6.3.2014   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 67/16


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Eine integrativere, zuwandererfreundliche Bürgerschaft“ (Initiativstellungnahme)

2014/C 67/04

Berichterstatter: Luis Miguel PARIZA CASTAÑOS

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss beschloss am 14. Februar 2013 gemäß Artikel 29 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung, eine Initiativstellungnahme zu folgendem Thema zu erarbeiten:

Eine integrativere, zuwandererfreundliche Bürgerschaft

(Initiativstellungnahme).

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft nahm ihre Stellungnahme am 3. Oktober 2013 an.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 493. Plenartagung am 16./17. Oktober 2013 (Sitzung vom 16. Oktober) mit 176 gegen 10 Stimmen bei 14 Enthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Empfehlungen und Vorschläge

1.1

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) weist darauf hin, dass in den letzten zehn Jahren wichtige Schritte zur Gleichstellung in den mit der Unionsbürgerschaft verbundenen Rechten, Freiheiten und Garantien unternommen wurden, die das Kriterium des Aufenthalts gegenüber dem der Staatsangehörigkeit gestärkt haben. Die Unionsbürgerschaft entwickelt sich hin zu einer Aufenthaltsbürgerschaft, die an die Charta der Grundrechte und die im Vertrag (AEUV) verankerten Werte und Grundsätze geknüpft ist.

1.2

Dies ist ein guter Zeitpunkt, um im Rahmen einer Bewertung zu untersuchen, wo noch etwas zu tun ist und wo die Hürden liegen, die die Entwicklung einer stärker integrativen, partizipativen und zivilbürgerlichen Unionsbürgerschaft, die der Eingliederung der sich dauerhaft in der EU aufhaltenden Menschen offensteht, noch behindern.

1.3

Wir Europäerinnen und Europäer des 21. Jahrhunderts stehen vor der großen Herausforderung, unsere Demokratie auf breitere Grundlagen zu stellen, indem wir Neubürger einbeziehen, die in Rechten und Pflichten gleichgestellt sind. Dazu muss das Recht auf die Staatsangehörigkeit der Mitgliedstaaten und auf die Unionsbürgerschaft alle Menschen mit Migrationshintergrund einschließen, die eine große nationale, ethnische, religiöse und kulturelle Vielfalt einbringen. Der Ausschuss ist der Meinung, dass die europäischen Demokratien freie und offene Gesellschaften sind und auf der Integration aller Bürgerinnen und Bürger unabhängig von deren Herkunft und Bezugssystem beruhen müssen.

1.4

Der EWSA schlägt vor, Überlegungen darüber anzustellen, inwiefern die aktuellen rechtlichen und politischen Grundlagen der europäischen Einwanderungspolitik, der Unionsbürgerschaft und der Integration für die immer stärker pluralistisch und von größerer Vielfalt geprägte europäische Gesellschaft von heute ausreichen.

1.5

Durch die Wirtschaftskrise wurden der Schutz der Grundrechte, die Integration und die Bekämpfung von Diskriminierung aus der politischen Agenda verdrängt. Der EWSA warnt vor der Gefahr einer Zunahme von Intoleranz, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit gegenüber Einwanderern und Minderheiten. Die Entscheidungsträger in Politik, Gesellschaft und Medien müssen sehr verantwortungsvoll vorgehen und eine wichtige politische und soziale Vorbildfunktion übernehmen, um solchen Einstellungen vorzubeugen. Auch die EU-Institutionen müssen beim Schutz der Grundrechte entschieden handeln.

1.6

Der Ausschuss möchte all denen ein klares Signal senden, die die nationale und die europäische Identität von der Warte eines ausgrenzenden Nationalismus aus so definieren, dass Millionen Menschen aufgrund ihrer nationalen Herkunft von den Bürgerschaftsrechten ausgeschlossen bleiben und nur eine schwache Rechtsstellung haben. Die Qualität der Demokratie in Europa muss verbessert werden, indem der Zugang zur Staatsangehörigkeit der Mitgliedstaaten und zur Unionsbürgerschaft erweitert wird.

Empfehlungen an die Mitgliedstaaten

1.7

Da viele Mitgliedstaaten restriktive Gesetze für den Zugang zur Staatsbürgerschaft haben, empfiehlt ihnen der EWSA, flexiblere Rechtsvorschriften und Verwaltungsverfahren zu erlassen, damit langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige ihre Staatsbürgerschaft erwerben können (1).

1.8

Der Ausschuss fordert die Mitgliedstaaten auf, Abkommen mit den Herkunftsländern der Einwanderer zu unterzeichnen, damit diese die doppelte Staatsbürgerschaft haben können.

1.9

Die Mitgliedstaaten müssen das Europäische Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit von 1997 und das Übereinkommen über die Beteiligung von Ausländern am kommunalen öffentlichen Leben von 1992 unterzeichnen und ratifizieren und in ihrer Politik für den Erwerb und Verlust der Staatsangehörigkeit die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, des wirksamen Rechtsbehelfs und der Nichtdiskriminierung wahren.

