15.12.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 468/36


P7_TA(2013)0545

Geschlechtsspezifische Aspekte des Europäischen Rahmens für die Strategien der Mitgliedstaaten zur Eingliederung der Roma

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. Dezember 2013 zu geschlechtsspezifischen Aspekten des europäischen Rahmens für die nationalen Strategien zur Integration der Roma (2013/2066(INI))

(2016/C 468/07)

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis der Charta der Grundrechte, insbesondere der Artikel 1, 14, 15, 21, 23, 24, 25, 34 und 35,

in Kenntnis internationaler Menschenrechtsinstrumente, insbesondere des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung, der Erklärung der Vereinten Nationen von 1992 über die Rechte von Personen, die nationalen oder ethnischen, religiösen und sprachlichen Minderheiten angehören, des Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau und des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes,

in Kenntnis der europäischen Übereinkommen zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, insbesondere der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), der Europäischen Sozialcharta und der damit verbundenen Empfehlungen des Europäischen Ausschusses für soziale Rechte, des Rahmenübereinkommens des Europarates über den Schutz von Minderheiten und des Übereinkommens des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt,

gestützt auf die Artikel 2, 3 und 6 des Vertrags über die Europäische Union und die Artikel 8, 9 und 10 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission „EU-Rahmen für nationale Strategien zur Integration der Roma bis 2020“ (COM(2011)0173) und der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 24. Juni 2011,

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission „Nationale Strategien zur Integration der Roma: erster Schritt zur Umsetzung des EU-Rahmens“ (COM(2012)0226),

in Kenntnis des Vorschlags für eine Empfehlung des Rates für wirksame Maßnahmen zur Integration der Roma in den Mitgliedstaaten (COM(2013)0460),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission „Weitere Schritte zur Umsetzung der nationalen Strategien zur Integration der Roma“ (COM(2013)0454),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2000/43/EG (1) des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft,

unter Hinweis auf die Richtlinie des Rates 2000/78/EG (2) vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf,

in Kenntnis des Vorschlags der Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ungeachtet der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung (COM(2008)0426),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 1. Juni 2006 zur Situation der Roma-Frauen in der Europäischen Union (3),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. März 2011 zur Strategie der EU zur Integration der Roma (4),

in Kenntnis der Ergebnisse einer Erhebung zu Roma nach Geschlecht, die die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) nach einem Ersuchen gemäß Artikel 126 seiner Geschäftsordnung vorgelegt hat,

gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter und der Stellungnahme des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (A7-0349/2013),

A.

in der Erwägung, dass die Kommission aufgrund der Strategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2010-2015 verpflichtet ist, „die Förderung der Gleichstellung bei der Umsetzung aller Aspekte […] der Strategie Europa 2020 [zu] unterstützen“, und in der Erwägung, dass in den Schlussfolgerungen des Rates zum EU-Rahmen für nationale Strategien zur Integration der Roma (National Roma Integration Strategies (NRIS)) gefordert wird, dass „in allen Strategien und Maßnahmen zur Förderung der Einbeziehung der Roma eine Gleichstellungsperspektive zum Tragen“ kommt;

B.

in der Erwägung, dass Roma-Frauen oft mehrfacher und sich überschneidender Diskriminierung aufgrund von Geschlecht und ethnischer Herkunft ausgesetzt sind — und zwar in stärkerem Maße als Roma-Männer oder Frauen, die keine Roma sind — und einen eingeschränkten Zugang zu Beschäftigung, Bildung, Gesundheitsfürsorge, Sozialdienstleistungen und Entscheidungsfindung haben; in der Erwägung, dass Roma-Frauen oft Opfer von Rassismus, Vorurteilen und Stereotypen sind, die negative Auswirkungen auf ihre echte Integration haben;

C.

in der Erwägung, dass Roma-Frauen patriarchalischen Traditionen und sexistischen Traditionen unterworfen sind, die es ihnen nicht erlauben, ihre Wahlfreiheit in grundlegenden Fragen ihres Lebens, wie der Bildung, der Arbeit, der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und sogar der Ehe, auszuüben; in der Erwägung, dass die Diskriminierungen, denen Roma-Frauen ausgesetzt sind, nicht durch Tradition gerechtfertigt werden können, sondern dass ihnen unter Achtung der Tradition und Vielfalt zu begegnen ist;

D.

in der Erwägung, dass das Armutsrisiko für Roma-Frauen höher ist als für Roma-Männer, und in der Erwägung, dass Roma-Familien mit vier oder mehr Kindern in der EU am stärksten dem Armutsrisiko ausgesetzt sind;

E.

in der Erwägung, dass die am häufigsten verwendeten Indikatoren Probleme wie die Erwerbstätigenarmut, die Energiearmut, Gewalt gegen Frauen und Mädchen, die Armut kinderreicher Familien und alleinerziehender Eltern, die Kinderarmut und die soziale Ausgrenzung von Frauen oftmals vernachlässigen;

F.

in der Erwägung, dass ältere Roma-Frauen einem höheren Armutsrisiko ausgesetzt sind, da die meisten von ihnen in der Schattenwirtschaft und ohne Entgelt oder Sozialversicherung tätig waren;

G.

in der Erwägung, dass es sich bei der überwiegenden Mehrheit der erwachsenen Roma, die als „nicht erwerbstätig“ eingestuft sind, um Roma-Frauen handelt, dass die Zahl der Roma-Frauen im Erwerbsalter, die einer bezahlten Beschäftigung nachgehen, zum Teil aufgrund der traditionellen Arbeitsteilung zwischen Frauen und Männern und des Rassismus und Sexismus, der innerhalb der europäischen Arbeitsmärkte besteht, nur die Hälfte jener der Roma-Männer ausmacht und dass die Zahlen bezüglich der selbstständigen Arbeit ähnlich sind;

H.

