6.11.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 336/13


Zusammenfassung der Stellungnahme des Europäischen Datenschutzbeauftragten zum Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verbesserung der Wertpapierabrechnungen in der Europäischen Union und über Zentralverwahrer sowie zur Änderung der Richtlinie 98/26/EG

(Der vollständige Text dieser Stellungnahme ist in englischer, französischer und deutscher Sprache auf der Internetpräsenz des EDSB unter http://www.edps.europa.eu erhältlich.)

2012/C 336/07

1.   Einleitung

1.1   Konsultation des EDSB

1.

Am 7. März 2012 nahm die Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verbesserung der Wertpapierabrechnungen in der Europäischen Union und über Zentralverwahrer sowie zur Änderung der Richtlinie 98/26/EG („Vorschlag“) an. Der Vorschlag wurde dem EDSB noch am selben Tag zur Konsultation übermittelt.

2.

Der EDSB begrüßt, dass die Kommission ihn konsultiert, und empfiehlt, in der Präambel der vorgeschlagenen Verordnung auf diese Stellungnahme hinzuweisen.

3.

Der Vorschlag enthält Bestimmungen, die sich in bestimmten Fällen auf den Datenschutz der betroffenen Personen auswirken können, wie z. B. die Bestimmungen über die Ermittlungsbefugnisse der zuständigen Behörden, den Informationsaustausch, die Aufbewahrung von Aufzeichnungen, die Auslagerung von Tätigkeiten, die Bekanntgabe von Sanktionen und die Meldung von Verstößen.

4.

In mehreren anhängigen bzw. möglicherweise in Zukunft zu erwartenden Vorschlägen gibt es Bestimmungen, die mit den in dieser Stellungnahme behandelten vergleichbar sind; beispielsweise diejenigen, die Gegenstand der Stellungnahmen des EDSB zum Europäischen Risikokapitalfonds und Europäischen Fonds für soziales Unternehmertum (1), zum Gesetzespaket zur Reform der Bankengesetzgebung, Ratingagenturen, Märkte für Finanzinstrumente (MiFID/MiFIR) und Marktmissbrauch waren (2). Der EDSB empfiehlt daher, die vorliegende Stellungnahme in unmittelbarem Zusammenhang mit seinen Stellungnahmen vom 10. Februar 2012 zu den genannten Initiativen zu lesen.

1.2   Ziele und Anwendungsbereich des Vorschlags

5.

Jedem an oder außerhalb einer Börse getätigten Wertpapiergeschäft folgen Nachhandelsverfahren, die zur Abwicklung dieses Geschäfts führen, d. h. zur Lieferung von Wertpapieren an den Käufer gegen Übergabe von Barmitteln an den Verkäufer. Zentralverwahrer sind dabei die entscheidenden Einrichtungen, die über sogenannte Wertpapierabrechnungssysteme die Abwicklung ermöglichen. Sie sind die Einrichtungen, die die auf den Märkten abgeschlossenen Geschäfte ermöglichen. Zentralverwahrer sorgen auch für die Eröffnung und Führung von Wertpapierkonten, in denen erfasst wird, wie viele Wertpapiere von wem ausgegeben wurden, und in denen jeder Wechsel der Halter dieser Wertpapiere verbucht wird.

6.

Während die Zentralverwahrer innerhalb nationaler Grenzen in der Regel sicher und effizient funktionieren, ist die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen ihnen weniger sicher; dies bedeutet, dass ein Investor mit höheren Risiken und Kosten rechnen muss, wenn er Geld im Ausland anlegt. Dass kein effizienter Binnenmarkt für Abrechnungen existiert, ist ebenfalls nicht unbedenklich, denn es gibt Hindernisse wie die Beschränkung des Zugangs von Wertpapieremittenten zu Zentralverwahrern, unterschiedliche nationale Zulassungsregeln und Bestimmungen für Zentralverwahrer innerhalb der EU und einen eingeschränkten Wettbewerb zwischen verschiedenen nationalen Zentralverwahrern. Aufgrund dieser Hindernisse ist der Markt stark fragmentiert; gleichzeitig werden grenzüberschreitende Geschäfte in Europa immer häufiger und auch die Verflechtung zwischen den Zentralverwahrern nimmt zu.

7.

Der Vorschlag nimmt diese Probleme in Angriff, indem er eine Verpflichtung einführt, sämtliche übertragbaren Wertpapiere in Effektengiro zu verbuchen und sie bei Zentralverwahrern zu erfassen, bevor mit ihnen an geregelten Handelsplätzen gehandelt wird, indem er Abrechnungsperioden und Regelungen der Abrechnungsdisziplin EU-weit harmonisiert und gemeinsame Regeln einführt, die sich an den Risiken der Geschäfte und Dienstleistungen der Zentralverwahrer orientieren.

8.

