MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT Verbesserung der Ernährung von Mutter und Kind im Kontext der Außenhilfe: ein politisches Rahmenkonzept der EU /* COM/2013/0141 final */
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS
EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT Verbesserung der Ernährung von Mutter und
Kind im Kontext der Außenhilfe: ein politisches Rahmenkonzept der EU Unterernährung – eine vermeidbare Tragödie Die Folgen unzureichender Ernährung gehören zu
den größten vermeidbaren Tragödien unserer Zeit. Die Verwirklichung des
Millenniumsentwicklungsziels (MDG), den Anteil der Hungernden an der
Weltbevölkerung zu halbieren, ist in vielen Ländern im Rückstand: Noch jedes
sechste Kind hat Untergewicht. Diese Kinder sind Opfer eines Teufelskreises aus
Armut, unzureichender Ernährung und Krankheit, so dass ihr Start ins Leben
nicht schlechter sein könnte und Individuen wie auch ganze Gesellschaften in
der Armutsfalle sitzen. Die EU ist im Bereich der Ernährungssicherheit
ein wichtiger Akteur: Im Zeitraum 2006‑2011 wurden für ländliche
Entwicklung, Raumplanung, nachhaltige Landwirtschaft und Ernährungssicherheit
durchschnittlich über 1 Mrd. EUR pro Jahr bereitgestellt. Zu den
Initiativen, die zur Verbesserung der Ernährungssicherheit beigetragen haben,
gehören insbesondere die Nahrungsmittelfazilität, die mit 1 Mrd. EUR
ausgestattet war und zur Unterstützung der von der Nahrungsmittelkrise
2007/2008 am stärksten betroffenen Länder diente, und die mit ebenfalls
1 Mrd. EUR ausgestattete MDG-Initiative zur Unterstützung der Länder,
die bei der Verwirklichung der Millenniumsentwicklungsziele zurückliegen,
insbesondere des MDG 1c, wonach der Anteil der Menschen, die Hunger
leiden, halbiert werden soll, sowie der MDG 3 und 4. Darüber hinaus
leistet die EU in Fällen von akuter Gefährdung der Ernährungssicherheit
humanitäre Hilfe und Entwicklungshilfe. Jedes Jahr werden zwischen einem
Drittel und der Hälfte des für humanitäre Hilfe vorgesehenen EU-Budgets zur Deckung
von Ernährungsbedürfnissen ausgegeben. 2012 ist die Kommission anlässlich des
Londoner Gipfels gegen Hunger die politische Verpflichtung eingegangen, die
Partnerländer dabei zu unterstützen, die Zahl der unter „Stunting“
(ernährungsbedingter Wachstumsverzögerung) leidenden Kinder unter fünf Jahren
bis 2025 um mindestens 7 Millionen zu senken. In dieser Mitteilung legt
die Kommission ihre Strategie dar, mit der dieses Ziel erreicht und die
Unterernährung von Mutter und Kind generell verringert werden soll. Die Bewältigung dieses Problems erfordert
einen sektorübergreifenden Ansatz, der die Bereiche nachhaltige Landwirtschaft,
ländliche Entwicklung, Ernährungssicherheit, öffentliche Gesundheit, Wasser-
und Sanitärversorgung, Sozialschutz und Bildung einbezieht. Voraussetzung ist,
dass die Partnerländer das Problem als solches anerkennen und entschlossen
dagegen vorgehen, damit Frauen und Kinder die Versorgung und Ernährung erhalten
können, die für einen menschenwürdigen Start ins Leben nötig sind. Die internationale
Gemeinschaft ist entschlossen, alles daran zu setzen, die Partnerländer bei
ihren Bemühungen um Verbesserung der Ernährung von Mutter und Kind zu
unterstützen. Der Rahmen für die Entwicklungspolitik der EU
wird im Vorschlag der Kommission für eine Agenda für den Wandel[1]
und den daran anknüpfenden Ratsschlussfolgerungen vom Mai 2012[2]
dargelegt. Das Konzept der EU für die Verbesserung der Ernährungssicherheit und
für humanitäre Ernährungshilfe in Drittländern wurde in den Mitteilungen
über die EU-Politik zur Verbesserung der Ernährungssicherheit und über die
humanitäre Hilfe im Ernährungsbereich[3] sowie in den
diesbezüglichen Schlussfolgerungen des Rates vom Mai 2010[4]
weiter präzisiert. In diesen Dokumenten werden vier gleichermaßen wichtige
Säulen der Ernährungssicherheit genannt: Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln,
Zugang zu Nahrungsmitteln, bessere Ernährung und Verbesserung von
Krisenprävention und Krisenmanagement. Dabei werden die besonderen
Herausforderungen der Verbesserung des Ernährungsstatus von Betroffenen in
humanitären Notsituationen hervorgehoben. Die vorliegende Mitteilung zielt
darauf ab, die Säule „bessere Ernährung“ zu ergänzen und weiter auszubauen. Der politische Rahmen wurde durch die Mitteilung
„Ein EU-Konzept für Resilienz: Lehren aus Ernährungssicherheitskrisen“[5]
ergänzt, in der dargelegt wird, wie Ernährung und Resilienz in bestimmten
Kontexten eng miteinander verknüpft sind (insbesondere in der Sahelzone und am
Horn von Afrika, wo die Resilienz zum Leitmotiv der mit mehreren Partnern
durchgeführten Initiativen AGIR[6] und SHARE[7]
zur Bewältigung von Nahrungsmittel- und Ernährungskrisen erhoben wurde). Schließlich wurden im EU-Aktionsplan zur
Gleichstellung der Geschlechter und Teilhabe von Frauen in der
Entwicklungszusammenarbeit 2012-2015[8] die engen
Zusammenhänge zwischen MDG 1, 3 und 4 und der Rolle der Frau und der
Gleichstellung der Geschlechter hervorgehoben. Im vorliegenden auf Wunsch von Rat und
Rechnungshof erstellten Grundsatzpapier zum Thema Ernährung wird hervorgehoben,
dass humanitäre Hilfe und Entwicklungshilfe besser koordiniert werden müssen,
um die Widerstandsfähigkeit der betroffenen Bevölkerung zu erhöhen. Dabei wird
sowohl auf die vorrangige Zuständigkeit der nationalen Regierungen für
ernährungspolitische Maßnahmen als auch auf die wichtige Rolle hingewiesen, die
den Frauen und Männern in den Entwicklungsländern als Triebkräften des Wandels
zukommt. 1. Hintergrund Ausmaß des Problems Nach Auffassung der
