforderungen für die Änderung von Aufträgen festgelegt sind. Die Vergabe von Baukonzessionen unterliegt derzeit nur einigen wenigen Sekundärrechtsbestimmungen[29], und für Dienstleistungskonzessionen gelten allein die allgemeinen Grundsätze des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

Einige Mitgliedstaaten haben spezifische Rechtsvorschriften für den Umgang mit Korruption im öffentlichen Auftragswesen oder wenden spezielle Maßnahmen an, die das Risiko wie nachstehend dargelegt verringern sollen. In den meisten Mitgliedstaaten fällt die Korruption im öffentlichen Auftragswesen jedoch unter die allgemeinen Rechtsvorschriften gegen Korruption.

Die Datenbank TED („Tenders Electronic Daily“), die Online-Version der Beilage des Amtsblatts der Europäischen Union, wird regelmäßig mit Ausschreibungen aus ganz Europa aktualisiert. Bekanntmachungen öffentlicher Aufträge und Bekanntmachungen vergebener Aufträge, die die Schwellenwerte der Richtlinien für die öffentliche Auftragsvergabe überschreiten, werden im Amtsblatt bzw. in TED veröffentlicht. Im Umsetzungsbericht zum öffentlichen Auftragswesen von 2012 wurde festgestellt, dass die Zahl der veröffentlichten Bekanntmachungen öffentlicher Aufträge und Bekanntmachungen vergebener Aufträge in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen ist.[30] Dies zeigt, dass die Richtlinien und TED dazu beigetragen haben, Ausschreibungen und die Vergabe öffentlicher Aufträge in höherem Maße öffentlich sichtbar zu machen.

Überwachung der ordnungsgemäßen Anwendung der EU-Vorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe

In ihrer Funktion als Hüterin der Verträge wird die Kommission bei potenziellen Verstößen gegen die EU-Vorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe entweder infolge von Beschwerden oder auf eigene Initiative tätig. Dabei bemüht sich die Kommission, die Einhaltung der Vergabevorschriften unabhängig von den Gründen für den jeweiligen Verstoß sicherzustellen, das heißt ohne Rücksicht darauf, ob ein Verstoß wissentlich begangen wurde oder infolge unzureichenden Wissens oder durch einen Fehler zustande kam.

Im Allgemeinen untersucht die Kommission nicht, ob ein Verstoß gegen die EU-Vorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe möglicherweise aufgrund von Korruption begangen wurde. Hierfür sind die Mitgliedstaaten zuständig. In Vertragsverletzungsverfahren[31] wird jedoch häufig auf Unregelmäßigkeiten verwiesen, die auf gewisse Anfälligkeiten bei der Anwendung der Vergabevorschriften hindeuten, die auch bei der Bewertung der Wirksamkeit von Korruptionspräventions- und -kontrollmechanismen eine wichtige Rolle spielen.

Im Umsetzungsbericht zum öffentlichen Auftragswesen von 2012 wurden 97 anhängige Vertragsverletzungsverfahren wegen fehlerhafter Anwendung der Vergabevorschriften angeführt, von denen über die Hälfte auf nur drei Mitgliedstaaten entfiel. In den meisten dieser Fälle ging es um Vorwürfe der unberechtigten Verwendung des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung, der Diskriminierung, der direkten Vergabe, der mangelnden Transparenz, ungerechtfertigter Auftragsänderungen, der fehlerhaften Anwendung der internen Vorschriften oder des Verstoßes gegen allgemeine Grundsätze des Vertrags.[32]

Nach der Art der Fälle zu urteilen, in denen die Kommission Vertragsverletzungsverfahren wegen eines mutmaßlichen Verstoßes gegen die EU-Vorschriften für die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge einleitet, ist das am stärksten von Unregelmäßigkeiten betroffene Verfahren das Verhandlungsverfahren ohne Veröffentlichung einer Bekanntmachung. Die meisten Fälle von fehlerhafter Anwendung betreffen den Infrastruktursektor, gefolgt von der Abwasser‑/Abfallentsorgung, der Beschaffung von IT-Dienstleistungen, dem Eisenbahnsektor, dem Gesundheitssektor und dem Energiesektor.

Laufende legislative Reformen der EU

Eine umfassende Evaluierung hat ergeben, dass die Richtlinien für die öffentliche Auftragsvergabe ihre Ziele weitgehend erreicht haben.[33] Sie haben zu größerer Transparenz, stärkerem Wettbewerb und messbaren Einsparungen durch niedrigere Preise geführt. Dennoch werden weitere Verbesserungen als notwendig erachtet, um die Verfahren zu vereinfachen und Betrugs- und Antikorruptionsgarantien zu stärken. Daher hat die Kommission im Dezember 2011 eine Überarbeitung der Richtlinien für die öffentliche Auftragsvergabe vorgeschlagen. Die vorgeschlagenen neuen Rechtsvorschriften erstrecken sich auf die auf EU-Ebene regulierte Auftragsvergabe im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste[34] und die Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge[35] sowie von Konzessionen. Die Kommission hat Bestimmungen zu Interessenkonflikten (die erstmals in EU-Rechtsvorschriften definiert wurden), zentralisierte Daten zu Korruption, Betrug und Interessenkonflikten, strengere Vorschriften für die Änderung von Aufträgen, weiter gefasste Ausschlusskriterien und die Überwachung abgeschlossener Verträge vorgeschlagen. Der Vorschlag der Kommission wird derzeit im Europäischen Parlament und im Rat erörtert und umfasst auch die Einrichtung einer Aufsicht über die Umsetzung der Vorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe sowie „Red Flag“-Indikatorsysteme und Warnsysteme, um Betrug und Korruption aufzudecken. Die Mitgliedstaaten erhoben jedoch grundsätzliche Einwände gegen derartige Maßnahmen, die sie als zu schwerfällig für ihre Behörden erachteten.

Der Vorschlag über die Konzessionsvergabe[36] soll die Unsicherheit bei der Vergabe derartiger Aufträge verringern und öffentliche und private Investitionen in Infrastrukturen und strategische Dienstleistungen bei einem optimalen Preis-Leistungs-Verhältnis fördern. Die vorgeschlagene Richtlinie über die Konzessionsvergabe enthält zudem Bestimmungen, laut denen die Mitgliedstaaten Vorschriften zur Bekämpfung von Günstlingswirtschaft oder Korruption und zur Vermeidung von Interessenkonflikten erlassen müssen, um die Transparenz des Vergabeverfahrens und die Gleichbehandlung aller Bieter sicherzustellen.

Das neue Paket für die öffentliche Auftragsvergabe wird voraussichtlich zu Beginn des Jahres 2014 verabschiedet.

Ergebnisse von Eurobarometer-Umfragen zu Korruption

Laut der Eurobarometer-Umfrage von 2013 zum Thema Korruption, die Unternehmen betrifft[37], geben mehr als drei von zehn (32 %) Unternehmen in den Mitgliedstaaten, die an der Vergabe öffentlicher Aufträge teilgenommen haben, an, dass sie aufgrund von Korruption einen Auftrag nicht bekommen haben. Diese Ansicht wird am häufigsten von Unternehmen in den Bereichen Bauwirtschaft (35 %) und Maschinenbau (33 %) vertreten. Mehr als die Hälfte der Unternehmensvertreter aus Bulgarien (58 %), der Slowakei (57 %), Zypern (55 %) und der Tschechischen Republik (51 %) haben sich entsprechend geäußert.

Laut derselben Umfrage sind der bürokratische Aufwand (21 %) und Kriterien, die anscheinend auf bestimmte Teilnehmer zugeschnitten sind (16 %), die Hauptgründe dafür, dass Unternehmen in den letzten drei Jahren an keinem öffentlichen Ausschreibungs- oder Vergabeverfahren teilgenommen haben. Mehr als vier von zehn Unternehmen sagen, dass bei öffentlichen Vergabeverfahren eine Vielzahl illegaler Praktiken verbreitet ist, insbesondere auf bestimmte Unternehmen zugeschnittene Anforderungen (57 %), Interessenkonflikte bei der Bewertung der Angebote (54 %), Angebotsabsprachen (52 %), unklare Auswahl- oder Bewertungskriterien (51 %), die Mitwirkung von Bietern an der Formulierung von Anforderungen (48 %), der Missbrauch des Verhandlungsverfahrens (47 %), der Missbrauch von Ausnahmeregelungen zur Begründung des Verzichts auf ein Ausschreibungsverfahren oder der Verwendung des Schnellverfahrens (46 %) sowie Änderungen der Vertragsbedingungen nach Abschluss des Vertrags (44 %). Allgemein geben vor allem Maschinenbau- und Bauunternehmen an, dass all diese Praktiken verbreitet sind.

Mehr als die Hälfte aller Unternehmen sind der Ansicht, dass Korruption bei der öffentlichen Auftragsvergabe durch nationale (56 %) oder regionale/lokale Behörden (60 %) weit verbreitet ist.

Der Spezial-Eurobarometer-Umfrage 2013 zum Thema Korruption zufolge glauben 45 % der befragten Unionsbürger, dass Bestechung und Machtmissbrauch zur Erlangung persönlicher Vorteile unter Amtsträgern, die öffentliche Aufträge vergeben, verbreitet sind. Zu den Ländern, in denen die Befragten am ehesten glauben, dass Korruption unter Amtsträgern, die öffentliche Aufträge vergeben, verbreitet ist, zählen die Tschechische Republik (69 %), die Niederlande (64 %), Griechenland (55 %), Slowenien (60 %), Kroatien (58 %) und Italien (55 %). Die Länder mit der beständigsten positiven Wahrnehmung von Amtsträgern in diesem Bereich sind Dänemark (22 %), Finnland (31 %), Irland (32 %), Luxemburg (32 %) und das Vereinigte Königreich (33 %).

B. Positive und negative Praktiken bei der Verringerung von Korruptionsrisiken im öffentlichen Auftragswesen

Allgemeine Bemerkungen

In diesem Kapitel wird ausgehend von den Ergebnissen der länderspezifischen Bewertungen dieses Antikorruptionsberichts sowie anderer Studien und Daten der Kommission auf die mit der öffentlichen Auftragsvergabe assoziierten Korruptionsrisiken eingegangen. Für diese Analyse werden sämtliche Phasen des öffentlichen Beschaffungszyklus untersucht, d. h. vor der Angebotsabgabe (einschließlich Bedarfsermittlung und Anforderungen), während der Angebotsphase (einschließlich des Vergabeprozesses: Auswahl, Bewertung und Vergabe des Auftrags) und nach der Vergabe. Die Auftragsausführungsphase wird ebenfalls berücksichtigt. Dies entspricht der Analyse der OECD aus dem Jahr 2009, in der darauf hingewiesen wurde, dass weitere Maßnahmen erforderlich sind, um Korruptionsrisiken zu unterbinden, die während des gesamten öffentlichen Beschaffungszyklus auftreten, d. h. von der Bedarfsermittlungsphase bis zur Auftragsverwaltung und Zahlung und einschließlich der Verwendung von Vergabeverfahren zur nationalen Sicherheit und in Ausnahmesituationen.[38]

In diesem Abschnitt wird allgemein auf positive und negative Praktiken in der ganzen EU eingegangen. Eingehendere Analysen von Aspekten der öffentlichen Auftragsvergabe finden sich auch in einigen der länderspezifischen Kapitel. Die Mitgliedstaaten, für die eine solche eingehende länderspezifische Analyse der Korruptionsrisiken im öffentlichen Auftragswesen durchgeführt wurde, wurden ausgehend von einer Bewertung des Ausmaßes des Problems und/oder der Ernsthaftigkeit der Schwierigkeiten, die dieses in den betreffenden Ländern verursacht, ausgewählt. Das bedeutet nicht, dass die übrigen Mitgliedstaaten dem Thema öffentliche Auftragsvergabe nicht größere Aufmerksamkeit schenken sollten, sondern dass die Kommission beschlossen hat, anderen mit Korruption verbundenen Problemen, die stärker in den Vordergrund zu treten schienen, einen höheren Stellenwert einzuräumen.

Mutmaßliche Fälle von Korruption und Interessenkonflikten bei der Verwaltung von EU-Mitteln können nach den derzeit geltenden EU-Vorschriften dazu führen, dass Zahlungen unterbrochen und/oder ausgesetzt werden, bis der betreffende Mitgliedstaat geeignete Abhilfemaßnahmen einschließlich einer Verstärkung der Verwaltungs- und Kontrollsysteme ergriffen hat.

Weder die allgemeinen noch die länderspezifischen Analysen sollen dazu dienen, in diesem Bereich allgemein gültige Vorgaben festzulegen, sondern ihr Ziel besteht eher darin, Schwachstellen und passende Lösungen (sowohl was die Prävention als auch was die Repression angeht) aufzuzeigen, die sich in der Praxis als erfolgreich oder ungeeignet erwiesen haben.

Spezifische Erkenntnisse

Risikobereiche und Korruptionsmuster

Den strafrechtlich verfolgten Korruptionsfällen im öffentlichen Auftragswesen in den Mitgliedstaaten nach zu urteilen betreffen die am häufigsten auftretenden Probleme: die Formulierung von auf bestimmte Bieter zugeschnittenen Anforderungen, um diesen einen Vorteil zu verschaffen; die Aufteilung öffentlicher Aufträge in kleinere Teile, um Ausschreibungen zu vermeiden; Interessenkonflikte, die verschiedene Phasen des Verfahrens beeinträchtigen und nicht nur für die Vergabe von Aufträgen zuständige Amtsträger, sondern auch höhere Ebenen von Vergabebehörden betreffen; unverhältnismäßige und unberechtigte Auswahlkriterien; den unberechtigten Ausschluss von Bietern; die unberechtigte Verwendung von Notfallverfahren; die unzureichende Analyse von Situationen, in denen die Preisangebote zu niedrig waren; die übermäßige Gewichtung des niedrigsten Preises als wichtigstes Kriterium zu Lasten von Kriterien, die die Qualität der Ergebnisse und die Fähigkeit zur Leistungserbringung betreffen, sowie unberechtigte Ausnahmen von der Veröffentlichung von Ausschreibungen. Prüfungen haben ergeben, dass neben dem öffentlichen Vergabeverfahren auch in der Phase nach der Auftragsvergabe Risiken bestehen: Es kann zur Zahlung von Bestechungsgeldern kommen, und die Qualität der Ergebnisse kann beispielsweise vorsätzlich beeinträchtigt werden. Weitere Muster in der Phase nach der Auftragsvergabe, die in Korruptionsfällen ermittelt wurden, sind unter anderem: die unzureichende Begründung von Änderungen an öffentlichen Aufträgen, anschließende Auftragsänderungen, bei denen die Anforderungen und Bedingungen geändert werden, und Erhöhungen des Budgets.

In einer Studie aus dem Jahr 2013 über die Aufdeckung und Eindämmung von Korruption im öffentlichen Auftragswesen in der EU[39] wurden anhand von 96 Fällen, in denen Korruptionsvorwürfe bereits durch rechtskräftige Gerichtsentscheidungen bestätigt wurden oder wo deutliche Hinweise auf Korruptionspraktiken vorlagen, vier Hauptarten von illegalen Praktiken ermittelt. Bei diesen Praktiken handelt es sich um: 1.) Manipulationen von Ausschreibungen (durch Unterbindung von Angeboten, Scheingebote, Rotation von Geboten und Unterauftragsvergabe), wenn der Auftrag mit oder ohne Einwilligung von Amtsträgern einem Auftragnehmer „versprochen“ wird; 2.) Bestechungsgelder, wenn der Amtsträger ein Bestechungsgeld fordert oder annimmt, das im Vergabeprozess einschließlich bei Verwaltungsvorgängen berücksichtigt wird; 3.) Interessenkonflikte und 4.) andere Unregelmäßigkeiten einschließlich des vorsätzlichen Fehlverhaltens bzw. der vorsätzlichen Unwissenheit, wenn Amtsträger keine ordnungsgemäßen Kontrollen durchführen oder die erforderlichen Verfahren nicht einhalten und/oder offenkundiges vorsätzliches Fehlverhalten von Auftragnehmern ignorieren.

Die Verwendung des Verhandlungsverfahrens und der direkten Vergabe kann zwar unter bestimmten Umständen gerechtfertigt sein, doch gibt es Fälle, in denen diese Verfahren angewendet werden, um Verpflichtungen im Rahmen von Ausschreibungen zu vermeiden. In einigen Mitgliedstaaten wird wesentlich häufiger als im EU-Durchschnitt auf Ausschreibungsverfahren verzichtet. Die unberechtigte Verwendung von Verhandlungsverfahren erhöht auch das Risiko korruptiver Praktiken. Um dem Risiko der missbräuchlichen Verwendung von Verhandlungsverfahren oder der direkten Vergabe entgegenzuwirken, besteht in manchen Mitgliedstaaten die rechtliche Verpflichtung, Verhandlungsverfahren ohne Veröffentlichung einer Bekanntmachung vorher den Kontroll- oder Prüfstellen für die öffentliche Auftragsvergabe mitzuteilen.

Die Bereiche Bau, Energie, Verkehr und Verteidigung sowie das Gesundheitswesen scheinen am anfälligsten für Korruption bei der öffentlichen Auftragsvergabe zu sein.

In mehreren Mitgliedstaaten, in denen Vorwürfe der illegalen Parteienfinanzierung erhoben wurden, gab es Situationen, in denen eine solche Finanzierung angeblich im Austausch gegen entsprechende Entscheidungen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge gewährt wurde. In einigen anderen Fällen betrafen die Vorwürfe die zu engen Verbindungen zwischen Unternehmen und Politikern auf zentraler oder lokaler Ebene, die angebliche Korruptionspraktiken im Zusammenhang mit der Vergabe öffentlicher Aufträge begünstigten.

Risiken bei der öffentlichen Auftragsvergabe auf regionaler und lokaler Ebene

Die öffentliche Auftragsvergabe auf regionaler und lokaler Ebene schafft besondere Probleme, wenn lokale Behörden über umfangreiche Ermessensbefugnisse verfügen, denen nur unzureichende Kontrollen und Gegenkontrollen gegenüberstehen, wenn beträchtliche Anteile der öffentlichen Mitteln auf dieser Ebene zugewiesen werden und wenn gleichzeitig die internen und externen Kontrollmechanismen schwach sind. In den Konvergenzländern, wo ein erheblicher Teil der öffentlichen Investitionen von den Strukturfonds kofinanziert wird, werden diese Risiken durch die Verwaltungs- und Kontrollanforderungen der Fonds gemindert. Ihre wirksame Umsetzung stellt jedoch eine echte Herausforderung dar. In manchen Mitgliedstaaten haben die Kontrollmechanismen Fälle ans Licht gebracht, in denen Amtsträger Vermögenswerte lokaler Behörden benutzten, um Geschäfte mit Unternehmen, die mit ihnen verbunden waren, abzuschließen. In einigen Gemeinden und Regionen entwickelte sich um kleine Interessengruppen herum eine starke Konsolidierung von „Klientel“-Netzen. Die meisten Fälle betrafen Vorwürfe oder Anschuldigungen wegen illegaler Parteienfinanzierung, illegaler persönlicher Bereicherung, der Abzweigung von staatlichen Mitteln oder EU-Mitteln, Günstlingswirtschaft und Interessenkonflikten. In einigen Mitgliedstaaten kam es zu Fällen, in denen Anführer von Gruppen der organisierten Kriminalität auf Gemeindeebene ihre eigenen Parteien gründeten oder Gemeinderäte infiltrierten, um Einfluss auf die lokalen Strafverfolgungs- oder Justizbehörden auszuüben und öffentliche Vergabeverfahren zu manipulieren. Um diesem Risiko entgegenzuwirken, haben einige Gemeinden zu Antikorruptionsmaßnahmen wie der Einrichtung von Systemen für die interne Finanzverwaltung und -kontrolle gegriffen.

Die mit der Stadtentwicklung verbundene Bauwirtschaft sowie die Abfallwirtschaft zählen zu den Sektoren, die für Korruption auf lokaler Ebene am anfälligsten sind. Korruptionsfälle auf hoher Ebene, an denen regionale und lokale Amtsträger in mehreren Mitgliedstaaten beteiligt waren, haben ergeben, dass Umwidmungsbeschlüsse[40] im Zusammenhang mit künftigen Bauaufträgen teilweise unter dem Druck lokaler Bauunternehmer gefasst wurden.

In manchen Mitgliedstaaten haben lokale Behörden ihre eigenen Integritäts- oder Aktionspläne gegen Korruption entwickelt oder werden gebeten, dies zu tun. Während manche dieser Pläne nur auf dem Papier existieren oder uneinheitlich durchgesetzt werden und die tatsächlichen Auswirkungen nur schwer messbar sind, haben andere den Weg für Modelle bereitet, die in der Praxis funktionieren. In einigen Mitgliedstaaten sind die Vergabebehörden verpflichtet, ihre eigenen Integritätspläne zu entwickeln und Korruptionsrisiken zu beurteilen.

In einigen Fällen haben sich Initiativen der Zivilgesellschaft positiv auf die Rechenschaftspflicht lokaler Behörden in Bezug auf die Transparenz öffentlicher Ausgaben ausgewirkt.

Initiative „Offene Kommunalverwaltung“ – Slowakei

Im Rahmen der externen Überwachung öffentlicher Ausgaben erstellt die slowakische Initiative „Offene Kommunalverwaltung“ anhand mehrerer Kriterien auf der Grundlage von Transparenz bei der öffentlichen Auftragsvergabe, Zugang zu Informationen, Verfügbarkeit von Daten von öffentlichem Interesse, Beteiligung der Öffentlichkeit, Berufsethos und Interessenkonflikten eine Rangfolge unter 100 slowakischen Städten. Das Projekt wird von Transparency International betreut. Nähere Einzelheiten enthält das Länderkapitel zur Slowakei.

