MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Die Wurzeln der Demokratie und der nachhaltigen Entwicklung: Europas Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft im Bereich der Außenbeziehungen /* COM/2012/0492 final */
INHALTSVERZEICHNIS 1........... HINTERGRUND.......................................................................................................... 3 1.1........ Die Bedeutung der Zivilgesellschaft.................................................................................. 3 1.2........ Der Begriff der
zivilgesellschaftlichen Organisationen........................................................ 3 1.3........ Zivilgesellschaft im Wandel.............................................................................................. 4 2........... EINE NEUE EU-STRATEGIE...................................................................................... 4 3........... FÖRDERUNG GÜNSTIGER
RAHMENBEDINGUNGEN.......................................... 6 4........... DIE LÄNDEREBENE IM MITTELPUNKT................................................................. 7 4.1........ Integrative Politik für bessere
Governance....................................................................... 8 4.2........ Transparenz und
Rechenschaftsablegung im Inland........................................................... 9 4.3........ Soziale Dienstleistungen:
Partnerschaften für bessere Qualität......................................... 10 4.4........ Beitrag der zivilgesellschaftlichen
Organisationen zum breitenwirksamen und nachhaltigen Wachstum 11 4.5........ „EU-Road-Maps“ für die
Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Organisationen....... 12 5........... ZIVILGESELLSCHAFTLICHE
ORGANISATIONEN IM REGIONALEN UND GLOBALEN KONTEXT.................................................................................................................................... 13 6........... GESTALTUNG DER EU-UNTERSTÜTZUNG.......................................................... 13 6.1........ Kapazitätsaufbau im Fokus........................................................................................... 13 6.2........ Finanzierung entsprechend dem
lokalen Bedarf.............................................................. 14 7........... SCHLUSSFOLGERUNGEN...................................................................................... 14 MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS
EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND
SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Die Wurzeln der
Demokratie und der nachhaltigen Entwicklung: Europas Zusammenarbeit mit der
Zivilgesellschaft im Bereich der Außenbeziehungen 1. HINTERGRUND 1.1. Die
Bedeutung der Zivilgesellschaft Eine eigenständige und funktionierende
Zivilgesellschaft ist eine wesentliche Komponente jedes demokratischen Systems
und hat ihren eigenen Wert. Sie steht für Pluralismus, begünstigt die Vielfalt
und kann zu einer wirksameren Politikgestaltung, einer gerechten und
nachhaltigen Entwicklung und zu einem breitenwirksamen Wachstum beitragen. Sie
ist ein wichtiger Akteur bei der Förderung des Friedens und der
Konfliktbearbeitung. Zivilgesellschaftliche Organisationen verleihen den
Anliegen der Bürger eine Stimme, agieren auf der öffentlichen Bühne und setzen
sich für die Förderung einer partizipativen Demokratie ein. Sie sind Ausdruck zunehmender Forderungen nach
einer transparenten und rechenschaftspflichtigen Staatsführung. Während die Hauptverantwortung für Entwicklung
und demokratische Staatsführung beim Staat liegt, können Synergien zwischen dem
Staat und zivilgesellschaftlichen Organisationen dazu beitragen,
Herausforderungen wie Armut, zunehmende Ungleichheiten, soziale Ausgrenzung und
nicht nachhaltige Entwicklung zu bewältigen. Die Beteiligung zivilgesellschaftlicher
Organisationen an der Politikgestaltung ist ein wesentlicher Faktor, wenn
sichergestellt werden soll, dass die politischen Strategien alle Parteien
berücksichtigen und wirksam sind. Zivilgesellschaftliche Organisationen tragen
daher zum Aufbau von Staaten mit höherer Legitimation bei, die verstärkt
Rechenschaft ablegen, was zu einem größeren sozialen Zusammenhalt und freieren
und vertieften Demokratien führt. 1.2. Der
Begriff der zivilgesellschaftlichen Organisationen Der Begriff „zivilgesellschaftliche
Organisationen“ deckt ein breites Spektrum von Akteuren mit unterschiedlichen
Rollen und Aufgabenstellungen ab. Die Definitionen haben sich im Laufe der Zeit
gewandelt und variieren von Land zu Land und auch je nach Institution. Für die
EU gelten als zivilgesellschaftliche Organisationen alle nichtstaatlichen,
gemeinnützigen Organisationen[1],
die nichtparteilich und gewaltfrei sind und in denen Menschen sich
zusammenschließen, um gemeinsame politische, kulturelle, soziale oder
wirtschaftliche Ziele und Ideale zu verfolgen. Sie sind auf der örtlichen,
nationalen, regionalen bis hin zur internationalen Ebene aktiv und umfassen
formale und informelle Organisationen in städtischen Gebieten und im ländlichen
Raum. Die EU schätzt die Vielfalt und die unterschiedliche Prägung der
zivilgesellschaftlichen Organisationen; sie arbeitet mit
rechenschaftspflichtigen und transparenten zivilgesellschaftlichen
Organisationen zusammen, die wie sie dem sozialen Fortschritt und den
Grundwerten Frieden, Freiheit, Gleichberechtigung und menschliche Würde
verpflichtet sind. 1.3. Zivilgesellschaft
im Wandel In den letzten zehn Jahren hat es z. T.
