9.4.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 102/8


Veröffentlichung eines Eintragungsantrags gemäß Artikel 50 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel

2013/C 102/08

Diese Veröffentlichung eröffnet die Möglichkeit, gemäß Artikel 51 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 (1) Einspruch gegen den Antrag zu erheben.

EINZIGES DOKUMENT

VERORDNUNG (EG) Nr. 510/2006 DES RATES

zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel  (2)

„WESTFÄLISCHER KNOCHENSCHINKEN“

EG-Nr.: DE-PGI-0005-0854-01.02.2011

g.g.A. ( X ) g.U. ( )

1.   Name:

„Westfälischer Knochenschinken“

2.   Mitgliedstaat oder Drittland:

Deutschland

3.   Beschreibung des Agrarerzeugnisses oder des Lebensmittels:

3.1   Erzeugnisart:

Klasse 1.2

Fleischerzeugnisse (erhitzt, gepökelt, geräuchert usw.)

3.2   Beschreibung des Erzeugnisses, für das der unter Punkt 1 aufgeführte Name gilt:

Äußere Produktbeschreibung:

 

Hinterschinken vom Schwein mit Röhrenknochen, gesalzen und getrocknet.

 

Farbe: kräftig dunkelrosa bis dunkelrot mit gelber Schwarte

 

Geschmack: herzhaft aber mild, ggf. mit mildem Rauchgeschmack, durch den im Schinken verbleibenden Röhrenknochen leicht nussig. Die luftgetrocknete Variante des Westfälischen Knochenschinkens ist besonders mild und zart im Geschmack. Bis auf den Teilschritt des Räucherns sind alle Verarbeitungsschritte bei beiden Varianten identisch.

 

Salzgehalt: max. 6,5 %

 

Wassergehalt: max. 65 % für geräucherten Schinken und max. 62 % für luftgetrockneten Schinken

Nach Ende der Reifezeit ist der Schinken im Anschnitt von kräftig roter Farbe mit leichter Marmorierung.

Herstellungsverfahren:

 

Das gesamte Herstellungsverfahren von der Anlieferung der Rohware (ganzer Hinterschinken mit Knochen) beim Herstellungsbetrieb bis zur vollständigen Reifung des Schinkens muss im abgegrenzten geografischen Gebiet stattfinden. Die Mindestreifezeit beträgt sechs Monate. Die Mindestpökelzeit beträgt 3 Wochen.

 

Salzung: Reine Handsalzung. Zugelassen ist ausschließlich Trockenpökelung mit Eigenlakeentstehung. Jegliches Einspritzen von Salz oder Gewürzlake ist untersagt. Alle Seiten der Schinken werden von Hand gesalzen. Nach der Salzung werden die Schinken in Becken gelegt. Zwischen die Lagen wird erneut Salz gestreut. Der Zeitraum der Salzung beträgt insgesamt 3-6 Wochen. Dabei werden die Schinken wöchentlich in der Eigenlake umgepackt. Nach der Salzung werden die Schinken aus der Lake genommen und zum sog. „Nachbrennen“ in ein Becken gelegt.

 

Wässerung: Nach dem „Nachbrennen“ werden die Schinken gegebenenfalls gewässert, dann abgeschruppt und anschließend aufgehangen.

 

Trocknung, ggf. Räucherung: Nach dem Aufhängen kommen die Schinken in die Vortrocknung, oder, wenn der Schinken geräuchert werden soll, in den Rauch. Wenn Räucherung erfolgt, dann ausschließlich auf Buchenholz.

 

Pflege: Gelegentlich Abwaschen und Trocknung bis zur gewünschten Reifung.

 

Reifung: Mindestreifezeit 6 Monate. Erst nach der vollständigen Reifung dürfen die Schinken verkauft, ausgelöst, geschnitten (konfektioniert) und vakuumiert werden.

Keine Verwendung finden Phosphate und GDL (Glyko-Delta-Lakton)

3.3   Rohstoffe (nur für Verarbeitungserzeugnisse):

Ganzer Hinterschinken vom Schwein mit Knochen. Bei der Anlieferung des Schinkens an den Herstellungsbetrieb per LKW darf die Temperatur im Laderaum des LKW bis 4 °C betragen, die Kerntemperatur des Schinken muss unter < 7 °C liegen. Der pH-Wert muss zwischen 5,4 und 5,8 liegen.

