14.6.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 168/119


Donnerstag, 15. Dezember 2011
Die Lage der Frauen in Afghanistan and Pakistan

P7_TA(2011)0591

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. Dezember 2011 zu der Lage der Frauen in Afghanistan und Pakistan

2013/C 168 E/16

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Menschenrechten und Demokratie in Pakistan, insbesondere die Entschließung vom 20. Januar 2011 (1) sowie die Entschließungen vom 20. Mai 2010 (2), vom 12. Juli 2007 (3), 25. Oktober 2007 (4) und 15. November 2007 (5),

unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Afghanistan, insbesondere die Entschließung vom 24. April 2009 zu Frauenrechten in Afghanistan (6) und die Entschließung vom 16. Dezember 2010 zu einer neuen Strategie für Afghanistan (7),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Dezember 2010 zu dem Jahresbericht 2009 zur Menschenrechtslage in der Welt und zur Menschenrechtspolitik der Europäischen Union (8),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 26. November 2009 zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen (9),

unter Hinweis auf die vom Rat am 16. November 2009 angenommenen Schlussfolgerungen zur Religions- und Glaubensfreiheit, in denen er die strategische Bedeutung dieser Freiheit und die Notwendigkeit der Bekämpfung religiöser Intoleranz hervorgehoben hat,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 21. Februar 2011, die das Thema Intoleranz, Diskriminierung und Gewalt aufgrund der Religion oder der Überzeugung betreffen,

unter Hinweis auf die Gemeinsame Erklärung der EU und Pakistans vom 4. Juni 2010, in der beide Seiten ihre Entschlossenheit bekräftigt haben, Fragen der regionalen und der weltweiten Sicherheit gemeinsam anzugehen, sich für die Achtung der Menschenrechte einzusetzen und im Interesse einer weiteren Stärkung der demokratischen Regierung Pakistans und der demokratischen Institutionen des Landes zusammenarbeiten,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates zu Pakistan und Afghanistan vom 18. Juli 2011 und 14. November 2011,

unter Hinweis auf die Erklärungen der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik zu den vorgeschlagenen Gesetzen über Frauenhäuser in Afghanistan vom 5. Dezember 2011, 20. Februar 2011 und 15. Dezember 2010,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen der internationalen Konferenz in Bonn vom 5. Dezember 2011,

unter Hinweis auf Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948,

unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeglicher Formen von Diskriminierung von Frauen (CEDAW) vom 18. Dezember 1979 und der Erklärung der Vereinten Nationen über die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen vom 20. Dezember 1993,

unter Hinweis auf den Internationalen Pakt der Vereinten Nationen über bürgerliche und politische Rechte,

unter Hinweis auf die VN-Erklärung über die Beseitigung aller Formen von Intoleranz und Diskriminierung aufgrund der Religion oder der Überzeugung von 1981,

unter Hinweis auf die Resolutionen 1325 (2000) und 1820 (2008) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zu Frauen, Frieden und Sicherheit und auf die Resolution 1888 (2009) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zu sexueller Gewalt gegen Frauen und Mädchen in bewaffneten Konflikten, in der die Verantwortung aller Staaten dafür betont wird, dass der Straflosigkeit ein Ende gesetzt wird und die Urheber von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, auch im Zusammenhang mit sexueller und sonstiger Gewalt gegen Frauen und Mädchen, strafrechtlich verfolgt werden,

unter Hinweis auf das Positionspapier des Afghanischen Frauennetzwerks vom 6. Oktober 2011 zur Vorbereitung der Bonner Konferenz,

gestützt auf Artikel 122 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass die Gegebenheiten in Afghanistan und Pakistan zwar nicht gleich und nicht gleich schwerwiegend sind, die körperliche und seelische Gewalt gegen Frauen jedoch nach wie vor zu den schlimmsten Menschenrechtsverletzungen gehört, die aus Afghanistan und Pakistan, insbesondere aus bestimmten Regionen, gemeldet werden;

B.

in der Erwägung, dass Frauen und Kinder weiterhin häufig Opfer von Säureanschlägen, häuslicher Gewalt, Menschenhandel und Zwangsehen einschließlich Kinderehen werden und als Verhandlungsmasse bei der Beilegung von Streitigkeiten dienen; in der Erwägung, dass Polizisten, Richter und andere Justizbeamte selten den Beschwerden von Frauen über Misshandlungen einschließlich Prügel, Vergewaltigungen und anderer Formen der sexuellen Gewalt nachgehen und diejenigen Frauen, die diesem Leiden entfliehen, möglicherweise sogar im Gefängnis landen;