in der Erwägung, dass Daten aus allen Ländern zeigen, dass Roma-Frauen schwerwiegender Ausgrenzung im Bereich der Beschäftigung sowie Diskriminierung am Arbeitsplatz ausgesetzt sind, wenn sie Arbeit suchen oder beschäftigt sind; in der Erwägung, dass Roma-Frauen weiterhin von der formellen Wirtschaft ausgeschlossen und durch begrenzte Bildungsmöglichkeiten, unzulängliche Wohnverhältnisse, schlechte Gesundheitsversorgung, traditionelle Geschlechterrollen sowie Diskriminierung durch die Mehrheitsgemeinschaften eingeschränkt sind; in der Erwägung, dass in den nationalen Berichten zur Umsetzung des EU-Rahmens für NRIS der Schwerpunkt immer noch nicht hinreichend auf den Aspekt der Geschlechtergleichstellung gelegt wird;

I.

in der Erwägung, dass es für Mütter kinderreicher Familien oder für alleinerziehende Mütter wesentlich schwieriger ist, in benachteiligten ländlichen Gebieten weiter entfernt von ihrem Zuhause und ihren Familien zu arbeiten;

J.

in der Erwägung, dass die Alphabetisierungsrate und die schulischen Erfolge der Roma-Frauen deutlich sowohl unter jenen der Roma-Männer als auch der nicht den Roma angehörenden Frauen liegen, und in der Erwägung, dass die Mehrheit der Roma-Mädchen die Schule frühzeitig abbricht und ein erheblicher Anteil von ihnen nie die Schule besucht hat;

K.

in der Erwägung, dass die Wirtschaftskrise sich negativ auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Roma-Frauen ausgewirkt und ihre bereits unakzeptable Lage noch verschlechtert hat und über ein Viertel der Roma-Frauen bei ihrer täglichen Arbeit durch gesundheitliche Probleme eingeschränkt wird;

L.

in der Erwägung, dass die fehlende Achtung umfassender sexueller und reproduktiver Rechte, einschließlich des Zugangs zu Verhütung, ein Hindernis für die Stärkung der Gestaltungs- und Entscheidungsmacht und Geschlechtergleichstellung der Roma-Frauen darstellt und zu ungeplanten Schwangerschaften führt, auch Schwangerschaften von Minderjährigen (was die Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten von Mädchen zunichte macht); in der Erwägung, dass frühe Mutterschaft hauptsächlich durch fehlenden Zugang zu Sozialdienstleistungen und unzureichende Gesundheitsstrukturen, welche die Bedürfnisse von Roma-Frauen nicht berücksichtigen, verursacht werden;

M.

in der Erwägung, dass Roma-Frauen aufgrund ihres niedrigen sozio-ökonomischen Status und ihrer Diskriminierung die meisten ihrer Rechte nicht kennen und im Gesundheitswesen deutlich seltener medizinische Versorgung in Anspruch nehmen als die Bevölkerungsmehrheit;

N.

in der Erwägung, dass Roma-Frauen und -Mädchen unverhältnismäßig häufig von bestimmten Krankheiten — einschließlich HIV/AIDS — betroffen sind, den Präventionsprogrammen für sie aber nicht genug Priorität eingeräumt wird, zu geringe Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden und die Screenings nach wie vor schwer zugänglich sind;

O.

in der Erwägung, dass durch extreme Armut, geschlechtsbedingte Ungleichheit und interne Diskriminierung Roma-Frauen einer größeren Gefahr des Menschenhandels, der Prostitution, häuslicher Gewalt und Ausbeutung ausgesetzt sind, während sie gleichzeitig zusätzliche Hindernisse beim Zugang zu Schutz überwinden müssen;

P.

in der Erwägung, dass eine große Anzahl von Roma-Frauen Opfer häuslicher Gewalt durch ihre Ehemänner, angeheiratete Verwandte und andere Familienmitglieder sind; in der Erwägung, dass die Mehrzahl der Gewaltfälle und Menschenrechtsverletzungen an Roma-Frauen aufgrund der Tatsache nicht angezeigt wird, dass Gewalt gegen Frauen in patriarchalischen Gesellschaften nach wie vor als rechtmäßige Machtausübung akzeptiert wird, aber auch aufgrund der Tatsache, dass diejenigen, die Gewalt gegen Frauen ausüben, selten zur Rechenschaft gezogen werden, was Frauen entmutigt, sich um rechtliche Hilfe zu bemühen;

Q.

in der Erwägung, dass Gewaltakte gegen Roma-Frauen durch öffentliche Stellen in allen EU-Mitgliedstaaten in der Form einer schwerwiegenden Diskriminierung und klarer Verstöße gegen die Europäische Menschenrechtskonvention häufig vorkommen, die in verschiedenen Formen erfolgen können, wie etwa die Erfassung und Speicherung von Daten in Verzeichnissen zur Roma-Bevölkerung und zu Roma-Kindern, ausschließlich auf der Grundlage der ethnischen Herkunft, oder die gewaltsame Vertreibung von Hunderten von Menschen, ohne ihnen eine angemessene alternative Wohnmöglichkeit oder Unterstützung anzubieten, was schmähliche und herzlose Akte sind, welche die internationalen Menschenrechtsverpflichtungen der Mitgliedstaaten gänzlich missachten;

R.

in der Erwägung, dass alle Organe und Mitgliedstaaten der EU die Verantwortung dafür tragen, Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu beseitigen und in gleichem Maße der Straffreiheit ein Ende zu setzen, indem Täter von Hassverbrechen, Volksverhetzung, Diskriminierung von und Gewalt gegen Roma-Frauen und -Mädchen vor Gericht gestellt werden;

S.

in der Erwägung, dass nach der Richtlinie 2000/43/EG des Rates eine Diskriminierung auf der Grundlage von Rasse oder ethnischer Herkunft verboten ist; in der Erwägung, dass von der Kommission etwa 30 Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten eingeleitet worden sind, weil sie die Richtlinie über die Gleichbehandlung ohne Unterschied der Rasse nicht ordnungsgemäß in ihr nationales Recht umgesetzt haben;

