5.2.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 45/57


P7_TA(2013)0185

Fortschrittsbericht 2012 über Montenegro

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. April 2013 zu dem Fortschrittsbericht 2012 über Montenegro (2012/2860(RSP))

(2016/C 045/09)

Das Europäische Parlament,

in Kenntnis des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens vom 29. März 2010 zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Montenegro andererseits (1),

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Thessaloniki vom 19. und 20. Juni 2003 und deren Anlage „Agenda von Thessaloniki für die westlichen Balkanstaaten: Auf dem Weg zur Europäischen Integration“,

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 9. November 2010 an das Europäische Parlament und den Rat über die Stellungnahme der Kommission zum Antrag Montenegros auf Beitritt zur Europäischen Union (COM(2010)0670),

in Kenntnis des Berichts der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Fortschritte Montenegros bei der Durchführung von Reformen vom 22. Mai 2012 (COM(2012)0222) und der Schlussfolgerungen des Rates vom 26. Juni 2012 mit dem Beschluss, am 29. Juni 2012 Beitrittsverhandlungen mit Montenegro aufzunehmen,

in Kenntnis des Arbeitsdokuments der Kommissionsdienststellen vom 10. Oktober 2012 zum Fortschrittsbericht 2012 über Montenegro (SWD(2012)0331),

in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat vom 10. Oktober 2012 zur Erweiterungsstrategie und den wichtigsten Herausforderungen für den Zeitraum 2012-2013 (COM(2012)0600),

unter Hinweis auf die in der 4. und 5. Sitzung des Parlamentarischen Stabilitäts- und Assoziationsausschusses Europäische Union — Montenegro (SAPC) vom 3./4. April 2012 und 28./29. November 2012 angenommene Erklärung sowie die in diesen Sitzungen angenommenen Empfehlungen,

unter Hinweis auf die erste Sitzung des Paritätischen Beratenden Ausschusses der Zivilgesellschaft EU-Montenegro am 2. Oktober 2012,

unter Hinweis auf die Empfehlungen des Ministerausschusses des Europarats über die Anwendung der Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen durch Montenegro (vom Ministerausschuss am 12. September 2012 angenommen) (2),

in Kenntnis des Berichts des Ad-hoc-Ausschusses des Präsidiums des Europarats vom 29. November 2012 zur Wahlbeobachtung,

gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass die politische Führung des Landes in den Wahlen ein neues Mandat erhalten hat, die Ziele der Beitrittsverhandlungen zu verfolgen;

B.

in der Erwägung, dass Montenegro wesentliche Fortschritte auf dem Weg zu einer EU-Mitgliedschaft erzielt hat;

C.

in der Erwägung, dass der Beitrittsprozess immer noch einige Defizite aufweist, die angegangen werden müssen, wozu insbesondere die Bekämpfung von organisierter Kriminalität und Korruption auf hoher Ebene zählt;

D.

in der Erwägung, dass der Beitrittsprozess weiterhin die Triebfeder für fortgesetzte Reformen sein sollte; in der Erwägung, dass die Zivilgesellschaft beim Reformprozess und der Integration in die Europäische Union eine unersetzliche Rolle spielt;

E.

in der Erwägung, dass Montenegro das erste Land ist, bei dem die EU eine neue Vorgehensweise bei den Verhandlungen anwendet, bei der mehr Gewicht als bisher auf eine demokratische Staatsführung, die Grundfreiheiten, die Rechtsstaatlichkeit, die Justiz sowie die Bekämpfung der Korruption und der organisierten Kriminalität gelegt wird;

F.

in der Erwägung, dass die EU die Rechtsstaatlichkeit ins Zentrum des Erweiterungsprozesses gestellt hat;

G.

in der Erwägung, dass Montenegro weiterhin eine wichtige Rolle im Hinblick auf die Stabilität der Region einnimmt;

Allgemeine Erwägungen

1.