gegensätzliche Entwicklungen gegeben. Zivilgesellschaftliche Organisationen
werden mittlerweile weithin als eigenständige Akteure der Entwicklung
anerkannt. Ihre Zahl hat zugenommen, sie spiegeln neue soziale Gegebenheiten
wider und bilden Koalitionen auf allen Ebenen. Zivilgesellschaftliche
Organisationen verfügen in ganz besonderem Maße über die Fähigkeit,
benachteiligte und sozial ausgegrenzte Gruppen zu erreichen, sie zu vertreten,
sich für ihre Interessen einzusetzen und sie in die Lage zu versetzen,
selbstbestimmt zu handeln, und soziale Innovationen anzustoßen. Vor diesem
Hintergrund bauen die Regierungen mancher Länder ihre Zusammenarbeit mit
zivilgesellschaftlichen Organisationen aus. Dabei sind die Beziehungen zwischen Staat und
zivilgesellschaftlichen Organisationen oftmals gespannt. In vielen Ländern ist die Dialogkultur weiterhin schwach
ausgeprägt, und nur allzu häufig hat die Zivilgesellschaft nach wie vor nur
geringe bzw. schwindende Handlungsspielräume und es gelten strenge
Beschränkungen. In zahlreichen Fällen sind zivilgesellschaftliche
Organisationen, die sich mit Menschenrechten und Advocacy-Arbeit befassen, einschließlich
Frauenorganisationen, in ihrem Tätigkeitsfeld eingeschränkt und haben kaum
Zugang zu Finanzmitteln. Andererseits stellen sich für die
zivilgesellschaftlichen Organisationen Herausforderungen im Zusammenhang mit
Fragen wie Repräsentativität, Transparenz, interne Steuerung und Kapazität,
Abhängigkeit von internationalern Gebern und Ressourcenwettbewerb, der durch
die Wirtschaftskrise noch verschärft wird. Außerdem entstehen zunehmend neue,
fließendere Formen des Bürgerengagements und von Jugendinitiativen: Der
„Arabische Frühling“ und die „Occupy“-Bewegung machen deutlich, welch großes
Potenzial soziale und kulturelle Bewegungen als Triebkräfte des Wandels
in sich bergen. Auch der Raum und die Möglichkeiten, die durch das Internet und
die sozialen Medien geschaffen wurden, sind ein wesentlicher Motor dieser
Wandlungsprozesse. 2. EINE NEUE EU-STRATEGIE Vor diesem Hintergrund schlägt die Kommission
ein prägnanteres und stärker strategisch geprägtes Konzept für ihre
Zusammenarbeit mit lokalen zivilgesellschaftlichen Organisationen vor, das alle
Regionen abdeckt, einschließlich Entwicklungsländern, Nachbarländern und
Erweiterungsländern. Dabei wird
länderspezifischen Gegebenheiten, insbesondere bei Ländern mit sehr instabilen
politischen Rahmenbedingungen, gebührende Aufmerksamkeit gewidmet. Die EU wertschätzt eine dynamische,
pluralistische und kompetente Zivilgesellschaft und erkennt die Bedeutung
konstruktiver Beziehungen zwischen Staat und zivilgesellschaftlichen
Organisationen an. Daher wird der Schwerpunkt
der EU-Strategie auf dem Einsatz der zivilgesellschaftlichen Organisationen für
die Festigung demokratischer Prozesse, den Aufbau von Kontrollsystemen und die
Erzielung besserer Entwicklungsergebnisse liegen[2]. In dieser Mitteilung werden für die
EU-Unterstützung drei Prioritäten festgelegt: ·
Intensivierung der Bemühungen zur Förderung
günstiger Rahmenbedingungen für die Tätigkeit zivilgesellschaftlicher
Organisationen in den Partnerländern ·
Förderung einer effektiven und strukturierten
Teilnahme zivilgesellschaftlicher Organisationen an nationalen Strategien der
Partnerländer, am Programmierungszyklus der EU und an internationalen Prozessen ·
Steigerung der Fähigkeit zivilgesellschaftlicher
Organisationen, ihre Rolle als eigenständige Entwicklungsakteure wirksam
wahrzunehmen Auf der Durchführungsebene wird einerseits den
Grundsätzen der Konzentration und der Differenzierung Rechnung getragen[3], andererseits wird die stärker
strategisch ausgerichtete Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Organisationen
als Querschnittsaufgabe in alle Instrumente und Programme und in alle Bereiche
der Zusammenarbeit einbezogen. Die EU wird die Umsetzung der Vorgaben dieser
Mitteilung zudem durch ihren allgemeinen und sektorbezogenen politischen Dialog
mit den Partnerländern unterstützen. Die Ausarbeitung von „EU-Road-Maps“ für
die Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Organisationen[4] auf Ebene der einzelnen Länder
soll einen strukturierten Dialog in Gang bringen und die Aufnahme einer
strategischen Kooperation gewährleisten, wodurch die Kohärenz der EU-Maßnahmen
erhöht wird und ihre Auswirkungen gesteigert werden. Die neue Politik basiert auf den Ergebnissen
des weltweiten strukturierten Dialogs über die Einbeziehung
zivilgesellschaftlicher Organisationen und lokaler Gebietskörperschaften in die
Entwicklungszusammenarbeit der EU[5]
(2010–2011). Dank
dieser Initiative wurde die vielseitige Partnerschaft mit
zivilgesellschaftlichen Organisationen einer gründlichen Überprüfung unterzogen
– von politischen und strategischen Aspekten bis hin zu konkreten Fragen der
Umsetzung und Finanzierung. Dies führte zu
einer gemeinsamen Vision einer ehrgeizigeren und kohärenteren Zusammenarbeit
der EU mit zivilgesellschaftlichen Organisationen. In dieser Mitteilung werden darüber hinaus die
in der neuen Agenda für den Wandel[6]
enthaltenen Bestimmungen zu zivilgesellschaftlichen Organisationen
weiterentwickelt; berücksichtigt werden ferner die neue Europäische
Nachbarschaftspolitik[7],
die jüngsten Erweiterungsstrategien[8]
und die Erklärungen zur EU-Budgethilfe für Drittländer[9], ebenso wie die im Rahmen der
Partnerschaft von Busan für eine wirksame Entwicklungszusammenarbeit[10] eingegangenen internationalen