1.10

Der EWSA nimmt die Hürden zur Kenntnis, die einige Mitgliedstaaten bei den politischen Rechten – dem Wahl- und Versammlungsrecht und dem Recht auf politische Teilnahme – weiter aufrechterhalten, und empfiehlt ihnen, ihre Vorschriften zu ändern, damit die sich dauerhaft aufhaltenden Drittstaatsangehörigen über politische Rechte verfügen.

Vorschlag für die Reform des Vertrags

1.11

Die Europäische Union sollte bei der Eröffnung eines neuen Verfahrens zur Reform des Vertrags (AEUV) Artikel 20 dahingehend ändern, dass als Unionsbürger auch diejenigen Drittstaatsangehörigen gelten, die dauerhaft in der EU leben und über einen langfristigen Aufenthaltstitel verfügen.

1.12

Es muss das Kriterium des Aufenthalts verwendet werden, um die Unionsbürgerschaft zu erlangen. Wie der EWSA in einer früheren Stellungnahme (2) darlegte, ist der Aufenthalt nach europäischem Recht bereits ein Kriterium, um Drittstaatsangehörigen verschiedene wirtschaftliche, soziale, kulturelle und zivilbürgerliche Rechte und Freiheiten zuzuerkennen. Viele dieser Rechte ähneln zwar der Unionsbürgerschaft, in der Praxis sind einige politische Rechte wie das Wahlrecht derzeit jedoch ausgeschlossen. Der EWSA möchte erneut hervorheben, dass "der dauerhafte rechtmäßige Aufenthalt […] ein Grund für den Zugang zur Unionsbürgerschaft sein [muss]" (3).

Vorschlag für die Organe der EU

1.13

Die Charta der Grundrechte der EU hat rechtsverbindliche Wirkung und schafft einen neuen Rahmen für die europäische Einwanderungs-, Integrations- und Bürgerschaftspolitik. Die Kommission muss analysieren, in welcher Weise die Charta den Status und die Rechte von Drittstaatsangehörigen betrifft, um neue Initiativen auf den Weg bringen zu können, die die Einwanderungsgesetzgebung an die Garantien der Charta anpasst.

1.14

In der Charta werden die allgemeinen Grundlagen eines neuen Konzepts der Zivilbürgerschaft (mit einem Grundbestand an gemeinsamen Rechten und Pflichten) für Drittstaatsangehörige festgelegt. Der Ausschuss schlägt vor, die Entwicklung dieser Zivilbürgerschaft zu einer der Prioritäten in dem neuen politischen Programm zu machen, das von 2014 an auf das Stockholmer Programm folgt.

1.15

Die EU muss einen Einwanderungskodex aufstellen, der mehr Transparenz und Rechtsklarheit hinsichtlich der Rechte und Freiheiten der sich in der EU aufhaltenden Drittstaatsangehörigen bietet. Der Ausschuss ist der Auffassung, dass das EU-Einwanderungsrecht die Gleichbehandlung und das Diskriminierungsverbot garantieren muss.

1.16

Die Kommission muss die Probleme bewerten, die beim Schutz der Grundrechte von Drittstaatsangehörigen in der Praxis in den Mitgliedstaaten fortbestehen, insbesondere in Bezug auf die sozialen Rechte, die Mobilität und den Zugang zu wirksamem Rechtsbehelf.

1.17

Die Kommission muss die Hindernisse prüfen, die von einigen Mitgliedstaaten bei der Anwendung des Status des langfristigen Aufenthalts und der Blauen Karte ("Blue Card") (4) weiter aufrechterhalten werden, sowie die Verletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten, die gegen das EU-Recht verstoßen, wirksam zum Abschluss bringen.

1.18

Im Rahmen der Integrationsagenda muss die Kommission eine Evaluierung der Verfahren und Hindernisse vornehmen, die in den Mitgliedstaaten bei Erwerb und Verlust der Staatsangehörigkeit bestehen, sowie ihre Auswirkungen auf die Unionsbürgerschaft bewerten.

1.19

Der EWSA fordert die Europäische Kommission auf, einen Bericht über den Stand der Diskussion in der EU über das Übereinkommen der Vereinten Nationen zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen (5) zu erarbeiten. Die Kommission sollte die Voraussetzungen für die Ratifizierung dieses Übereinkommens schaffen.

2.   Die Unionsbürgerschaft

2.1

2013 ist zum "Europäischen Jahr der Bürgerinnen und Bürger" ausgerufen worden. Die Unionsbürgerschaft ist eines der wirkungsvollsten Instrumente zur Herausbildung einer gemeinsamen Identität aller Europäerinnen und Europäer. Von großer Aktualität ist nach Meinung des Ausschusses der politische Grundgedanke, auf dem die EU schon seit ihren Anfängen beruht, nämlich der Ausspruch Jean Monnets: "Wir vereinigen keine Staaten, wir verbinden Menschen".

2.2

Die Unionsbürgerschaft ist keine leere Worthülse, sondern ein konkreter rechtlicher und politischer Status, der aus Rechten und Freiheiten besteht. Demokratie, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, Gleichheit und Menschenrechte sind die grundlegenden Werte der Europäischen Union (Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union).

