9.2.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 35/16


Stellungnahme des Europäischen Datenschutzbeauftragten zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates über den Abschluss des Abkommens zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika über die Verwendung von Fluggastdatensätzen und deren Übermittlung an das United States Department of Homeland Security

2012/C 35/03

DER EUROPÄISCHE DATENSCHUTZBEAUFTRAGTE,

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere Artikel 16,

gestützt auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere Artikel 7 und 8,

gestützt auf Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (1),

gestützt auf Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr, insbesondere Artikel 41 (2),

HAT FOLGENDE STELLUNGNAHME ANGENOMMEN

1.   EINLEITUNG

1.1   Konsultation des EDSB und Zweck der Stellungnahme

1.

Am 28. November 2011 nahm die Kommission einen Vorschlag für einen Beschluss des Rates über den Abschluss des Abkommens zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika über die Verwendung von Fluggastdatensätzen (PNR) und deren Übermittlung an das United States Department of Homeland Security (3) (nachstehend: „das Abkommen“) an.

2.

Am 9. November 2011 wurde der EDSB im Rahmen eines beschleunigten Verfahrens informell zu dem Entwurf des Vorschlags konsultiert. Am 11. November 2011 gab er eine Reihe eingeschränkter Kommentare ab Die Absicht dieser Stellungnahme ist es, diese Kommentare vor dem Hintergrund des vorliegenden Vorschlags zu ergänzen und die Ansichten des EDSB öffentlich zugänglich zu machen. Diese Stellungnahme baut auf einer Reihe von früheren Interventionen des EDSB und der Artikel-29-Arbeitsgruppe in Bezug auf PNR auf.

1.2   Hintergrund des Vorschlags

3.

Das Abkommen zielt auf die Schaffung einer soliden rechtlichen Grundlage für die Übermittlung von PNR-Daten von der Europäischen Union an die Vereinigten Staaten ab. Die Übermittlung basiert derzeit auf dem Abkommen von 2007 (4), weil das Parlament entschied, seine Abstimmung über die Zustimmung zu verschieben, bis den datenschutzrechtlichen Belangen Rechnung getragen wurde. Das Parlament bezog sich in seiner Entschließung vom 5. Mai 2010 (5) insbesondere auf die folgenden Anforderungen:

Einhaltung der Datenschutzvorschriften auf nationaler und EU-Ebene;

eine Datenschutz-Folgenabschätzung vor der Verabschiedung neuer Rechtsinstrumente;

eine Verhältnismäßigkeitsprüfung, die beweist, dass bestehende Rechtsinstrumente nicht ausreichend sind;

strikte Zweckbindung (6) und Einschränkung der Verwendung von PNR-Daten auf bestimmte Straftaten oder Bedrohungen, basierend auf Einzelfällen;

Begrenzung der Menge der zu erfassenden Daten;

begrenzte Speicherzeiträume;

Verbot von Data Mining oder Data Profiling;

Verbot automatisierter Entscheidungen, die Bürger wesentlich beeinträchtigen (7);

geeignete Mechanismen für die unabhängige Überprüfung, gerichtliche Aufsicht und demokratische Kontrolle;

alle internationalen Übermittlungen sollten EU-Datenschutzstandards entsprechen und Gegenstand einer Feststellung der Angemessenheit sein.

4.

Das vorliegende Abkommen muss im Kontext des globalen Ansatzes in Bezug auf PNR gesehen werden, das Verhandlungen mit anderen Drittländern (nämlich Australien (8) und Kanada (9)), und einen Vorschlag für eine PNR-Regelung auf EU-Ebene (10) umfasst. Es fällt auch in den Geltungsbereich der laufenden Verhandlungen für ein Abkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten über den Austausch von personenbezogenen Daten im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen (11). In einem breiteren Kontext ist das Abkommen einige Wochen vor der erwarteten Verabschiedung der Vorschläge für die Überarbeitung des allgemeinen Datenschutzrahmens vorbereitet worden (12).

5.