C.

in der Erwägung, dass in den meisten Fällen die Täter, die Gewalt gegen Frauen ausüben, nicht bestraft werden;

D.

in der Erwägung, dass bei der Anwendung einiger Gesetze, insbesondere im Bereich des Familienrechts, gegen die Menschenrechte der Frau verstoßen wird;

E.

in der Erwägung, dass die afghanische Regierung im August 2009 ein Gesetz zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen verabschiedet hat und der afghanische Ministerrat am 5. September 2011 eine Verordnung über Schutzzentren für Frauen angenommen hat;

F.

in der Erwägung, dass seit 2011 hinsichtlich der Situation von Frauen in Afghanistan in verschiedenen Bereichen Fortschritte erzielt wurden, so z. B. im Gesundheits- und Bildungsbereich und bei der Rolle der Frau in der Politik auf nationaler und regionaler Ebene und in der Zivilgesellschaft;

G.

in der Erwägung, dass Afghanistan Vertragspartei verschiedener internationaler Übereinkommen ist, insbesondere des Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeglicher Formen von Diskriminierung von Frauen, und dass in Artikel 22 der afghanischen Verfassung festgelegt ist, dass Frauen und Männer gleiche Rechte und Pflichten vor dem Gesetz haben;

H.

in der Erwägung, das die Lage der Frauen in Afghanistan nach wie vor besorgniserregend ist, weil die Sterblichkeitsrate von Müttern während der Schwangerschaft und bei der Geburt und die Kindersterblichkeitsrate zu den weltweit höchsten zählen;

I.

in der Erwägung, dass in einigen Gebieten Afghanistans, die von Aufständischen kontrolliert werden, unter dem Vorwand der Anwendung der Scharia Menschen durch Steinigung hingerichtet werden, wie etwa eine Mutter und ihre Tochter am 12. November 2011 in der Provinz Ghazni;

J.

in der Erwägung, dass das „Baad“-Verfahren, d. h. der von der lokalen Jirga beschlossene Verkauf einer Frau oder eines Mädchens als Entschädigung für ein Verbrechen oder als Strafe, immer noch angewandt wird, obgleich es gemäß Artikel 517 des afghanischen Strafgesetzbuchs als Straftat gilt;

K.

in der Erwägung, dass durch den bevorstehenden Rückzug der westlichen Militärs aus Afghanistan die Fortschritte bei der Frauenemanzipation möglicherweise gefährdet werden, weil die Taliban wieder die Kontrolle über Gebiete gewinnen könnte, in denen die Frauen ihre neuen Rechte frei in Anspruch nehmen;

L.

in der Erwägung, dass in den von der Regierung kontrollierten Gebieten Frauen einen besseren Zugang zu Bildung, zur Gesundheitsversorgung und zu Beschäftigungsmöglichkeiten haben und Frauen in Gebieten, in denen aufständische Gruppen dominieren, beim Zugang zu Bildung, zur Gesundheitsversorgung und zu wirtschaftlichen und kulturellen Angeboten erheblich diskriminiert werden;

M.

in der Erwägung, dass die pakistanischen Behörden in bestimmten Regionen in besorgniserregender Weise bei ihren Versuchen scheitern, Minderheiten und Frauen vor sozialer Ungerechtigkeit zu schützen, wie sich auch in Gerichtsurteilen gezeigt hat, etwa im Urteil des pakistanischen Obersten Gerichts vom 21. April 2011, mit dem alle außer einem der Männer, die der gemeinsamen Vergewaltigung von Mukhtar Mai beschuldigt wurden, freigesprochen wurden;

N.

in der Erwägung, dass die Öffentlichkeit in Pakistan und im Ausland über den Fall Mukhtar Mai bestürzt war, die auf Anordnung des Dorfrates vergewaltigt wurde, um ein angebliches Vergehen ihres Bruders zu sühnen, und die ihre Vergewaltiger vor niedrigeren Gerichtsinstanzen erfolgreich verklagt hat;

O.

