5.9.2014   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 266/342


ENTSCHLIEßUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

vom 3. April 2014

mit den Bemerkungen, die integraler Bestandteil des Beschlusses über die Entlastung zur Ausführung des Haushaltsplans des Gemeinsamen Unternehmens für den ITER und die Entwicklung der Fusionsenergie für das Haushaltsjahr 2012 sind

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT,

in Kenntnis der endgültigen Rechnungsabschlüsse des europäischen Gemeinsamen Unternehmens für den ITER und die Entwicklung der Fusionsenergie für das Haushaltsjahr 2012,

in Kenntnis des Berichts des Rechnungshofs über den Jahresabschluss 2012 des europäischen Gemeinsamen Unternehmens für den ITER und die Entwicklung der Fusionsenergie, zusammen mit den Antworten des Gemeinsamen Unternehmens (1),

in Kenntnis der Empfehlung des Rates vom 18. Februar 2014 (05851/2014 — C7-0053/2014),

gestützt auf Artikel 319 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (2), insbesondere auf Artikel 185,

gestützt auf die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates (3), insbesondere auf Artikel 208,

gestützt auf die Entscheidung 2007/198/Euratom des Rates vom 27. März 2007 über die Errichtung des europäischen Gemeinsamen Unternehmens für den ITER und die Entwicklung der Fusionsenergie sowie die Gewährung von Vergünstigungen dafür (4), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 3,

gestützt auf die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2343/2002 der Kommission vom 19. November 2002 betreffend die Rahmenfinanzregelung für Einrichtungen gemäß Artikel 185 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (5),

gestützt auf die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 1271/2013 der Kommission vom 30. September 2013 über die Rahmenfinanzregelung für Einrichtungen gemäß Artikel 208 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (6), insbesondere auf Artikel 108,

unter Hinweis auf seine früheren Beschlüsse und Entschließungen zur Entlastung,

gestützt auf Artikel 77 und Anlage VI seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Haushaltskontrollausschusses (A7-0198/2014),

A.

in der Erwägung, dass das europäische Gemeinsame Unternehmen für den ITER und die Entwicklung der Fusionsenergie im März 2007 für einen Zeitraum von 35 Jahren errichtet wurde;

B.

in der Erwägung, dass die Mitglieder des Gemeinsamen Unternehmens in der Euratom, vertreten durch die Kommission, den Euratom-Mitgliedstaaten und anderen Staaten bestehen, die mit der Euratom ein Abkommen über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der kontrollierten Kernfusion geschlossen haben;

C.

in der Erwägung, dass das Gemeinsame Unternehmen seit März 2008 autonom arbeitet;

D.

in der Erwägung, dass der Rechnungshof erklärt hat, er habe mit angemessener Sicherheit feststellen können, dass der Jahresabschluss des Gemeinsamen Unternehmens für das Haushaltsjahr 2012 zuverlässig ist und die zugrunde liegenden Vorgänge rechtmäßig und ordnungsgemäß sind;

E.

in der Erwägung, dass der Rechnungshof am 9. Oktober 2008 die Stellungnahme Nr. 4/2008 zu der Haushaltsordnung des Gemeinsamen Unternehmens abgegeben hat;

F.

in der Erwägung, dass zum Zeitpunkt der Gründung des Gemeinsamen Unternehmens der Richtbetrag der für den Zeitraum 2007-2014 als notwendig erachteten Gesamtmittel bei 9 653 000 000 EUR lag;

Haushaltsführung und Finanzmanagement

1.

stellt fest, dass nach zwei Abänderungen, mit denen die Haushaltsmittel 2012 gekürzt wurden, die Verwendungsrate bei den verfügbaren Mitteln für Verpflichtungen und für Zahlungen 99,9 % bzw. 94,5 % betrug;

2.

stellt andererseits fest, dass als Mittelausstattung des Gemeinsamen Unternehmens für das Haushaltsjahr 2012 ursprünglich der Gesamtbetrag von 503 Mio. EUR an Mitteln für Verpflichtungen verabschiedet worden war und dass deshalb die Verwendungsrate bei den Mitteln für Zahlungen ohne die genannten Kürzungen 71 % betrüge;

3.

