11.6.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 172/1


Mitteilung der Kommission — Ausführliche Anleitung für die Erstellung, Prüfung und Vorlage der Berichte über bei klinischen Prüfungen von Humanarzneimitteln auftretende unerwünschte Ereignisse/Nebenwirkungen („CT-3“)

2011/C 172/01

1.   EINLEITUNG

1.1   Rechtsgrundlage

1.

Grundlage dieser ausführlichen Anleitung ist Artikel 18 der Richtlinie 2001/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. April 2001 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung der guten klinischen Praxis bei der Durchführung von klinischen Prüfungen mit Humanarzneimitteln (1) (nachstehend „Richtlinie 2001/20/EG“). Darin heißt es:

„Die Kommission erstellt in Konsultation mit der Agentur, den Mitgliedstaaten und den betroffenen Parteien ausführliche Anleitungen für die Erstellung, Prüfung und Vorlage der Berichte über unerwünschte Ereignisse/Nebenwirkungen sowie für die Dekodierungsmodalitäten bei den schwerwiegenden unerwarteten Nebenwirkungen.“

2.

Gemäß Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 2001/20/EG müssen alle einzelstaatlichen Vorschriften für den Schutz von Teilnehmern an klinischen Prüfungen mit den in der Richtlinie 2001/20/EG genannten Verfahren und Fristen im Einklang stehen, einschließlich der Verfahren und Fristen für die Erstellung, Prüfung und Vorlage von Berichten über durch klinische Prüfungen von Humanarzneimitteln verursachte unerwünschte Ereignisse/Nebenwirkungen. Das vorliegende Papier enthält eine Anleitung hierzu.

3.

Die einzelstaatlichen zuständigen Behörden und Ethik-Kommissionen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) und der Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) (2), Sponsoren und Prüfer sowie Personen, denen Aufgaben und Befugnisse im Zusammenhang mit der Sicherheitsberichterstattung übertragen wurden, sollten bei der Anwendung der Richtlinie 2001/20/EG die vorliegende Anleitung berücksichtigen.

1.2   Geltungsbereich

4.

Diese ausführliche Anleitung behandelt die Erstellung, Prüfung und Vorlage von Berichten über unerwünschte Ereignisse/Nebenwirkungen, die bei in den Geltungsbereich der Richtlinie 2001/20/EG fallenden klinischen Prüfungen auftreten, d. h. bei darin definierten klinischen Prüfungen, die in mindestens einem EU-Mitgliedstaat stattfinden.

5.

Weitere Einzelheiten über den Geltungsbereich der Richtlinie 2001/20/EG sind Abschnitt 1.2. der Ausführlichen Anleitung zum Antrag auf Genehmigung der klinischen Prüfung eines Humanarzneimittels bei den zuständigen Behörden, zur Unterrichtung über signifikante Änderungen und zur Mitteilung über den Abschluss der klinischen Prüfung (3) (im folgenden „ausführliche Anleitung CT-1“) zu entnehmen.

1.3   Definitionen

6.

Die Definitionen in der Richtlinie 2001/20/EG, ihren von der Kommission erlassenen Durchführungsbestimmungen und den einschlägigen Leitfäden der Kommission in ihren aktuellen Fassungen gelten ebenfalls für die vorliegende ausführliche Anleitung.

7.

Für die Begriffe „unerwünschtes Ereignis“, „Nebenwirkung“, „mutmaßlich“, „unerwartet“ und „schwerwiegend“ wird auf die jeweiligen Abschnitte dieser ausführlichen Anleitung verwiesen.

8.

Für die Zwecke dieser ausführlichen Anleitung bezeichnet „der betreffende Mitgliedstaat“ den Mitgliedstaat, in dem die einzelstaatliche Behörde die klinische Prüfung genehmigt hat und die Ethik-Kommission eine befürwortende Stellungahme dazu abgegeben hat.

1.4   Schnittstellen mit anderen Anleitungen

9.

Diese ausführliche Anleitung ist insbesondere in Verbindung mit folgenden Papieren zu lesen:

der ausführlichen Anleitung CT-1 und

den Hinweisen „Note for guidance on clinical safety data management: Definition and standards for expedited reporting“ (4) (im Folgenden „Anleitung ICH E2A“).

10.

Wo zweckdienlich, wird in dieser ausführlichen Anleitung der Inhalt der oben genannten Anleitungen wiedergegeben, um die Anwendung der Regeln für die Meldung unerwünschter Ereignisse zu erleichtern.

2.   SCHNITTSTELLEN MIT DEN PHARMAKOVIGILANZVORSCHRIFTEN

11.

Die Phamakovigilanzvorschriften, die in der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (5) (im Folgenden „Richtlinie 2001/83/EG“) und der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur (im Folgenden „Verordnung (EG) Nr. 726/2004“) (6) festgelegt wurden, gelten nicht für Prüfpräparate („IMP“) und Nicht-Prüfpräparate (7) („Nicht-IMP“). (8)

12.

Folglich

fällt die Sicherheitsberichterstattung entweder in den Geltungsbereich der Richtlinie 2001/20/EG oder unter die Vorschriften der Pharmakovigilanz gemäß der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EG) Nr. 726/2004. Nebenwirkungen können nicht nach beiden Regelungen gemeldet werden; d. h. sowohl nach der Richtlinie 2001/20/EG als auch nach der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 und der Richtlinie 2001/83/EG;

eine Nebenwirkung eines Prüfpräparats oder Nicht-Prüfpräparats, die in einer klinischen Prüfung auftritt, ist nur nach der Richtlinie 2001/20/EG zu melden oder zu verfolgen. Bei der Anwendung dieser Richtlinie sollte die vorliegende ausführliche Anleitung beachtet werden.

13.

Somit werden die Zuständigkeiten der Sponsoren und Prüfer für die Sicherheitsberichterstattung nur durch die Richtlinie 2001/20/EG bestimmt.

3.   ZUSTÄNDIGKEITEN DER PRÜFER UND DER SPONSOREN FÜR DIE ÜBERWACHUNG UND DIE SICHERHEITSBERICHTERSTATTUNG

14.

Die Prüfer haben folgende Zuständigkeiten

Meldung schwerwiegender unerwünschter Ereignisse an den Sponsor (siehe Abschnitt 4);

Meldung bestimmter nicht schwerwiegender unerwünschter Ereignisse und/oder Laboranomalien an den Sponsor (siehe Abschnitt 5).

15.

Die Sponsoren haben folgende Zuständigkeiten

Aufzeichnung unerwünschter Ereignisse (siehe Abschnitt 6);

Meldung mutmaßlicher unerwarteter schwerwiegender Nebenwirkungen („SUSAR“) an die einzelstaatliche zuständige Behörde (sei es direkt oder durch das Eudravigilance-Modul für klinische Prüfungen, siehe Abschnitt 7.4) und die Ethik-Kommission (siehe Abschnitt 8);

Information der Prüfer (siehe Abschnitt 7.10);

jährliche Sicherheitsberichterstattung an die einzelstaatliche zuständige Behörde und die Ethik-Kommission (siehe Abschnitt 8).

16.

Der Prüfer sollte fortlaufend den erwarteten Nutzen und die Risiken der klinischen Prüfung (9) gegeneinander abwägen; dazu gehört auch eine laufende Unbedenklichkeitsbewertung der Prüfpräparate.

17.

Der Prüfer sollte für Systeme und schriftliche Standardarbeitsanweisungen sorgen, damit die nötigen Qualitätsstandards in jeder Phase der Falldokumentation, Datenerhebung, Validierung, Bewertung, Archivierung, Meldung und Weiterverfolgung eingehalten werden.

18.

Spezifische Anleitungen für klinische Prüfungen mit Prüfarzneimitteln für neuartige Therapieverfahren sind in den Ausführlichen Leitlinien zur guten klinischen Praxis für Arzneimittel für neuartige Therapien (10) enthalten.

19.

Die Delegation von Aufgaben entbindet den Prüfer oder Sponsor nicht von der Verantwortung für die Durchführung der klinischen Prüfung nach den geltenden Vorschriften.

4.   MELDUNG SCHWERWIEGENDER UNERWÜNSCHTER EREIGNISSE VOM PRÜFER AN DEN SPONSOR

4.1   Rechtsgrundlage und Zweck

20.

Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 2001/20/EG lautet:

„Der Prüfer erstattet dem Sponsor unverzüglich Bericht über alle schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse, ausgenommen Ereignisse, über die laut Prüfplan oder Prüferinformation nicht unverzüglich berichtet werden muss. Auf die unverzügliche Berichterstattung folgen ausführliche schriftliche Berichte. Bei der unverzüglichen Berichterstattung und in den Folgeberichten sind die Prüfungsteilnehmer mit einer Codenummer zu benennen.“

21.

