30.12.2015 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 440/83 |
P7_TA(2013)0022
Irak
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. Januar 2013 zum Partnerschafts- und Kooperationsabkommen EU-Irak (2012/2850(RSP))
(2015/C 440/12)
Das Europäische Parlament,
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unter Hinweis auf das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Irak andererseits (1), |
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unter Hinweis auf das Vierte Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten sowie die Zusatzprotokolle I und II dieses Abkommens, |
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in Kenntnis der Resolution des UN-Sicherheitsrats 1325(2000) vom 31. Oktober 2000 zu Frauen, Frieden und Sicherheit, |
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unter Hinweis auf die Änderungen am Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), die am 11. Juni 2010 auf der Konferenz zur Überprüfung des Internationalen Strafgerichtshofs in Kampala angenommen wurden und unter anderem eine Definition des Begriffs „Tatbestand der Aggression“ umfassen; |
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unter Hinweis auf die Europäische Sicherheitsstrategie „Ein sicheres Europa in einer besseren Welt“ vom 12. Dezember 2003, |
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unter Hinweis auf den Europäischen Entwicklungskonsens vom 22. November 2005, |
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unter Hinweis auf die Gemeinsame Aktion 2005/190/GASP des Rates vom 7. März 2005 betreffend die integrierte Mission der Europäischen Union zur Stützung der Rechtsstaatlichkeit im Irak, EUJUST LEX, die im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) beschlossen wurde, und die darauf folgenden Gemeinsamen Aktionen, durch die sie geändert und das Mandat der Mission erweitert wurde, |
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unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 7. Juni 2006 mit dem Titel „Empfehlungen für ein verstärktes Engagement der Europäischen Union gegenüber Irak“ (KOM(2006)0283), |
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unter Hinweis auf seine Entschließung vom 1. Juni 2006 zur Lage von Frauen in bewaffneten Konflikten und ihrer Rolle beim Wiederaufbau und beim Demokratisierungsprozess in diesen Ländern nach Beilegung des Konflikts (2), |
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unter Hinweis auf den Internationalen Pakt für Irak, der am 3. Mai 2007 in Sharm el-Sheikh (Ägypten) angenommen wurde, |
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unter Hinweis auf seine Empfehlung an den Rat vom 13. März 2008 zur Rolle der Europäischen Union im Irak (3) und auf seine Entschließung vom 25. November 2010 mit dem Titel „Irak — Todesstrafe, insbesondere im Fall von Tariq Aziz, und Angriffe auf christliche Gemeinschaften“ (4), |
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in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Rates vom 22. November 2010, |
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unter Hinweis auf die Resolutionen 1956(2010), 1957(2010) und 1958(2010) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 15. Dezember 2010, |
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unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Januar 2011 zur Lage der Christen im Zusammenhang mit der Religionsfreiheit (5), |
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unter Hinweis auf das gemeinsame Strategiepapier der Europäischen Kommission für den Irak (2011-2013) |
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gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung, |
A. |
in der Erwägung, dass in der Republik Irak seit 2005 drei Mal Wahlen unter Beteiligung mehrerer Parteien stattgefunden haben, eine Verfassung im Rahmen eines Referendums angenommen, die Grundlage für einen Bundesstaat geschaffen und einige Versuche zum Aufbau demokratischer Institutionen sowie für den Wiederaufbau und eine Normalisierung unternommen wurden; |