Leitlinien zur Korruptionsprävention im öffentlichen Auftragswesen auf lokaler Ebene – Deutschland

Die vom Deutschen Städte- und Gemeindebund und von der Bundesvereinigung mittelständischer Bauunternehmen gemeinsam herausgegebene Broschüre „Korruptionsprävention bei der öffentlichen Auftragsvergabe – Manipulation verhindern, Korruption bekämpfen“ bietet einen Überblick über Präventionsmaßnahmen gegen Korruption bei der öffentlichen Auftragsvergabe auf Städte- und Gemeindeebene.[41] Dazu zählen: Sensibilisierungsmaßnahmen und Verhaltenskodizes; Personalrotation; die strikte Einhaltung des „Mehr-Augen-Prinzips“; klare Sponsoring-Regelungen und das Verbot der Annahme von Geschenken; die Einrichtung zentraler Ausschreibungs- und Vergabebehörden; eine genaue Beschreibung des Angebots und die Kontrolle von Kostenvoranschlägen; die Organisation von Ausschreibungsverfahren einschließlich der Geheimhaltung von Angeboten und die Verhinderung einer nachträglichen Manipulation von Angeboten; die verstärkte Nutzung der elektronischen Auftragsvergabe; die Dokumentation des Verfahrens und sorgfältige Kontrolle durch Kontrollorgane; der Ausschluss von Unternehmen, die erwiesenermaßen Korruptionsdelikte begangen haben, und die Erstellung von schwarzen Listen und Korruptionsregistern.

Interessenkonflikte und Offenlegung von Vermögenswerten

Interessenkonflikte in den Mitgliedstaaten unterliegen den allgemeinen Rechtsvorschriften zur Korruptionsprävention oder spezifischen Bestimmungen zur öffentlichen Auftragsvergabe. Die Wirksamkeit der Prävention und Aufdeckung von Interessenkonflikten bei der öffentlichen Auftragsvergabe hängt daher von der Wirksamkeit der Gesamtheit der Kontrollmechanismen in diesem Bereich ab. Besondere Schwachstellen lassen sich in Bezug auf Interessenkonflikte feststellen, die öffentliche Vergabeverfahren auf lokaler Ebene beeinträchtigen. Einige Mitgliedstaaten haben über ihre Korruptionsbekämpfungs- oder Integritätsstellen in als besonders anfällig erachteten Bereichen gezielte Überprüfungen mit Blick auf mögliche Interessenkonflikte durchgeführt. Dies hat dazu geführt, dass eine höhere Zahl von Interessenkonflikten aufgedeckt wurde und dass mehr öffentliche Aufträge zutage traten, die zum privaten Vorteil und zu Lasten des öffentlichen Interesses vergeben wurden.

Wo es für Amtsträger geltende Vorschriften für die Offenlegung von Vermögenswerten gibt, gelten diese fast immer ebenso für Amtsträger, die für die Vergabe öffentlicher Aufträge zuständig sind.

Weitere Einzelheiten finden sich im Abschnitt „Wichtigste Erkenntnisse“ sowie in den Unterabschnitten zu Interessenkonflikten und der Offenlegung von Vermögenswerten.

Risikomanagementstrategien in Bezug auf Korruption[42]

Mehrere Mitgliedstaaten haben in jüngster Zeit Reformen im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe durchgeführt oder tun dies derzeit, um die Transparenz zu erhöhen und den fairen Wettbewerb stärker zu fördern. In manchen Mitgliedstaaten gibt es nationale Antikorruptionsstrategien, die auf die Prävention und Repression von Korruption im öffentlichen Auftragswesen gerichtet sind. Dennoch haben häufige Änderungen der Rechtsvorschriften in manchen Mitgliedstaaten zu Rechtsunsicherheit und Mängeln bei der Umsetzung und den entsprechenden Kontrollmechanismen geführt. Die Komplexität der Rechtsvorschriften wird in einigen Mitgliedstaaten ebenfalls als Hindernis für die reibungslose Umsetzung wahrgenommen.

Die Vergabebehörden werden nur in wenigen Mitgliedstaaten aufgefordert, Integritätspläne zu verabschieden und Korruptionsrisiken zu bewerten. In den meisten Fällen werden solche Risikobewertungen mit der Unterstützung von Strafverfolgungs- oder Korruptionsbekämpfungsstellen durchgeführt. Es gibt einige Mitgliedstaaten, die seit geraumer Zeit „Red Flag“-Systeme[43] einsetzen und so auf zentraler und lokaler Ebene die Aufmerksamkeit für diese Problematik schärfen. Manche Mitgliedstaaten haben auch spezielle Risikomanagementinstrumente entwickelt, die auf bestimmte Schwierigkeiten, die bei ihnen auf nationaler oder regionaler Ebene auftreten, zugeschnitten sind.

Risikomanagementinstrumente und Plattformen für die öffentliche Auftragsvergabe in Italien

Mehrere Netze und Verbände regionaler und lokaler Behörden setzen aktiv Maßnahmen zur Prävention der Mafiainfiltration öffentlicher Strukturen und zur Förderung der Transparenz bei der öffentlichen Auftragsvergabe auf regionaler Ebene um (z. B. Avviso Pubblico, ITACA[44]). Auf Behördenebene wurden verschiedene weitere Maßnahmen ergriffen, um kriminelle Infiltration bei öffentlichen Aufträgen zu verhindern (z. B. das Projekt CAPACI – Creation of Automated Procedures Against Criminal Infiltration (Einrichtung automatischer Verfahren gegen kriminelle Infiltration) und vom Ausschuss für die Koordinierung der Überwachung großer öffentlicher Bauvorhaben herausgegebene Leitlinien für Anti-Mafia-Kontrollen bei großen Infrastrukturprojekten). Nähere Einzelheiten enthält das Länderkapitel zu Italien.

Daten zu bei öffentlichen Vergabeverfahren auf nationaler und/oder regionaler Ebene aufgedeckten Korruptionsfällen oder Interessenkonflikten werden nur selten zentral erfasst oder in einem nationalen Register gespeichert. Eine solche zentralisierte Datenerfassung wird von den Mitgliedstaaten größtenteils als unnötiger Verwaltungsaufwand aufgefasst. Solche Daten könnten jedoch bei der Entwicklung fundierter Risikobewertungen genutzt werden und zudem wesentlich zur einheitlichen Umsetzung von Antikorruptionsstrategien auf nationaler und regionaler bzw. lokaler Ebene beitragen.

Mit Ausnahme komplexer Aufträge und von Aufträgen mit hohem Wert zählt es nicht zur gängigen Praxis, vor einer öffentlichen Auftragsvergabe regelmäßige und strukturierte Marktstudien durchzuführen. Stückkosten-Datenbanken werden nur in sehr wenigen Mitgliedstaaten auf zentraler oder lokaler Ebene entwickelt oder betreffen nur spezifische Sektoren. Solche Datenbanken können helfen, vergleichende Analysen zwischen ähnlichen Projektarten (z. B. Bau- oder Lieferaufträge) und den damit verbundenen Leistungen durchzuführen. Trotz der Einschränkungen, die angesichts der Komplexität der Produkte und der Vielfalt an Elementen, die in die Leistung einfließen[45], mit einer solchen Vorgehensweise verbunden sind, können derartige Datenbanken helfen, Risiken oder mutmaßlich korruptives Verhalten zu identifizieren, wenn eine ernsthafte Diskrepanz auftritt.

Transparenz

In der Mehrheit der Mitgliedstaaten wurden – teilweise infolge der Umsetzung und Anwendung der Richtlinien für die öffentliche Auftragsvergabe – erhebliche Verbesserungen in Bezug auf die Transparenz öffentlicher Vergabeverfahren erzielt. Einige Mitgliedstaaten haben umfangreiche Maßnahmen ergriffen, um sicherzustellen, dass die Jahresabschlüsse und Bilanzen von Behörden einschließlich Angaben zu den Bau- und Dienstleistungskosten in Echtzeit und in benutzerfreundlichen Formaten veröffentlicht werden.

Rückverfolgung öffentlicher Gelder – Online-Anwendung der slowenischen Kommission für Korruptionsprävention

Die Online-Anwendung „Supervizor“ liefert Informationen über den Geschäftsverkehr der Legislative, der Judikative und der Exekutive, autonomer staatlicher Stellen, von Gemeinden und ihren Stellen mit Rechtspersönlichkeit usw. Die Anwendung enthält Angaben zu Vertragsparteien, den größten Empfängern, verbundenen juristischen Personen, Daten, Beträgen und Zwecken von Transaktionen. Sie bietet einen Überblick über die durchschnittlich 4,7 Mrd. EUR, die jährlich vom öffentlichen Sektor für Güter und Dienstleistungen ausgegeben werden. Außerdem liefert sie nähere Angaben zu den Geschäftsführungs- und Aufsichtsorganen aller staatseigenen oder vom Staat kontrollierten Unternehmen und ihrer Jahresberichte. Dieses Transparenzsystem erleichtert die Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten bei öffentlichen Aufträgen und Ausgaben.

Nationales Internetportal für die Zentralisierung der Informationen über öffentliche Aufträge – BASE – Portugal

Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes über öffentliche Aufträge im Jahr 2008 hat Portugal ein nationales Internetportal namens BASE (www.base.gov.pt) eingerichtet, in dem Informationen über öffentliche Aufträge zentral erfasst werden. Für die Verwaltung dieses Portals ist das Bau- und Immobilieninstitut (InCI) zuständig. BASE erhält Daten aus der elektronischen Ausgabe des portugiesischen Amtsblatts und von den zertifizierten elektronischen Plattformen für offene und beschränkte Verfahren vor der Auftragsvergabe. Sämtliche Vergabebehörden nutzen den nicht-öffentlichen Bereich des Portals, um Auftragsdaten einzugeben, selbst Aufträge hochzuladen und Informationen über ihre Erfüllung einzutragen. Von 2008 bis 2011 wurden nur direkt vergebene Aufträge in BASE veröffentlicht. Seit Januar 2012 müssen alle Aufträge, die aufgrund aller Arten von Verfahren zustande kommen, die dem Gesetz über öffentliche Aufträge unterliegen, in BASE veröffentlicht werden. Zudem werden dort Informationen über die Auftragserfüllung veröffentlicht. Die Veröffentlichung von Aufträgen sowohl in BASE als auch im Amtsblatt ist bei direkten Anpassungen, Erhöhungen des Preises bereits geschlossener Verträge um mindestens 15 % und möglichen Strafen vorgeschrieben.

Elektronische Datenbank für die öffentliche Auftragsvergabe – Kroatien

Im März 2013 richtete eine lokale NRO in der Folge eines von der EU finanzierten Projekts ein Internetportal und eine elektronische Datenbank für die öffentliche Auftragsvergabe ein. Die Datenbank konsolidiert Informationen im Zusammenhang mit der Durchführung öffentlicher Vergabeverfahren und an öffentlichen Vergabeverfahren beteiligten Unternehmen und ist für die Öffentlichkeit kostenlos zugänglich. Ferner enthält die elektronische Datenbank entsprechend den Vorschriften für die Offenlegung von Vermögenswerten Informationen über Vermögenswerte und Interessen von Amtsträgern. Solche aggregierten Daten ermöglichen die Durchführung von Gegenkontrollen.

In manchen Mitgliedstaaten ist der Zugang zu Dokumenten und Informationen über die öffentliche Auftragsvergabe durch übermäßig großzügige Ausnahmeregelungen und eine weit gefasste Definition von Vertraulichkeit in Bezug auf Unterlagen zur öffentlichen Auftragsvergabe eingeschränkt.

In einigen anderen Mitgliedstaaten gelten für die Auftragsvergabe durch staatliche Unternehmen nicht dieselben Transparenz-, Wettbewerbs- oder Kontrollstandards wie für die regulären öffentlichen Vergabeverfahren. Es gab Fälle in einigen Mitgliedstaaten, in denen staatliche Unternehmen mit bevorzugten Partnern außerwettbewerbliche Kaufverträge über den Marktpreisen abschlossen.

Die Veröffentlichung geschlossener Verträge ist noch keine gängige Praxis in der EU. In einigen Mitgliedstaaten werden Verträge vollständig veröffentlicht, und in einem Mitgliedstaat ist die Veröffentlichung sogar eine Voraussetzung für die Gültigkeit des Vertrags (d. h. der Vertrag ist binnen drei Monaten nach der Unterzeichnung zu veröffentlichen, andernfalls wird er annulliert).

Integritätspakte und Rolle der Zivilgesellschaft

Bei Integritätspakten handelt es sich um Vereinbarungen zwischen öffentlichen Auftraggebern und Bietern. Darin verpflichten sich alle Parteien, von jeglichen Korruptionspraktiken Abstand zu nehmen. Solche Vereinbarungen enthalten auch Vorschriften zur Überwachung, Transparenz und Sanktionierung. Damit ihre wirksame Umsetzung gewährleistet ist, werden sie häufig von Organisationen der Zivilgesellschaft überwacht. In einigen Mitgliedstaaten, die eine weitreichende Transparenzpolitik verfolgen, kommt der Zivilgesellschaft mittlerweile eine tragende Rolle bei der komplexen Überwachung von Vergabeverfahren und öffentlichen Aufträgen zu. In einigen Mitgliedstaaten finden Integritätspakte oftmals auf Betreiben von NRO insbesondere bei großen öffentlichen Aufträgen (z. B. bei Infrastrukturgroßprojekten) Anwendung.

Elektronische Auftragsvergabe

Die elektronische Auftragsvergabe verbessert nicht nur die Effizienz der öffentlichen Vergabeverfahren, sondern bietet zusätzliche Sicherheit im Hinblick auf die Verhinderung und Aufdeckung von Korruptionspraktiken, da sie für größere Transparenz und eine bessere Anwendung standardisierter Verfahren sorgt und Kontrollmechanismen erleichtert. Den derzeitigen Richtlinien für die öffentliche Auftragsvergabe zufolge müssen alle Mitgliedstaaten die elektronische Auftragsvergabe einführen, beispielsweise durch die elektronische Veröffentlichung von Auftragsbekanntmachungen, elektronische Kommunikation (einschließlich der Unterbreitung von Angeboten) sowie eine neue, gänzlich elektronische Auftragsvergabe über dynamische Beschaffungssysteme und Online-Auktionen. Zum Zeitpunkt ihrer Annahme im Jahr 2004 lag den Richtlinien ein Aktionsplan bei.[46]

Aus dem Umsetzungsbericht zum öffentlichen Auftragswesen von 2012 geht hervor, dass trotz der erzielten Fortschritte bei der elektronischen Auftragsvergabe lediglich 5 bis 10 % der Vergabeverfahren in der EU elektronisch durchgeführt werden. Einige Mitgliedstaaten jedoch sind auf dem Weg zur ausschließlich elektronischen Auftragsvergabe in den Phasen vor der Zuschlagserteilung erheblich fortgeschritten. Dies gilt insbesondere für Mitgliedstaaten, in denen die elektronische Vergabe gesetzlich vorgeschrieben ist und schrittweise erreicht werden soll.

Das Legislativpaket der Kommission zum öffentlichen Auftragswesen sieht den abgestuften Übergang zur ausschließlich elektronischen Kommunikation vor.

Bewährte Verfahren zur Einführung der elektronischen Auftragsvergabe

Litauen hat erhebliche Fortschritte im Hinblick auf den Online-Zugang zu Daten gemacht, die mit dem öffentlichen Auftragswesen verknüpft sind. Das Spektrum der veröffentlichten Informationen übertrifft die Anforderungen des EU-Rechts und umfasst Entwürfe von technischen Spezifikationen sowie vergebene und ausgeführte öffentliche Aufträge. Zudem müssen Bieter in ihren Angeboten Unterauftragnehmer angeben. Seit 2009 muss das Volumen der elektronisch abzugebenden öffentlichen Angebote mindestens 50 % des Gesamtwerts betragen. In der Folge stieg der Anteil der elektronischen Vergabe von 7,7 % auf 63 % im Jahr 2010 und näherte sich dem Zielwert von 70 % für das Jahr 2013.

Estland hat ein Portal für die elektronische Vergabe und für verbundene Online-Dienste (z. B. Portal für die Eintragung und Verwaltung von Unternehmen und zentralisierte Buchführung im öffentlichen Sektor) eingerichtet. Das Landesregister für das öffentliche Auftragswesen ist ein Portal für elektronische Ausschreibungen, in dem sämtliche Bekanntmachungen für öffentliche Aufträge seit 2003 veröffentlicht werden. Das Gesetz über das öffentliche Auftragswesen sieht weitere Entwicklungen wie Online-Auktionen, ein elektronisches Beschaffungssystem und einen elektronischen Katalog vor. Zudem müssen ab dem Jahr 2013 50 % aller öffentlichen Aufträge elektronisch ausgeschrieben werden. 2012 wurden 15 % der öffentlichen Aufträge elektronisch ausgeschrieben - dreimal so viel wie 2011.

Das portugiesische Programm zur elektronischen Auftragsvergabe ging im Juni 2003 als zentralisiertes leistungsstarkes Portal in Betrieb. Es soll durch mehr Transparenz und Einsparungen im Verfahren der öffentlichen Auftragsvergabe Effizienz und Wettbewerb fördern. Das Portal – http://www.ancp.gov.pt/EN/Pages/Home.aspx – bietet die Möglichkeit, alle Ausschreibungsunterlagen und Spezifikationen gebührenfrei herunterzuladen. Über das Portal werden Ausschreibungen veröffentlicht, Anfragen von Bietern entgegengenommen und sämtliche Aspekte des Informationsaustauschs online verwaltet. Ein Auftragsverwaltungstool ermöglicht das Hochladen von öffentlichen Aufträgen, die Überwachung erteilter Aufträge und die elektronische Rechnungsstellung. Zudem werden mithilfe eines Informationsverwaltungssystems statistische Angaben zum Vergabeverfahren gesammelt, gespeichert und systematisiert.

Näheres zu diesen Verfahren findet sich in den jeweiligen Länderkapiteln.

Kontrollmechanismen

Gemäß den geltenden EU-Vorschriften ist die Einrichtung einer zentralen Beschaffungsstelle fakultativ. Die meisten Mitgliedstaaten haben diese Option jedoch in ihre nationalen Vorschriften aufgenommen. Dem Umsetzungsbericht zum öffentlichen Auftragswesen von 2012 zufolge haben die meisten Mitgliedstaaten besondere Behörden benannt, die für viele oder alle Aufgaben im Rahmen der Auftragsvergabe zuständig sind. In einigen Ausnahmefällen stellt die Zuständigkeit für die Auftragsvergabe nur eine der Aufgaben der betreffenden Behörde dar (wie etwa im Fall der Wettbewerbsbehörden). In einigen Mitgliedstaaten, in denen eine Zentralstelle eingerichtet wurde, sind deren Kapazitäten für die Wahrnehmung immer komplexerer Aufgaben durch mangelnde Personalausstattung und Ausbildung beschränkt.

Die Rechtsmittelrichtlinien stellen es den Mitgliedstaaten frei, die Zuständigkeit für Überprüfungen Verwaltungs- oder Justizbehörden zu übertragen. Die Mitgliedstaaten haben sich zu gleichen Teilen für eine der Optionen entschieden. In einigen Mitgliedstaaten ist die politische Unabhängigkeit solcher Prüfstellen nicht hinreichend gewährleistet, unter anderem in Bezug auf die Ernennung der Leiter und Mitarbeiter.

In den vergangenen Jahren war eine zunehmende Professionalisierung des öffentlichen Auftragswesens zu beobachten, die in der Nachfragebündelung und Zentralisierung durch Rahmenaufträge (17 % des Gesamtwerts der oberhalb des Schwellenwerts liegenden Aufträge, die im Zeitraum 2006-2010 vergeben wurden[47]) und gemeinsamen Einkauf (12 % des jeweiligen Gesamtwerts) zum Ausdruck kommt. Zentrale und lokale staatliche Verwaltungen nutzen zunehmend Spezialorgane wie zentrale Vergabestellen. Gleichzeitig ändert sich durch den vermehrten Rückgriff auf Rahmenaufträge der Charakter des Vergabewesens. In der Vergabepraxis bestehen zwischen den Mitgliedstaaten derzeit erhebliche Unterschiede.

Zwar haben sich in den vergangenen Jahren in den meisten Mitgliedstaaten Sensibilisierungs- und Ausbildungsmaßnahmen im Bereich der Antikorruptionsstrategien verbessert, doch spielen im öffentlichen Auftragswesen tätige Beamte bei der Aufdeckung von Korruptionspraktiken nach eigener Auffassung eine eher bescheidene Rolle. Darüber hinaus arbeiten die Vergabe-, Strafverfolgungs- und Betrugsbekämpfungsbehörden in den einzelnen Mitgliedstaaten nicht immer effektiv zusammen. Die Zusammenarbeit besteht vielfach nur auf dem Papier, und Statistiken belegen, dass Vergabebehörden mutmaßliche Korruption oder Interessenkonflikte nur in geringem Maße Strafverfolgungsbehörden oder Integritätsstellen melden.

In einigen Mitgliedstaaten, in denen die Kontrollmechanismen – vor allem auf lokaler Ebene – eher schwach sind und nur vereinzelt bestehen, scheint Günstlingswirtschaft bei der Zuweisung öffentlicher Mittel in nationalen, lokalen und regionalen Behörden, die an der öffentlichen Auftragsvergabe beteiligt sind, weit verbreitet zu sein.

Während in den Mitgliedstaaten die Effizienz der Kontrollmechanismen vor und während der Angebotsabgabe sowie bei der Zuschlagserteilung gestiegen ist, sind Kontrollen nach der Auftragsvergabe weniger stark ausgeprägt. Einige nationale Rechnungshöfe oder Prüfstellen haben des Öfteren darauf hingewiesen, dass es in der Ausführungsphase zu Unregelmäßigkeiten kommt. In zahlreichen Mitgliedstaaten haben sich die Rechnungshöfe zu wichtigen Akteuren bei der Aufdeckung von Lücken und Schwachstellen in öffentlichen Vergabeverfahren entwickelt. Ihren Empfehlungen in diesem Bereich wird häufig nicht genügend nachgekommen.