in der Erwägung, dass die nichtstaatliche Organisation „Asia Human Rights Commission“ betont hat, dass in Pakistan, insbesondere in der Provinz Punjab, die Anzahl christlicher Frauen, die vergewaltigt werden, damit sie zum Islam konvertieren, in beunruhigendem Maße angestiegen ist und in zahlreichen Fällen christliche Mädchen entführt, vergewaltigt und getötet werden,

P.

in der Erwägung, dass der tragische Fall von Uzma Ayub, die vor einem Jahr von mehreren Polizisten entführt, gefangen gehalten und mehrfach vergewaltigt wurde, ein Beispiel für eine besorgniserregende Missachtung der Rechtsstaatlichkeit darstellt, weil die Familienmitglieder der verhafteten Polizisten den Bruder des Opfers ermordet haben, nachdem Uzma Ayub eine außergerichtliche Einigung abgelehnt hatte;

Q.

in der Erwägung, dass nach dem Militärputsch von 1977 das Grundrecht auf Nichtdiskriminierung aufgrund des Geschlechts, das in der Verfassung von 1973 verankert war, ausgesetzt wurde;

R.

in der Erwägung, dass in Pakistan eine Reihe von Gesetzen – u. a. die „Hudood“-Gesetze und das Gesetz zum Beweisrecht – eingeführt wurden, die den Frauen einen untergeordneten rechtlichen Status geben und in einigen Fällen vorsehen, dass die Zeugenaussage einer Frau nur halb so viel wert ist wie die Aussage eines Mannes, was gegen den Status und die Rechte der Frau verstößt;

S.

in der Erwägung, dass es in Pakistan einige andere Gesetze gibt, die Frauen diskriminieren, so u. a. das Gesetz zum muslimischen Familienrecht, das Familiengerichtsgesetz für Westpakistan, das Gesetz zur Verhinderung von Verheiratungen im Kindesalter, das Mitgiftgesetz für Westpakistan (Verbot der Ausweisung) und das Mitgift- und Brautgesetz (Einschränkungen);

T.

in der Erwägung, dass die EU ihre Entschlossenheit bekräftigt hat, eine starke und langfristige Partnerschaft mit Pakistan aufzubauen, die auf gemeinsamen Interessen und Werten beruht, und die demokratischen Institutionen, die Zivilregierung sowie die Zivilgesellschaft in Pakistan zu unterstützen;

U.

in der Erwägung, dass die EU, die zur Zusammenarbeit bereit ist, darauf vertraut, dass Pakistan seinen internationalen Verpflichtungen nachkommt, insbesondere in den Bereichen Sicherheit und Menschenrechte, einschließlich der Rechte der Frau;

V.

in der Erwägung, dass gemäß Artikel 3 Absatz 5 des Vertrags über die Europäische Union die Förderung der Demokratie sowie die Achtung der Menschenrechte und der bürgerlichen Freiheiten zu den Grundprinzipien und Zielen der Europäischen Union gehören und gemeinsam die Grundlage für ihre Beziehungen zu Drittstaaten bilden; in der Erwägung, dass die EU handels- und entwicklungspolitische Unterstützung nur unter der Voraussetzung gewährt, dass die Menschenrechte und die Rechte der Minderheiten geachtet werden;

1.

ist zutiefst besorgt über die Lage von Frauen und Mädchen und über Berichte über brutale Verstöße gegen die Rechte von Frauen in Afghanistan und Pakistan; betont, dass der Lage von Frauen und Mädchen in diesen Ländern dringend erhöhte Aufmerksamkeit auf internationaler Ebene geschenkt werden muss;

2.

fordert die Kommission, den Rat und die internationale Gemeinschaft auf, die finanziellen Mittel für Vorkehrungen erheblich aufzustocken, mit denen Frauen vor Vergewaltigungen, Misshandlungen und häuslicher Gewalt geschützt werden und praktische Maßnahmen zur Unterstützung von zivilgesellschaftlichen Bewegungen gegen diskriminierende Gesetze gefördert werden;

3.

fordert mit Nachdruck, dass die Rechte der Frau in den Menschenrechtsdialogen ausdrücklich zur Sprache gebracht werden, insbesondere die Bekämpfung und Beseitigung aller Formen der Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen und Mädchen einschließlich aller schädlichen traditionellen oder gewohnheitsmäßigen Praktiken, der Kinder- und Zwangsehen, der häuslichen Gewalt und der Frauenmorde, und dass die Berufung auf Bräuche, Traditionen oder religiöse Anschauungen zurückgewiesen wird, mit der sich die Verantwortlichen der Verpflichtung entziehen wollen, gegen solche Gewalt vorzugehen;