B. |
in der Erwägung, dass Europa und der Irak durch eine tausendjährige gegenseitige kulturelle Beeinflussung und eine gemeinsame Geschichte miteinander verbunden sind; |
C. |
in der Erwägung, dass sich sämtliche politischen Kräfte des Irak sich — gemäß dem vom irakischen Volk bei den Parlamentswahlen vom 7. März 2010 zum Ausdruck gebrachten Willen — am 21. Dezember 2010 auf ein Abkommen zur Bildung einer Regierung der nationalen Einheit verständigt haben; in der Erwägung, dass dieses Abkommen von der irakischen Regierung bisher nicht umgesetzt wurde, wodurch der Gefahr einer fortgesetzten Instabilität und Zersplitterung des Irak Vorschub geleistet wird; |
D. |
in der Erwägung, dass der Irak lange Zeit Heimat einer Reihe religiöser Gruppen wie Sunniten, Schiiten, Christen, Juden, Mandäer und Jesiden sowie eines großen konfessionslosen, säkularen Mittelstandes war; |
E. |
in der Erwägung, dass 2003 800 000 Christen (Chaldäer, Angehörige der Syrischen Kirchen und andere christliche Minderheiten) im Irak lebten und dass diese Christen eine alte, autochthone Bevölkerungsgruppe bilden, die nun ernsthaft von Verfolgung und Exilierung bedroht ist; unter Hinweis darauf, dass tausende Christen vor der Gewalt, der sie nach wie vor ausgesetzt sind, geflohen sind und entweder das Land verlassen haben oder innerhalb des Landes aus ihrer Heimat vertrieben wurden; |
F. |
in der Erwägung, dass für 2013 Kommunalwahlen und für 2014 Parlamentswahlen angesetzt sind; |
G. |
in der Erwägung, dass die Zahl der Hinrichtungen im Irak steigt und damit im Gegensatz zu der weltweiten Tendenz steht, die Todesstrafe abzuschaffen; in der Erwägung, dass sich neben anderen auch die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Navi Pillay, äußerst besorgt darüber geäußert hat, dass die internationalen Normen für ein faires Verfahren bei den Verhandlungen zur Verhängung der Todesstrafe missachtet werden, wobei sie unter anderem auf den Mangel an Transparenz bei den Gerichtsverfahren und auf Fälle verwiesen hat, in denen „Geständnisse“ unter Anwendung von Folter oder durch andere Arten der Misshandlung von Angeklagten zustande kamen; in der Erwägung, dass die Todesstrafe eine grausame und unmenschliche Form der Bestrafung ist und es dem politischen Dialog mit den irakischen Behörden über die Abschaffung der Todesstrafe oberste Priorität einzuräumen gilt; |
H. |
in der Erwägung, dass die Krise in Syrien neue massive Flüchtlingsströme und eine Welle von Rückkehrern in den Irak ausgelöst hat, die im Irak nun mit großer persönlicher und wirtschaftlicher Unsicherheit und einer äußerst gefährlichen Situation konfrontiert sind; |
I. |
in der Erwägung, dass die Vertretung der EU in Bagdad über die notwendigen Mittel und Ressourcen verfügen muss, um voll funktionsfähig zu sein und bei der Unterstützung des demokratischen Prozesses, im Einsatz für Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte und bei der Unterstützung der irakischen Behörden und der Bevölkerung beim Wiederaufbau und bei der Stabilisierung und Normalisierung ihres Landes einen wesentlichen Beitrag leisten zu können sowie in der Erwägung, dass die Wirksamkeit des Engagements der EU-Vertretung in Bagdad durch Einrichtung einer gesonderten Geschäftsstelle in Erbil wesentlich erhöht werden könnte; |
J. |
in der Erwägung, dass der Irak seine Erdölförderung fast vollständig wiederhergestellt hat; in der Erwägung, dass der irakische Staat jedoch nach wie vor große Schwierigkeiten hat, die Grundversorgung, einschließlich einer regelmäßigen Stromversorgung im Sommer, der Trinkwasserversorgung und einer angemessenen Gesundheitsfürsorge, sicherzustellen; in der Erwägung, dass technische Hilfe, Rechtsstaatlichkeit und die vollständige Umsetzung der internationalen Normen für Verträge und Auftragsvergabe mit Blick auf die Erschließung der irakischen Erdölressourcen entscheidend sind, wenn es gelingen soll, die soziale Eingliederung und der Wohlstand zu fördern; |
K. |