Die Unternehmensstruktur von Bietern und Unterauftragnehmern wird im öffentlichen Vergabeverfahren sehr selten geprüft. In mindestens einem Mitgliedstaat lässt es die Gesetzeslage zu, dass öffentliche Aufträge an Unternehmen mit anonymen Anteilseignern vergeben werden, ohne dass ausreichend starke Schutzbestimmungen gegen Interessenkonflikte vorhanden sind.

Aufsichtskoordinierung, partielle Überschneidungen, Aufgabenteilung oder nur vereinzelte zentrale und lokale Kontrollmechanismen (unter anderem in der Ausführungsphase) stellen in einer Reihe von Mitgliedstaaten nach wie vor Probleme dar.

Kontrollmechanismen für öffentliche Aufträge unterhalb der in der EU geltenden Schwellenwerte sind in den meisten Mitgliedstaaten besonders schwach. Dies gibt Anlass zur Sorge insbesondere im Hinblick auf die gemeldeten Praktiken, bei denen Aufträge in kleinere Partien aufgeteilt werden mit dem Ziel, Vergabeanforderungen und Kontrollen in der EU zu umgehen.

Ausschluss

Im Einklang mit den EU-Vorschriften bestehen in allen Mitgliedstaaten verbindliche Ausschlussbestimmungen, denen zufolge Bieter, die wegen Korruption rechtskräftig verurteilt wurden, vom Vergabeverfahren ausgeschlossen sind. Viele nationale Rechtsvorschriften enthalten sogenannte Selbstreinigungsbestimmungen.[48] Die Mitgliedstaaten sind nicht verpflichtet, Ausschlusslisten zu veröffentlichen,[49] und im Allgemeinen tun sie dies auch nicht. In zahlreichen Mitgliedstaaten haben öffentliche Auftraggeber gegenseitigen Zugang zu ihren internen Ausschlussdatenbanken. Internationale Ausschlusslisten werden in den EU-Mitgliedstaaten grundsätzlich nicht als Ausschlussgrundlage berücksichtigt.

Sanktionen

In den meisten Mitgliedstaaten fällt Korruption im öffentlichen Auftragswesen unter die Straftatbestände der Bestechung oder der missbräuchlichen Einflussnahme. Es gibt Mitgliedstaaten, in denen es für korruptionsbezogene Straftaten, die Vergabeverfahren betreffen, einen eigenen Straftatbestand gibt. Grundsätzlich werden Vergabeverfahren ausgesetzt, unterbrochen oder annulliert, wenn korruptives Verhalten oder Interessenkonflikte aufgedeckt werden. Dabei wird jedoch unterschieden, ob das korruptive Verhalten bzw. der Interessenkonflikt vor oder nach der Auftragsvergabe aufgetreten ist. In vielen Fällen muss über die Sanktionierung des korruptiven Verhaltens oder des Interessenkonflikts hinaus ein zivilrechtliches Verfahren zur Annullierung des öffentlichen Auftrags angestrengt werden. Dies umfasst häufig langwierige Verfahren, deren Wirkungen sich möglicherweise zu spät entfalten, so dass es letztlich schwer oder sogar unmöglich sein kann, Verluste vollständig auszugleichen. In einigen Mitgliedstaaten enthalten öffentliche Aufträge eine Antikorruptionsklausel, die im Falle von Korruptionspraktiken, die während der Vertragslaufzeit nachgewiesen werden, wirksamere Folgemaßnahmen gewährleisten (z. B. klare Verfahren für die Annullierung eines Auftrags oder für die Anwendung von Vertragsstrafen).

In einigen Mitgliedstaaten, in denen Korruption im öffentlichen Auftragswesen besonders besorgniserregend ist, gibt es kaum Erfolge im Hinblick auf Strafverfolgungsmaßnahmen und rechtskräftige Verurteilungen, und nur in wenigen Fällen werden letztlich abschreckende Sanktionen verhängt. Die Ermittlungen verlaufen in diesen Fällen in der Regel schleppend, und häufig sind Aufträge oder Projekte bereits ausgeführt, wenn Korruptionspraktiken aufgedeckt werden. Korruptionsfälle im öffentlichen Auftragswesen sind oftmals komplex und betreffen bisweilen hochrangige Beamte. Zur Gewährleistung wirksamer und fairer Gerichtsverfahren bedarf es deshalb besonderer Fachkenntnisse. In einigen Mitgliedstaaten besteht Verbesserungsbedarf im Hinblick auf die Ausbildung von Staatsanwälten und/oder Richtern im Bereich des öffentlichen Auftragswesens.

C. Schlussfolgerungen und Empfehlungen zum öffentlichen Auftragswesen

Wie vorstehend ausgeführt, sind Fortschritte bei der Umsetzung der Korruptionsbekämpfungsstrategien im öffentlichen Auftragswesen der Mitgliedstaaten zu erkennen. Dieser Bereich birgt jedoch nach wie vor Risiken. Es bedarf weiterer Anstrengungen zur Verstärkung der Integritätsstandards. Die überarbeiteten Auftragsvergabe- und Sektorenrichtlinien sowie die vorgeschlagene Konzessionsvergabe-Richtlinie enthalten als wichtigen Teil der allgemeinen Modernisierungsbestrebungen Standards für die Korruptionsbekämpfung und für eine verantwortungsvolle Verwaltung. Die in diesen Richtlinien vorgeschlagenen Mindeststandards zu Interessenkonflikten, vorherige Marktkonsultationen, verbindliche und freiwillige Ausschlusskriterien, Selbstreinigungsbestimmungen, strengere Vorschriften für die Änderung und Kündigung von Verträgen, die Zentralisierung von Korruptions- und Interessenkonfliktdaten sowie die Überwachungs- und Meldepflichten tragen den oben genannten Bedenken weitgehend Rechnung.

Im Hinblick auf etwaige weitere von den Mitgliedstaaten zu ergreifende Maßnahmen ergeben sich aus den 17 Länderkapiteln, in denen Probleme im öffentlichen Auftragswesen behandelt wurden, und aus der Analyse in diesem Abschnitt die folgenden allgemeinen Empfehlungen:

1. Systematische Bewertung der Korruptionsrisiken im öffentlichen Auftragswesen

· Risikobewertungen sollten mit Unterstützung der Strafverfolgungsbehörden oder der Korruptionsbekämpfungs- bzw. Integritätsstellen auf der Aufsichtsebene für das öffentliche Auftragswesen erfolgen. Dabei ist es unerheblich, wo diese Aufsicht institutionell angesiedelt ist.

· Daten zu aufgedeckten Korruptionspraktiken und -mustern, darunter Interessenkonflikte und Drehtür-Praktiken, sollten zentral erfasst werden. Risikobewertungen sollten auf diesen Daten beruhen.

· Auf der Grundlage von Risikobewertungen sollten maßgeschneiderte Lösungen für besonders korruptionsanfällige Sektoren und die gängigsten Arten von Unregelmäßigkeiten, die während des Vergabezyklus oder danach auftreten, entwickelt werden.

· Es sollten gezielte Antikorruptionsstrategien für regionale und lokale Verwaltungsbehörden eingeführt werden. Dabei könnten Risikobewertungen beleuchten, wo die besonderen Schwachstellen auf dieser Verwaltungsebene liegen.

· Es sollten einheitliche Leitlinien für den Einsatz von Warnsystemen ausgearbeitet und verbreitet werden. Diese sollen den öffentlichen Auftraggebern und den Aufsichtsbehörden bei der Aufdeckung von korruptivem Verhalten, Günstlingswirtschaft und Interessenkonflikten helfen.

2. Umsetzung hoher Transparenzstandards für den gesamten Vergabezyklus sowie für die Ausführungsphase nach der Auftragsvergabe

· Auf lokaler und regionaler Verwaltungsebene sollten Mindest-Transparenzstandards für Vergabeverfahren und für die Phase der Auftragsausführung gelten.

· Öffentliche Aufträge einschließlich der Bestimmungen zu Rechten, Pflichten und Strafen sollten veröffentlicht oder zugänglich gemacht werden. Hiervon sollte nur in genau festgelegten, beschränkten und gerechtfertigten Ausnahmefällen in Bezug auf gewisse vertrauliche Vertragsklauseln abgewichen werden.

· Die Transparenz der öffentlichen Vergabeverfahren – vor und nach der Auftragserteilung – sollte erhöht werden, indem alle Verwaltungsstellen (auf zentraler, regionaler und lokaler Ebene) Jahresabschlüsse und Bilanzen sowie aufgeschlüsselte Bau-, Liefer- und Dienstleistungskosten online veröffentlichen. Die Transparenz der von staatseigenen Unternehmen und im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft ausgeführten Aufträge sollte erhöht werden.

3. Verstärkung der internen und externen Kontrollmechanismen für den gesamten Vergabezyklus sowie für die Ausführungsphase nach der Auftragsvergabe

· Prüfstellen für die Vergabe öffentlicher Aufträge, Beratungsgremien, Aufsichtsorgane und Rechnungshöfe (je nach Fall) sollten mit ausreichenden Kapazitäten ausgestattet sein, um ihre Prüfaufgaben wahrnehmen zu können.

· Interne Kontrollmechanismen zur Verhinderung und Aufdeckung von Korruptionspraktiken und Interessenkonflikten sollten verstärkt werden. Dabei ist zu gewährleisten, dass während des gesamten Vergabezyklus ordnungsgemäße und einheitliche Kontrollen erfolgen, die auf Korruptionspraktiken und Interessenkonflikte abzielen. Hierbei sollten vorrangig die anfälligsten Vergabeverfahren oder Verwaltungsebenen unangemeldeten Ad-hoc-Kontrollen durch unabhängige Aufsichtsorgane unterzogen werden.

· Kontrollmechanismen und -instrumente für die Ausführungsphase nach der Auftragserteilung sollten verbesserten werden.

· Für Empfehlungen von Rechnungshöfen, die Unregelmäßigkeiten im öffentlichen Auftragswesen festgestellt haben, sollten angemessene Folgemaßnahmen gewährleistet werden.

· Die Unternehmensstruktur von Bietern und Unterauftragnehmern sollte geprüft werden.

· Es sollten angemessene Kontrollmechanismen für Aufträge, die von staatseigenen Unternehmen und im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft ausgeführt werden, gewährleistet werden.

4. Vermittlung eines kohärenten Gesamtbildes und Sensibilisierung für die notwendige und sachgemäße Verhinderung und Aufdeckung von Korruptionspraktiken auf allen Ebenen des öffentlichen Auftragswesens

· Es sollte für eine effektive Koordinierung zwischen den für die Aufsicht im öffentlichen Auftragswesen zuständigen Behörden gesorgt werden.

· Es sollten detaillierte Leitlinien zur Verhinderung und Aufdeckung von Korruptionspraktiken und Interessenkonflikten im öffentlichen Auftragswesen, insbesondere auf regionaler und lokaler Ebene, entwickelt und verbreitet werden.

· Staatsanwälten und Richtern sollten maßgeschneiderte Schulungen zu fachlichen und rechtlichen Aspekten der öffentlichen Auftragsvergabe angeboten werden.

5. Verschärfung der Sanktionen

· Es sollten abschreckende Sanktionen in Bezug auf Korruptionspraktiken, Günstlingswirtschaft und Interessenkonflikte im öffentlichen Auftragswesen angewendet werden.

· Für den Fall, dass Vergabeverfahren von Korruption betroffen sind, sollten wirksame Folgemechanismen für die rechtzeitige Aufhebung von Vergabebeschlüssen und/oder Annullierung von öffentlichen Aufträgen gewährleistet werden.

ANHANG

Methodik

Gegenstand des Berichts

Wie eingangs bemerkt, ist unter Korruption im Einklang mit internationalen Rechtsinstrumenten jeder „Machtmissbrauch zur Erlangung privater Vorteile“ zu verstehen. Wenngleich die genaue Bedeutung und Abgrenzung des Begriffs Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen sind, impliziert seine Verwendung im Bericht zwei Aspekte: Erstens umfasst der Begriff bestimmte Korruptionshandlungen sowie die Maßnahmen, die von den Mitgliedstaaten zur Verhinderung oder Ahndung gesetzlich definierter Korruptionshandlungen ergriffen werden. Zweitens umfasst er bestimmte Verhaltensweisen und Maßnahmen, die sich auf das Korruptionsrisiko sowie auf die Fähigkeit des Staates auswirken, Korruption zu kontrollieren. Deshalb befasst sich der Bericht mit einer Vielfalt von Aspekten, die über Bestechung und Bestechlichkeit hinaus mit Korruption in Zusammenhang stehen, beispielsweise missbräuchliche Einflussnahme, Amtsmissbrauch, Vettern- und Günstlingswirtschaft, illegaler Lobbyismus und Interessenkonflikte. Dieser erste Korruptionsbekämpfungsbericht der EU zielt darauf ab, das Hauptaugenmerk auf eine begrenzte Anzahl von Hauptproblemen im Zusammenhang mit Korruption zu richten. Auf Randaspekte wird kontextbedingt eingegangen.

Verfassungsrechtliche Regelungen (Maß an Dezentralisierung, Stellung der Gerichte, Beziehung zwischen Staatsanwaltschaft und Exekutive), Organisation und Qualität des öffentlichen Dienstes, die aktive Rolle des Staates in der Wirtschaft und Privatisierung sind aus Sicht der Korruption relevant. Der Bericht enthält kein allgemeines Werturteil über verfassungsrechtliche Regelungen oder darüber, wie staatliches von privatem Eigentum abgegrenzt wird. Er verhält sich also neutral im Hinblick auf die Dezentralisierung, prüft jedoch, ob angemessene Kontrollmechanismen für den Umgang mit Korruptionsrisiken bestehen. Gleiches gilt für die Privatisierung: Die Übertragung staatlicher Vermögenswerte auf den Privatsektor birgt gewisse Korruptionsrisiken, kann jedoch langfristig Risiken senken, die mit Korruption, Vetternwirtschaft und Klientelismus in Verbindung stehen. Der Bericht widmet sich lediglich der Frage, ob es transparente wettbewerbsorientierte Verfahren zur Verringerung des Korruptionsrisikos gibt. Das Verhältnis zwischen Staatsanwaltschaft und Exekutive ist verfassungsrechtlich und nach dem Gesetz unterschiedlich geregelt. Der Bericht verhält sich neutral gegenüber den verschiedenen Modellen, da lediglich geprüft wird, ob Staatsanwälte in Korruptionsfällen wirksam ermitteln können.

Informationsquellen

Ziel der Kommission war es, die Duplizierung bestehender Berichterstattungsmechanismen und die Erhöhung des Verwaltungsaufwands für die Mitgliedstaaten, die verschiedenen ressourcenaufwändigen Peer-review-Evaluierungen unterliegen (GRECO, OECD, UNCAC, FATF, Moneyval), zu vermeiden. Der Bericht beruht deshalb nicht auf ausführlichen Fragebögen oder Länderbesuchen von Experten. Ihm liegen die vielfältigen Informationen aus bestehenden Überwachungsmechanismen sowie Daten aus anderen Quellen zugrunde, darunter nationale Behörden, akademische Einrichtungen, unabhängige Experten, Denkfabriken, Organisationen der Zivilgesellschaft usw.

Außerdem stützt sich der Bericht auf korruptionsbezogene Informationen, die ein breites Spektrum von Politikbereichen (z. B. öffentliches Auftragswesen oder Regionalpolitik) betreffen und von verschiedenen Kommissionsdienststellen sowie den einschlägigen EU-Agenturen (Europol und Eurojust) stammen. Studien und Umfragen wurden eigens in Auftrag gegeben, um die Wissensbasis in den Bereichen, die für den Bericht relevant sind, zu erweitern. Auf Initiative des Europäischen Parlaments gab OLAF eine umfassende Studie über Korruption im auch EU-Mittel umfassenden öffentlichen Auftragswesen in Auftrag. Die Ergebnisse der Studie flossen in das thematische Kapitel und in die Länderkapitel ein. Eine weitere Studie betraf Korruption im Gesundheitswesen. Im Jahr 2013 wurden zwei Eurobarometer-Erhebungen durchgeführt: Zielgruppe der ersten Erhebung war die breite Öffentlichkeit, die zweite wurde bei einer repräsentativen Auswahl von Unternehmen in jedem Mitgliedstaat durchgeführt. Daten zu Korruption auf regionaler Ebene wurden der vom QOG (Quality of Government Institute) der Universität Göteburg durchgeführten Studie über die Qualität der Regierungsarbeit entnommen. Schließlich verwendete die Kommission Informationen aus von der EU kofinanzierten Forschungsprojekten wie den nationalen Integritätsberichten, die von Transparency International erstellt wurden.

Der Korruptionsbekämpfungsbericht der EU stützt sich zudem auf den Kooperations- und Überprüfungsmechanismus (CVM), einem für die Zeit nach dem EU-Beitritt eingerichteten Kontrollverfahren für Rumänien und Bulgarien, das von der Europäischen Kommission verwaltet wird. Zwar dienen diese beiden Mechanismen unterschiedlichen Zwecken, doch greift der aktuelle Bericht auf die im Rahmen des CVM-Verfahrens gemachten umfassenden Erfahrungen zurück und enthält entsprechende Verweise in den beiden Länderkapiteln. Nach Abschluss des CVM-Verfahrens wird sich dieser Bericht weiterhin den Problemen widmen, die im Zusammenhang mit Korruption relevant sind.

In Bezug auf Kroatien wurden im Rahmen des Heranführungsprozesses und des damit verbundenen Monitoring umfassende Informationen erhoben. Aus dem Monitoring der Korruptionsbekämpfungsbemühungen im Rahmen des Erweiterungsprozesses ließen sich zahlreiche wertvolle Erkenntnisse gewinnen, die insbesondere Aufschluss über Faktoren gaben, die sich auf die Nachhaltigkeit der Agenda zur Korruptionsbekämpfung auswirken.

Vorbereitungsprozess und unterstützende Instrumente

Im September 2011 nahm die Kommission einen Beschluss zur Einsetzung einer Expertengruppe „Korruption“ an, die am Korruptionsbekämpfungsbericht der EU mitwirken sollte. Die Expertengruppe wirkt beratend im Hinblick auf die allgemeine Methodik und die im Bericht enthaltenen Bewertungen. 17 von knapp 100 Experten, die im Zuge einer offenen Ausschreibung ihr Interesse bekundet hatten, wurden ausgewählt. Die ausgewählten Experten kommen aus den verschiedensten Bereichen (Verwaltung, Strafverfolgung, Gerichte, Präventionsdienste, Privatsektor, Zivilgesellschaft, internationale Organisationen, Forschung usw.). Sie handeln in persönlicher Eigenschaft und vertreten nicht die Einrichtungen, denen sie angehören. Die Gruppe nahm ihre Arbeit im Januar 2012 auf und traf sich durchschnittlich alle drei Monate.[50]

Die Kommission hat zudem ein Netz von lokalen Forschungskorrespondenten eingerichtet, das seit August 2012 tätig ist. Das Netz ergänzt die Arbeit der Expertengruppe, indem es die betreffenden Informationen aus jedem Mitgliedstaat sammelt und verarbeitet. Ihm gehören Experten auf dem Gebiet der Korruption an, die aus Forschung und Zivilgesellschaft kommen. Um ein unvoreingenommenes Herangehen zu gewährleisten, beurteilen 28 externe Prüfer die wichtigsten Leistungen der Korrespondenten und nehmen zur Ausgewogenheit dieser Beiträge Stellung.

Die Kommission organisierte zwei Workshops, an denen nationale Behörden (Korruptionsbekämpfungsstellen, Staatsanwaltschaften, koordinierende Ministerien), Wissenschaftler, NRO, Journalisten und Unternehmensvertreter teilnahmen. Der erste Workshop fand am 11. Dezember 2012 in Sofia statt; es nahmen Akteure aus 14 Mitgliedstaaten (AT, BG, CY, CZ, EL, ES, FR, HR, HU, IT, PT, RO, SK, SI) teil. Der zweite Workshop fand am 5. März 2013 im schwedischen Göteborg unter Beteiligung von Akteuren aus den restlichen 14 Mitgliedstaaten (BE, DE, DK, EE, IE, LU, MT, NL, LT, LV, PL, SE, FI, UK) statt. Die Workshops sollten Informationen über die Arbeit der Kommission am Bericht sowie länderspezifische Beispiele für gute und schlechte Verfahren bei korruptionsbezogenen Problemen in den Mitgliedstaaten vermitteln.

Die Kommission hat auch Beiträge von den nationalen Betrugsbekämpfungsstellen erhalten, die dem EPAC/EACN-Netz (European Partners Against Corruption/European Contact-Point Network Against Corruption) angeschlossen sind.

Die Kommission hat den Behörden der Mitgliedstaaten zudem Gelegenheit gegeben, die frühen Entwürfe der jeweiligen Länderkapitel (ohne die Probleme, zu denen die Mitgliedstaaten Folgemaßnahmen ergreifen sollten) einzusehen und zu kommentieren. Diese Kommentare wurden bei der Erstellung des Berichts sorgfältig geprüft.

Bewertungsmethodik und Indikatoren

Dem Bericht liegt in erster Linie eine qualitative und weniger eine quantitative Bewertung zugrunde. Dabei geht es um eine Bewertung der einzelnen Länder im jeweiligen nationalen Kontext, d. h. darum, in welchen Bereichen die Korruptionsbekämpfung im betreffenden Land erfolgreich ist und wo noch Verbesserungsbedarf besteht. Quantitative Aspekte sind vor allem deshalb untergeordnet, weil sich zahlenmäßig schwer bestimmen lässt, welchen Anteil die Korruption an einem bestimmten Problem hat. Noch schwerer ist es, eine Rangliste der Länder nach Ergebnissen zu erstellen. Gegen einen quantitativen Ansatz spricht auch, dass Indizes von bekannten Umfragen tendenziell auf Daten Dritter beruhen. Dies schafft einen Kaskadeneffekt: Synthetische Indizes auf der Basis dieses Ansatzes können die Informationslage ein oder zwei Jahre vor Veröffentlichung der betreffenden Daten wiedergeben. So werden bei Umfragen für gewöhnlich Eurobarometer-Ergebnisse verwendet. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des synthetischen Index könnte jedoch bereits eine aktuellere Eurobarometer-Umfrage verfügbar sein.