Zweck dieser Meldepflicht ist es, sicherzustellen, dass der Sponsor über die nötigen Informationen verfügt, um das Nutzen-Risiko-Verhältnis der klinischen Prüfung gemäß Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe a der Richtlinie 2001/20/EG fortlaufend abwägen zu können.

4.2   „Schwerwiegendes unerwünschtes Ereignis

4.2.1   „Unerwünschtes Ereignis

22.

Nach Artikel 2 Buchstabe m der Richtlinie 2001/20/EG ist der Begriff „unerwünschtes Ereignis“ folgendermaßen definiert:

„jedes schädliche Vorkommnis, das einem Patienten oder einem Prüfungsteilnehmer widerfährt, dem ein Arzneimittel verabreicht wurde, und das nicht unbedingt in kausalem Zusammenhang mit dieser Behandlung steht.“

23.

Ein unerwünschtes Ereignis kann daher jedes ungünstige und unbeabsichtigte Anzeichen (wie beispielsweise ein anomaler Laborbefund), Symptom oder jede Krankheit sein, die mit der Verwendung eines Arzneimittels in einem zeitlichen Zusammenhang stehen, ungeachtet dessen, ob sie als mit dem Arzneimittel verbunden betrachtet werden oder nicht (11).

4.2.2   „Schwerwiegendes unerwünschtes Ereignis

24.

Nach Artikel 2 Buchstabe o der Richtlinie 2001/20/EG ist der Begriff „schwerwiegendes unerwünschtes Ereignis“ folgendermaßen definiert:

„unerwünschtes Ereignis oder Nebenwirkung, das bzw. die unabhängig von der Dosis tödlich oder lebensbedrohend ist, eine stationäre Behandlung oder deren Verlängerung erforderlich macht, zu einer bleibenden oder schwerwiegenden Behinderung oder Invalidität führt oder eine kongenitale Anomalie oder einen Geburtsfehler zur Folge hat.“

25.

Diese Merkmale bzw. Folgen sind zum Zeitpunkt des Ereignisses zu betrachten. Mit einem lebensbedrohlichen Ereignis beispielsweise ist ein Ereignis gemeint, bei dem der Proband zum Zeitpunkt des Ereignisses in Lebensgefahr schwebte; nicht gemeint ist ein Ereignis, das hypothetisch zum Tode hätte führen können, wenn es schwerwiegender gewesen wäre.

26.

Manche medizinische Ereignisse können den Proband gefährden oder einen Eingriff erfordern, um die oben genannten Merkmale oder Folgen zu verhindern. Solche Ereignisse (im Folgenden „bedeutsame medizinische Ereignisse“) sollten ebenfalls definitionsgemäß als „schwerwiegend“ betrachtet werden.

27.

Ob ein Ereignis „schwerwiegend“ im Sinne dieser Kriterien ist, sollte medizinisch und wissenschaftlich beurteilt werden. (12)

4.3   Fristen

28.

Der Prüfer erstattet dem Sponsor unverzüglich Bericht über alle schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse, ausgenommen Ereignisse, über die laut Prüfplan oder Prüferinformation nicht unverzüglich berichtet werden muss. (13)

4.3.1   Unverzügliche Meldung und Folgebericht

29.

Die unverzügliche Meldung sollte es dem Sponsor ermöglichen, die geeigneten Maßnahmen zu treffen, um potenziellen neuen Risiken in einer klinischen Prüfung entgegenzuwirken. Daher sollte die unverzügliche Meldung durch den Prüfer binnen einer kurzen Zeitspanne erfolgen, die unter keinen Umständen 24 Stunden nach Bekanntwerden des schwerwiegenden unerwünschten Ereignisses überschreiten darf.

30.

Der Folgebericht sollte es dem Sponsor ermöglichen, zu bestimmen, ob das schwerwiegende unerwünschte Ereignis eine Neubewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses der klinischen Prüfung erfordert, wenn die entsprechenden Informationen nicht schon in der ursprünglichen Meldung enthalten bzw. verfügbar waren.

4.3.2   Nicht unverzügliche Meldung

31.

In Fällen, in denen keine unverzügliche Meldung erforderlich ist (siehe Abschnitt 4.3), berichtet der Prüfer innerhalb eines geeigneten zeitlichen Rahmens, unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Prüfung und des schwerwiegenden unerwünschten Ereignisses sowie etwaiger Hinweise im Prüfplan oder in der Prüferinformation. (14)

4.4   Beginn und Ende der Berichterstattung über schwerwiegende unerwünschte Ereignisse an den Sponsor

32.

Der Prüfer ist dafür verantwortlich, dem Sponsor alle schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse im Zusammenhang mit den von ihm in der klinischen Prüfung behandelten Probanden zu melden. Sobald die Prüfung vorbei ist, braucht der Prüfer die Probanden nicht aktiv auf unerwünschte Ereignisse zu überwachen, sofern im Prüfplan nichts anderes vorgesehen ist. (15)

33.

Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse, die einem Probanden nach Abschluss seiner Behandlung widerfahren, sollten dem Sponsor gemeldet werden, sofern der Prüfer von ihnen Kenntnis erlangt. (16)

5.   MELDUNG NICHT SCHWERWIEGENDER UNERWÜNSCHTER EREIGNISSE UND/ODER LABORANOMALIEN VOM PRÜFER AN DEN SPONSOR

34.

Artikel 16 Absatz 2 der Richtlinie 2001/20/EG lautet:

„Unerwünschte Ereignisse und/oder Laboranomalien, die im Prüfplan für die Unbedenklichkeitsbewertungen als entscheidend bezeichnet werden, sind dem Sponsor gemäß den Berichterstattungsanforderungen innerhalb der im Prüfplan angegebenen Fristen mitzuteilen.“

35.

Zur Definition des Begriffs „unerwünschtes Ereignisse“ siehe Abschnitt 4.2.1.

6.   AUFZEICHNUNGEN DURCH DEN SPONSOR

36.

Artikel 16 Absatz 4 Satz 1 der Richtlinie 2001/20/EG lautet:

„Der Sponsor führt ausführlich Buch über alle unerwünschten Ereignisse, die ihm von den Prüfern mitgeteilt werden.“

7.   MELDUNG MUTMASSLICHER UNERWARTETER SCHWERWIEGENDER NEBENWIRKUNGEN DURCH DEN SPONSOR

7.1   Rechtsgrundlage und Zweck

37.

Artikel 17 Absatz 1 Buchstaben a, b und d der Richtlinie 2001/20/EG lauten:

„Der Sponsor sorgt dafür, dass alle wichtigen Informationen über mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkungen, die zu einem Todesfall geführt haben bzw. führen können, aufgezeichnet und den zuständigen Behörden aller betreffenden Mitgliedstaaten sowie der Ethik-Kommission so rasch wie möglich, auf jeden Fall aber binnen sieben Tagen, nachdem der Sponsor von dem betreffenden Fall Kenntnis erhalten hat, mitgeteilt werden und dass anschließend innerhalb einer erneuten Frist von acht Tagen entsprechende Auskünfte über die weiteren Maßnahmen übermittelt werden.

Alle anderen mutmaßlichen unerwarteten schwerwiegenden Nebenwirkungen werden den betreffenden zuständigen Behörden sowie der betreffenden Ethik-Kommission so rasch wie möglich, auf jeden Fall aber binnen 15 Tagen von dem Zeitpunkt an gerechnet, zu dem der Sponsor zuerst davon Kenntnis erhalten hat, mitgeteilt. […]

Der Sponsor unterrichtet hierüber auch die übrigen Prüfer.“

38.

Artikel 17 Absatz 3 Buchstabe a der Richtlinie 2001/20/EG lautet:

„Jeder Mitgliedstaat trägt dafür Sorge, dass alle mutmaßlichen unerwarteten schwerwiegenden Nebenwirkungen eines Prüfpräparats, die ihm zur Kenntnis gebracht wurden, unverzüglich in eine europäische Datenbank eingegeben werden, auf die entsprechend Artikel 11 Absatz 1 nur die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, die Agentur und die Kommission Zugriff haben.“

39.

Bei der in Artikel 17 der Richtlinie 2001/20/EG genannten „europäischen Datenbank“ handelt es sich um das Eudravigilance-Modul für klinische Prüfungen („EVCTM“) (17).

40.

Zweck der Pflicht zur Meldung an die einzelstaatliche zuständige Behörde (sei es direkt oder indirekt durch das EVCTM, siehe Abschnitt 7.4) ist es, die einzelstaatlichen zuständigen Behörden über die mutmaßlichen unerwarteten schwerwiegenden Nebenwirkungen zu unterrichten und Sicherheitsinformationen über das Sicherheitsprofil eines Prüfpräparats zu erheben. Damit wiederum soll die einzelstaatliche zuständige Behörde die Möglichkeit erhalten,

angesichts der verschiedenen gemeldeten mutmaßlichen unerwarteten schwerwiegenden Nebenwirkungen zu bewerten, ob ein Prüfpräparat ein unbekanntes Risiko für den Probanden darstellt, und

nötigenfalls Maßnahmen zum Schutz der Probanden zu treffen.

