15.4.2014   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 114/27


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen — Sport, Behinderung, Freizeit

2014/C 114/06

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

Hintergrund

1.

macht darauf aufmerksam, dass in der EU schätzungsweise etwa 80 Mio. Menschen mit einer Behinderung leben, d. h. an die 15% der Bevölkerung. Der Anteil der Menschen mit eingeschränkter Mobilität wird auf mehr als 40% der Bevölkerung geschätzt;

2.

unterstreicht, dass die Zahl der Menschen mit einer Behinderung aufgrund des höheren Risikos einer Behinderung im Alter und des allgemeinen Anstiegs chronischer Krankheiten zunehmen könnte. Folglich werden die europäischen Regionen künftig vor neuen Herausforderungen stehen;

3.

betont, dass die EU über keine gemeinsame Definition des Begriffs „Behinderung“ verfügt und die gesetzlichen Begriffsbestimmungen Gegenstand zahlreicher Debatten und semantischer Auslegungen sind. Eine Behinderung ist ein komplexes Phänomen und eine Erfahrung mit vielen Facetten — Ergebnis des Zusammenspiels körperlicher und intellektueller Merkmale des betreffenden Menschen und der Gesellschaft, in der er lebt. Deshalb ist es notwendig, entsprechende Begriffe zur Bezeichnung von Menschen mit Behinderungen einzuführen;

4.

weist auf einen Mangel an Wissen und falsche Vorstellungen über die tatsächlichen Folgen von Behinderungen hin sowie auf die Notwendigkeit, die „Fähigkeiten“ zu betonen, denen bei sportlichen Leistungen Rechnung getragen werden kann;

5.

erkennt Wert und Bedeutung von körperlicher Aktivität und Sport für Menschen mit Behinderungen an sowie deren effektiven Beitrag zur Verwirklichung der strategischen Ziele der EU, insbesondere der Ziele der Europa-2020-Strategie. Beim Sport, den Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen treiben, wurden in den letzten Jahren sehr große Fortschritte erzielt. Das jüngste Beispiel sind die Paralympics in London im Jahr 2012, bei denen sich die Medien bei der Berichterstattung und der Propagierung der paralympischen Bewegung fast überschlugen;

6.

verweist auf den unbestrittenen Wert des Sports für das gesamte Wohlbefinden einer Person sowie auf die positiven Auswirkungen auf die Möglichkeiten von Menschen mit Behinderungen zur Rehabilitation und zur Befähigung zu einem Leben mit der Behinderung; betont ferner, dass die Möglichkeit zum Sporttreiben für Menschen mit Behinderungen vor allem ein Menschenrecht darstellt;

7.

hebt hervor, dass der „Sport für Menschen mit Behinderungen“ eine breite Palette von Tätigkeiten abdeckt, die vom Leistungs- über den Freizeitsport bis hin zur an die Rehabilitation durch Sport angepasste Gymnastik reicht — eine Palette, deren Vielfalt der Komplexität der Definition des Begriffs „Sport“ entspricht oder sogar über sie hinausgeht. Unter anderem deshalb bestehen in den verschiedenen Regionen der EU unterschiedliche Definitionen. Bei körperlicher Aktivität im Rahmen von Sport gibt es verschiedene Nuancen, sodass die Ausübung einer körperlichen Aktivität eher sportlich, freizeit- oder gesundheitsorientiert usw. ist. Diese Ausrichtung wird immer von der die Aktivität ausübenden Person bzw. dem Nutzer bestimmt, mit dem kleinen Unterschied, dass die sportliche Betätigung im Sport im Allgemeinen bei allen Menschen zu einer Verbesserung der körperlichen oder geistigen Gesundheit führt;

8.