Wahrnehmungserhebungen erweisen sich angesichts des verborgenen Charakters von Korruption mit der Zeit als wichtiger Indikator für die Allgegenwärtigkeit des Problems. Umfragen sind per definitionem durch den vorgegebenen Fragekatalog begrenzt und sind in starkem Maße von der Offenheit der Befragten abhängig. Umfrageergebnisse werden zudem zweifellos von aktuellen Ereignissen zum Zeitpunkt der Befragung beeinflusst. Zugleich kann in Fällen, in denen ein Land massiver gegen Korruption vorgeht und in der Folge mehr Korruptionsfälle enthüllt werden, eine intensivere Berichterstattung in den Medien und ein gesteigertes öffentliches Bewusstsein zu einer negativen Dynamik bei Wahrnehmungserhebungen führen, d. h. Korruption wird von mehr Menschen als zuvor verstärkt wahrgenommen. Auch können Antworten politisch motiviert sein, etwa wenn die Wirksamkeit der Umsetzung von Strategien an der Popularität einer Regierung gemessen wird. Und dennoch: Die bloße Wahrnehmung von weit verbreiteter Korruption kann für sich genommen als Indikator für ineffiziente Strategien angesehen werden.

Abseits von Wahrnehmungserhebungen gibt es interessante Forschungsergebnisse zur Korrelation zwischen einigen wirtschaftlichen und sozialen Indikatoren einerseits und Korruption andererseits. So wurde Korruption beispielsweise vor dem Hintergrund einer möglichen Korrelation mit der Wirtschaftswachstumsrate, der Zuweisung öffentlicher Mittel, der Verbreitung des Internets, den Mitteln für die Strafverfolgung und der Durchsetzung von Wettbewerbsvorschriften untersucht. In der Praxis erwies es sich jedoch als schwierig, in den Mitgliedstaaten glaubwürdige vergleichbare Daten von hoher Güte zu erheben und auf überzeugende Weise eine Verbindung zwischen den genannten Faktoren und Korruption zu belegen. Außerdem lassen sich nicht so einfach klare politikorientierte Schlussfolgerungen aus diesen Korrelationen ziehen.

Trotz dieser Beschränkungen beschloss die Kommission, auf die bereits vorhandenen Indikatoren zurückzugreifen. Es wurde ein möglichst umfassendes Inventar dieser Indikatoren erstellt, ohne die Zuverlässigkeit oder Relevanz der verfügbaren Daten grundsätzlich zu beurteilen. Das Inventar besteht aus Daten von bereits durchgeführten Erhebungen (von OECD, Weltbank, Weltwirtschaftsforum, Transparency International, Akademien usw.), von Eurobarometer und zahlreichen anderen Quellen. Es war nicht als Grundlage für einen neuen Korruptionsindex konzipiert, sondern sollte in Ergänzung der qualitativen Bewertung, die das Kernstück des Berichts darstellt, Analysezwecken dienen. Bei der Erstellung der Inventarliste wurde der Kommission bewusst, dass es grundsätzlich problematisch sein könnte, sich vorrangig auf Indikatoren und statistische Daten zu stützen, um Korruptionsprobleme ihrem Wesen nach zu erfassen und durchführbare maßgeschneiderte politische Empfehlungen auszuarbeiten. Dennoch wurden durch zuverlässige Daten gestützte, bereits vorhandene Indikatoren mit unmittelbarem Bezug zur Betrugsbekämpfung erhoben, um die Situation in den Mitgliedstaaten zu untersuchen und Bereiche für eingehendere länderspezifische Analysen zu ermitteln. Diese Daten wurden (1) als Hintergrundinformationen (Einführung in die jeweiligen Länderkapitel) verwendet und dienen (2) als (ergänzender) Ausgangspunkt für weitere Untersuchungen zu besonderen Fragestellungen/Sektoren auf Ebene der Mitgliedstaaten oder der EU im Interesse der Problemerkennung und Reaktionsbewertung. Sie trugen (3) auch dazu bei, Fehler oder mangelnde Kohärenz in verschiedenen Quellen zu identifizieren.

Bei der Interpretation der Strafrechtsstatistiken im Kontext der Korruption ist mit Bedacht vorzugehen. Bei schweren Verbrechen wie Diebstahl, Raub, Einbruch oder Überfall liegt die Annahme nahe, dass das Opfer die Straftat bei der Polizei meldet. Deshalb dürften die Kriminalstatistiken das tatsächliche Ausmaß des betreffenden Problems wiedergeben. Mit Korruption verhält es sich anders: Sie erfolgt im Verborgenen, und in den meisten Fällen gibt es kein unmittelbares Opfer, das Anzeige erstatten könnte. Aus diesem Grund dürfte die Dunkelziffer bei Korruption wesentlich höher liegen als bei anderen Straftaten.

Erfolgt in einer hohen Zahl von Fällen eine Meldung an Strafverfolgungsbehörden mit anschließendem Gerichtsverfahren und rechtskräftiger Verurteilung, kann dies auf das Ausmaß des Korruptionsproblems hindeuten. Andererseits vermittelt es auch ein positives Bild: Korruption wird vermutlich weniger toleriert, die Bereitschaft zur Meldung von Korruptionsfällen dürfte deshalb höher sein und sowohl Strafverfolgungsbehörden als auch Gerichte sind mit den notwendigen Mitteln ausgestattet, um Korruption aufzudecken und strafrechtlich zu verfolgen. Wahr ist jedoch auch, dass eine geringe Zahl gemeldeter und strafrechtlich verfolgter Fälle nicht unbedingt bedeutet, dass das Korruptionsniveau niedrig ist: Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass der Wille zur Bekämpfung von Korruption fehlt, Staatsanwälte und Richter nicht motiviert sind und/oder nicht mit den notwendigen Instrumenten und Ressourcen ausgestattet sind, um sich mit Korruptionsfällen zu befassen. Hinzu kommt, dass sich Daten zu Strafverfahren nur sehr schwer vergleichen lassen: Erstens ist der Straftatbestand der Korruption in den Mitgliedstaaten nicht einheitlich definiert, weshalb korruptionsbezogene strafbare Handlungen unterschiedlich erfasst werden. Zweitens könnte es sein, dass Korruption angesichts der Unterschiede in den Strafverfahren – beispielsweise im Hinblick auf die Vorschriften über die Beweisaufnahme – im Rahmen anderer strafbarer Handlungen (z. B. Betrug oder Geldwäsche) strafrechtlich verfolgt wird.

Die Menge der verfügbaren Daten über – nicht nur strafrechtlich relevante – Korruption schwankt erheblich von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat. Dieser Umstand kann wie oben angeführt auf zweifache Weise ausgelegt werden: Zum einen ließe sich eine Korrelation herstellen zwischen dem Ausmaß des Problems und der Menge der verfügbaren Daten. Zum anderen gibt es Fälle, in denen Korruption nicht vorrangig behandelt wird, und anhand der relativ wenigen Informationen lassen sich weder das Ausmaß der Korruption bestimmen noch der Grad der Wirksamkeit politischer Maßnahmen beurteilen. Diese methodische Herausforderung macht es noch schwerer, aussagekräftige Vergleiche zwischen Mitgliedstaaten zu ziehen.

Korruptionsbekämpfungsmaßnahmen

Dem Bericht liegt die Annahme zugrunde, dass es keine Patentlösung für das Korruptionsproblem gibt. Deswegen werden auch keine standardisierten Lösungen für alle Mitgliedstaaten vorgeschlagen. Um dies am Beispiel von Interessenkonflikten zu verdeutlichen: Die Wahl der Lösungen hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, unter anderem davon, in welchem Maß Interessenkonflikte in einem Land als Problem wahrgenommen werden, welche kulturellen Normen bestehen oder wie sehr anerkannte gesellschaftliche Normen in Rechtsvorschriften zum Ausdruck kommen sollen. In dem Bericht sollen Empfehlungen vorgelegt werden, die auf den jeweiligen nationalen Kontext der Mitgliedstaaten zugeschnitten sind.

Umfassende Antikorruptionsstrategien galten vor einem Jahrzehnt als probates Allheilmittel, um der Korruptionsbekämpfung auf der politischen Tagesordnung mehr Gewicht zu geben, den politischen Willen zu stärken und mehr Ressourcen zu mobilisieren. Die Ergebnisse fielen indes unterschiedlich aus. Während in einigen Fällen echte Fortschritte erzielt wurden, hatten in anderen Fällen eindrucksvolle Strategien nur eine geringe oder gar keine Auswirkung auf die Situation vor Ort. Deshalb ist dieser Bericht zurückhaltend, was diesbezügliche Empfehlungen anbelangt. Empfehlungen werden nur ausgesprochen, wenn anzunehmen ist, dass die mit der Ausarbeitung einer Strategie verbundenen Anstrengungen zu positivem Engagement und zu einer deutlichen Verbesserung der zwischenbehördlichen Zusammenarbeit führen werden.

Wie Strategien waren auch Betrugsbekämpfungsstellen eine Zeitlang in Mode. Doch auch diese lieferten unterschiedliche Ergebnisse: In einigen Fällen erwiesen sich solche Stellen, wenn sie mit einem starken Mandat und einer engagierten unabhängigen Leitung ausgestattet waren, als wahrer Durchbruch bei der strafrechtlichen Verfolgung von Korruptionsfällen auf hoher Ebene. In anderen Fällen ist durch die Einrichtung solcher Stellen unter Umständen der falsche Eindruck entstanden, dass andere Behörden sich weniger einbringen müssen. Deshalb wird jede Situation im jeweiligen nationalen Kontext unter Berücksichtigung der Gegebenheiten jedes einzelnen Landes bewertet, ohne dass eine einheitliche Lösung propagiert wird.

In dem Bericht wird darauf hingewiesen, dass bestimmte Behörden, denen eine Schlüsselrolle bei der Korruptionsbekämpfung zukommen könnte, nicht angemessen mit Human- und Finanzressourcen ausgestattet sind. Der Kommission ist bewusst, dass es angesichts der derzeitigen Sparpolitik äußerst schwer ist, mehr Mittel für bestimmte Einrichtungen und für Implementierung bereitzustellen. In bestimmten Situationen könnte jedoch die Bereitstellung solcher Mittel durch die Verringerung der korruptionsbezogenen Kosten langfristig erhebliche Einsparungen mit sich bringen. In diesem Bericht wird deshalb in manchen Fällen nachdrücklich empfohlen, der Mittelzuweisung für besonders wichtige öffentliche Stellen oder Programme für die Korruptionsprävention oder Korruptionsbekämpfung Vorrang einzuräumen.

Synergien mit bestehenden Überwachungsmechanismen und Bewertungsvorgaben

Auf internationaler Ebene sind als wichtigste bestehende Überwachungsmechanismen die Europarats-Gruppe der Staaten gegen Korruption (GRECO), die OECD-Arbeitsgruppe „Bestechung“ und der Überwachungsmechanismus des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen Korruption (UNCAC) zu nennen. Bei der Erstellung des Berichts griff die Kommission umfassend auf Erkenntnisse zurück, die aus diesen Mechanismen (vor allem GRECO und OECD) gewonnen wurden. Die Korruptionsbekämpfungsstandards von UNCAC, GRECO und OECD (beispielsweise Strafrechtsübereinkommen des Europarats über Korruption und sein Zusatzprotokoll, Zivilrechtsübereinkommen über Korruption, 20 Grundsätze des Europarats für die Korruptionsbekämpfung, Empfehlungen des Europarats zur Parteienfinanzierung, Empfehlungen des Europarats zu Verhaltenskodizes für Amtsträger sowie OECD-Übereinkommen über die Bekämpfung von Bestechung) sind ein wichtiger Bezugsrahmen für die Bewertung.

Der Bericht reproduziert die fachlichen Analysen der GRECO- oder OECD-Berichte nicht einfach, stützt sich jedoch auf ihre Empfehlungen, sofern diese noch nicht umgesetzt wurden oder für die Hauptprobleme, die für die jeweiligen Länderkapitel ermittelten wurden, relevant sind. Durch das Einfließen dieser ausgewählten, aus anderen Mechanismen gewonnenen Empfehlungen in den Bericht soll ihre Umsetzung gefördert werden.

Die Synergien mit GRECO sind besonders wichtig, da GRECO sämtliche EU-Mitgliedstaaten sowie andere europäische Länder umfasst, die für einen künftigen EU-Beitritt oder die Östliche Partnerschaft in Frage kommen. Die Kommission ergreift derzeit Maßnahmen, die den vollumfänglichen künftigen Beitritt der EU ermöglichen. Hierdurch wird auch der Weg für eine engere Zusammenarbeit im Hinblick auf die folgenden Korruptionsbekämpfungsberichte der EU geebnet.

[1]               http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2011:0308:FIN:DE:PDF

[2]              Insbesondere das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption sowie die Rechtsinstrumente des Europarats zur Bekämpfung der Korruption, einschließlich der Entschließung (97) 24 über die 20 Leitlinien zur Bekämpfung der Korruption und die Empfehlungen Nr. R (2000)10 über Verhaltenskodizes für Amtsträger und Nr. R (2003)4 über gemeinsame Regelungen zur Bekämpfung der Korruption bei der Finanzierung von politischen Parteien und von Wahlkampagnen.

[3]      Die Gesamtkosten der Korruption für die Wirtschaft lassen sich nicht ohne Weiteres berechnen. Der genannte Betrag geht auf Schätzungen von spezialisierten Einrichtungen und Gremien (internationale Handelskammer, Transparency International, Globaler Pakt der Vereinten Nationen, Weltwirtschaftsforum, „Clean Business is Good Business“ usw.) aus dem Jahr 2009 zurück, welche besagen, dass der Korruptionsanteil am weltweiten BIP 5 % beträgt. Siehe auch die Mitteilung der Kommission zur Korruptionsbekämpfung in der EU vom 6. Juni 2011: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2011:0308:FIN:DE:PDF.

[4]      „Excellence in public administration for competitiveness in EU Member States“ (2011-2012): http://ec.europa.eu/enterprise/policies/industrial-competitiveness/monitoring-member-states/improving-public-administration/.

[5]     COM(2014) 14.

[6]      Eine Erhebung, die alle zwei Jahre in allen Mitgliedstaaten in der allgemeinen Bevölkerung durchgeführt wird und bei der (je nach der Bevölkerungszahl) 1000 oder 500 Teilnehmer persönlich interviewt werden. An dieser Erhebung nahmen Ende Februar/Anfang März 2013 insgesamt 27 786 Personen (repräsentative Stichprobe) teil. Unter anderem ging es um die Korruptionswahrnehmung allgemein, persönliche Erfahrungen mit Korruption sowie die Einstellung in Bezug auf Gefälligkeiten und Geschenke. Die Eurobarometer-Umfragen finden seit 2007 alle zwei Jahre statt. 2013 hat die Kommission beschlossen, die Fragen gezielt auf den Bericht abzustimmen. Jeglicher Vergleich mit Vorjahren ist somit mit Vorsicht vorzunehmen. Der vollständige Bericht (englische Fassung) findet sich unter http://ec.europa.eu/public_opinion/archives/eb_special_399_380_en.htm#397.

[7]      Eine telefonische Eurobarometer-Umfrage (Flash Eurobarometer), die sich auf sechs Sektoren in der EU28 erstreckte, wurde erstmals 2013 (zwischen dem 18. Februar und dem 8. März) durchgeführt. Befragt wurden Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe sowie aus dem Energie-, Gesundheits-, Bau-, Telekommunikations- und Finanzsektor (alle Unternehmensgrößen). Der vollständige Bericht (englische Fassung) findet sich unter http://ec.europa.eu/public_opinion/archives/flash_arch_374_361_en.htm#374.

[8]      Der Korruptionswahrnehmungsindex (CPI) wird von Transparency International jährlich veröffentlicht: http://cpi.transparency.org/cpi2013/.

[9]               COM(2012) 363.

[10]             Siehe allgemeinen Ansatz vom 3. Juni 2013, Ratsdokument Nr. 10232/13.

[11]             Siehe die Stellungnahme des Rechtsausschusses, A7-0000/2013.

[12]             Die Offenlegung von Vermögenswerten bedeutet nicht zwangsläufig deren Veröffentlichung, bei der das Recht auf Datenschutz angemessen berücksichtigt werden muss. Einige der Mitgliedstaaten mit Offenlegungspflicht veröffentlichen nicht alle Vermögenserklärungen. Jedoch müssen Amtsträger den zuständigen Behörden detaillierte Angaben zu ihrem Vermögen übermitteln.

[13]            Der Europarat hat Interessenkonflikt als Situation definiert, in der ein Amtsträger ein privates Interesse hat, das sich auf die unparteiische und objektive Wahrnehmung seiner offiziellen Pflichten auswirkt oder auszuwirken scheint, wobei unter privatem Interesse jeglicher Vorteil für den Betreffenden, seine Familie, enge Verwandte, Freunde und Personen oder Organisationen, zu denen er geschäftliche oder politische Beziehungen unterhält bzw. unterhalten hat, zu verstehen ist. Dies schließt jegliche diesbezügliche finanzielle oder zivilrechtliche Haftung ein. Siehe Empfehlung Nr. R (2000) 10 des Ministerkomitees an die Mitgliedstaaten zu Verhaltensregeln für gewählte Amtsträger:

http://www.coe.int/t/dghl/monitoring/greco/documents/Rec(2000)10_EN.pdf.

[14]     KOM(2011) 309 endg., Zweiter Bericht über die Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2003/568/JI vom 6. Juni 2011: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2011:0309:FIN:DE:PDF.

[15]     Laut Erkenntnissen des Instituts für Regierungsqualität der Universität Göteborg (Schweden).

[16]             http://assembly.coe.int/ASP/XRef/X2H-DW-XSL.asp?fileid=18151&lang=EN

[17]             http://star.worldbank.org/star/

[18]     Gesetz 3861/2010.

[19]     http://diavgeia.gov.gr/en

[20]    Transparency International führte im Rahmen eines von der EU kofinanzierten Projekts eine vergleichende Analyse des Rechtsrahmens für den Schutz von Hinweisgebern in der EU durch, siehe http://www.transparency.org/whatwedo/pub/whistleblowing_in_europe_legal_protections_for_whistleblowers_in_the_eu.

[21]     http://ec.europa.eu/internal_market/publicprocurement/docs/modernising_rules/public-procurement-indicators-2011_en.pdf

[22]     http://ec.europa.eu/internal_market/publicprocurement/docs/modernising_rules/public-procurement-indicators-2011_en.pdf

[23]     http://www.nispa.org/files/conferences/2008/papers/200804200047500.Medina_exclusion.pdf

[24]     OECD-Grundsätze für Integrität bei der öffentlichen Auftragsvergabe (in englischer Sprache), http://www.oecd.org/gov/ethics/48994520.pdf.

[25]     Frankreich, Italien, Litauen, Niederlande, Polen, Rumänien, Spanien und Ungarn.

[26]     „Identifying and Reducing Corruption in Public Procurement in the EU – Development of a methodology to estimate the direct costs of corruption and other elements for an EU-evaluation mechanism in the area of anti-corruption“, 30. Juni 2013, PricewaterhouseCoopers und ECORYS.

[27]     Spezifischere Beispiele finden sich im Abschnitt über positive und negative Praktiken.

[28]    Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge, ABl. L 134 vom 30.4.2004, S. 114; Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste, ABl. L 134 vom 30.4.2004, S. 1; Richtlinie 2009/81/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe bestimmter Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit und zur Änderung der Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG, ABl. L 216 vom 20.8.2009, S. 76.

Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge, ABl. L 395 vom 30.12.1989, S. 33, geändert durch die Richtlinie 2007/66/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und die Richtlinie 92/13/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften über die Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor, ABl. L 76 vom 23.3.1992, S. 14-20.

[29]     Die Vergabe von Baukonzessionen unterliegt derzeit grundlegenden Bestimmungen der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge, während für die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen mit grenzübergreifender Bedeutung die Grundsätze des Vertrags gelten, insbesondere die Grundsätze des freien Warenverkehrs, der Niederlassungsfreiheit und der Dienstleistungsfreiheit, sowie die davon abgeleiteten Grundsätze, wie Gleichbehandlung, Nichtdiskriminierung, gegenseitige Anerkennung, Verhältnismäßigkeit und Transparenz.

[30]     SWD(2012) 342 final: http://ec.europa.eu/internal_market/publicprocurement/docs/implementation/20121011-staff-working-document_en.pdf.

[31]     Vertragsverletzungsverfahren sind die Verfahren, die die Europäische Kommission bei mutmaßlichen Verstößen gegen das EU-Recht gegen einen Mitgliedstaat einleitet. Jeder Mitgliedstaat ist für die Umsetzung des EU-Rechts (Umsetzungsmaßnahmen innerhalb einer bestimmten Frist, Übereinstimmung und ordnungsgemäße Anwendung) in seinem eigenen Rechtssystem verantwortlich. Die Europäische Kommission hat dafür zu sorgen, dass das EU-Recht ordnungsgemäß angewendet wird. Hält ein Mitgliedstaat dieses Recht aufgrund einer Handlung oder Unterlassung nicht ein, verfügt die Europäische Kommission über eigene Befugnisse, um diese Zuwiderhandlung („Vertragsverletzung“) abzustellen. Gegebenenfalls ruft sie den Gerichtshof der Europäischen Union an. Die Kommission kann drei Arten von Vertragsverletzungsverfahren einleiten: bei Nichtmitteilung von Umsetzungsmaßnahmen innerhalb der vorgegebenen Fristen, wenn die Umsetzung nicht den EU-Vorschriften entspricht und bei fehlerhafter Anwendung (den Mitgliedstaaten anzulastende Handlung oder Unterlassung).