1.

betont, dass der Schwerpunkt der NRIS darauf liegen muss, Roma-Frauen in die Lage zu versetzen, die Kontrolle über ihr eigenes Leben zu übernehmen, indem sie in den eigenen Gemeinschaften zu sichtbaren treibenden Kräften des Wandels werden und indem sie ihre Stimmen erheben, um die Politikgestaltung und -programme, die sie betreffen, zu beeinflussen, und die sozio-ökonomische Widerstandsfähigkeit der Roma-Frauen zu stärken, d. h. ihre Fähigkeit, sich einem rasch wandelnden Wirtschaftsumfeld anzupassen, indem sie Einsparungen erzielen und das Herunterwirtschaften von Vermögensgegenständen vermeiden;

2.

begrüßt den Fortschrittsbericht 2012 der Kommission (5) und den Vorschlag für eine Empfehlung des Rates vom 26. Juni 2013 für wirksame Maßnahmen zur Integration der Roma in den Mitgliedstaaten (6), wobei insbesondere der Zugang zu Beschäftigung, zu Wohnraum, zu Bildung und zur Gesundheitsfürsorge im Mittelpunkt stand und die Mitgliedstaaten aufgefordert wurden, positive Maßnahmen zu ergreifen und im Rahmen ihrer Maßnahmen zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung Strategien zur Integration der Roma miteinzubeziehen;

3.

fordert diejenigen Mitgliedstaaten, die im Rahmen des Europäischen Semesters zusätzliche länderspezifische Empfehlungen zu Fragen im Zusammenhang mit den Roma erhalten haben, auf, diese Empfehlungen umgehend umzusetzen und Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung, auch am Arbeitsplatz, zu ergreifen, die Bürgergesellschaft, auch die Organisationen der Roma, in die Beschlussfassung miteinzubeziehen, und nicht nur EU-Mittel, sondern auch nationale und andere Mittel zuzuweisen, um die im Rahmen ihrer NRIS gegebenen Zusagen zu erfüllen;

4.

bedauert, dass trotz der Annahme seiner Entschließung zu der Situation von Roma-Frauen im Jahr 2006 und der zehn gemeinsamen Grundprinzipien des Rates für die Einbeziehung der Roma, von denen sich eines auf das Bewusstsein für die Gleichstellung der Geschlechter bezieht, die prekäre Situation der Frauen unter den Roma und dem fahrenden Volk in der Praxis nach wie vor nicht von den europäischen und nationalen Entscheidungsträgern behandelt wird;

5.

betont, dass die Effizienz des EU-Rahmens für NRIS durch eine verstärkte Einbeziehung der Kommission auf der Grundlage ihres Potenzials, die Qualität von Verordnungen und anderen Instrumente zu verbessern, eine stärkere Politikkohärenz zu fördern und die allumfassenden Ziele des Rahmens zu unterstützen, deutlich gesteigert werden könnte;

6.

fordert die Mitgliedstaaten auf, nationale Aktionspläne in den vier Schwerpunktbereichen (Gesundheitsfürsorge, Wohnraum, Beschäftigung und Bildung mit spezifischen Zielvorgaben, Finanzierungsmaßnahmen, Indikatoren und Zeitrahmen) und den Fortschritt mittels Messung der Umsetzungsergebnisse zu bewerten;

7.

fordert die Regierungen der Mitgliedstaaten und die örtlichen Behörden auf, Roma-Frauen durch Frauenorganisationen, NRO der Roma und betroffene Interessenvertreter in die Ausarbeitung, Bewertung und Überwachung der NRIS einzubeziehen und eine Verknüpfung zwischen Gleichstellungsstellen oder Frauenrechtsorganisationen und den Strategien zur sozialen Eingliederung herzustellen; fordert außerdem die Kommission auf, sich bei der Umsetzung der Strategie EU 2020 und der nationalen Reformprogramme konsequent mit der Gleichstellung der Geschlechter zu befassen;

8.

fordert die Kommission auf, ein „Ablaufdiagramm“ des EU-Prozesses zur Integration der Roma vorzulegen, in dem die Erfolge, die Ziele und die spezifischen Maßnahmen, die dazu benutzt werden, diese Ziele zu erreichen, die momentane Lage der Umsetzungsmaßnahmen und die nächsten Schritte aufgeführt sind;

9.

fordert die Mitgliedstaaten auf, räumliche Ausgrenzung, Zwangsräumungen und Obdachlosigkeit, unter denen die Roma-Männer und -Frauen leiden, zu bekämpfen und eine wirksame und transparente Wohnraumpolitik zu verfolgen;

10.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass die Grundrechte von Roma-Frauen und -Kindern geachtet werden, um — auch durch Sensibilisierungskampagnen — sicherzustellen, dass Roma-Frauen und -Mädchen über ihre Rechte gemäß den bestehenden nationalen Rechtsvorschriften hinsichtlich Geschlechtergleichstellung und Antidiskriminierung im Bilde sind, und weiter patriarchalische und sexistische Traditionen zu bekämpfen;

11.

fordert die Kommission auf, die institutionelle Verteilung von Aufgaben und Verantwortung unter den beteiligten Organisationen, Foren und Organen zu spezifizieren und die Rolle dieser Interessenträger — wie z. B. der Roma-Task Force, des Netzes der Nationalen Kontaktstellen, der Europäischen Plattform für die Einbeziehung der Roma, der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte und ihrer Ad-hoc-Arbeitsgruppe für die Einbeziehung der Roma — in der Überwachung, Kontrolle und Koordination des EU-Rahmens für NRIS klar zu definieren;

12.

fordert die Kommission auf, die NRIS zu unterstützen, indem sie gemeinsame, vergleichbare und verlässliche Indikatoren sucht und ein System von EU-Indikatoren für die Integration der Roma entwickelt, um klare und unmissverständliche Daten vorzulegen, anhand derer der Fortschritt gemessen werden kann sowie die Anforderungen einer effektiven Überwachung erfüllt werden können;