macht darauf aufmerksam, dass die unterschiedlichen Begriffe und Begriffsinhalte, die mit diesem Sektor in Zusammenhang stehen oder von seinen Akteuren gebraucht werden, Gegenstand erheblicher Diskussionen sind. Im hiesigen Kontext wird der Begriff „Sport für Menschen mit Behinderungen“ benutzt, um den Schwerpunkt auf den Menschen zu legen und gleichzeitig die Allgemeingültigkeit des Begriffs sicherzustellen;

9.

bekräftigt das Erfordernis, das Subsidiaritätsprinzip und die Unabhängigkeit der Leitungsorgane von Sportorganisationen, einschließlich der freien Sportorganisationen, voll und ganz zu respektieren. Die in der vorliegenden Stellungnahme ausgesprochenen Empfehlungen sollen durch einen Katalysatoreffekt die Wirkung der von den Mitgliedstaaten sowie den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften ergriffenen Maßnahmen verstärken und die Wahrnehmung der Menschen mit Behinderungen ändern, indem sie ihre Fähigkeiten in der gesamten Gemeinschaft in den Vordergrund stellen;

Politischer Hintergrund

10.

begrüßt und unterstützt die Verweise auf die Anerkennung des Sports für Menschen mit Behinderungen im Rahmen der EU-Politik, insbesondere die Europäische Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen 2010-2020 (1), die Kommissionsmitteilung „Entwicklung der europäischen Dimension des Sports“ (2) und das Weißbuch Sport der Europäischen Kommission (3);

11.

bedauert jedoch das Fehlen jeglichen Hinweises auf Menschen mit Behinderungen im ursprünglichen Vorschlag der Europäischen Kommission zu Erasmus+, dem neuen EU-Programm für allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport für 2014-2020. Zu diesem Zweck dringt der AdR darauf, in dem neuen, derzeit noch in Verhandlung befindlichen Programm eindeutig auf die Notwendigkeit hinzuweisen, nachhaltiges und inklusives Wachstum durch einen leichteren Zugang von Menschen mit Behinderungen zu sportlichen Aktivitäten zu fördern;

12.

teilt die Auffassung, dass die nationalen Regierungen sowie die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im Rahmen ihrer jeweiligen Kompetenzen und finanziellen Möglichkeiten eine große Bedeutung für die Entwicklung des Sports für Menschen mit Behinderungen haben, insbesondere für die Förderung von und die Investitionen in Sportinfrastruktur und sportliche Aktivitäten auf lange Sicht, und unterstreicht die Notwendigkeit, Projektmittel für diejenigen Regionen bereitzustellen, in denen die Infrastruktur von Schulen und anderen Bildungseinrichtungen unterentwickelt ist und für Kinder mit Behinderungen keine bzw. die begrenzte Möglichkeit besteht, Sport zu treiben;

13.

Bei der Benutzung öffentlicher Anlagen haben die öffentlichen Träger die Belange des Behindertensports angemessen zu berücksichtigen, so dass der Forderung nach Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderung Rechnung getragen wird. Die Barrierefreiheit stellt dabei ein wesentliches Element dar;

14.

bekräftigt die besondere Rolle der Akteure des Sportsektors für Menschen mit Behinderungen bei der Nutzung der durch den Sport gebotenen Möglichkeiten zur Förderung der sozialen Inklusion, Integration und Chancengleichheit;

15.

weist darauf hin, dass der Sport für Menschen mit Behinderungen häufig nur im Zusammenhang mit der sozialen Inklusion ausdrücklich genannt zu werden scheint. Der AdR fordert, die verschiedenen Facetten Sports für Menschen mit Behinderungen deutlich zu unterscheiden: Leistungssport, Freizeitsport, Sportunterricht, die Möglichkeiten von Bildung und Ausbildung durch Sport, die angepasste körperliche Aktivität, die Rehabilitation durch Sport bzw. sportliche Betätigung mit besonderen therapeutischen Zielen;

16.