in der Erwägung, dass fast 30 % der jungen Männer arbeitslos sind und so leicht von kriminellen Banden und von Milizen angeheuert werden können; in der Erwägung, dass der Kampf gegen Korruption auch weiterhin ein Hauptziel der irakischen Behörden sein sollte; in der Erwägung, dass die EU alles daransetzen sollte, um europäische Unternehmen durch starke Anreize zu motivieren, Maßnahmen zur Bekämpfung der Korruption im Irak zu unterstützen; in der Erwägung, dass die irakischen Behörden die Einnahmen des Landes aus dem Erdölgeschäft als Mittel und Grundlage für einen tragfähigen sozialen und wirtschaftlichen Wiederaufbau nutzen sollten, von dem die gesamte irakische Gesellschaft profitiert, und sich für einen Prozess der demokratischen Reform einsetzen sollten; |
L. |
in der Erwägung, dass die irakischen Sicherheitskräfte nach dem Abzug der amerikanischen Streitkräfte aus dem Irak Ende des Jahres 2011 eine hohe Verantwortung für die Stabilität und die langfristige Tragfähigkeit des Landes zu tragen haben; |
M. |
in der Erwägung, dass nach Angaben des Amtes des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen bisher 1,5 Millionen Iraker, darunter 500 000 Obdachlose, innerhalb des Landes vertrieben wurden, und dass 230 000 Iraker in Nachbarländer, hauptsächlich nach Syrien und Jordanien, geflohen sind; |
N. |
in der Erwägung, dass es sich beim irakischen Teil Kurdistans um einen relativ friedlichen und stabilen Landesteil handelt, in dem sowohl bei der internationalen Entwicklungszusammenarbeit als auch bei privaten Investitionen ein Anstieg zu verzeichnen ist; |
O. |
in der Erwägung, dass die Zahl der Bombenanschläge und Schießereien trotz einer erheblichen Verbesserung der Sicherheitslage nach wie vor hoch und Gewalt an der Tagesordnung ist, wodurch die Zukunft der meisten Iraker ungewiss ist und eine Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Integration der irakischen Bevölkerung insgesamt verhindert wird; |
P. |
in der Erwägung, dass die Europäische Union mit Blick auf die Förderung der Stabilität in der Region ihren Teil der Verantwortung für den Aufbau eines neuen, demokratischen Irak übernehmen sollte, und dass die EU-Politik gegenüber dem Irak dem größeren Kontext der strategischen Partnerschaft der Union mit den südlichen Nachbarschaftsländern und dem Nahen Osten entsprechen sollte; |
Q. |
in der Erwägung, dass die wichtigsten Herausforderungen im Bereich des Wiederaufbaus und der Normalisierung institutioneller und sozialer Natur sind, das heißt, es gilt, institutionelle und administrative Kapazitäten aufzubauen, die Rechtsstaatlichkeit zu konsolidieren und die Gesetze sowie die Achtung der Menschenrechte durchzusetzen; |
R. |
in der Erwägung, dass die EU den Einsatz ihrer Ressourcen an den konkreten internen, regionalen und humanitären Problemen des Irak ausrichten sollte und dass Effizienz, Transparenz und Sichtbarkeit Voraussetzungen für eine stärkere Rolle der EU im Irak sind; |
S. |
in der Erwägung, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten dem Irak seit 2003 Finanzhilfen in Höhe von insgesamt mehr als 1 Milliarde Euro zur Verfügung gestellt haben, wobei diese Hilfe vor allem über den Internationalen Wiederaufbaufonds für den Irak (IRFFI) bereitgestellt wurde, und dass die Union durch ihre ESVP-Mission EUJUST LEX seit 2005 unmittelbar an der stärkeren Durchsetzung der Rechtsstaatlichkeit im Lande mitgewirkt hat; in der Erwägung, dass das Mandat der Mission EUJUST LEX bis zum 31. Dezember 2013 verlängert wurde; |
T. |
in der Erwägung, dass die EU durch den Abschluss des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens über einen neuen Vertragsrahmen für den Aufbau langfristiger politischer und wirtschaftlicher Beziehungen mit dem Irak und eine solide Grundlage für die Förderung und Achtung der Menschenrechte in dem Land verfügt; |
U. |
in der Erwägung, dass der Irak im Hinblick auf die Sicherstellung einer stärkeren Diversifizierung der Energiequellen ein wichtiger Partner und folglich für die Absicherung der Energieversorgung Europas von Bedeutung sein kann; |
1. |