41.

Zweck der Pflicht zur Meldung an die Ethik-Kommission (siehe Abschnitt 8) ist es, die Ethik-Kommission über die mutmaßlichen unerwarteten schwerwiegenden Nebenwirkungen zu unterrichten, die im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats aufgetreten sind.

42.

Zweck der Pflicht zur Information des Prüfers (siehe Abschnitt 7.10) ist es, die Prüfer über Sicherheitsprobleme angesichts festgestellter mutmaßlicher unerwarteter schwerwiegender Nebenwirkungen zu unterrichten.

7.2   Mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkung

7.2.1   „Nebenwirkung“ — Kausalität

43.

Nach Artikel 2 Buchstabe n der Richtlinie 2001/20/EG ist der Begriff „Nebenwirkung“ folgendermaßen definiert:

„jede schädliche und unbeabsichtigte Reaktion auf ein Prüfpräparat in jeglicher Dosierung.“

44.

Unter die Definition fallen auch Medikationsfehler und andere als die im Prüfplan vorgesehenen Verwendungen, einschließlich unsachgemäßer und missbräuchlicher Verwendungen des Präparats.

45.

Nach der Definition besteht die begründete Möglichkeit eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Ereignis und dem Prüfpräparat, d. h. es gibt Anhaltspunkte oder Argumente, die einen solchen Kausalzusammenhang nahelegen.

46.

Eine schädliche und unbeabsichtigte Reaktion auf ein Nicht-Prüfpräparat, die nicht durch eine mögliche Wechselwirkung mit einem Prüfpräparat ausgelöst wurde, ist definitionsgemäß keine mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkung (siehe auch Abschnitt 7.6). Zu möglichen Folgemaßnahmen wird auf Abschnitt 7.11.3 verwiesen.

7.2.2   „Schwerwiegende“ Nebenwirkung

47.

Zum Begriff „schwerwiegend“ wird auf Abschnitt 4.2.2 verwiesen.

7.2.3   „Unerwartete“ Nebenwirkung

7.2.3.1   Definition

48.

Nach Artikel 2 Buchstabe p der Richtlinie 2001/20/EG ist der Begriff „unerwartete Nebenwirkung“ folgendermaßen definiert:

„eine unerwünschte Wirkung, die nach Art oder Schweregrad aufgrund der vorliegenden Produktinformation (z. B. Prüferinformation für ein nicht zugelassenes Prüfpräparat oder Merkblatt in der Zusammenfassung der Produkteigenschaften für ein zugelassenes Produkt) nicht zu erwarten ist.“

49.

Der Begriff „Schweregrad“ wird hier verwendet, um die Intensität eines bestimmten Ereignisses zu beschreiben. Er ist vom Begriff „schwerwiegend“ zu unterscheiden. (18)

50.

Meldungen, die signifikante Informationen über die Spezifität, das häufigere Vorkommen oder den Schweregrad einer bekannten, bereits dokumentierten schwerwiegenden Nebenwirkung hinzufügen, stellen unerwartete Ereignisse dar. (19)

7.2.3.2   Referenzinformationen zur Unbedenklichkeit

51.

Ob eine Nebenwirkung zu erwarten ist, wird vom Sponsor in den Referenzinformationen zur Unbedenklichkeit („RSI“) festgestellt. Dies sollte anhand bereits früher beobachteter Ereignisse geschehen, nicht mit Blick darauf, was von den pharmakologischen Eigenschaften eines Arzneimmittels zu erwarten wäre. (20)

52.

Die Referenzinformationen zur Unbedenklichkeit sind in der Fachinformation oder der Prüferinformation enthalten. (21) Das Begleitschreiben, das mit dem Antrag bei der einzelstaatlichen zuständigen Behörde eingereicht wird, sollte auf die Referenzinformationen zur Unbedenklichkeit verweisen. (22)

53.

Sind die Referenzinformationen zur Unbedenklichkeit in den Prüferinformationen enthalten, sollten die Prüferinformationen einen klar gekennzeichneten Abschnitt hierfür umfassen. In diesem Abschnitt sollten Informationen über die Häufigkeit und die Art der Nebenwirkungen aufgeführt werden.

54.

Liegen für das Prüfpräparat Zulassungen in mehreren Mitgliedstaaten mit verschiedenen Fachinformationen vor, sollte der Sponsor die unter Berücksichtigung der Probandensicherheit geeignetste Fachinformation als Referenzinformationen zur Unbedenklichkeit auswählen. (23)

55.

Die Referenzinformationen zur Unbedenklichkeit können sich im Laufe der klinischen Prüfung ändern. Dies in der Regel eine substanzielle Änderung. (24) Für die Zwecke der Meldung mutmaßlicher unerwarteter schwerwiegender Nebenwirkungen ist die Fassung der Referenzinformationen zur Unbedenklichkeit zur Zeit des Auftretens der mutmaßlichen unerwarteten schwerwiegenden Nebenwirkungen zu verwenden. (25) Daher wirkt sich eine Änderung der Referenzinformationen zur Unbedenklichkeit auf die Anzahl der zu meldenden mutmaßlichen unerwarteten schwerwiegenden Nebenwirkungen aus. Für die zu verwendenden Referenzinformationen zur Unbedenklichkeit für die Zwecke des Jahressicherheitsberichts siehe Abschnitt 8.

7.3   Einstufung als schwerwiegend, erwartet oder unerwartet und Bewertung des Kausalzusammenhangs

56.

Der Sponsor ist dafür zuständig, sicherzustellen, dass alle unerwünschten Ereignisse gemeldet werden, die kumulativ

die begründete Möglichkeit eines Kausalzusammenhangs mit einem Prüfpräparat aufweisen (siehe Abschnitt 7.2.1);

„schwerwiegend“ sind (siehe Abschnitt 7.2.2) und

„unerwartet“ sind (siehe Abschnitt 7.2.3).

7.3.1   „Schwerwiegend

57.

Ob ein Ereignis schwerwiegend ist, wird in der Regel vom berichterstattenden Prüfer beurteilt (siehe Abschnitt 4.2.2).

7.3.2   Kausalzusammenhang

58.

Ob die begründete Möglichkeit eines Kausalzusammenhangs besteht, wird in der Regel vom Prüfer beurteilt.

59.

Liegen keine Informationen über einen Kausalzusammenhang vom berichterstattenden Prüfer vor, sollte der Sponsor den berichterstattenden Prüfer konsultieren und ihn um Stellungnahme zu diesem Aspekt bitten. Der Sponsor sollte die Einschätzung des Kausalzusammenhangs durch den Prüfer nicht herabstufen. Ist der Sponsor anderer Meinung über den Kausalzusammenhang als der Prüfer, sollte die Meldung die Stellungnahme sowohl des Prüfers als auch des Sponsors enthalten.

7.3.3   „Erwartet

60.

Ob ein Ereignis zu erwarten ist, wird in der Regel vom Sponsor beurteilt.

61.

Ob eine schwerwiegende Nebenwirkung zu erwarten ist, wird anhand der Referenzinformationen zur Unbedenklichkeit (siehe Abschnitt 7.2.3.2) beurteilt.

62.

Hat der berichterstattende Prüfer Informationen darüber vorgelegt, ob ein Ereignis zu erwarten ist, so sollte der Sponsor dies berücksichtigen.

7.4   Mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkungen, die der einzelstaatlichen zuständigen Behörde gemeldet werden (direkt oder indirekt durch das EVCTM)

7.4.1   Einleitung

63.

Mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkungen sind der einzelstaatlichen zuständigen Behörde des betreffenden Mitgliedstaats zu melden.

64.

Außerdem sind diese Meldungen in das EVCTM einzugeben.

65.

Um in Zukunft die Arbeitsabläufe zu vereinfachen und die doppelte Einspeisung in das EVCTM zu vermeiden, sollte die Meldung aller mutmaßlichen unerwarteten schwerwiegenden Nebenwirkungen an die einzelstaatlichen zuständigen Behörden durch das EVCTM erfolgen. Zu diesem Zweck werden die EVCTM-Kapazitäten derzeit gemäß Abschnitt 9.3 verbessert und seine Funktionen erweitert. Sobald die Funktionen erweitert sind, gilt eine „endgültige Regelung“ (siehe Abschnitt 7.4.3). Bis dahin, d.h. im Übergangszeitraum, gilt eine „Übergangsregelung“ (siehe Abschnitt 7.4.2).

66.

Die Kommission wird öffentlich bekanntgeben, wann die endgültige Regelung gemeinsam von der Kommission, der Europäischen Arzneimittelagentur („Agentur“) und den einzelstaatlichen zuständigen Behörden getroffen worden ist.