plädiert für eine stärkere Anerkennung der qualifizierten Vertreter des Sektors bei allen von den europäischen Institutionen unterstützten Aktivitäten zur Entwicklung und Bewertung des Breitensports. Um eine solche Einbindung zu ermöglichen sowie für die spezifische Ausbildung des im Bereich Sport involvierten Fachpersonals, sollte die Bereitstellung spezifischer Ressourcen ins Auge gefasst werden;

17.

fordert die Erarbeitung eines detaillierten Strategiepapiers auf der Grundlage der bestehenden Politik, das jedoch speziell dem Sport für Menschen mit Behinderungen gewidmet ist, um für die Hauptfragen des Sektors Prioritäten festzulegen;

Spezifische Herausforderungen: sportliche Betätigung

18.

merkt an, dass der Anteil der Menschen mit Behinderungen, die Sport treiben, trotz des wachsenden politischen Interesses an ihrer Einbindung in sportliche Aktivitäten nach wie vor zu gering ist; Das liegt u. a. am begrenzten Zugang zu Sportanlagen, die den Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen angepasst sind;

19.

weist darauf hin, dass die sportliche Betätigung, abgesehen von den physischen und sozioökonomischen Hindernissen sowie den Kommunikationsbarrieren, durch kulturelle Barrieren sowie psychologische Faktoren — wie die Haltung der Organisatoren und Akteure von Massensportveranstaltungen gegenüber Behinderungen — eingeschränkt wird. Diese Haltungen entspringen Unwissen und mangelnden Ressourcen im Umgang mit einer andersartigen Situation. Es sollten Informations- und Ausbildungskampagnen durchgeführt werden, die die Akzeptanz von Menschen mit Behinderungen bei der sportlichen Betätigung erleichtern. Es wird empfohlen, alle Maßnahmen zur Verbesserung des Zugangs zu sportlichen Aktivitäten nach angemessener Anhörung der Akteure des Sektors zu konzipieren, insofern als die verschiedenen Gruppen möglicherweise unterschiedliche Unterstützung benötigen;

20.

bessere Zugänglichkeit, im Sinne angemessenen physischen Zugangs zu den Sportanlagen und besserer Kommunikation, ist eine entscheidende Voraussetzung für die Erhöhung der Beteiligungsrate am Sport;

21.

fordert koordinierte Kampagnen zur Sensibilisierung für die bestehenden Möglichkeiten zu sportlicher Betätigung. Solche Kampagnen könnten auf europäischer Ebene eingeleitet werden, müssen jedoch auf regionaler und lokaler Ebene ausgeführt werden, auf der das konkrete Angebot besteht. Die Menschen mit Behinderungen müssen direkt angesprochen und informiert werden. Idealerweise werden die Kampagnen mit der Unterstützung der leitenden Organe der Breitensportbewegung, des nationalen Sports und des Sports für Menschen mit Behinderungen sowie der Organisationen (insbesondere der Verbände) für Menschen mit Behinderungen veranstaltet. Zudem ist es wichtig, Informationskampagnen nicht nur für Menschen mit Behinderungen, sondern auch für die breite Öffentlichkeit zu veranstalten, damit diese ihre Mitmenschen mit Behinderungen besser versteht, sie akzeptiert, sie leichter integriert und lernt, ihnen zu helfen. Es gilt, die Autonomie von Menschen mit Behinderungen maximal zu fördern sowie sie darin zu bestärken und zu unterstützen, solche Veranstaltungen vorzuschlagen, zu propagieren und durchzuführen;

22.

betont, dass es nötig sein kann, sich unter Berücksichtigung ihrer Fähigkeiten, ihres Alters und ihrer sozialen Situation einzeln an die verschiedenen Zielgruppen zu wenden; dabei gilt es, vor allem Jugendliche zu erreichen und zu unterstützen. Zugleich ist es wichtig, die Sportstruktur des jeweiligen Mitgliedstaats sowie die lokalen und regionalen Besonderheiten zu berücksichtigen. Die Bereitstellung verlässlicher, zugänglicher und regelmäßig aktualisierter Informationen für die verschiedenen Zielgruppen sollte unterstützt werden, damit diese sich selbständig über das Sportangebot informieren können. Die Förderung und Unterstützung der Entwicklung von vor Ort organisierten Initiativen kann in diesem Zusammenhang zur Verbreitung dieser Informationen und zur Zugänglichkeit beitragen;

