MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN RAUMFAHRTINDUSTRIEPOLITIK DER EU ENTFALTUNG DES WACHSTUMSPOTENZIALS IM RAUMFAHRTSEKTOR /* COM/2013/0108 final */
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS
EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND
SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN RAUMFAHRTINDUSTRIEPOLITIK DER EU
ENTFALTUNG DES WACHSTUMSPOTENZIALS IM
RAUMFAHRTSEKTOR 1. ein strategischer
Wirtschaftszweig, der zur verwirklichung der strategie europa 2020
beitragen wird Die Raumfahrt ist nicht nur aus
technologischer Sicht bedeutsam. Sie hatte stets eine ausgeprägte politische
Dimension, die sie auch in Zukunft haben wird und die auf europäischer Ebene
bislang nicht angemessen entwickelt wurde. Die Europäische Weltraumorganisation
(ESA) wurde als zwischenstaatliche Forschungs- und Entwicklungsorganisation
konzipiert, die es Europa ermöglichen soll, bestimmte einzigartige
wissenschaftliche und technologische Fähigkeiten zu entwickeln und den weltweit
führenden Raumfahrtnationen auf Augenhöhe zu begegnen. Sie trifft jedoch keine
politischen Entscheidungen. In den letzten Jahrzehnten wurde die politische
Dimension der Raumfahrt in Europa durch die jeweilige nationale Politik der
Länder bestimmt, die auf diesem Gebiet am aktivsten sind. Angesichts der
zunehmenden Konkurrenz durch neue Raumfahrtnationen könnte das politische
Gewicht dieser Einzelstaaten jedoch nicht mehr ausreichend sein, um den
künftigen Herausforderungen zu begegnen. Eine EU-Raumfahrtpolitik könnte die
europäische Identität auf internationaler politischer Ebene stärken.
Gleichzeitig könnte ein Eingreifen der EU der Raumfahrt einen stärkeren
politischen Impetus verleihen, indem beispielsweise die richtigen
Rahmenbedingungen geschaffen werden, um Raumfahrtaktivitäten in Europa sowie
die weltweite Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie zu erhalten und
zu fördern. Artikel 189 AEUV, in dem der EU ein klares Mandat erteilt wird,
in Raumfahrtangelegenheiten tätig zu werden, könnte hier eine Veränderung
bewirken. Die Raumfahrt steht im Dienst der europäischen
Bürger. Viele Systeme und Dienste, die heutzutage von entscheidender Bedeutung
für unser Wohlbefinden und unsere Sicherheit sind, sind von der Raumfahrt
mittelbar oder unmittelbar abhängig. Ohne sich dessen bewusst zu sein, greifen
die europäischen Bürger auf weltraumgestützte Technik zurück, wenn sie ihre
Mobiltelefone benutzen, finanzielle Transaktionen vornehmen, mit dem Flugzeug
verreisen, die Wettervorhersage anschauen oder in ihrem Auto nach dem nächsten
Restaurant suchen. Der Weltraum ist Teil unseres täglichen Lebens geworden. Die Raumfahrt ist eine treibende Kraft für
Wachstum und Innovation; sie trägt unmittelbar dazu bei, die Ziele der
Strategie Europa 2020, der Wachstumsstrategie Europas für eine
intelligente, nachhaltige und integrative Wirtschaft[1], zu erreichen. Der
Raumfahrtsektor treibt den wissenschaftlichen Fortschritt voran und ermöglicht
Systeme und Dienste mit Wachstumspotenzial auf Gebieten wie der
Telekommunikation, der Navigation und der Erdbeobachtung. Diese Systeme und
Dienste gewährleisten die Unabhängigkeit und Sicherheit der EU. Sie helfen uns
dabei, wichtigen gesellschaftlichen Herausforderungen wie dem Klimawandel, der
Ressourcenknappheit, der Gesundheit oder der Alterung unserer Bevölkerung zu
begegnen. Sie liefern strategisch wichtige Kenntnisse, auf die die
Außenbeziehungen der EU in Bereichen wie der Entwicklungshilfe und der
humanitären Hilfe aufbauen können. Sie stimulieren außerdem Innovation und
Wettbewerbsfähigkeit weit über die Grenzen des Raumfahrtsektors hinaus und
tragen in praktisch allen Wirtschaftsräumen zu Wachstum und der Schaffung von
Arbeitsplätzen bei. Im Dezember 2008 betonte der Europäische Rat
den potenziellen Einfluss der Raumfahrt auf Innovationen und den
Wirtschaftsaufschwung. Im Mai 2009 wies der Weltraumrat auf seiner sechsten
Tagung nachdrücklich darauf hin, „dass die bestehenden Mechanismen zur
Unterstützung von Innovationen auf europäischer, nationaler und regionaler
Ebene mobilisiert und neue Unterstützungsinstrumente zur gegenseitigen
Stimulierung von Wissen, Innovation und Ideen zwischen dem Raumfahrtsektor und
anderen Sektoren sowie zwischen der Raumfahrtindustrie und den führenden
Forschungsorganisationen und Universitäten in Betracht gezogen werden müssen“. Die Kommission legte im Anschluss an die
Verabschiedung ihrer Leitinitiative „Innovationsunion“ ihren Vorschlag für das
Programm „Horizont 2020“ innerhalb des nächsten mehrjährigen Finanzrahmens vor,
der auch Forschung und Innovation umfasst. Von den vorgeschlagenen
80 Mrd. EUR sollen 1,7 Mrd. EUR in Forschung und Innovation
auf dem Gebiet der Raumfahrt investiert werden. Die Raumfahrt hat sich überdies zu einem
globalen Geschäft entwickelt. Der europäische Raumfahrtsektor sieht sich einer
zunehmenden Konkurrenz durch neue Raumfahrtnationen wie China und Indien
gegenüber. EU-Maßnahmen auf dem Gebiet der Raumfahrt müssen zusammen mit denen
der Mitgliedstaaten und der ESA auf die Stärkung der weltweiten
Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Raumfahrtsektors abzielen. Die strategische Bedeutung und die
Besonderheiten dieses globalen Wirtschaftszweigs erfordern einen auf die
Raumfahrt zugeschnittenen industriepolitischen Ansatz, der die Notwendigkeit
berücksichtigt, Kostenwirksamkeit und Wettbewerbsfähigkeit in weltweitem
Maßstab zu gewährleisten; dabei müssen eine ständige Festigung und
Weiterentwicklung von Fertigkeiten und Kompetenzen auf dem neuesten Stand sichergestellt
und das entschiedene Engagement für Wirtschaftswachstum entsprechend der
Strategie Europa 2020 bekräftigt werden. Die Kommission unterstrich in
ihrer im Oktober 2010 angenommenen Mitteilung über die Industriepolitik der EU[2] ihre Absicht, eine in Zusammenarbeit
mit der ESA und den EU-Mitgliedstaaten entwickelte Raumfahrtindustriepolitik zu
betreiben. Die Mitteilung mit dem Titel „Auf dem Weg zu einer Weltraumstrategie
der Europäischen Union im Dienst der Bürgerinnen und Bürger“ vom April 2011[3] enthielt weitere Leitlinien für
eine potenzielle europäische Raumfahrtindustriepolitik. Die Mitgliedstaaten
unterstützten diesen Ansatz in den im Mai und Dezember 2011 angenommenen
Schlussfolgerungen des Rates.[4] Die vorliegende Mitteilung stützt sich
außerdem auf die Mitteilung der Kommission zur Industriepolitik
(COM(2012) 582 final) „Eine stärkere europäische Industrie bringt Wachstum
und wirtschaftliche Erholung“[5]. Vor diesem Hintergrund sollte die
Raumfahrtindustriepolitik der EU sich auf fünf spezifische Ziele konzentrieren: 1.
Einrichtung eines kohärenten und stabilen
Regelungsrahmens, 2.
Weiterentwicklung einer wettbewerbsfähigen,
soliden, effizienten und ausgewogenen industriellen Basis in Europa und
Förderung der Beteiligung von KMU, 3.
Unterstützung der globalen Wettbewerbsfähigkeit der
EU-Raumfahrtindustrie durch Förderung der Kostenwirksamkeit in der gesamten
Wertschöpfungskette des Sektors, 4.
Entwicklung der Märkte für Raumfahrtanwendungen und
weltraumgestützte Dienstleistungen, 5.
Sicherstellung der technologischen Eigenständigkeit
und eines unabhängigen Zugangs zum Weltraum. Für das letztere Ziel ist von grundlegender
Bedeutung, dass die EU in strategischen Bereichen des Raumfahrtsektors wie den
Raketenstartdiensten ihre Eigenständigkeit wahrt. Die Raumfahrtindustriepolitik
der EU sollte daher sicherstellen, dass ein zuverlässiges, sicheres und
kostenwirksames Trägersystem zur Verfügung steht. Sie sollte, entsprechend den
institutionellen Erfordernissen, die (auch finanziellen) Bedingungen für die
Erhaltung und den Ausbau eines unabhängigen europäischen Zugangs zum Weltraum
schaffen. Hierzu sollte die Steuerung des Betriebs der europäischen
Trägerraketen weiterentwickelt werden, damit die Nutzerprogramme finanziell
effizienter verwaltet werden können. Letztlich werden die Handlungsträger der
europäischen Raumfahrtpolitik eine echte europäische Trägerraketenpolitik
entwickeln müssen, wie sie in den meisten Raumfahrtnationen vorhanden ist. Eine effiziente Zusammenarbeit zwischen den
drei Handlungsträgern der europäischen Raumfahrtpolitik, nämlich der EU, der
ESA und ihren jeweiligen Mitgliedstaaten, ist unerlässlich für eine wirksame
EU-Raumfahrtindustriepolitik. Nach dem AEUV kann die EU „gemeinsame Initiativen
fördern, die Forschung und technologische Entwicklung unterstützen und die
Anstrengungen zur Erforschung und Nutzung des Weltraums koordinieren.“ Außerdem
stellt die Union „die zweckdienlichen Verbindungen zur Europäischen
Weltraumorganisation her.“ Es sollten Mechanismen zur Gewährleistung der
Koordination innerhalb des EU-Rahmens gefunden werden, damit die Stellungnahmen
der Mitgliedstaaten in den Foren internationaler Organisationen wie der ESA mit
der Raumfahrtpolitik der EU übereinstimmen und diese unterstützen. 2. Ein Hochtechnologie-Sektor,
der weltweiter Konkurrenz trotzt 2.1. Eine Branche vor
internationalen Herausforderungen Der europäische Raumfahrtsektor unterscheidet
sich von seinen internationalen Hauptkonkurrenten durch sein geringeres Budget,
durch die größere Bedeutung, die kommerzielle Verkäufe für ihn haben, durch den
niedrigeren Anteil militärischer Ausgaben und durch die weit weniger
entwickelten Synergien zwischen dem zivilen und dem Verteidigungssektor. Anders
als in den Vereinigten Staaten ist in Europa der Markt für nachgelagerte
Navigations- und Erdbeobachtungsdienste erst im Entstehen begriffen. Dies
erklärt, warum der europäische Raumfahrtsektor auf kommerziellem Gebiet und bei
Innovationen vor Herausforderungen steht. 2.1.1. Gefahren für kommerzielle
Märkte, auf die die Raumfahrtindustrie der EU in hohem Maße angewiesen ist Die Raumfahrtindustrie (Satelliten,
Trägerraketen und Bodensegment) ist eine strategische, Hochtechnologie
erfordernde, mit hohen Risiken verbundene und investitionsintensive Industrie
mit langen Entwicklungszyklen und geringen produzierten Stückzahlen. In allen
Raumfahrtnationen ist der Raumfahrtsektor hauptsächlich von institutionellen
Programmen abhängig, die ihn in zweierlei Form unterstützen, nämlich durch die
Finanzierung von Forschung und Entwicklung und durch den Kauf von
Raumfahrtprodukten und weltraumgestützten Dienstleistungen als Kunden des
Sektors.[6]
Was die Forschung betrifft, so sind
institutionelle Forschungs- und Entwicklungsprogramme eines der
Hauptinstrumente zur Gestaltung des Sektors. Grob geschätzt macht die gesamte
Forschung und Entwicklung in Europa 10 % des nicht konsolidierten Umsatzes
des EU-Raumfahrtsektors aus. Verglichen mit den Vereinigten Staaten nimmt sich
die Finanzierung von Forschung und Entwicklung in Europa jedoch (verschwindend)
gering aus. In den USA werden etwa 25 % des Budgets der zivilen Raumfahrt
für Forschung und Entwicklung aufgewendet.[7]
Pro Kopf gerechnet ist das Budget für die zivile Raumfahrt der
US-amerikanischen NASA[8]
etwa viermal so hoch wie alle entsprechenden europäischen Budgets (Budgets der
Mitgliedstaaten, der ESA und des 7. RP) zusammengenommen. Im Vergleich zu anderen Raumfahrtnationen ist
der institutionelle Markt in Europa ebenfalls recht klein. Im Jahr 2009
überstieg das US-amerikanische Budget das europäische fast um das Zehnfache.