Afghanistan

4.

würdigt die afghanischen Frauen, die eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung und dem Aufbau ihrer Nation spielen; ist der Ansicht, dass die Fortschritte, die in den letzten Jahren im Bereich der Gleichstellung von Männern und Frauen erzielt wurden, für die Gestaltung der Zukunft des Landes äußerst wichtig sind;

5.

begrüßt die positive Entwicklung, dass Frauen hochrangige Posten in der afghanischen Politik und Verwaltung einnehmen, so z. B. Frau Sarabi, die Gouverneurin von Bamyan; fordert die afghanische Regierung auf, sich weiterhin dafür einzusetzen, dass die Anzahl von Frauen in öffentlichen Ämtern, insbesondere in der Verwaltung der Provinzen, erhöht wird;

6.

begrüßt die vor kurzem getroffene Entscheidung von Präsident Karzai, Frau Gulnaz, ein Vergewaltigungsopfer, das wegen Ehebruchs inhaftiert war, zu begnadigen; fordert die Regierung auf, die Inhaftierung von Frauen, die versuchen, ihre Misshandlungen nicht länger zu erdulden, zu beenden und stattdessen die Anzahl von Frauen- und Kinderhäusern im Land zu erhöhen, und fordert die EU mit Nachdruck auf, kontinuierliche Unterstützung für solche Einrichtungen zu gewähren;

7.

weist darauf hin, dass seit dem Fall des Talibanregimes erhebliche Fortschritte im Hinblick auf die Lage der Frau in Afghanistan erzielt wurden; stellt fest, dass zunehmend befürchtet wird, dass sich die Lebensbedingungen und die Rechte von Frauen in Afghanistan nach dem 2014 vorgesehenen Abzug der alliierten Streitkräfte möglicherweise verschlechtern werden;

8.

betont, dass die Sterblichkeitsrate von Müttern nach wie vor weltweit zu den höchsten zählt, nimmt jedoch mit Genugtuung einen positiven Trend zur Kenntnis, der in der neuesten Untersuchung der Sterblichkeit in Afghanistan (2010) festgestellt wurde, die vom afghanischen Gesundheitsministerium durchgeführt und von mehreren internationalen Organisationen finanziert und unterstützt wurde und aus der hervorgeht, dass die Sterblichkeit von Müttern in Afghanistan auf 500 Todesfälle pro 100 000 Geburten gesunken ist; fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten, die internationalen Partner und die nichtstaatlichen Organisationen auf, bei der Umsetzung ihrer Projekte in Afghanistan die Gesundheit von Müttern und Kindern besonders zu berücksichtigen;

9.

begrüßt, dass sich Afghanistan in den Schlussfolgerungen der Bonn-II-Konferenz erneut verpflichtet hat, den Aufbau einer stabilen demokratischen Gesellschaft fortzusetzen, die auf Rechtsstaatlichkeit beruht und in der die Menschenrechte und die Grundfreiheiten, einschließlich der Gleichstellung von Männern und Frauen, von der Verfassung garantiert werden, und allen Verpflichtungen im Bereich der Menschenrechte nachzukommen; begrüßt auch die Verpflichtung der internationalen Gemeinschaft, Afghanistan auf dem Weg in diese Richtung zu unterstützen;

10.

fordert das afghanische Parlament und den afghanischen Justizminister auf, alle Gesetze aufzuheben, die der Diskriminierung von Frauen Vorschub leisten oder diskriminierende Elemente enthalten, was gegen die von Afghanistan unterzeichneten internationalen Abkommen verstößt;

11.

ist der Ansicht, dass die Verpflichtung zur Einhaltung der Menschenrechte, insbesondere der Rechte der Frau, für die demokratische Entwicklung Afghanistans von grundlegender Bedeutung ist;

12.

ist zutiefst darüber besorgt, dass trotz aller Fortschritte afghanische Frauen und Mädchen Opfer von häuslicher Gewalt, Menschenhandel und Zwangsehen einschließlich Kinderehen werden und als Verhandlungsmasse bei der Beilegung von Streitigkeiten dienen; fordert die afghanischen Behörden auf, dafür zu sorgen, dass Polizisten, Richter und andere Justizbeamte den Beschwerden von Frauen über Misshandlungen einschließlich Prügel, Vergewaltigungen und anderer Formen der sexuellen Gewalt nachgehen;