23.

auf lokaler und regionaler Ebene wird ein angepasstes Verkehrsnetz benötigt, das es den Menschen mit Behinderungen ermöglicht, sich sowohl zur Ausübung von Amateur- als auch von Wettkampfsport zu den Sportanlagen zu begeben;

24.

unterstreicht, dass die Eltern eine entscheidende Rolle bei der Ermutigung der Jugendlichen spielen, an sportlichen Aktivitäten teilzunehmen, und dass ehrenamtliche Helfer das Rückgrat des Sektors bilden. Deshalb ist es nötig, für die Bedeutung von Freiwilligentätigkeit zu sensibilisieren, und anschließend sind die Einrichtung von Plattformen für die Rekrutierung und Schulung von ehrenamtlichen Helfern sowie Maßnahmen für die Anerkennung und Belohnung ihres Beitrags ins Auge zu fassen;

25.

schlägt die Einrichtung einer Informationsplattform über Sportanlagen in der EU sowie die Schaffung einer allgemein zugänglichen Internetseite vor, auf der sich Menschen mit Behinderungen über die Sportinfrastruktur, die technischen Möglichkeiten usw. in ihrer Gegend/Region informieren können;

26.

macht darauf aufmerksam, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen, die nicht nur mit einer, sondern mit mehreren Behinderungen konfrontiert sind, einen Migrationshintergrund oder Minderheitenstatus haben oder Opfer sozialer Ausgrenzung im Zusammenhang mit ihrer Homosexualität oder ihrem Geschlecht sind, doppelt oder dreifach diskriminiert werden. Es gilt, allen Unterstützung und gleiche Zugangsmöglichkeiten zu sportlichen Aktivitäten zu garantieren;

27.

merkt an, dass der Sport für Menschen mit Behinderungen nicht vom Breitensportsystem ausgeschlossen bleiben darf und dass seine allgemeine Verbreitung, d. h. die Mitverantwortung der großen Sportorganisationen für seine Organisation, bereits ein wichtiges politisches Ziel darzustellen scheint. Daher ist dafür Sorge zu tragen, dass die Einbeziehung des Sports von Menschen mit Behinderungen in den Breitensport voranschreitet und die unterschiedlichen Organisationsformen und -strukturen entsprechend den tatsächlichen Fähigkeiten der Menschen mit Behinderungen und dem Ziel ihrer Integration parallel durchgeführt werden können;

28.

die Teilnahme von Menschen mit Behinderungen am Sport ist im Rahmen des Verbands zu fördern, in dessen Zuständigkeit die entsprechende Sportart oder Spezialisierung fällt. Dabei ist die Rolle der Sportverbände, die vorwiegend mit Menschen mit Behinderungen arbeiten, zu berücksichtigen und zu respektieren und diese müssen bei der Ausübung ihrer unabdingbaren Aufgabe im Dienste der Menschen mit Behinderungen bestärkt werden;

29.

die Sportverbände sollten Sportvereine, in denen Menschen mit Behinderungen ihre Sportart ausüben können, ermutigen, an ihren Versammlungen — allerdings ohne Stimmrecht — teilzunehmen, auch wenn diese Vereine kein Mitglied des betreffenden Verbands sind;

30.

stellt aufgrund konkreter Beispiele fest, dass der Ansatz, Tourismus mit Freizeitsport für alle zu kombinieren, ein wirksames Instrument für einen ersten Kontakt mit dem Sport für Menschen mit Behinderungen ist, mit dem Ziel, die Beteiligungsrate von Menschen mit Behinderungen am Sport zu erhöhen und die Öffentlichkeit für ihre Fähigkeiten zu sensibilisieren;