67.

Bei der Meldung an die einzelstaatliche zuständige Behörde sind direkte und indirekte Meldungen zu unterscheiden:

„Direkte Meldung“: Der Sponsor meldet die mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkung direkt als Einzelfall-Sicherheitsbericht („ICSR“) an die einzelstaatliche zuständige Behörde des betreffenden Mitgliedstaats (26);

„indirekte Meldung“/„indirekte Meldung durch das EVCTM“: der Sponsor meldet die mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkung als Einzelfall-Sicherheitsbericht durch das EVCTM an die einzelstaatliche zuständige Behörde des betreffenden Mitgliedstaats (27).

7.4.2   Meldepflichtige mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkungen und Meldemodalitäten (Übergangsregelung)

68.

Es gilt folgende Übergangsregelung (siehe Abschnitt 7.4.1) für die Meldung mutmaßlicher unerwarteter schwerwiegender Nebenwirkungen an die einzelstaatliche zuständige Behörde:

7.4.2.1   Meldepflichtige mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkungen (Übergangsregelung)

69.

Der Sponsor einer klinischen Prüfung, die in mindestens einem Mitgliedstaat stattfindet, sollte folgende mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkungen melden:

alle mutmaßlichen unerwarteten schwerwiegenden Nebenwirkungen, die bei dieser klinischen Prüfung auftreten, ungeachtet dessen, ob die mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkung in einer Prüfstelle in einem Mitgliedstaat oder in einem Drittland aufgetreten ist;

alle mutmaßlichen unerwarteten schwerwiegenden Nebenwirkungen im Zusammenhang mit demselben Wirkstoff (ungeachtet seiner Darreichungsform und der geprüften Dosierung oder Indikation) bei einer klinischen Prüfung, die ausschließlich in einem Drittland oder ausschließlich in einem anderen Mitgliedstaat stattfindet, sofern die klinische Prüfung

vom selben Sponsor gefördert wird oder

von einem anderen Sponsor gefördert wird, der entweder zum selben Mutterunternehmen gehört oder der ein Arzneimittel gemeinsam mit diesem anderen Sponsor auf der Grundlage einer förmlichen Vereinbarung entwickelt (28).

7.4.2.2   Meldemodalitäten (Übergangsregelung)

70.

Nach der Übergangsregelung gelten folgende Meldemodalitäten:

a)

Meldung an die einzelstaatliche zuständige Behörde (29):

Die in Abschnitt 7.4.2.1 erster Aufzählungspunkt genannten mutmaßlichen unerwarteten schwerwiegenden Nebenwirkungen werden der einzelstaatlichen zuständigen Behörde jedes Mitgliedstaats gemeldet, in dem die einzelstaatliche zuständige Behörde die klinische Prüfung genehmigt hat;

die in Abschnitt 7.4.2.1 zweiter Aufzählungspunkt genannten mutmaßlichen unerwarteten schwerwiegenden Nebenwirkungen werden der einzelstaatlichen zuständigen Behörde jedes Mitgliedstaats gemeldet, in dem die einzelstaatliche zuständige Behörde die in der EU durchgeführte klinische Prüfung genehmigt hat.

71.

Die Die Pflicht zur Meldung mutmaßlicher unerwartete schwerwiegender Nebenwirkungen an die einzelstaatliche zuständige Behörde beginnt mit der Genehmigung der klinischen Prüfung durch diese Behörde (30). Sie endet mit dem Abschluss der Behandlung aller Probanden, die in diesem Mitgliedstaat an der Prüfung teilnehmen.

b)

Einspeisung in das EVCTM:

72.

Der Mitgliedstaat, in dem die mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkung aufgetreten ist, sorgt dafür, dass die seinem Mitgliedstaat gemeldeten mutmaßlichen unerwarteten schwerwiegenden Nebenwirkungen gemäß diesem Abschnitt in das EVCTM eingegeben werden. Zu diesem Zweck kann der Mitgliedstaat:

vorsehen, dass die einzelstaatliche zuständige Behörde die Einspeisung in das EVCTM vornimmt;

indirekte Meldungen vorsehen; oder

es dem Sponsor überlassen, sich für direkte oder indirekte Meldung zu entscheiden. Wählt der Sponsor die direkte Meldung, ist in diesem Fall sicherzustellen, dass die Eingabe in das EVCTM von der einzelstaatlichen zuständigen Behörde vorgenommen wird.

73.

Ist die mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkung in einem Drittland aufgetreten, und wird die klinische Prüfung auch in der EU durchgeführt, so sollte der Sponsor die Meldung indirekt durch das EVCTM senden oder einen Mitgliedstaat auswählen, in dem die einzelstaatliche zuständige Behörde die Eingabe in das EVCTM vornimmt und in dem die einzelstaatliche zuständige Behörde die klinische Prüfung genehmigt hat.

74.

Wird die klinische Prüfung ausschließlich in einem Drittland durchgeführt und wird die mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkung der einzelstaatlichen zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats gemeldet (siehe Abschnitt 7.4.2.1, zweiter Aufzählungspunkt), so sollte der Sponsor seine Meldung indirekt durch das EVCTM senden oder irgendeinen Mitgliedstaat auswählen, in dem die einzelstaatliche zuständige Behörde die Eingabe in das EVCTM vornimmt und in dem einzelstaatliche zuständige Behörde die in der EU durchgeführte klinische Prüfung genehmigt hat.

75.

Mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkungen, die nach Prüfungsende (31) festgestellt werden, sollten ebenfalls gemeldet werden. Dies sollte durch indirekte Meldung durch das EVCTM erfolgen.

7.4.3   Meldepflichtige mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkungen und Meldemodalitäten (endgültige Regelung)

76.

Für die Meldung mutmaßlicher unerwarteter schwerwiegender Nebenwirkungen gilt folgende endgültige Regelung (siehe Abschnitt 7.4.1):

7.4.3.1   Meldepflichtige mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkungen (endgültige Regelung)

77.

Der Sponsor einer klinischen Prüfung, die in mindestens einem Mitgliedstaat stattfindet, sollte folgende mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkungen melden:

alle mutmaßlichen unerwarteten schwerwiegenden Nebenwirkungen, die bei dieser klinischen Prüfung auftreten, ungeachtet dessen, ob sie in einer Prüfstelle in einem Mitgliedstaat oder in einem Drittland auftreten, und

alle mutmaßlichen unerwarteten schwerwiegenden Nebenwirkungen im Zusammenhang mit demselben Wirkstoff (ungeachtet der Darreichungsform und der geprüften Dosierung oder Indikation) bei einer klinischen Prüfung, die ausschließlich in einem Drittland stattfindet, sofern diese klinische Prüfung

vom selben Sponsor gefördert wird oder

von einem anderen Sponsor gefördert wird, der entweder zum selben Mutterunternehmen gehört oder der ein Arzneimittel gemeinsam mit diesem anderen Sponsor auf der Grundlage einer förmlichen Vereinbarung entwickelt (32).

7.4.3.2   Meldemodalitäten (endgültige Regelung)

78.

Meldepflichtige mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkungen gemäß Abschnitt 7.4.3.1 werden den einzelstaatlichen zuständigen Behörden aller betreffenden Mitgliedstataen durch das EVCTM gemeldet.

79.

Es kann vorkommen, dass Sponsoren nicht über ausreichende Mittel und Erfahrungen für indirekte Meldungen verfügen. Daher kann der Sponsor

die direkte Meldung verwenden, sofern diese Möglichkeit in einem Mitgliedstaat besteht, in dem die mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkung zu melden ist;

einer anderen Person die indirekte Meldung übertragen. Ist beispielsweise ein Geschäftspartner (z.B. der Zulassungsinhaber des Prüfpräparats) beteiligt, kann diesem die indirekte Meldung übertragen werden. (33)

80.

Mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkungen, die nach Prüfungsende (34) festgestellt werden, sollten ebenfalls gemeldet werden. Dies sollte durch indirekte Meldung durch das EVCTM erfolgen.

7.5   Meldung mutmaßlicher unerwarteter schwerwiegender Nebenwirkungen an die Ethik-Kommission

81.

Ethik-Kommissionen haben keinen Zugriff auf das EVCTM (35).

82.

Die Sponsoren sollten der Ethik-Kommission mittels der „einzigen Stellungnahme“ gemäß Artikel 7 der Richtlinie 2001/20/EG alle mutmaßlichen unerwarteten schwerwiegenden Nebenwirkungen, die in der betreffenden klinischen Prüfung auftreten, melden, wenn die mutmaßlichen unerwarteten schwerwiegenden Nebenwirkungen im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats aufgetreten sind.

83.

Es wird empfohlen, dass die Ethik-Kommission und die einzelstaatliche zuständige Behörde in Fragen der Probandensicherheit erforderlichenfalls eng zusammenarbeiten.