13.

ist äußerst besorgt darüber, dass Frauen, die in von der Taliban oder anderen aufständischen Gruppen kontrollierten Gebieten leben, zu Strafen durch Steinigung oder Verstümmelung verurteilt werden können, wenn ihnen ein Verstoß gegen den repressiven Sozialkodex der Taliban vorgeworfen wird;

14.

weist darauf hin, dass der Grundsatz der Gleichstellung von Frauen in der neuen afghanischen Verfassung verankert wurde; fordert eine Überarbeitung des Gesetzes zum persönlichen Status schiitischer Frauen in Afghanistan, das trotz einiger Änderungen im Widerspruch zu den Grundsätzen des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, des Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung und des Übereinkommens über die Rechte des Kindes steht;

15.

weist erneut darauf hin, dass die Unterstützung der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten für den Wiederaufbau von Afghanistan konkrete Maßnahmen umfassen muss, mit denen die Diskriminierung von Frauen beseitigt wird, damit die Einhaltung der Menschenrechte verbessert und die Rechtsstaatlichkeit gestärkt wird;

16.

fordert die afghanische Regierung auf, das unmenschliche „Baad“-Verfahren abzuschaffen und dringend Maßnahmen zu ergreifen, um das Gesetz von 2009 vollständig umzusetzen, in dem in diesem Zusammenhang für Täter Strafen von bis zu zehn Jahren vorgesehen sind;

17.

fordert die afghanische Regierung auf, die geltenden Gesetze und das Strafrecht zu ändern, damit die Rechte der Frau besser geschützt und Diskriminierung verhindert werden; betont, dass die Friedensgespräche unter keinen Umständen den Verlust von Rechten, die die Frauen in den letzten Jahren erworben haben, zur Folge haben dürfen;

18.

fordert mit Nachdruck, dass der wesentliche Beitrag von Frauen zur Beilegung von Konflikten in der Familie und in der Gemeinschaft sinnvoll genutzt werden sollte und dass die Anzahl der Frauen im Hohen Friedensrat und in den Provinzfriedensräten erheblich erhöht werden sollte;

Pakistan

19.

zeigt sich zutiefst besorgt über den Ablauf der Gerichtsverfahren gegen Asia Bibi, Mukhtar Mai und Uzma Ayub, die das Vertrauen in das pakistanische Justizsystem weiter erschüttern könnten und diejenigen ermutigen könnten, die versuchen, die Rechte der Frau und anderer gefährdeter Gruppen zu verletzen;

20.

fordert die pakistanische Regierung nachdrücklich auf, Mechanismen einzuführen, mit denen den lokalen und regionalen Verwaltungen ermöglicht wird, das Vorgehen der informellen Dorf- und Stammesgerichte zu überwachen und in Fällen einzugreifen, in denen diese Gerichte ihre Befugnisse überschreiten;

21.

fordert die pakistanische Regierung auf, die in der Verfassung von 1973 verankerten Grundrechte wieder einzuführen, einschließlich des Rechtes auf Nichtdiskriminierung aufgrund des Geschlechts;

22.

fordert die Regierung mit Nachdruck auf, die Gesetze zu den Rechten der Frau, insbesondere die „Hudood“-Gesetze“ und das Gesetz zum Beweisrecht zu überprüfen, die nach dem Militärputsch eingeführt wurden und gegen den Status und die Rechte der Frau verstoßen, indem sie ihnen eine untergeordnete rechtliche Stellung zuweisen;

23.

begrüßt, dass im pakistanischen Parlament ein Gesetzentwurf vorgelegt wurde, mit dem die Nationale Kommission zum Status der Frau in ein autonomes Organ umgewandelt werden soll, das die Rolle der Frau stärken und alle Formen der Diskriminierung von Frauen beseitigen soll, und unterstützt die Anstrengungen, mit denen dafür gesorgt wird, dass ein Gesetz zur Einrichtung einer nationalen Kommission für Menschenrechte verabschiedet wird;

24.