begrüßt den Beschluss des Rates, am 29. Juni 2012 Beitrittsverhandlungen mit Montenegro aufzunehmen; stellt fest, dass dieser Beschluss einen bedeutenden Schritt im Beitrittsprozess des Landes und eine klare Bestätigung des Festhaltens der Europäischen Union an einer europäischen Zukunft der westlichen Balkanregion darstellt; betont die von Montenegro erzielten Fortschritte, die im Fortschrittsbericht 2012 der Kommission festgehalten sind;

2.

begrüßt den friedlichen, freien und fairen Verlauf der vorgezogenen Parlamentswahlen, die internationalen Standards entsprachen; weist darauf hin, dass das Wahlrecht den Empfehlungen der Venedig-Kommission und der OSZE/ODIHR weitgehend entspricht; betont, dass der Rechtsrahmen den Empfehlungen der OSZE/ODIHR in vollem Maße entsprechen muss, wonach den Bürgern keine ungebührlichen Beschränkungen auferlegt werden dürfen; fordert die staatlichen Stellen auf, die Erstellung von Wählerlisten, die Transparenz und die Aufsicht über die Wahlkampf- und Parteienfinanzierung weiter zu verbessern sowie für die rechtzeitige Umsetzung der Gesetze zur Parteienfinanzierung zu sorgen, sodass unter anderem alle Formen des Missbrauchs, insbesondere von öffentlichen Mitteln für politische Zwecke, beseitigt werden; fordert darüber hinaus nachdrücklich eine ordentliche Überprüfung von Beschwerden, um im Einklang mit den Empfehlungen der OSZE/ODIHR das Vertrauen der Öffentlichkeit in das Wahlverfahren weiter zu stärken;

3.

begrüßt die Bildung der neuen Regierung und fordert alle politischen Kräfte auf, sich auch weiter durch einen konstruktiven Dialog und eine enge Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft auf den Fahrplan der EU-Integration des Landes zu konzentrieren;

4.

begrüßt die Aufnahme der Verhandlungen mit Montenegro und vertritt die Auffassung, dass dies ebenfalls ein positives Signal für andere Länder in der Region ist; fordert die Behörden in Podgorica auf, die Reformprozesse fortzuführen; begrüßt gleichermaßen die neue Vorgehensweise der EU bei den Verhandlungen, mit der die besonders wichtigen Kapitel 23 und 24 zu Beginn der Verhandlungen in Angriff genommen werden, wodurch der Fokus stärker auf die Rechtsstaatlichkeit gerichtet werden kann und möglichst viel Zeit zur Verfügung steht, um die erforderlichen Rechtsvorschriften und Institutionen zu erlassen bzw. einzurichten und solide Erfolge bei der Durchführung zu erzielen; ist der Ansicht, dass möglichst schnell neue Verhandlungskapitel eröffnet werden sollten, sofern der Reformprozess fortgeführt wird und konkrete Ergebnisse geliefert werden;

5.

nimmt erfreut zur Kenntnis, dass die Unterstützung im Rahmen des Instruments für Heranführungshilfe (IPA) in Montenegro gut greift; fordert sowohl die Regierung Montenegros als auch die Kommission auf, das Verwaltungsverfahren für die Beantragung von IPA-Mitteln zu vereinfachen, damit diese für kleinere und dezentral organisierte Bürgerorganisationen, Gewerkschaften und andere Empfänger einfacher zugänglich sind;

Politische Kriterien

6.

begrüßt, dass die Aufsichtsfunktion des Parlaments von Montenegro durch die Verabschiedung eines Gesetzes zu parlamentarischen Untersuchungen, durch die Überarbeitung des Datenschutzgesetzes und der Geschäftsordnung des Parlaments sowie durch den Beginn der Umsetzung des Gesetzes zur parlamentarischen Aufsicht im Sicherheits- und Verteidigungsbereich verstärkt wurde; unterstreicht, dass die Sicherstellung ziviler Kontrolle über das Militär ein entscheidendes Element der demokratischen Reform ist; betont, dass die Kapazitäten der Gesetzgebung und die Konsultierung der Zivilgesellschaft weiter ausgebaut werden müssen; fordert das Parlament von Montenegro auf, seine Aufsichtsfunktion insbesondere mit Blick auf die Bekämpfung von organisierter Kriminalität und Korruption weiter zu verbessern; fordert, dass das Parlament durch strategische und politische Gespräche, Analyse der Politik und legislative Überprüfung in verschiedenen parlamentarischen Ausschüssen aktiver in die Beitrittsverhandlungen einbezogen wird, um mit Blick auf die Verhandlungen eine echte Aufsichtsfunktion ausüben zu können; fordert eine stärkere parlamentarische Aufsicht über die Umsetzung angenommener Rechtsvorschriften und Entschließungen;