13.

fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass sich Sparmaßnahmen nicht unverhältnismäßig auf Frauen unter den Roma und dem fahrenden Volk auswirken und dass Haushaltsentscheidungen durch Menschenrechtsgrundsätze untermauert sind;

14.

fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten dazu zu drängen, Leistungsindikatoren, Ausgangswerte und numerische Kernziele in ihren nationalen Strategien für die wichtigsten Schwerpunktbereiche vorzulegen, auf Grundlage derer der Fortschritt gemessen werden kann;

15.

fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, dafür Sorge zu tragen, dass nach Geschlecht und ethnischer Herkunft aufgeschlüsselte Daten in allen Verwaltungen erfasst und eingesetzt werden, um bei der Politikentwicklung als Information zu dienen; betont, dass eine solche Datenerhebung in Übereinstimmung mit den einschlägigen Menschenrechtsgrundsätzen erfolgen muss;

16.

fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre nationalen politischen Verpflichtungen einzuhalten, indem sie der Umsetzung der NRIS angemessene finanzielle Ressourcen zuteilen sowie den Strategien für die Einbeziehung in ihrer nationalen Haushaltspolitik Rechnung tragen;

17.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, einen angemessenen Rahmen für die Konsultation, kollegiales Lernen und Erfahrungsaustausch zwischen den Entscheidungsträgern und Roma-Organisationen zu schaffen sowie einen strukturierten Dialog aufzunehmen, um Roma-Organisationen und NRO an der Planung, Umsetzung, Überwachung und Bewertung von europäischen, nationalen und lokalen Strategien für die Einbeziehung der Roma zu beteiligen;

18.

fordert die Mitgliedstaaten auf, für die Gleichstellung bei staatsbürgerlichen Rechten sowie gleichberechtigten Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen, Bildung, Beschäftigung und Unterbringung zu sorgen; dabei müssen die Menschenrechte sowie der Grundsatz der Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung geachtet werden, und sie müssen gegebenenfalls mit dem Nomadentum vereinbar sein;

19.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Instrumente der integrierten territorialen Investitionen und die von der Gemeinschaft geleitete Entwicklungsstrategie in ihre Partnerschaftsvereinbarungen aufzunehmen, sie für unterentwickelte Mikroregionen und benachteiligte Gebiete zu mobilisieren sowie die von der Gemeinschaft geleitete Entwicklungsstrategie in die operationellen Programme, die noch entwickelt werden, aufzunehmen;

20.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, für die Annahme und Umsetzung spezifischer und umfassender Antidiskriminierungsgesetze in Übereinstimmung mit internationalen und europäischen Standards in allen Mitgliedstaaten zu sorgen und somit sicherzustellen, dass Antidiskriminierungsstellen so ausgestattet sind, dass sie die Gleichbehandlung fördern können, und über Beschwerdemechanismen verfügen, die Roma-Frauen und -Mädchen zugänglich sind;

21.

fordert die Mitgliedstaaten auf, in ihren nationalen Strategien einen größeren Fokus auf die territorialen Aspekte sozialer Eingliederung zu legen und durch komplexe, integrierte Entwicklungsprogramme auf die am meisten benachteiligten Mikroregionen abzuzielen;

22.

fordert die Mitgliedstaaten auf, sich ebenfalls auf die urbane Dimension der Kohäsionspolitik zu konzentrieren und ein besonderes Augenmerk auf Städte zu legen, die überproportional von sozialen Ungleichgewichten — wie Arbeitslosigkeit, sozialer Ausgrenzung und Polarisierung — betroffen sind, und sie dabei zu unterstützen, ihre Infrastrukturen auszubauen, um ihren potenziellen Beitrag zum Wirtschaftswachstum zu nutzen und die Verbindungen zwischen urbanen und ländlichen Gebieten im Hinblick auf die Förderung einer breitenwirksamen Entwicklung zu stärken;

23.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die durchgängige Berücksichtigung der Gleichstellung von Frauen und Männern bei der Umsetzung ihrer NRIS zu stärken, in alle Strategien und Praktiken, die sich auf Roma-Frauen auswirken, eine Gleichstellungsperspektive zu integrieren und ihre Umsetzung mit bestehenden Strategien zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter zu verbinden, indem sie vor allem das Lohn- und Rentengefälle zwischen den Geschlechtern innerhalb der Roma-Gemeinschaften beseitigen sowie die Beseitigung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu ausdrücklichen Zielen erklären und hierfür konkrete Maßnahmen ergreifen;

24.

fordert den Rat, die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dafür Sorge zu tragen, dass spezifische Maßnahmen mit Bezug auf Frauenrechte und die durchgängige Berücksichtigung der Gleichstellung von Frauen und Männern in die NRIS aufgenommen werden, sowie der Gleichstellungsperspektive und der sich überschneidenden Diskriminierung von Roma-Frauen, insbesondere hinsichtlich Beschäftigung, Gesundheit, Wohnraum und Bildung, Rechnung zu tragen, und fordert, dass bei der durch die Kommission und insbesondere die Agentur für Grundrechte durchgeführten Beurteilung und jährlichen Bewertung eine Frauenrechts- und Gleichstellungsperspektive in jedem Abschnitt der NRIS berücksichtigt wird; fordert, dass die Ergebnisse dem Europäischen Parlament vorgelegt werden;

25.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass die NRIS die besonderen Rechte und Bedürfnisse von Roma-Frauen widerspiegeln, und konkrete Indikatoren für ihre Umsetzung, Folgemaßnahmen und Überwachung zu entwickeln, z. B. auf der Grundlage des geschlechtsspezifischen Entwicklungsindex — GDI (Gender-related Development Index) des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen, bei dem Aspekte wie etwa langes und gesundes Leben, Wissen und ein angemessener Lebensstandard beleuchtet werden, und des Frauenbeteiligungsindex — GME (Gender Empowerment Measure), der die politische Teilhabe und Entscheidungsfindung, wirtschaftliche Teilhabe und Entscheidungsfindung und Macht über wirtschaftliche Ressourcen umfasst; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten ferner auf, Gender Budgeting als eines der Instrumente zur durchgängigen Berücksichtigung der Gleichstellung von Frauen und Männern zu nutzen;