Weltgesundheitsorganisation stellt schlechte Ernährung die mit Abstand größte
gesundheitliche Bedrohung auf der Welt dar. In vielen Entwicklungsländern ist
sie mitverantwortlich für mindestens ein Drittel der Kindersterblichkeit und
ein Fünftel der Müttersterblichkeit.[9] Millionen Kinder
überleben, bleiben aber in ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung zurück
und/oder haben vor Vollendung ihres fünften Lebensjahres bereits mehrere Phasen
akuten Gewichtsverlustes hinter sich. Weltweit leiden rund 165 Millionen
Kinder (jedes vierte Kind) an „Stunting“, d. h. sie sind durch chronische
Unterernährung gegenüber Gleichaltrigen im Wachstum zurückgeblieben,[10]
und jedes Jahr sterben 2,6 Millionen Kinder unter fünf Jahren an
Unterernährung[11]. Über 90 % dieser
Kinder leben in Afrika und Asien. Außerdem sind weltweit rund 52 Millionen
(8 %) der unter 5-Jährigen von „Wasting“ betroffen, d. h. sie sind im
Verhältnis zu ihrer Körpergröße akut untergewichtig. Die meisten davon leben
ebenfalls in Asien und Afrika[12]. Besondere Aufmerksamkeit gilt den unter
Unterernährung leidenden Menschen dort, wo die institutionellen Strukturen
nicht sehr leistungsfähig sind und es häufig zu Katastrophen oder Konflikten
mit verheerenden Folgen für die am stärksten benachteiligten Gruppen kommt,
etwa in fragilen Staaten. Die Unterernährung hält Individuen und ganze Gesellschaften im
Teufelskreis der Armut gefangen. Für Kinder, die in armen Haushalten
heranwachsen, besteht ein höheres Risiko der Unterernährung, die wiederum ihre
Lernfähigkeit einschränkt und ihre Anfälligkeit für Krankheiten erhöht. Später
ist es für sie als Erwachsene dadurch umso schwieriger, einen Arbeitsplatz zu
finden und ein produktives Leben zu führen, so dass sich die Armut von
Generation zu Generation fortsetzt. Besonders gravierend ist die Unterernährung
in armen Bevölkerungsgruppen im ländlichen Raum und in diskriminierten Gruppen.
Der Anteil der Kinder mit Wachstumsverzögerung ist im ländlichen Raum
1,5 Mal höher als in städtischen Gebieten[13]. Daher will die
EU die kleinbäuerliche Landwirtschaft und die Verbesserung der Existenzgrundlagen
im ländlichen Raum unterstützen. Viele Frauen in Entwicklungsländern sind
ernährungsbedingt ebenfalls kleinwüchsig und/oder untergewichtig. 10‑20 %
der Frauen in Subsahara-Afrika und 25‑35 % der Frauen in Südasien
werden als extrem mager eingestuft. Eisenmangelanämie ist das in dieser Gruppe
häufigste ernährungsphysiologische Problem: Fast die Hälfte aller Frauen sind
betroffen.[14] Der Zeitraum zwischen
Schwangerschaftsbeginn und Vollendung des zweiten Lebensjahres eines Kindes –
die ersten 1 000 Tage – wird für die Verhinderung von Unterernährung und
ihren Folgen auch im Erwachsenenalter als entscheidend angesehen. Die
Hälfte aller Stunting-Fälle bei Kindern treten bereits während der
Schwangerschaft auf, was die grundlegende Bedeutung einer besseren Ernährung
von Frauen und Mädchen im gebärfähigen Alter deutlich macht. Untergewichtige,
kleinwüchsige und/oder anämische Mütter weisen ein hohes Risiko auf, ebenfalls
besonders kleine Babys zu gebären. Weltweit ist die Bekämpfung von Stunting und
Wasting nur langsam vorangekommen. Der Anteil der im Wachstum zurückgebliebenen
Kinder ging von 40 % im Jahr 1990 auf 26 % im Jahr 2011 zurück.[15]
Die noch geringeren Fortschritte bei der Bekämpfung des Wasting zeigen, dass
sehr viel mehr getan werden muss. Neben Stunting und Wasting leiden fast zwei
Milliarden Menschen auf der Welt unter einem Mangel an den für das Wachstum und
die Entwicklung des menschlichen Körpers so wichtigen Mikronährstoffen (wie
Vitamin A, Jod, Eisen und Zink).[16] Ursachen Die Ursachen der Unterernährung unterscheiden
sich von Kontext zu Kontext und von Mensch zu Mensch. Sie sind im
konzeptionellen Rahmen dargestellt (siehe Schaubild). Sie sind in der Regel auf
drei Ebenen angesiedelt: ·
Als unmittelbare Ursachen kommt zweierlei in
Betracht: mangelhafte Ernährung (qualitativ oder quantitativ) und Krankheit. ·
Die tiefer liegenden Ursachen sind eng mit Armut
verbunden und lassen sich in drei Kategorien einteilen: mangelnde
Ernährungssicherheit der Haushalte, unangemessene Versorgung von Kindern und
Frauen sowie schlechte Umweltbedingungen und Gesundheitsdienste. ·
Die grundlegenden Ursachen sind auf subnationaler,
nationaler und internationaler Ebene angesiedelt: Sie reichen von einer
schlechten Regierungsführung über Bevölkerungswachstum, Konflikte, Klimawandel
und knappe natürliche Ressourcen bis hin zu hohen und stark schwankenden
Nahrungsmittelpreisen. Quelle: UNICEF (1990), überarbeitet in The Lancet
Series, 2008 Die relative Bedeutung der möglichen Ursachen
hängt von der spezifischen Dynamik der jeweiligen Situation und
Bevölkerungsgruppe ab. Aus diesem Grund ist entscheidend, dass eine sorgfältige
Analyse vorgenommen wird, bevor gehandelt wird. Die unterschiedlichen Faktoren
für Unterernährung hängen miteinander zusammen und machen ein sektorübergreifendes
Vorgehen erforderlich. Folgen Auf der Ebene des Individuums gehört
Unterernährung zu den tiefer liegenden Ursachen für eine erhebliche Kinder- und
Müttersterblichkeit. Sie ist für 35 % der Erkrankungen von Kindern unter
fünf Jahren verantwortlich[17] und eine anhaltende
Unterernährung (Wachstumsstörungen und/oder häufige Phasen akuten
Gewichtsverlusts sowie der Mangel an Mikronährstoffen) hat verheerende,
irreversible Schäden zur Folge. Iodmangel und Stunting gehen mit erheblichen
Einbußen bei der kognitiven Entwicklung einher.[18]
Stunting ist nicht nur eine vermeidbare