begrüßt den Abschluss der Verhandlungen über ein Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Republik Irak, durch das erste vertragliche Beziehungen zwischen beiden Parteien hergestellt werden; begrüßt die Einsetzung eines Kooperationsrates, eines Kooperationskomitees und eines parlamentarischen Kooperationsausschusses im Rahmen des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens und erwartet, dass diese Foren dem politischen Engagement der Union im Irak auf höchster Ebene neuen Schwung verleihen, und zwar in Form regelmäßiger politischer Gespräche sowie der Entwicklung von Wirtschaftsbeziehungen mit den staatlichen Stellen des Irak innerhalb der höchstrangigen Gremien; |
2. |
vertritt die Ansicht, dass durch die politischen und handelspolitischen Bestimmungen des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens die Grundlagen für einen regelmäßigen, engeren politischen Dialog über Fragen von bilateraler, regionaler und globaler Bedeutung gelegt werden, und dass damit gleichzeitig die Voraussetzungen für den Handel zwischen dem Irak und der EU verbessert werden sollen, indem die Entwicklungs- und Reformbemühungen des Irak mit Blick auf eine Erleichterung der Integration des Landes in die Weltwirtschaft unterstützt werden; |
3. |
unterstützt den Prozess des Beitritts des Irak zur Welthandelsorganisation und unterstreicht, dass die Umsetzung des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens einen wichtigen Beitrag zu diesem Prozess leisten sollte; |
4. |
hebt hervor, dass die Vertragsparteien nach der Sonderklausel („Wesentliche Elemente“) über die Bekämpfung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, die Teil des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens ist, verpflichtet sind, aktiv zur nuklearen Abrüstung beizutragen und die geplante VN-Konferenz zur Schaffung einer von Massenvernichtungswaffen freien Zone im Nahen Osten in jeder Hinsicht zu unterstützen; |
5. |
begrüßt die im Partnerschafts- und Kooperationsabkommen enthaltene Klausel über die Zusammenarbeit zwischen der EU und dem Irak hinsichtlich des Beitritts des Irak zum Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH); hebt hervor, dass die EU in Bezug auf die Ratifizierung des Römischen Statuts durch den Irak und den Beitritt dazu zu dem für den Irak nächstmöglichen Zeitpunkt sowie bezüglich der Umsetzung der internationalen Menschenrechtsstandards und -instrumente maximale Unterstützung leisten muss da es sich hierbei um eine Angelegenheit oberster Priorität handelt; fordert die EU-Mitgliedstaaten und den Irak auf, die am 11. Juni 2010 angenommenen Änderungen am Statut des IStGH zu ratifizieren; begrüßt die im Partnerschafts- und Kooperationsabkommen enthaltene Klausel über die Zusammenarbeit bei der Förderung und beim wirksamen Schutz der Menschenrechte im Irak, mit dem Vorbehalt, dass Versäumnisse des Iraks in Bezug auf den Schutz, die Stärkung und die Achtung der Menschenrechte sich negativ auf die Programme für die Zusammenarbeit und die wirtschaftliche Entwicklung auswirken; hebt hervor, dass stets eine strikte Konditionalität nach dem Grundsatz „Mehr für mehr“ gelten und stärker verdeutlicht werden muss, dass wesentliche Fortschritte im Bereich Menschenrechte im Irak ausschlaggebend sind; begrüßt die Zusage der irakischen Regierung, sich für einen wirksamen Dialog mit der Zivilgesellschaft und deren wirksame Einbeziehung einzusetzen; |
6. |
hebt hervor, dass es im politischen Dialog zwischen der EU und den irakischen Behörden in erster Linie um Menschenrechtsfragen und die öffentlichen und individuellen Grundfreiheiten — insbesondere vor dem Hintergrund der fortwährenden Vorwürfe wegen Verstößen gegen die Menschenrechte — und den Schutz der Rechte der religiösen und ethnischen Minderheiten gehen muss und dass dieser Dialog außerdem auf die Stärkung der demokratischen Institutionen, die Rechtsstaatlichkeit, eine verantwortungsvolle Staatsführung, transparente Entscheidungsprozesse, ordnungsgemäße Verfahren und nationale Aussöhnung ausgerichtet sein sollte; fordert die irakische Regierung nachdrücklich auf, auf die nationale Aussöhnung der äußerst zersplitterten irakischen Gesellschaft hinzuarbeiten; |