2.3

Der EWSA ist der Ansicht, dass in diesen schwierigen Zeiten, vor dem Hintergrund der schweren wirtschaftlichen, sozialen und politischen Krise in Europa, innovative Strategien zur Förderung einer offeneren und integrativeren Bürgerschaft eingeführt werden müssen und das Vertrauen aller in der Europäischen Union lebenden Menschen gestärkt werden muss.

2.4

Die Europäische Kommission hat den zweiten Bericht über die Unionsbürgerschaft (Rechte und Zukunft der Bürgerinnen und Bürger der EU) veröffentlicht, in dem einige der bestehenden Hürden und Probleme untersucht werden. Der EWSA begrüßt den Bericht der Kommission, weist jedoch darauf hin, dass es keine aktive Politik für Drittstaatsangehörige gibt, die zwar ähnliche europäische Rechte und Freiheiten genießen, jedoch nicht die volle Bürgerschaft besitzen.

2.5

Der Ausschuss unternimmt derzeit zahlreiche Initiativen, um eine aktivere Unionsbürgerschaft zu propagieren; er macht jedoch auf das gravierende Problem aufmerksam, dass viele junge Menschen, die Nachfahren von Einwanderern der zweiten oder dritten Generation sind, schwerwiegender Diskriminierung und Ausgrenzung gegenüberstehen, die vor allem das Zugehörigkeitsgefühl zu einer Gesellschaft schwächen, die sie als "Bürger zweiter Klasse" erachtet.

3.   Europäische Integrationsagenda: die Beteiligung von Einwanderern am demokratischen Leben

3.1

Der EWSA schlug vor zehn Jahren vor, dass die Integration ein grundlegender Bestandteil der gemeinsamen Einwanderungspolitik sein sollte, und forderte diesbezüglich eine europäische Agenda. Der Rat billigte 2004 gemeinsame Grundprinzipien für die Integration, darunter Folgendes: "Entscheidende Voraussetzung für eine bessere Integration ist, dass Einwanderer gleichberechtigt Zugang zu den Institutionen sowie zu öffentlichen und privaten Gütern und Dienstleistungen erhalten". Und weiter: "Durch die Beteiligung von Einwanderern am demokratischen Prozess und an der Konzipierung integrationspolitischer Maßnahmen, insbesondere auf lokaler Ebene, wird ihre Integration unterstützt".

3.2

Die Europäische Kommission erarbeitet derzeit zusammen mit dem EWSA die Europäische Integrationsagenda, in der zahlreiche Aktivitäten zur Unterstützung der Mitgliedstaaten angestoßen werden. Der EWSA und die Kommission haben das Europäische Integrationsforum (6) eingerichtet, um die Teilhabe von Einwanderern und Organisationen der Zivilgesellschaft zu erleichtern.

3.3

Der Ausschuss hat zur Integrationsagenda mit mehreren Stellungnahmen beigetragen (7).

3.4

Das Forum hat die Bedeutung analysiert, die die Beteiligung der Einwanderer am demokratischen Prozess für die Einwanderung hat, und ist zu dem Schluss gelangt, dass Mitgliedstaaten, die den Einwanderern den Zugang zu den Bürgerschaftsrechten erleichtern, die Integration verbessern. Daher empfiehlt der Ausschuss den Mitgliedstaaten, im Rahmen ihrer nationalen Gesetzgebung flexiblere Rechtsvorschriften zu erlassen, damit langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige ihre Staatsangehörigkeit erhalten können.

3.5

Der Ausschuss begrüßt, dass Gewerkschaften, Arbeitgebervertreter und NRO eine integrationsfreundliche Haltung an den Tag legen und die Beteiligung von Einwanderern am demokratischen Leben ihrer Organisationen erleichtern. Die Zivilgesellschaft geht auf die Drittstaatsangehörigen zu, damit diese aktive Mitglieder der Organisationen werden.

3.6

Die Integration ist ein zweiseitiger sozialer Prozess der wechselseitigen Anpassung zwischen Einwanderern und Aufnahmegesellschaft, der durch gutes Regieren in der Europäischen Union sowie auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene unterstützt werden muss. Ein gemeinsamer europäischer Ansatz bringt einen erheblichen Mehrwert, da er die Integration mit den im Vertrag verankerten Werten und Grundsätzen, mit der Gleichbehandlung und dem Diskriminierungsverbot, mit der Charta der Grundrechte, der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Europa-2020-Agenda verknüpft.

3.7

Das EU-Einwanderungsrecht muss die Gleichbehandlung und das Diskriminierungsverbot garantieren. Erwähnenswert ist diesbezüglich die Frage der Rechte und Möglichkeiten im Zusammenhang mit der Verwendung der Muttersprache und der Religionsausübung. Der Ausschuss erachtet die Initiative der Kommission für eine Richtlinie (8) über Maßnahmen zur Erleichterung der Ausübung der Rechte, die europäischen Arbeitnehmern im Rahmen der Freizügigkeit zustehen, als sehr positiv.