Tragödie für den Einzelnen, sondern es behindert auch das wirtschaftliche
Vorankommen von Familien und ganzen Nationen. Die wirtschaftlichen Kosten der
Unterernährung werden auf 10 % der individuellen Lebenseinkommen[19]
und auf 2‑8 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) geschätzt. Durch
Unterernährung werden ohnehin stark beanspruchte Gesundheitssysteme noch
zusätzlich belastet, da unterernährte Menschen leichter erkranken und Unterernährung
in der Kindheit später zu chronischen Krankheiten führt, die mit erheblichen
Kosten verbunden sind. Bekämpfung der Unterernährung Zur Bekämpfung der Unterernährung müssen
verschiedene Herausforderungen bewältigt werden, die folgenden Bedarf erkennen
lassen: ·
Mehr Investitionen der Länder in den
Ernährungsbereich (insbesondere auf lange Sicht). Dazu gehört auch die Stärkung
der Führungsrolle der Länder, der rechtlichen Rahmenbedingungen sowie der
Steuerungsfähigkeit und der strategischen Kapazitäten im Ernährungsbereich, um
die Akteure hinter einem gemeinsamen Ziel und einem kohärenten
sektorübergreifenden Ansatz zu vereinen. ·
Angleichung der ernährungsrelevanten Politik, die
von den verschiedenen Fachministerien und Gebern verfolgt wird. Dazu gehört
auch die Berücksichtigung der Ernährung als zentralen politischen Ziels in den
Bereichen ländliche Entwicklung und Basisinitiativen, nachhaltige
Landwirtschaft, Fischerei, Ernährungssicherheit, öffentliche Gesundheit,
reproduktive Gesundheit, Wasser- und Sanitärversorgung, Sozialschutz und
Bildung. ·
Förderung der Gleichstellung der Geschlechter und
des Status der Frau in allen ernährungsrelevanten Bereichen[20]
auf der Grundlage der ermittelten ausschlaggebenden sozialen Faktoren für
Unterernährung. Die Rolle der Frau für Wirtschaft, Gesellschaft, Fortpflanzung
und häusliches Leben ist für die Ernährungssicherheit ganz entscheidend. ·
Da Unterernährung ein generationenübergreifendes
Problem und sowohl durch akute Krisen als auch durch langfristige Entwicklungen
bedingt ist, sind eine größere Kohärenz und bessere Koordinierung der
Ernährungsaspekte im gesamten Spektrum der Sofort- und Entwicklungshilfe von
entscheidender Bedeutung. ·
Durch angewandte Forschung und rigorose Überwachung
und Evaluierung müssen mehr Erkenntnisse darüber gewonnen werden, welche
Vorgehensweisen im Ernährungsbereich sinnvoll sind, damit wirksame
ernährungspolitische Konzepte und Maßnahmen in verschiedenen Bereichen
ermittelt und die Aktivitäten ausgeweitet werden können. Eine größere Wirksamkeit
der ernährungsspezifischen und ernährungsrelevanten Aktivitäten im Einklang mit
den allgemeinen Grundsätzen der Wirksamkeit der Hilfe ist unerlässlich. ·
Nach Auffassung der EU kann es durch Unterstützung
der kleinbäuerlichen Landwirtschaft gelingen, im ländlichen wie auch im
städtischen Raum den Zugang der Armen zu nährstoffreichen Nahrungsmitteln sowie
die Existenzgrundlagen für diese Bevölkerungsgruppen zu verbessern. Dazu gehört
auch, dass Möglichkeiten zur Verbesserung der Ernährung entlang der Wertschöpfungskette
ermittelt und genutzt werden, so dass sich für arme Menschen die Verfügbarkeit,
Zugänglichkeit und Aufnahme von nährstoffreichen Nahrungsmitteln erhöht. ·
Es muss an die globalen politischen und
finanziellen Zusagen zur Bekämpfung der Ernährungsunsicherheit und
Unterernährung angeknüpft werden, insbesondere im Hinblick auf
MDG-Rahmenvorgaben für die Zeit nach 2015. 2. Leitsätze und Ziele Leitsätze Die EU stimmt ihre Unterstützung möglichst
weitgehend mit den Strategien und Prioritäten der Partner nach den Grundsätzen
der Wirksamkeit der Hilfe ab. Die Bekämpfung der Unterernährung setzt voraus,
dass die Partnerländer das Problem als solches anerkennen und entschlossen
sind, es anzugehen. Die internationale Gemeinschaft wird alles in ihren Möglichkeiten
Stehende tun, um die Partnerländer bei ihren Bemühungen zur Verbesserung der
Ernährung von Mutter und Kind zu unterstützen, doch müssen die betreffenden
Regierungen selbst ebenfalls Ressourcen bereitstellen, damit die Unterernährung
wirklich nachhaltig angegangen werden kann. Die EU will ein Höchstmaß an Komplementarität
gewährleisten und für eine optimale Abfolge von humanitären und
entwicklungspolitischen Maßnahmen sorgen. Das Engagement der EU für die
Stärkung der Resilienz eröffnet auch neue Chancen für die Ernährung: Die
Akteure der humanitären Hilfe und der Entwicklungshilfe werden sich gemeinsam
ein Bild von der Ernährungssituation machen (durch gemeinsame Analysen und
operative Bewertungen). Auf dieser Grundlage werden anschließend gemeinsame
strategische Prioritäten für die Programmierung der humanitären Hilfe und der
Entwicklungshilfe festgelegt. Die EU-Hilfe zur Bekämpfung von Unterernährung in
humanitären Krisensituationen unterliegt weiterhin den humanitären Grundsätzen
Menschlichkeit, Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit und folgt
einem klar bedarfsorientierten Ansatz. Die Maßnahmen der EU sollten sich auf
verschiedene Sektoren erstrecken, damit die unterschiedlichen Faktoren für
Unterernährung erfasst werden. Bei diesem Ansatz wird berücksichtigt, dass
ernährungsspezifische Maßnahmen allein nicht ausreichen, um die Unterernährung
nachhaltig zu reduzieren. Maßnahmen in den Bereichen ländliche Entwicklung[21],
nachhaltige Landwirtschaft, Ernährungssicherheit, öffentliche Gesundheit,
Wasser- und Sanitärversorgung, Sozialschutz und Bildung werden besonders
relevant sein. Die ernährungsbezogenen Entwicklungsmaßnahmen
werden vorrangig auf die Schaffung der richtigen Rahmenbedingungen für ein
optimales Wachstum im „entscheidenden Zeitfenster“ der ersten
