Empfehlung für eine EMPFEHLUNG DES RATES zum nationalen Reformprogramm Italiens 2013 und zur Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Italiens für die Jahre 2012 bis 2017 /* COM/2013/0362 final */
Empfehlung für eine EMPFEHLUNG DES RATES zum nationalen Reformprogramm Italiens 2013
und zur Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Italiens für die Jahre
2012 bis 2017 DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION – gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise
der Europäischen Union, insbesondere auf die Artikel 121 Absatz 2 und
Artikel 148 Absatz 4, gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97
des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen
Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken[1], insbesondere auf Artikel 5
Absatz 2, gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011
des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die
Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte[2], insbesondere auf Artikel 6
Absatz 1, auf Empfehlung der Europäischen Kommission[3], unter Berücksichtigung der Entschließungen des
Europäischen Parlaments[4], unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen
des Europäischen Rates, nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses, nach Anhörung des Wirtschafts- und
Finanzausschusses, in Erwägung nachstehender Gründe: (1) Am 26. März 2010 stimmte
der Europäische Rat dem Vorschlag der Europäischen Kommission zu, eine auf eine
verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken gestützte neue Strategie für Wachstum
und Beschäftigung („Europa 2020“) auf den Weg zu bringen, deren Schwerpunkt auf
den Schlüsselbereichen liegt, in denen Maßnahmen notwendig sind, um Europas
Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. (2) Am 13. Juli 2010 nahm
der Rat auf der Grundlage der Vorschläge der Kommission eine Empfehlung zu den
Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union (2010 bis
2014) und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für
beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten[5] an, die zusammen die
„integrierten Leitlinien“ bilden. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, ihre
nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitiken in Anlehnung an die
integrierten Leitlinien auszugestalten. (3) Am 29. Juni 2012
beschlossen die Staats- und Regierungschefs einen „Pakt für Wachstum und
Beschäftigung“, der einen kohärenten Rahmen für Maßnahmen auf Ebene der
Mitgliedstaaten, der EU und des Euro-Währungsgebiets unter Nutzung aller
verfügbaren Hebel, Instrumente und Politiken bildet. Sie entschieden, welche
Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten getroffen werden sollten, wobei sie
insbesondere ihr uneingeschränktes Engagement für die Erreichung der Ziele der
Strategie Europa 2020 und für die Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen
zum Ausdruck brachten. (4) Am 6. Juli 2012 nahm der
Rat eine Empfehlung zum nationalen Reformprogramm Italiens für 2012 an und nahm
Stellung zum aktualisierten Stabilitätsprogramm Italiens für 2011-2015. (5) Am 28. November 2012
nahm die Kommission den dritten Jahreswachstumsbericht[6] an, mit dem das Europäische
Semester für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik 2013 eingeleitet wurde.