7. |
betont, dass dem politischen Dialog mit der irakischen Regierung über die Abschaffung der Todesstrafe und der Unterstützung der Grundprinzipien der Europäischen Union absoluter Vorrang eingeräumt werden muss; fordert die irakische Regierung auf, als einen ersten Schritt die Todesstrafe abzuschaffen, und unverzüglich ein Moratorium für Hinrichtungen zu verkünden und umzusetzen; |
8. |
begrüßt die Einsetzung des Parlamentarischen Kooperationsausschusses im Rahmen des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens, der ein Forum des irakischen Parlaments und des Europäischen Parlaments für Treffen und den Meinungsaustausch sein und über die Empfehlungen des Kooperationsrats informiert werden sowie Empfehlungen an den Rat aussprechen wird; unterstützt diese wichtige parlamentarische Dimension und vertritt die Ansicht, dass ein solcher Ausschuss wertvolle Möglichkeiten für einen demokratischen Dialog und die Förderung der Demokratie im Irak bieten wird; |
9. |
bekräftigt sein Engagement für die Entwicklung der parlamentarischen Demokratie und erinnert an seine im Rahmen des Haushaltsverfahrens 2008 ergriffene Initiative, den Aufbau der Demokratie in Zusammenarbeit mit den Parlamenten von Drittländern zu unterstützen; bekräftigt seine Bereitschaft zur aktiven Unterstützung des irakischen Rates der Volksvertreter, indem Initiativen vorgeschlagen werden, mit denen die Fähigkeit der gewählten Volksvertreter des Irak verbessert werden soll, ihre verfassungsmäßige Rolle zu erfüllen, und mit denen die Weitergabe von Erfahrungen in den Bereichen einer wirksamen Verwaltung und der Personalschulung gefördert werden soll; |
10. |
unterstreicht, wie wichtig es ist, die notwendigen Bedingungen für einen starken technischen Dialog und die Zusammenarbeit mit dem Irak und für die ständige Unterstützung seiner Verwaltung zu schaffen, sodass angemessene internationale Normen für Verträge und Auftragsvergabe eingeführt sowie vollständig umgesetzt und die Investitionsmöglichkeiten verbessert werden können; |
11. |
fordert den Irak auf, den Vertrag über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen möglichst bald zu ratifizieren; |
12. |
begrüßt die Eröffnung einer Vertretung der EU in Bagdad und die Ernennung des Leiters dieser EU-Vertretung; erinnert jedoch daran, dass die EU-Vertretung mit Räumlichkeiten sowie personellen und materiellen Ressourcen ausgestattet werden muss, die dem erklärten Anspruch der EU entsprechen, beim Übergang des Irak zu Demokratie eine wichtige Rolle zu spielen, und so bemessen sein müssen, dass die Vertretung voll funktionsfähig ist; hebt hervor, dass der Leiter der Vertretung unbedingt in völliger Sicherheit in alle Landesteile reisen können muss, damit die Möglichkeit besteht, die ordnungsgemäße Umsetzung der von der Europäischen Union finanzierten Programme, die Lage der Menschenrechte und den Reformprozess zu überwachen; |
13. |
hebt hervor, wie wichtig für die Zukunft des Irak die von den führenden politischen Vertretern des Landes erzielte politische Übereinkunft zur Bildung einer Regierung der nationalen Einheit ist, die die politische, religiöse und ethnische Vielfalt der irakischen Gesellschaft entsprechend widerspiegelt und dem vom irakischen Volk bei den Parlamentswahlen vom 7. März 2010 zum Ausdruck gebrachten Willen entspricht; fordert die sofortige vollständige Umsetzung dieser Übereinkunft, und fordert die politischen Kräfte im Irak auf, sich weiter mit vereinten Kräften für den Aufbau starker und tragfähiger demokratischer Institutionen einzusetzen und sowohl auf lokaler als auch auf nationaler Ebene die Voraussetzungen für freie und faire Wahlen zu schaffen, die für den demokratischen Wandel von entscheidender Bedeutung sind; weist darauf hin, dass die Umsetzung dieser Übereinkunft die einzige gangbare Lösung für die Einleitung einer wirklichen nationalen Aussöhnung sein könnte; bekräftigt, dass ständige Minister für das Verteidigungsministerium und das Innenministerium ernannt werden müssen, um eine Konzentration der Macht zu verhindern und in Bezug auf alle sicherheitspolitischen Fragen den demokratischen Dialog und die demokratische Kontrolle zu fördern und für politische Verantwortung und Rechenschaft zu sorgen; |