Überdies kann man, obwohl die Raumfahrt ein globaler Markt ist, kaum von
„einem“ europäischen Markt sprechen. Aufgrund der Vielzahl der öffentlichen
Interessenträger und der verschiedenen Ansätze in der
Raumfahrtindustriepolitik, die von den Mitgliedstaaten und der ESA mitunter
ohne die erforderliche Koordination umgesetzt werden, ist der institutionelle
Markt zersplittert. Der europäische Markt ist daher allein nicht ausreichend,
um das derzeitige Spitzenniveau der europäischen Raumfahrtindustrie
aufrechtzuerhalten. Zudem sind die institutionellen Märkte der meisten
Raumfahrtnationen der Industrie anderer Raumfahrtnationen verschlossen. Aus
diesem Grund ist die europäische Raumfahrtindustrie daneben auf kommerzielle
Verkäufe und Ausfuhren angewiesen, auf die Eurostat-Daten zufolge 45 %
ihrer Tätigkeit entfallen; ihre Lage unterscheidet sich somit beträchtlich von
der ihrer Konkurrenten. Insgesamt erzielte Europa mit seiner
Raumfahrtindustrie sowie mit der Herstellung von Trägerraketen und
Startdiensten gute Ergebnisse auf dem globalen kommerziellen Markt und konnte
seinen Marktanteil bei Satelliten (meist Telekommunikationssatelliten)
steigern, während sein Marktanteil bei kommerziellen Raketenstarts stabil bei
etwa 50 % blieb. Die für die europäische Raumfahrtindustrie
unverzichtbaren Umsätze auf dem kommerziellen Markt sind jedoch in Frage
gestellt, da sich bei den kommerziellen Verkäufen ein zyklischer Abschwung
bemerkbar macht und auf den Ausfuhrmärkten eine verstärkte und mitunter aggressive[9] Konkurrenz durch andere
Raumfahrtnationen herrscht. Wegen der langen Vorlaufzeit in diesem Sektor (bei
komplexen Systemen beträgt die Entwicklungszeit 10-15 Jahre) kommt dem
frühzeitigen Erkennen möglicher (Markt‑)Entwicklungen entscheidende Bedeutung
zu. Überdies kann sich die Lage in bestimmten strategischen Teilsektoren, etwa
bei Trägerraketen, sehr rasch weiterentwickeln.[10] 2.1.2. Sicherung der Stellung der
europäischen Raumfahrtindustrie: Weltniveau für die Branche am
Telekommunikationsmarkt bewahren Der Sektor der satellitengestützten
Dienstleistungen ist für die Wirtschaft der EU von erheblicher Bedeutung, da er
die Investitionen in Weltrauminfrastrukturen in konkrete Anwendungen und
Dienstleistungen zum Nutzen der Bürger umsetzt. Die Industrie im Bereich der
Satellitenkommunikation trägt zur Erhaltung der gesamten europäischen
Raumfahrtindustrie bei. Nach Angaben von Eurospace entfallen mehr als 60 %
des Umsatzes der europäischen Satellitenhersteller in den letzten zehn Jahren
auf den Verkauf von Telekommunikationssatelliten. Zur Entwicklung und
Erbringung von Satellitenkommunikations-Dienstleistungen kann Europa auf eine
Weltklasseindustrie zählen. Diese Dienstleistungen spielen bei der
Bereitstellung von Informationen, einer der wichtigsten Ressourcen für die
Wachstumssektoren der digitalen Gesellschaft, eine Schlüsselrolle. Sie leisten
einen Beitrag zu mehreren Maßnahmen, die in der digitalen Agenda für Europa
vorgeschlagen werden, insbesondere zur Überwindung der Breitbandkluft in
Gebieten mit niedriger Bevölkerungsdichte. Satellitenkommunikation ist eine
hocheffiziente Lösung, wenn terrestrische technische Lösungen zu kostspielig
oder nicht vorhanden sind[11]
und wenn grenzüberschreitende digitale Dienstleistungen erbracht werden sollen.
Daneben bietet sie eine widerstandsfähige und robuste Ausweichlösung beim
Ausfall anderer Netzwerke (durch Naturkatastrophen, terroristische Anschläge
usw.). Neben der wachsenden Konkurrenz sieht sich die
europäische Satellitenkommunikationsindustrie mit einer technischen und
politischen Herausforderung konfrontiert, nämlich der Knappheit an
Funkfrequenzen[12],
einer unverzichtbaren Ressource für den effizienten Betrieb und die Entwicklung
der Satellitenkommunikation. Für dieses Problem muss eine Lösung gesucht werden,
damit die Wettbewerbsfähigkeit der Satellitenkommunikationsindustrie erhalten
bleibt. 2.1.3. Die neue Perspektive:
Positionierung des EU-Raumfahrtsektors auf entstehenden Märkten für
Navigations- und Erdbeobachtungsanwendungen (Dienstleistungen und Produkte) Die europäischen
Satellitennavigations- und Erdbeobachtungsdienste sind ein aufstrebender
Wirtschaftszweig mit hohem weltweiten Potenzial für Wachstum und die Schaffung
von Arbeitsplätzen; er besteht hauptsächlich aus KMU und Start-up-Unternehmen (welche
das Rückgrat unserer Wirtschaft bilden). Diese Dienste werden künftig immer
größere Bedeutung für die Wirtschaft und das Wohl der Bürger haben. Nach
Schätzungen von Experten für die wirtschaftliche Nutzung des GNSS wird dieser
Markt in zehn Jahren ein Volumen von 300 Mrd. US-Dollar erreichen[13]. Bereits heute
hängen in den westlichen Ländern schätzungsweise 6 %-7 % des BIP
(etwa 800 Mrd. EUR in der Europäischen Union) von der Satellitennavigation
ab[14]. Die Nutzeffekte, die bis 2030
aus einem vollgültigen, einsatzbereiten Copernicus-Programm (neuer Name des GMES-Programms)
entstehen, werden auf 34,7 Mrd. EUR, etwa 0,2 % des BIP der EU,
geschätzt[15]. Die Errichtung der
GNSS- und Copernicus-Infrastrukturen wird in Europa bald neue Möglichkeiten für
den Sektor eröffnen. Galileo und EGNOS dürften in den nächsten 20 Jahren
einen wirtschaftlichen und sozialen Nutzen in der Größenordnung von 60 bis
90 Mrd. EUR generieren[16].
Europa kann es sich nicht leisten, das Wachstum der Raumfahrtaktivitäten und
der damit verbundenen Dienstleistungen zu vernachlässigen. Obwohl sich einige
private Anwendungen bereits als erfolgreich erwiesen haben, sind
satellitengestützte Produkte und Dienstleistungen in dieser Entwicklungsphase
immer noch in hohem Maße von öffentlichen Auftraggebern auf nationaler und
lokaler Ebene abhängig. In Europa wird die Entwicklung innovativer
Anwendungen und damit die Marktentwicklung durch verschiedene Hindernisse
gebremst, nämlich durch die Unsicherheit hinsichtlich der Verfügbarkeit der
Dienstleistungen und des Rechtsrahmens, durch das mangelnde Bewusstsein für das
Potenzial der Anwendungen bei möglichen Nutzern, durch die fehlende
Zusammenarbeit zwischen dem Raumfahrtsektor und anderen Sektoren sowie zwischen
Datenlieferanten, Entwicklern von Dienstleistungen und Endnutzern und
schließlich durch die unzureichende Förderung der Gründung von
Start-up-Unternehmen und der Entwicklung wachstumsstarker Unternehmen. 2.2. Um diesen Herausforderungen
zu begegnen, sollte Europa technologische Eigenständigkeit und Liefersicherheit
erreichen und einen unabhängigen Zugang zum Weltraum behalten Technologische Eigenständigkeit,
Liefersicherheit und ein unabhängiger Zugang zum Weltraum[17] sind nicht nur ein Gebot der
strategischen Unabhängigkeit, sondern auch Grundvoraussetzungen für eine
nachhaltige Entwicklung der europäischen Raumfahrtindustrie. 2.2.1. Eine technologische
Führungsrolle, Liefersicherheit und Eigenständigkeit erfordern anhaltende
Anstrengungen und die Verfügbarkeit des erforderlichen Fachwissens Um sich gegen die zunehmende Konkurrenz auf
dem Weltmarkt zu behaupten, muss die europäische Industrie ihren
technologischen Vorsprung halten und auf ausgewählten Gebieten weiterhin an der
Spitze des technologischen Fortschritts stehen. Herausforderungen an die
Industrie sind unter anderem die Sicherstellung der technologischen
Eigenständigkeit und der Liefersicherheit, die Notwendigkeit, bestehende
technische Lösungen und Produkte zu ersetzen oder zu aktualisieren, die
Entwicklung neuer technischer Lösungen und Produkte sowie die Schwierigkeit, in
einem Markt mit langen Programmzyklen und einer sehr wechselhaften Auftragslage
entscheidendes Fachwissen zu erhalten. Zudem werden die Synergien zwischen dem
zivilen und dem Verteidigungssektor derzeit nicht ausreichend genutzt, was das
Entstehen einer echten europäischen Weltraummacht hemmt. Überdies werden
gemeinsame Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten sowie die Fähigkeit zur
Einführung technischer Lösungen auf beiden Seiten durch den mangelnden
Austausch zwischen dem Raumfahrtsektor und anderen Sektoren beschränkt. Die technologische Eigenständigkeit dieses
strategischen Sektors ist nicht gewährleistet. In etlichen wichtigen
Technikbereichen sind die europäischen Programme vollständig von einem
Lieferanten abhängig[18].
Nach Schätzungen der Europäischen Plattform für Weltraumtechnologie ist die
elektronische Ausrüstung an Bord eines europäischen Satelliten derzeit zu
durchschnittlich 60 % aus den Vereinigten Staaten eingeführt, da für die
Unternehmen kein Anreiz besteht, diese Bauteile auf europäischer Ebene zu
entwickeln. Überdies unterliegen diese Einfuhren den Ausfuhrregelungen im
Rahmen der International Trade in Arms Regulations (ITAR), die sich
entsprechend den Interessen der Vereinigten Staaten weiterentwickeln, oft
Verzögerungen bei der Beschaffung verursachen und kurzfristig die Abhängigkeit
der europäischen Industrie von den Schwankungen der US-amerikanischen Politik
verstärken. Die Raumfahrt stellt zudem weltweit, verglichen mit der sonstigen
Industrie, einen kleinen Sektor dar und macht oft auch nur einen kleinen Teil
des Umsatzes großer Industriefirmen aus. Sie ist daher mit Entwicklungen
konfrontiert, die auf ihre besonderen Bedürfnisse keine Rücksicht nehmen. Mehr
als in anderen Sektoren ist im Raumfahrtsektor das Erkennen künftiger
Entwicklungen – im Hinblick auf die Verfügbarkeit von Produkten und auf
Regelungen wie die REACH-Verordnung[19]
– erforderlich, was durch die lange Vorlaufzeit bei der Entwicklung von
Raumfahrtprodukten noch erschwert wird. In einer solchen Lage können
Veränderungen der Stellung am kommerziellen Markt oder der Rechtslage,
finanzielle Schwierigkeiten in Schlüsselunternehmen oder mangelnde Rentabilität
aufgrund des geringen Marktanteils die europäischen Raumfahrtprogramme durch
Verzögerungen und Kostenüberschreitungen gefährden. Sowohl aus
industriepolitischen als auch aus strategischen Gründen sollten in „Horizont
2020“ die gemeinsamen Anstrengungen mit der ESA und der EDA zur Entwicklung
alternativer Bezugsquellen für technische Lösungen und Werkstoffe verstärkt
werden. Wenn die Raumfahrtindustrie nicht ausreichend
ausgelastet ist, können ihre qualifizierten Arbeitskräfte nicht gehalten
werden, und die erneute Bildung der Teams, die zur Entwicklung neuer Programme
erforderlich sind, wird mit einem erheblichen Aufwand an Zeit und Ressourcen
verbunden sein. Die Kenntnisse und das Fachwissen, die im entstehenden Sektor
der Navigations- und Erdbeobachtungstechnik derzeit vorhanden sind, sind nicht
ausreichend. In der Zwischenzeit holen neue Raumfahrtnationen ihren
„Forscherrückstand“ gegenüber den Industrieländern rasch auf. 2.2.2. Europas unabhängiger Zugang
zum Weltraum muss langfristig erhalten und ausgebaut werden In allen Raumfahrt betreibenden Ländern der
Welt wurden und werden die Entwicklung und der Betrieb von Trägerraketen mit
öffentlichen Geldern finanziert, ohne die es den kommerziellen Raumfahrtsektor
nicht gäbe. Die auf dem kommerziellen Markt erzielten Preise decken zudem nicht
die gesamten Kosten, dies gilt insbesondere für die Entwicklungsphase. Die Höhe
der Haushaltsmittel, die eine Raumfahrtnation für Trägerraketen aufwendet, ist
Gradmesser ihres Willens, über einen unabhängigen Zugang zum Weltraum zu
verfügen. In den Ländern sämtlicher Konkurrenten ist das öffentliche Beschaffungswesen
überlebenswichtig für den Sektor, und die lokale Trägerraketenindustrie wäre
ohne die institutionellen Programme, von denen die ausländische Industrie de
facto ausgeschlossen ist, nicht vorhanden. In Europa sind vom Trägerraketenproblem auf
institutioneller Seite die EU und die ESA sowie die jeweiligen Mitgliedstaaten
betroffen, und zwar in zweierlei Hinsicht: erstens durch die politische
Verantwortung, die mit Europas unabhängigem Weltraumzugang verbunden ist, und
zweitens als Kunden der Trägerraketenindustrie, denen daran gelegen ist, ihre
Programme kostengünstig durchzuführen und zu starten. Private Betreiber sind
ebenfalls als Kunden betroffen. Sie würden von einem unabhängigen
Weltraumzugang Europas profitieren, der ihnen in internationalen Verhandlungen
um niedrigere Preise für Raketenstarts mehr Macht verleiht. Die EU und ihre Mitgliedstaaten unterstützen
das politische Ziel der Erhaltung eines unabhängigen Weltraumzugangs, wie es in
mehreren Entschließungen des Weltraumrates und des Rates „Wettbewerbsfähigkeit“
formuliert wurde[20].