3.8

Der EWSA hat vorgeschlagen, dass alle in der EU lebenden Menschen unabhängig von ihrem Migrationsstatus oder ihrer Staatsangehörigkeit eine gerechte Behandlung erfahren müssen, weshalb einige der derzeitigen Beschränkungen für den Status der Unionsbürgerschaft überwunden werden müssen.

4.   Staatsangehörigkeit, Aufenthalt und Unionsbürgerschaft

4.1

Der Ausschuss möchte neue Überlegungen über die Natur der Unionsbürgerschaft anstoßen, insbesondere in Bezug auf sich rechtmäßig und dauerhaft in der EU aufhaltende Drittstaatsangehörige. Es ist eine Rückkehr zu dem ursprünglich in den Schlussfolgerungen des Rates von Tampere (9) festgelegten Konzept erforderlich. Die in Tampere (10) vereinbarte gerechte und gleiche Behandlung von Unionsbürgern und Drittstaatsangehörigen ist nach wie vor eine politische Priorität, da die Ziele auch nach 14 Jahren gemeinsamer Einwanderungspolitik nicht erreicht wurden.

4.2

Es obliegt den Mitgliedstaaten, die Staatsangehörigkeit aufgrund ihrer eigenen Gesetzgebung zu gewähren, da der Vertrag der EU keine Zuständigkeit für eine Harmonisierung der Rechtsvorschriften überträgt, die daher eine Angelegenheit der nationalen Souveränität ist.

4.3

Indessen entwickeln in allen Mitgliedstaaten Migrantenorganisationen und andere NRO Initiativen und Debatten, um die Fristen zu verringern und die Verfahren zur Einbürgerung und zum Erhalt der Staatsbürgerschaft für die Einwanderer flexibler zu gestalten sowie die Integration zu erleichtern, da weder Gesellschaften noch Staaten integrativ sind, die zahlreiche dauerhaft in ihnen lebende Menschen von der Gleichbehandlung und den Rechten auf Teilhabe ausschließen.

4.4

Der Begriff der Unionsbürgerschaft ist in den Verträgen, im Gemeinschaftsrecht und in der Charta der Grundrechte fest verankert. Im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und insbesondere in Artikel 20 heißt es: "Unionsbürger ist, wer die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt. Die Unionsbürgerschaft tritt zur nationalen Staatsbürgerschaft hinzu, ersetzt sie aber nicht". Die Staatsangehörigkeit bzw. ihr Erwerb oder Verlust gemäß den einzelnen innerstaatlichen Rechtsordnungen ist somit der "Generalschlüssel" zur Unionsbürgerschaft (11).

4.5

Die enge Verbindung zwischen dem Status der Unionsbürgerschaft und der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats steht seit Einführung der Unionsbürgerschaft 1992 mit dem Vertrag von Maastricht im Mittelpunkt zahlreicher Diskussionen und Kritik. Diese Verknüpfung impliziert im Grunde den formalen Ausschluss von Drittstaatsangehörigen, die sich rechtmäßig in der EU aufhalten, von der Unionsbürgerschaft, sodass diese Menschen in den europäischen Debatten über die Bürgerschaft und in der Teilhabe an der Politik und am demokratischen Leben "unsichtbar" geblieben sind.

4.6

Eine restriktive Lesart der Unionsbürgerschaft besagt, dass es eine homogene, eindeutig identifizierbare Gruppe von Menschen gibt – die Unionsbürger –, und eine weitere Gruppe, die sogenannten Drittstaatsangehörigen, die nicht als Unionsbürger gelten.

4.7

Doch wer sind diese "Unionsbürger"? Ist es richtig, den persönlichen Geltungsbereich der Unionsbürgerschaft auf jene Menschen zu beschränken, die die Staatsangehörigkeit der Mitgliedstaaten besitzen? Haben Drittstaatsangehörige nicht bereits einige Rechte und Freiheiten, die mit denen von Unionsbürgern identisch oder vergleichbar sind? Wo liegen die derzeitigen Grenzen und Herausforderungen der Unionsbürgerschaft? Welche Rolle spielen die politische Teilhabe und das Wahlrecht in diesem Zusammenhang? Warum sind viele junge Menschen, die Nachfahren von Einwanderern sind, immer noch "Bürger zweiter Klasse"? Wenn die Beteiligung der Einwanderer am demokratischen Leben ihre Integration erleichtert, weshalb sind sie dann davon ausgeschlossen?

4.8

Bislang waren es die Mitgliedstaaten, die indirekt bestimmten, wer Unionsbürger ist und wer nicht. Dies muss sich ändern, damit die Unionsbürgerschaft zum Kernstück der europäischen Integration wird.

5.   Eine "zivilbürgerliche" Unionsbürgerschaft

5.1

Die Charta der Grundrechte der EU legt die allgemeinen Grundlagen eines neuen Konzepts der zivilbürgerlichen, integrativen und partizipativen Bürgerschaft, das es nach Ansicht des Ausschusses weiterzuentwickeln gilt.