7.

fordert das Parlament von Montenegro nachdrücklich auf, verfassungsrechtliche Bestimmungen zu erlassen, mit denen die rechtliche Unabhängigkeit, Integrität und Rechenschaftspflicht der Justiz sowie die Unabhängigkeit der Gerichte und die professionelle Autonomie des Rates der Richter und Staatsanwälte verstärkt werden; vertritt die Auffassung, dass weitere Anstrengungen vonnöten sind, um leistungsbezogene Stellenbesetzungen und Beförderungen sicherzustellen;

8.

begrüßt Maßnahmen zur Verbesserung der Effizienz der Justiz, darunter der Abbau anhängiger Fälle, ist aber weiterhin über die Länge von Gerichtsverfahren und die schlechte Ausstattung vieler Gerichte besorgt; fordert die Behörden auf, eindeutige Kriterien für die Beförderung und fachliche Bewertung von Richtern und Staatsanwälten einzuführen; fordert mehr Transparenz in Bezug auf den Rechtsweg und Gerichtsurteile;

9.

ist über den Mangel an Alternativen zur Inhaftierung von Kindern, die Gesetzesverstöße begangen haben, besorgt; fordert die Behörden auf, Maßnahmen zur Stärkung der Kapazitäten von Fachkräften zu fördern, die mit Kindern arbeiten, welche mit der Justiz in Berührung gekommen sind;

10.

fordert weitere Maßnahmen die dazu dienen, eine professionelle, wirksame, auf dem Leistungsprinzip basierende und unparteiische Verwaltung zu schaffen, die in der Praxis im Dienste der Bürgerinnen und Bürger stehen sollte; betont, dass dies in finanziell nachhaltiger Weise erfolgen und mit geeigneten Kontrollmechanismen einhergehen sollte; begrüßt die umfassende Reformierung des öffentlichen Sektors, die auf eine Rationalisierung und Modernisierung abzielt, und fordert ihre Umsetzung;

11.

fordert eine Stärkung der Verbindungen zwischen politischen Entscheidungsträgern und der Zivilgesellschaft; begrüßt die Mitwirkung nichtstaatlicher Organisationen an den mit den Beitrittsverhandlungen betrauten Arbeitsgruppen, um für Rechenschaftspflicht und Transparenz beim Beitrittsprozess zu sorgen; erachtet es für wichtig, dass die Vertreter nichtstaatlicher Organisationen gleichberechtigte Mitglieder der Arbeitsgruppen sind; begrüßt die neue Internetplattform der Regierung für Eingaben in elektronischer Form, mit der die partizipatorische Demokratie im Rahmen der politischen Entscheidungsfindung sowie die elektronische Bereitstellung staatlicher Dienstleistungen verbessert werden sollen; fordert Montenegro auf, die Einrichtung eines „Nationalen Ausschusses“ — bestehend aus Abgeordneten und Vertretern der Zivilgesellschaft — in Betracht zu ziehen, welcher während der Zeit der Verhandlungen als beratendes Forum agiert; betont, dass sowohl die Regierung als auch das Parlament dafür verantwortlich sind, die Bürgerinnen und Bürger und die Zivilgesellschaft rechtzeitig über die Entwicklungen beim Verhandlungsprozess zu informieren;

12.