Der EDSB begrüßt diesen globalen Ansatz, dessen Absicht es ist, einen einheitlichen rechtlichen Rahmen für PNR-Abkommen gemäß den gesetzlichen Anforderungen der EU zu schaffen. Jedoch bedauert der EDSB, dass dieses Timing es in der Praxis nicht ermöglicht, die Einheitlichkeit dieser Abkommen mit den neuen EU-Vorschriften zum Datenschutz zu gewährleisten. Er möchte auch daran erinnern, dass das allgemeine Abkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten über Datenaustausch für das PNR-Abkommen der Europäischen Union und der Vereinigten Staaten anwendbar sein sollte.

2.   ALLGEMEINE BEMERKUNGEN

6.

Gemäß der Charta der Grundrechte der Europäischen Union muss jegliche Einschränkung von Grundrechten und Freiheiten notwendig, verhältnismäßig und gesetzlich festgelegt sein. Wie vom EDSB (13) und der Artikel-29-Arbeitsgruppe (14) mehrfach festgestellt, sind die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der PNR-Regelungen und der Massenübermittlung von PNR-Daten an Drittstaaten bisher noch nicht bewiesen worden. Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss und die Agentur für Grundrechte teilen diese Ansicht ebenfalls (15). Die konkreten Kommentare unten gelten unbeschadet dieser einleitenden wesentlichen Überlegungen.

7.

Obwohl dieses Abkommen einige Verbesserungen im Vergleich zum Abkommen von 2007 umfasst und geeignete Schutzmaßnahmen zu Datensicherheit und Aufsicht beinhaltet, scheinen weder die Hauptanliegen in den oben genannten Stellungnahmen noch die vom Europäischen Parlament verlangten Bedingungen für dessen Zustimmung erfüllt worden zu sein (16).

3.   BESONDERE BEMERKUNGEN

3.1   Der Zweck sollte verdeutlicht werden

8.

Artikel 4 Absatz 1 des Abkommens legt fest, dass die Vereinigten Staaten PNR-Daten zum Zwecke der Verhütung, Aufdeckung, Untersuchung und strafrechtlichen Verfolgung (a) terroristischer und damit verbundener Straftaten und (b) sonstiger Straftaten, die mit einer Freiheitsstrafe von drei oder mehr Jahren geahndet werden können und grenzübergreifender Art sind, verarbeitet. Einige dieser Konzepte werden genauer definiert.

9.

Obwohl diese Definitionen präziser sind als im Abkommen von 2007, gibt es weiterhin einige vage Konzepte und Ausnahmen, die die Zweckbindung außer Kraft setzen und die Rechtssicherheit unterminieren könnten. Insbesondere:

In Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a Punkt i könnte sich die Formulierung „Handlungen, die (…) allem Anschein nach bezwecken, (…) einzuschüchtern oder zu nötigen” [oder] „die Regierungspolitik (…) zu beeinflussen“ auch auf Handlungen beziehen, die gemäß dem Rahmenbeschluss des Rates 2002/475/JHA (17) nicht als terroristische Straftaten betrachtet werden können. Die Begriffe „allem Anschein nach“, „einschüchtern“ und „beeinflussen“ sollten verdeutlicht werden, um diese Möglichkeit auszuschließen.

Artikel 4 Buchstabe b sollte eine detaillierte Liste von Straftaten enthalten. Die Bezugnahme auf „sonstige(r) Straftaten, die mit einer Freiheitsstrafe von drei oder mehr Jahren geahndet werden können“ ist nicht ausreichend, da diese Grenze verschiedene Straftaten in der Europäischen Union und in den Vereinigten Staaten sowie in den verschiedenen EU-Mitgliedstaaten und in den US-Staaten einschließt.

Kleinere Vergehen sollten explizit aus dem Zweck dieses Abkommens ausgeschlossen werden.

In Artikel 4 Absatz 2 sollte das Konzept der „erheblichen Bedrohung“ definiert werden und die Verwendung von PNR-Daten „auf Anordnung eines Gerichts“ auf Rechtssachen beschränkt werden, auf die in Artikel 4 Absatz 1 Bezug genommen wird.