31.

hochwertige und aktuelle Informationen über das Angebot an sportlichen Aktivitäten für Menschen mit Behinderungen und die entsprechenden Transport- und Zugangsmöglichkeiten zu Sportanlagen sollten als Werbemittel für den Sporttourismus eingesetzt werden;

Spezifische Herausforderungen: Bildung

32.

anerkennt, dass für die angemessene Entwicklung des Sports für Menschen mit Behinderungen Fachkräfte mit guter allgemeiner und beruflicher Bildung erforderlich sind;

33.

ist der Auffassung, dass Menschen mit Behinderungen, selbst dann, wenn sie nicht mehr stigmatisiert werden, immer noch Opfer von Ausgrenzung sein können, da viele Menschen nicht wissen, wie sie ihnen begegnen und sie in sportliche Aktivitäten und Strukturen einbinden sollen. Der AdR fordert konzertierte Informationen mittels Bildungs- und Ausbildungsinitiativen, die sich nicht nur an direkt an der Veranstaltung sportlicher Aktivitäten beteiligte Personen richten, sondern auch in größerem Maßstab an die breite Öffentlichkeit, z. B. durch den Rückgriff auf leicht zugängliche eLearning-Instrumente. Hier gilt es, gleichzeitig für die Rechte, Bedürfnisse und Fähigkeiten der Menschen mit Behinderungen zu sensibilisieren;

34.

betont, dass alle Schüler Zugang zum Sportunterricht haben sollten und dass eine Behinderung kein Hindernis für die Teilnahme am lehrplanmäßigen Unterricht darstellen dürfte. Jugendliche finden häufig im Sportunterricht Gefallen an sportlichen Aktivitäten und entwickeln eine Leidenschaft für den Sport, und das gilt genauso für junge Menschen mit Behinderungen. Zudem bietet das sportliche Umfeld in der Schule die Gelegenheit, die Schüler ohne Behinderungen aufzuklären und sie für die Fähigkeiten ihrer Klassenkameraden zu sensibilisieren. In diesem Zusammenhang ist es ganz besonders angezeigt, die Einführung von „für alle zugänglichen Sportprogrammen“ zu fördern. Der Gedanke der umgekehrten Integration, d. h. der Integration von Sportlern ohne Behinderungen in den Sport für Menschen mit Behinderungen, ist ein gutes Beispiel für die Möglichkeit, seine Haltung gegenüber den Fähigkeiten anderer Sportler zu ändern. Ebenso sind Initiativen wie „Gemeinsamer Sport“ zu unterstützen und zu entwickeln. Um dieses Ziel zu erreichen, benötigen die Lehrkräfte der Bildungseinrichtungen, mit besonderem Schwerpunkt auf den Sportlehrkräften eine spezifische Bildung und Ausbildung, und die Eltern von Kindern mit Behinderungen müssen Zugang zu Informationen über die verschiedenen Möglichkeiten, Sport zu treiben, erhalten;

35.

stellt fest, dass die Kenntnisse und Kompetenzen der Trainer häufig aufgrund fehlenden Austausches und unzureichender Koordinierung zwischen den Akteuren von Sportorganisationen für Menschen mit Behinderungen und Breitensportorganisationen nicht genutzt werden. Es wird vorgeschlagen, im Wege der Zusammenarbeit dieser Organisationen mit Unterstützung der Bildungseinrichtungen und der öffentlichen Hand Ausbildungsinitiativen ins Leben zu rufen;

36.

spricht sich für eine umfassendere Einbindung von Hochschulvertretern in die Anpassungsprozesse zur Beseitigung der Ausgrenzung von Menschen mit Behinderungen aus. Ziel muss es sein, die Ausbildung künftiger Sportlehrkräfte entsprechend anzupassen, damit sie ein besseres Verständnis der unterschiedlichen gesundheitlichen Voraussetzungen der von ihnen betreuten Menschen entwickeln können;