Ebenfalls am 28. November 2012 nahm die Kommission auf der Grundlage der
Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht[7] an, in dem Italien als einer
der Mitgliedstaaten genannt wurde, für die eine eingehende Prüfung angestellt
werden sollte. (6) Am 14. März 2013 billigte
der Europäische Rat die Prioritäten zur Sicherstellung von Finanzstabilität,
Haushaltskonsolidierung und wachstumsfreundlichen Maßnahmen. Er betonte, dass
es notwendig sei, weiterhin eine differenzierte, wachstumsfreundliche
Haushaltskonsolidierung zu verfolgen, eine normale Kreditvergabe an die
Wirtschaft wiederherzustellen, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern,
die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, die sozialen Folgen der Krise abzufedern
sowie die öffentliche Verwaltung zu modernisieren. (7) Am 10. April 2013
veröffentlichte die Kommission die Ergebnisse ihrer eingehenden Prüfung[8] für Italien gemäß Artikel 5
der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. Die Kommission kommt aufgrund ihrer
Analyse zu dem Schluss, dass es in Italien makroökonomische Ungleichgewichte
gibt, die entschlossene politische Maßnahmen erfordern. Insbesondere die
Schwächung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit sowie die hohe öffentliche
Verschuldung vor dem Hintergrund eines weiterhin verhaltenen Wachstums gelten
nach wie vor als die wesentlichen makroökonomischen Ungleichgewichte Italiens. (8) Am 11. April 2013
übermittelte Italien sein Stabilitätsprogramm für den Zeitraum 2012-2017 und
sein nationales Reformprogramm 2013. Danach bekundete die seit dem 28. April
amtierende neue Regierung ihre Absicht, die Agenda der strukturellen Reformen
auszubauen, und bestätigte die im Stabilitätsprogramm enthaltenen
Haushaltsziele. Am 17. Mai wurde eine Gesetzesverordnung verabschiedet,
die neue Bestimmungen zur Besteuerung von Immobilien und die Ausdehnung des
Systems der Lohnersatzleistungen für unterbeschäftigte Arbeitnehmer enthält. Um
wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden die beiden Programme
und neuen Maßnahmen der Regierung gleichzeitig bewertet. (9) Auf der Grundlage der
Bewertung des Stabilitätsprogramms 2013-2017 gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97
des Rates hält der Rat das den Haushaltsprojektionen im Programm zugrunde
liegende makroökonomische Szenario für 2014 im Vergleich zur Frühjahrsprognose
2013 der Kommission für optimistisch. Ab 2015 ist das Szenario plausibel, aber
auch das nur unter der Voraussetzung, dass die beschlossenen Strukturreformen
in vollem Umfang umgesetzt werden, was nach wie vor eine Herausforderung
darstellt. Die im Programm beschriebene Haushaltsstrategie wurde von der neuen
Regierung bestätigt, und das Parlament hat dafür gestimmt. Ziel der Strategie
ist es, das Defizit während der gesamten Programmlaufzeit unter 3 % des
BIP zu halten, um das mittelfristige Haushaltsziel im Jahr 2013 zu erreichen
und dafür zu sorgen, dass die Schuldenquote ab 2014 zurückgeht. Im Programm
wird ein strukturell ausgeglichener Haushalt als mittelfristiges Ziel
bestätigt, was dem Stabilitäts- und Wachstumspakt entspricht. Das Defizit wurde
im Jahr 2012 auf 3 % des BIP reduziert und dürfte nach der am 3. Mai
veröffentlichten Frühjahrsprognose der Kommission für 2013 im Zeitraum 2013-14
unterhalb des Referenzwerts bleiben. Ihrer Bewertung zufolge werden die von der
italienischen Regierung am 17. Mai erlassenen Bestimmungen – sofern sie
konsequent umgesetzt werden – keine wesentlichen Auswirkungen auf das Defizit
haben. Nach einer kumulativen Verbesserung um 2,7 Prozentpunkte des BIP im
Zeitraum von 2009 bis 2012 und unter der Voraussetzung, dass die Politik
unverändert bleibt, wird damit gerechnet, dass sich der strukturelle Saldo als
Anteil am BIP im Jahr 2013 um einen weiteren Prozentpunkt auf -0,5 %
verbessern wird, um sich dann im Jahr 2014 marginal zu verschlechtern. Der
strukturelle Primärsaldo soll im Jahr 2014 fast 5 % erreichen. Die erwartete
Strukturanpassung für 2013 ist angemessen, auch basierend auf einer Analyse der
Ausgaben ohne Berücksichtigung diskretionärer einnahmenseitiger Maßnahmen,
während sich für 2014 eine Abweichung vom Anpassungspfad zum mittelfristigen Haushaltsziel
abzeichnet. Im Programm wird für 2013 ein Höchststand der staatlichen
Schuldenquote prognostiziert, danach jedoch ein Rückgang in Höhe von einem