Gleichermaßen sollte, um die Anwendung von Artikel 4 Absatz 3 auf Zwecke wie Grenzkontrolle zu vermeiden, genau angegeben werden, dass nur Personen, die verdächtigt werden, an einer der in Artikel 4 Absatz 1 aufgelisteten Straftaten teilgenommen zu haben, „einer ausführlicheren Befragung oder Kontrolle unterzogen“ werden können.

3.2   Die Liste der zu übermittelnden PNR-Daten sollte eingeschränkt werden

10.

Anhang I des Abkommens enthält 19 Arten von Daten, die den Vereinigten Staaten übermittelt werden. Die meisten dieser Arten umfassen verschiedene Kategorien von Daten und sind identisch mit den Datenfeldern im Abkommen von 2007, die vom EDSB und der Artikel-29-Arbeitsgruppe bereits als unverhältnismäßig erachtet worden sind (18).

11.

Dies bezieht sich insbesondere auf das Feld „Allgemeine Eintragungen einschließlich OSI- (19), SSI- (20) und SSR- (21) Informationen“, die Daten im Zusammenhang mit religiösem Glauben (z. B. kulinarische Präferenzen) oder Gesundheit (z. B. Antrag auf einen Rollstuhl) preisgeben können. Solche sensiblen Daten sollten explizit aus der Liste ausgeschlossen werden.

12.

Während der Einschätzung der Verhältnismäßigkeit der Liste sollte auch berücksichtigt werden, dass aufgrund von vorzeitiger Übermittlung (Artikel 15 Absatz 3 des Abkommens) diese Kategorien nicht nur auf die tatsächlichen Passagiere Bezug nehmen werden, sondern auch auf solche Personen, die letztlich nicht geflogen sind (z. B. aufgrund von Stornierung).

13.

Darüber hinaus könnte das Vorhandensein freier Datenfelder die Rechtssicherheit unterminieren. Kategorien wie beispielsweise „sämtliche verfügbaren Kontaktinformationen“, „sämtliche Informationen zum Gepäck“ und „Allgemeine Eintragungen“ sollten genauer definiert werden.

14.

Deshalb sollte die Liste eingeschränkt werden. Im Einklang mit der Stellungnahme der Artikel-29-Arbeitsgruppe (22) meinen wir, dass Daten auf die folgenden Informationen beschränkt werden sollten: PNR-Buchungscode (Record Locator Code), Datum bzw. Daten des geplanten Flugs, Name des Passagiers, andere Namen in dem PNR-Datensatz, sämtliche Reiserouten, Kennzeichnungen für Gratisflugscheine, Hinweis auf einen etwaigen einfachen Flug (One Way Tickets), Flugscheininformationen (Ticketing Information), ATFQ-Daten (Automatische Tarifanzeige), Flugscheinnummer, Datum der Ausstellung des Flugscheins, No-Show-History (nicht angetretene Flüge), Zahl der Gepäckstücke, Gepäckmarkennummern, Go-Show-Informationen (Flugreisender mit Flugschein, jedoch ohne Reservierung), Zahl der Gepäckstücke in jedem Abschnitt, freiwillige/unfreiwillige Upgrades, Historie aller Änderungen in Bezug auf die vorher genannten Punkte.

3.3   Das DHS sollte keine sensiblen Daten verarbeiten

15.

Artikel 6 des Abkommens legt fest, dass das DHS sensible Daten automatisch herausfiltern und „unkenntlich machen“ soll. Allerdings werden sensible Daten mindestens 30 Tage gespeichert und könnten in konkreten Fällen verwendet werden (Artikel 6 Absatz 4). Der EDSB möchte betonen, dass auch nach dem „Unkenntlich machen” diese Daten weiterhin „sensibel“ sind und im Zusammenhang mit identifizierbaren natürlichen Personen stehen.

16.