[32]     Weitere Verstöße betrafen unter anderem die Verwechslung von Auswahl- und Zuschlagskriterien, die fehlerhafte Anwendung der Vorschriften für die öffentlich-öffentliche Zusammenarbeit (nicht intern), die Berechnung des Auftragswerts, die Auswahlkriterien (nicht mit diskriminierenden Kriterien verbundene Probleme), ungerechtfertigte Ausschlüsse vom Verfahren, Rahmenvereinbarungen und die ungerechtfertigte Verwendung der Ausnahmeregelung für Verteidigung und Sicherheit.

[33]     Evaluierungsbericht SEC(2011) 853 final.

[34]     KOM(2011) 895 endgültig: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2011:0895:FIN:DE:PDF.

[35]     KOM(2011) 896 endgültig: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2011:0896:FIN:DE:PDF.

[36]     KOM(2011) 897 endgültig: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2011:0897:FIN:DE:PDF.

[37]     Flash Eurobarometer 374 von 2013.

[38]     http://www.oecd.org/gov/ethics/oecdprinciplesforintegrityinpublicprocurement.htm

[39]     „Identifying and Reducing Corruption in Public Procurement in the EU – Development of a methodology to estimate the direct costs of corruption and other elements for an EU-evaluation mechanism in the area of anti-corruption“, 30. Juni 2013, PricewaterhouseCoopers und ECORYS.

[40]     Beschlüsse zur Änderung der Klassifizierung eines Grundstücks oder eines Viertels hinsichtlich der baulichen Nutzung. Jede Klassifizierung hat verschiedene Einschränkungen und Verpflichtungen zur Folge.

[41]     Sie ist speziell als Leitfaden für die öffentliche Auftragsvergabe in einem der am stärksten für Korruption anfälligen Bereiche, dem Bausektor, konzipiert, ist letztendlich jedoch für die gesamte öffentliche Auftragsvergabe von Gemeinden gültig.

[42]     Bei Risikomanagementstrategien geht es um die Ermittlung, Bewertung und Prioritätseinstufung von Risiken und anschließende konkrete Maßnahmen, um die potenziellen Auswirkungen solcher Risiken zu mindern und zu kontrollieren.

[43]     Bei den „Red Flag“-Mechanismen, die den Vergabebehörden oder den zentralen für das öffentliche Auftragswesen zuständigen Stellen bei der Aufdeckung von Korruptionspraktiken helfen sollen, handelt es sich um „Warnsysteme“, mit denen bestimmte Indikatoren ermittelt und überwacht werden, deren Auftreten auf mögliches korruptives Verhalten hindeuten kann (z. B. kann die Häufung einer bestimmten Zahl von Indikatoren eine Warnmeldung in Form einer „Fahne“ im System auslösen, woraufhin weitere eingehende Überprüfungen und Kontrollen erforderlich werden).

[44]     Istituto per l’innovazione e trasparenza degli appalti e la compatibilità ambientale.

[45]     So können sich z. B. beim Bau einer Autobahn die Materialien abhängig vom Klima, von den geografischen Gegebenheiten, vom Ort, an dem gebaut wird usw. von einem Ort zum anderen stark unterscheiden.

[46]     http://ec.europa.eu/internal_market/publicprocurement/docs/eprocurement/actionplan/actionplan_de.pdf

[47]     “Public procurement in Europe – cost and effectiveness”, PwC Ecorys London Economics, März 2011.

[48]     Durch Selbstreinigungsmaßnahmen können Unternehmen eine Situation bereinigen, die dazu geführt hat, dass sie auf Ausschlusslisten geführt werden. In der Folge können sie wieder an Vergabeverfahren teilnehmen.

[49]    Z. B. Listen von Unternehmen, die aufgrund einer rechtskräftigen Verurteilung wegen Korruption oder anderer schwerer Straftaten von Vergabeverfahren ausgeschlossen wurden.

[50]     Die Namen der Mitglieder der Gruppe und die Sitzungsprotokolle sind über folgenden Link zugänglich: http://ec.europa.eu/transparency/regexpert/detailGroup.cfm?groupID=2725.

Österreich

1. Einführung – Grundzüge und Kontext der Korruptionsbekämpfung

Rahmenbedingungen der Korruptionsbekämpfung

Strategische Rahmenbedingungen: Nach der gemeinsamen ersten und zweiten Evaluierungsrunde der Europarats-Gruppe der Staaten gegen Korruption (GRECO) im Jahr 2007 wurde die Korruptionsbekämpfung auf Bundesebene entschlossener angegangen. Nachdem im Jahr 2009 auch die Öffentlichkeit durch bekannt gewordene prominente Korruptionsfälle stärker sensibilisiert worden war, unternahm Österreich erhebliche Anstrengungen, um seine Institutionen zu reformieren und gegen Korruption sowie Wirtschaftskriminalität im Allgemeinen vorzugehen. Korruption wird nun im Rahmen einer Strategie zur Bekämpfung von Finanzkriminalität gezielt verfolgt.[1] 2009 erhielten Experten der Bundesländer den Auftrag, Vorschläge für die Umsetzung der GRECO-Empfehlungen auf Bundesebene auszuarbeiten und die Korruptionsbekämpfungsmaßnahmen der Bundesländer zu koordinieren. Bislang haben die Experten gemeinsame Standards betreffend Fortbildung, das Verbot der Annahme von Geschenken, Risikomanagement, Statistik und Zuständigkeiten ausgearbeitet.[2] Trotz der Fortschritte bei der Anwendung eines bundesweiten Ansatzes haben nicht alle Bundesländer Korruptionsbekämpfungsmaßnahmen entwickelt. Wien als positives Beispiel setzt auf Sensibilisierung und Transparenz als Schlüsselinstrument der Korruptionsbekämpfung und hat eine spezielle Hotline eingerichtet.[3] Die österreichische Regierung hat die internationalen Anstrengungen zur Korruptionsbekämpfung aktiv gefördert, indem sie den Aufbau der Internationalen Anti-Korruptionsakademie (IACA) unterstützt und die Einrichtung des europäischen Kontaktstellennetzes zur Korruptionsbekämpfung (EACN) angeregt hat.[4]

Der Schwerpunkt der Korruptionsbekämpfung in der öffentlichen Verwaltung lag auf der Prävention: Allen Ebenen der öffentlichen Verwaltung wurde ein Verhaltenskodex zur Korruptionsprävention an die Hand gegeben.[5] Die öffentliche Verwaltung wurde in den vergangenen Jahren reformiert, wobei das Hauptaugenmerk darauf lag, den öffentlichen Dienst effizienter und kundenfreundlicher zu gestalten sowie die Bürger anzuregen, umfassend elektronische Behördendienste zu nutzen.[6] Die Initiative bestand aus 40 Reformprojekten, die eine höhere Qualität der Verwaltung sowie Einsparungen bewirken sollten, darunter E-Government-Projekte, die Einrichtung zentraler Kontaktstellen und Umstrukturierungen.[7] All diese Maßnahmen dürften die Prävention im öffentlichen Sektor verbessern. Eine Reihe von Initiativen wurde auch von anderen Einrichtungen außerhalb der öffentlichen Verwaltung ergriffen. So wurden beispielsweise nach jüngsten Bestechungsvorwürfen zwei parlamentarische Untersuchungsausschüsse eingerichtet, die sich ausschließlich mit mutmaßlicher Korruption befassen sollen. Zwei weitere Ausschüsse waren ebenfalls mit Korruptionsproblemen befasst.[8]

Rechtliche Rahmenbedingungen: Neue Rechtsvorschriften wurden verabschiedet, um den Empfehlungen von OECD und GRECO zu entsprechen. Österreich hat auch ein neues Gesetz zur Parteienfinanzierung[9] verabschiedet, die Aufgaben des Rechnungshofs in Bezug auf die Überwachung der Parteienkonten neu gefasst und das Strafgesetzbuch geändert.[10] Mit dem Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz (KorrStrÄG) wurde die strafbare Handlung des „Anfütterns“ eingeführt, womit das Anbieten, das Versprechen oder die Gewährung eines Vorteils gemeint ist, der nichts mit einer bestimmten Amtshandlung zu tun hat. Das Anfüttern umfasst kleine Aufmerksamkeiten, die einen „guten Draht“ zu Amtsträgern herstellen sollen. Die neueste korruptionsstrafrechtliche Änderung des Strafgesetzbuchs (StGB) und der Strafprozessordnung (StPO) wurde Mitte Juli 2012 angenommen.[11] Österreich hat das Strafrechtsübereinkommen des Europarats über Korruption noch nicht ratifiziert.[12]

Institutionelle Rahmenbedingungen: Seit Anfang 2010 werden die Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung auf Bundesebene vom Koordinierungsgremium zur Korruptionsbekämpfung (vormals Komitee zur Koordination von Anti-Korruptionsmaßnahmen) koordiniert. Dieses hochrangige Koordinierungsgremium tritt viermal pro Jahr zusammen. Es besteht aus Vertretern aller zuständigen Behörden einschließlich verschiedener Bundesministerien, der Länder, der WKStA[13], des BAK[14] und der Finanzmarktaufsicht sowie aus Vertretern des privaten Sektors (Wirtschaftskammer, Gewerkschaft öffentlicher Dienst, Notariatskammer, Rechtsanwaltskammer).[15]

Meinungsumfragen

Wahrnehmungserhebungen: Laut einer speziellen Eurobarometer-Erhebung zur Korruption im Jahr 2013[16] waren 66 % der österreichischen Umfrageteilnehmer der Ansicht, dass Korruption in ihrem Land weit verbreitet ist (Österreich liegt damit unter dem EU-Durchschnitt von 76 %). Allerdings ging aus dieser Erhebung auch hervor, dass Österreich das einzige Land Westeuropas ist, in dem ein relativ großer Anteil der Befragten (knapp ein Drittel) es akzeptabel fände, für die Erlangung einer öffentlichen Dienstleistung eine Gefälligkeit zu erweisen oder ein Geschenk zu machen.

Erfahrung mit Korruption: Von 5 % der österreichischen Umfrageteilnehmer wurde in den zurückliegenden 12 Monaten die Zahlung eines Bestechungsgeldes verlangt oder erwartet (EU-Durchschnitt: 4 %). Lediglich 14 % der Umfrageteilnehmer gaben an, im täglichen Leben von Korruption betroffen zu sein; damit liegt Österreich weit unter dem EU-Durchschnitt von 26 %.

Unternehmensumfragen: Einer 2013 bei Unternehmen durchgeführten Eurobarometer-Erhebung[17] zufolge sehen 38 % der Unternehmensvertreter Korruption als Hindernis im Geschäftsverkehr an; 41 % halten in diesem Zusammenhang die Vettern- und Günstlingswirtschaft ebenfalls für ein Problem. 18 % der österreichischen Umfrageteilnehmer, die in den vergangenen drei Jahren an einem öffentlichen Vergabeverfahren teilnahmen, gaben an, korruptionsbedingt nicht den Zuschlag erhalten zu haben. 66 % erwähnten auf bestimmte Unternehmen zugeschnittene Anforderungen; dieser Wert liegt über dem EU-Durchschnitt. 57 % erwähnten Angebotsabsprachen als gängige Praxis. 45 % der Umfrageteilnehmer nahmen Interessenkonflikte bei der Bewertung der Angebote wahr und 35 % machten auf unklare Auswahl- oder Bewertungskriterien aufmerksam. Laut dem Global Competitiveness Report 2013-2014 des Weltwirtschaftsforums nimmt Österreich auf der Rangliste der Volkswirtschaften mit den höchsten Wachstumschancen den 16. Platz ein (analysiert wurden 152 Länder).[18]

Kontext

Strafverfolgung und Justiz: Österreich stützt seine Anstrengungen zur Verhinderung und strafrechtlichen Verfolgung von Korruption insbesondere auf Spezialorgane wie WKStA und BAK.

Privatsektor: Österreich hat den Rahmenbeschluss 2003/568/JI des Rates zur Bekämpfung der Bestechung im privaten Sektor im Jahr 2008 umgesetzt und den rechtlichen Rahmen für die Bestechung im privaten Sektor 2012 überarbeitet. Die österreichischen Vorschriften stehen somit im Einklang mit dem Rahmenbeschluss.[19]

Parteienfinanzierung: Die aktuellen Diskussionen über Korruption in der Politik konzentrieren sich auf die (mutmaßliche) Bestechung hochrangiger politischer Amtsträger und auf die illegale Parteienfinanzierung. Etliche Fälle von illegaler Parteienfinanzierung sowie der Fall eines prominenten Abgeordneten, der der ungerechtfertigten Bereicherung im Zusammenhang mit politischer Einflussnahme als Gegenleistung für eine Spende an seine Partei überführt wurde, lösten Kritik aus und führten zu einer Reihe von Reformgesetzen. 2013 trat ein neues Parteiengesetz in Kraft.[20] Der Rechnungshof legte im Dezember 2013 einen ersten Bericht über die Umsetzung des Gesetzes vor, in dem auch auf Umsetzungsmängel eingegangen wurde.[21]

Zugang zu Informationen: Gemäß dem Auskunftspflichtgesetz von 1987[22] müssen Behörden (aller Verwaltungsebenen) die Informationsersuchen innerhalb einer angemessenen Frist beantworten, sofern diese Informationen nicht einer gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen. Vor dem Hintergrund einer öffentlichen Diskussion über die Notwendigkeit, ein Bundesgesetz über den Zugang zu Informationen zu verabschieden, findet derzeit eine politische Debatte über eine Initiative statt, durch die der Umfang der Ausnahmen eingeschränkt und zahlreiche bestehende Gründe für die Verschwiegenheitspflicht beseitigt werden sollen.[23]

Meldung von Missständen: Österreich plant eine Verbesserung des rechtlichen Rahmens für den Schutz von Hinweisgebern („Whistleblower“), eine entsprechende Regelung wurde aber bislang nicht verabschiedet. Im öffentlichen Dienst dürfen gemäß einer Bestimmung des Beamten-Dienstrechtsgesetzes Beamte, die im guten Glauben eine strafbare Handlung melden, nicht benachteiligt werden.[24] Beamte sind grundsätzlich verpflichtet, strafbare Handlungen zu melden.[25] Seit 2010 kann jeder Beamte auf Bundesebene (nicht jedoch überall auf Länderebene) unter Umgehung des Dienstwegs seine Informationen direkt dem BAK übermitteln. Die WKStA bietet mit dem sogenannten Business Keeper Monitoring System (BKMS) einen webbasierten Meldemechanismus, über den strafbare Handlungen anonym gemeldet werden können.

Transparenz der Lobbyarbeit: Das kürzlich verabschiedete Lobbying-Gesetz trat am 1. Jänner 2013 in Kraft.[26] Es schreibt ein Lobbying- und Interessenvertretungs-Register vor. Dieses Register, in dem die von Lobbying-Unternehmen übermittelten Daten veröffentlicht werden, ist im Internet öffentlich zugänglich und wird vom Bundesjustizministerium geführt.[27] In dem Gesetz sind Grundsätze der Lobbying- und Interessenvertretung festgelegt, die für alle Gruppen gelten. Zudem haben Lobbying-Unternehmen und Unternehmen, die Unternehmenslobbyisten beschäftigen, ihren Lobbying-Tätigkeiten einen (öffentlich zugänglichen) Verhaltenskodex zugrunde zu legen.[28]

2. Untersuchungsschwerpunkte

Strafverfolgung von Korruption

Laut Eurobarometer-Erhebung von 2013 gehört Österreich zur Spitzengruppe der Länder, in denen die erfolgreiche Strafverfolgung in Korruptionsfällen abschreckend wirkt. Dies könnte auf die medienwirksame Arbeit der WKStA sowie die regelmäßige Berichterstattung über die Tätigkeiten des BAK zurückzuführen sein.

Bei Korruptionsvorwürfen, die den öffentlichen Dienst betreffen, ermittelt das BAK als Nachfolger des 2001 eingerichteten Büros für Interne Angelegenheiten (BIA). Das BAK ist eine außerhalb der Generaldirektion für Öffentliche Sicherheit angesiedelte Organisationseinheit des Bundesministeriums für Inneres. Es verfügt über Ermittlungsbefugnisse und ist im gesamten Bundesgebiet für die Korruptionsprävention und ‑bekämpfung zuständig. Zu seinen Hauptaufgaben gehören die Untersuchung von Vorwürfen und Beschwerden gegen Mitarbeiter des Bundesministeriums für Inneres und dessen Abteilungen sowie Ermittlungen in Bezug auf Amtsmissbrauch.[29] Seine Zuständigkeit ist jedoch nicht auf interne Ermittlungen beim Bundesministerium für Inneres beschränkt. Neben dem BAK führen das Bundeskriminalamt und seine regionalen Dienststellen Ermittlungen durch. Diese verfügen über Stellen, die mit Wirtschaftskriminalität und auch mit der Einziehung von Erträgen aus Straftaten befasst sind.[30]

Die WKStA wurde 2011 als neue Strafverfolgungsbehörde eingerichtet.[31] Ihren Staatsanwälten stehen spezielle Aus- bzw. Weiterbildungsangebote offen. Die Personalstärke der WKStA soll 40 Mitarbeiter erreichen, doch war Anfang 2014 lediglich gut die Hälfte der Planstellen besetzt.

Seit 2009 legen die Strafverfolgungsbehörden den Schwerpunkt (in Bezug auf verfügbare Finanz- und Humanressourcen) stärker auf Ermittlungen in Wirtschaftsstrafsachen. Sowohl Polizei als auch Staatsanwaltschaften beklagen einen Mangel an erforderlichen Kapazitäten.[32] Für den Zeitraum bis 2014 gab Österreich an, zusätzliche Mittel in Höhe von 28 Mio. EUR für die Bekämpfung von Korruption und Wirtschaftskriminalität bereitgestellt und somit die Schaffung weiterer 190 Stellen ermöglicht zu haben.[33] Die angesprochene Personallage bei der WKStA zeigt jedoch, dass die Zuweisung entsprechender Ressourcen für die Untersuchung und Strafverfolgung von Korruptionsfällen nach wie vor eine Herausforderung darstellt.

Den Gerichtsstatistiken zufolge ergingen im Jahr 2012 78 Strafurteile (gegenüber 90 Strafurteilen im Jahr 2011) wegen Amtsmissbrauchs einschließlich Korruption (sowie Verletzung der Freiheit der Person oder des Hausrechts).[34] Laut eigener Statistik führte das BAK im Jahr 2011 701 Ermittlungen wegen Missbrauchs der Amtsgewalt durch.[35] Bestechlichkeit und Bestechung mit insgesamt 29 Fällen spielten nur eine untergeordnete Rolle. Allerdings gibt dies die Bestechungs- bzw. Bestechlichkeitsvorwürfe nicht vollumfänglich wieder, da sich die Zuständigkeit des BAK nicht auf sämtliche korruptionsbezogenen Straftaten erstreckt, sondern auf einen spezifischen Bereich der öffentlichen Verwaltung und der Behörden beschränkt ist. Diese Zahlen belegen die verstärkten Anstrengungen zur Aufdeckung und Strafverfolgung von Korruptionsfällen: Die Erfolgsbilanz der Ermittlungsfälle zeugt von erheblichen Fortschritten in Österreich.

Die Staatsanwaltschaften sind an die Weisungen des Bundesministers für Justiz gebunden. In bestimmten gesetzlich festgelegten Situationen[36] sind Fälle der jeweils übergeordneten Oberstaatsanwaltschaft zu übertragen, die dem Bundesminister für Justiz Bericht erstatten muss. Staatsanwaltschaften müssen Vorwürfe, von denen Abgeordnete betroffen sind, stets dem Minister mitteilen, es sei denn, es besteht kein Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit der betroffenen Person. Weisungen der Generalprokuratur und des Bundesjustizministers dürfen nur schriftlich erteilt werden und müssen mit Gründen versehen sein. Der Bundesjustizminister muss der Erledigung von Strafverfahren, an denen ein überregionales öffentliches Interesse besteht, zustimmen. Die Erteilung von Weisungen erfolgt über die betreffende Dienststelle des Bundesjustizministeriums. Der Bundesjustizminister muss dem Parlament über seine Praxis der Weisungserteilung Bericht erstatten. Seine Möglichkeit, in laufenden Strafverfahren Weisungen zu erteilen, wird als potenzielle Schwachstelle empfunden. Staatsanwälte könnten so davon abgehalten werden, in sensibleren Fällen wie mutmaßlicher politischer Korruption zu ermitteln. Ähnliche Bedenken wurden von der OECD im Zusammenhang mit Auslandsbestechung geäußert.[37]

Die WKStA unterliegt ebenfalls den auf die Staatsanwaltschaften anwendbaren wesentlichen Vorschriften und steht unter der Aufsicht des Bundesministers für Justiz; sie ist somit in Einzelfällen an Weisungen gebunden. Der Unterschied zu den anderen Staatsanwaltschaften besteht darin, dass die Überwachung ex post erfolgt, d. h. die Staatsanwälte übermitteln ihren Bericht erst am Ende der ersten Phase des Strafverfahrens, nachdem Maßnahmen ergriffen wurden. In ihrem Bericht legen die Staatsanwälte dar, ob sie Anklage erheben oder das Ermittlungsverfahren einstellen wollen. In dieser Phase muss der Bundesjustizminister entscheiden, ob er der Empfehlung der Staatsanwälte folgt; gegebenenfalls kann er die Weisung erteilen, das Ermittlungsverfahren fortzusetzen. Die WKStA gilt mittlerweile teils wegen der gestiegenen öffentlichen Aufmerksamkeit und der etwas abweichenden Vorschriften über die Berichterstattung als relativ unabhängige Justizbehörde, die keiner politischen Einflussnahme unterliegt.

Bewährtes Verfahren: Meldung von Missständen bei der WKStA

Die WKStA hat im Frühjahr 2013 über das sogenannte Business Keeper Monitoring System eine Hotline zur Meldung von Korruptionsfällen eingerichtet. Über dieses von der WKStA betreute webbasierte Meldesystem können anonym Korruptionsfälle angezeigt werden: Bei der Kommunikation zwischen „Whistleblower“ und Behörden können die Identifikationsdaten der meldenden Person nicht behördlich zurückverfolgt werden. Die Software für das System wurde erstmals in Niedersachsen getestet. Die mithilfe des Systems in Erfahrung gebrachten Informationen werden zur Aufklärung von Korruptionsvorwürfen genutzt.