ist sehr erfreut darüber, dass der Senat und das Parlament in letzter Zeit zwei Schlüsselgesetze zum Schutz der Frauen angenommen haben, insbesondere das Gesetz zur Überwachung von Säure und zur Vorbeugung von Säureanschlägen von 2010 und das Gesetz zur Vorbeugung von Praktiken, die sich gegen Frauen richten (Änderung des Strafrechts), und würde die Einrichtung eines Umsetzungsausschusses begrüßen, damit die rasche Anwendung dieser Gesetze überwacht wird;

25.

bedauert dennoch, dass der Senat das Gesetz zu häuslicher Gewalt abgelehnt hat, obgleich es im Parlament im Jahr 2009 angenommen worden war; ist der Ansicht, dass es erforderlich ist, entsprechend dem Geist der vor kurzem angenommen frauenfreundlichen Gesetze den Gesetzesentwurf wieder vorzulegen und anzunehmen, damit häusliche Gewalt bekämpft wird;

26.

fordert die Regierung auf, eine Reihe anderer Gesetze zu überprüfen, die Frauen diskriminieren, so insbesondere das Gesetz zum muslimischen Familienrecht, das Familiengerichtsgesetz für Westpakistan, das Gesetz zur Verhinderung von Verheiratungen im Kindesalter, das Mitgiftgesetz für Westpakistan (Verbot der Ausweisung), das Mitgift- und Brautgesetz (Einschränkungen), die „Hudood“-Gesetze, das Staatsbürgerschaftsgesetz von 1951 und das Gesetz zum Beweisrecht;

27.

fordert die Regierung Pakistans erneut auf, die Blasphemie-Gesetze und ihre gegenwärtige Anwendung sowie – unter anderem – Artikel 295 C des Strafgesetzbuches, in dem die obligatorische Todesstrafe für jeden, der der Blasphemie schuldig gesprochen wird, verankert ist, eingehend zu prüfen und in der Zwischenzeit die bereits vorgeschlagenen Änderungen umzusetzen;

28.

fordert die Regierung Pakistans mit Nachdruck auf, Personen, die andere zu Gewalthandlungen aufhetzen, strafrechtlich zu verfolgen, besonders diejenigen, die zur Tötung von andersdenkenden Personen und Gruppen aufrufen und in Einzelfällen Belohnungen dafür anbieten, und weitere Maßnahmen zu ergreifen, um die Debatte hierüber zu erleichtern;

29.

fordert die pakistanische Regierung auf, entschiedene Maßnahmen zu ergreifen, um Ehrenmorde zu verhindern; ist der Ansicht, dass das pakistanische Justizsystem alle Personen bestrafen muss, die dieser Taten überführt werden;

30.

fordert die Kommission und den Rat auf, Bildungsprogramme vorzuschlagen und umzusetzen, mit denen die Alphabetisierungsquote bei pakistanischen Frauen erhöht und ihre Bildung verbessert werden soll;

31.

fordert die zuständigen Institutionen der EU auf, die religiöse Toleranz in der Gesellschaft im Dialog mit Pakistan zu thematisieren, weil dieses Thema von zentraler Bedeutung für den langfristigen Kampf gegen religiösen Extremismus ist;

32.

fordert die zuständigen Institutionen der EU auf, zu verlangen, dass die Regierung Pakistans sich an die Demokratie- und Menschenrechtsklausel des Kooperationsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Islamischen Republik Pakistan hält; fordert den Europäischen Auswärtigen Dienst erneut auf, einen Bericht über die Umsetzung des Kooperationsabkommens und die Demokratie- und Menschenrechtsklausel vorzulegen;

*

* *

33.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, dem Europäischen Auswärtigen Dienst, der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik/Vizepräsidentin der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, der Regierung und dem Parlament Afghanistans sowie der Regierung und dem Parlament Pakistans zu übermitteln.


(1)  Angenommene Texte, P7_TA(2011)0026.

(2)  ABl. C 161 E vom 31.5.2011, S. 147.

(3)  ABl. C 175 E vom 10.7.2008, S. 583.

(4)  ABl. C 263 E vom 16.10.2008, S. 666.

(5)  ABl. C 282 E vom 6.11.2008, S. 434.

(6)  ABl. C 184 E vom 8.7.2010, S. 57.

(7)  Angenommene Texte, P7_TA(2010)0490.

(8)  Angenommene Texte, P7_TA(2010)0489.

(9)  ABl. C 285 E vom 21.10.2010, S. 33.