5.2

Die Kommission hat darauf hingewiesen, dass die Charta der Grundrechte die Bezugsgröße für die Entwicklung des Konzepts der "Zivilbürgerschaft" für Drittstaatsangehörige ist (mit einem gemeinsamen Bündel an grundlegenden Rechten und Pflichten).

5.3

Die Charta der Grundrechte hat rechtsverbindliche Wirkung mit einer den Verträgen vergleichbaren Rechtsgültigkeit. Die Charta hat die Komponenten des Status der Unionsbürgerschaft verändert und gefestigt. Ihr persönlicher Geltungsbereich umfasst sowohl Unionsbürger als auch Drittstaatsangehörige. Titel V ist den "Bürgerrechten" gewidmet, doch Artikel 41 (Recht auf eine gute Verwaltung) und Artikel 45 Absatz 2 (Freizügigkeit und Aufenthaltsfreiheit) erstrecken sich ebenfalls auf Drittstaatsangehörige.

5.4

Der EWSA weist darauf hin, dass die übrigen Bestimmungen der Charta für alle Menschen unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit gelten. Die Charta begrenzt den Ermessensspielraum der Mitgliedstaaten bei Fragen im Zusammenhang mit der Sicherheit des Wohnsitzes, Familienzusammenführung, Ausweisung und sogar Erwerb und Verlust der Staatsangehörigkeit. Einer der grundlegenden Aspekte ist Kapitel VI (Justizielle Rechte), das das Recht auf eine wirksame Justiz sowie wirksamen Rechtsbehelf bei Verletzungen der Grund- und Bürgerrechte beinhaltet.

5.5

Der EWSA meint, dass die Kombination aus Unionsbürgerschaft und Charta in Form einer Ausweitung des persönlichen Geltungsbereichs des Status der Unionsbürgerschaft tief greifende Auswirkungen haben kann. Eine der größten unerledigten Aufgaben besteht darin, Drittstaatsangehörigen, deren Grundrechte und –freiheiten seitens der Mitgliedstaaten und ihrer Behörden im Bereich des europäischen Rechts außer Kraft gesetzt oder verletzt wurden, den Zugang zu wirksamem Rechtsschutz zu sichern (12).

5.6

Im Zuge der Vorarbeiten des Europäischen Konvents verabschiedete der EWSA eine Entschließung, in der er vorschlug: "Die Politik zur Integration der Einwanderer ist zu verbessern. Der Ausschuss ersucht den Konvent zu prüfen, ob den Drittstaatsangehörigen, die den Status langfristig aufenthaltsberechtigter Personen besitzen, die Unionsbürgerschaft zuerkannt werden kann" (13).

5.7

Die Kommission legte in ihrer Mitteilung über eine Migrationspolitik der Gemeinschaft (14) das Ziel fest, einen europäischen Rechtsrahmen für die Aufnahme und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen und eine gemeinsame Rechtsstellung zu entwickeln, die auf dem Grundsatz gleicher Rechte und Pflichten wie für Unionsbürger beruhen würde, aber je nach Aufenthaltsdauer unterschiedlich wäre.

5.8

Würde Migranten der Erwerb der Bürgerschaft nach einer Mindestfrist von fünf Jahren in Aussicht gestellt, könnte dies vielen bereits genügend Gewähr für ihre gesellschaftliche Integration bieten oder einen ersten Schritt zur Einbürgerung in den Mitgliedstaat darstellen.

5.9

Der EWSA wies in seiner Stellungnahme zur Zuerkennung der Unionsbürgerschaft darauf hin, dass sich der erweiterte Begriff der Unionsbürgerschaft mit dem von der Kommission als "Zivilbürgerschaft" bezeichneten Konzept deckt.

5.10

Der EWSA hat unterstützt, dass eine "Zivilbürgerschaft" auf europäischer Ebene zu verstehen ist als eine "partizipative und integrative Bürgerschaft" für alle sich dauerhaft in der Europäischen Union aufhaltenden Menschen, bei der der Grundsatz der Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz eine der zentralen Achsen wäre. Wie der EWSA in seiner Stellungnahme zur Zuerkennung der Unionsbürgerschaft unterstrich, könnte auf diese Weise erreicht werden, "die Verpflichtung zur Gleichbehandlung zu verankern, um die Integration von in Mitgliedstaaten der Europäischen Union dauerhaft und rechtmäßig aufhältigen Drittstaatsangehörigen in das bürgerliche Leben zu fördern und zu erleichtern (Gleichheit vor dem Gesetz)" und die Diskriminierung, der Drittstaatsangehörige gegenwärtig ausgesetzt sind, zu beenden.

6.   Zehn Jahre danach: immer noch ungelöste Probleme

6.1

In den letzten zehn Jahren hat Europa Maßnahmen ergriffen, Rechtsvorschriften erlassen und eine Rechtsprechung geschaffen, die sowohl für die Unionsbürgerschaft als auch für die Rechtsstellung von Drittstaatsangehörigen sehr relevant sind. Diese Prozesse haben eine schrittweise Ausweitung der mit der Unionsbürgerschaft einhergehenden Rechte, Freiheiten und Garantien auf Grundlage des Aufenthalts nach sich gezogen. Der EWSA vertritt jedoch die Auffassung, dass diese Ausweitung unvollständig und noch zu restriktiv ist.