14. |
ist besorgt über die zunehmenden religiös motivierten Spannungen und das tiefe Misstrauen zwischen der irakischen Regierung und der Opposition, die, sollten keine entsprechenden Lösungen gefunden werden, einen erneuten Ausbruch gewaltsamer Konflikte zu provozieren drohen; ist äußerst besorgt über etwaige negative Auswirkungen des Konflikts in Syrien auf den Irak, wodurch sich die religiös motivierten Spannungen im Irak weiter verschärfen könnten, und fordert alle Akteure im Irak auf, sich verantwortungsvoll zu verhalten und Zurückhaltung zu üben, um ein solches Szenario zu vermeiden; |
15. |
fordert die irakische Regierung auf, dafür zu sorgen, dass die Ressourcen des Landes auf transparente und verantwortungsvolle Art und Weise zum Nutzen des gesamten irakischen Volkes verwendet werden; |
16. |
fordert die Kommission auf, auf der Grundlage der Grundsätze der sozialen Verantwortung von Unternehmen, die auf internationaler Ebene — unter anderem in der 2010 aktualisierten Fassung der OECD-Leitsätze und in den entsprechenden Normen der Vereinten Nationen, der IAO und der EU — festgelegt wurden, eine rechtsverbindliche Klausel zur sozialen Verantwortung von Unternehmen auszuarbeiten, die auf einer der ersten Sitzungen des Kooperationsrats zur Prüfung vorgelegt werden kann; ist der Auffassung, dass diese Klausel geltende Normen und Konzepte in sich vereinen sollte, damit für Vergleichbarkeit und Fairness gesorgt ist, und dass darin auch Maßnahmen vorgesehen werden sollten, mit denen — beispielsweise in Form von Vorschriften zur Überwachung der Tätigkeiten von Unternehmen, deren Tochterunternehmen und Zulieferern — dafür gesorgt wird, dass diese Grundsätze auf EU-Ebene umgesetzt werden und dies mit der gebührenden Sorgfalt sichergestellt wird; |
17. |
ist jedoch weiterhin tief besorgt über die anhaltende Gewalt gegen die Zivilbevölkerung, schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen und Religionsgemeinschaften, wie die christlichen Minderheiten, aufgrund derer die Bevölkerung in einem tief sitzenden Gefühl der Angst und der Unsicherheit in Bezug auf ihre Zukunft und die Zukunft ihres Landes lebt; weist darauf hin, dass in diesem Bereich einige Fortschritte erzielt wurden, und fordert die irakischen Behörden auf, sich weiter im ganzen Land für mehr Sicherheit und für die öffentliche Ordnung einzusetzen und Terrorismus und religiös motivierte Gewalt zu bekämpfen; vertritt die Ansicht, dass die Schaffung eines neuen Rechtsrahmens, in dem die Zuständigkeiten und das Mandat der Sicherheitskräfte klar festgelegt werden und der — wie in der Verfassung gefordert — die Grundlage für eine entsprechende Kontrolle der Sicherheitskräfte bietet, ebenfalls vorrangig behandelt werden sollte; vertritt die Auffassung, dass der Repräsentantenrat bei der Ausarbeitung neuer Rechtsvorschriften eine angemessene Rolle spielen und seine demokratische Kontrollfunktion ausüben muss; fordert die staatlichen Stellen des Irak auf, ihre Anstrengungen zum Schutz der christlichen und aller anderen schutzbedürftigen Minderheiten des Landes zu intensivieren, allen irakischen Bürgern das Recht auf freie und sichere Ausübung ihres Glaubens zu garantieren, entschlossener gegen Gewalt zwischen den Bevölkerungsgruppen und den Religionen vorzugehen, die säkulare Bevölkerung zu schützen und alles in ihrer Macht Stehende zu unternehmen, um die Täter nach rechtsstaatlichen Grundsätzen und gemäß den geltenden internationalen Normen gerichtlich zur Verantwortung zu ziehen; vertritt die Ansicht, dass das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen eine Gelegenheit bietet, um Aussöhnungsprogramme und den interreligiösen Dialog weiter voranzubringen und auf diesem Wege in der irakischen Gesellschaft wieder ein Gefühl der Zusammengehörigkeit und der Partnerschaft herzustellen; |
18. |
