14.3.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 76/54


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 273/2004 betreffend Drogenausgangsstoffe“

COM(2012) 548 final — 2012/0261 (COD)

2013/C 76/10

Berichterstatter: David SEARS

Der Rat beschloss am 15. Oktober 2012 und das Europäische Parlament am 22. Oktober 2012, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 114 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 273/2004 betreffend Drogenausgangsstoffe

COM(2012) 548 – 2012/0261 (COD).

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch nahm ihre Stellungnahme am 8. Januar 2013 an.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 486. Plenartagung am 16./17. Januar 2013 (Sitzung vom 16. Januar) mit 130 Stimmen bei 1 Gegenstimme und 7 Enthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1

Mit diesem Vorschlag sollen konkrete Schwachstellen beseitigt werden, die in den geltenden EU-Rechtsvorschriften festgestellt wurden. Es geht darum, den Handel mit Essigsäureanhydrid zwischen EU-Unternehmen zu überwachen und zu kontrollieren. Essigsäureanhydrid ist ein chemischer Grundstoff, der für viele legale und wichtige Zwecke eingesetzt, jedoch auch abgezweigt und, vor allem in Afghanistan, als Ausgangsstoff für die illegale Herstellung von Heroin aus Morphin, verwendet wird. Der EWSA erkennt an, dass die Verordnung geändert werden muss, und unterstützt den Vorschlag nachdrücklich.

1.2

Der EWSA begrüßt auch den Vorschlag, eine europäische Datenbank der zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten und Endverwender anzulegen und die Erstellung von Berichten der Mitgliedstaaten über Sicherstellungen und abgefangene illegale Lieferungen aller erfassten und nicht erfassten Drogenausgangsstoffe zu verbessern.

1.3

Die Anwendung der geltenden Rechtsvorschriften zur Registrierung über die Wirtschaftsbeteiligten hinaus auch auf Verwender erfordert die Neufestlegung oder Überarbeitung von Definitionen. Neben dem Hinweis auf kleinere Probleme werden auch Empfehlungen abgegeben. Die Endverwender sollten umfassend über den Zweck und den Nutzen der Registrierung unterrichtet werden. Die zuständigen Behörden sollten dieselben Zugangsrechte zu den Geschäftsräumen der Endverwender haben, wie sie ihnen gegenwärtig im Falle der Wirtschaftsbeteiligten eingeräumt werden.

1.4

Der EWSA stellt fest, dass die neuen Vorschläge nur dann erfolgreich umzusetzen sind, wenn sie richtig vermittelt werden und nicht mit unnötigen zusätzlichen finanziellen Belastungen für alle Beteiligten einhergehen. Der Vorschlag, Kleinstunternehmen von den Registrierungsgebühren auszunehmen, wird deshalb nachdrücklich unterstützt.

1.5

Schließlich weist der EWSA darauf hin, dass die Beteiligten in Europa die Anforderungen des einschlägigen UN-Übereinkommens von 1988, insbesondere Artikel 12 über die Zusammenarbeit zur Umsetzung der angestrebten Ziele, uneingeschränkt berücksichtigen. Dies hat zu Erfolgen bei der Zusammenarbeit mit anderen Beteiligten innerhalb und außerhalb der EU zur Bekämpfung der Kriminalität, zum Schutz der Gesundheit der Bürger, zur Ermöglichung der Weiterführung des legalen Handels sowie zur Wahrung des guten Rufs der betroffenen Organisationen und Unternehmen geführt. Die angewandten Verfahren, der entstandene gegenseitige Respekt und das Vertrauen sowie die Art und der Inhalt der Mitteilungen an die beteiligten Seiten können als vorbildlich für die Erarbeitung und Umsetzung von Rechtsvorschriften auf europäischer oder anderer Ebene bezeichnet werden. Es steht zu hoffen, dass bei den anstehenden Vorschlägen für Kontrollen bei Suchtstoffen und synthetischen Designerdrogen im Rahmen einer konsequenten, gezielten und faktengestützten öffentlichen Gesundheitspolitik insbesondere im Bereich der Prävention auf europäischer und nationaler Ebene genauso vorgegangen wird. Der EWSA ist gern bereit, zu gegebener Zeit einen Beitrag zu diesen Vorschlägen zu leisten.