stellt fest, dass 2012 von den für operative Tätigkeiten verfügbaren Mitteln für Verpflichtungen in Höhe von 1 440 Mio. EUR 55,4 % im Wege direkter Einzelverpflichtungen, der Rest dagegen im Wege globaler Mittelbindungen in Bezug auf umfangreiche, komplexe Verträge ausgeführt wurde, die lange Verhandlungen erforderten und anschließend Einzelverpflichtungen im Jahr 2013 mit sich brachten;

4.

verweist mit Besorgnis auf den hohen Kassenmittelbestand, der Ende des Jahres 51 833 097 EUR betrug, was fast 14 % der endgültig verfügbaren Mittel für Zahlungen 2012 ausmachte;

Systeme der Internen Kontrolle

5.

stellt anhand der Ausführungen des Rechnungshofs fest, dass die Systeme der internen Kontrolle bei dem Gemeinsamen Unternehmen noch nicht vollständig aufgebaut sind und angewandt werden, wenn auch 2012 erhebliche Fortschritte erzielt worden sind;

6.

weist darauf hin, dass folgende Maßnahmen noch zu treffen sind:

Einrichtung eines Managementsystems zur regelmäßigen Überwachung der Stichhaltigkeit von Projektkostenschätzungen und zur Berichterstattung über Kostenabweichungen;

weitere Anstrengungen sind im Hinblick auf eine — vor der Auszahlung vorgenommene — systematische Überprüfung der Berichte über die technische Abnahme und der Prüfungsbescheinigungen zu den Jahresabschlüssen erforderlich;

Schaffung eines umfassenden Kontroll- und Überwachungssystems in Bezug auf sämtliche Zuschüsse und Aufträge über operative Leistungen,

die vom Gemeinsamen Unternehmen aufgrund der internen Prüfungen angenommenen Aktionspläne wurden nicht vollständig umgesetzt,

die Maßnahmen zur Risikoeindämmung im Rahmen des unternehmensweiten Risikomanagementsystems müssen noch umgesetzt werden;

7.

würdigt, dass das Gemeinsame Unternehmen ein System für Prüfungen auf der Ebene der Auftragnehmer geschaffen hat, um zu überprüfen, ob die Anforderungen an die Qualitätssicherung erfüllt sind; weist darauf hin, dass bei den sechs Prüfungen, die Finanzhilfevereinbarungen betrafen, im Zuge von Ex-post-Kontrollen der Rechnungsführung und der Konformität Fehler aufgedeckt wurden, die 1,3 % des Gesamtbetrags der geprüften Kostenaufstellungen (8,3 Mio. EUR) ausmachten;

8.

bedauert, dass die Lebensläufe der Mitglieder des Verwaltungsrats und des Exekutivdirektors nicht öffentlich zugänglich sind; fordert das Gemeinsame Unternehmen dazu auf, unverzüglich Abhilfe zu schaffen; würdigt es, dass das Gemeinsame Unternehmen 2013 einen Beschluss gefasst hat, mit dem Regeln zur Vermeidung und Bewältigung von Interessenkonflikten festgelegt werden;

9.

vertritt die Auffassung, dass ein hohes Maß an Transparenz wesentlich dazu beiträgt, die Risiken von Interessenkonflikten zu vermindern; fordert daher das Gemeinsame Unternehmen auf, seine Strategie und/oder seine Vorkehrungen für die Vermeidung und Bewältigung von Interessenkonflikten und die entsprechenden Durchführungsbestimmungen sowie das Verzeichnis der Mitglieder des Verwaltungsrats und die Lebensläufe auf seiner Website zugänglich zu machen;

10.

fordert den Rechnungshof auf, die Strategien des Gemeinsamen Unternehmens zur Bewältigung und Vermeidung von Interessenkonflikten im Auge zu behalten und zu diesem Zweck bis zum nächsten Entlastungsverfahren einen Sonderbericht darüber auszuarbeiten;

Aufträge über operative Leistungen und Zuschüsse

11.