26.

fordert die Mitgliedstaaten auf, einen nationalen Überwachungs- und Bewertungsrahmen für die NRIS zu entwickeln, welcher alle Aspekte umfasst, wie etwa Haushaltsüberwachung und andere Formen der Beaufsichtigung durch die Zivilgesellschaft (die von nationalen NRO, NRO-Netzen oder Dachverbänden durchgeführt wird), Sachverständigengutachten (die von unabhängigen Sachverständigen mit nachgewiesener Kompetenz in diesem Bereich erstellt werden) und administrative Kontrolle;

27.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, für die Gestaltung der spezifischen Maßnahmen ihrer NRIS eine geschlechtsspezifische Folgenabschätzung durchzuführen;

28.

fordert die Kommission auf, wirksamere Instrumente zur Bewertung der aktuellen sozio-ökonomischen Lage der Roma-Frauen einzuführen, indem beispielsweise auch Werte für die „Ökonomie des Alltags“ berücksichtigt werden und die informelle Wirtschaft im Projekt „Mehr als BIP“ anerkannt wird; fordert die Kommission ferner dazu auf, geschlechtsspezifische Indikatoren für die NRIS und die Strategien zur sozialen Eingliederung zu entwickeln und zu überwachen;

29.

empfiehlt den NRO, die in den Mitgliedstaaten in diesem Bereich tätig sind, personalisierte Aktionspläne auszuarbeiten, deren Ziel darin besteht, Frauen und jungen Menschen dabei zu helfen, eine Beschäftigung zu finden, eine psychologische Betreuung anzubieten, um die Roma-Bevölkerung zu ermuntern, an Schul- und Berufsbildungsmaßnahmen teilzunehmen, und ihre persönlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten für eine bessere soziale Integration in den Arbeitsmarkt zu ermitteln, zwischen den Anbietern von Ausbildungs-/Umschulungsmaßnahmen und Arbeitgebern einerseits und den Roma-Frauen/der Roma-Bevölkerung andererseits zu vermitteln, und eine stärkere Beteiligung von Roma-Frauen und -Mädchen an Ausbildungsmaßnahmen durch Zuschüsse und Stipendien zu fördern, wobei gleichzeitig der Grundsatz der Chancengleichheit unter Berücksichtigung der Tatsache zu achten ist, dass Mädchen in einem jüngeren Alter heiraten als Jungen;

30.

fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Maßnahmen direkt auf Roma-Frauen in besonders schwierigen sozio-ökonomischen Verhältnissen abzustimmen und sich gleichzeitig auf die am stärksten gefährdeten Gruppen zu konzentrieren, indem die Verarmung verhindert und bekämpft wird;

31.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die Anzahl und die Sichtbarkeit von Programmen für Roma und das fahrende Volk und den Empfängern zu erhöhen, einschließlich besonderer Unterstützung für Organisationen der Fahrenden und Roma, die daran arbeiten, die Stärkung der Gestaltungs- und Entscheidungsmacht von Frauen und den Zugang von NRO zu Strukturfonds zu fördern;

32.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, finanzielle Mechanismen einzurichten, um die Überwachung durch die Zivilgesellschaft und die Gemeinschaft in Bezug auf die Strategie zur sozialen Eingliederung, Initiativen und Projekte hinsichtlich Frauen unter den Roma und dem fahrenden Volk zu fördern;

33.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, im Rahmen des Prozesses zur Integration der Roma ein Ziel zur Kinderarmutsverringerung einzuführen, um in den Maßnahmen zur sozialen Eingliederung die Rechte der Kinder zu berücksichtigen, die Fortschritte im Hinblick auf die Bekämpfung der Kinderarmut zu überwachen und prioritäre Maßnahmen in diesem Bereich zu ermitteln und zu entwickeln;

34.

weist mit Nachdruck darauf hin, dass die Marginalisierung bereits im Kleinkindalter verhindert werden muss; hält es für wesentlich, einen auf die verschiedenen Generationen von Frauen ausgerichteten Ansatz zu verfolgen, um die Vererbung von Armut von einer Generation auf die nächste zu durchbrechen;

35.

fordert die Mitgliedstaaten auf, in ihre NRIS maßgeschneiderte Programme zur aktiven Eingliederung von Roma-Frauen in den Arbeitsmarkt aufzunehmen, indem der Zugang zu hochqualifizierten Bildungsprogrammen für Roma-Frauen und -Mädchen gewährleistet wird und indem den Roma-Frauen lebenslanges Lernen verfügbar gemacht wird, damit marktgerechte Fertigkeiten erworben werden können; fordert die Mitgliedstaaten auf, den Aufbau von Kapazitäten und die Stärkung der Gestaltungs- und Entscheidungsmacht von Roma-Frauen als horizontales Ziel in alle Schwerpunktbereiche der NRIS aufzunehmen sowie die Strategie zur politischen Teilhabe zu fördern, indem die aktive Teilnahme von Roma-Frauen auf lokaler, nationaler und europäischer Ebene unterstützt wird;

36.

fordert die Mitgliedstaaten auf, positive Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang zu Arbeitsplätzen in der öffentlichen Verwaltung für Roma-Frauen und -Männer zu fördern;

37.

fordert die Mitgliedstaaten auf, spezifische Maßnahmen für kinderreiche Familien (mit vier oder mehr Kindern) und Alleinerziehende zu entwickeln, durch die der Einstieg in den Arbeitsmarkt erleichtert wird, maßgeschneiderte Sozialversicherungslösungen in Erwägung gezogen werden, Kinderbetreuungseinrichtungen erweitert werden und dafür Sorge getragen wird, dass Roma-Kinder in lokale Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen integriert werden sowie einen vollständigen und gleichberechtigten Zugang zur obligatorischen Schulbildung erhalten, wodurch sozialer Ausgrenzung und Ghettobildung entgegengewirkt wird;