Einem Mitglied des Europäischen Parlaments (MdEP) war vorgeworfen worden, sich im Zuge eines Scheingeschäfts („Bargeld für Gesetzesänderungen“), an dem vier MdEP aus verschiedenen Mitgliedstaaten beteiligt waren, bereit erklärt zu haben, von Undercover-Journalisten, die sich als Lobbyisten ausgaben, als Gegenleistung für das Einbringen von Gesetzesänderungen ungerechtfertigte Vorteile anzunehmen. Gegen den Betreffenden wurde in Österreich zügig ein Strafverfahren eingeleitet, das zu einer erstinstanzlichen Verurteilung führte. Diese wurde jedoch durch ein Berufungsurteil aufgehoben und der Fall zur erneuten Verhandlung an das erstinstanzliche Gericht zurückverwiesen.

Der Zugang von Strafverfolgungsbehörden zu Bankinformationen ist ein wesentlicher Bestandteil der Finanzermittlungen, einschließlich der Ermittlungen in Korruptionsfällen. Zwar bieten Rechtsvorschriften und Rechtsprechung den österreichischen Behörden gewisse Möglichkeiten, durch das Bankgeheimnis geschützte Daten zu erlangen,[38] doch unterliegen Ersuchen von Staatsanwaltschaften und Strafverfolgungsbehörden restriktiven Bedingungen, die es Finanzinstituten ermöglichen, die Auskunft zu verweigern.[39] In der gerichtlichen Anordnung müssen unter anderem die rechtfertigenden Sachverhalte dargelegt und die Verhältnismäßigkeit der Anordnung nachgewiesen werden. Ein Teilerfolg wurde in den Jahren 2010 und 2012 erzielt, als die Anforderungen für die Erlangung von dem Bankgeheimnis unterliegenden Auskünften in § 116 StPO erheblich gelockert wurden. [40] Diese Vorgehensweise ist nicht anwendbar in Fällen, in denen Korruption und Geldwäsche miteinander verknüpft sind. Diesbezüglich regeln separate Vorschriften den Zugang zu Bankkontendaten über die österreichische Geldwäschemeldestelle (FIU). [41]

Das oben genannte System wirft jedoch mindestens zwei potenzielle Probleme auf. Erstens scheint das behördliche Ersuchen um Auskünfte unverhältnismäßig erschwert zu sein, wenn man bedenkt, dass Bankdaten für die Sachverhaltsfeststellung grundlegend sein können. Um an die entsprechenden Auskünfte zu gelangen, müssen alle potenziell relevanten Finanzinstitute nach einem den jeweiligen Kriterien entsprechenden Bankkonto befragt werden. Sind den Behörden die Bankkontendetails des Verdächtigen nicht bekannt, müssen sie sich mittels gerichtlicher Anordnung an sämtliche Bankenvereinigungen in Österreich wenden. Die Bankenvereinigungen müssen ihre Mitglieder erst kontaktieren, wenn sie ihre Rechtsmittel ausgeschöpft haben. Wurde dann die betreffende Bank kontaktiert, kann auch diese die ihr zur Verfügung stehenden Rechtsmittel einlegen. Zweitens – und dies ist zugleich das wichtigste Problem – kann es sehr zeitaufwändig sein, von sämtlichen einschlägigen Finanzinstituten Auskünfte einzuholen. Das gegenwärtige System begünstigt langsame Verfahren für den Zugang zu Bankdaten. Finanzinstitute können, um sich vor Klagen ihrer Klienten zu schützen, systematisch Rechtsmittel einlegen,[42] was die Durchsetzung der Anordnung zur Auskunftserteilung aufschiebt.

Um die Situation zu verbessern, hat das Bundesjustizministerium am 13. August 2013 an alle Staatsanwälte und Richter einen Erlass mit Klarstellungen gerichtet und ein Muster für Auskunftsersuchen bereitgestellt. Nur das Muster mit allgemeinen Informationen ist an die Finanzinstitute zu übermitteln. Somit wird die für Ermittlungen potenziell gefährliche Offenlegung von Details verhindert. Zudem könnte sich hierdurch die zur Beantwortung des Ersuchens benötigte Zeit verringern.

Auslandsbestechung

Während bei der Strafverfolgung von „Inlandskorruption“ erhebliche Fortschritte erzielt wurden, bleibt eine allgemeine Kritik an der Strafverfolgung von Auslandsbestechung, bei der auch wichtige wirtschaftliche Interessen auf dem Spiel stehen können.

2005 bemerkte das Evaluierungsteam der OECD-Arbeitsgruppe für Bestechungsfragen[43], dass die österreichischen Behörden sechs Jahre nach der Ratifizierung des OECD-Übereinkommens in keinem einzigen Fall von Auslandsbestechung ermittelt hatten, obwohl österreichische Unternehmen und Banken seit den 1990er Jahren in Mittel- und Osteuropa tätig sind. Die in dieser Region durchgeführten Privatisierungen im Banken-, Telekommunikations- und Energiesektor sowie die erhebliche Beteiligung österreichischer Baufirmen in diesen Sektoren brachten es mit sich, dass sich diese Unternehmen in wettbewerbsorientierten Märkten betätigten, die für Korruption anfällig sind. Aus dem OECD-Bericht ging des Weiteren hervor, dass Justiz und Polizei nur geringfügig oder gar nicht für die Bestechungsrisiken im internationalen Geschäftsverkehr sensibilisiert waren und Gerichte, Staatsanwaltschaften und Polizei in Fällen von Wirtschaftskriminalität ganz allgemein nicht über das erforderliche Fachwissen verfügten. Allerdings entwickelte sich der Telekom-Fall, der sowohl Inlands- als auch Auslandsbestechung betraf, zu einem positiven Beispiel für das Kronzeugenprogramm in Strafverfahren, durch das die Aussagen von Kronzeugen genutzt und aufsehenerregende Korruptionsfälle strafrechtlich verfolgt werden können.[44] Im Juli 2013 erging in diesem Fall das Urteil in der ersten Instanz.

Die Situation änderte sich mit der Einrichtung der WKStA. Die Staatsanwälte der WKStA sind nun in zunehmendem Maße dabei, sich das nötige Fachwissen für die Untersuchung von Auslandsbestechungsfällen anzueignen. Der schrittweise erfolgende Aufbau der Behörde mag erklären, warum Ermittlungsverfahren in Fällen, die sich vor Mitte der 2000er Jahre ereigneten, noch nicht abgeschlossen sind. Laut OECD-Bericht von Dezember 2012 wurden seit Österreichs OECD-Beitritt im Jahr 1999 15 Bestechungsvorwürfe behandelt, wobei in sechs Fällen die Ermittlungen eingestellt oder gar nicht erst aufgenommen wurden.[45] Zwei Verfahren wurden seitdem abgeschlossen: das eine mit der strafrechtlichen Verurteilung eines österreichischen Geschäftsmanns, der in einen Bestechungsfall in einem anderen EU-Mitgliedstaat verstrickt gewesen war, das andere mit einem Freispruch vom Vorwurf der Geldwäsche im Zusammenhang mit Waffenhandel.

Die OECD-Prüfer gaben auch eine Reihe von Empfehlungen ab zu den österreichischen Rechtsvorschriften für die Haftung von Gesellschaften und anderen Unternehmen, die ausländische Amtsträger bestechen. Die Berichte zu Phase 2 und zu Phase 3 enthielten Empfehlungen zur Einführung wirksamer, verhältnismäßiger und abschreckender Sanktionen für juristische Personen anstelle des gegenwärtigen Strafrahmens, der sich nach dem jährlichen Gewinn der juristischen Person bemisst, wobei die Geldbuße nicht mehr als 1,8 Mio. EUR betragen darf.[46] Dies wird ganz allgemein als ungenügend angesehen. Dies gilt im Besonderen für die Fälle, in denen die betreffende juristische Person möglicherweise keine erheblichen Gewinne im betreffenden Zeitraum erzielt hat.[47]

Außerdem stellten die OECD-Prüfer fest, dass der Bundesjustizminister in den meisten Fällen, in denen ihm die Strafverfolgungsbehörde am Ende einer Ermittlung einen Bericht vorlegt, weitere Ermittlungen anordnet. Trotz des besonderen Status der WKStA empfahl die OECD in ihrem Bericht über Phase 3 erneut, sicherzustellen, dass die Untersuchung und Strafverfolgung von Auslandbestechungsfällen insbesondere im Hinblick auf die Entscheidungskompetenz des Bundesjustizministers in diesen Fällen nicht durch nationale wirtschaftliche Interessen, mögliche Auswirkungen auf die Beziehungen zu einem anderen Staat oder die Identität der betroffenen natürlichen oder juristischen Personen beeinflusst werden kann.[48]

Österreich hat 2012 seine Gesetzgebung geändert, um das Strafgesetzbuch mit dem OECD-Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr in Einklang zu bringen. Die OECD würdigte, dass Österreich die Zuständigkeit seiner Gerichte in Auslandsbestechungsfällen auf sämtliche von österreichischen Bürgern begangene Straftaten ausgedehnt hat, unabhängig davon, wo das Bestechungsgeld angeboten, versprochen oder gezahlt wurde. Ebenso gewürdigt wurden die Bemühungen Österreichs, die Anforderung der beiderseitigen Strafbarkeit aufzuheben.[49]

Die Vorschriften über Bankauskünfte können weiterhin ausländische Ermittlungen behindern, was die Effizienz der Rechtshilfe beeinträchtigen kann. Die österreichischen Behörden haben im Rahmen des OECD-Verfahrens der gegenseitigen Evaluierung festgestellt, dass die meisten Verzögerungen bei Rechtshilfeersuchen auf das Bankgeheimnis zurückzuführen ist.[50]

Integrität von hochrangigen gewählten und bestellten Amtsträgern

Ein Bundesgesetz enthält ausführliche Vorschriften über Einkommens- und Vermögenserklärungen, die unter anderem für Mitglieder der Bundesregierung und der Länderregierungen, Bürgermeister, Vize-Bürgermeister und Gemeinderatsmitglieder sowie für Mitglieder des Nationalrats, des Bundesrats und der Landtage gelten. [51]

Die Mitglieder der Bundesregierung und der Landesregierungen (einschließlich Staatssekretäre) sind verpflichtet, jedes zweite Jahr sowie innerhalb von drei Monaten nach Amtsantritt und nach Ausscheiden aus ihrem Amt dem Präsidenten des Rechnungshofes ihre Vermögensverhältnisse offenzulegen. Diese Verpflichtung ist jedoch nicht an einen ergänzenden Prüfmechanismus betreffend die Richtigkeit der Angaben gekoppelt, d. h. bei unrichtigen Angaben werden keine Sanktionen verhängt. Gesetzlich geregelt ist lediglich, dass der Präsident des Rechnungshofes im Fall außergewöhnlicher Vermögenszuwächse dem Präsidenten des Nationalrats bzw. dem Präsidenten des Landtages zu berichten hat; diese können auch vom Präsidenten des Rechnungshofes jederzeit eine Berichterstattung verlangen. Die Vermögenserklärungen sind nicht öffentlich zugänglich. Seit den Diskussionen über Interessenkonflikte von Regierungsmitgliedern Anfang der 1980er Jahre ist die Ausübung eines Berufs mit Erwerbsabsicht während der Amtstätigkeit generell verboten. Wollen Regierungsmitglieder oder Staatssekretäre während ihrer Amtstätigkeit ausnahmsweise eine Berufstätigkeit ausüben, so haben sie die Genehmigung des zuständigen Ausschusses des Nationalrats oder des Landtages einzuholen.[52]

Abgeordnete müssen ihre Vermögenslage nicht offenlegen. [53] Durch jüngste Gesetzesänderungen wurden Vorschriften über Erklärungen zu ihren Interessen und ihrem Einkommen eingeführt. Abgeordnete haben jede leitende Stellung in Privatunternehmen zu melden. Ebenso müssen sie jährlich unter Angabe der betreffenden Kategorie der Einkommenshöhe (es gibt fünf Kategorien) ihre durchschnittlichen monatlichen Bruttobezüge melden.[54] Über die Zulässigkeit der weiteren Ausübung einer solchen Tätigkeit entscheidet der Unvereinbarkeitsausschuss – im Falle der Mitglieder der Landtage der zuständige Ausschuss der Landtage – mit einfacher Stimmenmehrheit. Es gibt jedoch weder einen Prüfmechanismus im Hinblick auf die inhaltliche Richtigkeit der Erklärungen noch Sanktionen für Verstöße gegen die Vorschriften. Abgeordnete dürfen keinen Lobbying-Auftrag annehmen. Ansonsten ist die Wahrnehmung von politischen oder wirtschaftlichen Interessen, sofern die gesetzlichen Meldepflichten erfüllt sind, zulässig. Abgeordnete können laut Gesetz ihr Mandat verlieren, wenn der parlamentarische Ausschuss feststellt, dass sie ihre Stellung in gewinnsüchtiger Absicht missbraucht haben.

3.         Ausblick

In Österreich wurde die Korruptionsbekämpfung durch institutionelle Anstrengungen zur Korruptionsprävention und -verfolgung verstärkt. Die Strafverfolgung von Inlands- und Auslandsbestechung wäre effektiver, wenn durch die Erleichterung des Zugangs zu Bankinformationen die verbleibenden Hindernisse für Ermittlungen beseitigt würden. Österreich hat sein Strafrecht wesentlich geändert und ein neues Parteiengesetz verabschiedet; die Auswirkungen lassen sich noch nicht beurteilen.

In Bezug auf folgende Aspekte bedarf es weiterer Anstrengungen:

Gewährleistung der notwendigen Kapazitäten der KWStA zur Behandlung von In- und Auslandskorruption. Priorisierung der Untersuchung und Verfolgung von Auslandsbestechungsfällen. Ausarbeitung von Leitlinien für Staatsanwälte, in denen klargestellt wird, dass die Strafverfolgung von Auslandsbestechung nicht durch nationale wirtschaftliche Interessen behindert werden darf. Anhebung der Geldbußen für juristische Personen, damit die Sanktionen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sind. Verbesserung des Verfahrens für den Zugang zu Bankkontendaten bei Korruptionsverdacht; Strafverfolgungsbehörden sollten zügig Daten erhalten, wenn Schwere und Bedeutung des betreffenden Falles dies erfordern. Einführung eines wirksamen Kontrollmechanismus zur Prüfung der Vermögens- und Interessenerklärungen hochrangiger gewählter und bestellter Amtsträger, was eine unparteiliche Prüfung ermöglichen würde. Einführung abschreckender Sanktionen für Verstöße gegen die Vorschriften über die Offenlegung der Interessen-, Einkommens- und Vermögenslage.

[1]              Siehe beispielsweise Evaluierungsbericht zur fünften Runde der gegenseitigen Evaluierung „Finanzkriminalität und Finanzermittlungen“ - Follow-up zum Bericht über Österreich (in engl. Sprache), Rat der Europäischen Union, Dok. Nr. 5576/12.

[2]              Siehe die Beschlüsse der Landesamtsdirektorenkonferenz vom 15. Januar 2009 und 23. Oktober 2009, mit denen der Länderexpertenkonferenz die genannten Aufgaben übertragen wurden. Am 29. Oktober 2010 und 30. März 2012 nahm die Landesamtsdirektorenkonferenz die Vorschläge an.

[3]              http://www.wien.gv.at/verwaltung/internerevision/ethik.html

[4]              Die IACA ist ein unabhängiges Exzellenzzentrum, das auf Initiative des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC), Österreichs, des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung (OLAF) und anderer Akteure eingerichtet wurde. Sie verfolgt das Ziel, Defizite bei Kenntnissen und Verfahren im Bereich der Korruptionsbekämpfung durch Fortbildung, Vernetzung und wissenschaftliche Forschung zu beheben. Das EACN ist ein durch den Beschluss 2008/852/JI des Rates auf der Basis von EPAC eingerichtetes europäisches Netz. Als unabhängiges Forum bietet es Fachleuten für Korruptionsbekämpfung eine Plattform, auf der sie Erfahrungen austauschen und grenzübergreifend bei der Entwicklung gemeinsamer Strategien und hoher professioneller Standards zusammenarbeiten können.

[5]              „Die VerANTWORTung liegt bei mir“ – Bundeskanzleramt Österreich. https://www.oeffentlicherdienst.gv.at/moderner_arbeitgeber/korruptionspraevention/infos/VerhaltenskodexDeutsch_2012_barrierefrei.pdf?3shqic.

[6]              Der Anteil der 16- bis 74-Jährigen, die in den vergangenen drei Monaten das Internet zur Interaktion mit Behörden nutzten (um z. B. an Informationen von Behörden-Websites zu gelangen, amtliche Formulare herunterzuladen oder ausgefüllte Formulare zu senden), lag im Zeitraum 2008-2010 unverändert bei 39 %. http://epp.eurostat.ec.europa.eu/tgm/table.do?tab=table&init=1&language=en&pcode=tsdgo330&plugin=1.

[7]              https://www.oeffentlicherdienst.gv.at/fakten/publikationen/verwaltung_in_oesterreich_2011_de.pdf?3sfue1

[8]              Die Protokolle und Beschlüsse dieser Ausschüsse sind auf der Website des österreichischen Parlaments veröffentlicht: http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/A-USA/A-USA_00003_00314/index.shtml.

[9]              Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Parteiengesetz 2012 – PartG), BGBl. I Nr. 56/2012, http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20007889.

[10]            Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz 2012 – KorrStrÄG 2012, BGBl I Nr. 61/2012.

[11]            Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz 2012 – KorrStrÄG 2012, BGBl I Nr. 61/2012.

[12]            Der Entwurf der Ratifizierungsurkunde soll Mitte Juli 2013 vom Parlament gebilligt worden sein, aber die Ratifizierungsurkunde wurde noch nicht hinterlegt: http://conventions.coe.int/Treaty/en/Treaties/Html/173-1.htm.

[13]            Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption.

[14]            Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung.

[15]            Evaluierungsbericht zur fünften Runde der gegenseitigen Evaluierung „Finanzkriminalität und Finanzermittlungen“ - Follow-up zum Bericht über Österreich (in engl. Sprache), Ratsdokument Nr. 5576/12; Brüssel, 20. Januar 2012, S. 5.

[16]            2013 Special Eurobarometer 397.

[17]            2013, Flash Eurobarometer 374.

[18]            http://www3.weforum.org/docs/WEF_GlobalCompetitivenessReport_2013-14.pdf

[19]            KOM(2011) 309 endg., zweiter Bericht über die Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2003/568/JI vom 6. Juni 2011: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:52011DC0309:EN:HTML.

[20]            Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Parteiengesetz 2012 – PartG), BGBl. I Nr. 56/2012, abrufbar auf http://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblAuth/BGBLA_2012_I_56/BGBLA_2012_I_56.pdf.

[21]            Bericht des Rechnungshofs. Reihe Bund 13/2013, Umsetzung des Parteiengesetzes 2012 durch den RH, S. 62-76; http://www.rechnungshof.gv.at/fileadmin/downloads/_jahre/2013/berichte/teilberichte/bund/Bund_2013_13/Bund_2013_13_5.pdf.

[22]            Bundesgesetz vom 15. Mai 1987 über die Auskunftspflicht der Verwaltung des Bundes und eine Änderung des Bundesministeriengesetzes 1986 (Auskunftspflichtgesetz), BGBl. Nr. 287/1987, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998, http://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Erv/ERV_1987_287/ERV_1987_287.pdf.

[23]            Zur Verfolgung der öffentlichen Debatte siehe http://www.transparenzgesetz.at/.

[24]            Neuer § 53a Beamten-Dienstrechtsgesetz: http://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Dokumentnummer=NOR40133771 .

[25]            Nach § 53 Beamten-Dienstrechtsgesetz hat der Beamte dem Leiter der Dienststelle bei begründetem Verdacht eine strafbare Handlung zu melden. Gleiches gilt für Vertragsbedienstete (§ 5 Vertragsbedienstetengesetz).

[26]            Lobbying- und Interessenvertretungs-Transparenz-Gesetz – LobbyG, abrufbar auf http://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblAuth/BGBLA_2012_I_64/BGBLA_2012_I_64.pdf

[27]            http://www.lobbyreg.justiz.gv.at/; das Register muss auch zumindest einen Teil der Lobbyisten größerer Unternehmen enthalten.

[28]            Lobbying- und Interessenvertretungs-Transparenz-Gesetz – LobbyG, abrufbar auf http://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblAuth/BGBLA_2012_I_64/BGBLA_2012_I_64.pdf

http://www.lobbyreg.justiz.gv.at/

[29]            Bundesgesetz über die Einrichtung und Organisation des Bundesamts zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK-G), BGBl. I Nr. 72/2009.

[30]            Evaluierungsbericht zur fünften Runde der gegenseitigen Evaluierung „Finanzkriminalität und Finanzermittlungen“ - Bericht über Österreich (in engl. Sprache), Ratsdokument Nr. 6508/2/10; REV 2, Brüssel, 8. April 2010.

[31]            Die WKStA ist Nachfolgerin der 2009 geschaffenen Korruptionsstaatsanwaltschaft. Zu ihren Befugnissen siehe insbesondere § 2a des Bundesgesetzes vom 5. März 1986 über die staatsanwaltschaftlichen Behörden (Staatsanwaltschaftsgesetz - StAG), BGBl. Nr. 164/1986, sowie § 20a StPO.

[32]            OECD-Bericht über Phase 3 der Umsetzung des OECD-Übereinkommens über die Bekämpfung von Bestechung in Österreich (in engl. Sprache), Dezember 2012, S. 35; http://www.oecd.org/daf/anti-bribery/Austriaphase3reportEN.pdf.