Prozentpunkt des BIP pro Jahr, und zwar auch dank der geplanten Einnahmen durch
Privatisierungen. Der Prognose zufolge steigt der Schuldenstand weiterhin an,
auch wegen der Begleichung von Handelsschulden, woraus sich für den Zeitraum
2013-2014 circa 2,5 weitere Prozentpunkte ergeben; Privatisierungseinnahmen
sind hingegen nicht eingeschlossen, da die Einzelheiten noch nicht festgelegt
sind. Ab 2013 befindet sich Italien hinsichtlich der Einhaltung des
Verschuldungskriteriums in einer dreijährigen Übergangsphase, und der
Schuldenpfad des Stabilitätsprogramms sorgt für ausreichende Fortschritte auf
dem Weg zur Einhaltung dieses Kriteriums. Allerdings beruhen die Defizit- und
Verschuldungsprognosen des Programms auf der vollständigen Umsetzung der
beschlossenen haushaltspolitischen Maßnahmen und Strukturreformen, die für die
dauerhafte Rückgewinnung des Vertrauens der Märkte und für die Förderung des
Wachstums und der Beschäftigung von grundlegender Bedeutung sind. (10) Wenngleich wichtige Reformen
beschlossen wurden, um die Haushaltsstabilität zu fördern und das Wachstum
anzukurbeln, stellt die vollständige Umsetzung dieser Reformen nach wie vor
eine Herausforderung dar, so dass durchaus Raum für weitere Maßnahmen bleibt. Mehrere vorgeschlagene Schlüsselmaßnahmen wurden
noch nicht angenommen oder es müssen noch entsprechende Rechtsvorschriften
erlassen werden; zudem besteht die Gefahr, dass sie konkret nicht von allen
Regierungsebenen konsequent angewandt werden. Die
Effizienz der öffentlichen Verwaltung ist hinsichtlich des Rechts- und
Verfahrensrahmens, der Qualität der Governance und der Verwaltungskapazität
nach wie vor erheblich eingeschränkt, was die Durchführung der Reformen und die
Rahmenbedingungen für Unternehmen beeinträchtigt. (11) Der Abschluss der Reform der
Zivilgerichtsbarkeit durch rasche Umsetzung der neuen Gerichtsorganisation und
durch Verringerung der überlangen Verfahrensdauer, von Verfahrensstaus und der
Prozesshäufigkeit ist notwendig, um die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu
verbessern. Nach der Entscheidung des Verfassungsgerichts vom Oktober 2012 zur
Streitschlichtung ist es notwendig, Maßnahmen zur Förderung der
außergerichtlichen Beilegung von Rechtsstreitigkeiten zu treffen.
Besorgniserregend ist das Ausmaß der Korruption, die Kosten von schätzungsweise
4 % des BIP verursacht und damit das Potenzial für eine wirtschaftliche
Erholung schwer beeinträchtigt. Das Gesetz zur Korruptionsbekämpfung vom
November 2012 muss durch Folgemaßnahmen ergänzt werden, und die Effektivität
der Korruptionsbekämpfung könnte weiter verbessert werden, insbesondere durch
Regelung der Verjährung, die derzeit durch ausgesprochen kurze
Verjährungsfristen gekennzeichnet ist. (12) Die ehrgeizige Strategie der
Haushaltskonsolidierung, die bislang umgesetzt wurde, war begleitet von der
Aufnahme einer Regel zur Gewährleistung eines ausgeglichenen Haushalts in die
Verfassung im April 2012 sowie von Maßnahmen zur Verbesserung der Effizienz und
Qualität der öffentlichen Ausgaben. Die Umsetzung dieser Maßnahmen war jedoch
lückenhaft, wodurch sie nicht in vollem Umfang wirksam werden konnten,
insbesondere in Bezug auf die Effektivität der Beschäftigung im öffentlichen
Sektor und auf die Verringerung der Zahl der Provinzen. Der
Kohäsionsaktionsplan hat die beschleunigte Inanspruchnahme der Strukturfonds im
Umfang von ca. 12,1 Mrd. EUR in drei aufeinanderfolgenden Phasen
ermöglicht. Gleichwohl mangelt es insbesondere in Süditalien an Ehrgeiz bei der
Verbesserung des Mitteleinsatzes insgesamt, was mit Blick auf den
Planungszeitraum 2014-2020 zu ernsten Bedenken Anlass gibt. Damit besteht noch
viel Spielraum für eine Verbesserung der Effizienz öffentlicher Ausgaben. (13) Die Banken spielen
traditionell eine wichtige Rolle für die italienische Wirtschaft, insbesondere
durch Vergabe von Krediten an kleine Firmen; infolge der andauernden Rezession
sind sie allerdings immer weniger fähig, diese Rolle weiter zu spielen. Ein
höheres Kreditrisiko hat neben einem umfangreichen und zunehmenden Bestand an
notleidenden Krediten zu einer Kontraktion des Kreditmarkts geführt und
verschärft das Problem der geringen Rentabilität des Bankgeschäfts. Darauf hat
die italienische Notenbank reagiert, indem sie die Angemessenheit von
Rückstellungen für notleidende Kredite durch Inspektionen vor Ort prüft.