Der Vorschlag vervollständigt den Regulierungsrahmen für die Infrastrukturen von Wertpapiermärkten, ergänzend zur Richtlinie 2004/39/EG über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID), die sich mit den Handelsplätzen befasst, sowie zum Vorschlag für eine Verordnung über europäische Marktinfrastrukturen (EMIR), der Derivatgeschäfte über zentrale Gegenparteien zum Gegenstand hat.

3.   Schlussfolgerungen

48.

Der EDSB begrüßt, dass dem Datenschutz in dem Vorschlag besondere Aufmerksamkeit geschenkt wurde.

49.

Der EDSB spricht folgende Empfehlungen aus:

In der Präambel des Vorschlags sollte auf diese Stellungnahme hingewiesen werden;

Bestimmungen, in denen es um die umfassende Anwendbarkeit bestehender Datenschutzvorschriften geht, sollten zu einer allgemeinen Bestimmung umformuliert werden, in der sowohl auf die Richtlinie 95/46/EG als auch auf die Verordnung (EG) Nr. 45/2001 verwiesen wird, und bei Erwähnung der Richtlinie 95/46/EG sollte erläutert werden, dass die Bestimmungen im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 95/46/EG gelten. Weiter empfiehlt der EDSB, eine solche übergreifende Bestimmung auch in einen Artikel des Vorschlags aufzunehmen;

der Zugang zu Unterlagen und Informationen sollte auf genau identifizierte und schwerwiegende Verstöße gegen den Vorschlag und auf Fälle beschränkt werden, in denen ein begründeter Erstverdacht (der sich auf konkrete erste Beweise stützen sollte) auf einen Verstoß besteht;

es sollte eine Anforderung an die zuständigen Behörden aufgenommen werden, Unterlagen und Informationen mit einem offiziellen Beschluss anzufordern, in dem die Rechtsgrundlage und der Zweck des Ersuchens angegeben sind und aufgeführt wird, welche Informationen angefordert werden, bis wann die Information vorliegen muss und ob der Adressat das Recht hat, den Beschluss durch ein Gericht überprüfen zu lassen;

es sollte spezifiziert werden, welche Art personenbezogener Daten gemäß dem Vorschlag verarbeitet und übermittelt werden darf; es sollten die Zwecke festgelegt werden, zu denen personenbezogene Daten von zuständigen Behörden verarbeitet und übermittelt werden dürfen, und es sollte ein angemessener Aufbewahrungszeitraum für die Daten im Rahmen der oben genannten Verarbeitung bestimmt oder es sollten zumindest genaue Kriterien für seine Bestimmung festgelegt werden;

in Anbetracht der bei Übermittlungen an Drittländer bestehenden Risiken sollten in Artikel 23 Absatz 7 besondere Garantien aufgenommen werden, beispielsweise eine fallweise Beurteilung und das Vorhandensein eines angemessenen Datenschutzniveaus in dem Drittland, das die personenbezogenen Daten empfängt;

der Mindestaufbewahrungszeitraum von fünf Jahren in Artikel 27 des Vorschlags sollte durch einen maximalen Aufbewahrungszeitraum ersetzt werden, sofern Aufzeichnungen personenbezogene Daten enthalten. Der ausgewählte Zeitraum sollte erforderlich sein und in einem angemessenen Verhältnis zu dem Zweck stehen, für den die Daten verarbeitet werden;

Artikel 28 Absatz 1 Buchstabe i sollte folgendermaßen umformuliert werden: „Der Zentralverwahrer gewährleistet, dass der Dienstleister seine Dienstleistungen im Einklang mit den auf den Zentralverwahrer anzuwendenden nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr erbringt. Der Zentralverwahrer ist dafür verantwortlich, (…)“;

in Artikel 62 Absatz 2 Buchstabe b sollte folgende Bestimmung angefügt werden: „Die Identität dieser Personen ist in allen Phasen des Verfahrens unbedingt geheim zu halten, sofern nicht ihre Offenlegung im Rahmen weiterer Untersuchungen oder anschließender Gerichtsverfahren nach nationalem Recht erforderlich ist“; in Artikel 62 Absatz 2 Buchstabe c sollte „gemäß den Grundsätzen“ gestrichen werden;

in Anbetracht der in der vorliegenden Stellungnahme geäußerten Zweifel sollte die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des vorgeschlagenen Systems der obligatorischen Veröffentlichung von Sanktionen neu bewertet werden. Vorbehaltlich des Ergebnisses dieser Überprüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit sollten auf jeden Fall angemessene Garantien vorgesehen werden, mit denen die Einhaltung der Unschuldsvermutung, das Widerspruchsrecht der betroffenen Personen, die Sicherheit/Richtigkeit der Daten und ihre Löschung nach einer angemessenen Frist gewährleistet werden.

Brüssel, den 9. Juli 2012

Giovanni BUTTARELLI

Stellvertretender Europäischer Datenschutzbeauftragter


(1)  Stellungnahme des EDSB vom 14. Juni 2012, abrufbar unter http://www.edps.europa.eu

(2)  Stellungnahmen des EDSB vom 10. Februar 2012, abrufbar unter http://www.edps.europa.eu