6.2

Einer der wichtigsten Schritte im Bereich der Gesetzgebung war die Verabschiedung der Richtlinie 2004/38 über die Unionsbürgerschaft, die den bislang uneinheitlichen und fragmentierten europäischen Rechtsrahmen für Freizügigkeit und Aufenthaltsfreiheit in nur einem Rechtsinstrument harmonisierte. Besonders aktiv war die EU bei der Anerkennung von Rechten und beim Erlass von Vorschriften zur Bekämpfung von Diskriminierung für Drittstaatsangehörige, die Familienangehörige von Unionsbürgern sind. In der Richtlinie werden diesen Familienangehörigen, die die Staatsbürgerschaft von Drittstaaten besitzen, ausdrücklich Rechte und Freiheiten zuerkannt, die denen der Unionsbürger stark ähneln.

6.2.1

Der EWSA teilt die Meinung der Kommission, dass eine der wichtigsten Herausforderungen darin besteht, die in der Richtlinie vorgesehenen Rechte allen Menschen im alltäglichen Leben zugänglich zu machen und dabei schlechten Praktiken einzelner Mitgliedstaaten ein Ende zu setzen sowie denjenigen, deren bürgerliche Freiheiten verletzt wurden, wirksamen Rechtsschutz zu bieten.

6.2.2

Diese "Bürgerschaftsrechte" erwachsen zwar unmittelbar aus der Verwandtschaftsbeziehung, der Zugang zu ihnen wird jedoch nur in dem Moment aktiviert, in dem die Unionsbürger und ihre Familienangehörigen ihr Recht auf Freizügigkeit ausüben oder in einen zweiten Mitgliedstaat auswandern. Die innereuropäische Mobilität ist weiterhin eine der Voraussetzungen, damit der den Familienangehörigen durch die Unionsbürgerschaft übertragene Schutz greifen kann (15). In der Richtlinie wird diesen Familienmitgliedern nach einem ständigen Aufenthalt von fünf Jahren zudem ein Aufenthaltsrecht gewährt.

6.2.3

Der EWSA ist jedoch der Ansicht, dass die nationalen Behörden Rechtsvorschriften und Praktiken aufrechterhalten, die das Freizügigkeits- und Aufenthaltsrecht der Familienangehörigen von Unionsbürgern einschränken. Auch sind ausländische Familienmitglieder von EU-Bürgern weiterhin Situationen von umgekehrter Diskriminierung ausgesetzt, die gelöst werden müssen (16).

6.3

Der Gerichtshof der EU (EuGH) war sehr aktiv und hat eine positive Rolle dabei gespielt, die rechtliche Ausgestaltung und die Individualrechte der Unionsbürgerschaft vorausschauend zu schützen und auszulegen (17). Der EuGH hat bekräftigt, dass die Unionsbürgerschaft dazu bestimmt ist, der grundlegende Status der europäischen Bürger zu sein (18).

6.3.1

Der EWSA begrüßt die Rechtsprechung des in Luxemburg ansässigen Gerichtshofs über die Bürgerschaft und weist darauf hin, dass mit der Verabschiedung der Richtlinie der Großteil dieser Rechtsprechung übernommen wurde, da die wichtigsten seit 2004 ergangenen Urteile des EuGH in Sachen Freizügigkeit und Unionsbürgerschaft darin aufgeführt sind.

6.3.2

Es gibt ebenfalls eine umfassende Rechtsprechung des EuGH zu den allgemeinen Grundsätzen des europäischen Rechts (19), etwa zur Verhältnismäßigkeit und Nichtdiskriminierung, die – unabhängig von Staatsangehörigkeit oder Migrationsstatus – für alle Menschen gelten, die von Maßnahmen oder vom Recht der Union betroffen sind. Diese Rechtsprechung hat sogar die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten berührt, und zwar in Fragen des Erwerbs oder Verlusts der Staatsangehörigkeit sowie bezüglich ihrer Auswirkungen auf die Unionsbürgerschaft und der damit zusammenhängenden Rechte.

6.3.3

Der Gerichtshof hat wiederholt darauf hingewiesen, dass die Mitgliedstaaten bei der Ausübung ihrer Zuständigkeiten in Fragen der Staatsangehörigkeit verpflichtet sind, den Folgen ihrer Rechtsvorschriften und Entscheidungen zu Unionsbürgerschaft und Freizügigkeit besondere Aufmerksamkeit zu widmen, insbesondere der uneingeschränkten Ausübung der sich aus der Unionsbürgerschaft ergebenden Rechte und Freiheiten (20).

6.4

Das seit 2003 geltende europäische Einwanderungsrecht umfasst Rechtsinstrumente für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen, die Rechte und Garantien bieten, von denen einige den durch die Unionsbürgerschaft übertragenen ähneln. In der Richtlinie 2003/109  (21) betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen wurde eine gemeinsame Rechtsstellung für Drittstaatsangehörige festgelegt, die sich fünf Jahre lang ununterbrochen rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufgehalten haben.