2.   Einleitung

2.1

Drogenausgangsstoffe sind Stoffe, die weltweit in den verschiedensten Verfahren legal und für wichtige Zwecke hergestellt, gehandelt und verwendet werden, die jedoch auch zur illegalen Herstellung von Drogen wie Kokain, Heroin, Ecstasy und Methamphetamin abgezweigt werden können. Schon seit langem wird es als notwendig erachtet, den Handel mit diesen Stoffen zu kontrollieren, die auf Grund ihrer physikalischen Eigenschaften benötigt werden, z.B. als Lösungsmittel zur Gewinnung bestimmter Wirkstoffe aus Pflanzen oder als chemische Arbeitsstoffe zur Veränderung der Art und Wirkung der daraus hergestellten Arzneimittel.

2.2

International ist der Handlungsrahmen durch das Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Bekämpfung des illegalen Handels mit Suchtstoffen und psychotropen Substanzen von 1988 vorgegeben. In Artikel 12 ist festgelegt, dass Regulierungsbehörden und Unternehmen zusammenarbeiten, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen.

2.3

Auf Ebene der Europäischen Union wird die Eindämmung der Abzweigung von Drogenausgangsstoffen sowohl in der EU-Strategie zur Drogenbekämpfung 2005–2012 als auch im Drogenaktionsplan 2009–2012 als wichtiges Ziele genannt. Der Handel innerhalb der EU wird derzeit durch die Verordnung (EG) Nr. 273/2004 unter der Verantwortung der GD ENTR (Generaldirektion Unternehmen und Industrie), der Außenhandel durch die Verordnung des Rates (EG) Nr. 111/2005 unter der Verantwortung der GD TAXUD (Generaldirektion Steuern und Zoll) geregelt. Die Verordnung der Kommission (EG) Nr. 1277/2005, geändert durch die Verordnungen (EG) Nr. 297/2009 und (EU) Nr. 225/2011, umfasst detaillierte Durchführungsvorschriften für die zuständigen Behörden und Wirtschaftsbeteiligten.

2.4

Nach diesen Verordnungen vergleichen und melden die Mitgliedstaaten die Mengen bestimmter erfasster (d.h. speziell überwachter und kontrollierter) und nicht erfasster (freiwillig überwachter) Stoffe, die vor der Lieferung abgefangen bzw. während oder nach der Lieferung beschlagnahmt wurden. Diese Mengen können dann zu den weltweit abgefangenen oder sichergestellten Gesamtmengen dieser Stoffe ins Verhältnis gesetzt werden. Eine plötzliche Zunahme der gemeldeten Mengen oder Veränderungen der Häufigkeit und Verteilung der abgefangenen oder sichergestellten Lieferungen können auf eine bessere Überwachung zurückzuführen, eventuell aber auch ein Hinweis sein auf eine stärkere Orientierung der illegalen Tätigkeit auf einen konkreten Markt, möglicherweise auf Grund vermuteter oder tatsächlicher Schwächen bei den Kontrollen vor Ort.

2.5

Konsolidierte Daten für 2008 weisen bei der gemeldeten Menge des Drogenausgangsstoffs Essigsäureanhydrid, der zur Herstellung von Heroin aus Morphin (das wiederum aus Opium erzeugt wird) verwendet wird, einen Anstieg um das Siebenfache gegenüber dem Vorjahr auf. Die 241 in der EU sichergestellten Tonnen machen über 75 % der weltweit sichergestellten Menge aus. Dies führte wiederholt zu Kritik durch das Internationale Suchtstoffkontrollamt der Vereinten Nationen. In dem Bericht der Kommission über die Durchführung und Funktionsweise der einschlägigen gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften (COM(2009) 709) wird festgestellt, dass es bei einer im Allgemeinen zufriedenstellenden Umsetzung noch Schwachstellen gebe. Zudem wurden Empfehlungen abgegeben, vor allem im Hinblick auf die Überwachung und Kontrolle des Handels mit Essigsäureanhydrid in der EU.