7.6    Nicht als mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkungen meldepflichtige Nebenwirkungen

84.

Die Abschnitte 7.4 und 7.5 enthalten eine erschöpfende Liste der meldepflichtigen mutmaßlichen unerwarteten schwerwiegenden Nebenwirkungen. Der Sponsor braucht insbesondere folgende Nebenwirkungen nicht als mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkungen zu melden:

Nebenwirkungen, die nicht mit einem Prüfpräparat, sondern einem anderen Präparat verbunden sind, das dem Probanden verabreicht wurde, und bei dem auch keine Wechselwirkung mit dem Prüfpräparat vorliegt (siehe Abschnitt 7.2.1);

mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkungen, die bei einer (ganz oder teilweise) in der EU durchgeführten klinischen Prüfung auftreten, deren Sponsor er nicht ist. Von diesen mutmaßlichen unerwarteten schwerwiegenden Nebenwirkungen kann der Sponsor durch Einzelberichte, Veröffentlichungen (wie wissenschaftliche Literatur) oder Regelungsbehörden Kenntnis erlangen; (36)

Nebenwirkungen, die in einem Drittland außerhalb einer klinischen Prüfung im Zusammenhang mit einem Arzneimittel auftreten, das dort vermarktet wird, das aber in der EU ausschließlich als Prüfpraparat verwendet wird.

85.

Diese Fälle werden statt dessen durch die Meldung anderer als mutmaßlicher unerwarteter schwerwiegender Nebenwirkungen sowie durch Folgemaßnahmen behandelt (siehe Abschnitte 7.11.3 und 7.11.4).

86.

Die Pharmakovigilanzvorschriften bleiben in diesen Fällen unberührt (siehe Abschnitt 2).

7.7   Fristen für die Meldung relevanter Informationen über tödliche oder lebensbedrohliche mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkungen

7.7.1   Meldung „relevanter Informationen“

87.

Der Sponsor muss alle „relevanten“ Informationen melden, d. h. die Informationen, die notwendig sind, um

zu überprüfen, ob der erwartete therapeutische und gesundheitliche Nutzen weiterhin die voraussichtlichen Risiken rechtfertigt, und

die Meldung verwaltungstechnisch zu verarbeiten.

88.

Welche Informationen relevant sind oder nicht, sollte medizinisch und wissenschaftlich beurteilt werden.

89.

Als „relevant“ sind vor allem neue verwaltungstechnische Informationen zu betrachten, die sich auf das Fallmanagement auswirken könnten. Ein Beispiel sind Informationen, die dazu beitragen können, mögliche Dopplungen zu erkennen (z. B. wenn der Sponsor Kenntnis über neue Fallidentifikatoren erhält, die bereits bei früheren Übertragungen verwendet wurden).

90.

Es kann sich nach der ursprünglichen Meldung herausstellen, dass es sich nicht um eine mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkung handelt, beispielsweise, weil kein Kausalzusammenhang vorliegt, die Nebenwirkung nicht schwerwiegend ist oder zu erwarten war (im Folgenden als „Herabstufung“ bezeichnet). Herabstufungen sollten als relevante Informationen betrachtet werden.

91.

Beispiele für nicht relevante Informationen sind geringfügige Änderungen von Daten oder Berichtigungen von Schreibfehlern in der vorherigen Fallversion.

7.7.2   Fristen, Beginn der Laufzeit

92.

Bei der Anwendung der Bestimmungen für die fristgerechte Meldung relevanter Informationen sollte Folgendes gelten:

93.

Die Frist für die beschleunigte Erstmeldung (Tag 0 = Di 0) beginnt, sobald die Informationen, die die Mindestmeldekriterien enthalten, beim Sponsor eingegangen sind. (37)

94.

Bei tödlichen und lebensbedrohlichen mutmaßlichen unerwarteten schwerwiegenden Nebenwirkungen sollte der Sponsor wenigstens die Mindestinformationen so rasch wie möglich und keinesfalls später als sieben Tage nach Kenntnisnahme melden.

95.

Ist die Erstmeldung unvollständig, wenn der Sponsor beispielsweise nicht alle Informationen/Bewertungen binnen sieben Tagen vorgelegt hat, muss der Sponsor innerhalb von weiteren acht Tagen einen vollständigen Bericht auf der Grundlage der ursprünglichen Informationen vorlegen. In diesem Fall sollte das Eingangsdatum in Bezug auf die Erstmeldung nicht geändert werden. (38)

96.

Erhält der Sponsor signifikante neue Informationen über einen bereits gemeldeten Fall, wird die Frist wieder auf Tag 0 gesetzt, d. h. auf das Datum des Eingangs der neuen Informationen. Diese Informationen sollten binnen 15 Tagen als Folgebericht gemeldet werden. (39)

97.

Zu den Mindestinformationen gehört wenigstens alles Folgende:

(ggf.) gültige EudraCT-Nummer (40),

Studiennummer des Sponsors (41),

ein identifizierbarer kodierter Proband (42),

ein identifizierbarer Berichterstatter (43),

eine mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkung (44),

ein verdächtiges Prüfpräparat (einschließlich des Kodes der Wirkstoffbezeichnung) (45),

eine Bewertung des Kausalzusammenhangs (46).

98.

Zur ordnungsgemäßen elektronischen Übermittlung der Meldung sollten außerdem folgende verwaltungstechnische Informationen vorgelegt werden:

die eindeutige Identifikation des (Fall-) Sicherheitsberichts des Senders (47),

das Eingangsdatum der Erstmeldung seitens der primären Quelle (48),

das Eingangsdatum der jüngsten Informationen (49),

die weltweite Einzelfall-Identifikationsnummer (50),

die Senderidentifikation (51).

99.

Zu Format und Gliederung der Informationen siehe Abschnitt 7.9.

7.8   Fristen für nicht tödliche und nicht lebensbedrohliche mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkungen

100.

Mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkungen, die nicht tödlich und nicht lebensbedrohlich sind, müssen binnen 15 Tagen gemeldet werden.

101.

Es kann vorkommen, dass sich eine mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkung als tödlich oder lebensbedrohlich erweist, obwohl sie ursprünglich nicht als solche betrachtet wurde. Die nicht tödliche oder nicht lebensbedrohliche mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkung sollte so rasch wie möglich, mindestens aber binnen 15 Tagen, gemeldet werden. Der Folgebericht über eine tödliche oder lebensbedrohliche mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkung sollte so rasch wie möglich, mindestens aber binnen sieben Tagen nach Bekanntwerden der tödlichen oder lebensbedrohlichen Reaktion erstellt werden. Zum Folgebericht siehe Abschnitt 7.7.2.

102.

In Fällen, in denen sich eine mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkung als tödlich oder lebensbedrohlich erweist, obwohl sie ursprünglich nicht als solche betrachtet wurde, und noch keine Erstmeldung erfolgt ist, sollte der Folgebericht mit der Erstmeldung verbunden werden.

7.9   Format der Meldung

7.9.1   Indirekte Meldung

103.

Zu den Einzelheiten der indirekten Meldung eines Einzelfallsicherheitsberichts („ICSR“) durch das EVCTM wird auf folgende Papiere verwiesen:

die aktuelle Fassssung der Anleitung ICH E2B „Clinical Safety Data Management: Data Elements for Transmission of Individual Case Safety Reports“ (im Folgenden „ICH E2B(R2)“) (52) und

die aktuelle Fassung der Anleitung „Note for guidance Eudravigilance human — processing of safety messages and individual case safety reports (ICSR)“ (53).

104.

Zu betonen ist Folgendes:

Vor dem Ausfüllen des Antragsvordrucks für klinische Prüfungen (54) sollte der Sponsor Informationen über das Prüfpräparat aus dem EudraVigilance Medicinal Product Dictionary („EVMPD“) vorlegen (55), (56);

die Daten in den Freitext-Feldern sollten in englischer Sprache eingegeben werden;

EVCTM nimmt nur Meldungen an, die den Validierungsregeln (57) entsprechen;

die Daten in den kodierten Feldern sollten international vereinbarte Terminologie, Formate und Standards für die Durchführung der Pharmakovigilanz enthalten.

105.

Dürfen Initialen oder Namen von Personen, die dem Sender bekannt sind, aufgrund von Datenschutzbestimmungen nicht gemeldet werden, so sollte dies in der Meldung deutlich angegeben werden (58).

7.9.2   Direkte Meldung

106.

Die Informationen sollten genauso gegliedert werden wie bei der indirekten Meldung, damit die einzelstaatliche zuständige Behörde die Daten in das EVCTM eingeben kann.

107.

Dies sollte auch während der in Abschnitt 7.4.2. genannten Übergangsregelung gelten.

7.10   Information des Prüfers

108.

Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe d der Richtlinie 2001/20/EG lautet: „Der Sponsor unterrichtet hierüber auch die übrigen Prüfer.“

109.

Die Informationen sollten kurz und präzise sowie praktisch sein. Daher sollten die Informationen über mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkungen, soweit machbar, im Line-listing mutmaßlicher unerwarteter schwerwiegender Nebenwirkungen in Zeiträumen angegeben werden, die der Art des Forschungsprojekts bzw. des klinischen Entwicklungsprojekts und dem Umfang der aufgetretenen mutmaßlichen unerwarteten schwerwiegenden Nebenwirkungen entsprechen. Diesem Line-listing sollte eine kurze präzise Zusammenfassung des daraus hervorgehenden Sicherheitsprofils des Prüfpräparats beigefügt werden.

110.

Zur verblindeten Behandlungszuweisung siehe Abschnitt 7.11.1.

7.11   Sonstiges

7.11.1   Entblindete Behandlungszuweisung  (59)

111.

Als allgemeine Regel sollte der Sponsor nur mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkungen, bei denen die Behandlungszuweisung des Probanden entblindet ist, an die einzelstaatliche zuständige Behörde (sei es direkt oder indirekt durch das EVCTM, siehe Abschnitt 7.4) sowie an die Ethik-Kommission (siehe Abschnitt 7.5) melden.

112.

Prüfer (siehe Abschnitt 7.10) sollten nur verblindete Informationen erhalten, sofern nicht aus Sicherheitsgründen entblindete Informationen als notwendig erachtet werden (60).

113.

Der Prüfer sollte im Laufe einer klinischen Prüfung die Behandlungszuweisung nur dann entblinden, wenn dies für die Sicherheit des Probanden relevant ist.

114.

Wenn ein Ereignis eine mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkung darstellen könnte, sollte der Sponsor nur für den jeweiligen Probanden eine Entblindung vornehmen. Bei den die für die Durchführung der Studie Verantwortlichen (Verwaltung, Aufsicht, Prüfer) und den für Datenanalyse und Ergebnisauswertung bei Studienabschluss Verantwortlichen, wie Biometrie-Personal, sollte die Verblindung beibehalten werden. Auf unverblindete Informationen sollten nur diejenigen Zugriff haben, die an der Sicherheitsberichterstattung an die einzelstaatlichen zuständigen Behörden (sei es direkt oder indirekt durch das EVCTM), Ethik-Kommission und Überwachungsstellen für Datensicherheit („DSMB“) (61) mitwirken müssen, oder Personen, die während der Prüfung laufende Unbedenklichkeitsbewertungen durchführen.

115.

Im Falle von Prüfungen bei Erkrankungen mit hoher Morbidität oder hoher Mortalität, deren Wirksamkeits-Endpunkte auch mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkungen sein könnten, oder wenn Mortalität oder ein anderes „schwerwiegendes“ Ergebnis (das möglicherweise als mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkung gemeldet werden könnte) den Wirksamkeits-Endpunkt in der klinischen Prüfung darstellt, kann jedoch die Integrität der klinischen Prüfung gefährdet werden, wenn systematisch eine Entblindung vorgenommen wird. Unter diesen und ähnlichen Umständen sollte der Sponsor im Zulassungsverfahren eine Vereinbarung darüber treffen, welche schwerwiegenden Ereignisse als krankheitsbedingt gelten und nicht einer systematischen Entblindung sowie der Pflicht zur beschleunigten Meldung unterliegen. (62)

116.

Bei solchen Prüfungen wird den Sponsoren nachdrücklich geraten, eine unabhängige DSMB zu ernennen, die regelmäßig Sicherheitsdaten der laufenden Prüfung überprüft und nötigenfalls den Sponsor darüber berät, ob er die Prüfung fortsetzen, verändern oder beenden sollte. Die Zusammensetzung und Arbeitsweise der DSMB sollte im Prüfplan beschrieben werden.

117.

In allen Fällen gelten nach der Entblindung die Meldebestimmungen für mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkungen (siehe oben), wenn sich erweist, dass es sich um eine mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkung handelt (beispielsweise hinsichtlich der Unerwartetheit). Zu Fällen, in denen die mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkung erst nach Prüfungsende deutlich wird, wird auf Abschnitt 7.4. verwiesen.

7.11.2   Mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkungen im Zusammenhang mit einem aktiven Komparator oder einem Placebo

118.

Komparatoren und Placebos sind Prüfpräparate (63). Daher gelten für mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkungen im Zusammenhang mit einem Komparatorprodukt die gleichen Meldevorschriften wie für das Prüfpräparat selbst. Ereignisse im Zusammenhang mit einem Placebo erfüllen in der Regel nicht die Kriterien für eine mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkung und damit für eine beschleunigte Meldung. Wird jedoch eine mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkungen mit einem Placebo in Zusammenhang gebracht (z. B. eine Reaktion auf einen Hilfsstoff oder eine Unreinheit), sollte der Sponsor solche Fälle melden. (64)

7.11.3   Nebenwirkungen im Zusammenhang mit Nicht-Prüfpräparaten

119.

Eine schwerwiegende Nebenwirkung im Zusammenhang mit einem Nicht-Prüfpräparat gilt nicht als mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkung und ist nicht als solche zu melden (siehe Abschnitt 7.2.1).

120.

Zwar gelten die rechtlichen Verpflichtungen der Pharmakovigilanzvorschriften gemäß der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (siehe Abschnitt 2) nicht für Nebenwirkungen von Prüfpräparaten oder Nicht-Prüfpräparaten in Fällen, in denen das Nicht-Prüfpräparat ein zugelassenes Arzneimittel ist, dennoch sind Prüfer und Sponsoren gehalten, den einzelstaatlichen zuständigen Behörden oder dem Zulassungsinhaber mutmaßliche Nebenwirkungen des Nicht-Prüfpraparats zu melden.

7.11.4   Sicherheitsfragen, die nicht unter die Definition mutmaßlicher unerwarteter schwerwiegender Nebenwirkungen fallen — sonstige Maßnahmen

121.

Bei einer klinischen Prüfung können Ereignisse vorkommen, die nicht unter die Definition mutmaßlicher unerwarteter schwerwiegender Nebenwirkung fallen und daher nicht den Meldevorschriften für diese unterliegen, obwohl sie unter Aspekten der Probandensicherheit relevant sein können. Als Beispiele (65) hierfür seien folgende genannt:

neue Ereignisse im Zusammenhang mit der Durchführung einer Prüfung oder der Entwicklung eines Prüfpräparats, die wahrscheinlich die Probandensicherheit beeinträchtigen, wie

ein schwerwiegendes unerwünschtes Ereignis, das mit dem Prüfverfahren zusammenhängen und die Durchführung der Prüfung verändern könnte;

eine bedeutende Gefahr für die Probanden, wie fehlende Wirksamkeit eines Prüfpräparats, das zur Behandlung einer lebensbedrohlichen Erkrankung eingesetzt wird;

ein wichtiger Sicherheitsbefund aus einem jüngst abgeschlossenen Tierversuch (wie Karzinogenität);

eine vorläufige Einstellung der Prüfung aus Sicherheitsgründen, wenn der Sponsor die Prüfung mit den gleichen Prüfarzneimitteln in einem anderen Land durchführt,

ggf. Empfehlungen der DSMB, sofern sie für die Probandensicherheit relevant sind;

bei Prüfarzneimitteln für neuartige Therapieverfahren relevante Sicherheitsinformationen über die Beschaffung oder den Spender.

122.

Diese Ereignisse/Feststellungen sind nicht als mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkungen zu melden, könnten aber andere Maßnahmen erfordern, wie

dringende Sicherheitsmaßnahmen und ihre Meldung (Artikel 10 Buchstabe b der Richtlinie 2001/20/EG, siehe auch Abschnitt 3.9. der ausführlichen Anleitung CT-1),

substanzielle Änderungen (Artikel 10 Buchstabe a der Richtlinie 2001/20/EG; siehe auch Abschnitt 3.7. der ausführlichen Anleitung CT-1) oder

eine vorzeitige Beendigung der Prüfung (Artikel 10 Buchstabe c der Richtlinie 2001/20/EG; siehe auch Abschnitt 4.2.2. der ausführlichen Anleitung CT-1).

123.

Außerdem wird empfohlen, dass der Sponsor die einzelstaatliche zuständige Behörde und die Ethik-Kommission über Sicherheitsfragen informiert, die die aktuelle Nutzen-Risiko-Bewertung eines Prüfpräparats substanziell ändern könnten, aber nicht zu den oben aufgeführten gehören.

8.   JÄHRLICHE SICHERHEITSBERICHTE DES SPONSORS AN DIE EINZELSTAATLICHE ZUSTÄNDIGE BEHÖRDE UND DIE ETHIK-KOMMISSION

124.