38.

fordert die Mitgliedstaaten auf, für den Zugang zu hochwertiger und erschwinglicher Kinderbetreuung, zu frühkindlicher Bildung, zu Diensten der kindlichen Entwicklung und zu Bildung in Partnerschaft mit den Eltern für Roma-Kinder zu sorgen, die in Barcelona formulierten Zielsetzungen im Bereich der Kinderbetreuung wieder einzuführen und allgemein zugängliche, erschwingliche und hochwertige Betreuungsdienste zu entwickeln, die den gesamten Lebenszyklus abdecken;

39.

fordert die Mitgliedstaaten auf, alle notwendigen Maßnahmen zur Vorbeugung der Entlassung von Arbeitnehmerinnen während der Schwangerschaft oder Mutterschaft zu ergreifen und in Erwägung zu ziehen, den Zeitraum für das Großziehen von Kindern bei der Berechnung der Rentenansprüche anzuerkennen;

40.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die Hindernisse für die selbstständige Erwerbstätigkeit, vor denen Roma-Frauen stehen, zu untersuchen, dafür zu sorgen, dass sich Roma-Unternehmerinnen auf leicht zugängliche, schnelle und kostengünstige Weise registrieren lassen können, und Kleinstdarlehenssysteme für neugegründete kleine Unternehmen und Unternehmer/innen mit einfachen und unternehmerfreundlichen Verwaltungsverfahren zu entwickeln, wozu auch technische Hilfe und Begleitmaßnahmen sowie die Ausgabe von Sonderlizenzen für die Anerkennung einiger saisonaler oder zeitlich begrenzter Jobs als „bezahlte Arbeit“ — was zu Sozialleistungen beiträgt — gehören; fordert darüber hinaus die Mitgliedstaaten und die örtlichen Behörden auf, das europäische Mikrofinanzierungsinstrument für Beschäftigung und soziale Eingliederung zu mobilisieren;

41.

fordert die Mitgliedstaaten auf, gezielte und auf Integration ausgerichtete Maßnahmen im Bereich der Arbeitslosenunterstützung (Umschulung, Schaffung von Arbeitsplätzen und Mittelaufnahme mit Lohnergänzungsleistungen, Unterstützung seitens der Sozialversicherungssysteme, Steuervergünstigungen usw.) zu ergreifen — anstatt des derzeitigen, nahezu ausschließlichen Fokus auf öffentliche Arbeitsprogramme;

42.

fordert, die Eingliederung der Roma-Bevölkerung in den Arbeitsmarkt zu unterstützen; stellt fest, dass zur Differenzierung der Dienste und Maßnahmen der Arbeitsverwaltung und zur Entwicklung von Orientierungsverfahren Unterstützungspersonal und Berater mit Roma-Hintergrund benötigt werden;

43.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, im Bildungswesen ein spezielles Mentoring- und Unterstützungs-System im Rahmen einer auf die Gemeinschaft ausgerichteten Bildung und entsprechender Sozialdienstleistungen von der frühen Kindheit an bis zur Hochschule für Roma-Jugendliche einzuführen, wobei geschlechtsspezifischen Fragen besondere Aufmerksamkeit zu widmen ist;

44.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die im Rahmen der Strukturfonds und insbesondere des Europäischen Sozialfonds (ESF) gebotenen Möglichkeiten auszuschöpfen, um sowohl die Bildungs- als auch die Beschäftigungsperspektiven der Roma zu verbessern und ihnen eine echte Chance zu geben, die anhaltend hohe Armutsrate zu überwinden; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Fortschritte regelmäßig zu überprüfen, insbesondere im Hinblick auf die Bildung und Ausbildung junger Roma, vor allem der Frauen;

45.

empfiehlt den Mitgliedstaaten, Stereotypen zu bekämpfen, um die Stigmatisierung dieser ethnischen Gruppe zu verhindern, die Arbeitgeber davon abhält, die Roma-Bevölkerung einzustellen, und die zu Diskriminierung innerhalb der öffentlichen Verwaltung und in Schulen führt sowie negative Auswirkungen auf die Beziehungen zu den Behörden und die Jobsuche hat;

46.

bekräftigt, dass Bildungslücken bei den Roma sehr geschlechtsspezifisch sind, da die Alphabetisierungsrate von Roma-Frauen im Durchschnitt 68 % beträgt im Vergleich zu 81 % bei den Roma-Männern, und die Einschulungsrate in Grundschulen bei Roma-Mädchen nur bei 64 % liegt; weist darauf hin, dass dieser Unterschied auch in Bezug auf die Einschulungsrate bei beruflichen Qualifikationen festgestellt werden kann; stellt allerdings fest, dass in diesen Statistiken große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bestehen;

47.

fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür Sorge zu tragen, dass Roma-Mädchen und junge Roma-Frauen in der Primar- und Sekundarstufe sowie in der höheren Bildung bleiben, und vor allem zur Förderung der Fortsetzung eines kontinuierlichen Bildungswegs für minderjährige Mütter und Schulabgängerinnen spezifische Maßnahmen zu entwickeln, durch die ihr Eintritt in den Arbeitsmarkt finanziell unterstützt und eine berufsbezogene Ausbildung angeboten wird; fordert darüber hinaus die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, diese Maßnahmen bei der Koordinierung und Evaluierung der NRIS zu berücksichtigen;

48.

fordert die Mitgliedstaaten auf, Antidiskriminierungsstrategien zu entwickeln, um rassistische Verhaltensweisen in öffentlichen Dienststellen und insbesondere innerhalb des Arbeitsmarktes zu verhindern und zu verurteilen und somit sicherzustellen, dass die Rechte von Roma-Frauen und -Männern im Arbeitsmarkt entschlossen durchgesetzt werden;