weist mit Nachdruck darauf hin, dass Montenegro die acht wichtigsten Arbeitnehmerrechtsübereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) und die revidierte Europäische Sozialcharta ratifiziert hat; verweist auf die wichtige Rolle des sozialen Dialogs und fordert die Regierung Montenegros auf, ehrgeizigere Ziele in Bezug auf den Sozialrat zu verfolgen und diesen weiter zu stärken; hält es für äußerst wichtig, die Transparenz und die Effizienz des Sozialrates zu verbessern; fordert die montenegrinischen Behörden auf, das Arbeitsrecht zu ändern, um es mit dem EU-Besitzstand in Einklang zu bringen;

13.

ist besorgt darüber, dass die Lage auf dem Arbeitsmarkt nach wie vor schlecht und die Arbeitslosigkeit weiter gestiegen ist und bei 20 % liegt; begrüßt die nationale Strategie für Beschäftigung und Personalentwicklung für den Zeitraum 2012-2015; fordert die montenegrinischen Behörden auf, die Strategie rasch umzusetzen, die Kapazität der öffentlichen Arbeitsverwaltungen auszubauen und vermehrte Anstrengungen zu unternehmen, um die niedrigen Erwerbs- und Beschäftigungsquoten und das Ungleichgewicht zwischen verfügbaren und benötigten Qualifikationen anzugehen;

14.

bedauert, dass Korruption nach wie vor an der Tagesordnung ist; fordert die Regierung auf, Antikorruptionsmaßnahmen und Maßnahmen in Bezug auf Interessenkonflikte, darunter das neue Parteienfinanzierungsgesetz konsequent umzusetzen; erachtet es für äußerst wichtig, darauf hinzuarbeiten, Erfolge vorweisen zu können, was die Untersuchungen und Urteilssprüche insbesondere in hochrangigen Korruptionsfällen angeht, und verstärkte Anstrengungen im Bereich der vorbeugenden Maßnahmen und Aufklärungskampagnen zu unternehmen sowie Bürger, die Korruptionsfälle melden, zu schützen; betont, wie wichtig es ist, die Zusammenarbeit zwischen den staatlichen Stellen zu stärken, entsprechende Verwaltungskapazitäten der Überwachungsorgane auszubauen und die diesbezüglichen Empfehlungen der Staatengruppe des Europarates gegen Korruption (GRECO) umzusetzen, um die Finanzierung von politischen Parteien und Wahlkämpfen transparenter zu gestalten; fordert, dass konkrete Resultate bei den Ermittlungen in hochrangigen Korruptionsfällen erzielt werden, wozu auch eine Neubewertung der Fälle umstrittener Privatisierungen gehört;

15.

fordert die Regierung auf, den Rechtsrahmen und die Befugnisse der Strafverfolgungsbehörden bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität zu stärken; fordert eine Ausweitung der innerstaatlichen, regionalen und internationalen Zusammenarbeit, insbesondere im Bereich der Finanzermittlungen; lobt die Maßnahmen zur Verhinderung und Bekämpfung von Menschenhandel, fordert aber wirksame Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen sowie Maßnahmen zur Stärkung der Befugnisse der mit dem Menschenhandel befassten Strafverfolgungs- und Justizbehörden und eine bessere Identifizierung sowie einen besseren Schutz von Opfern, insbesondere von Kindern und Frauen;

16.

fordert die Regierung und das Parlament Montenegros auf, vor den Präsidentschaftswahlen 2013 ein neues Gesetz zur Finanzierung des Wahlkampfs zur Wahl des Präsidenten Montenegros in Übereinstimmung mit dem neuen Gesetz zur Parteienfinanzierung und den internationalen bewährten Verfahren anderer Länder zu erarbeiten und zu verabschieden, um einen Missbrauch öffentlicher Mittel zu verhindern;

17.

fordert das Parlament von Montenegro auf, einen Verhaltenskodex zur Vermeidung von Interessenkonflikten zu verabschieden und Informationen zu den finanziellen Interessen seiner Mitglieder zu veröffentlichen;

18.

verweist darauf, dass das Medienumfeld vielfältig ist und eine Trennung entlang der politischen Richtungen aufweist; fordert die zuständigen Behörden dringend auf, den Medienpluralismus und die freie Meinungsäußerung durch von politischer oder anderer Beeinflussung unabhängige Medien sicherzustellen und zu fördern, da die Freiheit der Medien zu den Kerngrundsätzen der EU gehört; erinnert daran, wie wichtig es ist, verantwortungsbewusste Medien und redaktionelle Unabhängigkeit zu fördern,