6.4.1

Der EWSA weist darauf hin, dass der Grundgedanke der Richtlinie darin bestand, die rechtliche Stellung von Unionsbürgern und sich langfristig aufhaltenden Drittstaatsangehörigen anzunähern und ihre Aufenthaltssicherheit in der Union zu schützen. Die gemeinsame Rechtsstellung bietet diesen Menschen jedoch immer noch nicht volle Gleichheit und Bürgerschaft, sondern eine "Quasi-Gleichheit" bzw. "Quasi-Bürgerschaft dritten Grades", die einer Reihe von Bedingungen unterliegt (22). Die Europäische Kommission zeigte in ihrem Bericht über die Anwendung der Richtlinie (23) auf, dass zwar Artikel 11 der Richtlinie eine "Quasi-Gleichbehandlung" von langfristig Aufenthaltsberechtigten und Staatsangehörigen vorsieht, es aber kaum Informationen über die Art ihrer Anwendung gibt, was Probleme bei ihrer wirkungsvollen Umsetzung in die Praxis hervorruft.

6.4.2

Zudem sieht die Richtlinie als einen Mehrwert die Möglichkeit vor, die "Freizügigkeit" oder Mobilität in einen zweiten Mitgliedstaat auszuüben und ebenfalls eine "Quasi-Gleichbehandlung" zu erfahren. Die Aufnahme einer innereuropäischen Mobilität oder Freizügigkeit erinnert an das Modell der Unionsbürgerschaft, das dem EU-Recht über Bürgerschaft zur Förderung der innereuropäischen Mobilität folgte.

6.5

Auch andere Richtlinien zum europäischen Einwanderungsrecht beinhalten einen Schwerpunkt und eine Dimension der "innereuropäischen Mobilität", die dem Status der langfristigen Aufenthaltsberechtigung ähnelt, um die Attraktivität der europäischen Arbeitsmärkte zu verbessern, so z.B. die Richtlinie 2009/50 über die Blaue Karte für hochqualifizierte Drittstaatsangehörige.

6.6

Der EWSA ist jedoch der Meinung, dass aufgrund einer fehlerhaften Anwendung der Richtlinien durch einige Mitgliedstaaten die für Drittstaatsangehörige und ihre Familienangehörigen geltenden Bedingungen und Kriterien für den Aufenthalt und die Beschäftigung in einem zweiten Mitgliedstaat, der nicht derjenige ist, der die europäische Aufenthaltserlaubnis ausgestellt hat, nicht mit der grenzübergreifenden Freizügigkeit der Unionsbürger vergleichbar sind.

6.7

Darüber hinaus trägt der fragmentierte und sektorspezifische Rechtsrahmen im Bereich der Einwanderung nicht dazu bei, eine Gleichbehandlung und einen einheitlichen Rahmen für die Rechte von Drittstaatsangehörigen zu fördern, die sich in der EU aufhalten und dort ihre Freizügigkeit wahrnehmen wollen (24).

7.   Dialog mit den Herkunftsländern

7.1

Der Ausschuss hat in anderen Stellungnahmen darauf aufmerksam gemacht, dass der politische und soziale Dialog mit den Herkunftsländern der Einwanderer, die nach Europa kommen, verbessert werden muss. Der EWSA begrüßt, dass mehrere Abkommen unterzeichnet wurden.

7.2

Dieser Dialog muss auch die Bürgerschaftsrechte umfassen. Der Ausschuss ist der Meinung, dass die Abkommen zwischen Staaten, die die doppelte Staatsangehörigkeit zulassen, sehr positiv sind, damit Drittstaatsangehörige über staatsbürgerliche, soziale und politische Rechte verfügen können.

7.3

Einige Mitgliedstaaten machen die politischen Rechte indessen von Gegenseitigkeit abhängig. Der Ausschuss weist darauf hin, dass es sich hierbei zwar um ein positives Instrument handelt, es in einigen Fällen aber eine Beschränkung der Rechte des Einzelnen implizieren kann, wenn die Herkunftsländer das Kriterium der Gegenseitigkeit nicht erfüllen.

7.4

Der EWSA fordert ein nachdrückliches Engagement der EU im Bereich der Außenpolitik durch die Anregung einer weltweiten Steuerung der internationalen Migrationsströme im Rahmen der Vereinten Nationen, und zwar auf der Grundlage geltender internationaler Rechtsinstrumente, insbesondere der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, des Internationalen Übereinkommens der Vereinten Nationen zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen (dessen Ratifizierung durch die EU der Ausschuss bereits vorgeschlagen hat (25)), des Pakts über die bürgerlichen und politischen Rechte, des Pakts über die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte sowie der Übereinkommen der ILO.

Brüssel, den 16. Oktober 2013

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Henri MALOSSE


(1)  Richtlinie 2003/109.

(2)  ABl. 208 C vom 3.9.2003, S. 76.