Ursprünglich wurde der europäische Raketenstartdienst gegründet, um Europas
Fähigkeit zur Entwicklung satellitengestützter Dienste sicherzustellen, nachdem
andere Länder sich geweigert hatten, europäische kommerzielle Satelliten ins
All zu bringen. Abgesehen von sicherheitspolitischen und strategischen
Erwägungen könnten solche Weigerungen, falls Europa seinen unabhängigen Zugang
zum Weltraum einbüßen sollte, wieder vorkommen und Verzögerungen bei der
Durchführung unserer Raumfahrtprogramme verursachen, welche die Kosten erhöhen
und die Wettbewerbsposition Europas sowohl auf dem Markt für Raumfahrtprodukte
als auch auf dem Markt für weltraumgestützte Dienstleistungen gefährden würden.
Die Verfügbarkeit eines zuverlässigen und wettbewerbsfähigen europäischen
Raketenstartdienstes bleibt daher unerlässlich, wenn der Aufbau eines
europäischen Raumfahrtsektors auf Weltniveau und die Entwicklung
satellitengestützter Anwendungen sichergestellt werden sollen. Damit die EU, die ESA und die jeweiligen
Mitgliedstaaten als Kunden ihre Programme rechtzeitig durchführen und so
Kostenüberschreitungen vermeiden können, muss ihnen ein Trägersystem zur
Verfügung stehen, das sich durch folgende Eigenschaften auszeichnet: ·
technische Zuverlässigkeit; ·
Sicherheit – dies kann Starts von einem auf
europäischem Gebiet gelegenen Weltraumbahnhof erforderlich machen; ·
Verfügbarkeit und Unabhängigkeit; dies umfasst die
Kontrolle über den Startplan (launch manifest) und die notwendige
Vermeidung der Abhängigkeit von Handlungsträgern, deren industrielle oder
geopolitische Ziele im Widerstreit zu den eigenen stehen; ·
Wirtschaftlichkeit, da dies zur Erschwinglichkeit
beiträgt. Derzeit finden in Europa nicht genug
institutionelle Raketenstarts statt, um einen nachhaltigen Betrieb der
europäischen Trägerrakete Ariane 5 sicherzustellen[21]. Arianespace ist verstärkter
internationaler Konkurrenz ausgesetzt und hat Schwierigkeiten, sein
finanzielles Gleichgewicht zu wahren. Überdies muss die derzeitige Palette von
Trägerraketen bis 2025 ersetzt werden, um die europäische Kapazität für
Raketenstarts zu erhalten; dieses Problem muss jetzt in Angriff genommen
werden. Mit über 30 Satelliten, die in die
Umlaufbahn zu befördern sind, könnte die EU als Ganzes in den kommenden Jahren
zum größten institutionellen Kunden des europäischen Raumfahrtsektors werden.
Wie in den Schlussfolgerungen des Rates “Wettbewerbsfähigkeit“ aus dem November
2010 und dem Mai 2011 ausgeführt, sind alle europäischen institutionellen
Handlungsträger aufgerufen, im Hinblick auf die Aufrechterhaltung und den
Ausbau eines unabhängigen, zuverlässigen und kostengünstigen Zugangs zum
Weltraum zu erschwinglichen Bedingungen der Verwendung in Europa entwickelter
Starteinrichtungen hohe Priorität einzuräumen und Fragen im Zusammenhang mit
ihrer möglichen Mitwirkung an Nutzungsaktivitäten in Bezug auf
Starteinrichtungen zu prüfen. Die in Europa entwickelten Trägerraketen werden
daher so angepasst, dass sie für den Start einiger dieser Satelliten geeignet
sind. Angesichts der aggressiven Handelspolitik
unserer Konkurrenten, die normalerweise geringere Ausgaben haben, bringt der
unabhängige Weltraumzugang Europas kurzfristig Kosten mit sich. Teile dieser
zusätzlichen Kosten sind objektiv begründet (Gewährleistung des Fortbestehens
eines europäischen Know-hows und der Zuverlässigkeit, niedrigere Arbeitskosten
einiger unserer Konkurrenten, Höhe der ausländischen Subventionen[22] und Größe des institutionellen
Marktes). Ein anderer Teil geht auf Effizienzmängel im Sektor zurück, welche
reduziert werden sollten. Mittelfristig hätte ein unabhängiger Zugang jedoch
positive wirtschaftliche Auswirkungen sowohl für institutionelle
Handlungsträger als auch für private Unternehmen. Er würde Europa Vorteile aus
weltraumgestützten Anwendungen sichern, zusätzliche Sicherheit bieten
(Doppelquellenbeschaffung) und seine Konkurrenten zwingen, auf dem europäischen
Markt Angebote zu wettbewerbsfähigen Preisen vorzulegen, wodurch private
Unternehmen begünstigt würden. Außerdem kommen bei einigen Programmen aufgrund
von Sicherheitserwägungen nur europäische Trägerraketen in Frage. 3. Ziele einer Industriepolitik
der EU Angesichts der strategischen Bedeutung des
Weltraumsektors, seiner Abhängigkeit von öffentlichen Mitteln und der zunehmenden
weltweiten Konkurrenz auf dem kommerziellen Markt wird die EU eine
Raumfahrtindustriepolitik entwickeln, mit der die Entwicklung des Sektors
unterstützt und somit das Wirtschaftswachstum gefördert werden soll. Diese
Politik sollte nicht nur die Raumfahrtindustrie, sondern auch weltraumgestützte
Dienstleistungen umfassen. Die Ziele einer solchen Politik wurden in
verschiedenen Studien analysiert. Auf die Frage wird auch in der Entschließung
der 7. Tagung des Weltraumrates und der Entschließung des Rates
„Wettbewerb“ im Mai 2011 eingegangen. Vor diesem Hintergrund könnte die
Raumfahrtindustriepolitik der EU sich auf fünf spezifische Ziele konzentrieren:
–
Einrichtung eines kohärenten Regelungsrahmens Die Ausweitung der Raumfahrtaktivitäten und
insbesondere der wachsende Markt für Raumfahrtprodukte und weltraumgestützte
Dienstleistungen werfen rechtliche Fragen auf, die auf europäischer Ebene nicht
in vollem Umfang und auf nationaler Ebene nur teilweise durch die – von den
jeweiligen nationalen Interessen geprägte – Gesetzgebung einiger
Mitgliedstaaten geregelt sind. Die Kommission wird, unter voller
Berücksichtigung der bestehenden Rechtsvorschriften und entsprechend den
Zuständigkeiten der jeweiligen Handlungsträger, prüfen, ob Maßnahmen getroffen
werden müssen, um die rechtliche Kohärenz zu verbessern und das Entstehen eines
europäischen Marktes für Raumfahrtprodukte und weltraumgestützte
Dienstleistungen zu fördern. –
Weiterentwicklung einer wettbewerbsfähigen,
soliden, effizienten und ausgewogenen industriellen Basis in Europa und
Förderung der Beteiligung von KMU Europa benötigt eine festere industrielle
Basis. Die europäische Raumfahrtindustrie sollte mit Hilfe eines weniger
zersplitterten Umfeldes ihre Leistungsfähigkeit weiter verbessern. Dabei bedeutet
eine ausgewogene industrielle Basis nicht die gleichmäßige Verteilung dieser
Nischenindustrie über ganz Europa, sondern eine Industrie, die in der gesamten
Lieferkette auf Wettbewerbsvorteile bauen kann und KMU einen fairen Zugang
gewährt; dies würde Dynamik und Innovation gewährleisten und insbesondere zur
Entwicklung des Wirtschaftszweigs der weltraumgestützten Dienstleistungen
beitragen. Die Beteiligung von Kleinunternehmen und mittelständischen
Industriefirmen an der Lieferkette ist eine wesentliche Voraussetzung dafür,
dass die europäische Raumfahrtindustrie wettbewerbsfähig bleibt und die Zahl
der qualifizierten Arbeitskräfte nicht nur erhalten, sondern auch erhöht wird. –
Unterstützung der globalen Wettbewerbsfähigkeit
der EU-Raumfahrtindustrie und Förderung der Wirtschaftlichkeit in der gesamten
Wertschöpfungskette des Sektors Die europäische Raumfahrtindustrie sollte
ihren weltweiten Marktanteil halten und vergrößern und ihren Platz an der
Spitze der technologischen Entwicklung behaupten, so dass sie weiterhin in der
Lage ist, technologische Durchbrüche zu erzielen und sich aktiv am fruchtbaren
Austausch mit anderen Sektoren zu beteiligen. Sie sollte eine größere
Wirtschaftlichkeit in der gesamten Wertschöpfungskette anstreben. Sie sollte
außerdem auf genügend hochqualifizierte Arbeitskräfte zurückgreifen können,
insbesondere in dem entstehenden Sektor der Navigations- und
Erdbeobachtungstechnik. Die Politik sollte einen besseren Marktzugang fördern.
–
Entwicklung der Märkte für Raumfahrtanwendungen
und weltraumgestützte Dienstleistungen Die europäische Industrie muss in der Lage
sein, das Potenzial von Weltrauminfrastrukturen (Satellitenkommunikation,
-navigation und -erdbeobachtung) zu nutzen, um zuverlässige und kostengünstige
Dienstleistungen entsprechend den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen
Erfordernissen zu liefern. Für Dienstleistungen bestimmter Kategorien bedeutet
dies nicht nur die Entwicklung neuer Kapazitäten innerhalb des bestehenden
Wirtschaftszweigs, sondern auch die Verbesserung der Qualität der Copernicus-Daten
und die Schaffung und Förderung eines Umfeldes, das die Übernahme neuer
technischer Lösungen für Satelliten sowie das Entstehen neuer
Betreiberunternehmen ermöglicht, zumal Kleinunternehmen auf diesem Gebiet große
Bedeutung haben. Das Erreichen dieses Zieles wird zusammen mit der
Verwirklichung des zweiten dazu beitragen, dass Investitionen in die Raumfahrt
für alle Mitgliedstaaten attraktiv bleiben. –
Sicherstellung der technologischen
Eigenständigkeit und eines unabhängigen Zugangs zum Weltraum Damit Europa in der Lage ist, strategische
politische Initiativen umzusetzen und wichtige Dienstleistungen zum Nutzen der
Bürger zu erbringen, benötigt es einen unabhängigen Zugang zum Weltraum.