Verpflichtungen. In der Mitteilung wird auch
den Ergebnissen der Online-Konsultation zum Thema zivilgesellschaftliche
Organisationen in der Entwicklungszusammenarbeit[11] Rechnung getragen. 3. FÖRDERUNG GÜNSTIGER
RAHMENBEDINGUNGEN Die Fähigkeit zivilgesellschaftlicher
Organisationen, in verschiedenen Bereichen des öffentlichen Lebens mitzuwirken,
hängt von einer Reihe von Grundvoraussetzungen ab, die meist als „günstige
Rahmenbedingungen für zivilgesellschaftliche Organisationen“ bezeichnet werden
und für die verschiedene Akteure verantwortlich sind. Damit zivilgesellschaftliche Organisationen
ihre Tätigkeiten ausüben können, ist ein funktionierendes demokratisches
Rechts- und Justizsystem erforderlich, das diese Organisationen de jure
und de facto berechtigt, sich zusammenzuschließen und Zugang zu
Finanzmitteln zu erlangen, und das gleichzeitig die freie Meinungsäußerung, die
Verfügbarkeit von Informationen und Partizipationsmöglichkeiten im öffentlichen
Leben sichert. Die Hauptverantwortung für die Gewährleistung dieser
Grundvoraussetzungen trägt der Staat. In vielen Ländern gibt es jedoch keinen
förderlichen Rechtsrahmen, der zivilgesellschaftlichen Organisationen das Recht
garantiert, unabhängig und frei von ungerechtfertigten Eingriffen tätig zu
werden. In manchen Ländern erkennen die Regierungen die Rolle der
zivilgesellschaftlichen Organisationen nicht an. Dies
hat zur Folge, dass die Handlungsmöglichkeiten dieser Organisationen oft durch
den rechtlichen und politischen Rahmen eingeschränkt werden, es führt zu
Versuchen, ihre Tätigkeit zu diskreditieren oder zu kriminalisieren, zu Beschränkungen
ihres Zugangs zu Finanzmitteln und zu Einschüchterungen bis hin zu physischen
Belästigungen, Inhaftierung und gewalttätigen Übergriffen. In diesem Zusammenhang hat die internationale
Gemeinschaft, einschließlich der EU, die Pflicht, sich dafür einzusetzen, dass
ein Handlungsspielraum sowohl für zivilgesellschaftliche Organisationen als
auch für Einzelpersonen geschaffen wird. Die
EU sollte mit gutem Beispiel vorangehen und auf diplomatischem Wege und durch
politischen Dialog einen Gruppendruck auf die Regierungen ausüben, indem sie
unter anderem Menschenrechtsfragen öffentlich anspricht. Die EU hat an vorderster Front an der
Entwicklung soliderer Standards und Mechanismen für die Förderung und den
Schutz der Menschenrechte innerhalb der Vereinten Nationen, des Europarats und
der OSZE mitgewirkt. Im Einklang mit ihren
internationalen Verpflichtungen wird die EU ihre Bemühungen um die Überwachung
der Gesetzgebung, der Vorschriften und operationeller Fragen, von denen
zivilgesellschaftliche Organisationen betroffen sein können, ausbauen. Gleichzeitig wird die EU eigene Initiativen
zivilgesellschaftlicher Organisationen fördern und internationale
Vereinbarungen zur Förderung und Überwachung günstiger Rahmenbedingungen für
zivilgesellschaftliche Organisationen unterstützen[12]. Die EU wird weiterhin in Ländern, in denen es
zu Menschenrechtsverletzungen kommt, weil die Regierung die Zivilgesellschaft
nicht anerkennt, aktiv werden und entsprechende Maßnahmen ergreifen. Halten Länder ihre Verpflichtungen zu Menschenrechten
und Grundwerten nicht strikt ein, so kann die EU die Zusammenarbeit mit den
nationalen Behörden aussetzen und ihre Unterstützung der lokalen Bevölkerung
über zivilgesellschaftliche Organisationen stärken. Nach der Jasmin-Revolution in Tunesien wurde der Regierung ein Programm zur Unterstützung der wirtschaftlichen Erholung unter der Bedingung zugesagt, dass sie ein neues Gesetz über Vereinigungsfreiheit verabschiedet. Durch dieses Gesetz wurden die unter dem früheren Regime geltenden Bestimmungen zur Kontrolle der Vereinigungsfreiheit geändert. Im Rahmen der Zusammenarbeit mit den
Partnerregierungen wird sich die EU darum bemühen, die Kapazität der
staatlichen Instanzen zur konstruktiven Zusammenarbeit mit der
Zivilgesellschaft auszubauen; zu diesem Zweck wird sie Vertrauen und
Kompetenzen stärken, um den Dialog zu intensivieren und mehr Chancen für
Partnerschaften zu schaffen. Die EU wird
weiterhin Beratung und Unterstützung bei der Stärkung der demokratischen
Institutionen und Reformen anbieten, unter anderem indem die Fähigkeit von
politischen Entscheidungsträgern und Beamten, mit zivilgesellschaftlichen
Organisationen zusammenzuarbeiten, verbessert wird. Die EU ist der Auffassung, dass die
unabhängigen Medien, einschließlich der sozialen Medien, hier eine wichtige
Rolle zu spielen haben. Sie tragen zu einer
offenen Gesellschaft bei, deren Grundlagen Dialog, kulturelle Vielfalt und
kritisches Nachdenken sind, und zur Verstärkung der Rechenschaftspflicht sowohl
der Regierungen als auch der zivilgesellschaftlichen Organisationen. Aber auch die zivilgesellschaftlichen
Organisationen selbst müssen wichtige Aufgaben erfüllen, insbesondere im
Hinblick auf die Wahrung ihrer Unabhängigkeit vom Staat und ihrer
Repräsentativität, aber auch auf ihre interne Lenkungsstruktur, Transparenz und
Rechenschaftsablegung. Als
entwicklungspolitische Akteure sind auch die zivilgesellschaftlichen
Organisationen dafür verantwortlich, die Ergebnisse ihrer Tätigkeiten,
insbesondere gegenüber ihren Anhängern nachzuweisen. Verschiedene
Selbstregulierungsinitiativen finden zunehmend internationale Anerkennung,
beispielsweise die Grundsätze von Istanbul zur Wirksamkeit der
Entwicklungszusammenarbeit und andere Chartas einzelner Akteure zur
Rechenschaftspflicht oder nationale Verhaltenskodizes.