2.6

Die Kommission und alle anderen beteiligten Seiten haben immer wieder darauf verwiesen, dass Essigsäureanhydrid von grundlegender Bedeutung als Alkylierungsmittel bei der Synthese der verschiedensten Anstrichmittel, Filme, Plastikstoffe, Arzneimittel (beispielsweise Aspirin) und anderer Konsumgüter ist. Der Großteil der weltweiten Gesamtproduktion (gegenwärtig ca. eine Million Tonnen pro Jahr) soll von den Herstellern selbst verwendet werden, ein kleinerer Teil, weniger als ein Drittel der Gesamtmenge, wird an dritte Endverwender verkauft. Die für die illegale Verwendung, vor allem in Afghanistan, benötigte Menge wird auf 380 bis 570 Tonnen pro Jahr geschätzt. Damit wiederum werden 380 Tonnen afghanisches Heroin hergestellt, wovon 70 Tonnen an Drogenkonsumenten in Europa gehen. Geht man davon aus, dass der Straßenverkaufswert in Europa durchschnittlich bei 40 EUR pro Gramm liegt, so beläuft sich der illegale Handel jährlich auf etwa 3 Mrd. EUR. Der Marktwert des dazu erforderlichen Essigsäureanhydrids ist im Vergleich dazu verschwindend gering, auch wenn man diesen vergleicht mit dem Wert der legalen Verkäufe oder dem Schaden für den Ruf der Einzelpersonen oder Unternehmen durch eine Abzweigung für die illegale Verwendung entstehen kann. Das weltweite Responsible-Care-Programm der chemischen Industrie trägt dazu bei, den legalen Wirtschaftsbeteiligten, die erstmals auf dem Markt tätig werden, diese Aspekte zu vermitteln.

2.7

Zudem wird eingeräumt, dass dieser Stoff stets irgendwo auf der Welt abgezweigt wird, selbst wenn alle derartigen Versuche in Europa erfolgreich unterbunden werden können. Die finanziellen Gewinne der Drogenhersteller sind, wie oben ausgeführt, einfach zu groß. Kontrollen sind jedoch nach wie vor vollkommen gerechtfertigt und können Vorbildcharakter haben. Wenn die betroffenen Branchen sie als kosteneffizient ansehen, werden sie sie umfassend unterstützen, sodass deren legaler Handel innerhalb der EU weitergeführt werden kann.

2.8

Vor dem Hintergrund der beschriebenen Situation hat die Kommission, wie in der Folgenabschätzung beschrieben, eine Reihe von Alternativkonzepten geprüft und die Vertretungsgremien der betroffenen Branchen, insbesondere den CEFIC für die Hersteller (Wirtschaftsbeteiligte) und einige große Endverwender und den FECC für den Handel und kleinere Endverwender ebenso konsultiert wie Vertreter der Mitgliedstaaten, die letztlich die Vorschläge umsetzen müssen. Es herrschte allgemeine Übereinstimmung, dass der vorliegende Vorschlag die zu bevorzugende Option sei.

3.   Wesentlicher Inhalt des Kommissionsvorschlags

3.1

Mit dem Vorschlag der Kommission soll die bestehende Registrierungspflicht für Hersteller und Händler von Essigsäureanhydrid auf die Endverwender in der Industrie ausgeweitet werden, d.h. auf Unternehmen, die Essigsäureanhydrid für den eigenen Gebrauch oder die Weiterverarbeitung in der EU kaufen.

3.2

Damit soll die tatsächliche oder versuchte Abzweigung von Essigsäureanhydrid innerhalb der EU weiter eingeschränkt werden, um die illegale Verwendung außerhalb der EU zu reduzieren und für Unternehmen, die legal innerhalb der EU tätig sind, mehr Rechtssicherheit zu schaffen.

3.3

Die bestehende Kategorie 2 der Stoffe, die gemäß Verordnung (EG) Nr. 273/2004 erfasst sind, wird deshalb in zwei Unterkategorien aufgeteilt: Unterkategorie 2a für Essigsäureanhydrid und Unterkategorie 2b für vier weitere chemische Grundstoffe, die nicht von dieser Änderung betroffen sind. Die Definitionen von Kategorie 1, d.h. weniger stark gehandelte spezielle chemische Stoffe, die als heikelste der wichtigsten Drogenausgangsstoffe noch strengeren Kontrollen unterliegen, und von Kategorie 3, d.h. Massenchemikalien mit Mehrzweckverwendung, bleiben unverändert.