Wie bereits vom EDSB erklärt, sollte das DHS keine sensiblen Daten in Bezug auf EU-Bürger verarbeiten, auch wenn diese bei Empfang „unkenntlich gemacht“ werden. Der EDSB empfiehlt, im Text des Abkommens anzugeben, dass Luftfahrtunternehmen dem DHS keine sensiblen Daten übermitteln sollten.

3.4   Der Speicherzeitraum ist unverhältnismäßig

17.

Artikel 8 legt fest, dass PNR-Daten bis zu 5 Jahre in einer aktiven Datenbank gespeichert und dann auf eine ruhende Datenbank übertragen und dort bis zu 10 Jahre gespeichert werden. Dieser maximale Speicherzeitraum von 15 Jahren ist offenkundig unverhältnismäßig, unabhängig davon, ob die Daten in einer „aktiven“ oder einer „ruhenden“ Datenbank gehalten werden, wie bereits vom EDSB und der Artikel-29-Arbeitsgruppe betont.

18.

Artikel 8 Absatz 1 legt fest, dass die Daten nach den ersten sechs Monaten nach ihrem Eingang im DHS „anonymisiert und unkenntlich gemacht“ werden. Allerdings sind sowohl „unkenntlich gemachte“ Daten als auch in einer „ruhenden Datenbank“ gespeicherte Daten personenbezogene Daten, solange sie nicht anonymisiert wurden. Die Daten sollten daher (unwiderruflich) anonymisiert oder unverzüglich nach der Analyse oder nach einem maximalen Zeitraum von 6 Monaten gelöscht werden.

3.5   Verwendung der „Push“-Methode und Übermittlungshäufigkeit

19.

Der EDSB begrüßt Artikel 15 Absatz 1, der festlegt, dass Daten unter Verwendung des „Push“-Verfahrens übermittelt werden. Allerdings verlangt Artikel 15 Absatz 5 von den Luftfahrtunternehmen, in Ausnahmefällen PNR-Daten „zur Verfügung zu stellen“. Um das „Pull“-System definitiv auszuschließen und in Anbetracht der kürzlich erneut von der Artikel-29-Arbeitsgruppe betonten Bedenken (23), empfehlen wir Ihnen dringend, dass das Abkommen die Möglichkeit des separaten Zugriffs auf die Daten über ein „Pull“-System für Beamte der Vereinigten Staaten ausdrücklich untersagt.

20.

Die Zahl und die Häufigkeit der Übermittlungen von Luftfahrtunternehmen an das DHS sollten im Abkommen festgelegt werden. Um die Rechtssicherheit zu erhöhen, sollten die Bedingungen, unter denen zusätzliche Übermittlungen erlaubt wären, detaillierter sein.

3.6   Datensicherheit

21.

Der EDSB begrüßt Artikel 5 des Abkommens über Datensicherheit und Integrität und insbesondere die Verpflichtung, die von einem Datenschutzvorfall betroffenen Personen zu benachrichtigen. Jedoch sollten die folgenden Elemente des Datenschutzverstoßes verdeutlicht werden:

Die Empfänger der Benachrichtigung: es sollte festgelegt werden, welche „zuständigen europäischen Behörden“ benachrichtigt werden sollten. In jedem Fall sollte dies nationale Datenschutzbehörden umfassen. Eine zuständige Behörde der Vereinigten Staaten sollte ebenfalls benachrichtigt werden.

Die Benachrichtigungsgrenze an diese Behörden: es sollte definiert werden, was einen „ernsten Datenschutzvorfall“ darstellt.

Der Inhalt der Benachrichtigung an Personen und Behörden sollte festgelegt werden.

22.

Der EDSB unterstützt die Verpflichtung, sämtliche Zugriffe auf und Verarbeitungen von PNR zu protokollieren oder zu dokumentieren, da dadurch eine Überprüfung ermöglicht wird, ob das DHS angemessenen Gebrauch der PNR-Daten gemacht hat und ob es unerlaubte Zugriffe auf das System gab.