„1 000 Tage“ zwischen Schwangerschaftsbeginn und Vollendung des
zweiten Lebensjahrs abzielen. Die EU sollte sich darum bemühen, etwaige
ungewollte negative Auswirkungen ihrer Hilfe auf die Ernährung zu verhindern
oder auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Dies gilt beispielsweise für die
Sicherheit von Innovationen und den Einsatz von Spezialnahrung. Außerdem sind
Kontrollen wichtig, um Risiken wie eine Zunahme von Krankheiten, die durch
Nahrungsmittel oder Wasser übertragen werden, oder einen Anstieg der
Arbeitsbelastung von Frauen zulasten der Kinderbetreuung zu reduzieren. Darüber
hinaus wird die EU für die Kohärenz und Konsistenz ihrer Politik in den
verschiedenen für die Ernährungssicherheit relevanten Bereichen sorgen, wie
Handel, Klimawandel, Gesundheit, Umwelt, Beschäftigung usw. Die EU wird ihre Zusammenarbeit mit
institutionellen Akteuren, d. h. den Partnerländern, EU-Mitgliedstaaten
und anderen bilateralen Gebern, internationalen Organisationen und globalen
Netzen (wie „Scaling Up Nutrition“ (SUN), humanitäres Cluster-System)
intensivieren. Darüber hinaus sollte die EU ihre Partnerschaften mit
nichtinstitutionellen Akteuren ausbauen und stärken. Soweit möglich und
sinnvoll sollte die EU für eine maximale Nachhaltigkeit der Maßnahmen sorgen,
indem sie sich dafür einsetzt, dass diese in nationale politische
Rahmenkonzepte und Pläne Eingang finden. Die EU sollte ihre Partnerschaften mit
zivilgesellschaftlichen Gruppen, gemeinnützigen Organisationen und
Forschungseinrichtungen ausbauen. Dabei sollte sie sich deren Fachwissen
zunutze machen, zur Schaffung günstiger Rahmenbedingungen für die
Teilhabe/Mobilisierung der Bürger und eine gute Regierungsführung beitragen und
gegebenenfalls die Umsetzungskapazitäten dieser Partner stärken. Die EU sollte sich zudem um eine weitergehende
Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft bemühen. So soll es Unternehmen
erleichtert werden, sich für die Bekämpfung der Unterernährung zu engagieren,
damit ihre komparative Vorteile und ihr Fachwissen (z. B. in den Bereichen
Kontrolle der Produktsicherheit, Nahrungsanreicherung, Zertifizierung,
Kommunikationstechnologien und Bewusstseinsbildung durch Sozialmarketing)
genutzt werden können. Auf diese Weise wird die EU ein verantwortungsvolles
unternehmerisches Handeln, die Übernahme von sozialer Verantwortung durch
Unternehmen, eine vernünftige Politik und ein entsprechendes Regelungsumfeld
sowie die Vermeidung von Interessenkonflikten und ungerechtfertigten Vorteilen
fördern. Ziele Die in dieser Mitteilung umrissene Politik
zielt auf die Verbesserung der Ernährung von Mutter und Kind, um die Mortalität
und Morbidität sowie Wachstums- und Entwicklungsstörungen aufgrund von
Unterernährung zu reduzieren. Die spezifischen Ziele sind auf zwei Ebenen
angesiedelt: ·
Verringerung der Zahl der unter Wachstumsstörungen
aufgrund chronischer Unterernährung (Stunting) leidenden Kinder unter fünf
Jahren. ·
Verringerung der Zahl der unter akutem Untergewicht
(Wasting) leidenden Kinder unter fünf Jahren. Das erste Ziel entspricht dem 2012 von der
Weltgesundheitsversammlung (WHA) vereinbarten ersten globalen Ziel, die
Gesamtzahl der unter Stunting leidenden Kinder unter fünf Jahren bis zum Jahr
2025 um 40 % zu verringern[22]. Dies entspräche einem
Rückgang der Zahl der von Stunting betroffenen Kinder bis 2025 um über
70 Millionen. Bei Fortsetzung der aktuellen Trends würde diese Zahl jedoch
nur um etwa 40 Millionen sinken und damit weit hinter dem WHA-Ziel
zurückbleiben. Weltweit ist beim Stunting derzeit ein Rückgang um
durchschnittlich 1,8 % pro Jahr zu verzeichnen. Soll das WHA-Ziel erreicht
werden, muss dieser Prozentsatz auf 3,9 % angehoben werden. Daher müssen
die kollektiven Anstrengungen erheblich verstärkt werden, wenn es gelingen
soll, die aktuelle Rückgangsquote zu verdoppeln. Die Kommission
hat sich daher verpflichtet, die Partnerländer dabei zu unterstützen, die Zahl
der unter Stunting leidenden Kinder unter fünf Jahren bis 2025 um mindestens
7 Millionen, d. h. um mehr, als nach den aktuellen Trends zu erwarten
wäre, zu senken. Dass die Reduzierung des Stunting zu einem
spezifischen Ziel erklärt wird, zeigt die Entschlossenheit der EU, gegen dieses
wesentliche Hindernis für die menschliche und wirtschaftliche Entwicklung
vorzugehen. Dies schließt jedoch nicht aus, dass die EU auch Unterstützung bei
der Bekämpfung anderer Formen von Fehlernährung leisten kann, die die
öffentliche Gesundheit beeinträchtigen und gegen die die Partnerregierungen
vorrangig vorgehen wollen. Das zweite Ziel ist ebenfalls an ein globales
WHA-Ziel angeglichen. Die Kommission wird im Rahmen ihrer Gesamtstrategie zum
globalen Ziel der WHA von 2012 beitragen, den Anteil der unter Wasting
leidenden Kinder auf unter 5 % zu verringern und zu halten[23].
Wenn in humanitären Krisen die Sterberate oder das Auftreten von Wasting
die kritischen Werte[24] überschreiten, sollte
die EU tätig werden, um die durch Unterernährung verursachte Sterblichkeit zu
reduzieren. 3. Strategische Prioritäten Unter Berücksichtigung des Kontexts, der damit
verbundenen Herausforderungen und der genannten Grundsätze hat die Kommission
im Einklang mit den obigen Erkenntnissen drei strategische Prioritäten für ihre
Maßnahmen im Bereich Ernährung von Mutter und Kind ermittelt. Strategische Priorität Nr. 1: Stärkere
Mobilisierung und mehr politisches Engagement für Ernährung Auf Länderebene sollen der politische Dialog
und Advocacy-Arbeit zur Mobilisierung und zu politischem Engagement beitragen.