stellt fest, dass der Rechnungshof eine Stichprobe von fünf Verfahren zur Vergabe von Aufträgen über operative Leistungen untersucht hat; weist darauf hin, dass bei den Zuschüssen im Schnitt pro Ausschreibung nur ein Vorschlag eingegangen ist, dass daran aber der hohe Spezialisierungsgrad der Ausschreibungen und das Ergebnis des EU-Fusionsprogramms — Schaffung eines europäischen Forschungsraums im Bereich der Kernfusion mit minimierter Doppelarbeit und einer engen Zusammenarbeit zwischen den auf demselben Gebiet tätigen Teams — zu erkennen sind; merkt an, dass Letzteres darin zum Ausdruck kommt, dass im Wesentlichen hinter sämtlichen Vorschlägen, die auf Ausschreibungen des Bereichs Fusionsenergie hin eingegangen sind, europaweite Konsortien stehen; legt dem Gemeinsamen Unternehmen dringend nahe, einen Aktionsplan mit konkreten Maßnahmen und Terminen zu erstellen, um möglichst viel Wettbewerb zu erreichen und in den Ausschreibungsphasen der Vorbereitung, Veröffentlichung, Bewertung, Auftragsvergabe und Verwaltung dem Grundsatz des wirtschaftlichen Gegenwerts zu folgen;

12.

bedauert es zu erfahren, dass das Gemeinsame Unternehmen noch kein internes Verfahren eingeführt hat, um systematisch das Risiko zu bewerten, dass eine Zahlung getätigt wird, wenn der ITER-Organisation im selben Zeitpunkt ein Bericht über Nichtkonformität zur Prüfung vorliegt; fordert das Gemeinsame Unternehmen auf, die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um vor der Ausführung von Zahlungsvorgängen die Kontrollen zu verstärken, damit Gewissheit bezüglich der Einhaltung des Finanzrahmens des Gemeinsamen Unternehmens und der Konformität der jeweils anfallenden Kosten geschaffen wird;

Unionsbeitrag zur ITER-Bauphase

13.

erinnert daran, dass der Rat 2010 die endgültige Höhe des Beitrags des Gemeinsamen Unternehmens zu der Bauphase auf 6 600 000 000 EUR (Preise von 2008) korrigiert und damit das Doppelte des ursprünglich geschätzten Betrags vorgesehen hat;

14.

stellt fest, dass 2012 im Bericht des Internen Prüfers über Tätigkeiten in der Vorbeschaffungsphase für das Projekt ITER auf Folgendes hingewiesen wurde:

Bei keiner der zwei bis dahin durchgeführten Kostenschätzungsrunden waren die Kostenschätzungen bezüglich des Unionsbeitrags zur ITER-Bauphase nach Verträgen aufgeschlüsselt worden;

das Gemeinsame Unternehmen war erheblichen finanziellen Risiken im Zusammenhang mit der Entwicklung der Rohstoffpreise ausgesetzt;

das Gemeinsame Unternehmen hatte noch kein Instrument zur regelmäßigen Überwachung der Stichhaltigkeit der Schätzungen und zur Berichterstattung über potenzielle Kostenabweichungen eingerichtet;

15.

stellt fest, dass das Gemeinsame Unternehmen in seinem Fortschrittsbericht von September 2012 an den Rat „Wettbewerbsfähigkeit“ betont hat, dass Kostenabweichungen in der Bandbreite von 180-250 Mio. EUR bzw. 3 % der zuletzt geschätzten Projektkosten in Höhe von 6,6 Mrd. EUR eintreten könnten;

16.

weist darauf hin, dass das Gemeinsame Unternehmen im Juni 2013 eine Aktualisierung der Kostenschätzung für den Unionsbeitrag zur Bauphase des Projekts abgeschlossen hat, in der das damalige Kostensteigerungsrisiko mit 290 Mio. EUR bzw. 4,4 % des vom Rat genehmigten Haushalts beziffert wurde; stellt fest, dass die geschätzte Kostensteigerung durch eine beträchtliche Eskalation des Umfangs der Bauteile für das Projekt ITER bedingt ist;

17.

weist mit erheblicher Besorgnis darauf hin, dass das Gemeinsame Unternehmen den derzeitigen Referenzzeitplan für den ITER als unrealistisch betrachtet; fordert das Gemeinsame Unternehmen auf, mit seinen ITER-Partnern einen neuen, zuverlässigen Zeitplan aufzustellen und alles zu unternehmen, damit der Zeitplan ohne Abweichung vom vorgesehenen Haushaltsrahmen beibehalten werden kann;

Horizontale Aspekte der gemeinsamen europäischen Forschungsunternehmen

18.

stellt fest, dass der Prüfungsansatz des Rechnungshofs analytische Prüfungsverfahren, die Bewertung von Schlüsselkontrollen der Überwachungs- und Kontrollsysteme und die Prüfung von Vorgängen auf der Ebene des Gemeinsamen Unternehmens, nicht aber auf der Ebene der Mitglieder oder Endbegünstigen des Gemeinsamen Unternehmens umfasst;