Überdies sollte die europäische Industrie dazu veranlasst werden, ihre
technologische Eigenständigkeit insbesondere bei Schlüsseltechnik weiter
auszubauen, damit sie weiterhin die Produkte und Dienstleistungen liefern kann,
die für das Wirtschaftswachstum und das Wohl der europäischen Bürger notwendig
sind. 4. Wege zur Erreichung der
Ziele der EU-Industriepolitik Um die Ziele dieser Politik in Zusammenarbeit
mit der ESA und den Mitgliedstaaten zu erreichen, kann die EU auf die ihr zur
Verfügung stehenden Instrumente zurückgreifen; dies sind hauptsächlich die
Verbesserung der Rahmenbedingungen, die Unterstützung von Forschung und
Entwicklung und die Förderung einer besseren Nutzung der
Finanzierungsinstrumente sowie der bestehenden Regelungen für das öffentliche
Beschaffungswesen[23]. 4.1. Verbesserung der
Rahmenbedingungen Da die Raumfahrtaktivitäten sich ausweiten,
muss die Angemessenheit des bestehenden Regelungsrahmens überprüft werden,
damit die Sicherung, die Sicherheit und die Nachhaltigkeit dieser Aktivitäten
und ihre wirtschaftliche Entwicklung gewährleistet sind. 4.1.1. Verbesserung des
Regelungsrahmens für das Segment der Dienstleistungen und die Industrie. Die Ausweitung der Raumfahrtaktivitäten und
insbesondere der wachsende Markt für Raumfahrtprodukte und weltraumgestützte
Dienstleistungen werfen rechtliche Fragen auf, die auf europäischer Ebene nicht
in vollem Umfang geregelt sind und die auch von den Rechtsvorschriften der in
diesem Bereich aktiven Mitgliedstaaten nur teilweise erfasst werden. Die
meisten Mitgliedstaaten haben noch keine Rechtsvorschriften zur Raumfahrt
entwickelt. Die entstehenden nationalen Raumfahrtgesetze mit unterschiedlichen
Geltungsbereichen und Zielen wirken sich über die Landesgrenzen hinweg aus. Einzelstaatliche Gesetzgebung allein kann
keine kohärente Erfassung der rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der
Raumfahrt und keinen harmonisierten Rechtsrahmen für alle Mitgliedstaaten
gewährleisten. Ein inkohärenter Rechtsrahmen kann das Funktionieren des
Binnenmarktes beeinträchtigen. Es könnte sich daher als notwendig erweisen,
Maßnahmen zur Einrichtung eines kohärenten EU-Regelungsrahmens für die
Raumfahrt zu ergreifen, um das Potenzial eines Raumfahrt-Binnenmarktes zu
erschließen, indem rechtliche Lücken auf kohärente Weise geschlossen,
divergierende nationale Rechtsrahmen vermieden und die einzelstaatlichen und
europäischen Sicherheitsinteressen gewahrt werden. Beispielsweise bestehen in einigen
europäischen Ländern nationale Rechtsvorschriften über die Haftung für Schäden
durch Raumfahrtaktivitäten. In einigen Ländern ist die Haftung unter bestimmten
Bedingungen auf einen gewissen Betrag beschränkt, oder es wird unter bestimmten
Bedingungen eine staatliche Bürgschaft geleistet. In einigen Ländern ist eine
Versicherung oder eine andere finanzielle Garantie zum Ausgleich möglicher
Schäden erforderlich. Das Fehlen zusammenhängender Regelungen in den EU-Ländern
könnte zu Wettbewerbsverzerrungen auf dem Binnenmarkt und zur Wahl des
günstigsten Gerichtsstandes („forum shopping“) führen. Prüfung der Möglichkeit einer Gesetzesinitiative
zu bestimmten Gesichtspunkten, die sich auf das Entstehen eines Binnenmarktes
für Raumfahrtprodukte und weltraumgestützte Dienstleistungen auswirken Die Kommission wird daher bewerten, inwieweit
dieser uneinheitlichen Regelungsrahmen das ordnungsgemäße Funktionieren des
Binnenmarktes beeinträchtigen könnte und ob ein Eingreifen der EU
gerechtfertigt sein würde. Der erste Schritt in diese Richtung könnte
eine Gesetzesinitiative zur Produktion und Verbreitung privater Satellitendaten
(siehe unten) und eine Verordnung über die Haftung der EU für das GNSS[24] sein. Auch in den Bereichen der Ausfuhrkontrollen
für Güter und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck und der
Frequenzpolitik könnte es erforderlich sein, dass die EU tätig wird. Auf anderen
Gebieten, etwa der gewerblichen Raumfahrt, sollte weiter geprüft werden,
inwieweit ein Eingreifen der EU angebracht ist. Um sicherzustellen, dass weltraumgestützte
Informationen vollständig genutzt werden und um den Zugang der Nutzer zu
weltraumgestützten Daten und Dienstleistungen zu fördern, könnte die EU die
Einrichtung einer übergreifenden Datenzugangstrategie in Betracht ziehen. Eine
derartige Datenzugangstrategie könnte sich auf folgende Grundsätze stützen:
(mindestens) Gewährleistung des freien und offenen Zugangs für öffentliche
Einrichtungen auf EU- und nationaler Ebene mit begrenzten Beschränkungen, wenn
die gesamte Entwicklung und der Betrieb mit öffentlichen Mitteln der EU
erfolgen; Einführung besonderer Bedingungen in Bezug auf die Datenzugangstrategie
(wenigstens für öffentliche Einrichtungen), wenn ein Eingreifen der EU bei der
Entwicklung von Raumfahrtressourcen oder -märkten vorliegt. Soll eine Gesetzesinitiative für die
Produktion und Verbreitung privater Satellitendaten vorgeschlagen werden? Bei der Produktion und Verbreitung von
Satellitendaten ergeben sich drei wesentliche Probleme: Erstens könnten die von
den nationalen Behörden gemäß nationalen Sicherheitsinteressen verhängten
Beschränkungen die Wettbewerbsfähigkeit und Innovation gefährden (nachgelagerte
Entwicklung entsprechender Dienstleistungen) und zur Rechtsunsicherheit im
Binnenmarkt sowie zu Haftungsfragen führen, etwa zu Entschädigungsforderungen
wegen möglicher Schäden, die z. B. durch unrichtige Daten verursacht werden. Zweitens
könnte die unbeabsichtigte Freigabe von mit Satellitensensoren erfassten Daten
(z. B. von Bildern mit hoher Auflösung) eine Bedrohung der Sicherheit der
EU und von EU-Mitgliedstaaten darstellen. Drittens ist der
Satellitendatenaustausch seinem Wesen nach grenzüberschreitend und erfordert
daher die Zusammenarbeit zwischen den Ländern, die von der Erdbeobachtung
betroffen sind. Durch eine solche Zusammenarbeit ließe sich wirksam
sicherstellen, dass sich Belange der Wettbewerbfähigkeit und Sicherheitserwägungen
miteinander vereinbaren lassen. Ein kohärenter Regelungsrahmen für die
Beobachtung auf EU-Ebene könnte durch nationale Gesetzgebung allein nicht
gewährleistet werden, weshalb ein Tätigwerden der EU nach
Subsidiaritätskriterien gerechtfertigt werden könnte. Unter Berücksichtigung
der Vorteile hinsichtlich der Rechtssicherheit und der nachgelagerten
Entwicklung von Märkten sowie im Interesse der Sicherheit könnte ein Eingreifen
der EU in diesem Bereich einen eindeutigen Mehrwert erbringen. Beobachtung
und Verbesserung der Ausfuhrkontrollen und des Regelungsrahmens für die
Verbringung in der EU Viele Bestandteile von Raumfahrtsystemen
gelten als militärische oder Güter mit doppeltem Verwendungszweck und
unterliegen daher dem neuen Regelungsrahmen für die Verbringung innerhalb der
EU und der Ausfuhrkontrolle von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck.[25] Von 2012 an werden
vereinfachte Vorschriften und Verfahren angewendet, die die Verbringung von
Bauteilen militärischer Art innerhalb der EU erleichtern werden.[26] Dadurch wird sich die
Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie, insbesondere von KMU,
verbessern. Gemäß Artikel 25 der Verordnung über Güter mit
doppeltem Verwendungszweck, dem zufolge die Kommission einen Bericht über die
Durchführung des Ausfuhrkontrollsystems der EU anfertigen muss, wurde ein
Grünbuch[27]
angenommen, um eine breite öffentliche Debatte über die Arbeitsweise des
Ausfuhrkontrollsystems der EU für Güter mit doppeltem Verwendungszweck in Gang
zu setzen. Ein förmlicher Bericht an das Europäische Parlament und den Rat ist
für September 2012 vorgesehen. In der Zwischenzeit soll die Auswirkung dieser
Verordnung auf die Raumfahrtwirtschaft genau überwacht werden, um wesentliche
Probleme zu ermitteln und geeignete Lösungen vorzuschlagen. Die
Verfügbarkeit von Funkfrequenzen sicherstellen Als Beitrag zur Sicherstellung der
Verfügbarkeit störungsfreier Funkfrequenzen für Raumfahrtoperationen, zur
Erzielung von Größenvorteilen und zur Kostenoptimierung für den Betrieb
gesamteuropäischer Systeme wird die Kommission zusammen mit den
EU-Mitgliedstaaten untersuchen, wie sich der künftige Bedarf an Funkfrequenzen
für die Satellitenkommunikation im Rahmen des Programms für die
Funkfrequenzpolitik am besten berücksichtigen lässt, und an der Vorbereitung
der nächsten Weltfunkkonferenz der Internationalen Fernmeldeunion mitwirken, um
die Interessen der EU bei der Zuteilung weltweiter und regionaler
Funkfrequenzen zu wahren. Bedürfen gewerbliche
Raumfahrttätigkeiten eines Rechtsrahmens? Projekte mit sogenannten Suborbitalfahrzeugen
oder gewerbliche Raumfahrtprojekte nehmen vor allem in den Vereinigten Staaten
immer konkretere Gestalt an. Einen vielversprechenden Markt könnten suborbitale
Flüge darstellen für: i) wissenschaftliche Experimente: Experimente zur
Mikroschwerkraft, Raumfahrerausbildung, Satellitennutzlastprüfungen, ii)
Weltraumtourismus und iii) künftige Systeme für saubere
Hochgeschwindigkeitsflüge in großer Höhe zwischen zwei Punkten. Darüber hinaus
könnten Suborbitalfahrzeuge einen billigeren Zugang zum Weltraum erschließen,
etwa für kleine Satelliten. Einen in ihrem Land geltenden Regelungsrahmen
für suborbitale Fahrzeuge haben bislang nur die Luftfahrtbehörde der USA (US
Federal Aviation Administration – FAA) und deren Büro für gewerblichen Raumtransport
erlassen. Er stützt sich für die Beförderung der Besatzung und der
Raumfahrgäste auf den Grundsatz der „Einwilligung nach Aufklärung“.[28] Folglich gewährleistet diese
Regelung die Fahrgastsicherheit nicht. Einige europäische Interessenträger aus der
Industrie fordern die EU auf, einen strengeren Regelungsrahmen einzuführen,
der, um die Sicherheit der Fahrgäste besser zu gewährleisten, von bewährten
Praktiken der Luftfahrt abgeleitete, angemessene Zertifizierungsvorschriften
vorsieht. Vertreter der Industrie führen an, dass die Vorhersagbarkeit aufgrund
des Regelungsrahmens für private Investoren entscheidend ist, da sie für die
verwendete Technik und die Entwicklungstätigkeiten maßgebend sein wird. Andere
europäische Interessenträger fordern von der EU die Einführung eines
innovationsfreundlicheren Regelungsrahmens. Diese Forderung hat im Vorschriftenprogramm
der Europäischen Agentur für Flugsicherheit vorerst keinen Vorrang. Die
Kommission wird dieses Thema weiter untersuchen, um zu ermitteln, ob
diesbezüglich in naher Zukunft Handlungsbedarf besteht. 4.1.2. Die Normung vorantreiben In Europa erlangt in die Normung für die
Raumfahrt zunehmend an Bedeutung, da die EU, die ESA, die nationalen
Raumfahrtbehörden und die europäische Industrie unter erschwerten
wirtschaftlichen Bedingungen vor neuen technischen Herausforderungen stehen.
Der Normung kommt beim effizienteren und effektiveren Einsatz der
Raumfahrttechnik und weltraumgestützter Anwendungen und Dienstleistungen die
Aufgabe zu, die Wettbewerbsposition der europäischen Raumfahrtwirtschaft auf
dem Weltmarkt zu stärken, insbesondere durch Erhöhung der Stückzahlen und damit
durch Senkung der Preise, und den KMU dabei zu helfen, sich in bestimmten
Segmenten des Raumfahrtmarktes zu etablieren. Normung in der Raumfahrt fördert
die Akzeptanz raumfahrtgestützter innovativer Dienstleistungen und Anwendungen.