3.4

In dem Vorschlag geht es auch darum, eine Europäische Datenbank für Drogenausgangsstoffe einzurichten, um eine effizientere Erfassung der Daten über sichergestellte und abgefangene Lieferungen zu gewährleisten und eine Liste der Wirtschaftsbeteiligten und Verwender zu erstellen, die legal in Herstellung, Handel und Verwendung der Drogenausgangsstoffe tätig sind und eine EU-Genehmigung bzw. eine Registrierung nachweisen können.

3.5

In dem Vorschlag werden zudem einige bereits geltende Definitionen präzisiert, Ausnahmen von der Registrierungsgebühr für Kleinstunternehmen festgelegt, geltende Bestimmungen zum Ausschussverfahren gemäß den neuen Regeln des Vertrags von Lissabon geändert und das förmliche Annahmeverfahren bei der Vorbereitung von Leitlinien abgeschafft. Des Weiteren wird präzisiert, dass die Mitgliedstaaten das Recht haben, zusätzliche Maßnahmen zur Informationserfassung zu erlassen und bei verdächtigen Transaktionen im Zusammenhang mit nicht erfassten Stoffen gegebenenfalls die Geschäftsräume der Wirtschaftsbeteiligten zu betreten.

3.6

Der Vorschlag gründet sich rechtlich auf Artikel 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und wird, zumindest in seiner gegenwärtigen Form, den Anforderungen der EU in punkto Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit gerecht.

3.7

Die Verordnung soll am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft treten, in allen ihren Teilen verbindlich sein und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gelten. Die Verordnung sieht eine Übergangsfrist von bis zu 18 Monaten vor, damit die zuständigen Behörden die erforderlichen Verfahren einrichten können und Endverwender gegebenenfalls die Möglichkeit haben, sich erstmalig registrieren zu lassen. Die Registrierungsverfahren für alle Verwender wurden verschärft, und die Registrierung kann nun abgelehnt werden, wenn die der zuständigen Behörde vorgelegten Informationen als unzureichend erachtet werden.

3.8

Dem Vorschlag liegen eine Begründung und ein Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen (Folgenabschätzung) bei. Eine Zusammenfassung der Folgenabschätzung ist ebenfalls verfügbar. Auf den Internetseiten der GD ENTR und GD TAXUD wird die Entwicklung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften zur Überwachung und Kontrolle von Drogenausgangsstoffen innerhalb der EU und zwischen der EU und Drittstaaten zusammengefasst, und es werden Links zu allen wichtigen Dokumenten, Beteiligten und betroffenen Organisationen bereitgestellt.

3.9

Die Berichte der Kommission über abgefangene und sichergestellte Lieferungen von Drogenausgangsstoffen, in denen Daten der Mitgliedstaaten aus den Jahren 2006-2010 zusammengefasst werden, begründen die vorliegenden Vorschläge und sind auch auf den Internetseiten abrufbar. Weitere Hintergrundinformationen lieferte eine Präsentation der GD ENTR vor der Arbeitsgruppe Zollunion des Rates am 16. Oktober 2012. Getrennt davon wurde ein Exemplar der Leitlinien für Wirtschaftsbeteiligte vorgelegt. Diese Leitlinien wurden gemeinsam von den Generaldirektionen ENTR und TAXUD veröffentlicht und sollen von den zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten ausschließlich an vertrauenswürdige Unternehmen verteilt werden, die an langfristigen legalen Vorgängen im Zusammenhang mit erfassten und nicht erfassten Stoffen beteiligt sind.

3.10

Andere Berichte, z.B. der Bericht des Internationalen Suchtstoffkontrollamts über Drogenausgangsstoffe und häufig zur illegalen Herstellung von Suchtstoffen und psychotropen Substanzen verwendete chemische Stoffe aus dem Jahr 2011 (Report on Precursors and chemicals frequently used in the illicit manufacture of narcotic drugs and psychotropic substances) sowie der Strategiebericht über internationale Suchtstoffkontrolle/chemische Kontrollen des US-Außenministeriums für 2012, geben einen allgemeineren Überblick aus externer Sicht. Inzwischen ist beispielsweise anerkannt, dass Afghanistan keinen legalen Bedarf an Essigsäureanhydrid hat und dass alle Importe deshalb illegal sind. Die Koalitionsstreitkräfte sollen dort ca. 20 Tonnen der viel größeren 2011 importierten Menge sichergestellt haben. Quellen illegaler Lieferungen sollen in erster Linie China, Südkorea, Europa, die zentralasiatischen Staaten und Indien sein. Hier besteht natürlich noch weiterer Handlungsbedarf, und eine enge internationale Zusammenarbeit sowie das Bemühen um gegenseitiges Vertrauen sind nach wie vor von entscheidender Bedeutung.