3.4   Futter (nur für Erzeugnisse tierischen Ursprungs):

3.5   Besondere Erzeugungsschritte, die in dem abgegrenzten geografischen Gebiet erfolgen müssen:

Das gesamte Herstellungsverfahren von der Anlieferung der Rohware (ganzer Hinterschinken mit Knochen) beim Herstellungsbetrieb bis zur vollständigen Reifung des Schinkens muss im abgegrenzten geografischen Gebiet stattfinden.

3.6   Besondere Vorschriften für Vorgänge wie Schneiden, Reiben, Verpacken usw.:

3.7   Besondere Vorschriften für die Etikettierung:

Wenn ein Etikett aufgebracht wird, hat es neben den gesetzlich vorgeschriebenen folgende Hinweise zu enthalten:

 

„Westfälischer Knochenschinken“ g.g.A.

 

EU-Logo g.g.A.

Das Etikett darf nur die in der Spezifikation vorgesehenen Bezeichnungen enthalten. Verboten sind außerdem Hinweise, die den Verbraucher in die Irre führen.

4.   Kurzbeschreibung der Abgrenzung des geografischen Gebiets:

Landschaftsverband Westfalen-Lippe (Regierungsbezirke Münster, Detmold und Arnsberg), die niedersächsischen Orte 48465 Schüttorf, 48455 Bad Bentheim, 48499 Salzbergen.

5.   Zusammenhang mit dem geografischen Gebiet:

5.1   Besonderheit des geografischen Gebiets:

In Westfalen hat sich eine spezifische Tradition der Schinkenherstellung etabliert und bis heute erhalten. Diese Tradition stellt eine Besonderheit des geografischen Gebietes dar und sie beruht auch ihrerseits schon auf solchen Besonderheiten.

Denn das eher feucht-kalte, von der Nordsee geprägte, gemäßigte Klima eignet sich hervorragend zur Schweinemast, die in Westfalen bis heute in großem Umfang betrieben wird. In früheren Jahrhunderten wurde in Westfalen eine besondere Form der Schweinemast betrieben. In den westfälischen Eichenwäldern konnten die Schweine frei und wild herumlaufen, um sich natürlich und gesund zu entwickeln. Bei dieser Aufzuchtmethode konnte praktisch jedermann zumindest ein Schwein halten und somit auch Schinken herstellen. Gleichzeitig führte diese Aufzuchtform zu großen, gut gewachsenen Schweinen mit nicht zuviel Fettanteil.

Diese Form der Fleischproduktion mit ihren hervorragenden Ergebnissen, auch wenn sie so heute schon aus Naturschutzgründen und wegen der Bevölkerungsdichte nicht mehr betrieben wird. begünstigte das Entstehen einer besonderen Tradition und Kunstfertigkeit der Bevölkerung auch auf dem Gebiete der Fleischverarbeitung und Schinkenherstellung.

Das Klima eignet sich besonders zur Herstellung von geräucherten Schinken, aber auch luftgetrocknete Schinken wurden und werden hergestellt. Traditionell wurde mit der Produktion in den kühlen Wintermonaten begonnen, zum einen weil insbesondere in den ersten Arbeitsschritten kühle Temperaturen notwendig waren, zum anderen damit Anfang Mai, zur Spargelsaison, der Schinken aufgeschnitten werden konnte. Obwohl heute aufgrund moderner technischer Einrichtung das ganze Jahr hindurch produziert werden kann, ist doch die traditionelle Herstellungsweise, welche von Generation zu Generation weitergereicht wurde, erhalten geblieben und trägt auch heute noch zur besonderen Qualität der westfälischen Schinken bei. So wird auch heute noch größter Wert auf Qualitätsfleisch gelegt, die Salzung erfolgt nach wie vor ausschließlich von Hand und die traditionelle Reifedauer übersteigt, auch dies aufgrund der für das Gebiet typischen Tradition der Schinkenherstellung, die marktübliche Reifedauer erheblich.

5.2   Besonderheit des Erzeugnisses:

Westfälische Schinken sind schon Jahrhunderte für ihre herausragende Qualität bekannt und genießen beim Verbraucher über die Region hinaus ein hohes Ansehen.

