52012BP1220(02)

Entschliessung des Europäischen Parlaments vom 23. Oktober 2012 mit den Bemerkungen, die integraler Bestandteil des Beschlusses betreffend die Entlastung zur Ausführung des Haushaltsplans der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit für das Haushaltsjahr 2010 sind

Amtsblatt Nr. L 350 vom 20/12/2012 S. 0077 - 0080


Entschliessung des Europäischen Parlaments

vom 23. Oktober 2012

mit den Bemerkungen, die integraler Bestandteil des Beschlusses betreffend die Entlastung zur Ausführung des Haushaltsplans der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit für das Haushaltsjahr 2010 sind

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT —

- in Kenntnis des endgültigen Rechnungsabschlusses der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit für das Haushaltsjahr 2010,

- in Kenntnis des Berichts des Rechnungshofs über den Jahresabschluss 2010 der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit zusammen mit den Antworten der Behörde [1],

- in Kenntnis der Empfehlung des Rates vom 21. Februar 2012 (06083/2012 — C7-0051/2012),

- unter Hinweis auf seinen Beschluss vom 10. Mai 2012 [2] betreffend den Aufschub des Entlastungsbeschlusses zur Ausführung des Haushaltsplans der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit für das Haushaltsjahr 2010 und seine begleitende Entschließung sowie in Kenntnis der Antworten der Verwaltungsdirektorin der Behörde,

- gestützt auf Artikel 319 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

- gestützt auf die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften [3], insbesondere auf Artikel 185,

- gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates [4] zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit, insbesondere auf Artikel 44,

- gestützt auf die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2343/2002 der Kommission vom 19. November 2002 betreffend die Rahmenfinanzregelung für Einrichtungen gemäß Artikel 185 der Verordnung (EG, Euratom) Nr.1605/2002 des Rates über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften [5], insbesondere auf Artikel 94,

- unter Hinweis auf die Gemeinsame Erklärung zu den dezentralen Agenturen und den beigefügten Gemeinsamen Ansatz, die zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission im Juni 2012 im Anschluss an die Arbeiten der im März 2009 gegründeten interinstitutionellen Arbeitsgruppe zu den dezentralen Agenturen vereinbart wurden, und insbesondere die Abschnitte betreffend Verwaltung, Arbeitsweise, Programmplanung, Rechenschaftspflicht und Transparenz des Gemeinsamen Ansatzes,

- gestützt auf Artikel 77 und Anlage VI seiner Geschäftsordnung,

- in Kenntnis des zweiten Berichts des Haushaltskontrollausschusses und der Stellungnahme des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (A7-0299/2012),

A. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament am 10. Mai 2012 seinen Beschluss über die Entlastung und den endgültigen Rechnungsabschluss der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (im Folgenden "Behörde") für das Haushaltsjahr 2010 vertagt hat;

B. in der Erwägung, dass die Behörde der Entlastungsbehörde in ihren Schreiben vom 29. Juni 2012 und 20. August 2012 ausführlich geantwortet hat;

C. in der Erwägung, dass die Entlastung in diesem Zusammenhang ein wertvolles Instrument des Europäischen Parlaments ist, wobei eine Beschlussfassung auf der Grundlage von Fakten und inhaltlichen Argumenten erforderlich ist; verweist in diesem Kontext auf die geltenden Vorschriften, d. h. das Statut für die Beamten und die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Union, die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union, die Gründungsverordnung der Behörde und die von der Behörde beschlossenen spezifischen Maßnahmen und Verfahren;

Haushaltsführung und Finanzmanagement

1. nimmt die Erklärung der Behörde zur Kenntnis, dass inzwischen geeignete Maßnahmen ergriffen wurden, um das Finanzmanagement zu verbessern und 2011 bei Ermächtigungen ein Ausführungswert von beinahe 100 % erreicht wurde;