4.   Allgemeine Bemerkungen

4.1

Der EWSA hat am 26. Februar 2003 seine Stellungnahme zu der Mitteilung COM(2002) 494 final verabschiedet (1), in der er die Vorschläge der Kommission zu den vorgeschlagenen Kontrollen bei Drogenausgangsstoffen vorbehaltlos begrüßte. Hierauf wurde in der im Februar 2004 veröffentlichten endgültigen Fassung, der Verordnung (EG) 273/2004 (2), ausdrücklich hingewiesen.

4.2

Der EWSA unterstützt auch nachdrücklich die Bemühungen zur Bekämpfung des Drogenmissbrauchs innerhalb und außerhalb der EU, so in seiner Stellungnahme vom Mai 2012 zur Mitteilung der Kommission „Eine entschlossenere europäische Reaktion auf das Drogenproblem“ (3). Darin wurde betont, dass ein ausgewogenes Konzept sowohl für die Angebotsseite als auch für die Nachfrageseite beibehalten werden muss. Eine, wenn auch nur zeitweise, Reduzierung des Angebots muss mit einer konsequenten, gezielten und wirksamen öffentlichen Gesundheitspolitik insbesondere im Bereich der Prävention auf europäischer und nationaler Ebene einhergehen (Artikel 168 Absatz 1 AEUV). Zusammenarbeit und Austausch bewährter Vorgehensweisen zwischen den Mitgliedstaaten werden von entscheidender Bedeutung sein. Die Maßnahmen sollten auf der Grundlage von Daten und Fakten ergriffen werden – nicht umgekehrt.

4.3

Der EWSA unterstützt deshalb nachdrücklich den vorliegenden Vorschlag zur stärkeren Überwachung und Kontrolle des Handels mit Essigsäureanhydrid zwischen Unternehmen innerhalb der EU und zur Umsetzung weiterer Maßnahmen zur Unterstützung der Überwachung und Kontrolle von Drogenausgangsstoffen allgemein. Als eine entsprechende Maßnahme ist insbesondere die Einrichtung einer europäischen Datenbank vorgesehen, in der Wirtschaftsbeteiligte und Endverwender, die eine Genehmigung bzw. Registrierung vorweisen können, ebenso erfasst werden wie Informationen der Mitgliedstaaten über abgefangene oder sichergestellte Lieferungen von Stoffen, die für eine illegale Verwendung insbesondere für die Herstellung von Suchtstoffen und psychotropen Substanzen, gewöhnlich außerhalb der EU, abgezweigt wurden. Besondere Sorge bereitet die Abzweigung kleiner Mengen von Essigsäureanhydrid zur Herstellung von Heroin.

4.4

Der EWSA würdigt ferner die enge und anhaltende Zusammenarbeit der Kommission und aller an der Umsetzung der geltenden Rechtsvorschriften sowie der darauf folgenden Überprüfung und Konsultation Beteiligten mit den Mitgliedstaaten, Regulierungsbehören, Strafverfolgungsbehörden, Herstellern, Händlern und Endverwendern entsprechend Artikel 12 des UN-Übereinkommens von 1988. Aus dieser Zusammenarbeit gingen eine Reihe zielgerichteter, sachdienlicher, gut dokumentierter und kosteneffizienter Vorschläge hervor, die bei allen direkt Betroffenen eindeutige Unterstützung fanden und von diesen deshalb wahrscheinlich umfassend umgesetzt werden.

4.5

Die Zusammenarbeit hat bereits zu einem erheblichen Rückgang der Mengen von Drogenausgangsstoffen geführt, die innerhalb der EU abgefangen oder sichergestellt wurden. Dies deutet hoffentlich darauf hin, dass die EU nicht länger als leichtes Ziel betrachtet wird. Als besonders wirksam soll sich die freiwillige Überwachung nicht erfasster Stoffe erwiesen haben. Flexibilität ist im Umgang mit diesem innovativen, beständigen und hochprofitablen kriminellen Vorgehen ein wichtiger Faktor. Zumindest in diesem Bereich verfolgen alle dasselbe Ziel. Dies wird von allen Betroffenen uneingeschränkt anerkannt und könnte vielleicht als Beispiel für kosteneffiziente EU-Rechtsvorschriften in anderen Bereichen dienen, die größere Auswirkungen auf Unternehmen, Beschäftigte und Verbraucher haben.