37.

vertritt die Ansicht, dass das Image des Sports für Menschen mit Behinderungen aufgewertet werden muss. Dabei sollte zugleich ein Elitesport für Spitzensportler mit Behinderungen gefördert und diesen ein den Elitesportlern ohne Behinderung gleichrangiger Status zuerkannt werden. Es ist allgemein anerkannt, dass sich seine Wahrnehmung durch die Sensibilisierung für die Leistungen von Sportlern mit Behinderungen im Leistungssport zwangsläufig ändert. Hierfür ist die Kommunikationsstrategie für die Special Olympics und Leistungssportveranstaltungen für Menschen mit Behinderungen von großer Bedeutung;

38.

anerkennt, dass der Sport für Menschen mit Behinderungen in hohem Maße auf ehrenamtlicher Tätigkeit beruht und dass für diese ehrenamtlichen Helfer weiterhin eine hochwertige Ausbildung gefördert werden muss. Manche Aspekte dieser Ausbildung müssen an die Bedürfnisse der Beteiligten angepasst werden. Zudem gewinnt das Management der ehrenamtlichen Helfer immer mehr an Bedeutung. Die im Sport für Menschen mit Behinderungen tätigen Organisationen müssen ihre Arbeitsweise durch die Einführung von Instrumenten für Personalmanagement und Qualitätsentwicklung verbessern. Wenn die Qualität der Betreuung von Menschen mit Behinderungen verbessert werden soll, müssen entsprechende Fachkräfte ausgebildet werden. Sie sind umso notwendiger als es um Menschen mit besonderen Bedürfnissen geht. Es ist eine echte Professionalisierung der Strukturen anzustreben;

39.

bedauert, dass das Potenzial der Menschen mit Behinderungen häufig unterschätzt wird. Der AdR unterstreicht, dass eine sportliche Betätigung Menschen mit Behinderungen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung stärken und somit auch einen wichtigen Beitrag zur erfolgreichen beruflichen Integration der Menschen leisten kann;

40.

begrüßt die Leitlinien der EU zu dualen Karrieren von Sportlern (4), in denen unterstrichen wird, dass „die gerechte Anwendung der Maßnahmen für eine duale Karriere auf alle Sportler einen erheblichen Fortschritt für den Sport im Allgemeinen und für den Sport für Menschen mit Behinderungen im Besonderen darstellen würde“. Der AdR stimmt auch voll und ganz mit folgendem in den Leitlinien geäußerten Standpunkt überein: „Da viele Sportarten für Menschen mit Behinderungen in Breitensportorganisationen integriert sind, muss dieser Gruppe besondere Aufmerksamkeit zuteilwerden, um Gleichbehandlung zu garantieren und spezifische Strukturen zu entwickeln, wenn die Strukturen der Sportler ohne Behinderungen nicht genutzt werden können“;

41.

unterstreicht, dass der Sektor sich künftig bemühen sollte, die Selbstverantwortung seiner jüngsten Sportler zu stärken und sie bei ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu begleiten. Hier wäre es sinnvoll, die spezifischen Bildungsmaßnahmen zu unterstützen, die den jungen Sportlern auf Sportveranstaltungen angeboten werden;

Spezifische Herausforderungen: Gesundheit

42.

anerkennt den Wert des Sports für Gesundheitsförderung und -erziehung und hebt die spezifische Beziehung zwischen geeigneten körperlichen Aktivitäten und der Rehabilitation von Menschen mit Behinderungen hervor, wenn es um ihre körperliche und geistige Gesundheit geht;

43.