Die EU ermutigt zu weiteren Bemühungen in diesem Bereich. 4. DIE LÄNDEREBENE IM
MITTELPUNKT Im Mittelpunkt der künftigen Zusammenarbeit
der EU mit den zivilgesellschaftlichen Organisationen wird der Beitrag der
lokalen zivilgesellschaftlichen Organisationen als Partner im Dialog und bei
der Überwachung stehen. Die EU ist überzeugt
von der großen Bedeutung der Partizipation zivilgesellschaftlicher
Organisationen an der Gestaltung der nationalen Politik und ist fest
entschlossen, diese zu fördern. Die Unterstützung zivilgesellschaftlicher
Organisationen als Dienstleister, für die sich die EU in der Vergangenheit in
besonderem Maße eingesetzt hat, wird noch stärker ausdifferenziert werden. Nach Möglichkeit sollte diese Unterstützung stets
im Rahmen von Partnerschaften zwischen mehreren Akteuren bereitgestellt
werden, bei denen eine Koordinierung mit den nationalen Behörden gewährleistet
wird, um langfristig im Dienste der Bevölkerung stehende Systeme zu schaffen,
die in Bezug auf Rechenschaftsablegung, Wirksamkeit und Nachhaltigkeit höheren
Ansprüchen genügen. Darüber hinaus können
Initiativen zivilgesellschaftlicher Organisationen in Bereichen gefördert
werden, die in der nationalen Politik nicht ausreichend berücksichtigt werden,
für den sozialen Fortschritt ausschlaggebend sind und
Menschenrechtsangelegenheiten sowie Fragen im Zusammenhang mit der nachhaltigen
Entwicklung betreffen. Außerdem werden auch von
zivilgesellschaftlichen Organisationen vorgeschlagene Initiativen und
Innovationen unterstützt, die der Förderung eines gerechten und nachhaltigen
Wachstums dienen. Auf Länder, die sich in fragilen Situationen,
in einer Krise oder in einer Post-Konfliktsituation befinden, sollte ein
eigenes Konzept angewandt werden. Die EU ist
überzeugt, dass zivilgesellschaftlichen Organisationen in der Friedens- und
Sicherheitsagenda, insbesondere bei der Konfliktverhütung,
Friedenskonsolidierung und beim Aufbau eines funktionsfähigen Staatsapparats
eine wesentliche Rolle zukommt. Die EU ist hier ein Vorreiter gewesen und hat
die Beteiligung zivilgesellschaftlicher Organisationen in den verschiedenen
Phasen der EU-Programmierung gefördert. Dieser
Ansatz wurde schrittweise eingeführt, insbesondere in den Staaten in Afrika, im
karibischen Raum und im Pazifischen Ozean, wobei die einschlägigen Bestimmungen
des Abkommens von Cotonou berücksichtigt wurden. Weitere
Anstrengungen sollten unternommen werden, um diese Praxis in allen Regionen zu
verankern. 4.1. Integrative
Politik für bessere Governance Die Einbeziehung der Zivilgesellschaft in die
Prozesse der Politikgestaltung und in den sektorspezifischen politischen Dialog
führt zur Gestaltung integrativer und wirksamer politischer Strategien, sofern
dies mit einer angemessenen Ressourcenzuweisung und einer soliden Steuerung
einhergeht. Die Beteiligung
zivilgesellschaftlicher Organisationen ist ein Schlüsselfaktor, wenn es darum
geht, politische Strategien zu entwerfen, die den Bedürfnissen der Menschen
entsprechen. Regierungen können Nutzen aus der
konstruktiven Beteiligung zivilgesellschaftlicher Organisationen an der
Entwicklung, Umsetzung und Überwachung nationaler Strategien auf allen Ebenen
ziehen. Hier ist der politische Wille der staatlichen Stellen, diese Mitwirkung
zu ermöglichen, von entscheidender Bedeutung, und die EU wird Maßnahmen
fördern, die in diese Richtung gehen. Die EU wird mehr in die Förderung,
Unterstützung und Überwachung wirksamer Mechanismen für einen
ergebnisorientierten Dialog investieren, wobei sie Nachdruck auf die Einbindung
möglichst vieler Interessenträger legen wird. In
den nationalen oder sektorbezogenen Politikdialog sollten alle betroffenen
Interessenträger wie zivilgesellschaftliche Organisationen und ggf. der
Privatsektor sowie die Regierungen der Partnerländer, lokale Gebietskörperschaften,
Parlamente und andere Institutionen des Landes einbezogen werden. Voraussetzung für einen konstruktiven Dialog
ist, dass dieser vorhersehbar und transparent ist und zur rechten Zeit geführt
wird. Die Glaubwürdigkeit des politischen Prozesses
wiederum setzt voraus, dass die zivilgesellschaftlichen Organisationen
unabhängig, repräsentativ und kompetent sind. In Ghana beteiligen sich zivilgesellschaftliche Organisationen aktiv an der Arbeit des Public Interest and Accountability Committee (PIAC), das die Öl- und Gaseinnahmen, deren Bedeutung zunimmt, überwacht und hierzu Berichte erstellt. Die betreffenden Organisationen werden über einen von der EU kofinanzierten Finanzierungsmechanismus, an dem sich mehrere Geber beteiligen, unterstützt. Durch Konsultationen, Vorschläge und Präsentationen vor dem zuständigen parlamentarischen Ausschuss ist es den zivilgesellschaftlichen Organisationen gelungen, auf die Ausarbeitung der Entwürfe für wichtige Rechtsvorschriften für den Energiebereich Einfluss zu nehmen. Sie überwachen nun die Umsetzung, leisten Aufklärungsarbeit und fordern die Regierung auf, über etwaige Verstöße Rechenschaft abzulegen. Die Ausgestaltung der Dialogverfahren ist in
jedem Land unterschiedlich; die Verfahren sind jeweils auf den betreffenden
Sektor und die beteiligten Akteure abgestimmt. Beispielsweise
ist die Tätigkeit der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände untrennbar mit dem
unabhängigen sozialen Dialog verbunden, einschließlich des Dialogs mit den
nationalen Behörden über arbeitsmarktpolitische Maßnahmen. Auf lokaler Ebene sollten Dialogverfahren
zwischen zivilgesellschaftlichen Organisationen und lokalen Behörden gefördert
werden, da dies in einem dezentralisierten Kontext nützliche Schnittstellen
schafft, an denen politischer Input einfließen kann. Dadurch
können die nationalen Politiken besser auf die örtlichen Gegebenheiten
abgestimmt werden. Zivilgesellschaftliche
Organisationen können auch dazu beitragen, lokale Ressourcen und Sozialkapital
zu mobilisieren, Informationen auszutauschen und Randgruppen mit einzubeziehen,
was der Verbesserung des staatlichen Handelns auf lokaler Ebene und des