Raumfahrten sind überdies ein gefährliches Unterfangen, bei dem die Technik bis
an ihre Grenzen beansprucht wird und nur sehr begrenzte Möglichkeiten bestehen,
Problemen zu begegnen, die nicht schon vor dem Start erkannt wurden. Normung
gilt daher als eine Möglichkeit, das Risiko des Scheiterns zu mindern, die
technische Zuverlässigkeit von Raumfahrtprodukten/-bauteilen zu gewährleisten
und Entwicklungs- und Betriebskosten zu senken. Da sich schließlich die
europäische Produktion von Raumfahrtgütern auf mehrere Länder verteilt, kann
die Erarbeitung „genormter“ Arbeitsverfahren dazu beitragen, einige der
derzeitigen Ineffizienzen in der Wertschöpfungskette zu verringern. Die wichtigsten europäischen Raumfahrtbehörden
und die Industrie begannen 1993 mit der Europäischen Kooperation für
Raumfahrtnormung. Es wurden mehr als 120 Normen veröffentlicht. Zwar
decken sie vorgelagerte Raumfahrttätigkeiten ab, aber nachgelagerte, auf
Systeme und Dienstleistungen abgestellte Raumfahrttätigkeiten bedürfen noch
einer Normung. Ein umfassendes Normungsprogramm wurde im März 2010
vorgeschlagen; darin werden zehn Einzelbereiche genannt, in denen die
technischen Gremien von CEN/CENELEC, ETSI und ECSS – den europäischen
Normungsorganisationen – künftige Normungsarbeiten ausführen könnten. Das
Programm wurde in einen neuen Normungsauftrag (M/496) umgesetzt; dieser wurde
am 1. September 2011 erteilt und ist an die europäischen Normungsorganisationen
gerichtet. Die Arbeit daran hat 2012 begonnen und dürfte sich über drei Jahre
erstrecken. 4.1.3. Die Verfügbarkeit
erforderlicher Qualifikationen sicherstellen Die Verfügbarkeit von Fachkräften wirkt sich
unmittelbar auf die Kapazität der europäischen Raumfahrtindustrie aus, und
Raumfahrttätigkeiten haben wiederum unmittelbare Auswirkungen auf die
Verfügbarkeit von Arbeitskräften in der europäischen Wirtschaft, und zwar
infolge der Wirkung von Spitzentechnologie-Entwicklungsprogrammen für die
Entwicklung von Fachkenntnissen über neue Technologien. Um wettbewerbsfähig zu
bleiben, muss Europa in den kommenden Jahren eine dreifache Herausforderung
bestehen: die eigenen Ressourcen zu bewahren und zu vergrößern
(Qualifikationsniveau und Zahl der Arbeitskräfte), die Entwicklung neuer
Fähigkeiten, um den Bedarf neu entstehender Wirtschaftszweige zu decken, und
Talente aus Drittländern anzuziehen. Institutionelle Raumfahrtprogramme können dazu
beitragen, die Beschäftigung der Branche auf einem ausreichenden Niveau zu
halten, Spitzentalente an europäische Universitäten und Forschungszentren zu
holen und den Wechsel von Arbeitskräften zwischen Mitgliedstaaten sowie
zwischen öffentlichem und privatem Sektor zu erleichtern. Die institutionellen Abnehmer Europas sollten
für den Wirtschaftszweig eine langfristige und klare Planung des
institutionellen Marktes in Europa erarbeiten und bereitstellen. Die EU könnte
eine Planung aufstellen und regelmäßige Aktualisierungen der Versorgungskette
vorsehen, um das richtige Maß europäischer Unabhängigkeit, Fachkenntnis und
Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten. Zusammen mit den Mitgliedstaaten und ihren
Regionen sollte sich die EU der der Tatsache annehmen, dass die europäischen
Bildungssysteme nur wenige qualifizierte Raumfahrtingenieure und –techniker
hervorbringen, und für Abhilfe sorgen, die Schaffung wechselseitig anerkannter
akademischer Raumfahrtqualifikationen in Europa fördern, in künftige
Rahmenprogramme für Forschung und Entwicklung besondere Maßnahmen aufnehmen,
bei denen ein Teil der Forschung von Doktoranden zu leisten ist, die
Erarbeitung von Programmen für das lebenslange Lernen durch eine verbesserte
Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Universitäten fördern und ihre
Attraktivität für ausländische Wissenschaftler erhöhen. 4.1.4. Den Zugang der europäischen
Raumfahrtbranche zum Weltmarkt verbessern Entscheidend für die europäische
Raumfahrtwirtschaft ist es, ihre Position auf dem gewerblichen Markt zu halten
und zu stärken. Freilich sind in Drittländern wichtige institutionelle Märkte
für die europäische Wirtschaft nicht zugänglich. Einige Mitgliedstaaten haben
Ausfuhrerleichterungsmaßnahmen vorgeschlagen, um der Raumfahrtbranche beim
Zugang zum Weltmarkt zu helfen. Die Möglichkeit, solche Maßnahmen zu
erarbeiten, sollte näher geprüft werden. Handelsabkommen und -verhandlungen können dazu
beitragen, gleiche Ausgangsbedingungen für die europäische Raumfahrtwirtschaft
auf internationaler Ebene zu schaffen, sofern die Stellung der EU in
internationalen Verhandlungen stark genug ist. Die Kommission hat deshalb
unlängst einen Vorschlag zum Zugang von Drittländern zum Markt der EU für
öffentliche Beschaffungen angenommen.[29]
Falls der Gesetzgeber diese Verordnung annimmt, würde sie die Bedingungen
verbessern, unter denen EU-Unternehmen sich um öffentliche Aufträge in
Drittländern bewerben können; denn die Verordnung würde die Position der
Europäischen Union bei Verhandlungen über den Zugang von EU-Unternehmen zu den
Märkten für öffentliche Beschaffung in Drittländern stärken; außerdem würde die
Verordnung gemäß der Strategie 2020 der EU die Geschäftsmöglichkeiten für
EU-Unternehmen weltweit verbessern und damit Arbeitsplätze schaffen. Allgemeiner gesehen dürfte die internationale
Zusammenarbeit auch eine Tür zu den Märkten für die Förderung europäischer
Technik und europäischer Dienstleistungen im Raumfahrtbereich öffnen und zur
Stärkung dieses strategischen Wirtschaftsbereichs beitragen. Die EU muss dafür
sorgen, dass Raumfahrtangelegenheiten besser in die Außenpolitik der Union
integriert werden. 4.2. Forschung und Innovation
unterstützen Forschung, Entwicklung und Innovation sind
nicht nur Voraussetzungen für die Wettbewerbsfähigkeit der Raumfahrtwirtschaft,
sondern bilden darüber sowohl hinaus kurz- als auch langfristig auch
wesentliche Bestandteile eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums mit
Auswirkungen auf die Fähigkeit der Europäischen Union, ihre
Wettbewerbsfähigkeit in einer zunehmend globalisierten Weltwirtschaft zu
behaupten. Im Rahmen von Horizont 2020 (dem Nachfolgeprogramm des 7. RP)
wird für die Raumfahrt für sieben Jahre ein Etat von 1,737 Mrd. EUR zu
jeweiligen Preisen (1,548 Mrd. EUR zu konstanten Preisen von 2011)
vorgeschlagen. Im Rahmen von Horizont 2020 sind FuE sowie Innovation in
der Raumfahrt mit folgenden Zielen abgedeckt: ·
Europa in der Raumfahrt wettbewerbsfähig machen, Eigenständigkeit und Innovation bei Raumfahrttätigkeiten mit
Schwerpunkt auf industrieller Forschung und Innovation sowie unter besonderer
Berücksichtigung der KMU, ·
die Raumfahrttechnik voranbringen, von der technologischen Grundlagenforschung bis hin zu
anwendungsnaher Technik für künftige Generationen von Copernicus/GMES- undGalileo-Satelliten, ·
vollständige Nutzung von Weltraumdaten,
einschließlich der Daten, die bei wissenschaftlichen Missionen anfallen, und
gewerblicher Anwendungen von Weltraumdaten, ·
Ermöglichung europäischer FuE im Rahmen
internationaler Raumfahrtpartnerschaften (z. B. Internationale
Raumstation, Weltraumlageerfassung, weltweite Programme für Erkundung mit
Robotern). Was Letzteres betrifft, kommt die allerneueste
Raumfahrttechnik zunehmend in internationalen Zusammenhängen zustande, so dass
der Zugang zu solchen Programmen einen wichtigen Erfolgsfaktor für die
Wettbewerbsfähigkeit europäischer Wissenschaftler und
Raumfahrtwirtschaftszweige darstellt. 4.2.1. Europa in der Raumfahrt
weltweit wettbewerbsfähig machen, insbesondere durch Sicherstellung
europäischer Eigenständigkeit bei kritischer Technik und durch
Innovationsförderung Dabei gilt es, eine weltweit führende Rolle in
der Raumfahrt durch Sicherung und Weiterentwicklung einer wettbewerbsfähigen
Raumfahrtindustrie und -forschung sowie durch die Förderung raumfahrtgestützter
Innovationen zu behaupten. Erstens bedarf es einer Verringerung der europäischen
Abhängigkeit Europas von Drittländern, wenn die Wettbewerbsfähigkeit der
gewerblichen Raumfahrtwirtschaft in Europa und die Handlungsfähigkeit
europäischer institutioneller Abnehmer erhalten bleiben sollen. Es ist äußerst
wichtig, zu ermitteln, welche Technologien von entscheidender Bedeutung sind,
und sicherzustellen, dass Europa dafür eigene technische Lösungen und
Produktionskapazitäten entwickelt und aufrechterhält. Sobald eine technische
Lösung entwickelt worden ist, sollte sie von den institutionellen
Handlungsträgern und der europäischen Industrie konsequent genutzt werden.
Anderenfalls geht sie verloren. Zusammen mit der ESA und der Europäischen
Verteidigungsagentur (EDA) hat die Europäische Kommission eine gemeinsame
Taskforce geschaffen, die eine kohärente Liste vorrangig zu entwickelnder
kritischer Technologien erarbeiten soll. Dieser gemeinsam verfolgte Prozess mit
dem Ziel der europäischen Eigenständigkeit wurde 2009 eingeleitet. Es wurde
eine Liste dringender Maßnahmen vereinbart und dem 4. Aufruf für kritische
Technologien im Rahmen des 7. RP zugrunde gelegt. Die Initiative sollte
weiterverfolgt werden. Zweitens stellen
satellitengestützte Produkte und Dienstleistungen einen neu entstehenden Markt
dar, der noch immer begrenzt und fragmentiert ist. Auf dieser Entwicklungsstufe sind diese Produkte und
Dienstleistungen noch immer in erheblichem Umfang auf öffentliche Abnehmer auf
nationaler und lokaler Ebene angewiesen. In den USA wurden
Anreize für neue Märkte, die weltraumgestützte Dienstleistungen nutzen, durch
eine langfristig angelegte Politik der Förderung der Nutzung dieser
Dienstleistungen durch staatliche Stellen geschaffen; so entstand eine
Aufwärtsspirale durch Förderung privatwirtschaftlicher Unternehmen, die
ihrerseits mehr weltraumgestützte Infrastruktur benötigen. Die Initiativen verstärken die Nutzung der
Raumfahrt für öffentliche politische Ziele und verhelfen den entsprechenden
Unternehmen zu mehr Wettbewerbsfähigkeit auf Ausfuhrmärkten. Es sollte eruiert werden, ob für die europäische Wirtschaft solche
Anreize ebenfalls gesetzt werden können. Um die Nutzung von Satelliteninfrastrukturen
zu fördern und den Markt für satellitengestützte Dienstleistungen zu
entwickeln, sollte die EU raumfahrtgestützte Anwendungen im Rahmen ihrer
Politik verstärkt fördern. Die Schaffung neuer Anwendungen bedarf der Anreize
für eine Vielzahl potenzieller öffentlicher und privater Nutzer, darunter auch
neue Nutzerkreise (Städte, Regionen, einzelne Wirtschaftszweige usw.),
insbesondere durch punktuelle Maßnahmen zur Förderung der Akzeptanz, etwa durch
Gutscheine für Gebietskörperschaften oder KMU, um den Endnutzern die erstmalige
Nutzung neuer Dienstleistungen zu erleichtern. Ihre Entwicklung und Umsetzung,
vielfach durch KMU, muss konsequent unterstützt werden, damit sich dauerhafte
Auswirkungen im Hinblick auf qualifizierte Arbeitsplätze ergeben. Konkret bedarf auch das durch die neuen
europäischen Raumfahrtinfrastrukturen geschaffene Innovationspotenzial
insgesamt der Unterstützung. Ein erster Schritt in diese Richtung ist der
GNSS-Aktionsplan der Kommission zur Förderung der Entwicklung und des Einsatzes
von Satellitennavigationsanwendungen unter Nutzung von EGNOS und Galileo. Nötig sind erheblich verstärkte, auf
europäischer, nationaler und örtlicher Ebene koordinierte Anstrengungen. Hierzu
bedarf es des Einsatzes eines ganzen Spektrums innovationsfördernder Maßnahmen[30] für die Industrie mit
besonderem Augenmerk auf den KMU. Um diese Marktstörung zu beheben, sollte
jedoch die Unterstützung der Innovation bei solchen Dienstleistungen ansetzen,
die sich auf dem Markt nicht von selbst entwickeln würden. Mit solchen
Maßnahmen sollten insbesondere von der Nachfrage gesteuerte Innovation, die
Nutzung verfügbarer Finanzierungsquellen einschließlich der Regionalfonds,
Nachfragebündelung und die Entwicklung neuer Unternehmen angeregt werden. Schließlich weisen zahlreiche
Herausforderungen in der Raumfahrttechnik Parallelen zu Aufgaben auf der Erde
auf. Durch die Förderung der Entwicklung innovativer Produkte und
Dienstleistungen auf der Grundlage von Satelliteninfrastrukturen sollte ein
fruchtbarer Austausch unterstützt werden. Wie im Anhang des Vorschlag für einen
Beschluss des Rates über das spezifische Programm zur Durchführung von Horizont
2020[31]
festgestellt wird, (ergeben sich) „Aus diesen Gemeinsamkeiten […]
Chancen für eine frühzeitige partnerschaftliche Technologieentwicklung –
insbesondere unter Beteiligung von KMU – durch Raumfahrt- und
Nichtraumfahrtkreise, die schneller zu bahnbrechenden Innovationen führen kann,
als es durch spätere Unternehmensausgliederungen möglich ist“. 4.2.2. Fortschritte in der
Raumfahrttechnik ermöglichen Es gilt, die Fähigkeit sicherzustellen, in den
Weltraum zu gelangen und in den nächsten Jahrzehnten zum Nutzen der europäischen
Gesellschaft weltraumgestützte Systeme zu betreiben. Insbesondere beabsichtigt
die EU, den technischen Fortschritt in mehreren strategischen Bereichen
voranzubringen und zu den erforderlichen Anstrengungen der Weltraumforschung
ihren Beitrag zu leisten, insbesondere zu bahnbrechenden technischen Lösungen.