19.

begrüßt die Fortschritte bei der Entkriminalisierung von Verleumdung und Beleidigung; erachtet es für wichtig, dass alle gegen Journalisten und die Pressefreiheit gerichteten Drohungen und Angriffe ordnungsgemäß untersucht werden; ist besorgt über die Tatsache, dass die polizeilichen Ermittlungen mit Blick auf eine Reihe gewalttätiger Angriffe auf montenegrinische Medienvertreter und Medieneinrichtungen nicht zu rechtskräftigen Gerichtsurteilen geführt haben; betont die Notwendigkeit, den Opfern Gerechtigkeit widerfahren zu lassen; fordert die Behörden auf, die Unabhängigkeit, Selbständigkeit, Kontrollbefugnis und Funktionsfähigkeit der Regulierungsbehörden im Einklang mit EU-Standards zu gewährleisten;

20.

fordert das Parlament Montenegros auf, die Transparenz der montenegrinischen Institutionen sicherzustellen und durch entsprechende Umsetzung des neuen Gesetzes über den freien Zugang zu Informationen in Einklang mit den Standards des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und den bewährten internationalen Verfahren insbesondere Informationen offenzulegen, die Korruption und organisierte Kriminalität offenbaren könnten;

21.

begrüßt die Fortschritte beim Schutz und der Einbeziehung aller Minderheiten und Menschen mit Behinderungen; stellt jedoch fest, dass die Einbeziehung vor allem von Roma, Aschkali und Ägyptern insbesondere durch die Umsetzung der entsprechenden Grundsatzpapiere verbessert werden muss; fordert die staatlichen Stellen auf, weitergehende Maßnahmen gegen Diskriminierung zu ergreifen und auf dieses Problem hinzuweisen sowie die Lebensbedingungen der betreffenden Bevölkerungsgruppen und deren Zugang zu Sozialversicherungs-, Gesundheits-, Bildungs-, Wohnraumbeschaffungs- und Arbeitsvermittlungsdiensten zu verbessern und die ihnen zustehende Beteiligung an öffentlichen Diensten, vor allem was Roma, Aschkali und Ägypter angeht, sicherzustellen, darunter die alle Kinder einbeziehende Bildung und der Schutz des kulturellen Erbes und der Identität dieser Minderheiten; verurteilt verbale und tätliche Angriffe auf Mitglieder der Gemeinschaft der Lesben, Schwulen, Bi- und Transsexuellen (LBGT) und fordert die staatlichen Stellen auf, alles in ihrer Macht Stehende zu unternehmen, um solche Angriffe zu unterbinden; unterstreicht die Verantwortung der Regierung und aller Parteien, aktiv für die Schaffung eines Klimas der Toleranz und Einbeziehung zu sorgen;

22.

begrüßt das Engagement der Regierung für die Bekämpfung von Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Ausrichtung und der Geschlechtsidentität, unter anderem durch die Organisation der internationalen Konferenz „Gemeinsam gegen Diskriminierung“ im März 2012, bei der hochrangige Vertreter staatlicher Stellen aus der Region zusammenkamen, um über die gesellschaftlich-rechtliche Situation von Lesben, Schwulen, Bi- und Transsexuellen zu sprechen; begrüßt die Einrichtung einer Anlaufstelle für Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle und hofft, dass deren Finanzierung sichergestellt werden kann; fordert die Regierung auf, mit nichtstaatlichen Organisationen zusammenzuarbeiten, um weitere Angriffe und Diskriminierungen zu unterbinden; sieht einer engeren Zusammenarbeit auf diesem Gebiet erwartungsvoll entgegen; fordert die Regierung Montenegros auf, Pläne für ein Pride-Festival in Podgorica 2013 öffentlich zu unterstützen und die Sicherheit der Teilnehmer an der Parade zu gewährleisten;

23.