Besonderheiten in der Unternehmensführung italienischer Banken können die
Effektivität ihrer Tätigkeit als Finanzmittler einschränken. Es wurden
Maßnahmen getroffen, um den Rückgriff auf andere Finanzierungsquellen –
insbesondere auf Beteiligungsfinanzierungen – sowie die Innovationsfähigkeit zu
fördern, doch spielen diese noch keine große Rolle und sie wurden auch noch
nicht vollständig umgesetzt. Die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Bekämpfung von
Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr und die geplante Bereinigung des
akkumulierten Bestandes von Handelsschulden werden einen Beitrag zur
Verbesserung der Liquidität von Firmen leisten. (14) Im Juni 2012 wurde eine
umfassende Arbeitsmarktreform beschlossen, um die starren Strukturen und die
Segmentierung des Arbeitsmarkts abzubauen. Diese Reform muss durch
Verabschiedung der entsprechenden Durchführungsvorschriften zum Abschluss
gebracht und ihre konkrete Anwendung vor Ort sorgfältig überwacht werden.
Darüber hinaus muss die staatliche Arbeitsvermittlung noch umorganisiert und in
die Verwaltung der Leistungen bei Arbeitslosigkeit integriert werden, um so die
Umsetzung effizienter Aktivierungsstrategien zu fördern. Im Zeitraum 2011-2013
haben die Sozialpartner in mehreren Schritten ein neues Lohnfestsetzungssystem
festgelegt. Es wird durch steuerliche Anreize gestützt, die für eine
Angleichung der Löhne an die Produktivität und die Bedingungen der lokalen
Arbeitsmärkte sorgen sollen. Dieser Rahmen sollte wirksam umgesetzt und auf der
Grundlage eines Monitorings der Ergebnisse Schritt für Schritt angepasst
werden. (15) Die Jugendarbeitslosigkeit und
der Anteil der jungen Menschen, die weder eine Arbeit haben noch eine
schulische oder berufliche Ausbildung absolvieren, sind weiter angestiegen und
haben Ende 2012 einen Prozentsatz von 37 % bzw. 21,1 % erreicht.
