19.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 316/8


Zusammenfassung des Beschlusses der Kommission

vom 28. März 2012

in einem Verfahren nach Artikel 23 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln

(Sache COMP/39.793 — EPH und andere)

(Bekanntgegeben unter Aktenzeichen C(2012) 1999 final)

(Nur der englische Text ist verbindlich)

2012/C 316/05

Am 28. März 2012 erließ die Kommission einen Beschluss in einem Verfahren nach Artikel 23 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags  (1) niedergelegten Wettbewerbsregeln. Im Einklang mit Artikel 30 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates  (2) veröffentlicht die Kommission im Folgenden die Namen der Beteiligten und den wesentlichen Inhalt des Beschlusses einschließlich der verhängten Geldbußen, wobei sie dem berechtigten Interesse der Unternehmen an der Wahrung ihrer Geschäftsgeheimnisse Rechnung trägt.

1.   EINLEITUNG

(1)

Der Beschluss ist an Energetický a průmyslový holding („EPH“) und dessen 100%ige Tochtergesellschaft EP Investment Advisors („EPIA“) gerichtet. Gegen die beiden Unternehmen wird eine Geldbuße verhängt, da sie eine angeordnete Nachprüfung nicht geduldet haben, was eine Zuwiderhandlung im Sinne von Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates darstellt. Die Nichtduldung bestand darin, dass während der Nachprüfungen in den gemeinsamen Räumlichkeiten von EPH und EPIA ein E-Mail-Konto nicht gesperrt und eingehende E-Mails umgeleitet wurden.

2.   VERFAHREN

(2)

Am 17. Mai 2010 beschloss die Kommission, ein Verfahren gegen J&T IA (inzwischen EPIA (3)) und EPH einzuleiten, um eine mutmaßliche Zuwiderhandlung im Sinne von Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates zu ahnden.

(3)

Am 17. Dezember 2010 nahm die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an, die an EPIA und EPH gerichtet war und eine mutmaßliche Zuwiderhandlung nach Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates betraf. Die Mitteilung wurde den Parteien am 22. Dezember 2010 übermittelt. Die Parteien antworteten am 17. Februar 2011, und die mündliche Anhörung fand am 25. März 2011 statt.

(4)

Am 15. Juli 2011 nahm die Kommission eine ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte an, in der zusätzliche sachliche und rechtliche Aspekte in Bezug auf einen der beiden Vorfälle, die die mutmaßliche Zuwiderhandlung gegen Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates ausmachen, dargelegt wurden. Die zusätzliche Mitteilung der Beschwerdepunkte wurde den Parteien am 19. Juli 2011 übermittelt. Die Parteien antworteten am 12. September 2011, und die mündliche Anhörung fand am 13. Oktober 2011 statt.

(5)

Am 12. März 2011 wurde der Beratende Ausschuss für Kartell- und Monopolfragen um Stellungnahme zum Vorliegen einer Zuwiderhandlung und zur geplanten Höhe der Geldbuße ersucht. Der Beratende Ausschuss gab einstimmig eine positive Stellungnahme zu dem Beschlussentwurf ab, auch hinsichtlich der vorgeschlagenen Geldbuße.

(6)

Der Anhörungsbeauftragte legte seinen Abschlussbericht am 13. März 2012 vor. Darin stellte er fest, dass die Anhörungsrechte der Parteien gewahrt wurden.

3.   SACHVERHALT

(7)

Der Beschluss bezieht sich auf zwei E-Mails betreffende Vorfälle, die sich während der Nachprüfung vom 24.-26. November 2009 ereignet haben: 1.) die nicht erfolgte Sperrung eines E-Mail-Kontos und 2.) die Umleitung eingehender E-Mails.