Der westfälische Knochenschinken ist die ursprüngliche, besonders hochwertige Variante des westfälischen Schinkens. Seine Hochwertigkeit rührt daher, dass ganze Keulen mit dem darin befindlichen Knochen verarbeitet werden. Darum und weil jedes Einspritzen von Lake verboten ist, benötigt der Knochenschinken eine längere Pökelzeit von mindestens 3 Wochen, weil das Salz auf natürlichem Wege in den Schinken und auch in den Knochen eindringen muss. Auch die Reifezeit verlängert sich durch die Salzung mit Knochen, da der Schinken langsamer trocknet. Sie beträgt mindestens 6 Monate und damit deutlich länger als bei Schinken, der unter anderen bekannten Bezeichnungen vermarktet wird. Durch den während der Reife im Schinken belassenen Knochen erhält er eine besondere, nussige Geschmacksnote.

Zur Geschichte: Bereits die Römer wussten, dass in Westfalen die besten Schinken produziert werden. Sie scheuten keine Mühen, die veredelten Schweineschinken mitsamt dem Knochen darin zu Pferd und zu Fuß den Rhein entlang über die Alpen bis nach Italien zu transportieren. Im 12. Jahrhundert gab es in Köln eine rege Nachfrage nach dem am Hauptmarkt verkauften westfälischen Schinken. Die Stadt Dortmund schenkte dem Kaiser Sigismund (1368-1437, Wahl zum König erstmals 1410) zwölf Schinken. Der Kaiser soll sich hierüber mehr als über eine goldene Schale der Stadt Köln gefreut haben. Die Wertschätzung westfälischen Schinkens zeigt auch das Nordfenster (um 1500 entstanden) der um 1400 erbauten Kirche Maria zur Wiese in Soest. Es zeigt das „westfälische Abendmahl“, bei dem man statt Brot und Wein Bier und westfälischen Schinken genießt. Heinrich Heine bezeichnete Westfalen als „Vaterland der Schinken“.

Drohender Plünderung und Einquartierung konnte man in den niederländisch/deutsch-französischen Kriegen der Jahre 1674-1678 vorbeugen, indem man mehrere Ladungen Schinken aus dem westfälischen Sauerland nach Wien transportierte.

Deutlich wird die lange Tradition des „westfälischen Schinkens“ auch in der Sprache. Mit „westfälischer Himmel“ wird der Bereich über dem offenen Kamin der westfälischen Bauernhäuser benannt, wo früher die Schinken zum Räuchern aufgehängt wurden.

5.3   Ursächlicher Zusammenhang zwischen dem geografischen Gebiet und der Qualität oder den Merkmalen des Erzeugnisses (im Falle einer g.U.) bzw. einer bestimmten Qualität, dem Ansehen oder sonstigen Eigenschaften des Erzeugnisses (im Falle einer g.g.A.):

Das Ansehen des Erzeugnisses beruht auf der geografischen Herkunft. Die durch die natürlichen Bedingungen geförderte jahrhundertealte Tradition der Schinkenherstellung in Westfalen und das damit einhergehende besondere Know-how der örtlichen Produzenten haben dazu beigetragen, dass es sich beim Westfälischen Knochenschinken um ein hochwertiges Erzeugnis mit typischem Geschmack handelt, das weit über die Region hinaus als regionale Spezialität bekannt ist und nicht zuletzt wegen seiner geografischen Herkunft ein hohes Ansehen genießt. Dieses Ansehen beruht auf der objektiven Tradition der Schinkenherstellung, die sich insbesondere dadurch auszeichnet, dass sie eine längere Reifezeit des Schinkens vorsieht als dies bei üblichem Schinken der Fall ist.

Die gebietstypische Herstellungsweise führt auch dazu, dass objektive Eigenschaften des Schinkens auf seiner geografischen Herkunft beruhen. Denn insbesondere führt die gebietstypisch längere Reife- und Pökelzeit dazu, dass sich wegen des niedrigeren Wassergehalts die physikalischen Eigenschaften (Textur, Festigkeit, spezifisches Gewicht des Schinkens), die chemischen Eigenschaften (insbesondere niedrigerer Wassergehalt und in Abhängigkeit davon der relativ höhere Gehalt an anderen Stoffen wie Fetten und Eiweißen) sowie in Abhhängigkeit davon auch die organoleptischen Eigenschaften des Erzeugnisses von den Eigenschaften anderer Schinken unterscheiden.

Hinweis auf die Veröffentlichung der Spezifikation:

(Artikel 5 Absatz 7 der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 (3))

http://register.dpma.de/DPMAregister/geo/detail.pdfdownload/17403


(1)  ABl. L 343 vom 14.12.2012, S. 1.

(2)  ABl. L 93 vom 31.3.2006, S. 12.

(3)  Vgl. Fußnote 2.