[33]            Evaluierungsbericht zur fünften Runde der gegenseitigen Evaluierung „Finanzkriminalität und Finanzermittlungen“ - Follow-up zum Bericht über Österreich (in engl. Sprache), Ratsdokument Nr. 5576/12; Brüssel, 20. Januar 2012.

[34] https://www.statistik.at/web_de/statistiken/soziales/kriminalitaet/verurteilungen_gerichtliche_kriminalstatistik/index.html - Die Statistiken umfassen strafbare Handlungen, die vor Inkrafttreten des KorrStrÄG im Jahr 2012 begangen und strafrechtlich verfolgt wurden. Deshalb betreffen sie lediglich Fälle mit einem Bezug zu einem öffentlichen Amt. Sie umfassen auch die fahrlässige Verletzung der Freiheit der Person oder des Hausrechts (§ 303 StGB), da die Daten für den ganzen Abschnitt „Strafbare Verletzung der Amtspflicht, Korruption und verwandte strafbare Handlungen“ des StGB angegeben werden. Statistische Daten zur Bestechung bzw. Bestechlichkeit im privaten Sektor werden in der Tabelle nicht separat aufgeführt. Bei den meisten Fällen dieses Abschnitts handelt es sich um Missbrauch der Amtsgewalt; vgl. dritte Evaluierungsrunde von GRECO.

[35]            http://www.bak.gv.at/cms/BAK_dt/service/downloads/files/Jahresberichte/BAK_Jahresbericht_2011.pdf

[36]            §§ 8, 8a und 29a des Bundesgesetzes vom 5. März 1986 über die staatsanwaltschaftlichen Behörden (Staatsanwaltschaftsgesetz - StAG), BGBl. Nr. 164/1986.

[37]            OECD-Bericht über Phase 3 der Umsetzung des OECD-Übereinkommens über die Bekämpfung von Bestechung in Österreich (in engl. Sprache), S. 25-32. Gemeinsame erste und zweite Evaluierungsrunde, Umsetzungsbericht Österreich, Greco RC-I/II (2010) 1E, Randnummer 28.

[38]            Bankwesengesetz, § 38, BGBl. Nr. 532/1993, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2013; http://www.jusline.at/38_BWG.html.

[39]            Gegenseitiger Evaluierungsbericht – Zusammenfassung – Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung (in engl. Sprache) – Österreich, Juni 2009, S. 5, http://www.fatf-gafi.org/media/fatf/documents/reports/mer/MER%20Austria%20ES.pdf.

[40]            OECD-Bericht über Phase 3 der Umsetzung des OECD-Übereinkommens über die Bekämpfung von Bestechung in Österreich (in engl. Sprache), Randnr. 69.

[41]            OECD-Bericht über Phase 3 der Umsetzung des OECD-Übereinkommens über die Bekämpfung von Bestechung in Österreich (in engl. Sprache), Randnr. 113.

[42]            OECD-Bericht über Phase 3 der Umsetzung des OECD-Übereinkommens über die Bekämpfung von Bestechung in Österreich (in engl. Sprache), Randnr. 149.

[43]            OECD-Bericht über Phase 2 der Umsetzung des Übereinkommens über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr und der Empfehlung zur Bekämpfung von Bestechung bei internationalen Geschäftsabschlüssen (1997) in Österreich vom 16. Februar 2006 (in engl. Sprache). Abrufbar auf http://www.oecd.org/daf/anti-bribery/anti-briberyconvention/36180957.pdf.

[44]            § 209a StPO in der Fassung von 2011.

[45]            OECD-Bericht über Phase 3 der Umsetzung des OECD-Übereinkommens über die Bekämpfung von Bestechung in Österreich (in engl. Sprache), S. 8-12.

[46]            Siehe § 4 (Verbandsgeldbuße) des Verbandsverantwortungsgesetzes; BGBl. I Nr. 151/2005, zuletzt geändert in BGBl. I Nr. 112/2007.

[47]            OECD-Bericht über Phase 2, Randnrn. 145 ff., OECD-Bericht über Phase 3 der Umsetzung des OECD-Übereinkommens über die Bekämpfung von Bestechung in Österreich (in engl. Sprache), Dezember 2012, Randnrn. 52 ff., abrufbar auf http://www.oecd.org/daf/anti-bribery/Austriaphase3reportEN.pdf.

[48]            OECD-Bericht über Phase 3 der Umsetzung des OECD-Übereinkommens über die Bekämpfung von Bestechung in Österreich (in engl. Sprache), Randnr. 90-96.

[49]            Bericht über Phase 3 (Österreich) der OECD-Arbeitsgruppe zu Bestechung.

[50]            OECD-Bericht über Phase 3 der Umsetzung des OECD-Übereinkommens über die Bekämpfung von Bestechung in Österreich (in engl. Sprache), Randnr. 149.

[51]            Bundesgesetz über Unvereinbarkeiten für oberste Organe und sonstige öffentliche Funktionäre (Unvereinbarkeitsgesetz 1983), zuletzt geändert im Jahr 2013, BGBl. I Nr. 141/2013; http://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Dokumentnummer=NOR40140745.

[52]            § 2 des Unvereinbarkeitsgesetzes.

[53]            Für Abgeordnete, die zugleich Mitglieder der Bundes- oder Landesregierungen sind, gelten jedoch die auf Regierungsbeamte anwendbaren Pflichten zur Offenlegung der Vermögenslage.

[54]            Unvereinbarkeitsgesetz 1983, geändert im Jahr 2013, BGBl. I Nr. 141/2013.

DEUTSCHLAND

1. Einführung – Grundzüge und Kontext der Korruptionsbekämpfung

Rahmenbedingungen der Korruptionsbekämpfung

Strategische Rahmenbedingungen: Prävention und Kontrolle wird in Deutschland bei der Korruptionsbekämpfung eine Schlüsselrolle zugeschrieben. Deutschland investiert in Präventivprogramme, um die Korruption kostenwirksam unter Kontrolle zu bringen. Die Europarats-Gruppe der Staaten gegen Korruption (GRECO) hat die Arbeit öffentlich-rechtlicher Einrichtungen in Deutschland auf dem Gebiet der Korruptionsprävention, darunter die Richtlinie zur Korruptionsprävention in der Bundesverwaltung, gewürdigt.[1] In öffentlich-rechtlichen Einrichtungen ist es allgemein üblich, eine Ansprechperson für Korruptionsprävention zu bestellen. Es gibt klare, öffentliche Leitlinien, nach denen Geschenke im öffentlichen Dienst verboten sind. Deutschland hat die Regelungen zur Annahme von Geschenken und Inanspruchnahme von Gastfreundschaft sowie zur Offenlegung von Tätigkeiten auf fünf Jahre nach Ausscheiden aus dem Amt verlängert.[2] Mit dem offenen Online-Informationssystem BundOnline2005 wurde in der Bundesverwaltung die zentrale elektronische Auftragsvergabe eingeführt. Die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen wird vom Bundesrechnungshof überprüft. In einigen Bundesländern werden sogenannte Korruptionsregister geführt, in die Bieter aufgenommen werden, die von der öffentlichen Auftragsvergabe ausgeschlossen worden sind. Ein bundesweites Register gibt es allerdings noch nicht.

Rechtliche Rahmenbedingungen: Die Haftung gewählter Amtsträger für Korruption und bestimmte mit Korruption im privaten Sektor verbundene Verhaltensweisen ist in der deutschen Strafgesetzgebung nicht umfassend geregelt. Obwohl Deutschland Gründungsmitglied der GRECO ist und die beiden Übereinkommen des Europarats zur Korruptionsbekämpfung 1999 unterzeichnet hat, gehört es zu den wenigen europäischen Ländern, die diese Übereinkommen oder das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption (UNCAC)[3] nicht ratifiziert haben. In ihrem Koalitionsvertrag von 2013 haben die an der neuen Bundesregierung beteiligten Parteien erklärt, dass sie die Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung[4] neu regeln wollen, was die Ratifizierung des UNCAC erleichtern könnte.

Bei der Parteienfinanzierung stellte GRECO im November 2012 in einigen Bereichen weiteren Handlungsbedarf fest.[5] Deutschland ist zwar mehreren GRECO-Empfehlungen zu Transparenz und Sanktionen nachgekommen, hat aber andere Empfehlungen nicht umgesetzt. Insbesondere stellte GRECO fest, dass die Empfehlungen, für eine frühzeitige Veröffentlichung von Wahlkampf-Rechenschaftsberichten zu sorgen, die Transparenz von Direktspenden an Abgeordnete und Kandidaten, die Parteimitglieder sind, zu verbessern und die dem Bundestag für die Überwachung der Parteienfinanzierung zur Verfügung stehenden Mittel aufzustocken, begrenzte Aufmerksamkeit erfahren haben. Insgesamt blieb der Grad der Umsetzung der Empfehlungen aus der Dritten Evaluierungsrunde „allgemein unbefriedigend“, was im Oktober 2013 erneut bestätigt wurde.[6]

Institutionelle Rahmenbedingungen: Die Tätigkeit der öffentlichen Verwaltung ist detailliert geregelt. Es gibt auf Bundesebene und in zahlreichen Bundesländern umfassende Verhaltenskodizes gegen Korruption.[7] Untersuchungen zufolge wenden 99 % der kontaktierten Behörden das „Mehr-Augen-Prinzip“ an, dem zufolge wichtige Entscheidungen von zwei Personen genehmigt werden müssen. 80 % verfügen über interne Leitlinien zur Korruptionsbekämpfung. 74 % führen Stichprobenkontrollen in stärker korruptionsgefährdeten Bereichen durch. 62 % haben Bereiche mit hohem Korruptionsrisiko ausgewiesen, und 57 % haben einen Antikorruptionsbeauftragten ernannt.[8] Auch sprechen sich vergleichsweise viele Beschäftigte des öffentlichen Sektors für eine strafrechtliche Verfolgung bestechlicher Kollegen aus.[9] Beispiele wie die Stadt Hamburg zeigen, wie sich Integrität im öffentlichen Sektor am besten erreichen lässt.[10]

Meinungsumfragen

Wahrnehmungserhebungen: Bei der Eurobarometer-Umfrage zur Korruption im Jahr 2013 gaben 92 % der Befragten in Deutschland an, dass sie in ihrem Alltagsleben nicht persönlich von Korruption betroffen sind (EU-Durchschnitt: 70 %). Dennoch halten 59 % die Korruption in ihrem Land für weit verbreitet (EU-Durchschnitt: 76 %).

Erfahrung mit Korruption: Weniger als 1 % der Befragten in Deutschland gab an, dass jemand innerhalb der letzten 12 Monate von ihnen Bestechungsgelder verlangt oder erwartet hat (EU-Durchschnitt: 4 %). 9 % sagten, sie würden persönlich jemanden kennen, der Bestechungsgelder angenommen habe (EU-Durchschnitt: 12 %).

Unternehmensumfragen: In der Eurobarometer-Umfrage 2013 erklärten 50 % der Befragten in Deutschland (dritthöchster Wert in der EU), dass das Anbieten und Annehmen von Bestechungsgeldern sowie der Machtmissbrauch zur persönlichen Bereicherung in privatwirtschaftlichen Unternehmen weit verbreitet sind, während die Unternehmen selbst mehrheitlich nicht der Ansicht sind, dass Korruption bei Geschäften in Deutschland ein Problem ist. Nur 3 % gaben an, dass von ihnen Bestechungsgelder erwartet worden seien.[11]

Der Eurobarometer-Unternehmensumfrage von 2013 zufolge berichteten 20 % der Personen, die in den vergangenen drei Jahren an einer öffentlichen Ausschreibung teilgenommen hatten, dass sie den Zuschlag wegen Korruption nicht erhalten hätten (EU-Durchschnitt: 32 %). Nahezu alle negativen Praktiken bei der Vergabe öffentlicher Auftrage werden als weniger verbreitet wahrgenommen als im EU-Durchschnitt. Den Angaben der Befragten in Deutschland zufolge seien die Leistungsbeschreibungen in 48 % der Fälle (EU-Durchschnitt: 57 %) auf bestimmte Unternehmen zugeschnitten. 54 % berichteten, dass Angebotsabsprachen weit verbreitet seien (EU-Durchschnitt: 52 %). 47 % der Befragten stellten Interessenkonflikte bei der Angebotsbewertung fest (EU-Durchschnitt: 54 %), und 43 % wiesen auf unklare Auswahl- oder Bewertungskriterien hin (EU-Durchschnitt: 51 %).

Kontext

Strafverfolgung und Justiz: Die Justiz hat gezielte Maßnahmen gegen Bestechung und Bestechlichkeit und damit zusammenhängende Straftaten ergriffen. Polizei und Staatsanwaltschaften nehmen an Präventivprogrammen teil. Acht von sechzehn Bundesländern verfügen über Schwerpunktstaatsanwaltschaften für die Korruptionsbekämpfung. Deutschland gehört zu den wenigen EU-Mitgliedstaaten, die umfassende Korruptionsstatistiken veröffentlichen. Das Bundeskriminalamt (BKA) erstellt jedes Jahr eine Übersicht über die der Polizei gemeldeten Korruptionsfälle und die eingeleiteten Korruptionsverfahren.[12] Im Jahr 2011 wurden dem BKA 46 795 polizeilich festgestellte Korruptionsstraftaten und 1528 Ermittlungsverfahren (2010: 1813 Verfahren) gemeldet. Einer aktuellen Umfrage zufolge sprechen sich 83 % der deutschen Richter und Staatsanwälte gegen das Recht des Justizministers aus, Staatsanwälten konkrete Anweisungen zur Sachbehandlung in einzelnen Fällen zu erteilen.[13] 50 % sehen in der Abschaffung dieses Weisungsrechts eine wichtige Priorität.[14] Die Staatsanwaltschaften sind an die Weisungen der Exekutive gebunden. In einigen Bundesländern hat der zuständige Minister allerdings öffentlich erklärt, keine Anweisungen in Einzelfällen erteilen zu wollen.[15]

Interessenkonflikt und Vermögenserklärung: Die Abgeordneten des Bundestags sind nicht verpflichtet, eine Vermögenserklärung abzugeben.[16] Im Mittelpunkt der Debatte standen in letzter Zeit Umfang und Transparenz von Nebeneinkünften der Abgeordneten. 2013 verabschiedete der Bundestag eine Regelung, wonach seine Mitglieder ihre Nebeneinkünfte in Zukunft detaillierter als bisher offenlegen und zumindest die Einkommensstufe angeben müssen, der die Einkünfte aus einer externen Nebentätigkeit zuzuordnen sind. Die neue Regelung trat 2013 mit Beginn der neuen Wahlperiode in Kraft.[17]

Es gibt keine konkrete Regelung, die für Politiker und hochrangige Beamte nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt eine Wartezeit bis zur Aufnahme einer Tätigkeit in der Privatwirtschaft vorschreibt.

Informationsfreiheit: Das Gesetz über den Zugang zu Informationen des Bundes von 2005[18] gilt für alle Bundesbehörden. Als erstes Bundesland verabschiedete Brandenburg 1998 ein Landes-Informationsfreiheitsgesetz; 1999 folgten Berlin und andere Bundesländer. In fünf Bundesländern ist der Zugang zu amtlichen Informationen allerdings nach wie vor nicht geregelt: Während in Baden-Württemberg 2013 ein Gesetzentwurf vorgelegt wurde,[19] gibt es in Bayern, Hessen, Niedersachsen[20] und Sachsen keine entsprechende Regelung. Besondere Beachtung verdient das Hamburgische Transparenzgesetz, da es eine Verpflichtung zur aktiven Veröffentlichung von Daten, Dokumenten und Verträgen im Internet enthält, d. h. ohne Antrag vonseiten eines Bürgers.[21]

Meldung von Missständen: Beschäftigte im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft sind zwar vor willkürlicher Kündigung geschützt, aber es gibt in Deutschland keine besonderen Vorschriften zum Schutz von Hinweisgebern. Im Bundestag wurde zwar eine Reihe von Entwürfen diskutiert, ein Gesetz wurde aber nicht verabschiedet.[22] Einer Umfrage zufolge verfügen 44 % der Bundesbehörden, 36 % der Landesbehörden und 23 % der Kommunalbehörden über ein Hinweisgebersystem in Form einer Telefonhotline, einer Website oder einer Ombudsstelle.[23] Darüber hinaus gibt es in Deutschland ein von der Privatwirtschaft entwickeltes Hinweisgebersystem unter dem Namen Business Keeper Monitoring System, das unter anderem von den niedersächsischen Behörden eingesetzt wird. Dieses System ermöglicht die anonyme Anzeige von Missständen in elektronischem Format. Es dient der frühzeitigen, effektiven Aufdeckung von Risiken in Unternehmen und Behörden.[24]

Transparenz der Lobbyarbeit: Lobbyarbeit ist in Deutschland nicht geregelt. Es besteht keine Pflicht zur Eintragung von Interessenvertretern oder zur Meldung von Kontakten zwischen Amtsträgern und Lobbyisten. Verbände können sich freiwillig beim Bundestag in eine öffentliche Liste eintragen lassen.[25] Derzeit sind über 2000 Organisationen registriert.[26] Ähnliche öffentliche Listen gibt es in Brandenburg und Rheinland-Pfalz.[27] Eingetragen werden können nur Verbände. Register für selbstständig tätige Lobbyisten, Rechtsanwälte, Think-Tanks oder NRO gibt es nicht.

2. Untersuchungsschwerpunkte

Strafrechtliche Haftung von Amtsträgern

Nach dem deutschen Strafgesetzbuch (StGB) begeht ein Amtsträger eine Straftat, wenn er Bestechungsgelder oder sonstige Vorteile anbietet oder annimmt. Nicht als Amtsträger gelten nach der Definition des Strafgesetzbuchs Mitglieder des Bundestags und der Landtage sowie Gemeinderatsmitglieder.[28] Die Vorschriften über Bestechung und Bestechlichkeit gelten für alle Amtsträger, auch für kommunale Wahlbeamte (z. B. Bürgermeister). Abgeordnete gelten nicht als Amtsträger. Sie unterliegen einer eingeschränkten strafrechtlichen Haftung (d. h. beschränkt auf den Kauf oder Verkauf einer Stimme gemäß § 108e StGB). Abgeordnete[29] sind Mitglieder des Europäischen Parlaments, des Bundestags oder der Landtage (sofern sie in ihrer Eigenschaft als Angehörige der gesetzgebenden Gewalt handeln), eines Gemeinderats oder eines Gemeindeverbandsrats. Gemeinderatsmitglieder gelten nur dann als Amtsträger, wenn sie Aufgaben der öffentlichen Verwaltung, nicht aber wenn sie Aufgaben der Legislative wahrnehmen. Wenn sie in ihrer Eigenschaft als Volksvertreter handeln, findet § 108e StGB (Abgeordnetenbestechung – beschränkt auf Kauf oder Verkauf einer Stimme) Anwendung. Dies wurde vom Bundesgerichtshof in Bezug auf Stadträte bestätigt.[30] Bestechung und Bestechlichkeit sind zwar Straftatbestände, aber die strafrechtliche Haftung gewählter Volksvertreter beschränkt sich auf den Kauf oder Verkauf von Stimmen. Für Bestechung oder Bestechlichkeit in anderer Form werden sie strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen.[31] Dies ist einer der Hauptgründe, warum Deutschland das Strafrechtsübereinkommen des Europarats über Korruption und das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption nicht ratifiziert hat. Angeführt wird in diesem Zusammenhang unter anderem die freie Ausübung des Mandats, die durch Artikel 38 Grundgesetz geschützt ist. Wiederholte Versuche einer gesetzgeberischen Lösung sind bislang gescheitert.