19.

stellt fest, dass die Prüfungshandlungen auf der Ebene der Mitglieder oder Endbegünstigten entweder vom Gemeinsamen Unternehmen oder von externen, von ihm beauftragten und überwachten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften durchgeführt werden;

20.

begrüßt den Sonderbericht des Rechnungshofs Nr. 2/2013 mit dem Titel „Hat die Kommission eine effiziente Durchführung des Siebten Forschungsrahmenprogramms sichergestellt?“, in dem der Hof untersucht hat, ob die Kommission eine effiziente Durchführung des Siebten Rahmenprogramms für Forschung und technologische Entwicklung herbeigeführt hat;

21.

stellt fest, dass sich die Prüfung auch auf die Gründung der gemeinsamen Technologieinitiativen (JTI) erstreckte;

22.

stimmt den abschließenden Feststellungen des Rechnungshofs zu, wonach die JTI darauf ausgelegt sind, langfristige Investitionen der Wirtschaft in bestimmen Forschungsbereichen zu unterstützen; stellt jedoch fest, dass im Durchschnitt zwei Jahre vergingen, bis einer JTI die finanzielle Autonomie eingeräumt wurde, und dass die Verantwortung in der Regel während eines Drittels der erwarteten Lebensdauer der JTI bei der Kommission liegt;

23.

stellt fest, dass nach Angaben des Rechnungshofs einige JTI besonders erfolgreich kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in ihre Projekte einbezogen haben und dass fast 21 % der von den JTI bereitgestellten Mittel KMU zugute kamen;

24.

weist darauf hin, dass sich der Richtbetrag der Mittel, die für die bisher von der Kommission gemäß Artikel 187 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union gegründeten sieben gemeinsamen europäischen Forschungsunternehmen — mit Ausnahme des Gemeinsamen Unternehmens Galileo — während der Dauer ihres Bestehens für notwendig erachtet werden, auf insgesamt 21 793 000 000 EUR beläuft;

25.

stellt fest, dass sich die von den gemeinsamen Unternehmen für das Jahr 2012 insgesamt veranschlagten Soll-Einnahmen auf rund 2,5 Mrd. EUR bzw. etwa 1,8 % des Gesamthaushalts der Europäischen Union für das Jahr 2012 beliefen, wobei rund 618 Mio. EUR aus dem Gesamthaushaltsplan (von der Kommission geleistete Finanzbeiträge) und rund 134 Mio. EUR von den Partnern aus der Wirtschaft und den Mitgliedern der Gemeinsamen Unternehmen kamen;

26.

stellt fest, dass die gemeinsamen Unternehmen 409 ständige Bedienstete und Bedienstete auf Zeit beschäftigen, was weniger als 1 % der im Gesamthaushaltsplan der Union (Stellenplan) insgesamt für Beamte der Union bewilligten Stellen entspricht;

27.

weist darauf hin, dass sich der Beitrag der Union, der für die gemeinsamen Unternehmen während der Dauer ihres Bestehens für notwendig erachtet wird, auf insgesamt 11 489 000 000 EUR beläuft;

28.

fordert den Rechnungshof auf, die JTI und die anderen gemeinsamen Unternehmen angesichts der beträchtlichen Beträge, um die es geht, und der festgestellten Risiken — insbesondere Reputationsrisiken — in einem gesonderten Bericht umfassend zu analysieren; weist darauf hin, dass das Parlament den Rechnungshof bereits früher ersucht hat, einen Sonderbericht darüber auszuarbeiten, ob die gemeinsamen Unternehmen imstande sind, zusammen mit ihren privaten Partnern einen Zusatznutzen zu erbringen und die ordnungsgemäße Durchführung der Programme der Union für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration sicherzustellen; weist darauf hin, dass davon ausgegangen wird, dass die gemeinsamen Unternehmen die Finanzierung langfristiger Investitionen der Wirtschaft sicherstellen und private Forschungsinvestitionen fördern.


(1)  ABl. C 369 vom 17.12.2013, S. 35.

(2)  ABl. L 248 vom 16.9.2002, S. 1.

(3)  ABl. L 298 vom 26.10.2012, S. 1.

(4)  ABl. L 90 vom 30.3.2007, S. 58.

(5)  ABl. L 357 vom 31.12.2002, S. 72.

(6)  ABl. L 328 vom 7.12.2013, S. 42.