Für die Bekämpfung der Unterernährung ist entscheidend, dass die betreffenden
Länder eine führende Rolle und Eigenverantwortung übernehmen. Die EU sollte in
enger Zusammenarbeit mit der SUN-Bewegung die SUN-Mitglieder, auch die
Partnerländer, dazu anhalten, konkrete gegenseitige Verpflichtungen zur
Verringerung der Unterernährung bei Müttern und Kindern einzugehen. Die
Kommission und einige Mitgliedstaaten haben bereits in einer Reihe von Ländern
SUN-Gebertreffen veranstaltet, um die Anstrengungen dieser Länder zu
unterstützen, um Ressourcen zu mobilisieren und um für eine größere Kohärenz
zwischen den Maßnahmen der Geber und zwischen denjenigen der internationalen
Gemeinschaft insgesamt zu sorgen. Auf internationaler Ebene sollte sich die EU
um eine stärkere Harmonisierung, mehr Kohärenz und ein wirksameres Vorgehen der
internationalen Gemeinschaft bemühen. Sie sollte sich an einschlägigen
Prozessen beteiligen, insbesondere im Rahmen der G8/G20, der WHA, des
Ausschusses für Welternährungssicherheit, der SUN-Bewegung, des UNSCN
(Ständiger Ausschuss der Vereinten Nationen für Ernährung), des
Ernährungshilfe-Ausschusses und des humanitären Cluster-Systems. Unter anderem
sollte die EU zu einer besseren Koordinierung von Ernährungsfragen zwischen den
verschiedenen Bereichen und mit den internationalen Akteuren beitragen, die an
ernährungsbezogenen Maßnahmen in humanitären Krisen beteiligt sind,
insbesondere in denjenigen internationalen Organisationen, in denen sie
aufgrund ihrer Finanzbeiträge großes Gewicht hat. Außerdem sollte die EU die
SUN-Bewegung dabei unterstützen, weitere betroffene Länder für die Teilnahme zu
gewinnen, ein hohes Maß an politischem Engagement und Führung
aufrechtzuerhalten und zur Koordinierung der internationalen Bemühungen
beizutragen. Sie wird sich mit den EU-Mitgliedstaaten abstimmen, um ein
wirksameres Vorgehen, eine stärkere sektorübergreifende Mobilisierung und eine
breite Beteiligung an den internationalen Anstrengungen zu fördern. Sie wird
sich dafür einsetzen, dass dem Thema Ernährung auf der Entwicklungsagenda für
die Zeit nach 2015 ein hoher Stellenwert eingeräumt wird. Die Kommission
erkennt die wichtige Rolle der Zivilgesellschaft an, die diese im Hinblick auf
die Gewährleistung des politischen Engagements dieser Länder spielen kann. Um die Politikgestaltung im Ernährungsbereich
sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene zu verbessern, wird
sich die EU ihre Rolle in der SUN-Bewegung und insbesondere den Einfluss der
„Lead Group“, des SUN-Lenkungsgremiums, zunutze machen. Dieser Gruppe gehören
Staatschefs, Leiter von Entwicklungseinrichtungen einschließlich des EU-Entwicklungskommissars,
Leiter von UN-Einrichtungen sowie führende Vertreter der Zivilgesellschaft und
der Privatwirtschaft an. Strategische Priorität Nr. 2: Verstärkung
der Maßnahmen auf Länderebene Eine Verstärkung der Maßnahmen auf Länderebene
setzt eine bessere Nutzung der vorhandenen Ressourcen und zusätzliche
finanzielle Mittel voraus, damit hinsichtlich der Ernährung bessere Ergebnisse
erzielt werden können. Die EU sollte ihren finanziellen Beitrag zu
Ernährungsmaßnahmen erhöhen und die Ausarbeitung von Programmen fördern, die
dem Ernährungsaspekt zuträglich sind. Sie sollte sich gegenüber anderen
Regierungen aktiv für diese Strategie einsetzen. Im Entwicklungskontext richtet die EU ihre
Außenhilfe an den Prioritäten und der Politik der Partnerländer aus, um sie bei
der Umsetzung ihrer nationalen Pläne zu unterstützen. a) Stärkung der personellen und
institutionellen/systemeigenen Kapazitäten Die EU sollte die Entwicklung von nationalen
Rahmenvorgaben fördern, die auf eine bessere Ernährung von Mutter und Kind
abzielen (d. h. einschließlich Ernährungszielen, Sollvorgaben, Indikatoren
und Haushaltsmitteln). Sie wird Folgendes unterstützen: ·
die Entwicklung von regierungseigenen Strategien
und Aktionsplänen (einschließlich Kostenkalkulation)[25]
für Ernährung, ·
Mechanismen zur Verbesserung der Koordinierung
zwischen Sektoren und zwischen humanitären und entwicklungspolitischen
Akteuren, um den Informationsaustausch, den Dialog, die gemeinsame Planung, die
Zusammenarbeit und die Aufgabenteilung zu erleichtern, ·
die Entwicklung von strategischen und
Managementkapazitäten in den einschlägigen Gremien (z. B. Ministerien und
Koordinierungsstrukturen für humanitäre Hilfe), ·
den Aufbau ernährungsspezifischer Fachkapazitäten
bei humanitären und entwicklungspolitischen Akteuren in den Bereichen ländliche
Entwicklung, nachhaltige Landwirtschaft, Ernährungssicherheit, öffentliche
Gesundheit, Wasser- und Sanitärversorgung, Sozialschutz und Bildung. b) Verstärkte Durchführung von
Maßnahmen, die speziell auf die Ernährungsproblematik im humanitären und im
Entwicklungskontext zugeschnitten sind Die EU sollte mehr in nachweislich wirksame
Maßnahmen für alle stark von Unterernährung betroffenen Länder investieren.
Derartige Maßnahmen werden häufig in drei Kategorien eingeteilt: 1) auf Verhaltensänderungen
abzielende Kommunikationsmaßnahmen (z. B. Förderung des Stillens und einer
angemessenen Beikost), 2) Bereitstellung von Mikronährstoffen und
Entwurmungsmaßnahmen (z. B. Eisenergänzung oder ‑anreicherung) und
3) Bereitstellung von Ergänzungs-/Zusatznahrung und therapeutische
Ernährungsmaßnahmen. Letzteres kommt vor allem dort zum Tragen, wo Wasting ein
Problem für die öffentliche Gesundheit darstellt (etwa in humanitären Krisen).