Mit Horizont 2020 würde die EU beispielsweise die Nutzung von Synergien in der
Weltraumforschung auf europäischer Ebene unterstützen, die verstärkte
Koordinierung von Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten fördern und somit die
ESA und nationale Programme ergänzen, die bereits an diesen Themen arbeiten. In
Horizont 2020 wurden Schlüsseltechnologien als wesentlich für jegliche
technische Wettbewerbsfähigkeit der Industrie anerkannt, und in besonderem Maße
gilt dies für innovative Raumfahrttechnik. Die Raumfahrtindustriepolitik sollte
daher deren Einsatz in neuer Raumfahrttechnik fördern. Mit Horizont 2020 könnten beispielsweise die
Industrie und Weltraumforschungseinrichtungen durch Förderung von Forschung und
Entwicklung unterstützt, die Entwicklung anwendungsorientierter Forschungs- und
Entwicklungsprogramme an Universitäten, die sich mit Raumfahrttechnik befassen,
unterstützt und die Weiterentwicklung von Prototypen zu marktreifen Produkten
gefördert werden. Da die Nutzer ausgereifte (d. h. bereits geprüfte und
validierte) Technik benötigen, sollten FuE-Förderprogramme die Unterstützung
von Validierung und Qualifizierung ermöglichen. Mit beigeladenen Nutzlasten[32] könnte ein Beitrag zum
Nachweis der erforderlichen Weltraumerprobung für eine wachsende Zahl von
Produkten und Dienstleistungen geleistet werden. Zur Minderung des Risikos, das
neue Technik für die übrige Nutzlast darstellen kann, ist die Möglichkeit zu
prüfen, neuartige technische Vorrichtungen anfangs mit kostengünstigen
Trägersystemen zu befördern und zu prüfen. Darüber hinaus könnte Horizont 2020 dazu
genutzt werden, künftig möglicherweise erforderliche Ersatzstoffe für die in
der REACH-Verordnung[33]
aufgeführten Substanzen zu finden. 4.2.3. Anreize zur uneingeschränkten
Nutzung von Weltraumdaten und zur Entwicklung innovativer Anwendungen Hiermit soll eine breitere Nutzung von
Weltraumdaten aus zurückliegenden und künftigen europäischen Expeditionen in
der Wissenschaft, der Öffentlichkeit und der gewerblichen Wirtschaft
gewährleistet werden. Wie im Anhang des Vorschlags für einen Beschluss des
Rates über das spezifische Programm zur Durchführung von Horizont 2020
festgestellt wird, (ließe sich) „Die Datennutzung […] deutlich erhöhen, wenn
konzertierte Anstrengungen unternommen würden, um die Verarbeitung, Validierung
und Normung der von europäischen Missionen stammenden Weltraumdaten zu
organisieren und zu koordinieren. Mit
Innovationen bei der Datenerfassung, -verarbeitung, -zusammenführung und
-verbreitung unter Einsatz innovativer IKT-gestützter Formen der Zusammenarbeit
kann bei Weltrauminfrastrukturinvestitionen eine höhere Rendite erreicht
werden.“ 4.3. Das Spektrum und die Nutzung
verfügbarer Finanzierungsinstrumente erweitern Die Finanzierung von Raumfahrtinfrastrukturen
unterscheidet sich von der Finanzierung von
Weltraumkomponenten/-dienstleistungen. Die für die Bereithaltung
betriebsnotwendiger Dienstleistungen und Anwendungen zu errichtenden, zu
entwickelnden, zu betreibenden und instand zu haltenden großen Infrastrukturen
erfordern über lange Zeiträume einen großen finanziellen Aufwand, eine
langfristig gesicherte Finanzierung sowohl aus betrieblichen als auch
finanziellen Gründen (jede Verschiebung einer Ausgabe führt zu zusätzlichen
Kosten) und angesichts der bestehenden Risiken Instrumente für flexibles
Reagieren und für Notfälle. Die auf dem Markt angebotenen Finanzprodukte werden
diesen Bedürfnissen unter Umständen nicht gerecht, vor allem wegen des
erheblichen Vorlaufs zwischen der Entscheidung, derartige Projekte in Angriff
zu nehmen, und dem Einsetzen von Erträgen aus den Investitionen durch die
Verbreitung nachgelagerter Dienstleistungen in ausreichendem Umfang. Hier liegt
im Grunde ein Marktversagen vor, und bevor das langfristige Wachstumspotenzial
solcher Projekte zum Tragen kommt, ist eine öffentliche Finanzierung
erforderlich. Andere Raumfahrtnationen haben für dieses Problem eigene Lösungen[34] gefunden. In ihrem Vorschlag
zum nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen schlägt die Kommission ein neuartiges
Instrument vor, nämlich die EU-Projektanleiheninitiative, mit deren Hilfe
Investitionsmittel für Infrastrukturprojekte von grundlegendem strategischen
Interesse für Europa gesichert werden können, indem öffentlich-private Partnerschaften
genutzt werden, um Wettbewerbsfähigkeit und nachhaltiges Wachstum in der EU zu
stärken. Obwohl die Raumfahrt im Rahmen dieser Initiative während ihrer ersten
Stufe nicht vorgesehen ist, könnte die Raumfahrtindustrie auf einer zweiten
Stufe die Möglichkeit erhalten, diese Maßnahme in Anspruch zu nehmen, sofern
sie insbesondere in Bezug auf die Erzielung von Einnahmen die Voraussetzungen
erfüllt.[35] Soweit angebracht, sollten KMU zur Beteiligung
an der Lieferkette der Industrie angehalten werden, vor allem in Nischen, oder
auch im schnell wachsenden Bereich satellitengestützter Dienstleistungen. Die Finanzierungsinstrumente des Rahmenprogramms
Innovation und Wettbewerbsfähigkeit sowie die Fazilität für Finanzierungen auf
Risikoteilungsbasis für KMU stehen zur Verbesserung der Innovations- und
Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und von KMU bereit.
Von 2014 an werden KMU möglicherweise auch die in den künftigen
Programmen COSME und Horizont 2020 vorgesehenen
EU-Finanzierungsinstrumente (Fremd- und Beteiligungskapital) nutzen können, die
auch Wagniskapital beinhalten. Bei der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit
der Raumfahrtindustrie kommt es wesentlich auf das Verhalten der örtlichen
Behörden an. Den Regionen kommt eine wichtige Aufgabe zu. Die EU hat ein
Spektrum von Instrumenten zur Stärkung des wirtschaftlichen, gesellschaftlichen
und territorialen Zusammenhalts entwickelt, insbesondere den Europäischen Fonds
für regionale Entwicklung (EFRE) sowie dessen Programme, z. B. die
gemeinsamen europäischen Ressourcen für kleinste bis mittlere Unternehmen
(JEREMIE). Wenn das Hauptziel der Kohäsionspolitik der EU darin besteht, die
noch immer bestehenden erheblichen wirtschaftlichen, sozialen und territorialen
Ungleichheiten zwischen den Regionen Europas zu verringern, dann kommt der
Kohäsionspolitik auch eine wesentliche Rolle dabei zu, die Ziele von Europa
2020 in der gesamten EU zu verwirklichen; daher könnte sie durch Unterstützung
der Wettbewerbsfähigkeit und Innovation der KMU an der Finanzierung von Raumfahrtprojekten
und an der Förderung der Nutzung weltraumgestützter Dienstleistungen mitwirken,
und zwar gemäß den Förderrichtlinien des Strukturfonds (z. B.
nachgewiesene soziale und wirtschaftliche Wirkung auf die Region oder regionale
Auswirkung auf die Innovation). Im Rahmen nationaler oder regionaler Strategien
zur intelligenten Spezialisierung könnten Raumfahrtprojekte maßgeblich zur
Förderung von Forschung und Innovation beitragen. 4.4. Die Beschaffungspolitik
besser nutzen In mehreren Raumfahrt-Entschließungen des
Rates wird darauf hingewiesen, „dass geeignete Instrumente und
Finanzierungsregelungen der EU ausgearbeitet werden müssen, die den
Besonderheiten des Raumfahrtsektors Rechnung tragen“. Im Raumfahrtsektor
ist das Beschaffungswesen eines von mehreren Mitteln zur Erreichung
industriepolitischer Ziele. Es ist möglicherweise das wichtigste dieser Mittel,
da der größte Teil öffentlicher Mittel die Industrie dieses Sektors auf diesem
Wege erreicht. Es ist daher notwendig zu ermitteln, ob sich das öffentliche
Auftragswesen im Hinblick auf die Raumfahrt verbessern lässt. Wie Verteidigung und Sicherheit ist auch die
Raumfahrt ein strategisch wichtiger Sektor, und die Beschaffung von
Raumfahrtsystemen und -anwendungen für den öffentlichen Bedarf weist Gemeinsamkeiten
mit diesen Sektoren auf, insbesondere hinsichtlich der Eigenständigkeit, der
nationalen Sicherheit sowie der physischen Sicherheit und der in den Phasen von
Forschung und Entwicklung erforderlichen hohen und langfristigen Investitionen.
Näher untersucht werden sollten auch die Folgen der Umsetzung der
EU-Richtlinien zur öffentlichen Auftragsvergabe und zur Beschaffung von
Verteidigungsgütern[36]
auf die nationalen und europäischen Raumfahrtmärkte. Die Beschaffungen der EU sind in der
Haushaltsordnung und ihren Durchführungsverordnungen geregelt; dieses Regelwerk
steht im Einklang mit dem Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen
der Welthandelsorganisation. In diesen Rechtsvorschriften ist der Grundsatz der
Nichtdiskriminierung niedergelegt und keine Form von geografisch ausgewogenem
Mittelrücklauf zulässig. Die EU ist bei der Umsetzung ihrer Programme Kunde der
Raumfahrtindustrie und sollte dieser eine langfristige und klare Planung des
institutionellen Markts bereitstellen. Überdies sollten von der Kommission und
der ESA gemeinsam finanzierte Programme frühzeitig koordiniert werden, damit
ein reibungsloser Übergang von der Entwicklungsphase zur Betriebsphase
sichergestellt wird. 4.5. Einführung und Durchführung
einer echten europäischen Trägerraketenpolitik Von grundlegender Bedeutung ist die
Eigenständigkeit der EU in strategischen Sektoren wie Startdienstleistungen.