3.7   Überwachung und Durchsetzung

23.

Der EDSB begrüßt die Tatsache, dass die Einhaltung der Datenschutzgarantien von unabhängigen Datenschutzbeauftragten der jeweiligen Einrichtung, wie dem Obersten Datenschutzbeauftragten des DHS (DHS Chief Privacy Officer), überprüft und beaufsichtigt wird, wie in Artikel 14 Absatz 1 festgelegt. Allerdings sollten der EDBS und die nationalen Datenschutzbehörden bezüglich Verfahren und Modalitäten zur Ausübung der Rechte der betroffenen Person mit dem DHS zusammenarbeiten, um eine wirksame Ausübung dieser Rechte zu gewährleisten (24). Der EDSB würde eine Bezugnahme auf die Zusammenarbeit im Abkommen begrüßen.

24.

Der EDSB unterstützt nachdrücklich den Rückgriffsanspruch „unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit, ihrem Herkunfts- oder Wohnsitzland“, der in Artikel 14 Absatz 1, zweiter Unterabsatz festgelegt ist. Allerdings bedauert er, dass Artikel 21 ausdrücklich festlegt, dass durch dieses Abkommen „nach US-amerikanischem Recht keinerlei Rechte oder Vergünstigungen für Personen (…) begründet oder auf diese übertragen (werden)“. Auch wenn ein Recht auf „gerichtliche Kontrolle“ in den Vereinigten Staaten gemäß diesem Abkommen eingeräumt wird, kann solch ein Recht nicht gleichwertig mit einem Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf in der Europäischen Union sein, insbesondere angesichts der in Artikel 21 genannten Einschränkung.

3.8   Spätere nationale und internationale Übermittlungen

25.

Artikel 16 des Abkommens untersagt die Übermittlung der Daten an Inlandsbehörden, die nicht über mit PNR „gleichwertigen oder vergleichbaren“ Schutzmaßnahmen wie die in diesem Abkommen dargelegten verfügen. Der EDSB begrüßt diese Bestimmung. Die Liste der Behörden, die PNR-Daten empfangen könnten, sollte dennoch genauer bestimmt werden. In puncto internationale Übermittlungen bestimmt das Abkommen, dass sie nur erfolgen dürfen, wenn die vom Empfänger beabsichtigte Verwendung mit diesem Abkommen vereinbar ist und über Datenschutzgarantien verfügt, die „vergleichbar“ mit den im Abkommen bestimmten sind, abgesehen von Notfällen.

26.

Im Hinblick auf die in dem Abkommen verwendeten Formulierungen „vergleichbar” oder „gleichwertig” möchte der EDSB betonen, dass keine inländischen oder internationalen späteren Übermittlungen vom DHS stattfinden sollten, solange der Empfänger nicht über Schutzmaßnahmen verfügt, die nicht weniger streng sind als die in diesem Abkommen geltenden. Im Abkommen sollte auch verdeutlicht werden, dass die Übermittlung von PNR-Daten basierend auf Einzelfällen erfolgen soll, womit gewährleistet wird, dass nur die notwendigen Daten an die zuständigen Empfänger übermittelt werden und keine Ausnahmen erlaubt sein sollten. Darüber hinaus empfiehlt der EDSB, dass Datenübermittlungen an Drittstaaten Gegenstand vorheriger richterlicher Genehmigungen sein sollten.

27.

Artikel 17 Absatz 4 legt fest, dass, wenn Daten eines Bürgers eines EU-Mitgliedstaats an Drittländer weitergegeben werden, die zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats unterrichtet werden sollten, wenn dem DHS die Situation bekannt ist. Diese Bedingung sollte gelöscht werden, da das DHS immer Kenntnis von späteren Übermittlungen an Drittstaaten haben sollte.

3.9   Form und Überarbeitung des Abkommens

28.

Es ist nicht klar, welche Rechtsform die Vereinigten Staaten gewählt haben, um dieses Abkommen einzugehen und wie dieses Abkommen für die Vereinigten Staaten rechtlich bindend werden wird. Dies sollte verdeutlich werden.