49.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, in Ressourcen zu investieren, um Lernende, die nicht den klassischen Zielgruppen angehören, zu animieren, ihre Berufsausbildung weiterzuverfolgen, und die NRO und Programme zu unterstützen, deren Ziel in der dynamischen Förderung der Einbeziehung von Lernenden, die nicht den klassischen Zielgruppen angehören, in Bildungs- und Erwachsenenlernprogramme besteht;

50.

fordert die Mitgliedstaaten auf, Netzwerke von Roma-Studenten zu unterstützen, die Solidarität zwischen ihnen zu fördern, die Sichtbarkeit erfolgreicher Fälle zu steigern und das Problem der Isolation von Roma-Studenten zu lösen;

51.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die Mitarbeit von Roma-Familien in Schulen zu fördern, die Schulen, in denen Roma-Kinder und junge Roma unterrichtet werden, zu bewerten und alle notwendigen Veränderungen durchzuführen, um dafür zu sorgen, dass alle in der Ausbildung integriert sind und die Ziele erreichen; hebt hervor, dass gezielte Maßnahmen auf Roma-Mädchen ausgerichtet sein und sich auf erfolgreiche Fälle gründen sollten, die von der akademischen Gemeinschaft anerkannt sind;

52.

fordert von der Kommission und den Mitgliedstaaten, finanzielle Mittel für den Bau von Schulen und Kindergärten mit mehr Plätzen zuzuteilen, damit Roma-Kinder am Unterricht mit anderen Kindern, die keine Roma sind, teilnehmen können, ohne diskriminiert und vom Bildungssystem ausgeschlossen und von den Lehrern wegen ihrer ethnischen Herkunft abgelehnt zu werden;

53.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, für Sozialdienste und Gesundheitsdienstleister systematische Schulungsprogramme über die Berücksichtigung von Gleichstellungsfragen und kulturelle Besonderheiten einzuführen;

54.

weist mit Nachdruck darauf hin, dass die Ausbildung von Roma-Mädchen in mehrfacher Hinsicht dazu beiträgt, die Lebensbedingungen der Roma zu verbessern, da dies eine der grundlegenden Voraussetzungen für die Erhöhung der Beschäftigungsfähigkeit von Roma-Frauen, für die Erleichterung ihres Zugangs zum Arbeitsmarkt und für die Gewährleistung einer gewissen Einkommenssicherheit ist sowie für die Überwindung der Armut und sozialer Ausgrenzung von entscheidender Bedeutung ist; stellt außerdem fest, dass die Erweiterung des Wissens der Lehrer über die Roma-Kultur zur Eindämmung der Ausgrenzung beiträgt; fordert die Mitgliedstaaten daher auf, die Segregation zu bekämpfen, für eine inklusivere und leichter zugängliche Bildung, die jeweilige Kultur berücksichtigende Lehrmethoden und die Einbindung von Hilfslehrkräften mit Roma-Hintergrund sowie die Einbeziehung der Eltern in das schulische Leben zu sorgen, wobei vorrangig die beruflichen Fertigkeiten verbessert werden müssen, um der Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt Rechnung zu tragen;

55.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Roma-Frauen als ausdrückliche Zielgruppe ihrer Initiativen im Gesundheitsbereich zu identifizieren, vor allem im Hinblick auf Krankheiten, die eng mit dem weiblichen Hormonsystem und/oder mit Armut verbunden sind, wie Osteoporose, Muskel-Skelett-Erkrankungen und Erkrankungen des zentralen Nervensystems; fordert ferner mit Nachdruck, einen uneingeschränkten Zugang zu Früherkennung und Prävention von Brust- und Gebärmutterhalskrebs — einschließlich der Impfungen gegen Humane Papillomviren — zu ermöglichen und darauf abzuzielen, schon in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft mit der Gesundheitsvorsorge der Schwangeren zu beginnen;

56.

fordert die Mitgliedstaaten auf, für den Zugang zu Gesundheitsdiensten vor allem durch die Beteiligung von Roma-Frauen-NRO an der Gestaltung, Umsetzung und Bewertung von Gesundheitsprogrammen zu sorgen und sicherzustellen, dass Roma-Frauen und -Mädchen selbst über ihre Sexualität, Gesundheit und Mutterschaft entscheiden können, indem die Familienplanung, der Zugang zu der gesamten Bandbreite von Diensten für sexuelle und reproduktive Gesundheitsfürsorge und zur Sexualerziehung gefördert wird, Kinder und Jugendliche vor sexuellen Missbrauch und Frühehen geschützt werden sowie Säuglings- und Müttersterblichkeit und das Phänomen der Zwangssterilisierung vermieden werden;

57.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die geschlechterausgewogene Teilnahme der Roma-Gemeinschaften an der Gestaltung, Umsetzung, Überwachung und Auswertung der Programme zur Krankheitsprävention, Behandlung, Pflege und Unterstützung sowie an der Verminderung der Stigmatisierung und der Diskriminierung im Gesundheitsversorgungssystem zu erleichtern und zu fördern;

58.

fordert die Mitgliedstaaten und die regionalen und örtlichen Behörden auf, Maßnahmen zu entwickeln und anzuwenden, welche sicherstellen, dass alle Roma-Frauen, auch diejenigen, die den am stärksten ausgegrenzten Gemeinschaften angehören, Zugang zu medizinischen Leistungen im Bereich der Grundversorgung, der Notfallversorgung und Prävention haben, und Weiterbildungsmaßnahmen für Beschäftigte im Gesundheitssektor zu organisieren, um Vorurteile gegenüber der Roma-Bevölkerung abzubauen;