Sowohl bei der Zahl der Hochschulabsolventen als auch bei der Beschäftigungsquote
junger Hochschulabsolventen rangiert Italien auf dem letzten Platz der
EU-Staaten, was zeigt, dass die Qualifikationen der jungen Hochschulabsolventen
für den Arbeitsmarkt kaum relevant sind. Die Zahl der Schulabbrecher ist zwar
leicht zurückgegangen, ist jedoch nach wie vor hoch. Das Bildungssystem gibt
somit Anlass zur Besorgnis. Ein Schlüsselfaktor ist der Lehrerberuf, der
derzeit durch eine einheitliche Laufbahn gekennzeichnet ist, die geringe
Aussichten für eine berufliche Weiterentwicklung bietet. Die
Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen ist nach wie vor gering und die
geschlechtsspezifische Diskrepanz bei den Beschäftigungsquoten so hoch wie in
kaum einem anderen EU-Mitgliedstaat. Die Gefahr von Armut und sozialer
Ausgrenzung, besonders aber von starker materieller Deprivation, steigt
merklich an, während das Sozialschutzsystem zunehmend unter Druck gerät und die
sozialen Bedürfnisse nicht befriedigen kann, weil es vor allem auf
Rentenzahlungen beruht und die anderen Transferleistungen nicht hinreichend auf
die Bekämpfung von Armut und die Förderung der sozialen Eingliederung
ausgerichtet sind. (16) Die Struktur des Steuersystems
ist immer noch kompliziert und belastet die Einkünfte aus Arbeit und Kapital
schwer. Nach den in den Jahren 2010-2011 unternommenen Anstrengungen blieben
weitere Maßnahmen, mit denen die Steuerlast von den Produktionsfaktoren weg auf
den Konsum, das Grundeigentum und die Umwelt verlagert werden sollte, in ihrer
Tragweite beschränkt. Erforderlich sind zudem Schritte zur Vereinfachung des
Steuersystems, zur Straffung der Steuerausgaben, zur Anpassung der
Bemessungsgrundlage für Grundsteuern an die Marktwerte, zur Verbesserung der
Steuerehrlichkeit und zur Abschreckung von Steuerhinterziehern. Bis zur
Änderung der Katasterwerte wird die geplante Reform der Immobilienbesteuerung
darauf abzielen, die Steuergerechtigkeit zu verbessern, soweit die im
Stabilitätsprogramm festgelegte Haushaltsstrategie hierfür Spielräume lässt.
Die Eindämmung der Schattenwirtschaft und der nicht angemeldeten
Erwerbstätigkeit kann den öffentlichen Finanzen zugutekommen und sich auch
positiv auf die Steuergerechtigkeit auswirken. Die Überarbeitung der
Befreiungen von der Mehrwertsteuer bzw. der ermäßigten Sätze und der direkten
Steuerausgaben könnten gewisse Anpassungen bei den Sozialtransfers erforderlich
machen, um die Verteilungseffekte zu minimieren. (17) Bemerkenswerte Anstrengungen
wurden im Hinblick auf die Liberalisierung des Dienstleistungssektors
unternommen. Die Reform der reglementierten Berufe sollte jedoch weiter
vorangetrieben werden, um auch die verbliebenen Beschränkungen zu beseitigen;
an den wesentlichen Grundsätzen der Reform sollte auch gegen zu erwartende
Widerstände festgehalten werden, mit denen insbesondere im Rahmen der Reform
der Rechtsberufe zu rechnen ist. Nach dem Urteil des Verfassungsgerichts vom
Juli 2012 ist es auch wichtig, dass Maßnahmen zur Öffnung des öffentlichen
Dienstleistungssektors auf lokaler Ebene für den Wettbewerb getroffen werden. (18) Die Reform der netzgebundenen
Wirtschaftszweige geht hinsichtlich der Öffnung des Marktzugangs und der
Verbesserung der Infrastrukturkapazität voran, doch sind noch immer große
Herausforderungen zu bewältigen. Die Entflechtung im Gassektor soll im
September 2013 abgeschlossen sein, und die nationale Strategie für den
Energiebedarf vom März 2013 muss noch umgesetzt werden. Die Öffnung des
Telekommunikationssektors für den Wettbewerb ist ein weiteres Feld, auf dem
Maßnahmen zu treffen wären. Die neue Verkehrsbehörde, die für die Autobahnen,
Flughäfen, Häfen und Eisenbahnen zuständig sein soll, wurde noch nicht
eingerichtet. Sie sollte unabhängig sein, mit den für die Wahrnehmung ihrer
Aufgaben nötigen Mitteln ausgestattet sein und Sanktionen verhängen können.