Die Kategorien und Listen ernährungsspezifischer Maßnahmen, deren Nutzen
hinreichend belegt ist, um sie in großem Umfang in Ländern mit hoher
Unterernährung durchzuführen, wird aktualisiert, sobald neue Erkenntnisse
vorliegen. Darüber hinaus sollte die EU Maßnahmen unterstützen, die sich in
bestimmten Situationen als wirksam bewährt haben. Dies betrifft eine Reihe von
Maßnahmen, die für einen spezifischen Kontext konzipiert wurden, etwa zur
Diversifizierung der Ernährung durch besseren Zugang der Haushalte zu
nährstoffreichen Nahrungsmitteln oder durch Bereitstellung von Bargeld zur
Verbesserung der Ernährung von Mutter und Kind. Die Verhütung und Bekämpfung der
Unterernährung von Frauen im gebärfähigen Alter ist eine wesentliche
Voraussetzung für die Verringerung der Unterernährung von Mutter und Kind. c) Verstärkung ernährungsrelevanter
Maßnahmen im humanitären und entwicklungspolitischen Kontext ·
Mit diesen Maßnahmen werden grundsätzlich die
tiefer liegenden und grundlegenden Ursachen der Unterernährung angegangen
(z. B. ein Wasser- und Sanitärprogramm zur Verbesserung der
Hygienebedingungen und zur Verringerung der Arbeitsbelastung der Frauen durch
Erleichterung des Zugangs zu Wasser, ein Ernährungssicherungsprogramm, das
speziell der Diversifizierung der Nahrungsaufnahme dient, oder die Förderung
einer kostenlosen Gesundheitsversorgung für Personen, die in einer humanitären
Krise von akutem Gewichtsverlust bedroht sind). Voraussetzung hierfür ist, dass
Ernährungsbelange in verschiedenen Sektorkonzepten berücksichtigt werden, so
dass in der Praxis bessere Ergebnisse bei der Ernährung erzielt werden. Dies
kann folgendermaßen erreicht werden: ·
systematische Berücksichtigung des
Ernährungsaspekts bei der Situationsanalyse und der Entscheidung über
Sektorstrategien, Maßnahmen und Zielvorgaben. In vielen Sektoren besteht
Potenzial für Beiträge zur Ernährung, ob diese nun gezielt herbeigeführt werden
oder sich als Nebeneffekt ergeben. Die relevantesten Sektoren sind vermutlich:
Ernährungssicherheit (einschließlich kleinbäuerlicher Landwirtschaft, Maßnahmen
zur Verbesserung der ländlichen Existenzgrundlagen und Sozialtransfers),
Gesundheit, Sozialschutz, Wasser- und Sanitärversorgung und Bildung, ·
Einbeziehung ernährungsrelevanter Indikatoren in
den Monitoring-Rahmen, ·
Durchführung von Maßnahmen, die auf die Stärkung
der Wirtschaftskraft der Haushalte und Frauen unter Erhalt ihrer Kapazitäten
zur Betreuung kleiner Kinder abzielen. Strategische Priorität Nr. 3:
Ernährungsspezifisches Wissen (Verbesserung des Fachwissens und der
Wissensbasis) Diese strategische Priorität hat zwei
Dimensionen: Verbesserung der Informationsgrundlage für die
Entscheidungsfindung und Bereitstellung von Fachwissen/technischer Hilfe. a) Informationen für die
Entscheidungsfindung Die EU erkennt die maßgebliche Bedeutung
relevanter, verlässlicher Informationen für eine fundierte Entscheidungsfindung
an. Daher wird sie in angewandte Forschung investieren und Informationssysteme
unterstützen. ·
Angewandte Forschung Die EU sollte in Forschung investieren, um die
auf Fakten basierenden Erkenntnisse über Effizienz und Wirksamkeit der
verschiedenen Maßnahmen in unterschiedlichen Kontexten zu vertiefen. Dies
dürfte eine sachlich fundiertere Politikgestaltung und Konzipierung der
Maßnahmen ermöglichen und die Handlungsoptionen in den verschiedenen
Schlüsselsektoren (z. B. Gesundheit, Wasser- und Sanitärversorgung,
nachhaltige Landwirtschaft, Ernährungssicherheit) erweitern. Auch wenn theoretisch viel für die positiven
ernährungsphysiologischen Auswirkungen von Ernährungssicherungsprogrammen
spricht, ist dies empirisch kaum belegt und die Faktenbasis muss dringend
erweitert werden. Die EU hat als einer der weltweit größten Geber in den
Bereichen Ernährungssicherung und humanitäre Ernährungshilfe eindeutig einen
erheblichen komparativen Vorteil und zudem die Verantwortung, diese
Erkenntnislücke zu schließen. Sie wird Forschungstätigkeiten unterstützen, mit
denen die Faktenbasis verbessert werden soll, indem die Leistungen
verschiedener Ernährungssicherungs- und Ernährungshilfestrategien in den
Bereichen miteinander verglichen werden. Im Falle von Maßnahmen, für die gesicherte
(allgemeine oder kontextspezifische) Erkenntnisse vorliegen, sollte die EU
Forschungstätigkeiten unterstützen, die der Ermittlung praktikabler
Umsetzungsmechanismen dienen, damit von kleinen zu landesweiten Maßnahmen
übergegangen werden kann. ·
Informationssysteme Die EU sollte insbesondere in
krisengefährdeten Ländern Informationssysteme unterstützen, um: –
die Qualität und Relevanz der Informationsgrundlage
für die Entscheidungsfindung zu verbessern, –
die Verbreitung und Nutzung der Informationen für
die Entscheidungsfindung zu erleichtern, –
die Institutionalisierung und Nachhaltigkeit dieser
Systeme zu fördern, –
die Koordinierung der verschiedenen Initiativen und
Systeme zu verbessern, die Ernährungsdaten und/oder ernährungsrelevante
Informationen liefern. b) Fachwissen und Unterstützung
beim Kapazitätsaufbau Neben finanziellen Ressourcen wird die
Kommission auch Fachwissen und technische Hilfe für die Umsetzung der
vorliegenden Mitteilung im Rahmen ernährungsspezifischer Aktionspläne und
Strategien der einzelnen Länder bereitstellen. Dies richtet sich an die
Delegationen der EU, gegebenenfalls an die ECHO-Büros und wenn machbar an die
entsprechenden Regierungsstellen und Partner. 4. Rechenschaftslegung Die Kommission wird die Verwendung der von ihr
investierten Finanzmittel verfolgen und die Ergebnisse sowohl der
ernährungsspezifischen als auch der ernährungsrelevanten Maßnahmen überwachen.
Auf diese Weise können nicht nur die Wirksamkeit des Ressourceneinsatzes,
sondern auch die Trends (wie viel wo und wofür ausgegeben wird) analysiert
werden. Die Kommission will mit ihrer
Berichterstattung den europäischen Bürgern, den Partnerländern, den
EU-Mitgliedstaaten, den Partnerorganisationen und den Empfängern gegenüber
umfassend Rechenschaft ablegen. a) Monitoring/Messung der
Ergebnisse Die Kommission wird ein System zur Bewertung
der ernährungsrelevanten Ergebnisse ihrer Maßnahmen entwickeln, wobei der
Schwerpunkt auf der Verringerung des Stunting liegt. Dies stellt eine
grundsätzliche Abkehr von der bloßen Messung von Inputs und Outputs dar. Die
Kommission hat sich selbst das Ziel gesteckt, objektiv zu bewerten, in welchem
Umfang ihre Anstrengungen zu der angestrebten Verringerung des Stunting
beitragen. Sie wird sich um Aufbau eines gemeinsamen Monitoringsystems der
Entwicklungspartner und Länder für den Ernährungsbereich bemühen. Die
Kommission wird auch weiterhin über die Ergebnisse ihrer Maßnahmen zur
Bekämpfung der Unterernährung in humanitären Krisen berichten. b) Verfolgung der Mittelverwendung Die EU sollte ihr System zur Verfolgung der in
den Ernährungsbereich investierten Mittel ausbauen, um präzisere Daten über die
relativen Ausgaben für ernährungsspezifische bzw. ernährungsrelevante Maßnahmen
zu erhalten. Eine bessere Mittelverfolgung ist eine wesentliche Voraussetzung
für eine systematischere Rechenschaftslegung im Ernährungsbereich. Ferner wird
die EU dazu beitragen, dass unter der Federführung der SUN-Bewegung ein
gemeinsames System der Entwicklungspartner und Länder zur Verfolgung der
Mittelflüsse entsteht. Außerdem wird geprüft werden, ob zusätzlich zum System
der OECD/DAC-Codes ein „Ernährungsmarker“-System zum Einsatz kommen soll.