territorialen Zusammenhalts zweckdienlich ist. Die freiwilligen Partnerschaftsabkommen im Rahmen des FLEGT-Aktionsplans zur Rechtsdurchsetzung und Politikgestaltung im Forstsektor (Forest Law Enforcement, Governance and Trade) sind bilaterale Handelsabkommen, durch die die Legalität der Herkunft des in die EU ausgeführten Holzes gewährleistet wird und die Entwicklungsländer bei der Verbesserung der Politikgestaltung im Forstsektor unterstützt werden. FLEGT fördert den Dialog zwischen den Beteiligten in den Partnerländern und ermöglicht es zivilgesellschaftlichen Organisationen, aktiv dabei mitzuhelfen, politische Herausforderungen aufzuzeigen, die notwendigen rechtlichen und technischen Maßnahmen zu entwickeln und die Umsetzung der Partnerschaftsabkommen zu überwachen. In Indonesien sind die zivilgesellschaftlichen Organisationen zu der Auffassung gekommen, dass FLEGT sie in die Lage versetzt hat, sich intensiv an dem Prozess zu beteiligen, so dass sie nun nicht mehr den Eindruck haben, dem Diktat der Regierung und der mächtigen Unternehmen unterworfen zu sein. 4.2. Transparenz
und Rechenschaftsablegung im Inland Eine mangelhafte Staatsführung ist der
Entwicklung abträglich. Die Fähigkeit, die
Regierenden zur Rechenschaft zu ziehen, ist von entscheidender Bedeutung für
eine bessere Staatsführung. In demokratischen
Systemen ist es die wichtigste Aufgabe des Parlaments, die Regierung zur
Rechenschaft zu ziehen; auch
zivilgesellschaftliche Organisationen können eine Rolle bei der Stärkung der
landesinternen Durchsetzung der Rechenschaftspflicht auf lokaler und nationaler
Ebene spielen, indem sie für einen ungehinderten, klaren und frei zugänglichen
Informationsfluss sorgen. Sie können auch dazu
beitragen, dass die Rechtsstaatlichkeit besser geachtet wird, indem sie die
wirksame Umsetzung von Gesetzen und politischen Strategien überwachen und
Bemühungen zur Korruptionsbekämpfung initiieren und unterstützen. Indem sie Haushaltsvorschläge analysieren und
einen Beitrag dazu leisten, indem sie staatliche Einnahmen und Ausgaben
überwachen und verfolgen und den Bürgern helfen, Haushaltspläne besser zu
verstehen, spielen zivilgesellschaftliche Organisationen eine wichtige Rolle im
Haushaltsprozess und tragen dazu bei, sicherzustellen, dass die öffentlichen
Mittel wirksam und effizient genutzt werden. Die
Abstimmung der Haushaltsplanung auf die Prioritäten und Bedürfnisse der
Bevölkerung unter Berücksichtigung von Menschenrechtsfragen kann dazu
beitragen, die Armutsbekämpfung wirksamer zu machen und breitenwirksames
Wachstum zu fördern. Die EU sollte ihre Unterstützung der auf
nationaler Ebene unternommenen Anstrengungen zur Stärkung der landesinternen
Kontrollmechanismen weiter ausbauen. Sie sollte die Rolle fördern, die die
zivilgesellschaftlichen Organisationen neben den Parlamenten, den obersten
Rechnungskontrollbehörden, den für die Überwachung des öffentlichen
Beschaffungswesens zuständigen Stellen und den Medien in der Haushaltskontrolle
wahrnehmen. Die EU wird die
zivilgesellschaftlichen Organisationen in ihrer Fähigkeit unterstützen, in
diesen Systemen mit einer langfristigen Perspektive aktiv zu werden,
insbesondere auf lokaler Ebene, wo derzeit im Bereich der „Social
Accountability“, unter anderem durch den Einsatz neuer Technologien, eine Fülle
unterschiedlicher und innovativer Konzepte entwickelt wird. Im Einklang mit der jüngsten Mitteilung der
Kommission Der künftige Ansatz für die EU-Budgethilfe an Drittstaaten
(2011) sollte die EU bei der Gewährung von Budgethilfe besonderes Augenmerk
darauf legen, die Kontrollaufgaben der zivilgesellschaftlichen Organisationen
systematisch zu erleichtern. Das neue
Kriterium „Transparenz und Haushaltskontrolle“, das für die Gewährung von
Budgethilfe herangezogen wird, wird vor allem auf die zeitnahe Verfügbarkeit
umfassender und solider Haushaltsdaten abstellen, anhand derer die
zivilgesellschaftlichen Organisationen die Entscheidungsträger besser zur Rechenschaft
ziehen können. In Marokko hat die EU zwei zivilgesellschaftliche Organisationen unterstützt, eine Stiftung und ein Forschungszentrum, um die Beteiligung von Parlamentariern der verschiedenen politischen Gruppen an den Haushaltsverfahren und der Haushaltsreform zu stärken. Durch verschiedene Forschungsprojekte und Schulungen haben die zivilgesellschaftlichen Organisationen die Parlamentarier erfolgreich dabei unterstützt, ein besseres Verständnis der haushaltstechnischen Fragen zu erlangen, und ihre Beteiligung an der Reform des Finanzgesetzes intensiviert. 4.3. Soziale
Dienstleistungen: Partnerschaften für bessere Qualität Die Gewährleistung einer effizienten
Bereitstellung sozialer Dienstleistungen – u. a. in den Bereichen
Gesundheit, Bildung und sozialer Schutz – obliegt dem Staat; die Verantwortung
liegt je nach dem institutionellen Rahmen des betreffenden Landes bei der
zentralen Regierung oder der lokalen Verwaltung. Neben
der Bereitstellung dieser Dienste ist der Staat auch für ihre Beaufsichtigung,
Regulierung und Qualität verantwortlich. Für
die konkrete Ausgestaltung dieser Aufgaben gibt es in den einzelnen Staaten ein
breites Spektrum organisatorischer Regelungen – von partizipativ angelegten
Systemen bis hin zu öffentlich-privaten Partnerschaften. Zivilgesellschaftliche Organisationen spielen
eine wichtige Rolle bei der Erbringung von Dienstleistungen zur Ergänzung der
Angebote, die von der lokalen Verwaltung und auf nationaler Ebene vom Staat
bereitgestellt werden, sowie bei der Durchführung innovativer Projekte. Sie verfügen in besonderem Maße über die Fähigkeit,
Bedarf festzustellen, sich vernachlässigter Fragen und Menschenrechtsbelangen
anzunehmen und Dienste auch Bevölkerungsgruppen zugänglich zu machen, die
sozial ausgegrenzt sind oder keinen Zugang zu den allgemeinen Dienstleistungen
haben. Das übergeordnete Ziel der EU im Bereich der
sozialen Dienstleistungen besteht darin, die Fähigkeit der staatlichen Behörden
zu stärken, langfristig tragfähige und qualitativ hochwertige Systeme zum
Nutzen der Bevölkerung zu schaffen. Die EU ist überzeugt, dass die Mitwirkung
