9.3.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 93/110


P7_TA(2013)0375

Gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit für Männer und Frauen

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. September 2013 zur Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit (2013/2678(RSP))

(2016/C 093/15)

Das Europäische Parlament,

gestützt auf die Artikel 8, 157 und 225 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2006/54/ΕG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (1),

in Kenntnis des Artikels 11 Absatz 1 Buchstabe d des Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frauen, das am 18. Dezember 1979 mit der Resolution 34/180 der Generalversammlung der Vereinten Nationen angenommen wurde,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 21. September 2010 mit dem Titel „Strategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2010–2015“ (COM(2010)0491),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 5. März 2010 mit dem Titel „Ein verstärktes Engagement für die Gleichstellung von Frauen und Männern — eine Frauen-Charta“ (COM(2010)0078),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 24. Mai 2012 mit Empfehlungen an die Kommission zur Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit (2),

unter Hinweis auf die Bewertung des europäischen Mehrwerts bei der „Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit (3)“,

unter Hinweis auf die Studie „The gender gap in pensions in the EU“ (Das geschlechtsspezifische Rentengefälle in der EU) (4),

unter Hinweis auf die Anfrage an die Kommission zum Thema „Gleiches Entgelt für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit“ (O-000078/2013 — B7-0218/2013),

gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass das Parlament die Kommission in seiner Entschließung vom 24. Mai 2012 mit Empfehlungen an die Kommission zur Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit aufgefordert hat, die Richtlinie 2006/54/EG bis spätestens 15. Februar 2013 zu überprüfen und dabei die Empfehlungen des Parlaments zu berücksichtigen, wozu auch die Überarbeitung geltender Rechtsvorschriften gehört;

B.

in der Erwägung, dass infolge von Arbeitsmarktpolitiken, die darauf gerichtet sind, Tarifverhandlungen in Grundsatz und Praxis abzuschaffen, Löhne und Gehälter immer mehr auf individueller Basis ausgehandelt werden, und dass die so entstehenden individualisierten Systeme der Entlohnung, die durch einen Mangel an Informationen und Transparenz gekennzeichnet sind, zu wachsenden Lohndiskrepanzen zwischen Arbeitnehmern auf vergleichbarem Niveau führen und eine Verstärkung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles bewirken können;

C.

in der Erwägung, dass bei der Verringerung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles nur äußerst langsam Fortschritte erzielt werden und sich das Gefälle sich in einigen Mitgliedstaaten sogar vergrößert hat; in der Erwägung, dass trotz der seit fast 40 Jahren geltenden zahlreichen Rechtsvorschriften, der Maßnahmen, die ergriffen und der Mittel, die eingesetzt wurden, das geschlechtsspezifische Lohngefälle nach wie vor ein Problem darstellt und gegenwärtig EU-weit bei 16,2 % liegt (das Missverhältnis auf EU-Ebene lag 2006 bei 17,7 %, 2007 bei 17,6 %, 2008 bei 17,4 %, 2009 bei 16,9 % und 2010 bei 16,4 %); in der Erwägung, dass die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für gleiche und gleichwertige Arbeit für die Verwirklichung der Gleichstellung der Geschlechter von entscheidender Bedeutung ist; in der Erwägung, dass die negativen Auswirkungen des geschlechtsspezifischen Lohngefälles auf Frauen bis ins Rentenalter spürbar sind und Frauen durchschnittlich Renten beziehen, die um 39 % niedriger als die Renten der Männer sind;

D.

in der Erwägung, dass laut wissenschaftlichen Untersuchungen zu der Frage, wie das geschlechtsspezifische Lohngefälle abgebaut werden kann, unterschiedliche Faktoren betrachtet werden müssen, zum Beispiel Unterschiede bei den Erwerbs- und Beschäftigungsquoten, in den Lohnstrukturen, bei der Zusammensetzung der Arbeitnehmerschaft und bei der Vergütung sowie andere makroökonomische und institutionelle Faktoren, und nach geeigneten Lösungen in diesen Bereichen gesucht werden muss;

E.

in der Erwägung, dass, wie die Erfahrung gezeigt hat, bewährte Verfahren oder nicht zwingende rechtliche Maßnahmen („soft law“) allein selten einen Anreiz darstellen, und dass der erhoffte Effekt des voneinander Lernens nicht eintritt;

F.

in der Erwägung, dass den Schlussfolgerungen der Bewertung des europäischen Mehrwerts zufolge das Wirtschaftswachstum um 0,1 % zunehmen wird, wenn das geschlechtsspezifische Lohngefälle um einen Prozentpunkt abgebaut wird, und der Abbau des geschlechtsspezifischen Lohngefälles vor dem Hintergrund der aktuellen Rezession von wesentlicher Bedeutung ist;

G.

in der Erwägung, dass langsame Fortschritte beim Abbau des geschlechtsspezifischen Lohngefälles bedeutende demografische, soziale, rechtliche und wirtschaftliche Auswirkungen haben;

1.

bedauert, dass die Verringerung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles in der Europäischen Union nur langsam vorangeht;

2.

stellt nachdrücklich fest, dass die Verringerung der Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern durch Abbau des geschlechtsspezifischen Lohngefälles nicht nur für Frauen, sondern für die Gesellschaft als Ganzes von Vorteil ist, und dass der Abbau des geschlechtsspezifischen Lohngefälles nicht als Kostenfaktor, sondern als Investition betrachtet werden sollte;

3.

bekräftigt, dass die Richtlinie 2006/54/EG in der geltenden Fassung nicht wirksam genug ist, um dem geschlechtsspezifischen Lohngefälle entgegenzuwirken und das Ziel der Gleichstellung der Geschlechter in Beschäftigung und Beruf zu verwirklichen;

4.

fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten dabei zu unterstützen, das geschlechtsspezifische Lohngefälle jährlich um mindestens fünf Prozentpunkte zu verringern mit dem Ziel, es bis zum Jahr 2020 vollständig abzubauen;

5.

ist sich darüber im Klaren, dass ein Ansatz, der mehrere Ebenen und Faktoren einbezieht, es erfordert, dass die Kommission die Mitgliedstaaten bei der Förderung bewährter Verfahren und der Durchführung von politischen Maßnahmen zur Bekämpfung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles unterstützt;

6.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, die Richtlinie 2006/54/EG unverzüglich zu überprüfen und gemäß Artikel 32 der Richtlinie und im Sinne von Artikel 157 AEUV Änderungen vorzuschlagen, unter Beachtung der detaillierten Empfehlungen, die der Entschließung des Parlaments vom 24. Mai 2012 als Anlage beigefügt sind;

7.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und den Regierungen der Mitgliedstaaten zu übermitteln.


(1)  ABl. L 204 vom 26.7.2006, S. 23.

(2)  Angenommene Texte, P7_TA(2012)0225.

(3)  EAVA 4/2013.

(4)  http://ec.europa.eu/justice/gender-equality/files/documents/130530_pensions_en.pdf