6.11.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 336/15


Zusammenfassung der Stellungnahme des Europäischen Datenschutzbeauftragten zur Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — „Europäische Strategie für ein besseres Internet für Kinder“

(Der vollständige Text dieser Stellungnahme ist in englischer, französischer und deutscher Sprache auf der Internetpräsenz des EDSB unter http://www.edps.europa.eu erhältlich)

2012/C 336/08

I.   Einleitung

I.1.   Konsultation des EDSB

1.

Am 2. Mai 2012 veröffentlichte die Kommission ihre Mitteilung über eine „Europäische Strategie für ein besseres Internet für Kinder“ (1) (nachstehend „die Mitteilung“).

2.

Vor der Annahme dieser Mitteilung wurde dem EDSB Gelegenheit gegeben, informelle Bemerkungen zu übermitteln. Der EDSB begrüßt, dass einige seiner informellen Bemerkungen in der Mitteilung berücksichtigt wurden. In Anbetracht der Wichtigkeit des Themas möchte der EDSB dennoch auf eigene Initiative diese Stellungnahme vorlegen.

I.2.   Ziele und Hintergrund der Mitteilung

3.

Ziel der Mitteilung ist es, eine Strategie zur Verbesserung des Schutzes von Kindern im Online-Umfeld zu entwickeln. Die Mitteilung steht im Zusammenhang mit der EU-Agenda für die Rechte des Kindes (2), der Digitalen Agenda für Europa (3) und den Schlussfolgerungen des Rates über den Schutz der Kinder in der digitalen Welt (4).

4.

Im Mittelpunkt der Mitteilung stehen vier Hauptpfeiler:

1.

Förderung hochwertiger Online-Inhalte für Jugendliche;

2.

Verstärkte Sensibilisierung und Befähigung;

3.

Schaffung eines sicheren Online-Umfelds für Kinder; und

4.

Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern.

5.

Die Mitteilung sieht eine Reihe von Maßnahmen vor, die von der Branche, den Mitgliedstaaten und der Kommission zu ergreifen sind. Sie umfasst Themen wie die elterliche Kontrolle ("Parental Control"), Datenschutzeinstellungen, Alterseinstufungen, Meldemöglichkeiten, Hotlines und Zusammenarbeit zwischen Branche, Hotlines und Strafverfolgungsbehörden.

I.3.   Ziele und Umfang der Stellungnahme des EDSB

6.

Der EDSB unterstützt voll und ganz die Initiativen, die die Stärkung des Schutzes von Kindern im Internet und die Verbesserung der Mittel zur Bekämpfung des Missbrauchs von Kindern im Online-Umfeld anstreben. (5) In zwei vorangegangenen Stellungnahmen hat der EDSB die Wichtigkeit des Schutzes und der Sicherheit von Kindern im Online-Umfeld aus Sicht des Datenschutzes betont. (6) Er begrüßt, dass dies in der Mitteilung anerkannt worden ist.

7.

Die wachsende Nutzung des digitalen Umfeldes durch Kinder und die konstante Entwicklung dieses Umfeldes stellen neue Risiken für Datenschutz und Privatsphäre dar, die in Punkt 1.2.3 der Mitteilung aufgeführt werden. Diese Risiken umfassen, unter anderem, den Missbrauch ihrer personenbezogenen Daten, die ungewollte Verbreitung ihres persönlichen Profils auf Websites zur sozialen Vernetzung, ihre wachsende Nutzung von geografischen Ortungsdiensten, dass sie immer stärker Werbekampagnen und Kapitalverbrechen wie Kindesmissbrauch direkt ausgesetzt sind. Dies sind besondere Risiken, die in für die Besonderheit und Verletzlichkeit des gefährdeten Personenkreises angemessener Weise angegangen werden müssen.

8.

Der EDSB begrüßt, dass die in der Mitteilung ins Auge gefassten Maßnahmen den aktuellen Datenschutzrahmen (einschließlich der Richtlinie 95/46/EG und der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation 2002/58/EG (7)), die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr 2000/31/EG (8) und die Charta der Grundrechte der Europäischen Union einhalten sollen und dass die Mitteilung auch den vorgeschlagenen neuen Datenschutzrahmen (9) berücksichtigt. Der EDSB betont, dass alle im Anschluss an die Mitteilung zu ergreifenden Maßnahmen mit diesem Rahmen in Einklang stehen sollten.