zivilgesellschaftlicher Organisationen in Partnerschaften zwischen einer
Vielzahl von Akteuren insbesondere in Sektoren wertvoll ist, die im Rahmen der
bilateralen Zusammenarbeit von der EU gefördert werden, da dadurch ein
koordinierter Ansatz bei der Planung und Bereitstellung der Dienstleistungen
gefördert wird. Dies ist auch angesichts der zunehmenden Präsenz des
Privatsektors in diesem Bereich relevant. Langfristig befürwortet die EU, dass
die Finanzierungsmechanismen zur Unterstützung lokaler zivilgesellschaftlicher
Dienstleister schrittweise in die nationalen Systeme eingebunden werden, und
dass dies durch einen soliden und transparenten Rechtsrahmen zur Sicherung des
gleichberechtigten Zugangs zu den Diensten untermauert wird. Um Aufsplitterung
und Doppelarbeit zu begrenzen, sollte eine Koordinierung auf allen Ebenen
angestrebt werden. Ferner könnte – insbesondere in den am
wenigsten entwickelten Ländern – direkte Unterstützung für
zivilgesellschaftliche Dienstleister gewährt werden, um sicherzustellen, dass
entrechtete Gruppen Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen haben, oder um die
Angebote öffentlicher Behörden, die nicht ausreichend leistungsfähig oder
präsent sind, zu ergänzen. Dies ist insbesondere in fragilen Situationen,
Konflikten und Krisensituationen erforderlich. In Somaliland[13] haben die EU und andere Geber zwei europäische zivilgesellschaftliche Organisationen bei der Errichtung einer regionalen veterinärmedizinischen Ausbildungseinrichtung unterstützt. Nach dem Bottom-up-Prinzip und unter Einsatz eines innovativen Unterrichtskonzepts wurde so unter Berücksichtigung der spezifischen Bedürfnisse des somalischen Viehzuchtsektors eine neue Generation veterinärmedizinischer Fachleute ausgebildet. Trotz der instabilen Lage hat sich diese Einrichtung nun fest als Hochschule etabliert und Verbindungen zu anderen europäischen und afrikanischen Einrichtungen aufgebaut. 4.4. Beitrag
der zivilgesellschaftlichen Organisationen zum breitenwirksamen und
nachhaltigen Wachstum Zivilgesellschaftliche Organisationen sind
mittlerweile auch im Wirtschaftsleben aktiv, z. B. durch Initiativen, die
sich auf die lokale Wirtschaft auswirken, oder durch die Überwachung der Folgen
der nationalen und internationalen Wirtschaftspolitik.
Die EU unterstützt schon seit langem die „Sozialwirtschaft“[14], bei der vor allem die
erzielten gesellschaftlichen Auswirkungen und nicht allein die Erwirtschaftung
von Gewinnen im Mittelpunkt stehen. Genossenschaftsverbände,
Stiftungen und NRO setzen sich in besonderem Maße für die Förderung des
Unternehmergeistes und die Schaffung von Arbeitsplätzen durch Mobilisierung von
Basisgemeinschaften, Erbringung von Dienstleistungen und Förderung Einkommen
schaffender Tätigkeiten für Arme und Randgruppen ein.
Im gleichen Sinne hat die EU sich auf der Rio+20-Konferenz für die
ausdrückliche Nennung zivilgesellschaftlicher Organisationen als
Interessenträger ausgesprochen, die sich aktiv für eine integrative, umweltverträgliche
Wirtschaft, die sogenannte „grüne Wirtschaft“ einsetzen, und betont, wie
wichtig es ist, sowohl soziale als auch umweltbezogene Faktoren zu
berücksichtigen, wenn es darum geht, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Die EU wird zivilgesellschaftliche Initiativen
und Partnerschaften unterstützen, die soziale und wirtschaftliche Ziele
miteinander verknüpfen, unter anderem in den Bereichen ländliche Entwicklung,
Ernährungssicherheit, Tourismus und Kultur sowie Umwelt und Energie. Besonderes Augenmerk sollte der Schaffung von
Arbeitsplätzen und unternehmerischen Initiativen gelten, die auf die
Bedürfnisse der Bevölkerung eingehen und das lokale Wirtschaftswachstum
breitenwirksam und nachhaltig anregen. In Brasilien hat die EU eine örtliche zivilgesellschaftliche Organisation unterstützt, um die soziale und wirtschaftliche Integration von als Abfallsammler tätigen Personen zu fördern. Dies geschieht über ein Netz, das für die Genossenschaften der Abfallsammler Ausbildungsangebote zur Förderung der Lesekompetenzen, der beruflichen und betriebswirtschaftlichen Kompetenzen sowie Schulungen zum Thema Umweltschutz und Recycling und technische Unterstützung (in den Bereichen Verwaltung, Buchhaltung, Marketing usw.) organisiert. Dadurch konnte das individuelle Einkommen der Abfallsammler erhöht, der Analphabetismus verringert und ihr Zugang zum sozialen Schutz verbessert werden. 2012 erhielt dieses Projekt den brasilianischen Staatspreis für das Millenniums-Entwicklungsziel 1. Ferner wird die EU auch innovative Projekte
unterstützen, die den Zugang zu Finanzdienstleistungen auf Personen ausweiten,
die aus dem herkömmlichen Bankensystem ausgeschlossen sind, vor allem Frauen. Berücksichtigt werden auch Initiativen
zivilgesellschaftlicher Organisationen in den Bereichen Förderung und
Überwachung der sozialen Verantwortung der Unternehmen, ethisch vertretbare und
nachhaltige Geschäftsmodelle, Agenda für menschenwürdige Arbeit,
öffentlich-private Partnerschaften, Fair Trade und Förderung des
gleichberechtigten Zugangs zu den natürlichen Ressourcen einschließlich der
Bodenressourcen. 4.5. „EU-Road-Maps“
für die Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Organisationen Die EU und die Mitgliedstaaten sollten
länderspezifische „Roadmaps“ für die Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen
Organisationen aufstellen, um Wirkung, Berechenbarkeit und Sichtbarkeit der
EU-Maßnahmen zu verbessern und für Kohärenz und Synergien in den verschiedenen
Bereichen der Außenbeziehungen der EU zu sorgen. Diese „Roadmaps“ sollen auch
eine verstärkte Koordinierung und den Austausch über bewährte Verfahren mit den
Mitgliedstaaten und anderen internationalen Akteuren anregen, unter anderem im
Hinblick auf eine Vereinfachung und Harmonisierung der Fördervoraussetzungen. Die „Roadmaps“ sollten auf der Grundlage
solider Kenntnisse der vor Ort aktiven zivilgesellschaftlichen Organisationen
und des breiteren sozioökonomischen Umfelds, in dem diese tätig sind, erstellt
werden[15].