unterstützt die Arbeiten der Expertengruppe „Sport, Gesundheit und Beteiligung“ der EU, die vom Rat den Auftrag erhalten hat, Maßnahmen zur Propagierung gesundheitsfördernder körperlicher Betätigung und der Beteiligung am Breitensport vorzuschlagen und bis Mitte 2013 die entsprechenden Maßnahmen zu ermitteln. Der AdR dringt darauf, dass körperliche Betätigung und Sport ausdrücklich als therapeutische Instrumente für Menschen mit Behinderungen anerkannt und gefördert werden;

44.

nimmt die Ergebnisse der Expertengruppe „Antidoping“ der EU, die vom Rat beauftragt wurde, Anmerkungen der EU für die Überarbeitung des Welt-Antidoping-Kodex der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) zu entwerfen, sowie die Bedeutung einer „Good Governance“ im Sport zur Kenntnis. Der AdR empfiehlt, die Interessenträger der paralympischen Bewegung hier stärker einzubinden;

45.

vertritt die Meinung, dass es bei allen Finanzierungsinstrumenten des neuen mehrjährigen Finanzrahmens auch um die Frage der Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen gehen sollte;

Spezifische Herausforderungen: finanzielle und strukturelle Unterstützung

46.

nimmt die Aufnahme einer Haushaltslinie für den Sport in den Vorschlag für das noch in Verhandlung befindliche Programm Erasmus+ zur Kenntnis, dringt jedoch darauf, dass die Europäische Kommission im Empfängerleitfaden für das Programm Erasmus+ ausdrücklich auf den Sport für Menschen mit Behinderungen verweist und diesen im Aktionsvorschlag für den Sport im Rahmen des Programms als Priorität anerkennt;

47.

regt an, dass die Kommission spezifische Aktionen zugunsten von Projekten zur Förderung des Sports für Menschen mit Behinderungen auf lokaler und regionaler Ebene unterstützt;

48.

ist der Auffassung, dass der Sektor durch eine gewisse Aufsplitterung in verschiedene Instrumente der EU gekennzeichnet ist, mit denen vergleichbare Ziele verfolgt werden. Eine stärkere Vereinheitlichung mit langfristigen Finanzierungszusagen zumindest für die wichtigsten Vertreter des Sektors auf EU-Ebene wäre sehr positiv;

49.

spricht sich für den Rückgriff auf die Strukturfonds aus, um auf lokaler und regionaler Ebene für alle zugängliche und offene Sportanlagen zu entwickeln. Zudem ist es grundlegend, über Horizont 2020 Forschung im Bereich der Sporttechnologie für Menschen mit Behinderungen zu finanzieren. Investitionen in Forschung und Innovation — in erster Linie über Universitäten und Unternehmen des Sektors — sind von grundlegender Bedeutung. Zahlreiche Fachleute richten derzeit ihre Doktorarbeit auf dieses Gebiet aus. Dem Sport als therapeutischem Instrument sind besondere Anstrengungen zu widmen, z. B. der Hippotherapie;

50.

fordert die EU-Institutionen auf, langfristig allen und insbesondere jungen Menschen mit Behinderungen offen stehende Sportveranstaltungen zu unterstützen;

Die Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften

51.

ist der Auffassung, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im Rahmen ihrer institutionellen Aufgaben eine grundlegende Rolle bei der Entwicklung der europäischen Dimension des Sports für Menschen mit Behinderungen spielen;

52.

betont die Notwendigkeit, die Beteiligung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf der Grundlage eines Programms zu stärken, das gemeinsam mit der Europäischen Kommission, dem Rat und den nationalen Behörden ausgearbeitet wurde, die für den Sport, die Menschen mit Behinderungen und die für sie organisierten, auf die Integration in den Breitensport ausgerichteten sportlichen Aktivitäten zuständig sind. Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sind in der Lage, die EU der lokalen Ebene näher zu bringen, um eine Verbindung mit den durch Vereine, Schulen oder Eltern geförderten Initiativen herzustellen;

53.