Artikel 17 Absatz 2 der Richtlinie 2001/20/EG lautet:

„Einmal jährlich während der gesamten Dauer der klinischen Prüfung legt der Sponsor den Mitgliedstaaten, in deren Hoheitsgebiet die klinische Prüfung durchgeführt wird, und der Ethik-Kommission eine Liste mit allen mutmaßlichen schwerwiegenden Nebenwirkungen vor, die während der gesamten Prüfungsdauer aufgetreten sind, sowie einen Bericht über die Sicherheit der Prüfungsteilnehmer.“

125.

Der Bericht wird der einzelstaatlichen zuständigen Behörde und der Ethik-Kommission des betreffenden Mitgliedstaats übermittelt.

126.

Der Bericht sollte der einzelstaatlichen zuständigen Behörde und der Ethik-Kommission nur dann vorgelegt werden, wenn die Behandlung der Probanden in dem betreffenden Mitgliedstaat noch andauert. (66)

127.

Zu Einzelheiten über die jährliche Sicherheitsberichterstattung, einschließlich der Bestimmungen für die Entblindung, wird verwiesen auf die Anleitung ICH Topic E2F — Development Safety Update Report  (67) („DSUR“, im Folgenden „Anleitung ICH E2F“). Die Internationale Konferenz zur Angleichung der technischen Anforderungen an die Zulassung von Humanarzneimitteln (International Conference on Harmonisation of Technical Requirements for Registration of Pharmaceuticals for Human Use — ICH) hat „Muster-DSUR“ veröffentlicht. Diese „Muster-DSUR“ berücksichtigen den unterschiedlichen Kenntnisstand über ein Arzneimittel, je nachdem, ob der Sponsor Inhaber einer Zulassung ist oder nicht. (68)

128.

Der Bericht sollte als Anhang die Referenzinformationen zur Unbedenklichkeit enthalten, die zu Beginn des Berichtszeitraums galten (siehe Abschnitt 7.2.3.2; siehe auch Abschnitte 2.6. und 3.20 der Anleitung ICH E2F).

129.

Die zu Beginn des Berichtszeitraums geltenden Referenzinformationen zur Unbedenklichkeit dienen während des gesamten Berichtszeitraums als Referenzinformationen zur Unbedenklichkeit (69).

130.

Wurden die Referenzinformationen zur Unbedenklichkeit während des Berichtszeitraums signifikant geändert, so sollten diese Änderungen im jährlichen Sicherheitsbericht aufgeführt werden. (70), (71) Außerdem sollten in diesem Fall die geänderten Referenzinformationen zur Unbedenklichkeit als Anhang zum Bericht vorgelegt werden (72), zusätzlich zu den zu Beginn des Berichtszeitraums geltenden Referenzinformationen zur Unbedenklichkeit (siehe oben). Trotz der Änderung der Referenzinformationen zur Unbedenklichkeit dienen die zu Beginn des Berichtszeitraums geltenden Referenzinformationen zur Unbedenklichkeit für den gesamten Berichtszeitraum als Referenzinformationen zur Unbedenklichkeit. (73)

9.   FUNKTIONEN DES EVCTM

9.1   Einleitung

131.

EVCTM dient folgenden Zwecken:

der Übersicht über die mutmaßlichen unerwarteten schwerwiegenden Nebenwirkungen, die für die Überwachung klinischer Prüfungen in der EU insgesamt und in jedem einzelnen Mitgliedstaat relevant sind;

der Erleichterung der Berichterstattung an die einzelstaatlichen zuständigen Behörden durch indirekte Meldungen, insbesondere im Falle multinationaler Prüfungen;

der Erleichterung der Mitteilung mutmaßlicher unerwarteter schwerwiegender Nebenwirkungen zwischen einzelstaatlichen zuständigen Behörden, der Kommission und der Agentur.

132.

Auf die im EVCTM gespeicherten Daten haben nur die einzelstaatlichen zuständigen Behörden, die Agentur und die Kommission Zugriff. (74)

133.

Das EVCTM basiert auf Picklisten, Dropdown-Menüs und Wörterbüchern oder automatisch generierten Kodes oder Texten. Zwar werden nicht alle Wörterbücher in allen Amtssprachen zur Verfügung stehen; anfangs werden sie möglicherweise nur in englischer Sprache vorliegen. Übersetzungen der Wörterbücher werden nur dann benutzt, wenn die Verfasser der Wörterbücher vollständige und aktuelle Fassungen vorlegen.

9.2   Grundfunktionen

134.

Die Grundfunktionen des EVCTM ermöglichen Folgendes:

indirekte Meldungen auf der Grundlage der aktuellen Fassung international vereinbarter Formate;

Erzeugung spezifischer Meldungen, die statistische Verfahren der Signalerkennung mit der Option des primären Filterns nach Herkunftsland, Meldungsart, Arzneimittelbeschreibung, Nummer der europäischen Datenbank für klinische Prüfungen EudraCT (EudraCT-Nummer), Senderorganisationen (einzelstaatliche zuständige Behörden, Sponsoren) und Meldedatum umfassen;

Abfrage der

Anzahl der mutmaßlichen unerwarteten schwerwiegenden Nebenwirkungen, die für eines bzw. mehrere ausgewählte Prüfpräparate oder einen bzw. mehrere ausgewählte Wirkstoffe gemeldet wurden;

Anzahl der mutmaßlichen unerwarteten schwerwiegenden Nebenwirkungen, die je Altersgruppe oder Indikation (falls angegeben) für eines bzw. mehrere ausgewählte Prüfpräparate oder einen bzw. mehrere ausgewählte Wirkstoffe gemeldet wurden;

Anzahl der mutmaßlichen unerwarteten schwerwiegenden Nebenwirkungen, die für eine ausgewählte klinische Prüfung anhand einer oder mehrerer EudraCT-Nummern ausgewählt wurden;

Line-listings für Einzelfälle von Reaktionen, die auf einer beliebigen MedDRA-Ebene für eines bzw. mehrere ausgewählte Arzneimittel oder einen bzw. mehrere ausgewählte Wirkstoffe zusammengefasst wurden;

Überwachungsberichte für statische Reaktionen auf eines bzw. mehrere ausgewählte Arzneimittel oder einen bzw. mehrere ausgewählte Wirkstoffe.

9.3   Erweiterte Funktionen

135.

Nach der Übergangsregelung (Abschnitt 7.4.1) wird das EVCTM in Verbindung mit EudraCT über erweiterte Funktionen verfügen, mittels derer die einzelstaatlichen zuständigen Behörden Folgendes erhalten können:

regelmäßige Meldungen über neue mutmaßliche unerwartete schwerwiegende Nebenwirkungen für alle relevanten Prüfarzneimittel bzw. klinischen Prüfungen;

Warnungen vor mutmaßlichen unerwarteten schwerwiegenden Nebenwirkungen, die für die Mitgliedstaaten relevant sind hinsichtlich bestimmter Arten von Reaktionen, Prüfungen oder Populationen oder Prüfpräparate von Interesse und

Meldungen, die auf einer Reihe von Feldern in ICH E2B und EudraCT beruhen.

136.

Einzelheiten der technischen Anforderungen sowie ein Plan zur Einführung der erweiterten Funktionen werden getrennt veröffentlicht.


(1)  ABl. L 121 vom 1.5.2001, S. 34.

(2)  Für die Zwecke dieser Anleitung sind Verweise auf die EU, EU-Mitgliedstaaten oder Mitgliedstaaten so zu verstehen, dass der EWR oder die Vertragsstaaten des EWR mit eingeschlossen sind, sofern nicht anders angegeben.

(3)  ABl. C 82 vom 30.3.2010, S. 1.

(4)  CPMP/ICH/377/95 (http://www.ema.europa.eu/pdfs/human/ich/037795en.pdf).

(5)  ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 67.

(6)  ABl. L 136 vom 30.4.2004, S. 1.

(7)  Zur Erläuterung dieser Begriffe siehe Guidance on Investigational Medicinal Products (IMPs) and Non-Investigational Medicinal Products (NIMPs) (http://ec.europa.eu/health/documents/eudralex/vol-10/index_en.htm).

(8)  Artikel 3 Absatz 3 der Richtlinie 2001/83/EG, siehe auch Artikel 107 Absatz 1 Unterabsatz 3 der Richtlinie 2001/83/EG, geändert durch die Richtlinie 2010/84/EU vom 15. Dezember 2010.

(9)  ICH E6 Abschnitt 2.2. — Gute klinische Praxis.

(10)  EudraLex, Band 10.

(11)  Anleitung ICH E2A Abschnitt 2.A.1.

(12)  Beispiele siehe Anleitung ICH E2A Abschnitt 2.B.

(13)  Siehe auch Abschnitte 2.5. und 2.6. der ausführlichen Anleitung CT-1.

(14)  Vgl. Fußnote 13.