Dass Abgeordnete für bestimmte Handlungen im Zusammenhang mit Korruption strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden können, stieß vonseiten der GRECO auf Kritik. GRECO stellte 2011 fest, dass Deutschland mehreren Empfehlungen nicht nachgekommen ist, und forderte den Gesetzgeber nachdrücklich auf, das geltende Strafrecht zu verschärfen und neue Bestimmungen, größtenteils im Zusammenhang mit der Kriminalisierung der Bestechung und Bestechlichkeit von Abgeordneten, Mitgliedern ausländischer Vertretungskörperschaften und ausländischen Amtsträgern, einzuführen.[32]

Ein gutes Beispiel für eine solche Kriminalisierungslücke ist die Einflussnahme von Abgeordneten oder Mitgliedern kommunaler Vertretungskörperschaften, die keine Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen, mit dem Ziel, unerlaubt Vorteile für sich selbst oder Dritte zu erlangen. Ein solches Verhalten dieser Personengruppe ist derzeit nicht strafbar. In Deutschland gibt es eine hohe Zahl von gewählten Amtsträgern, die per se für Bestechungsdelikte strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden können.[33] Wie GRECO zudem feststellte, können die Mitglieder lokaler Selbstverwaltungskörperschaften (z. B. Land-, Stadt- und Gemeinderäte), die keine Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen, für solche Delikte ebenfalls nicht haftbar gemacht werden.[34] Amtsträgern ist die Annahme eines Vorteils gleich welcher Art generell untersagt. Als Vorteil gelten auch Wahlkampfspenden (unabhängig von ihrem Wert). Infolgedessen laufen gewählte Amtsträger Gefahr, strafrechtlich zur Verantwortung gezogen zu werden, wenn sie (oder ihre politische Partei) Spenden annehmen, obwohl Wahlkampfspenden an sich zulässig sind. Dies kann den Amtsinhaber gegenüber seinem Herausforderer, der noch kein öffentliches Amt innehat (und deshalb nicht als Amtsträger gilt), erheblich benachteiligen. Um eine faire Behandlung und Chancengleichheit sowohl des Amtsinhabers als auch seines Herausforderers im Wahlkampf zu gewährleisten, entschied der Bundesgerichtshof in der Sache „Wuppertal/Kremendahl“, dass die Zahlung einer Spende für den Wahlkampf eines Amtsinhabers (nur) dann strafbar ist, wenn mit der Spende Einfluss auf den künftigen Amtsinhaber „erkauft“ werden soll.[35]

Korruption im privaten Sektor

Laut dem Global Competitiveness Report 2013-2014 des Weltwirtschaftsforums nimmt Deutschland auf der Rangliste der wettbewerbsfähigsten Volkswirtschaften der Welt den 4. Platz ein (von 152 Ländern).[36] Deutschland hat den Rahmenbeschluss 2003/568/JI zur Bekämpfung der Bestechung im privaten Sektor umgesetzt.[37] Es bestehen jedoch nach wie vor Zweifel, ob einige Merkmale des Korruptionstatbestands hinreichend erfasst sind. Anders als der weit gefasste Artikel 2 Absatz 1 des Rahmenbeschlusses ist der Anwendungsbereich des § 299 StGB auf eine Störung des Wettbewerbs, d. h. auf die unlautere Bevorzugung beim Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb, beschränkt. Diese Vorschrift ist somit nicht anwendbar, wenn keine Wettbewerbsstörung nachgewiesen werden kann.[38] GRECO forderte Deutschland außerdem dringend auf, die Vorschriften über Bestechung und Bestechlichkeit im privaten Sektor dahin zu ändern, dass ihr Anwendungsbereich über die unlautere Bevorzugung beim Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb hinaus auf alle Situationen ausgeweitet wird, in denen der Tatbestand der Bestechung oder Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr verwirklicht worden ist.[39]

Zudem stellt das Strafgesetzbuch Bestechung und Bestechlichkeit über Mittelsmänner anders als Artikel 2 Absatz 1 des Rahmenbeschlusses nicht ausdrücklich unter Strafe. Ein solches Verhalten kann implizit je nach Auslegung durch die Rechtsprechung von anderen Straftatbeständen erfasst werden.[40]

GRECO hat darüber hinaus festgestellt, dass die missbräuchliche Einflussnahme in Deutschland – d. h. das Versprechen, Anbieten oder Gewähren eines ungerechtfertigten Vorteils an eine Person, die behauptet, missbräuchlich Einfluss auf die Entscheidungsfindung nehmen zu können, sowie das Fordern, Annehmen oder das Annehmen des Angebots oder Versprechens eines solchen Vorteils[41] – nicht unter Strafe steht.[42] Die missbräuchliche Einflussnahme im Sinne des Artikels 12 des Strafrechtsübereinkommens des Europarats über Korruption ist mithin im deutschen Recht kein eigener Straftatbestand.[43] Allerdings sind solche Handlungen in Deutschland weitgehend durch andere Straftatbestände erfasst. Die Annahme eines Vorteils über einen Dritten (Mittelsmann) oder für einen Dritten (der den Vorteil behält) ist nach § 331 StGB strafbar. Wenn ein Unternehmen über eine schwarze Kasse verfügt, die dazu genutzt wird, um dem Unternehmen durch Bestechung oder Einflussnahme Vorteile zu verschaffen, ist das Vorhalten von Vermögen in solchen Kassen und dessen Einsatz als Untreue gegenüber dem Unternehmen nach § 266 StGB strafbar. Die strafrechtliche Haftung tritt ungeachtet des Umstands ein, ob die Verwendung des Geldes als solche strafbar ist. Für die Verwirklichung des Straftatbestands ist es ebenfalls unerheblich, dass das Geld im wirtschaftlichen Interesse des Unternehmens verwendet werden soll.

In die öffentliche Diskussion über die Korruption im privaten Sektor sind unlängst Gesundheitsdienste und die Pharmaindustrie geraten. Als Teil des privaten Sektors unterliegen private Gesundheitseinrichtungen nicht dem Verbot der Annahme von Geschenken, mit denen der Schenkende seine Dankbarkeit zum Ausdruck bringt, oder sonstiger Vorteile, die im öffentlichen Sektor ein Klima der Begünstigung oder Abhängigkeit schaffen sollen. Beispielsweise verstoßen freiberuflich tätige Ärzte, die Geschenke oder Geldzuwendungen von der Pharmaindustrie annehmen, nicht gegen die Bestechlichkeitsvorschriften. Entsprechend entschied auch der Bundesgerichtshof 2012, dass sich freiberuflich tätige Kassenärzte, die Zuwendungen entgegennehmen, nicht nach § 332 StGB strafbar machen.[44] Um solche Fälle strafrechtlich verfolgen zu können, schlug der Bundesgesundheitsminister eine entsprechende Gesetzesänderung vor.

Auslandsbestechung

Deutschland hat bei der Bekämpfung der Auslandsbestechung beachtliche Erfolge aufzuweisen. Die OECD hat sich anerkennend über die diesbezügliche Rechtsdurchsetzung in Deutschland geäußert. Seit 2007 hat sich die Zahl der Ermittlungsverfahren wegen Bestechung ausländischer Amtsträger, die in Anklageerhebung und Sanktionen mündeten, stetig erhöht. Die OECD begrüßte auch die Legislativmaßnahmen und Gerichtsentscheidungen, in deren Folge Steuerprüfer vermehrt Verdachtsfälle wegen Auslandsbestechung anzeigten. Allerdings wies sie darauf hin, dass sich die verhängten Sanktionen im unteren Bereich des Strafrahmens bewegten und die meisten Freiheitsstrafen zur Bewährung ausgesetzt wurden, weshalb sie weitere Maßnahmen empfahl, um Wirksamkeit, Verhältnismäßigkeit und Abschreckung der Sanktionen zu gewährleisten.[45] Was juristische Personen anbelangt, so änderte Deutschland seine Rechtsvorschriften im Einklang mit der OECD-Empfehlung und hob das Höchstmaß der Geldbuße bei Korruptionsfällen beträchtlich an.[46] 2011 nahm Deutschland im Bribe Payers' Index der Organisation Transparency International unter 28 Ländern den vierten Rang ein. Der Index misst die Bereitschaft von Unternehmen dieser Länder, im Ausland Bestechungsgelder zu zahlen.[47]

Die Compliance-Systeme in der Privatwirtschaft, insbesondere in weltweit operierenden Unternehmen, die im internationalen Geschäftsverkehr tätig sind, sind in den letzten Jahren zunehmend komplexer geworden. Dem gingen einige Aufsehen erregende Fälle voraus, die in Bezug auf Korruption einen deutlichen Sinneswandel vor allem bei den deutschen multinationalen Unternehmen auslösten.[48] Die Einhaltung der Antikorruptionsvorschriften ist in den Mittelpunkt gerückt, was zum Teil auf die Ermittlungen der US Securities and Exchange Commission zurückzuführen ist, die beträchtliche Geldbußen verhängen kann.[49] Infolgedessen haben viele Großunternehmen (59 % im Jahr 2011) Compliance-Programme aufgelegt, Compliance-Stellen eingerichtet und sich in einigen Fällen sogar aus Märkten mit hohem Korruptionsrisiko zurückgezogen.[50] Einige dieser Programme – z. B. von Siemens, Daimler-Benz, Volkswagen und der Deutschen Bank – gelten international als wegweisend.[51]

Gute Praxis: das Compliance-System von Siemens

Der deutsche Privatsektor hat in den letzten Jahren größere Investitionen getätigt, die der Korruptionsbekämpfung und Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben dienen: So haben viele deutsche Großunternehmen umfassende Compliance-Strategien umgesetzt, Compliance-Stellen eingerichtet und sich in einigen Fällen sogar aus Märkten mit hohem Korruptionsrisiko zurückgezogen.

Ein Beispiel ist das Compliance-System von Siemens, das nach mehreren Korruptionsverfahren eingeführt wurde. Die Verfahren, die gegen die Siemens AG wegen schwerer Bestechungsvorwürfe eingeleitet worden waren, wurden 2008 von der Münchner Staatsanwaltschaft und der Staatsanwaltschaft in Washington D.C. beendet. Durch diese beiden Entscheidungen änderte sich die Herangehensweise an die Compliance-Problematik in der Privatwirtschaft. Siemens zahlte nicht nur die Geldbußen und die Gewinnabschöpfung, zu denen das Unternehmen in Deutschland (annähernd 600 Mio. EUR) und in den USA (etwa 620 Mio. EUR) verurteilt worden war, sondern legte außerdem ein Compliance-Programm auf, um zu vermeiden, dass es von den US-Behörden mit der höchstmöglichen Geldbuße belegt wurde. In diesem Programm wird der Vorbeugung und Erkennung von Fehlverhalten die gleiche Bedeutung beigemessen wie der Reaktion auf diesbezügliche Vorwürfe. Siemens erklärte sich im Rahmen des Vergleichs damit einverstanden, zusätzlich zu den intern unternommenen Schritten in den nächsten 15 Jahren 100 Mio. USD zur Unterstützung von Organisationen und Projekten zu zahlen, die sich der Korruptions- und Betrugsbekämpfung durch gemeinsame Maßnahmen, Schulung und Ausbildung verschrieben haben.

Darüber hinaus legte das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung unlängst ein Antikorruptionskonzept vor, das die Verringerung der Korruption in Entwicklungs- und Kooperationsprojekten zum Ziel hat.[52] Nach einer Reihe von Bestechungsfällen im Verteidigungssektor[53] hat das Bundesverteidigungsministerium ein neues detailliertes Verfahren zur Korruptionsprävention eingeführt.[54] Bei kleinen und mittleren Unternehmen allerdings haben sich Corporate-Governance-Programme und Compliance-Strukturen noch nicht flächendeckend etabliert.[55]

3.         Ausblick

Deutschland belegt, was die Korruptionsbekämpfung anbelangt, international einen der oberen Ränge und wird als eines der Länder wahrgenommen, die beständig Bestleistungen erbringen. Die jüngsten Bemühungen der deutschen Behörden wie der Unternehmen der Privatwirtschaft zur Verhinderung und Bekämpfung der Auslandsbestechung haben ihnen zu einem guten Ruf verholfen. Die deutschen Behörden und wichtige Akteure z. B. Großunternehmen haben mehrfach ihre Bereitschaft unter Beweis gestellt, Probleme anzugehen und Schlupflöcher zu schließen. Für die künftige Antikorruptionsarbeit ist entscheidend, dass sich dieser Trend fortsetzt.

Bei einigen Aspekten besteht allerdings nach wie vor Handlungsbedarf, so in Bezug auf die Straflosigkeit gewählter Amtsträger bei Korruption und die vor allem im öffentlichen Sektor fehlenden Regelungen bei Interessenkonflikten nach Ausscheiden aus dem Amt. Zur Förderung der Integrität und Sensibilisierung kleiner und mittlerer Unternehmen für die Problematik der Auslandsbestechung könnten weitere Schritte unternommen werden.

In Bezug auf folgende Aspekte bedarf es weiterer Anstrengungen:

· In Schlüsselbereichen wie der Bestechung und Bestechlichkeit gewählter Amtsträger aller Regierungsebenen sollte dafür gesorgt werden, dass abschreckende straf- und verwaltungsrechtliche Sanktionen zur Verfügung stehen.

· Die präventiven Maßnahmen im Bereich der Parteienfinanzierung sollten stärker an den GRECO-Empfehlungen zu Wahlkampf-Rechenschaftsberichten und Wahlkampfspenden ausgerichtet werden.

· Der Bestechungstatbestand in den Rechtsvorschriften zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2003/568/JI zur Bekämpfung der Bestechung im privaten Sektor sollte erweitert werden. Die Integrität kleiner und mittlerer Unternehmen sollte gefördert und das Bewusstsein für die Problematik der Auslandsbestechung gestärkt werden.

[1]              Neufassung (erste Fassung 1998); 2012 wurden Empfehlungen zur Umsetzung der Richtlinie veröffentlicht („Empfehlungen zur Korruptionsprävention in der Bundesverwaltung“) – http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Themen/OED_Verwaltung/Korruption_Sponsoring/empfehlungen_zur_richtline_korruptionspraevention_de.pdf?__blob=publicationFile.

[2]           Transparency International (TI), Building Integrity and Reducing Corruption Risk in Defence Establishment: Ethics and business conduct in defence establishments – the improvement of national standards, von Ben Magahy und Mark Pyman, 2009, S. 23: http://archive.ti-defence.org/publications/664-ethics-and-business-conduct-in-defence-establishments--the-improvement-of-national-standards.

[3]              In erster Linie wegen Nichteinhaltung der UNCAC-Bestimmungen über die strafrechtliche Haftung von Amtsträgern.

[4]              CDU/CSU/SPD, Deutschlands Zukunft gestalten, S. 106, https://www.cdu.de/sites/default/files/media/dokumente/koalitionsvertrag.pdf.

[5]              http://www.coe.int/t/dghl/monitoring/greco/evaluations/round3/GrecoRC3%282012%2915_Germany_Interim_DE.pdf

[6]                     Greco RC-III (2013) 15E.

[7]              GRECO (2004), Zweite Evaluierungsrunde, Bericht über Deutschland, Straßburg, Rdnrn. 25-26.

[8]              Salvenmoser et al., Kriminalität im öffentlichen Sektor, 2010, PricewaterhouseCoopers, Frankfurt a. M., S. 41-42.

[9]              Salvenmoser et al., (2010), ibid., S. 32.

[10]            http://www.hamburg.de/contentblob/4104536/data/korruptionsbekaempfung-in-hamburg.pdf

[11]            2013 Flash Eurobarometer 374.

[12]            BKA: Bundeslagebild 2011 (Seite 6): http://www.bka.de/DE/ThemenABisZ/Deliktsbereiche/Korruption/korruption__node.html?__nnn=true.

[13]            Roland Rechtsreport 2014, Sonderbericht: das deutsche Rechts- und Justizsystem aus Sicht von Richtern und Staatsanwälten, S. 10: http://www.roland-konzern.de/media/downloads/ROLAND_Rechtsreport_2014_Sonderbericht_Richter_und_Staatsanwaelte.pdf. Der Bericht basiert auf einer mithilfe des Deutschen Richterbundes durchgeführten repräsentativen Umfrage unter 1770 Richtern und Staatsanwälten in Deutschland.

[14]            Roland Rechtsreport, S. 10, 16, 53.

[15]            Vgl. GRECO, Erster Evaluierungsbericht, Rdnrn. 83 ff; Transparency International Deutschland (2012), Nationaler Integritätsbericht Deutschland – Pfeiler 5: Strafverfolgung; vgl. auch die Erklärung des Justizministers von Nordrhein-Westfalen, auf Weisungen verzichten zu wollen.

[16]            Wie GRECO feststellte, sind Amtsträger nicht verpflichtet, Einkommenserklärungen (außer zu Steuerzwecken und im Zusammenhang mit Nebentätigkeiten) oder Vermögenserklärungen abzugeben, da eine solche Verpflichtung gegen das Grundgesetz und den Datenschutz verstoßen würde. Erste Evaluierungsrunde, Greco Eval I Rep (2001) 12E Final, Rdnr. 97.

[17]            http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2013/43074864_kw08_pa_geschaeftsordnung

[18]            Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes – Informationsfreiheitsgesetz vom 5. September 2005 (BGBl. I S. 2722); http://www.gesetze-im-internet.de/ifg/BJNR272200005.html.

[19]            http://informationsfreiheit.org/wp-content/uploads/2013/03/BW-IFG-FDP-15_3114_D.pdf

[20]            Die Regierung Niedersachsens hat die Einführung eines Landes-Informationsfreiheitsgesetzes angekündigt, das sich am Hamburgischen Transparenzgesetz orientieren soll: SPD-BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (2013), Erneuerung und Zusammenhalt – Koalitionsvereinbarung 2013-2018, S. 68; http://www.spdnds.de/content/362590.php.

[21]            Hamburgisches Transparenzgesetz: http://www.luewu.de/gvbl/2012/29.pdf.

[22]            Im Bundestag erörterte Gesetzentwürfe zum Schutz von Hinweisgebern – Whistleblowern: BT-Drs. 17/8567 und BT-Drs. 17/9782.

[23]            Salvenmoser et al., PricewaterhouseCoopers, S. 43.

[24]            http://www.business-keeper.com/whistleblowing-compliance.html

[25]            Vgl. Anlage 2 der Geschäftsordnung des Bundestags.

[26]            http://www.bundestag.de/dokumente/lobbyliste/index.html

[27]            http://www.landtag.rlp.de/Dokumente/Rechtsgrundlagen/; http://www.landtag.brandenburg.de/de/parlament/register_der_interessenvertretungen_in_brandenburg/607534

[28]            Strafgesetzbuch (StGB) „Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das durch Artikel 5 Absatz 18 des Gesetzes vom 10. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3799) geändert worden ist“: http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/stgb/gesamt.pdf.

[29]            Vgl. § 108e StGB.

[30]            Bundesgerichtshof, Urteil vom 9. Mai 2006 – 5 StR 453/05 (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=578a524a31dcc8c974a4fc601779de64&nr=36159&linked=pm&Blank=1), und Urteil vom 12. Juli 2007 – 2 StR 557/05: „Danach sind kommunale Mandatsträger keine Amtsträger, wenn sie nicht mit konkreten Verwaltungsaufgaben betraut sind, die über die Ausübung ihres freien Mandats in der kommunalen Volksvertretung und den zugehörigen Ausschüssen hinausgehen.“

[31]            Obwohl § 108e StGB mit „Abgeordnetenbestechung“ überschrieben ist: „(1) Wer es unternimmt, für eine Wahl oder Abstimmung im Europäischen Parlament oder in einer Volksvertretung des Bundes, der Länder, Gemeinden oder Gemeindeverbände eine Stimme zu kaufen oder zu verkaufen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wegen einer Straftat nach Absatz 1 kann das Gericht die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, und das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, aberkennen.“ (http://dejure.org/gesetze/StGB/108e.html)

[32]            GRECO (2009), Dritter Erhebungszeitraum, Evaluierungsbericht über Deutschland zur Kriminalisierung (Thema I), Straßburg, Rdnr. 107 („erhebliche Gesetzeslücke“) und Rdnr. 123; GRECO (2011), Dritte Evaluierungsrunde, Umsetzungsbericht zu Deutschland, Rdnrn. 15-24.

[33]            2009 verwies GRECO auf Schätzungen, denen zufolge es in Deutschland mehr als 220 000 gewählte Amtsträger gibt: http://www.coe.int/t/dghl/monitoring/greco/evaluations/round3/GrecoEval3(2009)3_Germany_One_DE.pdf.

[34]            http://www.coe.int/t/dghl/monitoring/greco/evaluations/round3/GrecoEval3(2009)3_Germany_One_DE.pdf

[35]            http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/dortmund/lg_dortmund/j2006/14_V_P_3_05urteil20060316.html http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=d2211d69ab16661059b222cbcd620370&nr=30859&pos=0&anz=1

[36]            http://www3.weforum.org/docs/WEF_GlobalCompetitivenessReport_2013-14.pdf

[37]            Bericht der Kommission gemäß Artikel 9 des Rahmenbeschlusses 2003/568/JI des Rates vom 22. Juli 2003 zur Bekämpfung der Bestechung im privaten Sektor; KOM(2007) 328 endg.

[38]            Erklärung Deutschlands bei Erlass des Rahmenbeschlusses, die bis 2010 gültig war.

[39]            Dritter Erhebungszeitraum, Evaluierungsbericht über Deutschland zur Kriminalisierung, Greco Eval III Rep (2009) 3E, Rdnr. 112; GRECO (2011), Dritte Evaluierungsrunde, Umsetzungsbericht zu Deutschland, Rdnrn. 15-24.

[40]            Dritter Erhebungszeitraum, Evaluierungsbericht über Deutschland zur Kriminalisierung, Greco Eval III Rep (2009) 3E, Rdnr. 112.

[41]            Artikel 12 des Strafrechtsübereinkommens enthält eine international anerkannte Begriffsbestimmung: http://conventions.coe.int/Treaty/en/Treaties/Html/173.htm.

[42]            Dritter Erhebungszeitraum, Evaluierungsbericht über Deutschland zur Kriminalisierung, Greco Eval III Rep (2009) 3E, Rdnr. 114; GRECO (2011), Dritte Evaluierungsrunde, Umsetzungsbericht zu Deutschland, Rdnrn. 15-24.

[43]            Deutschland hat dieses Übereinkommen nicht ratifiziert. Zu diesem Artikel des Übereinkommens kann ein Vorbehalt eingelegt werden.

[44]            Entscheidung vom 29. März 2012, GSSt 2/11; http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&nr=60678&linked=pm.

[45]            Arbeitsgruppe der OECD für Bestechungsfragen im internationalen Geschäftsverkehr, Bericht über die Anwendung des Übereinkommens über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr, 17. März 2011.

[46]            Die Gesetzesänderung, die eine Verzehnfachung der Geldbuße gegen juristische Personen vorsieht (d. h. von 1 Million auf 10 Millionen EUR), trat am 30. Juni 2013 in Kraft (BGBl. 2013 Teil I Nr. 32, S. 1738).

[47]            http://bpi.transparency.org/bpi2011/results/

[48]            Karl Sidhu, Anti-Corruption Compliance Standards in the Aftermath of the Siemens Scandal, 10 German Law Journal 1343-1354 (2009); abrufbar unter: http://www.germanlawjournal.com/index.php?pageID=11&artID=1167.

[49]            http://www.sec.gov/spotlight/fcpa/fcpa-cases.shtml

[50]            Bussmann, K.-D./Nestler, C./Salvenmoser, S. (2011), Wirtschaftskriminalität, Frankfurt a.M./Halle, S. 34.

[51]            Bussmann K.-D./Nestler, C./Salvenmoser, S., ibid., S. 60.

[52]            Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Antikorruption und Integrität in der deutschen Entwicklungspolitik, Berlin 2012.

[53]            Das Münchner Landgericht hatte 2011 zwei Manager eines deutschen Unternehmens wegen der Zahlung von Bestechungsgeldern für U-Boot-Aufträge in Portugal und Griechenland verurteilt.

[54]            Transparency International, Codes of Conduct in Defence Ministries and Armed Forces: What makes a good code of conduct? Mai 2011, S. 28-31; BMVg-ES Fighting Corruption in the German Bundeswehr (15. Oktober 2001).

[55]            Transparency International Deutschland, Nationaler Integritätsbericht Deutschland (2012); vgl. Pfeiler 13.