29.

Artikel 20 Absatz 2 spricht Kohärenz mit der möglichen PNR-Regelung der EU an. Der EDSB merkt an, dass Konsultationen bezüglich der Anpassung des Abkommens insbesondere untersuchen sollen, „ob bei einem künftigen PNR-System der EU weniger strenge Datenschutzstandards angewendet werden als nach diesem Abkommen“. Um Einheitlichkeit zu gewährleisten, sollte jegliche Angleichung auch (und insbesondere) strengere Schutzmaßnahmen in sämtlichen zukünftigen PNR-Regelungen berücksichtigen.

30.

Das Abkommen sollte auch im Hinblick auf den neuen Datenschutzrahmen und den möglichen Abschluss eines Abkommens zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten über den Austausch von personenbezogenen Daten im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen überarbeitet werden. Eine neue Bestimmung ähnlich der in Artikel 20 Absatz 2 könnte hinzugefügt werden, mit der festgelegt wird, dass „falls und sobald die EU einen neuen Datenschutzrechtsrahmen einführt oder ein neues Abkommen über den Austausch von Daten zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten geschlossen wird, sich die Parteien darüber beraten sollen, ob dieses Abkommen entsprechend geändert werden muss. Insbesondere ist dabei zu prüfen, ob nach künftigen Änderungen am Datenschutzrechtsrahmen der EU oder nach künftigen Datenschutzabkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten strengere Datenschutzgarantien anwendbar sind als nach diesem Abkommen“.

31.

In Bezug auf die Überprüfung des Abkommens (Artikel 23) ist der EDSB der Auffassung, dass nationale Datenschutzbehörden ausdrücklich in das Überprüfungsteam eingeschlossen werden sollten. Die Überprüfung sollte sich auch auf die Abschätzung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen, auf die wirksame Ausübung der Rechte der betroffenen Personen und die Überprüfung des Weges, auf dem Anträge der betroffenen Personen in der Praxis verarbeitet werden, konzentrieren, insbesondere wo kein direkter Zugang erlaubt ist. Die Häufigkeit der Überarbeitungen sollte definiert werden.

4.   SCHLUSSFOLGERUNG

32.

Der EDSB begrüßt die Schutzmaßnahmen in Bezug auf Datensicherheit und Aufsicht, die im Abkommen vorgesehen sind ebenso wie die Verbesserungen im Vergleich zum Abkommen von 2007. Allerdings bleiben viele Bedenken, insbesondere im Hinblick auf die Kohärenz des globalen Konzepts in Bezug auf PNR, die Zweckbindung, die Kategorien von an das DHS zu übermittelnden Daten, die Verarbeitung von sensiblen Daten, den Speicherzeitraum, die Ausnahmen der „Push“-Methode, die Rechte der betroffenen Person und spätere Übermittlungen.

33.

Diese Überlegungen berühren nicht die Anforderungen an die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit für rechtmäßige PNR-Regelungen und Abkommen, die für die Massenübermittlung von PNR-Daten von der EU an Drittstaaten vorgesehen sind. Das Europäische Parlament bestätigte in seiner Resolution vom 5. Mai nochmals: „Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit sind Grundprinzipien, ohne die der Kampf gegen Terrorismus niemals wirksam sein wird“.

Brüssel, den 9. Dezember 2011

Peter HUSTINX

Europäischer Datenschutzbeauftragter


(1)  ABl L 281, 23.11.1995, S. 31.

(2)  ABl L 8, 12.1.2001, S. 1.

(3)  KOM(2011) 807 endgültig.

(4)  Abkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika über die Verarbeitung und die Übermittlung von Fluggastdatensätzen (PNR) durch Luftfahrtunternehmen an das United States Department of Homeland Security (DHS) (ABl L 204, 4.8.2007, S. 18).