Dies ist eine Voraussetzung für eine stärker strategisch ausgerichtete Zusammenarbeit
der EU auf Länderebene, vor allem wenn zunächst die einschlägigen Akteure
identifiziert werden müssen, um wirksame und sinnvolle Dialogverfahren
einzuführen bzw. zu verbessern. Die „Roadmaps“ sollten langfristige Ziele für
die Zusammenarbeit der EU mit den zivilgesellschaftlichen Organisationen
festlegen und auch die Aspekte Dialog sowie operative Unterstützung und
Ermittlung geeigneter Arbeitsverfahren einbeziehen. Diese Arbeit sollte mit der
Programmierung der Außenhilfe der EU verknüpft werden, insbesondere mit der
bilateralen, regionalen und thematischen Zusammenarbeit. Ein wichtiger
Bezugspunkt werden die Länderstrategien für den Bereich Menschenrechte sein,
die derzeit von der EU festgelegt werden. Bei der Ausarbeitung der „Roadmaps“ sollten
die Ansichten der Zivilgesellschaft berücksichtigt werden. Die „Roadmaps“
sollten regelmäßig aktualisiert und ggf. öffentlich zugänglich gemacht und den
nationalen Behörden übermittelt werden. 5. ZIVILGESELLSCHAFTLICHE
ORGANISATIONEN IM REGIONALEN UND GLOBALEN KONTEXT Im Laufe der letzten Jahrzehnte sind immer
mehr internationale Aktivisten-Gruppen entstanden, die sich für multilaterale
Normen und Standards einsetzen und diese fördern, sich an weltweiten Netzen
beteiligen und weltweit Kampagnen durchführen. Diese
befassen sich mit Themen wie Handel, globales Recht, Menschenrechte, Umwelt,
Klimawandel, Transparenz, globale Gesundheit und wirksame
Entwicklungszusammenarbeit. Die Entwicklung
der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) hat für das Wachstum und
die neue Rolle der transnationalen Netze eine zentrale Rolle gespielt. Organisationen, Netzwerke und Allianzen auf
regionaler und globaler Ebene werden bei der Bewältigung länderübergreifender
und globaler Herausforderungen gefördert werden. Die EU wird ferner auf europäischer und
internationaler Ebene aktive zivilgesellschaftliche Organisationen
unterstützen, die in Zusammenarbeit und Partnerschaft mit lokalen
zivilgesellschaftlichen Organisationen darüber wachen, dass die im Interesse
der Entwicklung erforderliche Politikkohärenz gegeben ist, wobei sie die
internationale Gemeinschaft in Bezug auf die Erfüllung ihrer Hilfezusagen zur
Rechenschaft ziehen und dazu beitragen, die Bürger weltweit für diese Fragen zu
sensibilisieren[16]. Auf Ebene der EU wird dem Dialog der
zivilgesellschaftlichen Organisationen mit den europäischen Institutionen
besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Zusätzlich
zu den bestehenden Mechanismen für Konsultationen über politische Strategien
und Programme wird die Kommission eine aus Vertretern der Interessenträger
bestehende Beratergruppe einrichten, in der zivilgesellschaftliche
Organisationen und einschlägige entwicklungspolitische Akteure mit den
Institutionen der EU einen Dialog über die Entwicklungspolitik und über die in
dieser Mitteilung vorgeschlagenen Bestimmungen führen können. 6. GESTALTUNG DER
EU-UNTERSTÜTZUNG 6.1. Kapazitätsaufbau
im Fokus Um ihre Wirkungskraft zu stärken, müssen
lokale zivilgesellschaftliche Organisationen Kapazitätsengpässe überwinden, die
von Beschränkungen bei den technischen Verwaltungs- und den
Führungskompetenzen, über Fundraising bis hin zu Ergebnismanagement und
interner Lenkungsstruktur reichen. Die EU wird ihre Unterstützung für den
Kapazitätsaufbau der zivilgesellschaftlichen Organisationen, insbesondere der
lokalen Akteure, intensivieren, und zwar im Rahmen eines langfristigen
nachfrageorientierten und flexiblen Konzepts; dabei wird der
Teilnehmermobilisierung und der Repräsentativität besondere Aufmerksamkeit
gewidmet. Darüber hinaus wird die EU auch langfristige
und ausgewogene Partnerschaften zwischen lokalen und europäischen
Organisationen der Zivilgesellschaft, die dem Kapazitätsaufbau gewidmet sind,
unterstützen. Diese sollten von der lokalen
Nachfrage ausgehen und die Komponenten Beratung und Coaching, Peer-Learning,
Vernetzung und Aufbau von Verbindungen von der lokalen bis zur internationalen
Ebene umfassen. 6.2. Finanzierung
entsprechend dem lokalen Bedarf Maßgeschneiderte Finanzierung ist eine
wichtige Komponente der Zusammenarbeit der EU mit zivilgesellschaftlichen
Organisationen und dürfte lokalen Organisationen bessere Zugangschancen bieten. Die Kommission wird einen angemessenen Mix von
Finanzierungsmodalitäten[17]
einsetzen, um auf ein möglichst breites Spektrum von Akteuren, Bedürfnissen und
länderspezifischen Gegebenheiten flexibel, transparent, kostenwirksam und