Ernst zu nehmen ist auch das Problem der internen und grenzübergreifenden
Infrastrukturdefizite, verbunden mit Diskrepanzen zwischen Norden und Süden,
die mit ein Grund sind für hohe Energiepreise, eine geringe Breitbandversorgung
und Verkehrsengpässe. (19) Im Rahmen des Europäischen
Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Italiens eingehend
analysiert. Sie hat das Stabilitätsprogramm und das Nationale Reformprogramm
bewertet und eine eingehende Prüfung vorgelegt. Dabei hat sie nicht nur deren
Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und
Wirtschaftspolitik in Italien, sondern auch deren Übereinstimmung mit
EU-Vorschriften und -Leitlinien berücksichtigt, um durch auf EU-Ebene
entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen die wirtschaftspolitische
Steuerung der Europäischen Union insgesamt zu verstärken. Ihre Empfehlungen im
Rahmen des Europäischen Semesters sind in die nachstehenden Empfehlungen 1 bis
6 eingeflossen. (20) Vor dem Hintergrund dieser
Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm Italiens geprüft; insbesondere
die Empfehlung 1 spiegelt seine Stellungnahme[9] hierzu wider. (21) Anhand der Ergebnisse der
eingehenden Prüfung durch die Kommission und vorstehender Bewertung hat der Rat
das nationale Reformprogramm und das Stabilitätsprogramm Italiens geprüft.
Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 über
die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte spiegeln sich
in den Empfehlungen 1 bis 6 wider. (22) Im Rahmen des Europäischen
Semesters hat die Kommission auch die Wirtschaftspolitik im Euro-Währungsgebiet
insgesamt geprüft. Auf dieser Grundlage hat der Rat spezielle Empfehlungen an
die Mitgliedstaaten gerichtet, deren Währung der Euro ist. Italien sollte auch
die vollständige und zügige Umsetzung dieser Empfehlungen sicherstellen – EMPFIEHLT, dass Italien im Zeitraum
2013-2014 1. durch vollständige Umsetzung
der getroffenen Maßnahmen gewährleistet, dass das Defizit im Jahr 2013 unter
3 % des BIP bleibt; die strukturelle Anpassung in angemessenem Tempo und
durch eine wachstumsfördernde Haushaltskonsolidierung fortsetzt, damit das
mittelfristige Haushaltsziel ab 2014 erreicht werden kann; die geplanten
strukturellen Primärüberschüsse erzielt, damit die sehr hohe Schuldenquote auf
einen stetigen Abwärtspfad kommt; durch vollständige Umsetzung der 2012
beschlossenen Maßnahmen und durch unverminderte Fortsetzung dieser
Anstrengungen mittels regelmäßiger eingehender Ausgabenüberprüfungen auf allen
Regierungsebenen weiterhin eine nachhaltige Verbesserung der Effizienz und
Qualität der öffentlichen Ausgaben verfolgt; 2. durch rasche Annahme der
entsprechenden Rechtsvorschriften gewährleistet, dass die laufenden Reformen
zügig umgesetzt werden und anschließend auf allen Regierungsebenen konkret und
mit allen betroffenen Akteuren angewandt und die Auswirkungen überwacht werden;
die Effizienz der öffentlichen Verwaltung erhöht und die Koordinierung zwischen
den verschiedenen Regierungsebenen verbessert; den Verwaltungs- und
Rechtsrahmen für Bürger und Unternehmen vereinfacht, die lange Verfahrensdauer
in der Zivilgerichtsbarkeit verkürzt und die Prozesshäufigkeit verringert,
u. a. durch Förderung der außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren;
den Rechtsrahmen für die Korruptionsbekämpfung stärkt, u. a. durch
Überarbeitung der Vorschriften über die Verjährungsfristen; Strukturmaßnahmen