(15)  Über Arzneimittel für neuartige Therapieverfahren gibt es eigene Bestimmungen in Abschnitt 8 der Ausführlichen Leitlinien zur guten klinischen Praxis für Arzneimittel für neuartige Therapien (http://ec.europa.eu/health/documents/eudralex/vol-10/index_en.htm).

(16)  Siehe Abschnitt 3.E.3 der Anleitung ICH E2A.

(17)  http://eudravigilance.ema.europa.eu/human/index02.asp

(18)  Beispiele siehe Abschnitt 2.B. der Anleitung ICH E2A.

(19)  Beispiele siehe Abschnitt 2.C.2. der Anleitung ICH E2A.

(20)  Siehe Abschnitt 2.C. der Anleitung ICH E2A.

(21)  Einzelheiten siehe Abschnitt 2.6. der ausführlichen Anleitung CT-1.

(22)  Einzelheiten siehe Abschnitt 2.3. der ausführlichen Anleitung CT-1.

(23)  Vgl. Fußnote 21.

(24)  Einzelheiten siehe Abschnitte 3.3. und 3.4. der ausführlichen Anleitung CT-1.

(25)  Vgl. Fußnote 21.

(26)  Einzelheiten dazu, welcher der „betreffende“ Mitgliedstaat ist, siehe unten.

(27)  Vgl. Fußnote 26.

(28)  Die Lieferung des Prüfpräparats oder von Informationen über Sicherheitsfragen an einen potenziellen künftigen Zulassungsinhaber sollten nicht als gemeinsame Entwicklung betrachtet werden.

(29)  Eine Liste von Adressen und Datenbanken für die einzelstaatlichen zuständigen Behörden ist abrufbar von http://ec.europa.eu/health/human-use/clinical-trials/index_en.htm

(30)  Zu mutmaßlichen unerwarteten schwerwiegenden Nebenwirkungen, die vor der Zulassung auftreten, siehe Abschnitt 2.1.4.2. der ausführlichen Anleitung CT-1.

(31)  Zum Begriff „Prüfungsende“ siehe Abschnitt 4 der ausführlichen Anleitung CT-1.

(32)  Vgl. Fußnote 28.

(33)  Siehe Abschnitt 5.1. des Antragsvordrucks für klinische Prüfungen. (http://ec.europa.eu/health/documents/eudralex/vol-10/index_en.htm).

(34)  Vgl. Fußnote 31.

(35)  Artikel 17 Absatz 3 Buchstabe a der Richtlinie 2001/20/EG.

(36)  Die Meldung dieser mutmaßlichen unerwarteten schwerwiegenden Nebenwirkungen würde zu Doppeleintragungen führen, da diese mutmaßlichen unerwarteten schwerwiegenden Nebenwirkungen in einem funktionierenden System in jedem Falle gemeldet würden.

(37)  Wurde die Aufgabe einer anderen Person übertragen, beginnt die Zeit mit dem Datum des Eingangs bei dieser Person zu laufen.

(38)  Bei elektronischer Übermittlung des ICSR bedeutet dies, dass das Datum, das im ICH E2B(R2) Datenelement A.1.6 „Receive date“ angegeben ist, das gleiche sein sollte wie das im ICH E2B(R2) angegebene Datenelement A.1.7 „Receipt date“.

(39)  Bei elektronischer Übermittlung des ICSR bedeutet dies, dass das Datum, das im ICH E2B(R2) Datenelement A.1.6 „Receive date“ angegeben ist, das gleiche sein sollte wie das Datum, an dem die Erstmeldung einging. Im ICH E2B(R2) Datenelement A.1.7 „Receipt date“ sollte das Datum angegeben werden, an dem der Sponsor signifikante neue Informationen über den Fall erhalten hat.

(40)  Bei elektronischer Übermittlung anzugeben in ICH E2B(R2) Datenelement A.2.3.1.

(41)  Bei elektronischer Übermittlung anzugeben in ICH E2B(R2) Datenelement A.2.3.2.

(42)  Bei elektronischer Übermittlung anzugeben in ICH E2B(R2) Abschnitt B.1.

(43)  Bei elektronischer Übermittlung anzugeben in ICH E2B(R2) Abschnitt A.2.

(44)  Bei elektronischer Übermittlung anzugeben in ICH E2B(R2) Abschnitt B.2.

(45)  Bei elektronischer Übermittlung anzugeben in ICH E2B(R2) Abschnitt B.4.

(46)  Bei elektronischer Übermittlung anzugeben in ICH E2B(R2) Abschnitt B.4.k.18.

(47)  Bei elektronischer Übermittlung anzugeben in ICH E2B(R2) Datenelement A.1.0.1.

(48)  Bei elektronischer Übermittlung anzugeben in ICH E2B(R2) Datenelement A.1.6.

(49)  Bei elektronischer Übermittlung anzugeben in ICH E2B(R2) Datenelement A.1.7.

(50)  Bei elektronischer Übermittlung anzugeben in ICH E2B(R2) Datenelement A.1.10.

(51)  Bei elektronischer Übermittlung anzugeben in ICH E2B(R2) Datenelement A.3.1.2.

(52)  http://www.ich.org/products/guidelines/efficacy/article/efficacy-guidelines.html

(53)  Dok. Ref. EMEA/H/20665/04/Endgültige 2. Überarbeitung vom 15. Oktober 2010 (http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/regulation/document_listing/document_listing_000199.jsp&murl=menus/regulations/regulations.jsp&mid=WC0b01ac05800250b3).

(54)  http://ec.europa.eu/health/documents/eudralex/vol-10/index_en.htm

(55)  Zur Standardisierung von Informationen zwischen den Anträgen auf klinische Prüfungen und damit verbundenen mutmaßlichen unerwarteten schwerwiegenden Nebenwirkungen, die den zuständigen Behörden gemeldet werden, wird eine Liste aller Wirkstoffe, die im EudraVigilance Medicinal Product Dictionary verzeichnet sind, einschließlich der Kodes in der Entwicklung befindlicher Wirkstoffe, im öffentlichen Bereich bereitgestellt, damit sie beim Ausfüllen des EudraCT-Antragsvordrucks für klinische Prüfungen in den entsprechenden Feldern verwendet werden können.

(56)  Eine „Hilfe-Funktion“ wird von der Agentur für Sponsoren bereitgestellt, die Probleme beim Zugang zu EVMPD oder bei der Dateneingabe haben.

(57)  Siehe die Anleitung „Note for guidance Eudravigilance human — processing of safety messages and individual case safety reports (ICSRs)“, Dok. Ref. EMEA/H/20665/04/endgültige 2. Überarbeitung vom 15. Oktober 2010.

(58)  Was die ICH E2B Datenelemente betrifft, sollte in das Feld „Vertraulich“ eingegeben werden.

(59)  Siehe auch Abschnitt 3.D. der Anleitung ICH E2A.

(60)  Weitere Informationen enthält Abschnitt 3.D. der Anleitung ICH E2A.

(61)  Zu DSMB siehe auch die EMA „Guideline on Data Monitoring Committees“, Dok. Ref. EMEA/CHMP/EWP/5872/03 Corr (http://www.ema.europa.eu/pdfs/human/ewp/587203en.pdf).

(62)  Siehe Abschnitt 2.5. der ausführlichen Anleitung CT-1.

(63)  Artikel 2 Buchstabe d der Richtlinie 2001/20/EG.

(64)  Der verdächtige Inhaltsstoff des Placebos sollte angegeben werden in ICH E2B(R2) Datenelement B.4.k.2.2. „Wirkstoffbezeichnung“.

(65)  Beispiele siehe Abschnitt 3.A.2 der Anleitung ICH E2A.

(66)  Siehe Abschnitt 2.3. der Anleitung ICH E2F.

(67)  http://ec.europa.eu/health/documents/eudralex/vol-10/index_en.htm

(68)  http://www.ich.org/products/guidelines/efficacy/article/efficacy-guidelines.html

(69)  Siehe Abschnitt 2.6. der Anleitung ICH E2F.

(70)  Siehe Abschnitt 3.4. der Anleitung ICH E2F.

(71)  Sie sind in der Regel auch substanzielle Änderungen, siehe Abschnitt 3.4.3.b. der ausführlichen Anleitung CT-1.

(72)  Vgl. Fußnote 69.

(73)  Dies bedeutet, dass die Referenzinformationen zur Unbedenklichkeit, die als Grundlage für den Jahresbericht dienen, möglicherweise nicht mit den in der Entwicklung befindlichen Referenzinformationen zur Unbedenklichkeit übereinstimmen, die die Grundlage für die Meldung mutmaßlicher unerwarteter schwerwiegender Nebenwirkung bilden (siehe Abschnitt 7.2.3.2).

(74)  Siehe Artikel 17 Absatz 3 Buchstabe a der Richtlinie 2001/20/EG.