9.

Diese Stellungnahme hebt die besonderen datenschutzrechtlichen Probleme hervor, die die in der Mitteilung vorgesehenen Maßnahmen verursachen, die von allen Adressaten der Mitteilung, d. h. der Kommission, den Mitgliedstaaten und der Branche, gegebenenfalls angegangen werden müssen. Insbesondere Kapitel II stellt die konkreten Mittel heraus, die helfen können, den Schutz und die Sicherheit von Kindern im Online-Umfeld aus Sicht des Datenschutzes zu verbessern. In Kapitel III hebt die Stellungnahme einige datenschutzrechtliche Probleme hervor, die für die Umsetzung der Maßnahmen zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern im Internet, insbesondere im Zusammenhang mit der Nutzung von Meldemöglichkeiten und der Zusammenarbeit zwischen Branche, Strafverfolgung und Hotlines, angegangen werden müssen.

IV.   Schlussfolgerungen

49.

Der EDSB unterstützt die in den Mitteilungen enthaltenen Initiativen, das Internet für Kinder sicherer zu machen, und zur Bekämpfung sexuellen Missbrauchs und sexueller Ausbeutung von Kindern. Insbesondere begrüßt er die Anerkennung des Datenschutzes als Schlüsselelement für die Gewährleistung des Schutzes von Kindern im Internet und zu ihrer Befähigung, die Vorteile des Internets in Sicherheit zu genießen.

50.

Der EDSB betont, dass bei der Einführung von Initiativen, insbesondere mit dem Ziel der Verbesserung der Sicherheit von Kindern, im Online-Umfeld Datenschutzanforderungen angemessen von der Branche, den Mitgliedstaaten und der Kommission berücksichtigt werden sollten:

Mitgliedstaaten sollten gewährleisten, dass sie in ihre Bildungskampagnen und -materialien Hinweise auf datenschutzrechtliche Risiken sowie Informationen darüber, wie Kinder und Eltern diesen vorbeugen können, aufnehmen. Außerdem sollten Synergien zwischen Datenschutzbehörden, Mitgliedstaaten und der Branche entwickelt werden, um das Bewusstsein für Online-Sicherheit bei Kindern und Eltern zu fördern.

Die Branche sollte gewährleisten, dass sie personenbezogene Daten von Kindern im Einklang mit dem geltenden Recht verarbeitet und wenn erforderlich die Einwilligung der Eltern einholt. Sie sollte Standard-Datenschutzeinstellungen für Kinder einführen, die mehr Schutzmechanismen vorsehen als solche, die standardmäßig für alle Nutzer eingebettet sein sollten. Sie sollte außerdem geeignete Warnsysteme einführen, um Kinder, die ihre Standard-Datenschutzeinstellungen ändern möchten, zu warnen, und um zu gewährleisten, dass eine solche Änderung, wenn erforderlich, durch elterliche Einwilligung bestätigt wird. Sie sollte am Einsatz geeigneter Funktionen für die Altersüberprüfung arbeiten, die aus Sicht des Datenschutzes nicht aufdringlich sind.

In Bezug auf Auskünfte an die Kinder sollte die Branche untersuchen, wie eine Systematik entwickelt werden kann, um Kindern auf einfache Weise Informationen bereitzustellen und sie über mögliche Risiken einer Änderung ihrer Standardeinstellungen zu informieren.

Hinsichtlich der Werbung für Kinder erinnert der EDSB daran, dass es keine Direktwerbung geben sollte, die speziell an junge Minderjährige gerichtet ist, und dass Kinder nicht Gegenstand von verhaltensorientierter Werbung sein sollten. Der EDSB ist der Ansicht, dass die Kommission die Branche stärker ermutigen sollte, datenschutzfreundliche Selbstregulierungsmaßnahmen auf EU-Ebene zu entwickeln, die gute Praktiken im Hinblick auf Online-Werbung für Kinder fördern, die auf vollständiger Einhaltung der entsprechenden Datenschutzvorschriften basieren sollten. Er ermutigt die Kommission außerdem, die Möglichkeit zu untersuchen, auf EU-Ebene weitere Rechtsvorschriften zu erlassen, um die angemessene Berücksichtigung der Rechte von Kindern auf Privatsphäre und Datenschutz im Zusammenhang mit Werbung zu gewährleisten.