stellt fest, dass im Hinblick auf Frauenrechte und die Gleichstellung der Geschlechter nur geringe Fortschritte erzielt wurden; unterstreicht das Problem, dass Frauen im montenegrinischen Parlament und in anderen Führungspositionen sowie auf dem Arbeitsmarkt nach wie vor unterrepräsentiert sind und dass ihre Arbeitnehmerrechte, darunter das Recht auf gleiche Entlohnung, häufig missachtet werden; fordert die Behörden auf, staatliche und andere Stellen, die mit der Gleichstellung der Geschlechter befasst sind, mit ausreichend Personal und Finanzmitteln auszustatten;

24.

weist darauf hin, dass in der Gesellschaft nach wie vor häusliche Gewalt gegen Frauen vorherrscht und fordert die Behörden auf, größere Anstrengungen bei der Umsetzung des Rechtsrahmens zu unternehmen, sich dieses Problems anzunehmen und das Bewusstsein dafür zu schärfen; fordert die staatlichen Stellen auf, sich besorgt über Kinderarmut sowie über die Tatsache zu zeigen, dass etwa drei von vier Kindern in entlegenen ländlichen Gebieten ohne Zugang zu grundlegenden Diensten leben; fordert verbesserte Dienste für schutzbedürftige Kinder und Familien sowie Reformen zur Stärkung des Bereichs der Sozialfürsorge;

Wirtschaftliche Kriterien

25.

hebt die Vorreiterrolle Montenegros bei der Durchführung von Strukturreformen in den westlichen Balkanstaaten sowie die Aufrechterhaltung der makroökonomischen und finanzpolitischen Stabilität in Montenegro trotz der Wirtschaftkrise lobend hervor; weist jedoch auf die wachsende Staatsverschuldung hin und fordert die Regierung auf, mit den Strukturreformen fortzufahren, eine Rationalisierung bei den Ausgaben vorzunehmen, die Flexibilität des Arbeitsmarkts zu erhöhen, Maßnahmen gegen die wachsende Arbeitslosigkeit zu ergreifen, die Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze zu fördern und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, um eine voll funktionsfähige Marktwirtschaft zu errichten, sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zu unterstützen;; fordert die Kommission auf, Montenegro bei der Ausarbeitung einer klugen, nachhaltigen und integrierten Wachstumsagenda in Einklang mit der Strategie „Europa 2020“ zu unterstützen;

26.

fordert die montenegrinischen Behörden auf, das Gleichgewicht zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und Umweltschutz zu wahren; fordert die Regierung auf, sicherzustellen, dass die Privatisierung der nationalen Stromgesellschaft in transparenter Weise erfolgt und vereinbarte Investitionen getätigt werden; erinnert ebenfalls an die Notwendigkeit, insbesondere die Entwicklung des Tourismus mit dem Umweltschutz in Einklang zu bringen; fordert eine langfristige Planung mit Blick auf den Tourismus entlang der Küste und die Schaffung wirkungsvoller Mechanismen, die die Zerstörung der Umwelt sowie Korruption im Bereich Raumplanung und Bebauung verhindern;

27.

fordert die Behörden in Podgorica auf, die im Juli 2012 angenommene Strategie zur Einführung von Unternehmensbündeln umzusetzen, was die Wettbewerbsfähigkeit der montenegrinischen Wirtschaft durch eine Stärkung der KMU und die Erweiterung des Exportpotenzials sowie der Beschäftigungsmöglichkeiten verbessern könnte;

28.

ist über die Größe der Schattenwirtschaft besorgt, ein Problem, gegen das etwas getan werden muss, um Anreize für Investitionen zu schaffen, Unternehmen zu fördern und Arbeitnehmer wirksam zu schützen;

Fähigkeit zur Übernahme der aus der Mitgliedschaft erwachsenden Verpflichtungen

29.