(5)  Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Mai 2010 über die Aufnahme von Verhandlungen für Abkommen zu Fluggastdatensätzen (PNR) mit den Vereinigten Staaten, Australien und Kanada (ABl C 81E, 15.3.2011, S. 70). Siehe auch Entschließung des Europäischen Parlaments vom 13. März 2003 zur Übermittlung personenbezogener Daten durch Luftfahrtgesellschaften bei transatlantischen Flügen (ABl C 61 E, 10.3.2004, S. 381), Entschließung vom 9 Oktober 2003 zur Übermittlung von Daten durch Luftfahrtgesellschaften bei transatlantischen Flügen: Stand der Verhandlungen mit den USA (ABl C 81 E, 31.3.2004, S. 105) vom 31. März 2004 zu dem Entwurf einer Entscheidung der Kommission über die Angemessenheit des Schutzes personenbezogener Daten, die in den Fluggastdatensätzen (PNR) enthalten sind, welche dem United Bureau of Customs and Border Protection (Zoll- und Grenzschutzbehörde der Vereinigten Staaten) übermittelt werden (ABl C 103 E, 29.4.2004, S. 665), Empfehlung an den Rat vom 7. September 2006 zu Verhandlungen über ein Abkommen mit den Vereinigten Staaten von Amerika über die Verwendung von Fluggastdatensätzen (PNR) zur Verhütung und Bekämpfung von Terrorismus und grenzüberschreitender Kriminalität, einschließlich organisierter Kriminalität (ABl C 305 E, 14.12.2006, S. 250), Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. Februar 2007 zu der SWIFT, dem Abkommen über Fluggastdatensätze und dem transatlantischen Dialog über diese Themen (ABl C 287E, 29.11.2007, S. 349), und Entschließung vom 12. Juli 2007 zum PNR-Abkommen mit den Vereinigten Staaten von Amerika (Angenommene Texte, P6_TA(2007)0347). Alle verfügbar auf http://www.europarl.europa.eu

(6)  Begrenzt auf Gesetzesvollzug und Sicherheitszwecke in Fällen organisierter und grenzübergreifender schwerer Kriminalität oder Terrorismus grenzüberschreitender Art, auf Grundlage der im Rahmenbeschluss des Rates 2002/475/JHA vom 13. Juni 2002 über die Bekämpfung von Terrorismus (ABl L 164, 22.6.2002, S. 3) und im Rahmenbeschluss des Rates 2002/584/JHA vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl (ABl L 190, 18.7.2002, S. 1) festgelegten gesetzlichen Definitionen.

(7)  „Keine ‘No-Fly’-Entscheidung oder Entscheidung zur Untersuchung oder strafrechtlichen Verfolgung kann je allein aufgrund der Ergebnisse solcher automatisierter Suchen oder aufgrund der Durchforstung von Datenbanken getroffen werden“.

(8)  Abkommen zwischen der Europäischen Union und Australien über die Verarbeitung und die Übermittlung von Fluggastdatensätzen (PNR) durch Luftfahrtunternehmen an den Australian Customs and Border Protection Service (Australische Zoll- und Grenzwachtbehörde), unterzeichnet am 29. September 2011.

(9)  Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Kanadischen Regierung über die Verarbeitung von erweiterten Fluggastdaten und Fluggastdatensätzen (ABl L 82, 21.3.2006, S. 15).

(10)  Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verwendung von Fluggastdatensätzen zur Verhütung, Aufdeckung, Untersuchung und Verfolgung terroristischer Straftaten und schwerer Kriminalität (KOM/2011/0032 endgültig).

(11)  Am 3. Dezember 2010 genehmigte der Rat die Aufnahme von Verhandlungen für ein Abkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten über den Schutz personenbezogener Daten, wenn diese zum Zweck der Verhütung, Aufdeckung, Untersuchung und Verfolgung von Straftaten, einschließlich Terrorismus, im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen übermittelt und verarbeitet werden. Siehe Pressemitteilung der Kommission auf http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/10/1661&format=HTML&aged=1&language=DE&guiLanguage=de

(12)  Siehe Mitteilung der Kommission zu einem Gesamtkonzept für den Datenschutz in der Europäischen Union, 4. November 2010, KOM(2010) 609 endgültig, sowie die Folgekonzepte.