weist darauf hin, dass es die humanitären Probleme des irakischen Volkes dringend zu lösen gilt; betont, dass bei den zwischen den staatlichen Stellen des Irak und den vor Ort tätigen internationalen Geberorganisationen koordinierten Maßnahmen unbedingt darauf geachtet werden muss, dass schutzbedürftige Gruppen, auch Flüchtlinge und Vertriebene, Unterstützung erhalten, dass diese Menschen geschützt werden und dass entsprechend für ihre Sicherheit und Würde gesorgt wird; |
19. |
stellt mit Besorgnis fest, dass nach Angaben des UNHCR seit Beginn des Krieges 34 000 syrische Flüchtlinge im irakischen Teil Kurdistans Zuflucht gesucht haben, und ersucht die irakischen Behörden um Unterstützung bei der Bewältigung des Flüchtlingsstroms in den Irak, indem insbesondere dafür gesorgt wird, dass diese Flüchtlinge aus humanitären Gründen im Land aufgenommen und in Flüchtlingslager gebracht werden; fordert die EU ferner nachdrücklich auf, die irakische Regierung bei der Schaffung menschenwürdiger Lebensbedingungen in solchen Flüchtlingslagern zu unterstützen und entsprechende Verpflichtungen zu übernehmen; |
20. |
erkennt das Engagement der staatlichen Stellen des Irak an, wobei es diese jedoch auffordert, die Sicherheit und menschenwürdige Lebensbedingungen für die Bewohner von Camp Ashraf und Camp Hurriya sicherzustellen; fordert die Mitgliedstaaten zur Anerkennung des Artikels 105 Absatz 3 Buchstabe b und Absatz 4 des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens EU-Irak auf und ersucht sie, alles in ihrer Macht Stehende zu unternehmen, um auf eine freiwillige personenweise Wiederansiedlung oder Rückführung der Bewohner von Camp Hurriya hinzuwirken, damit das Problem ihrer Ansiedlung auf irakischem Staatsgebiet endlich gelöst werden kann; |
21. |
fordert, dass die Verfassung, das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung dahingehend geändert werden, dass dafür gesorgt ist, dass die Gleichheit von Mann und Frau sowie die Rechte der Frau umfassend geachtet werden; bekräftigt erneut die Schlüsselrolle, die Frauen bei der Wiederherstellung des gesellschaftlichen Gefüges spielen können, und hebt hervor, dass ihnen — auch bei der Erarbeitung nationaler Strategien — umfassende politische Teilhabe ermöglicht werden muss, damit ihr Standpunkt berücksichtigt werden kann; |
22. |
fordert nichtstaatliche Organisationen auf, zur Stärkung der Demokratie und der Menschenrechte im Irak beizutragen, indem sie Frauen, die Opfer von Gewalt, Zwangsehen, Ehrenverbrechen, Menschenhandel oder Genitalverstümmelungen geworden sind, gezielt unterstützen; |
23. |
fordert das irakische Parlament und die irakische Regierung nachdrücklich auf, Gesetze gegen Kinderarbeit, Kinderprostitution und Kinderhandel zu erlassen und die Einhaltung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes sicherzustellen; |
24. |
fordert, dass der Einbeziehung von Frauen in den Prozess des Wiederaufbaus nach dem Konflikt sowie auf den höchsten Ebenen des politischen und wirtschaftlichen Lebens besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird — vor allem bei Frauen, die Minderheiten angehören und oft doppelt — sowohl aufgrund ihres Geschlechts als auch aufgrund ihrer ethnischen oder religiösen Zugehörigkeit — diskriminiert werden; fordert die staatlichen Stellen des Irak nachdrücklich auf, die Maßnahmen zu ergreifen, die für die Entstehung einer auf Eingliederung bedachten Zivilgesellschaft, die umfassend am politischen Prozess beteiligt ist, notwendig sind, und unabhängige, pluralistische und professionell arbeitende Medien zu fördern; |
25. |
ist äußerst besorgt über die zahlreichen Selbstmorde von Frauen bzw. Ehrenmorde in Verbindung mit Zwangsehen, sowie andere verbreitete Fälle von Gewalttaten wie Genitalverstümmelungen und Gewalt in der Familie; hebt hervor, dass dringend ein geeigneter und wirksamer Korpus an Rechtsvorschriften zum Schutz und zur Wahrung der Rechte von Frauen und Mädchen und ihrer sozialen und kulturellen Integrität und körperlichen Unversehrtheit geschaffen und darauf hingewirkt werden muss, dass Frauen in Bezug auf ihre sozioökonomische Integration in der Gesellschaft nicht eingeschränkt werden, sowie dass die Diskriminierung von Frauen gemäß dem Gesetz im Einklang mit der irakischen Verfassung und den internationalen vertraglichen Verpflichtungen des Irak im Bereich Menschenrechte beseitigt werden muss; |