2. begrüßt die Informationen über die beträchtlichen Einsparungen bei den Kosten für die Sitzungen des Verwaltungsrats in Höhe von 6175 EUR pro Mitglied im Jahr 2010; begrüßt insbesondere die Einsparungen bei den Kosten um 66 % verglichen mit 2010 durch den Einsatz von Audio-Streaming bei Bedarf, die Nutzung von Englisch als einziger Sprache in den Sitzungen des Verwaltungsrats und die Abhaltung sämtlicher Sitzungen in den Räumlichkeiten der Behörde in Parma;

Vertragsmanagementverfahren

3. nimmt zur Kenntnis, dass die Behörde ein Instrument für Zuschüsse und Beschaffungsmaßnahmen zur Verbesserung der Beaufsichtigung von Ausschreibungen, des Vertragsmanagements und der Kapazitäten zur Zahlungsprognose entwickelt hat; nimmt ferner zur Kenntnis, dass die neue Datenbank über Zuschüsse und Beschaffungsmaßnahmen seit dem 28. Juni 2012 in Betrieb ist;

Interessenkonflikte und Transparenz

4. stellt fest, dass die Hauptaufgabe der Behörde darin besteht, unabhängige und transparente wissenschaftliche Beratung in Fragen mit unmittelbaren oder mittelbaren Auswirkungen auf Lebens- und Futtermittelsicherheit zu erbringen;

5. verweist auf die Notwendigkeit, Maßnahmen zu ergreifen, die die Glaubwürdigkeit der Behörde erhalten;

6. begrüßt die Abhaltung einer für alle Mitglieder des Verwaltungsrats verbindlichen Tagung zu Fragen der Ethik und Integrität, die für Oktober 2012 geplant ist und fordert den Verwaltungsrat auf, seinen Verhaltenskodex effektiv umzusetzen und Bestimmungen anzunehmen, die Wechsel von Mitarbeitern in die Privatwirtschaft künftig verhindern bzw. sanktionieren, um Fälle wie den den früheren Direktor der Behörde im Jahr 2010 betreffenden zu verhindern;

7. hat bereits gewisse Mängel im Zusammenhang mit Interessenkonflikten, Interessenerklärung und Transparenz aufgezeigt; weist darauf hin, dass die ehemalige Vorsitzende des Verwaltungsrates der Behörde es 2010 versäumte, ihre Mitgliedschaft im Vorstand des International Life Sciences Institute (ILSI) zu deklarieren, obwohl das ILSI von Unternehmen des Nahrungsmittel-, des Chemie- und des Pharmaziesektors finanziert wird; stellt fest, dass die Mitglieder des Verwaltungsrates der Behörde nicht vom Verwaltungsdirektor bzw. der -direktorin ernannt und von diesem/dieser daher auch nicht entlassen werden können;

8. begrüßt die feste Zusage der Behörde, ihrem Verwaltungsrat vorzuschlagen, seinen Vorsitzenden bzw. seine Vorsitzende in einem offenen Verfahren zu wählen; vertritt die Auffassung, dass ein transparentes Verfahren die Verantwortung des Verwaltungsrats erhöht;

9. nimmt interessiert alle neuen Verfahren, Vorschriften, Durchführungsbestimmungen und Maßnahmen zur Kenntnis, die seit 2007 verankert wurden, um Interessenkonflikte zwischen wissenschaftlichen Sachverständigen und Bediensteten zu vermeiden; begrüßt in diesem Zusammenhang den Verhaltenskodex des Verwaltungsrates der Behörde und deren Maßnahmen zur Überprüfung ihrer Interessenerklärungen sowie die neuen Vorschriften für die Überprüfung von Interessenkonflikten, die seit Juli 2012 in Kraft sind und bei der Neubesetzung der wissenschaftlichen Gremien aktiv genutzt wurden; ist entschlossen, die Wirkung dieser Maßnahmen zu kontrollieren; beabsichtigt, die Verwaltungsdirektorin weiterhin regelmäßig zum Meinungsaustausch einzuladen sowie den Informationsaustausch auch durch die unter seinen Mitgliedern ernannte Kontaktperson und Besuche bei der Behörde alle zwei Jahre zu fördern; weist darauf hin, dass der bisher letzte Besuch im Mai 2012 stattfand;