(3)  ABl. 208 C vom 3.9.2003, S. 76, Ziffer 4.3.

(4)  Richtlinie 2009/50.

(5)  VN-Generalversammlung vom 18.12.1990.

(6)  http://ec.europa.eu/ewsi/en/policy/legal.cfm.

(7)  ABl. C 318 vom 29.10.2011, S. 69-75; ABl. C 48 vom 15.2.2011, S. 6-13; ABl. C 354 vom 28.12.2010, S. 16-22; ABl. C 347 vom 18.12.2010, S. 19-27; ABl. C 128 vom 18.5.2010, S. 29-35; ABl. C 27 vom 3.2.2009, S. 95-98; ABl. C 318 vom 23.12.2006, S. 128-136; ABl. C 125 vom 27.5.2002, S. 112-122.

(8)  COM(2013) 236 final.

(9)  Europäischer Rat vom 15./16. Oktober 1999 in Tampere, Schlussfolgerungen des Vorsitzes.

(10)  Siehe Ziffer 18:

"Die Europäische Union muss eine gerechte Behandlung von Drittstaatsangehörigen sicherstellen, die sich im Hoheitsgebiet ihrer Mitgliedstaaten rechtmäßig aufhalten. Eine energischere Integrationspolitik sollte darauf ausgerichtet sein, ihnen vergleichbare Rechte und Pflichten wie EU-Bürgern zuzuerkennen. Zu den Zielen sollte auch die Förderung der Nichtdiskriminierung im wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben und die Entwicklung von Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit gehören".

In Ziffer 21 der Schlussfolgerungen wird als Priorität festgelegt:

"Die Rechtsstellung von Drittstaatsangehörigen sollte der Rechtsstellung der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten angenähert werden. Der Europäische Rat billigt das Ziel, dass Drittstaatsangehörigen, die auf Dauer rechtmäßig ansässig sind, die Möglichkeit geboten wird, die Staatsangehörigkeit des Mitgliedstaats zu erwerben, in dem sie ansässig sind".

(11)  De Groot, G.R. (1998), "The relationship between the nationality legislation of the Member States of the European Union and European Citizenship", Kapitel VI, in M. La Torre (Hrsg.), European Citizenship: An Institutional Challenge, Den Haag: Kluwer International Law.

(12)  S. Carrera, M. De Somer und B. Petkova (2012), The Court of Justice of the European Union as a Fundamental Rights Tribunal: Challenges for the Effective Delivery of Fundamental Rights in the Area of Freedom, Security and Justice, CEPS Policy Brief, Centre for European Policy Studies, Brüssel.

(13)  ABl. C 61 vom 14.3.2003, S. 170, Ziffer 2.11.

(14)  COM(2000) 757 final.

(15)  Guild, E. (2004), The Legal Elements of European Identity: EU Citizenship and Migration Law, Den Haag: Kluwer Law International, European Law Library.

(16)  Europäischer Jahresbericht über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer in Europa 2010-2011, K. Groenendijk et al., Januar 2012, Europäische Kommission, GD Beschäftigung. Siehe http://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=475&langId=de.

(17)  Kostakopoulou, T. (2007), "European Citizenship: Writing the Future", European Law Journal, Special Issue on EU Citizenship, Band 13, Nr. 5, S. 623-646.

(18)  C-184/99, Grzelczyk.

(19)  De Groot, G.R. (2005), "Towards a European Nationality Law", in H. Schneider (Hrsg.), Migration, Integration and Citizenship: A Challenge for Europe’s Future, Band I, S. 13-53.

(20)  Siehe beispielsweise die Rechtssachen C-369/90, Micheletti, C-192/99, Kaur oder C-135/08, Rottmann. Siehe J. Shaw (Hrsg.) (2012), Has the European Court of Justice Challenged Member States Sovereignty in Nationality Law?, EUI Working Paper RSCAS 2011/62, EUDO Citizenship Observatory, Florenz.

(21)  Für eine Analyse der Richtlinie und ihrer Ursprünge siehe S. Carrera (2009), In Search of the Perfect Citizen? The intersection between integration, immigration and nationality in the EU, Leiden: Martinus Nijhoff Publishers.

(22)  Siehe Artikel 11 der Richtlinie. Groenendijk, K. (2006), "The Legal Integration of Potential Citizens: Denizens in the EU in the final years before the implementation of the 2003 directive on long-term resident third country nationals", in R. Bauböck, E. Ersboll, K. Groenendijk und H. Waldrauch (Hrsg.), Acquisition and Loss of Nationality, Band I: Comparative Analyses: Policies and Trends in 15 European Countries, Amsterdam: Amsterdam University Press, S. 385-410.

(23)  COM(2011) 585: Bericht über die Umsetzung der Richtlinie 2003/109.

(24)  S. Carrera et al. (2011), Labour Immigration Policy in the EU: A Renewed Agenda for Europe 2020, CEPS Policy Brief, Centre for European Policy Studies, Brüssel.

(25)  ABl. C 302 vom 7.12.2004, S. 49.