erlässt, um den Einsatz der EU-Mittel in den südlichen Regionen im Hinblick auf
den Planungszeitraum 2014-2020 zu verbessern; 3. im Bankwesen eine
Unternehmensführung propagiert, die mehr Effizienz und Rentabilität ermöglicht,
um den Zustrom von Krediten in produktive Aktivitäten zu fördern; die laufende
Qualitätsprüfung der Aktiva im gesamten Bankensektor vorantreibt und die
Abwicklung notleidender Kredite in den Bilanzen der Banken erleichtert; den
Ausbau der Kapitalmärkte weiter fördert, damit Unternehmen besseren Zugang zu
einem breiteren Spektrum an Finanzierungen bekommen, insbesondere zu Beteiligungsfinanzierungen,
und somit Innovationsfähigkeit und Wachstum der Unternehmen gefördert werden; 4. die Arbeitsmarktreform und
die Reform des Lohnfestsetzungssystems wirksam umsetzt; weitere Maßnahmen zur
Ankurbelung der Arbeitsmarktbeteiligung, insbesondere von Frauen und jungen
Menschen, ergreift, beispielsweise durch eine Jugendgarantie; die berufliche
Aus- und Weiterbildung ausbaut, die Effizienz der staatlichen
Arbeitsvermittlung steigert und die Berufsberatung für Studenten verbessert;
die negativen finanziellen Anreize einschränkt, die potenzielle Zweitverdiener
von der Aufnahme einer Beschäftigung abhalten, und das Angebot an Pflege- und
außerschulischen Betreuungsleistungen ausbaut; die Maßnahmen zur Bekämpfung des
Schulabbruchs verstärkt, die Leistung der Schulen und die Lernergebnisse
verbessert, auch durch eine Reformierung des Systems der beruflichen
Weiterentwicklung und der Laufbahnentwicklung für Lehrer; die Wirksamkeit der
Sozialtransfers erhöht, insbesondere durch eine gezieltere Ausrichtung von
Leistungen, insbesondere auf Niedriglohnhaushalte mit Kindern; 5. die Steuerlast auf
haushaltsneutrale Weise weg von Arbeit und Kapital auf den Konsum, das
Grundeigentum und die Umwelt verlagert; zu diesem Zweck die Anwendung der Mehrwertsteuerbefreiungen und der ermäßigten Sätze sowie die direkten
Steuerausgaben überarbeitet und das Katastersystem dahingehend reformiert, dass
die Bemessungsgrundlage für die Immobilienbesteuerung an die Marktwerte
angepasst wird; den Kampf gegen die Steuerhinterziehung fortsetzt, die
Steuerehrlichkeit verbessert und entschieden gegen die Schattenwirtschaft und
nicht angemeldete Erwerbstätigkeit vorgeht; 6. sicherstellt, dass die
Maßnahmen zur Öffnung des Dienstleistungssektors ordnungsgemäß umgesetzt
werden; die verbliebenen Beschränkungen bei den freiberuflichen Dienstleistungen
beseitigt und sich dafür einsetzt, dass der Markt für öffentliche
Dienstleistungen auf lokaler Ebene geöffnet wird; die Umsetzung der Maßnahmen
weiter vorantreibt, mit denen bessere Bedingungen für den Marktzugang der
netzgebundenen Wirtschaftszweige geschaffen werden sollen, vorrangig durch die
Einrichtung der neuen Verkehrsbehörde; die Infrastrukturkapazität vor allem in
Bezug auf die Energieverteilungsnetze, den intermodalen Verkehr und die
Hochgeschwindigkeits-Breitbandversorgung in der Telekommunikation ausbaut, auch
um das Nord-Süd-Gefälle zu nivellieren. Geschehen zu Brüssel am […] Im
Namen des Rates Der
Präsident/Die Präsidentin [1] ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1. [2] ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25. [3] COM(2013) 362 final. [4] P7_TA(2013)0052 und P7_TA(2013)0053. [5] Beschluss 2012/238/EU des Rates vom 22. April 2013. [6] COM(2012) 750 final. [7] COM(2012) 751 final. [8] SWD(2013) 118 final. [9] Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG)
Nr. 1466/97.