Angesichts dessen sollten mit der Raumfahrtindustriepolitik der EU folgende
Ziele verfolgt werden: i) Sicherstellung eines zuverlässigen, sicheren,
verfügbaren und kostengünstigen Trägersystems; ii) Herbeiführung der –
insbesondere finanziellen – Bedingungen, die erforderlich sind, um einen
unabhängigen europäischen Zugang zum Weltraum entsprechend dem institutionellen
Bedarf zu erhalten und zu verbessern, und gleichzeitig Vorschlag einer
weiterentwickelten Steuerung der Nutzung europäischer Trägersysteme, damit die
finanzielle Effizienz bei der Verwaltung der Nutzerprogramme sichergestellt
ist. Eine europäische Trägerraketenpolitik, die
diesen Namen verdient, muss wie in den anderen Raumfahrtnationen von den
institutionellen Akteuren getragen werden, damit die oben genannten Ziele nicht
durch eine kurzfristige oder fallweise Entscheidungsfindung in Gefahr geraten.
Bei der Durchführung öffentlicher Programme wie Galileo und Copernicus sollte
die EU die politische Bedeutung des unabhängigen Zugangs zum Weltraum
anerkennen. Die Mitgliedstaaten sollten erwägen, einen Teil der Last zu
übernehmen, indem sie ihre Trägersystem-Beschaffungspolitik am Ziel des
unabhängigen Zugangs ausrichten und die EU dazu befähigen, an der Erreichung
dieses Ziels mitzuwirken. Darüber hinaus muss sich die Gesamtsteuerung des
Sektors der Trägersysteme, insbesondere hinsichtlich des Betriebs und der erforderlichen
Maßnahmen zur Sicherstellung einer effizienten Produktion, weiterentwickeln,
damit die nachhaltige Finanzierung des Betriebs dieser Systeme sichergestellt
ist. 4.6. Die Nachhaltigkeit der
Raumfahrttätigkeiten in Europa sicherstellen In dem Maße, wie die Abhängigkeit von
weltraumgestützten Systemen und Dienstleistungen zunimmt, gewinnt deren
nachhaltiger Betrieb an Bedeutung. Jeder Ausfall auch nur eines Teils der
weltraumgestützten Infrastrukturen, die das Rückgrat für vielfältige
Dienstleistungen bilden, könnte die Sicherheit der europäischen Bürger und das
Wirtschaftsleben erheblich beeinträchtigen. Die weltraumgestützten
Infrastrukturen sind aber zunehmend durch Zusammenstöße aufgrund der immer
zahlreicheren Satelliten und der zunehmenden Menge von Weltraummüll in den
gewerblich am meisten genutzten Umlaufbahnen gefährdet. Um die Gefahr von Zusammenstößen zu mindern,
ist es erforderlich, Satelliten und Weltraummüll zu orten und zu überwachen,
ihre Position aufzuzeichnen und ihre Bewegungen (Bahn) zu verfolgen, wenn die
Gefahr eines Zusammenstoßes festgestellt worden ist, damit die
Satellitenbetreiber gewarnt werden und ihre Satelliten bewegen können. Diese
Tätigkeit wird Beobachtung und Verfolgung von Objekten im Weltraum genannt. Da
auf europäischer Ebene betriebsfähige Beobachtungs- und
Verfolgungsdienstleistungen nicht existieren, sind die europäischen
Satellitenbetreiber heutzutage weitgehend auf entsprechende Informationen der
USA angewiesen. Die Notwendigkeit einer angemessenen Kapazität zur Beobachtung
und Verfolgung von Objekten im Weltraum und die Verbesserung der Bereitstellung
der entsprechenden Informationen auf europäischer Ebene wurden von den
EU-Mitgliedstaaten in mehreren Schlussfolgerungen des Rates betont. Gemäß
diesen Schlussfolgerungen beabsichtigt die Kommission, einen organisatorischen
Rahmen für die Einrichtung und den Betrieb eines europäischen Dienstes für die
Beobachtung und Verfolgung von Objekten im Weltraum in Partnerschaft mit den
Mitgliedstaaten und aufbauend auf deren vorhandenen Einrichtungen und
Fachkenntnissen vorzuschlagen. 5. SCHLUSSFOLGERUNGEN Die Raumfahrtindustriepolitik unterstützt die
Ziele der Strategie Europa 2020, der Wachstumsstrategie Europas für eine
intelligente, nachhaltige und inklusive Wirtschaft. Sie fügt sich in die
industriepolitische Leitinitiative ein, in der eine europäische
Industriepolitik gefordert wird, die die bestmöglichen Rahmenbedingungen für
die Erhaltung und Entwicklung einer starken, wettbewerbsfähigen und
diversifizierten industriellen Basis schafft und für eine Vermehrung der
Arbeitsplätze und des Fachwissens in diesem Sektor sorgt. Freilich wird in der
Strategie Europa 2020 ebenfalls anerkannt, dass die Raumfahrtpolitik zur
Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie weit über den Sektor Raumfahrt
hinaus beiträgt. ANHANG Geplante Maßnahmen für die
Raumfahrtindustriepolitik 1. Verbesserung der
Rahmenbedingungen 1.1. Verbesserung des
Rechtsrahmens für das Segment der Dienstleistungen und die Industrie 1.1.1. Erarbeitung eines Raumfahrt-Rechtsrahmens
zur Stärkung des europäischen Raumfahrtmarktes · Vorschlag einer Gesetzesinitiative zur Produktion und Verbreitung privater Satellitendaten · Prüfung der Möglichkeit eines Rechtsetzungsaktes zu bestimmten Gesichtspunkten, die sich auf das Entstehen eines Binnenmarktes für Raumfahrtprodukte und weltraumgestützte Dienstleistungen auswirken: Versicherungspflicht, Registrierung und Genehmigung von Raumfahrttätigkeiten und weltraumgestützten Dienstleistungen, Sanktionen, Umweltaspekte 1.1.2. Beobachtung und Verbesserung
der Ausfuhrkontrollen und des Regelungsrahmens für die Verbringung in der EU · Beobachtung der Auswirkungen der Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 428/2009 des Rates vom 5. Mai 2009 über eine Gemeinschaftsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr, der Verbringung, der Vermittlung und der Durchfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck sowie der Richtlinie 2009/43/EG vom 6. Mai 2009 über die innergemeinschaftliche Verbringung von Verteidigungsgütern auf die Raumfahrtindustrie 1.1.3. Die Verfügbarkeit von
Funkfrequenzen sicherstellen · Erkundung, wie der künftige Frequenzbedarf für Satellitenkommunikation im Zusammenhang mit dem Programm für die Funkfrequenzpolitik berücksichtigt werden kann · Beitrag zur Vorbereitung der nächsten Weltfunkkonferenz der Internationalen Fernmeldeunion, um die Interessen der EU im Bereich der weltweiten und regionalen Frequenzzuteilungen zu verteidigen 1.1.4. Bedürfen gewerbliche
Raumfahrttätigkeiten eines Rechtsrahmens? · Einleitung einer Untersuchung zur Bewertung des Marktpotenzials suborbitaler Raumflüge, um zu ermitteln, ob ein europäischer Regelungsansatz entwickelt werden soll 1.2. Die Normung vorantreiben · Verfolgung der Entwicklung Europäischer Normen für die Raumfahrtindustrie auf der Grundlage der von der Europäischen Kooperation für Raumfahrtnormung begonnenen Arbeit und des dritten Normungsauftrags an CEN-CENELEC und ETSI 1.3. Die Verfügbarkeit
erforderlicher Qualifikationen sicherstellen · Erarbeitung einer langfristigen und klaren Perspektive für den institutionellen Markt auf EU-Ebene, die der Industrie übermittelt wird · Erstellung und Aktualisierung einer Kartierung der Lieferkette, um das richtige Maß an europäischer Unabhängigkeit, Fachkenntnis und Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen · Unterstützung der Entwicklung geeigneter Fähigkeiten, wie sie speziell in der Raumfahrt benötigt werden, und Förderung der Schaffung gegenseitig anerkannter akademischer Qualifikationen im Bereich Raumfahrt in Europa (Inangriffnahme und Koordinierung der Entwicklung von Raumfahrtakademien durch die Mitgliedstaaten bzw. zwischen ihnen) · Einbeziehung gezielter Maßnahmen in künftige FuE-Rahmenprogramme, bei denen ein Teil der Forschung von Doktoranden zu erledigen ist – wie dies gegenwärtig bei der Verwaltung des Luftverkehrs geschieht · Förderung der Entwicklung von Programmen für lebenslanges Lernen durch verstärkte Zusammenarbeit zwischen Industrie und Universitäten, insbesondere in dem neu entstehenden Bereich satellitengestützter Anwendungen · Erhöhung der Attraktivität der EU für ausländische Wissenschaftler 1.4. Den Zugang der europäischen
Raumfahrtbranche zum Weltmarkt verbessern · Analyse der Maßnahmen und bewährten Praktiken, die von Mitgliedstaaten entwickelt worden sind, um den Zugang zu Auslandsmärkten zu unterstützen · Es ist dafür zu sorgen, dass die Besonderheiten des Raumfahrtsektors und der europäischen Raumfahrtindustrie bei Handelsverhandlungen und in entsprechenden Handelsübereinkommen Berücksichtigung finden, um gleiche Ausgangsbedingungen zu begünstigen 2. Forschung und Innovation
unterstützen 2.1. Europa in der Raumfahrt
wettbewerbsfähig machen, insbesondere durch Sicherstellung der Eigenständigkeit
bei kritischer Technik und durch Förderung von Innovation · Fortsetzung der Anstrengungen der Kommission und Koordinierung dieser Anstrengungen mit denen der Mitgliedstaaten, der Europäischen Raumfahrtorganisation und der Europäischen Verteidigungsagentur, um zu ermitteln, welche Komponenten für die Raumfahrt kritisch sind, und um deren Verfügbarkeit sicherzustellen · Prüfung, ob es durchführbar ist, den neu entstehenden Markt für Erdbeobachtung durch Anreize zu fördern, etwa durch langfristige Verträge mit der Erdbeobachtungswirtschaft · Förderung der Nutzung raumfahrtgestützter Anwendungen in Bereichen der EU-Politik · Unterstützung von Sensibilisierungskampagnen, um möglichen Nutzern (Städten, Regionen, verschiedenen Wirtschaftszweigen usw.) das Potenzial raumfahrtgestützter Anwendungen zu vermitteln und so ihren Bedarf an solchen Anwendungen zu wecken sowie um durch punktuelle Maßnahmen (z. B. Gutscheine für Gemeinden oder KMU) den Einsatz der Dienstleistungen durch die Endnutzer zu erleichtern · Unterstützung der Entwicklung von Maßnahmen zur Unterstützung der Innovation für die Industrie auf EU-, nationaler und regionaler Ebene unter besonderer Berücksichtigung von KMU im nachgelagerten Bereich satellitengestützter Dienstleistungen · Durchführung des GNSS-Aktionsplans der Kommission zwecks Förderung der Entwicklung und des Einsatzes von Satellitennavigationsanwendungen unter Verwendung von EGNOS und Galileo · Unterstützung des fruchtbaren Austauschs der Raumfahrttechnik mit anderen Sektoren und der Übernahme/Überlassung von Innovationen in Programmen für FuE und Innovation 2.2. Fortschritte in der
Raumfahrttechnik ermöglichen · Vermehrte Anstrengungen in der Raumfahrtforschung, insbesondere bei bahnbrechenden technischen Lösungen · Unterstützung der Entwicklung anderer technischer Lösungen als die der Wettbewerber · Unterstützung der Industrie und von Raumfahrtforschungseinrichtungen, einschließlich des nachgelagerten Dienstleistungsbereichs, durch Förderung von FuE, Förderung der Entwicklung anwendungsorientierter FuE-Programme an Universitäten, die sich mit Raumfahrttechnik befassen, und der Weiterentwicklung von Prototypen zu marktreifen Produkten · Bewertung der Wirtschaftlichkeit beigeladener Nutzlasten, um deren Möglichkeiten für eine weitergehende institutionelle und wissenschaftliche Nutzung auszuloten und um zu ermitteln, wie die absehbaren Probleme, etwa Rechtsfragen, Anforderungen des Staates oder der Streitkräfte usw., gelöst werden können · Bewertung anderer kostengünstiger Beförderungsmöglichkeiten zwecks Erprobung neuer technischer Lösungen im Weltraum · Nutzung von Horizont 2020 zur Beschleunigung der Bereitstellung von Ersatzstoffen für zu ersetzende Rohstoffe wie die in der REACH-Verordnung aufgeführten 2.3. Anreize zur uneingeschränkten