anerkennt, dass insbesondere auf lokaler und regionaler Ebene Erfahrungen und strukturierte Partnerschaften bestehen, mit deren Hilfe die Entwicklung des Sports für Menschen mit Behinderungen und ihre sportliche Betätigung gefördert werden. Der AdR plädiert für den Austausch dieser bewährten Verfahrensweisen und weist darauf hin, dass er selbst diese mit Unterstützung der europäischen Institutionen und den entsprechenden Interessenträgern verbreiten kann. Die Übersetzung der bestehenden Dokumentation ist eine große Herausforderung, die gefördert werden sollte. Für „herausragende Verfahrensweisen“ sollte ein Belohnungssystem erwogen werden;

54.

begrüßt das System regionaler Verantwortlicher für die Entwicklung des Sports für Menschen mit Behinderungen. Diese Verantwortlichen könnten den Austausch und die Anwendung bewährter Verfahrensweisen, z. B. bei der Nutzung von IT Instrumenten, in die Wege leiten und die Schnittstelle zwischen der EU-Politik und den regionalen Gegebenheiten bilden. Die Förderung und Konzipierung europäischer Projekte, die dem Austausch bewährter Verfahren dienen, werden es ermöglichen, erfolgreiche Lösungen auf gemeinsame Probleme anzuwenden und die Bedürfnisse anderer Regionen und Länder kennenzulernen;

Ergänzende Schlussfolgerungen

55.

nimmt die ersten Initiativen zur Propagierung einer „Europäischen Woche des Sports“ zur Kenntnis und betont die Notwendigkeit, in diesem Rahmen speziell auf Menschen mit Behinderungen ausgerichtete Sportarten vorzusehen und diese in Aktivitäten des Breitensports einzubinden. Zudem dringt der AdR darauf, die Einrichtung eines jährlich stattfindenden „Europäischen Tags des Sports für Menschen mit Behinderungen“ ins Auge zu fassen;

56.

stellt fest, dass in diesem Sektor vergleichbare regionale Informationen fehlen, und fordert die Einführung von Verfahren zur Erhebung zuverlässiger Daten. Dazu wäre es z. B. sinnvoll, eine spezifische Umfrage von Eurobarometer zum Sport für Menschen mit Behinderungen anzufordern oder zumindest spezifischere Fragen zu diesem Thema in künftige Umfragen von Eurobarometer zum Sport bzw. zu Behinderungen aufzunehmen;

57.

plädiert nachdrücklich für die Einrichtung einer europäischen Expertengruppe zu dieser Frage, die anerkennt, dass der Sektor einen anderen Auftrag hat, und sich mit den Beiträgen seiner vielfältigen Akteure auseinandersetzt. Diese europäische Expertengruppe könnte sinnvollerweise folgende Maßnahmen durchführen:

auf semantischer Ebene

Vorschlag einer gemeinsamen Definition für die französischen Begriffe „Handisport“ (Sport für Menschen mit körperlichen Behinderungen), „Sport Adapté“ (Sport für Menschen mit intellektuellen Behinderungen) und „Sport Partagé“ (Sport für Menschen mit und ohne Behinderungen), um ihre Anerkennung zu erleichtern;

auf technischer Ebene

Ermittlung und Sammlung der wichtigsten regionalen und lokalen Erfahrungen, um ihre Modellierung und Verbreitung zu fördern;

Übermittlung der für ihre Sensibilisierung notwendigen technischen Elemente an die politische Ebene und Schaffung der Möglichkeit für den Ausschuss der Regionen, sein Ziel zu verfolgen, als Impulsgeber für die Mobilisierung in diesem Bereich zu fungieren, in dem die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften die Hauptrollen spielen.

Brüssel, den 29. November 2013

Der Präsident des Ausschusses der Regionen

Ramón Luis VALCÁRCEL SISO


(1)  COM(2010) 636 final.

(2)  COM(2011) 12 final.

(3)  COM(2007) 391 final.

(4)  http://ec.europa.eu/sport/library/documents/c3/dual-career-guidelines-final.pdf.