Nicht erfolgte Sperrung eines E-Mail-Kontos

(8)

Am 24. November 2009 verlangten die mit der Nachprüfung betrauten Kommissionsbediensteten nach Mitteilung der Nachprüfungsentscheidung die vorläufige Sperrung von E-Mail-Konten von Schlüsselpersonen. Dies erfolgte durch Einrichtung eines neuen, nur den Kommissionsbediensteten bekannten Passworts. Dabei handelt es sich um eine zu Beginn einer Nachprüfung übliche Maßnahme, mit der sichergestellt wird, dass nur die Kommissionsbediensteten Zugang zu den Inhalten der E-Mail-Konten haben und an diesen Konten während ihrer Durchsuchung keine Änderungen vorgenommen werden. Am zweiten Tag der Nachprüfung entdeckten die Kommissionsbediensteten, dass das Passwort für eines der Konten im Verlauf des ersten Tages geändert worden war, um dem Kontoinhaber Zugang zu ermöglichen.

Umleitung eingehender E-Mails

(9)

Am dritten Tag der Nachprüfung stellten die Kommissionsbediensteten fest, dass ein Unternehmensmitarbeiter die IT-Abteilung am zweiten Tag der Nachprüfung angewiesen hatte, alle auf Konten mehrerer Schlüsselpersonen eingehenden E-Mails auf einen Server umzuleiten. Das Unternehmen gab zu, diese Anweisung für mindestens eines der E-Mail-Konten auch umgesetzt zu haben. Die Folge war, dass die eingehenden E-Mails in der betreffenden In-Box nicht sichtbar wurden und daher von den Kommissionsbediensteten nicht durchsucht werden konnten.

4.   RECHTLICHE WÜRDIGUNG

(10)

In dem Beschluss wird erstens festgestellt, dass sowohl die Rechtsprechung in den Rechtssachen Orkem (4) und Société Générale (5) als auch die eigene Beschlusspraxis der Kommission (6) bestätigen, dass zu einer vollumfänglichen Duldung einer Nachprüfung auch die Pflicht gehört, in jeder Hinsicht aktiv mit der Kommission zusammenzuarbeiten. Das bedeutet, dass E-Mail-Konten des Unternehmens auf Ersuchen der Kommissionsbediensteten gesperrt werden müssen, indem das Passwort zurückgesetzt und ein neues Passwort zur Verfügung gestellt wird, das ausschließlich den Kommissionsbediensteten bekannt ist. Es ist dafür zu sorgen, dass einzig die Kommissionsbediensteten Zugang zu dem Konto haben, damit die Mailbox unangetastet bleibt, und zwar bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Kommissionsbediensteten die Entsperrung ausdrücklich genehmigen.

(11)

Zweitens wird in dem Beschluss festgestellt, dass die Duldung einer Nachprüfung einschließt, dass die Kommissionsbediensteten Zugang zu allen E-Mails in dem Konto haben, einschließlich zu E-Mails, die während des gesamten Zeitraums der Nachprüfung bis zu deren Ende auf dem Konto eingehen.

(12)

Drittens wird in dem Beschluss festgehalten, dass die Entsperrung des E-Mail-Kontos fahrlässig erfolgte, die Umleitung eingehender E-Mails hingegen vorsätzlich.

(13)

Viertens wird in dem Beschluss festgestellt, dass zwar jeder der beiden Vorfälle für sich genommen eine Zuwiderhandlung im Sinne von Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 darstellen könnte, eine separate Betrachtung angesichts der den Vorfällen gemeinsamen Elemente jedoch nicht angemessen wäre. Daher wird der Schluss gezogen, dass EPIA und EPH eine einzige Zuwiderhandlung gegen Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 begangen haben.

(14)

Fünftens hält der Beschluss fest, dass EPIA und EPH gesamtschuldnerisch für die Zuwiderhandlung haftbar zu machen sind, da EPH sich vollständig unter der Kontrolle und im Eigentum von EPIA befindet, eine gemeinsame Managementstruktur vorhanden ist, an den Vorfällen Personen beteiligt waren, die während der Nachprüfung beide Unternehmen vertraten, und E-Mail-Konten betroffen waren, deren Inhaber für beide Unternehmen arbeiten.

5.   GELDBUSSEN

(15)

Aufgrund der festgestellten Zuwiderhandlung im Sinne von Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 kann die Kommission gegen die Unternehmen Geldbußen von bis zu 1 % ihres Umsatzes verhängen.

(16)

Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbußen werden in dem Beschluss, wie nach Artikel 23 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 erforderlich, sowohl die Schwere der Zuwiderhandlung als auch ihre Dauer berücksichtigt.