Dadurch dürfte für eine präzisere Berichterstattung und für mehr Kohärenz
zwischen den Gebern gesorgt werden, so dass es möglich wird, fundiertere
Erkenntnisse über die ernährungsbezogenen Mittelflüsse insgesamt zu erlangen
und die Rechenschaftslegung auf allen Ebenen zu stärken. Ein weiterer Beitrag
zur Genauigkeit dürfte die Anwendung von Kriterien sein, die an den Zielen und
erwarteten Ergebnissen der einzelnen Maßnahmen ausgerichtet sind. Die
Informationen sollen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und überprüft
werden, damit im Falle von Fehlentwicklungen oder Lücken entsprechend Abhilfe
geschaffen werden kann. 5. Ausblick – Zusammenfassung des weiteren
Vorgehens der EU Mit ihrem ausdrücklichen Engagement für die
Ernährung von Mutter und Kind übernimmt die EU eine Führungsrolle im Kampf
gegen den Hunger und die Ernährungsunsicherheit in der Welt. Diese Mitteilung
zeigt auf, wie im Ernährungsbereich bessere Ergebnisse erzielt werden können: 1. Die EU sollte die Länder bei
ihren Anstrengungen im Kampf gegen die Unterernährung und ihrer verheerendsten
Auswirkungen – Stunting und Wasting – unterstützen. Das Ernährungsproblem
anzugehen, ist in erster Linie Aufgabe der Partnerländer. Diese werden
ermutigt, Strategien und Aktionspläne einschließlich Kostenkalkulation zu
erstellen und hierfür auch selbst Mittel bereitzustellen. Gemäß den Grundsätzen
für die Wirksamkeit der Hilfe sollte die EU-Entwicklungshilfe auf die Politik
und die Prioritäten der Partner ausgerichtet sein. Außerdem wird die EU die
Kohärenz ihrer politischen Maßnahmen sicherstellen, die mit Auswirkungen auf
die Ernährungssicherheit verbunden sind. 2. Die ersten
1 000 Tage eines Menschenlebens werden für die Verhütung von
Unterernährung und ihrer Folgen als entscheidend angesehen. Die EU sollte daher
zur Verbesserung der Ernährung von Mutter und Kind beitragen. Außerdem sollten
Mädchen und Frauen im gebärfähigen Alter eine vorrangige Zielgruppe sein. 3. Die humanitären Maßnahmen in
Krisensituationen werden sich auf die am stärksten gefährdeten Personen
konzentrieren, die unter akuter Unterernährung leiden oder leiden könnten. In
solchen Situationen sollte die EU im Hinblick auf die Stärkung der Resilienz
auch das Problem der chronischen Unterernährung angehen. 4. Mehr Investitionen in die
Ernährung sind erforderlich, um diesbezüglich bessere Ergebnisse zu erzielen,
ob im Entwicklungs- oder im humanitären Kontext. Die Kommission wird für
derartige Investitionen Rahmenvorgaben für die Rechnungslegung entwickeln. Sie
wird Instrumente zur gemeinsamen Nutzung entwickeln, um die Verwendung der in
den Ernährungsbereich investierten Mittel zu verfolgen, ebenso wie eine Methode
zur Messung der Wirkung und der Ergebnisse von Anstrengungen zur Bekämpfung der
Unterernährung. Die Kommission hat sich verpflichtet, die Partnerländer bei der
Verringerung der Zahl der unter Stunting leidenden Kinder unter fünf Jahren bis
2025 um mindestens 7 Millionen zu unterstützen und einen Rahmen für die
Rechenschaftslegung zu entwickeln, der die Messung und Verfolgung der
Fortschritte ermöglicht. 5. Das Ernährungsproblem muss im
Rahmen eines sektorübergreifenden Konzepts angegangen werden. Die EU sollte
daher eine Herangehensweise fördern, die der Notwendigkeit Rechnung trägt, die
Politik in den Bereichen ländliche Entwicklung, nachhaltige Landwirtschaft,
öffentliche Gesundheit, Wasser- und Sanitärversorgung, Sozialschutz und Bildung
so anzugleichen, dass sie zur Erhöhung der Ernährungssicherheit und zur
effektiven Verbesserung des Ernährungszustands von Frauen und Kindern beiträgt.
Die Ernährungslage in den Ländern wird systematisch überprüft werden, damit die
EU sicherstellen kann, dass Ernährungsbelange in den einschlägigen
Sektorkonzepten berücksichtigt werden, und bei der Durchführung sowohl der
humanitären als auch der Entwicklungshilfe verstärkt auf bessere Ergebnisse im
Ernährungsbereich geachtet wird. 6. Die Inangriffnahme des
Ernährungsproblems erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen den Akteuren der
humanitären Hilfe und der Entwicklungshilfe. Die EU setzt sich für die
Intensivierung dieser Zusammenarbeit ein, z. B. durch gemeinsame
Vulnerabilitätsanalysen und eine gemeinsame operative Planung, wenn es um die
Stärkung der Resilienz stark gefährdeter Bevölkerungsgruppen geht. 7. Die EU sollte in Forschung
investieren, um die Erkenntnisse über Effizienz und Wirksamkeit der verschiedenen
ernährungsbezogenen Maßnahmen auf eine fundiertere Grundlage zu stellen. Sie
wird darüber hinaus Informationssysteme und den Aufbau von Fachwissen und
Kapazitäten für Ernährungsfragen fördern. 8. Das Engagement von
Unternehmen ist für die Bekämpfung der Unterernährung ein wesentliches Element.