59.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die direkte und indirekte Diskriminierung der Roma-Frauen in Bezug auf die Ausübung ihrer Grundrechte und den Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen zu untersuchen, zu verbieten und zu verfolgen und weitere Diskriminierung zu verhindern; verweist auf die Bedeutung der Durchführung von Sensibilisierungskampagnen zur Bekämpfung von Diskriminierung und rassistischen Stereotypen gegenüber der Roma-Bevölkerung und insbesondere gegenüber Roma-Frauen;

60.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Roma und insbesondere Roma-Frauen als besondere Zielgruppe in die operationellen Programme und die Programme zur Entwicklung des ländlichen Raums für den nächsten Programmplanungszeitraum aufzunehmen;

61.

fordert die Kommission auf, einen Bewertungsbericht über die Umsetzung der Richtlinie 2000/43/EG des Rates in allen Mitgliedstaaten zu veröffentlichen; fordert die Kommission gleichermaßen auf, konkrete Empfehlungen für jeden Mitgliedstaat auszusprechen, um auch die geschlechtsspezifische Dimension in die Richtlinie aufzunehmen;

62.

fordert den Rat auf, zu einer Einigung über die Gleichbehandlungsrichtlinie der EU zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ungeachtet der Religionszugehörigkeit oder des Glaubens, Behinderung, Alter oder sexueller Orientierung zu kommen, um dafür zu sorgen, dass alle Vorwände für Diskriminierung und mehrfache Diskriminierung in allen Bereichen des täglichen Lebens als rechtswidrig eingestuft werden; fordert gleichermaßen alle EU-Organe auf, dafür Sorge zu tragen, dass sich überschneidende Diskriminierung in die Richtlinie aufgenommen wird;

63.

fordert die Mitgliedstaaten auf, alle Formen der Gewalt gegen Frauen, wie z. B. häusliche Gewalt, sexuelle Ausbeutung und Menschenhandel, unter besonderer Berücksichtigung von Roma-Frauen zu bekämpfen und die Opfer durch die Aufnahme bestimmter Ziele in die NRIS zur Bekämpfung des Menschenhandels mit Roma-Frauen zu unterstützen, für ausreichende Mittel für die entsprechenden öffentlichen Dienste zu sorgen und Hilfestellung auch durch allgemeine Dienste, wie Gesundheitsversorgung, Beschäftigung und Ausbildung, zu leisten; fordert außerdem die Kommission nachdrücklich auf, staatliche Initiativen und Initiativen der Zivilgesellschaft zu unterstützen, die diese Probleme aufgreifen, und zugleich die Grundrechte der Opfer zu wahren;

64.

fordert die Mitgliedstaaten auf, mit Roma-Frauen zusammenzuarbeiten, um Strategien zur Stärkung der Gestaltungs- und Entscheidungsmacht zu entwickeln, bei denen ihre überschneidende Identität anerkannt wird, sowie Aktivitäten zu fördern, die geschlechtsspezifische Stereotypen bekämpfen und auf Frauen, Männer, Mädchen und Jungen ausgerichtet sind;

65.

betont, dass arrangierte Ehen sowie Kinder- und Zwangsehen nach wie vor als „traditionelle Praktiken“ vorherrschen; unterstreicht, dass diese Praktiken Menschenrechtsverletzungen darstellen, die sich nicht nur wesentlich auf die Gesundheit der Roma-Mädchen auswirken und das Risiko von Komplikationen während der Schwangerschaft und Geburt erhöhen, sondern die Mädchen auch sexuellem Missbrauch und Ausbeutung aussetzen und von Bildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten ausschließen;

66.

fordert die Mitgliedstaaten auf, das Übereinkommen des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels zu ratifizieren und umzusetzen sowie die Bestimmungen der Richtlinie 2011/36/EU zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer (7) voll und ganz umzusetzen, insbesondere bei der Stärkung der Ermittlung, des Schutzes und der Unterstützung von Opfern und mit besonderem Augenmerk auf Kinder;

67.

fordert von den Mitgliedstaaten und der Kommission, für europäische Lösungen der Probleme der Roma-Bevölkerung zu sorgen und dabei ihr Recht auf Freizügigkeit als EU-Bürger sowie die Notwendigkeit der Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten für die Lösung der Probleme, vor denen diese ethnische Gruppe steht, zu berücksichtigen;

68.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, den Informationsaustausch und den Austausch bewährter Verfahren bei der Integration von Roma-Frauen in allen Bereichen der Gesellschaft zu fördern;

69.

empfiehlt den Mitgliedstaaten, die erforderlichen Maßnahmen zur Unterbindung der Praxis, dass Roma-Frauen für arrangierte Ehen zur Verfügung gestellt werden, zu ergreifen, da dies einen sittlichen Angriff auf ihre Würde darstellt;

70.

fordert die Mitgliedstaaten auf, sich dringend mit den Bedürfnissen älterer Roma-Frauen zu befassen, da diese zu den schutzbedürftigsten Gruppen gehören, weil sie weder über ein angemessenes Einkommen noch über Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen und Langzeitpflege im Alter verfügen;

71.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, eine umfassende Strategie zu entwickeln, um Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen, wie vom Parlament in diversen Entschließungen gefordert; fordert die Kommission auf, Rechtsinstrumente zur Verfügung zu stellen, einschließlich einer europäischen Richtlinie, um geschlechtsspezifische Gewalt zu bekämpfen;

72.

fordert, die Entwicklung der Sprache und Kultur der Roma zu unterstützen, Verwaltungsstrukturen für Roma-Angelegenheiten aufzubauen und die Roma-Politik und ihre Umsetzung zu stärken sowie die internationale Zusammenarbeit in Bezug auf Roma-Angelegenheiten zu verstärken.

73.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.


(1)  ABl. L 180 vom 19.7.2000, S. 22.

(2)  ABl. L 303 vom 2.12.2000, S. 16.

(3)  ABl. C 298 E vom 8.12.2006, S. 283.

(4)  ABl. C 199 E vom 7.7.2012, S. 112.

(5)  COM(2012)0226.

(6)  COM(2013)0460.

(7)  ABl. L 101 vom 15.4.2011, S. 1.