(13)  Stellungnahme des EDSB vom 25. März 2011 zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verwendung von PNR-Daten zur Verhütung, Aufdeckung, Untersuchung und Verfolgung terroristischer Straftaten und schwerer Kriminalität; Stellungnahme des EDSB vom 15. Juli 2011 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates über den Abschluss eines Abkommens zwischen der Europäischen Union und Australien über die Verarbeitung und die Übermittlung von PNR-Daten durch Luftfahrtunternehmen an den Australian Customs and Border Protection Service (Australische Zoll- und Grenzwachtbehörde); Stellungnahme des EDSB vom 19. Oktober 2010 zu dem Gesamtkonzept der Übermittlung von PNR-Daten an Drittstaaten; und Stellungnahme des EDSB vom 20. Dezember 2007 zu dem Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des Rates über die Verwendung von PNR-Daten zu Strafverfolgungszwecken. Alle verfügbar auf http://www.edps.europa.eu

(14)  Stellungnahme 10/2011 der Artikel-29-Arbeitsgruppe 10/2011 zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verwendung von Fluggastdatensätzen zur Verhütung, Aufdeckung, Untersuchung und Verfolgung terroristischer Straftaten und schwerer Kriminalität; Stellungnahme 7/2010 zur Mitteilung der Europäischen Kommission zum Nachfolgeabkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten über die Verarbeitung und die Übermittlung von Fluggastdatensätzen (PNR) durch Luftfahrtunternehmen an das United States Department of Homeland Security, beschlossen im Juli 2007 und Stellungnahme 4/2003 über das Schutzniveau, das in den Vereinigten Staaten für die Übermittlung von Fluggastdaten gewährleistet wird. Alle verfügbar auf http://ec.europa.eu/justice/policies/privacy/workinggroup/wpdocs/2011_en.htm

(15)  Stellungnahme der Agentur für Grundrechte zu dem Vorschlag für eine Richtlinie über die Verwendung von Fluggastdatensätzen (PNR) zur Verhütung, Aufdeckung, Untersuchung und Verfolgung terroristischer Straftaten und schwerer Kriminalität (verfügbar auf http://fra.europa.eu/fraWebsite/attachments/FRA-PNR-Opinion-June2011.pdf) und Stellungnahme des EWSA vom 5.5.2011 zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verhütung, Aufdeckung, Untersuchung und Verfolgung terroristischer Straftaten und schwerer Kriminalität (verfügbar auf http://www.eesc.europa.eu/?i=portal.en.soc-opinions.15579).

(16)  Vgl. Fußnote 5.

(17)  Rahmenbeschluss des Rates 2002/475/JHA vom 13. Juni 2002 zur Bekämpfung des Terrorismus (ABl L 164, 22.6.2002, S. 3).

(18)  Siehe oben zitierte Stellungnahmen des EDSB und der Art-29-AG.

(19)  Other Service related Information.

(20)  Special Service Information.

(21)  Special Service Request.

(22)  Siehe Stellungnahme 4/2003 der Art-29-AG, oben zitiert.

(23)  Siehe Brief vom 19. Januar 2011 der Artikel-29-Arbeitsgruppe an die Kommissarin Malström bezüglich des PNR-Abkommens der Europäischen Union mit den Vereinigten Staaten von Amerika, Kanada und Australien.

(24)  Die Artikel-29-Arbeitsgruppe hat zum Beispiel bereits Leitlinien zur Vorlage der Informationen von Fluggästen vorgesehen (siehe Stellungnahme 2/2007 der Artikel-29-AG vom 15. Februar 2007 (überarbeitet und aktualisiert am 24. Juni 2008) zur Information von Fluggästen über die Übermittlung von PNR-Daten an amerikanische Behörden, verfügbar unter http://ec.europa.eu/justice/policies/privacy/docs/wpdocs/2008/wp151_en.pdf).