(17)

Es wird festgestellt, dass es sich um eine schwere Zuwiderhandlung handelt. Insbesondere wird festgehalten, dass es sich bei der Befugnis zur Durchführung von Nachprüfungen um eine der wichtigsten Ermittlungsbefugnisse der Kommission im Wettbewerbsbereich zur Aufdeckung von Zuwiderhandlungen gegen die Artikel 101 und 102 AEUV handelt. Ferner wird darauf hingewiesen, dass Beweise in Papierform in den letzten 10 Jahren an Bedeutung verloren haben, die bei Nachprüfungen gesammelten Unterlagen inzwischen überwiegend aus E-Mail-Konten und elektronischen Dateien stammen und in elektronischer Form gespeicherte Daten viel leichter und schneller vernichtet werden können als Papierunterlagen. Schließlich berücksichtigt die Kommission, dass EPIA und EPH die Nachprüfung in zwei Fällen, und zwar durch die unterlassene Sperrung eines E-Mail-Kontos und die Umleitung von E-Mails, behindert haben.

(18)

Was die Dauer angeht, wird in dem Beschluss berücksichtigt, dass die Zuwiderhandlung während eines beträchtlichen Zeitraums während der Nachprüfung in den Räumlichkeiten von EPIA und EPH angedauert hat.

(19)

Schließlich wird in dem Beschluss anerkannt, dass die Parteien auf eine Weise kooperiert haben, die es der Kommission ermöglicht hat, die Umstände der Nichtduldung der Nachprüfung in Bezug auf die E-Mails nachzuvollziehen. Dennoch wird festgehalten, dass die Parteien zwar bestimmte Sachverhalte nicht abgestritten haben, generell jedoch bemüht waren, das Vorliegen jeglichen Verstoßes gegen die Verfahrensvorschriften in Zweifel zu ziehen.

6.   SCHLUSSFOLGERUNG

(20)

Auf der Grundlage vorstehender Erwägungen wird in dem Beschluss die Schlussfolgerung gezogen, dass EPH und EPIA die in ihren Räumlichkeiten am 24.-26. November 2009 nach Artikel 20 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 durchgeführte Nachprüfung insofern nicht geduldet haben, als sie fahrlässig Zugang zu einem gesperrten E-Mail-Konto gewährt und vorsätzlich E-Mails auf einen Server umgeleitet haben, was eine Zuwiderhandlung im Sinne von Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe c dieser Verordnung darstellt. In dem Beschluss wird gegen die gesamtschuldnerisch haftenden Unternehmen EPH und EPIA eine Geldbuße von 2 500 000 EUR verhängt.


(1)  Mit Wirkung vom 1. Dezember 2009 sind an die Stelle der Artikel 81 und 82 EG-Vertrag die Artikel 101 und 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) getreten. Die Artikel 81 und 82 EG-Vertrag und die Artikel 101 und 102 AEUV sind im Wesentlichen identisch. Im Rahmen dieses Beschlusses sind Bezugnahmen auf die Artikel 101 und 102 AEUV als Bezugnahmen auf die Artikel 81 und 82 EG-Vertrag zu verstehen, wo dies angebracht ist.

(2)  ABl. L 1 vom 4.1.2003, S. 1.

(3)  J&T IA wurde am 10. November 2010 in EPIA umbenannt, ohne dass es Änderungen an der Unternehmensstruktur oder -organisation gegeben hätte. Im Folgenden wird auch für den Zeitraum, als das Unternehmen noch J&T IA hieß, der Name EPIA verwendet.

(4)  Rechtssache 374/87, Orkem/Europäische Kommission, Slg. 1989, 3283, Randnr. 27, die sich auf ein Auskunftsverlangen nach der Durchführung einer Nachprüfung nach Artikel 14 der Verordnung Nr. 17/62 bezog.

(5)  Rechtssache T-34/93, Société Générale/Kommission, Slg. 1995, II-545, Randnr. 72.

(6)  Entscheidung 94/735/EG der Kommission vom 14. Oktober 1994 zur Festsetzung einer Geldbuße gemäß Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 17 des Rates gegen Akzo Chemicals BV (ABl. L 294 vom 15.11.1994, S. 31).