Die EU sollte sich für eine Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft einsetzen,
durch die ein verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln gefördert wird. 9. Die EU sollte dem Thema
Ernährung in internationalen Gremien wie der G8/G20, der WHA oder dem Ausschuss
für Welternährungssicherheit mehr Gewicht verleihen und sich weiterhin an
Schlüsselinitiativen wie der SUN-Bewegung, dem UNSCN, dem
Ernährungshilfe-Ausschuss, der Initiative „Zero Hunger Challenge“, der
Internationalen Ernährungskonferenz (ICN2) und dem humanitären Cluster-System
beteiligen. Ferner sollte die EU darauf hinwirken, dass der Ernährung in der
Entwicklungsagenda für die Zeit nach 2015 ein hoher Stellenwert eingeräumt
wird. Sie wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass in dieser Frage auf
internationaler Ebene ein gezielterer und systematischerer Ansatz verfolgt
wird. 10. Die SUN-Bewegung hat dazu
beigetragen, die Ernährungsproblematik ins Bewusstsein der internationalen
Gemeinschaft zu rufen. Die Kommission wird auch künftig die Arbeit dieser
Bewegung und deren Anstrengungen zur Verringerung der Unterernährung in den
einzelnen Ländern unterstützen. Sie wird weitere betroffene Länder und
Geberländer ermuntern, sich der Bewegung anzuschließen. Diese Mitteilung wird durch ein
Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen über Unterernährung in
Notsituationen ergänzt, in dem die Grundsätze der humanitären Hilfe bei
Ernährungsproblemen sowie die bewährte Praxis beschrieben werden. Das Europäische Parlament und der Rat werden
ersucht, sich zu der von der Kommission vorgeschlagenen Vorgehensweise zu
äußern. Anhang
1: Glossar
Ernährungssicherheit ist gegeben, wenn alle Menschen jederzeit physischen und
wirtschaftlichen Zugang zu ausreichender, unbedenklicher und nährstoffreicher
Nahrung haben, die ihren Ernährungsbedürfnissen und ‑präferenzen im
Hinblick auf ein aktives und gesundes Leben gerecht wird. Humanitäre Krise
bezeichnet ein Ereignis oder eine Reihe von Ereignissen, die eine kritische
Bedrohung der Gesundheit, der Sicherheit oder des Wohlergehens einer
Gemeinschaft oder eines anderen großen Bevölkerungsgruppe darstellen.
Humanitäre Krisen können natürliche oder anthropogene Ursachen haben, rasch
oder allmählich entstehen und von kurzer oder langer Dauer sein. Fehlernährung
bezeichnet einen physischen Zustand im Zusammenhang mit der
Nährstoffverwertung. Es gibt zwei Formen der Fehlernährung: Unterernährung und
Überernährung. Mikronährstoffmangel ist eine Form der Unterernährung, bei der Vitamine und Mineralien
fehlen. Ein Mangel an Eisen, Jod, Vitamin A und Zink gehört zu den zehn
häufigsten krankheitsbedingten Todesursachen in den Entwicklungsländern. Ernährung
bezeichnet die Art und Weise, in der Nährstoffe und andere in Nahrung
enthaltene Substanzen sich allein oder in Kombination auf die Gesundheit
auswirken. Unterernährung
bedeutet i) Wachstumsverzögerungen im Mutterleib und infolgedessen geringes
Geburtsgewicht, ii) Stunting, iii) Wasting und Hungerödeme, iv) Mangel an
wichtigen Mikronährstoffen. Untergewicht haben
Kinder, deren Gewicht im Verhältnis zu ihrer Körpergröße zu gering ist
(Wasting) oder die für ihr Alter zu klein sind (Stunting). Wasting ist ein
Zustand infolge eines kürzlich eingetretenen akuten Gewichtsverlusts oder des
Ausbleibens einer Gewichtszunahme während eines kurzen Zeitraums. Kriterium ist
ein zu geringes Körpergewicht im Verhältnis zur Größe. Stunting
bezeichnet einen Zustand chronischer Unterernährung, der durch eine zu geringe
Körpergröße im Verhältnis zum Alter gekennzeichnet ist. Da die Größe im
Verhältnis zum Alter auf einen längeren Zeitraum verweist, ist dieser Wert für
die langfristige Planung und Politikgestaltung von größerem Nutzen. [1] KOM(2011) 637. [2] Dok. 9369/12. [3] KOM(2011) 127 und KOM(2010) 126. [4] Dok. 9597/10. [5] KOM(2012) 586. [6] Alliance Globale pour l’Initiative Résilience (Globale
Allianz für die Resilienz-Initiative). [7] Supporting the Horn of Africa’s Resilience
(Unterstützung der Resilienz am Horn von Afrika). [8] SEC(2010) 265. [9] Black R. E. et al., Maternal and child undernutrition:
global and regional exposures and health consequences, The Lancet, 2008. [10] UNICEF, WHO, The World Bank, Levels & Trends in
Child Malnutrition, 2012 (Daten aus dem Jahr 2011). [11] UNICEF, Levels and trends in child mortality,
2011. [12] UNICEF, WHO, The World Bank, Levels & Trends in
Child Malnutrition, 2012 (Daten aus dem Jahr 2011). [13] Ebenda. [14] De Benoist B. et al., Worldwide
Prevalence of Anemia 1993-2005: WHO Global Database on Anaemia, WHO and
Centers for Disease Control and Prevention, 2008. [15] Ebenda. [16] WHO, WFP, UNICEF, Preventing and controlling
micronutrient deficiencies in populations affected by an emergency - Multiple
vitamin and mineral supplements for pregnant and lactating women, and for
children aged 6 to 59 months, 2007. [17] Black R. E. et al., Maternal and child
undernutrition: global and regional exposures and health consequences, The
Lancet, 2008. [18] S Grantham-McGregor et al., Development potential in
the first 5 years for children in developing countries, The Lancet, 2007. [19] World Bank, Repositioning
Nutrition as Central to Development - A Strategy for Large-Scale Action, 2006. [20] Einschließlich der Sensibilisierung von Frauen für
diesbezügliche Fragen und gegebenenfalls des Themas reproduktive Gesundheit. [21] Die Lösung könnte zum Teil in einer sich stark auf die
lokalen Gemeinschaften stützenden Politik für den ländlichen Raum mit
sektorübergreifender Ausrichtung bestehen. [22] WHO, fünfundsechzigste Tagung der
Weltgesundheitsversammlung, A65/11, 2012. [23] WHO, fünfundsechzigste Tagung der
Weltgesundheitsversammlung, A65/11, 2012. [24] Sterberate bei Kindern unter 5 Jahren >2/10 000 am
Tag; GAM (globale akute Mangelernährung) >15% bzw. GAM >10% bei Vorliegen
erschwerender Faktoren (Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen „Undernutrition
in Emergencies“). [25] Einschließlich der eigenen Investitionen des betreffenden
Landes.