10. stellt fest, dass die neue Politik der Behörde zur Unabhängigkeit und zu den wissenschaftlichen Entscheidungsfindungsprozessen zusammen mit den entsprechenden Durchführungsbestimmungen im Juli 2012 in Kraft trat, und dass sich die neue Definition der Behörde von Interessenkonflikten im Einklang mit den Leitlinien der OECD befindet; nimmt seitens der Behörde zur Kenntnis, dass ihr praktischer Ansatz bezüglich eines Sachverständigen, der gegen die Unabhängigkeitsbestimmungen verstoßen hat, einen Ausschluss für einen Zeitraum von fünf Jahren vorsieht; schlägt vor, ein endgültiges Paket angemessener Sanktionen in die Durchführungsbestimmungen der Regelungen zur Unabhängigkeit aufzunehmen;

11. nimmt zur Kenntnis, dass die Behörde für Ende 2013 eine Überprüfung ihrer Unabhängigkeitsbestimmungen angesetzt hat, in deren Rahmen unter anderem die Möglichkeit geprüft werden soll, die Ergebnisse von Verfahren im Fall eines Vertrauensbruchs öffentlich zu machen, einschließlich der Ergebnisse der Verfahren zur Kontrolle der Integrität der wissenschaftlichen Überprüfungen, sowie das Mandat ihres Ausschusses für den Umgang mit Interessenkonflikten auszuweiten und zu stärken und ihn zum Beispiel mit einem Mandat auszustatten, über das der Ausschuss für Ethische Standards und die Verhütung von Interessenkonflikten der französischen Behörde für Ernährungssicherheit, Umwelt- und Arbeitsschutz (ANSES) verfügt; erwartet, dass die Behörde die Entlastungsbehörde über diese Punkte zu Beginn des kommenden Entlastungsverfahrens unterrichtet;

12. fordert die Behörde auf, ihre Unabhängigkeitsbestimmungen zu verstärken und die Annahme von Bestimmungen zu prüfen, einschließlich zu Sanktionen und zur Veröffentlichung von Lebensläufen und Interessenerklärungen der hauseigenen Sachverständigen und Wissenschaftler;

13. ist der festen Überzeugung, dass die notwendigen Schritte unternommen werden müssen, sollten Fälle verzeichnet werden, in denen die geltenden Vorschriften nicht eingehalten werden; ist der Auffassung, dass die Behörde in solchen Fällen ein Aktionsprogramm mit einem genauen Zeitplan aufstellen sollte, das auf die Behebung der Mängel abzielt und dessen Umsetzung vom Europäischen Parlament überwacht werden sollte, wobei diese Probleme durch eine Änderung der bestehenden Vorschriften und Regelungen zum Zwecke der Schließung möglicher Gesetzeslücken angegangen werden sollten;

14. nimmt die Erklärung der Behörde zur Kenntnis, dass sie am 4. Juli 2012 Bestimmungen zur Akzeptanz von Geschenken und Zuwendungen verabschiedet hat; begrüßt diese Initiative und fordert die Behörde auf, diese Bestimmungen auf ihrer Webseite zu veröffentlichen;

15. stellt fest, dass die Behörde für den 1. Oktober 2012 ihre erste Bewertung von zufällig ausgewählten Interessenerklärungen plant, um deren Kohärenz mit den vor kurzem angenommenen Unabhängigkeits- und Durchführungsbestimmungen zu überprüfen; erwartet, dass die Behörde der Entlastungsbehörde bis zum 1. März 2013 die Ergebnisse dieser Bewertung mitteilt, damit diese beim nächsten Entlastungsverfahren berücksichtigt werden können;