Nutzung von Weltraumdaten und zur Entwicklung innovativer Anwendungen · Es soll eine breitere Nutzung von Weltraumdaten aus gegenwärtigen und künftigen europäischen Missionen in der Wissenschaft, der Öffentlichkeit und der gewerblichen Wirtschaft gewährleistet werden 3. Das Spektrum und die Nutzung
verfügbarer Finanzierungsinstrumente erweitern · Erkundung der Möglichkeiten zur Erleichterung des Zugangs zu Finanzierungen, insbesondere für KMU, durch Förderung der Weiterentwicklung innovativer und der Nutzung vorhandener Finanzierungsinstrumente · Die Mitgliedstaaten und die Regionen dazu anhalten, die Strukturfonds und innovative Finanzierungsinstrumente stärker zu nutzen, um die Entwicklung innovativer, satellitengestützter Dienstleistungen durch KMU zu erleichtern · Sicherstellung der raschen Ausweitung des Anwendungsbereichs der EU-Projektanleiheninitiative auf Raumfahrtinfrastrukturen 4. Die Beschaffungspolitik
besser nutzen · Erarbeitung einer langfristigen und klaren Planung des institutionellen Marktes, die der Industrie übermittelt wird · Untersuchung der Folgen der Umsetzung der EU-Richtlinien zur öffentlichen Auftragsvergabe und zur Beschaffung von Verteidigungsgütern auf die nationalen und europäischen Raumfahrtmärkte · Von der Kommission und der Europäischen Weltraumorganisation gemeinsam finanzierte Programme sollten frühzeitig koordiniert werden, damit ein reibungsloser Übergang von der Entwicklungsphase zur Betriebsphase sichergestellt wird 5. Einführung und Durchführung
einer echten europäischen Trägerraketenpolitik · Einführung einer echten europäischen Trägerraketenpolitik in Zusammenarbeit mit den anderen institutionellen Akteuren, wie dies in den anderen Raumfahrtnationen geschieht 6. Unterstützung der
Einrichtung und des Betriebs eines europäischen Dienstes für die Beobachtung
und Verfolgung von Objekten im Weltraum · Bereitstellung eines organisatorischen Rahmens (Steuerung) zur Unterstützung der Einrichtung und des Betriebs eines Dienstes für die Beobachtung und Verfolgung von Objekten im Weltraum auf europäischer Ebene, aufbauend auf vorhandenen nationalen Einrichtungen und Fachkenntnissen; Festlegung der dazugehörigen Datenpolitik unter Berücksichtigung nationaler Sicherheitsinteressen [1] „EUROPA
2020 Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“,
KOM(2010) 2020 endg. [2] KOM(2010) 614 endg. [3] KOM(2011) 152. [4] Siehe die Entschließung des Rates „Leitlinien zum
Mehrwert und Nutzen des Weltraums für die Sicherheit der europäischen Bürger“,
18232/11, Brüssel, 6. Dezember 2011, in der der Schluss gezogen wird, „dass
eine weltraumbezogene Industriepolitik die Besonderheiten des Weltraumsektors
und das Interesse aller Mitgliedstaaten, in Weltrauminfrastrukturen zu
investieren, berücksichtigen und auf die folgenden gemeinsamen Ziele abstellen
sollte: Förderung der Fähigkeit Europas, Weltraumsysteme zu entwerfen,
zu entwickeln, zu starten, zu betreiben und zu nutzen, Stärkung der
Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie für den Binnenmarkt und die
Exportmärkte, Förderung des Wettbewerbs und einer ausgewogenen Entwicklung und
Einbeziehung von Kapazitäten innerhalb Europas“. In der Entschließung wurde
außerdem betont „dass geprüft werden sollte, ob entsprechende Maßnahmen auf
europäischer oder internationaler Ebene erforderlich sein könnten, um die
Nachhaltigkeit und wirtschaftliche Entwicklung der Weltraumaktivitäten zu
gewährleisten, einschließlich jener des europäischen kommerziellen Sektors.“ [5] COM(2012) 582 final, Mitteilung der Kommission an
das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und
Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, Brüssel, 10.10.2012. [6] The Space Economy at a Glance 2007, OECD. [7] Finanzbericht 2009 der NASA, Euroconsult 2009 und
Schätzungen der Budgets für Raumfahrttechnologien im Jahr 2009 durch die ESA. [8] Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass ein
beträchtlicher Teil der öffentlichen Ressourcen für die Weltraumforschung nicht
von der NASA, sondern direkt von anderen öffentlichen Einrichtungen kommt. [9] Wettbewerbsfähige Hochtechnologieprodukte können zu
Grenzkosten auf den Markt gebracht werden, da die Entwicklungskosten bereits
durch institutionelle Programme übernommen wurden. Der „Marktpreis“ ist
willkürlich und hängt mit der Strategie eines Staates und seinen politischen
Zielen zusammen. [10] Angesichts der sehr niedrigen Zahl der Raketenstarts bei
allen Anbietern (beim europäischen Anbieter weniger als zehn pro Jahr) ist
jeder Start von entscheidender Bedeutung; eine Verringerung um mehr als einen
Start pro Jahr gefährdet die Existenz des Teilsektors und, auf lange Sicht, des
europäischen Raumfahrtsektors, was dramatische Folgen für die strategische
Unabhängigkeit Europas mit sich bringen kann. [11] Auf hoher See sind Satellitenkommunikationsdienste
beispielsweise die einzige verfügbare Option. Eine erschwingliche
Satellitenkommunikation kann zudem die EU-Strategie des „blauen Wachstums“ zur
Förderung des Wachstums im maritimen Sektor unterstützen. [12] Das Funkfrequenzspektrum wird von einer wachsenden Zahl
drahtloser Anwendungen in mehreren Sektoren genutzt, deren Bandbreite von
Funkgeräten mit geringer Reichweite bis zu elektronischen
Kommunikationsdiensten wie der Satellitenkommunikation und terrestrischen
Telekommunikationsdiensten reicht. [13] Len Jacobson, GNSS Markets and Applications (GNSS
Technology and Applications), Artech House Inc, 2007. [14] Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und
den Rat, Halbzeitüberprüfung der europäischen Satellitennavigationsprogramme,
KOM(2011) 5 endg., Brüssel, 18.1.2011. [15] Studie
von PriceWaterhouseCoopers mit dem Titel „Socioeconomic benefits analysis of
GMES“, abrufbar unter http://esamultimedia.esa.int/docs/GMES/261006_GMES_D10_final.pdf, S. 180. [16] Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und
den Rat, Halbzeitüberprüfung der europäischen Satellitennavigationsprogramme,
KOM(2011) 5 endg., Brüssel, 18.1.2011. [17] „Unabhängigkeit“ bedeutet, dass alle erforderlichen
Raumfahrttechnologien in Europa entwickelt werden, während „Eigenständigkeit“
einen freien, unbeschränkten Zugang Europas zu sämtlichen erforderlichen
Raumfahrttechnologien bezeichnet. [18] Dies gilt
beispielsweise für die Atomuhren an Bord der Galileo-Satelliten, die die
wichtigste Nutzlast für solche Satelliten darstellen; diese
werden in Europa nur von einem einzigen Hersteller aus einem nicht der EU
angehörenden Land produziert, der auch China und Indien beliefert (http://www.bilan.ch/high-tech/spectratime%E2%80%99s-atomic-clocks-galileo). [19] Einige Bauteile oder Werkstoffe, die in der Raumfahrt (an
Bord von Satelliten oder Trägerraketen) eingesetzt werden, sind in der
REACH-Verordnung aufgeführt und müssen wenn möglich ersetzt werden. [20] Beispielsweise vom Weltraumrat aus seinen Tagungen 2007,
2008 und 2010 sowie vom Rat „Wettbewerbsfähigkeit“ im Mai 2011. [21] Eine
Mindestzahl von institutionellen Starts sowie Entwicklungsprogramme sind
notwendig, ansonsten ist die Zuverlässigkeit nicht länger gegeben, und das
Qualifikationsfundament kann nicht erhalten werden. [22] Deren tatsächliche Höhe muss, von der öffentlichen
Finanzierung in der Entwicklungsphase, der öffentlichen Förderung in der
Produktionsphase oder der Unterstützung des Startgeländes bis hin zu
Vorzugsregelungen für heimische Starts und für den Marktzugang, über die
gesamte Wertschöpfungskette hinweg beurteilt werden. [23] Die vorgeschlagenen Initiativen werden in voller
Übereinstimmung mit den Gemeinschaftsregeln zu staatlichen Beihilfen konzipiert
und durchgeführt, dies gilt besonders für Fälle, in denen Gelder der
Mitgliedstaaten beteiligt wären. [24] Das GNSS der EU wird die gesamte Welt abdecken. In jedem
Land der Welt könnte vor den örtlichen Gerichten nach Landesrecht Klage erhoben
werden. Die EU erarbeitet derzeit eine Verordnung über die Haftung der EU für
das GNSS. Eine ähnliche Erörterung fand unter der Schirmherrschaft von UNIDROIT
(Internationales Institut für die Vereinheitlichung des Privatrechts) über alle
vom GNSS angebotenen Dienstleistungen statt. Die Erörterungen in diesem Forum
wurden ausgesetzt, um möglicherweise auf regionaler Ebene zu beschließende
Initiativen einzubeziehen. [25] Verordnung (EG) Nr. 428/2009 des Rates vom 5. Mai
2009 über eine Gemeinschaftsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr, der
Verbringung, der Vermittlung und der Durchfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck
und Richtlinie 2009/43/EG vom 6. Mai 2009 über die
innergemeinschaftliche Verbringung von Verteidigungsgütern. [26] Die zuvor geltenden Anforderungen belasteten Unternehmen
mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand (schätzungsweise 225 Stunden/Genehmigung
laut der Folgenabschätzung für die Richtlinie 2009/43/EG über die
innergemeinschaftliche Verbringung von Verteidigungsgütern). Sie führten
außerdem zu langen Vorlaufzeiten von bis zu mehreren Monaten für die
Beschaffung von Durchfuhr- oder Ausfuhrgenehmigungen. [27] Das System der Europäischen Union zur Kontrolle der
Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck: in einer Welt des Wandels
Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit gewährleisten (KOM(2011) 393 endg.). [28] Um eine Lizenz zu erhalten, brauchen
die Betreiber von Suborbitalfahrzeugen zahlende Fahrgäste lediglich über die
Gefahren der Start- und der Wiedereintrittphase sowie die Sicherheitsbilanz des
Fahrzeugtyps aufklären. Der Fahrgast unterzeichnet sodann eine
Haftungsausschlusserklärung und nimmt damit das Risiko hin. [29] Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung
des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang von Waren und
Dienstleistungen aus Drittländern zum EU-Binnenmarkt für das öffentliche
Beschaffungswesen und über die Verfahren zur Unterstützung von Verhandlungen
über den Zugang von Waren und Dienstleistungen aus der Union zu den
öffentlichen Beschaffungsmärkten von Drittländern, COM(2012)124 final. [30] Zum Beispiel
Technologievermarktungsprojekte, vorkommerzielle Auftragsvergabe,
Branchen-Zentren, lebende Labore und andere von Nutzern vorangetriebene
Innovationsverfahren. [31] KOM(2011) 811. [32] Hierbei handelt es sich um die Nutzung verfügbarer
Kapazität gewerblicher Satelliten zur Aufnahme zusätzlicher Transponder, Instrumente
oder anderer Gegenstände, die in den Weltraum befördert werden sollen. [33] Im Allgemeinen regelt die REACH-Verordnung einzelne
Stoffe, die in den einzelnen Listen entsprechend dem für sie geltenden
Verfahren aufgeführt sind. Einige dieser Listen, z. B. die Liste der für eine
Aufnahme in Anhang XIV in Frage kommenden Stoffe oder Anhang XIV (Verzeichnis
der zulassungspflichtigen Stoffe), lösen eine unmittelbare Pflicht zur
Information über Erzeugnisse („Bestandteile“) aus oder machen die Nutzung des
Stoffes in Europa von einer Genehmigung abhängig. [34] Hier sind
insbesondere die beiden Zehnjahresaufträge zu nennen, die die Regierung der USA
unlängst an zwei kommerzielle Unternehmen für Satellitenaufnahmen vergeben hat. [35] Vgl. KOM(2011) 659, KOM(2011) 660 und KOM(2011) 662 zum
Thema Europa-2020-Projektanleiheninitiative. [36] Richtlinien 2004/18/EG und 2009/81/EG.