4.6

Die Rechtsvorschrift funktioniert auch deshalb, weil die betroffenen Hersteller, Händler und Endverwender bereits eine Reihe ähnlicher Kontrollen durchlaufen und entsprechende Erfahrungen mit deren Durchführung haben: dies ist beispielsweise der Fall bei radioaktiven Materialien, biologischen Arbeitsstoffen, Chemikalien mit doppeltem Verwendungszweck und Exporten, die nach dem Verfahren der vorherigen Zustimmung nach Inkenntnissetzung erfolgen (PIC-Verfahren). Neue Rechtsvorschriften über Ausgangsstoffe für Explosivstoffe werden demnächst vorgelegt. Dies erfordert jedoch, dass diese Anforderungen im Großen und Ganzen gleich bleiben und dass die Liste der Stoffe, für die eine Registrierung oder Genehmigung erforderlich ist, auf ein Minimum beschränkt bleibt. Der vorliegende Vorschlag wird daher, zumindest im Rahmen seines recht eng gefassten Ziels, die Abzweigung von Essigsäureanhydrid während des legalen Handels innerhalb der EU für die illegale Verwendung weiter einzuschränken, wahrscheinlich seinen Zweck erfüllen. Andere weniger gezielte und aufwendigere Alternativen hätten weniger Aussicht auf Erfolg.

4.7

Der EWSA stimmt mit der Kommission überein, dass dieser Vorschlag nicht die Arbeitsbedingungen in den Unternehmen bzw. die Rechte der Verbraucher insgesamt berührt, außer insoweit, als sie als Einzelpersonen eine Abnahme der Verfügbarkeit von Heroin und damit zusammenhängenden Produkten inner- oder außerhalb Europas unterstützen. Leider lässt sich eine solche Abnahme, wenn sie denn eintritt, schwer erfassen. Der Vorschlag hängt jedoch nicht von einer solchen Kosten-Nutzen-Rechnung ab und sollte deshalb in der vorliegenden Form so rasch wie möglich umgesetzt werden.

4.8

Schließlich möchte der EWSA einen Beitrag zur Förderung von EU-Initiativen in diesem Bereich leisten, und fordert die Kommission deshalb auf, so rasch wie möglich die angekündigten neuen Vorschläge vorzulegen, insbesondere zu psychotropen Substanzen und rein synthetischen Designerdrogen, die die traditionellen Drogen wie Heroin allmählich ersetzen und immer neue Märkte erschließen.

5.   Besondere Bemerkungen

5.1

Der EWSA verweist darauf, dass die Definitionen der Begriffe „Wirtschaftsbeteiligter“ und „Verwender“ möglicherweise nicht klar voneinander abgegrenzt werden können (da alle betroffenen „Wirtschaftsbeteiligten“ zu einem bestimmten Zeitpunkt „einen erfassten Stoff besitzen“). Um die eindeutig notwendige Unterscheidung zwischen beiden zu treffen, ließe sich in den neuen Buchstaben h in Artikel 2 nach „juristische Person“ einfügen: „die kein Wirtschaftsbeteiligter ist, sondern“.

5.2

Auch muss festgelegt werden, dass sich dies konkret auf Verwender bezieht, die innerhalb der EU ansässig und tätig sind. Verkäufe bzw. Lieferungen an Verwender außerhalb der EU unterliegen eigenen Rechtsvorschriften. Um ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten, sollte unter den Mitgliedstaaten auch geklärt werden, wo die Registrierung als Wirtschaftsbeteiligter und Verwender zu erfolgen hat, beispielsweise wo der Wirtschaftsbeteiligte oder Verwender seinen Sitz hat oder wo das Produkt (Essigsäureanhydrid) auf den Markt gebracht wird.