26. |
begrüßt das gemeinsame Strategiepapier der Kommission (2011-2013), das den Übergang zu einer Mehrjahresplanung in der Entwicklungszusammenarbeit der EU kennzeichnet, die sich auf Konsultationen der staatlichen Stellen des Irak und auf die Abstimmung mit anderen im Irak tätigen internationalen Akteuren (Weltbank, Vereinte Nationen) stützt; weist darauf hin, dass dieser neue Ansatz mit den in seiner Empfehlung an den Rat vom 13. März 2008 dargelegten wichtigsten Leitlinien im Einklang steht; |
27. |
würdigt die Erfolge der Mission EUJUST LEX sowie die Tatsache, dass erstmals in Zusammenarbeit mit der Kommission koordinierte Pilotprojekte im Irak umgesetzt wurden; fordert nachdrücklich, dass die EU nach Abschluss dieser Mission alle unter Rückgriff auf Instrumente sowohl der ESVP als auch der EU gewonnenen Erfahrungen dazu nutzen sollte, um die Hilfe vor Ort fortzusetzen und das irakische Polizei- und Strafrechtssystem zu stärken; |
28. |
bekräftigt seine Forderung nach Vorlage von Belegen für die Transparenz und Wirksamkeit der Hilfe der Union für den Irak in Form erschöpfender, regelmäßiger und transparenter Informationen über die tatsächliche Auszahlung von Finanzhilfen der Union sowie deren Verwendungszweck, insbesondere hinsichtlich der über den IRFFI fließenden Mittel, dessen wichtigster Geber die EU ist; |
29. |
stellt fest, dass die im Bereich gesellschaftliche und menschliche Entwicklung geplanten Kooperationsmaßnahmen der EU darauf ausgerichtet sind, dass im Interesse jedes einzelnen — auch besonders schutzbedürftiger Gruppen wie Flüchtlinge, Vertriebene und der religiösen Minderheiten — die Armut bekämpft, die Grundversorgung im Gesundheitswesen, im Bildungswesen und bei der Beschäftigung sichergestellt und die Grundfreiheiten gestärkt werden; fordert mit Nachdruck, dass all diese Maßnahmen so umgesetzt werden, dass die Kapazitäten und die Institutionen gestärkt und die Grundsätze Inklusion, Transparenz und verantwortungsvolle Staatsführung gewahrt werden; |
30. |
hebt die empfindliche geopolitische Lage des Irak mit Blick auf seine Nachbarn Syrien, Iran, Türkei, Saudi-Arabien und Jordanien hervor; erwartet, dass der Irak in der Region eine stabilisierende Rolle übernimmt, namentlich mit Blick auf den anhaltenden Bürgerkrieg in Syrien; erwartet, dass der Irak sich für einen demokratischen und inklusiven Übergang in Syrien einsetzt; |
31. |
begrüßt die vor kurzem erfolgte Einsetzung der Hohen Irakischen Kommission für Menschenrechte, einer unabhängigen Einrichtung, die dafür sorgen kann, dass die durch die irakische Verfassung verbürgten Rechte praktische Anwendung finden, und die eine zentrale Rolle beim Schutz dieser Rechte spielen kann; hebt hervor, dass diese Einrichtung unbedingt von politischem Einfluss unabhängig bleiben und angemessen, zuverlässig und unabhängig finanziert werden muss, damit sie ihre Aufgaben wahrnehmen kann; hebt hervor, dass Regierungsorgane im Zusammenhang mit den Ermittlungen regelmäßig, transparent und dauerhaft mit der Kommission zusammenarbeiten müssen; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Entwicklung dieser Kommission durch technische Hilfe, einen ständigen Dialog und Erfahrungsaustausch über Maßnahmen zum Schutz der Menschenrechte zu unterstützen; |
32. |
beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Präsidenten des Europäischen Rates, dem Präsidenten der Europäischen Kommission, der Vizepräsidentin der Europäischen Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Präsidenten der Parlamente der Mitgliedstaaten sowie der Regierung und dem Repräsentantenrat der Republik Irak zu übermitteln. |
(1) ABl. L 204 vom 31.7.2012, S. 20.
(2) ABl. C 298 E vom 8.12.2006, S. 287.
(3) ABl. C 66 E vom 20.03.2009, S. 75.
(4) ABl. C 99 E vom 3.4.2012, S. 115.
(5) ABl. C 136 E vom 11.5.2012, S. 53.