16. begrüßt die feste Zusage der Behörde, mit der Kommission zusammenzuarbeiten, um die Modalitäten für einen vollständigen Zugang der Öffentlichkeit zu unveröffentlichten Rohdaten festzulegen;

17. stellt fest, dass acht Gremien der Behörde und ihr Wissenschaftlicher Ausschuss im Juni 2012 neu besetzt wurden; begrüßt die Veröffentlichung der Interessenerklärungen der neu benannten Sachverständigen auf der Webseite der Behörde, bemängelt jedoch, dass einige Lebensläufe noch nicht verfügbar sind; fordert die Behörde auf, diese bis zum 1. Januar 2013 zu veröffentlichen;

18. nimmt zur Kenntnis, dass 2011 insgesamt 37 Sachverständige für zwei Gremien benannt wurden, ehe die neue Politik der Behörde zur Unabhängigkeit und zu wissenschaftlichen Entscheidungsprozessen angenommen wurde; begrüßt deshalb die Initiative der Behörde, bis zum 31. Oktober 2012 deren Interessenerklärungen unter Berücksichtigung der neu angenommenen Politik und Durchführungsbestimmungen zu prüfen; fordert die Behörde auf, die Entlastungsbehörde bis zum Beginn des kommenden Entlastungsverfahrens über das Ergebnis dieser Überprüfung zu unterrichten;

19. fordert die Agentur auf, in ihre jährlichen Tätigkeitsberichte einen speziellen Abschnitt aufzunehmen, in dem die Maßnahmen erläutert werden, die sie unternimmt, um Interessenkonflikten vorzubeugen und bestehende Interessenkonflikte zu bewältigen, und der u. a. Folgendes umfassen sollte:

- die Zahl der vermutlichen Fälle von Interessenkonflikten, die verifiziert wurden;

- die Zahl der Fälle des Wechsels eines Mitarbeiters in den Privatsektor;

- die Maßnahmen, die in Bezug auf jede Kategorie von Fällen getroffen wurden;

- die Zahl der eingeleiteten Verfahren im Fall eines Vertrauensbruchs und die Ergebnisse;

- die angewandte Sanktionen;

20. fordert die Behörde auf, die Offenheit und Transparenz im Rahmen des Prozesses der Risikobewertung zu erhöhen, von unabhängigen Fachkreisen begutachtete wissenschaftliche Literatur verstärkt zu berücksichtigen und Ablehnungen von abweichenden Meinungen ausführlich zu begründen; fordert die Behörde ferner auf, den Dialog und die Zusammenarbeit mit auswärtigen Sachverständigen und nationalen Agenturen zu vertiefen, insbesondere wenn diese in Bezug auf einen bestimmten Prozess der Risikobewertung abweichende Meinungen vertreten;

21. begrüßt generell die vorstehend genannte Gemeinsame Erklärung und den Gemeinsamen Ansatz in Bezug auf die dezentralen Agenturen, die einige Elemente, die für das Entlastungsverfahren von Bedeutung sind, angehen und aufgreifen, und ist der Ansicht, dass der Fahrplan für die Weiterverfolgung des Gemeinsamen Ansatzes, der von der Kommission bis Ende 2012 vorzulegen ist, diesen Aspekten gebührend Rechnung tragen wird;

22. verweist, was weitere horizontale Bemerkungen zum Entlastungsbeschluss betrifft, auf seine Entschließung vom 10. Mai 2012 zu Leistung, Finanzmanagement und Kontrolle der Agenturen [6].

[1] ABl. C 366 vom 15.12.2011, S. 106.

[2] ABl. L 286 vom 17.10.2012, S. 367.

[3] ABl. L 248 vom 16.9.2002, S. 1.

[4] ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1.

[5] ABl. L 357 vom 31.12.2002, S. 72.

[6] ABl. L 286 vom 17.10.2012, S. 388.

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