fordert die Regierung auf, die institutionellen und administrativen Kapazitäten staatlicher Stellen zu verstärken, die für die Hauptbereiche des gemeinschaftlichen Besitzstands zuständig sind, sowie die interinstitutionelle Zusammenarbeit und Abstimmung zu stärken, und zwar insbesondere mit Blick auf die Beschleunigung der Vorbereitungen für eine dezentralisierte Verwaltung der Komponenten des Instruments für Heranführungshilfe in Vorbereitung auf den Strukturfonds und den Kohäsionsfonds; fordert weitere Verbesserungen bei den Anstrengungen zum Aufbau einer professionellen, wirksamen, auf dem Leistungsprinzip basierenden und unparteiischen Verwaltung;

30.

fordert die Behörden auf, weitere Maßnahmen der Angleichung nationaler Rechtsvorschriften an den Besitzstand im Bereich Umwelt und Klimawandel und zur Umsetzung dieser Vorgaben zu ergreifen sowie die entsprechenden Verwaltungskapazitäten und die interinstitutionelle Zusammenarbeit auszubauen;

31.

betont, wie wichtig es ist, den Schwerpunkt auf die nachhaltige Stromerzeugung zu legen, wobei die Erfordernisse der wirtschaftlichen Entwicklung mit dem Umweltschutz in Einklang gebracht werden; begrüßt, dass im Bereich erneuerbarer Energien gewisse Fortschritte erzielt wurden; fordert weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz und zur Sicherstellung einer sicheren Energieversorgung;

32.

fordert weitere Anstrengungen in Bereichen wie Freizügigkeit der Arbeitnehmer, freier Kapitalverkehr, Gesellschaftsrecht, Lebensmittelsicherheit, Tier- und Pflanzengesundheit, Steuern, Unternehmens- und Industriepolitik und Finanz- und Haushaltsbestimmungen;

Regionale Zusammenarbeit und bilaterale Fragen

33.

unterstreicht die Bedeutung guter nachbarschaftlicher Beziehungen und begrüßt die konstruktive Rolle Montenegros in der regionalen Zusammenarbeit und insbesondere die aktive Beteiligung an zahlreichen regionalen Initiativen in Südosteuropa; lobt Montenegro für die Aufrechterhaltung guter bilateraler Beziehungen zu allen Nachbarländern; bedauert indes, dass die Festlegung des Grenzverlaufs mit fast allen Nachbarstaaten noch aussteht; fordert Anstrengungen zur Klärung aller noch offenen Fragen im Geiste gutnachbarschaftlicher Beziehungen und verweist darauf, wie wichtig es ist, dass bilaterale Fragen vor dem Beitritt gelöst werden; fordert die Kommission und den Rat erneut auf, im Einklang mit den EU-Verträgen mit der Ausarbeitung eines allgemein anwendbaren Schiedsverfahrens zu beginnen, mit dem bilaterale Probleme zwischen Beitrittsländern und Mitgliedstaaten gelöst werden können;

34.

begrüßt die fortgesetzte Zusammenarbeit Montenegros im Rahmen des Prozesses zur Umsetzung der Erklärung von Sarajevo in Bezug auf die Flüchtlings- und Vertriebenenfrage, und insbesondere das vereinbarte regionale Wohnraumbeschaffungsprogramm, das von der internationalen Geberkonferenz, die im April 2012 in Sarajevo stattfand, unterstützt wird; betont, wie wichtig anhaltende Bemühungen um die Lösung der noch offenen Fragen in diesem Prozess sind;

35.

begrüßt die Unterzeichnung einer Ministererklärung und Vereinbarung über ein regionales Wohnraumbeschaffungsprogramm sowie über die für das Programm zugesagten Fördermittel durch Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Montenegro und Serbien;

36.

fordert Montenegro auf, seinen Standpunkt in Bezug auf den Internationalen Strafgerichtshof an den Gemeinsamen Standpunkt der EU zur Integrität des Römischen Statuts anzugleichen;

37.

begrüßt die Ratifizierung und das Inkrafttreten des Abkommens zwischen der EU und Montenegro über die Schaffung eines Rahmens für die Beteiligung Montenegros an Kriseneinsätzen der Europäischen Union;

o

o o

38.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie der Regierung und dem Parlament von Montenegro zu übermitteln.


(1)  ABl. L 108 vom 29.4.2010, S. 3.

(2)  CM/RecChL (2012)4.