ergebnisorientiert eingehen zu können. Im westlichen Balkan und in der Türkei unterstützt die EU regionale Netze von zivilgesellschaftlichen Organisationen durch Partnerschaftsrahmenvereinbarungen. Dies ermöglicht einen flexibleren, langfristig angelegten programmatischen Ansatz. Unterstützt werden zivilgesellschaftliche Organisationen, die partnerschaftlich zusammenarbeiten, um Strategien für einen bestimmten Sektor zu entwickeln und umzusetzen und gleichzeitig Wissen und Erfahrungen aus unterschiedlichen länderspezifischen Zusammenhängen auszutauschen. Während der Schwerpunkt auf dem Aufbau der Kapazitäten für Analyse, Monitoring und Advocacy-Arbeit im Hinblick auf die Beeinflussung politischer Reformen liegt, können die Partnerorganisationen auch Verbindungen zwischen der regionalen und der nationalen Ebene aufbauen und haben die Möglichkeit, Zuschüsse an Basisorganisationen oder andere Organisationen auf lokaler Ebene weiterzugeben, damit diese kleinere Projekte durchführen können. 7. SCHLUSSFOLGERUNGEN In einem sich wandelnden internationalen
Umfeld und unter Berücksichtigung der außenpolitischen Strategien der EU zielen
die in dieser Mitteilung dargelegten Vorschläge darauf ab, die Beziehungen der
EU zu den zivilgesellschaftlichen Organisationen zu intensivieren und an die
aktuellen und künftigen Herausforderungen anzupassen. Vorgeschlagen wird eine
neue EU-Strategie, um vor allem lokalen zivilgesellschaftlichen Organisationen
bei ihrem Einsatz für demokratisches Regieren und gerechte Entwicklung mehr
Handlungsmöglichkeiten zu verschaffen. Gemeinsam
befinden sich die EU und die Mitgliedstaaten in einer einzigartigen Position,
um ihrem Handeln eine strategischere Dimension zu verleihen und den Maßnahmen
der EU zu größerer Kohärenz, Stimmigkeit und Wirkungskraft zu verhelfen. [1] Dies umfasst zivilgesellschaftliche Organisationen, die
auf Mitgliedschaft beruhen, einer bestimmten Sache gewidmet oder dienstleistungsorientiert
sind. Hierzu zählen unter anderem Basisorganisationen,
Nichtregierungsorganisationen, Glaubensgemeinschaften, Stiftungen,
Forschungseinrichtungen, Gleichstellungs- und LGBT-Organisationen,
Genossenschaften, Berufs- und Branchenverbände und nicht gewinnorientierte
Medien. Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände, die sogenannten Sozialpartner,
bilden eine Sonderkategorie der zivilgesellschaftlichen Organisationen. [2] Seit den 1970er Jahren hat die EU die Zusammenarbeit mit
zivilgesellschaftlichen Organisationen schrittweise ausgeweitet. Dies erfolgte
über die partizipatorische Gestaltung politischer Konzepte und über
Förderregelungen, in denen die Mitwirkung dieser Organisationen am
Programmierungsprozess der EU im Mittelpunkt stand. Dieser Ansatz spiegelt sich
in der letzten Mitteilung (KOM(2002) 598 endg.) über die Mitwirkung
der regierungsunabhängigen Akteure in der Entwicklungszusammenarbeit der EG
wider. [3] Wie in der neuen entwicklungspolitischen Strategie der
EU („Agenda für den Wandel“) vorgeschlagen, wird die bilaterale
Entwicklungszusammenarbeit der EU in jedem Partnerland auf höchstens drei
Bereiche konzentriert; Ressourcen werden gezielt in den Partnerländern
eingesetzt, die diese am dringendsten benötigen, u. a. in Ländern in fragilen
Situationen, sowie dort, wo die Ressourcen die größte Entwicklungswirksamkeit
in Form einer Armutsminderung erzielen können. [4] Siehe Abschnitt 4.5. [5] Strukturierter Dialog: http://ec.europa.eu/europeaid/who/partners/civil-society/structured-dialogue_en.htm. [6] KOM(2011) 637, Schlussfolgerungen
des Rates Nr. 9316/12. [7] KOM(2011) 303. [8] KOM(2010) 660. [9] KOM(2011) 638, Schlussfolgerungen
des Rates Nr. 9323/12. [10] http://www.aideffectiveness.org/busanhlf4/images/stories/hlf4/OUTCOME_DOCUMENT_-_FINAL_EN.pdf. [11] DEVCO “Have Your Say” (2012): http://ec.europa.eu/europeaid/how/public-consultations/6405_en.htm. [12] Vgl.
Fußnote 10, Dokument zur Partnerschaft von Busan. [13] Diese Bezeichnung berührt nicht die Standpunkte zum
Status. [14] Siehe Schaffung eines „Ökosystems“ zur Förderung der
Sozialunternehmen als Schlüsselakteure der Sozialwirtschaft und der sozialen
Innovation (2012): http://ec.europa.eu/internal_market/social_business/docs/COM2011_682_de.pdf. [15] Es
wird empfohlen, regelmäßig partizipative Bestandsaufnahmen vorzunehmen, um das
gesamte Spektrum der Akteure abzudecken und dabei auch Netzwerke und
Plattformen auf nationaler/sektoraler Ebene zu erfassen. [16] In Europa wird dies von der Kommission durch ein
spezifisches Programm für entwicklungspolitische Bildungs- und
Öffentlichkeitsarbeit (DEAR) aktiv gefördert. [17] Die
EU kann alle Finanzierungsmodalitäten und Konzepte erwägen, die nach der Haushaltsordnung
gestattet sind. Dazu gehören Projekte, Programmfinanzierung, Direktvergabe von
Zuschüssen, Poolfinanzierung, Folgezuschüsse, Kernfinanzierung, Kofinanzierung,
Zweckbindung, vereinfachte Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen und Weitervergabe
von Zuschüssen.