51.

Die in der Mitteilung zur Bekämpfung sexuellen Missbrauchs und sexueller Ausbeutung von Kindern hervorgehobenen Initiativen werfen eine Reihe datenschutzrechtlicher Probleme auf, die von allen Interessenträgern in ihrem jeweiligen Wirkungsbereich sorgfältig berücksichtigt werden müssen.

Aufgrund ihrer Sensibilität aus Sicht des Datenschutzes sollte sich der Einsatz von Meldemöglichkeiten auf eine geeignete Rechtsgrundlage stützen. Der EDSB empfiehlt, dass der Einsatz des in Abschnitt 2.2.3 vorgesehenen EU-weiten Meldesystems für Kinder gesetzlich klar festgelegt wird. Er empfiehlt ferner, dass klar definiert wird, was „schädlichen Inhalt und Verhaltensweisen“ ausmacht, die mit den künftigen EU-weiten Meldemöglichkeiten für Kinder gemeldet werden können.

Der EDSB unterstützt die Entwicklung einer Standard-Mindestmeldevorlage durch die Branche, die so konzipiert werden sollte, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten auf das strikt Erforderliche beschränkt wird.

Die Verfahren für die Meldung über Hotlines sollten besser definiert werden. Ein europäischer Verhaltenskodex, einschließlich gemeinsamer Meldeverfahren und Datenschutzgarantien, auch hinsichtlich des internationalen Austauschs personenbezogener Daten, würde den Datenschutz in diesem Bereich verbessern.

Um die Entwicklung von Meldemöglichkeiten zu gewährleisten, die ein hohes Maß an Datenschutz gewährleisten, sollten Datenschutzbehörden an einem konstruktiven Dialog mit der Branche und anderen Interessenträgern beteiligt werden.

Die Zusammenarbeit zwischen der Branche und Strafverfolgungsbehörden bei den Verfahren zur Meldung und Entfernung von ins Internet gestelltem Material über Kindesmissbrauch darf nur im Rahmen einer geeigneten Rechtsgrundlage erfolgen. Die Modalitäten einer solchen Zusammenarbeit müssen klarer definiert werden. Dies gilt auch für die Zusammenarbeit zwischen der Branche und einem zukünftigen Europäischen Zentrum zur Bekämpfung der Cyberkriminalität.

Der EDSB ist der Ansicht, dass ein angemessenes Gleichgewicht zwischen dem legitimen Ziel, illegale Inhalte zu bekämpfen, und der geeigneten Art der dazu verwendeten Mittel gefunden werden muss. Er erinnert daran, dass jegliche Maßnahme zur Überwachung von Telekommunikationsnetzen, wenn sie in speziellen Fällen erforderlich ist, Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden sein sollte.

Brüssel, den 17. Juli 2012

Giovanni BUTTARELLI

Stellvertretender Europäischer Datenschutzbeauftragter


(1)  KOM(2012) 196 endgültig

(2)  EU-Agenda für die Rechte des Kindes, KOM(2011) 60 endgültig

(3)  Digitale Agenda für Europa, KOM(2010) 245 endgültig

(4)  Schlussfolgerungen des Rates über den Schutz der Kinder in der digitalen Welt, 3128. Sitzung des Rates Bildung, Jugend, Kultur und Sport in Brüssel, 28. und 29. November 2011.

(5)  Es gibt auch etliche Initiativen auf internationaler Ebene, wie beispielsweise die Strategie des Europarates für die Rechte des Kindes (2012-2015), KOM(2011) 171 endgültig, 15. Februar 2012.

(6)  Siehe Stellungnahme des EDSB zum Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über ein mehrjähriges Gemeinschaftsprogramm zum Schutz der Kinder bei der Nutzung des Internets und anderer Kommunikationstechnologien, veröffentlicht im ABl. C 2 vom 7. 1.2009, S. 2, und Stellungnahme des EDSB zum Vorschlag für eine Richtlinie zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie von Kinderpornografie und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI, veröffentlicht im ABl. C 323, vom 30.11.2010, S. 6.

(7)  Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation, ABl. L 201 vom 31.7.2002, S. 37.

(8)  Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs im Binnenmarkt, ABl. L 178 vom 17.7.2000, S. 1.

(9)  Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Datenschutz-Grundverordnung), KOM(2012) 11 endgültig