5.3

Die nunmehr auch für Endverwender eingeführte Registrierungspflicht könnte zu kurzfristigen Unterbrechungen des legalen Handels führen. Dem ließe sich weitgehend vorbeugen, indem während der achtzehnmonatigen Übergangsfrist, die Wirtschaftsbeteiligten und Händlern eingeräumt wird, eine aktive Informationspolitik betrieben wird, vorzugsweise auf der Grundlage klarer und angemessen formulierter Leitlinien der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten. Die bereits bestehenden Leitlinien für Wirtschaftsbeteiligte sind hierfür ein ausgezeichnetes Beispiel. Bei der Registrierung sollte über deren Zweck und Nutzen aufgeklärt werden, so dass Endverwender und Wirtschaftsbeteiligte die Möglichkeiten und Risiken der Abzweigung kennen und deshalb besser zu ihrer Minimierung beitragen können. Die zuständigen Behörden sollten bei Endverwendern und Wirtschaftsbeteiligten dieselben Zugangsrechte zu den Geschäftsräumen haben.

5.4

Der EWSA unterstützt den Vorschlag der Kommission, Kleinstunternehmen von jeglicher Pflicht zur Entrichtung von Registrierungsgebühren auszunehmen, da nicht nur der legale Handel weiterhin fortbestehen muss (zum Nutzen der Kleinstunternehmen und ihrer Beschäftigten), sondern auch der Sinn der Kontrollen verstanden und diese so umfassend wie möglich umgesetzt werden müssen. Da die für die illegale Verwendung erforderlichen Mengen relativ gering sind, geraten kleinere Verwender wahrscheinlich eher in eine Situation, dass ihnen ein, aus ihrer Sicht, unwiderstehliches Angebot gemacht wird. Von entscheidender Bedeutung für die Einhaltung der Vorschriften ist daher eine gute Kommunikation in allen relevanten Sprachen, und zwar sowohl in gedruckter als auch in elektronischer Form.

5.5

Der EWSA verweist darauf, dass die Melde- und Informationsvorschriften für nicht erfasste Stoffe freiwilliger Natur sind. Die Mitgliedstaaten haben also die Möglichkeit, nicht die Pflicht, diese Verfahren anzuwenden. Dies ist für den Schutz des Binnenmarkts eindeutig nicht die ideale Lösung, aber möglicherweise immer noch besser, als noch mehr Stoffe auf die Listen der bereits festgelegten prioritären Ausgangsstoffe zu setzen. Alle Betroffenen sollten deshalb die Entwicklungen aufmerksam verfolgen.

5.6

Schließlich begrüßt der EWSA den Vorschlag zur Errichtung einer europäischen Datenbank und spricht sich nachdrücklich für dessen Umsetzung aus, vorausgesetzt, es sind ausreichend Mittel vorhanden damit die Datenbank auf lange Sicht fortlaufend aktualisiert und von allen Beteiligten genutzt werden kann, so dass sie echte Ergebnisse bringt und nicht nur eine Sammlung veralteter oder unvollständiger Daten darstellt. Ebenso wichtig sind Qualität und Quantität der erfassten Daten. Von entscheidender Bedeutung wird dabei weiterhin die Unterstützung der Strafverfolgungsbehörden in den Mitgliedstaaten sein.

5.7

Zugang zu den Daten darf natürlich nur Personen gewährt werden, die sich entschieden und zuverlässig dem legalen Handel mit diesen Stoffen verpflichten – wobei es sich wohl um die in der Datenbank Erfassten selbst handeln dürfte. Die für Wirtschaftsbeteiligte, Händler und Endverwender sowie Mitgliedstaaten geltenden Vorschriften bezüglich der Angaben sollten im Hinblick auf den Binnenmarkt und eine Minimierung der Kosten weitestgehend vereinheitlich werden. Das ursprüngliche Ziel dieses Vorschlags, nämlich die illegale Abzweigung von Drogenausgangsstoffen festzustellen und einzuschränken sowie – dies steht zu hoffen – die Verantwortlichen dingfest zu machen, sollte hierdurch jedoch nicht beeinträchtigt werden.

Brüssel, den 16. Januar 2013

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Staffan NILSSON


(1)  ABl. C 95 vom 23.4.2003, S. 6.

(2)  ABl. L 47 vom 18.2.2004, S. 1.

(3)  COM(2011) 689 final, Stellungnahme des EWSA: ABl. C 229 vom 31.7.2012, S. 85.