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BERICHT DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT über die Durchführung des Europäischen Energieprogramms zur Konjunkturbelebung /* KOM/2011/0217 final */


[pic] | EUROPÄISCHE KOMMISSION |

Brüssel, den 20.4.2011

KOM(2011) 217 endgültig

BERICHT DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT

über die Durchführung des Europäischen Energieprogramms zur Konjunkturbelebung

BERICHT DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT

über die Durchführung des Europäischen Energieprogramms zur Konjunkturbelebung

1. Das Europäische Energieprogramm zur Konjunkturbelebung: von der Start- zur Durchführungsphase

Das mit der Verordnung (EG) Nr. 663/2009[1] geschaffene Europäische Energieprogramm zur Konjunkturbelebung gehört zu den großen Initiativen, die die EU ergriffen hat, um der 2008 ausgebrochenen Wirtschafts- und Finanzkrise Herr zu werden. Mit ihm werden ausgewählte Energievorhaben kofinanziert, um Investitionsaufwendungen in der europäischen Wirtschaft zu stützen und gleichzeitig zur Verwirklichung entscheidender energie- und klimapolitischer Ziele der EU beizutragen.

Seit der Veröffentlichung des ersten Berichts über die Durchführung des EEPR im April 2010[2] sind beträchtliche Fortschritte erzielt worden. In allen drei Sektoren – Energieinfrastruktur, Offshore-Windenergie und CO2-Abscheidung und -Speicherung – haben inzwischen die Bauarbeiten begonnen und es fallen Investitionskosten an. Drei Infrastrukturprojekte sind bereits abgeschlossen und die betreffenden Anlagen sind in Betrieb; andere sind in der Bau- bzw. Entwicklungsphase. Das EEPR hat sich auf EU-Ebene als wertvolles Instrument erwiesen, das die Verwirklichung großer Energieprojekte vorangetrieben und wichtige Impulse für die Konjunkturbelebung gegeben hat. Zudem wurde der Anwendungsbereich des Programms erweitert: Ungenutzte Mittel wurden den Sektoren Energieeffizienz und erneuerbare Energiequellen zugeführt. Möglich wurde dies durch eine Änderung der EEPR-Verordnung[3], die dank der guten Zusammenarbeit zwischen den europäischen Organen zügig verabschiedet werden konnte.

Das EEPR ist ein Schlüsselinstrument zur Verwirklichung der energiepolitischen Ziele, die in Artikel 194 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union niedergelegt sind und die der Europäische Rat vom 4. Februar 2011 erneut bekräftigte. Seine Rolle als Triebfeder und „Starthilfe“ für die Projektdurchführung wurde bereits mehrfach anerkannt. Insbesondere im ‚Energieinfrastruktur-Paket’[4] wird der Beitrag des Programms gewürdigt, das Infrastrukturprojekte auf den Weg bringt und die negativen Folgen von Versorgungsstörungen für die Bürger und die europäische Wirtschaft abfedert.

Wie der Europäische Rat vom 4. Februar 2011 in seinen Schlussfolgerungen festhält, ist „ sichere, nachhaltige und erschwingliche Energie als Beitrag zur europäischen Wettbewerbsfähigkeit (…) nach wie vor eine Priorität für Europa . Das Vorgehen auf EU-Ebene kann und muss einen zusätzlichen Nutzen im Hinblick auf dieses Ziel bewirken. “ Das EEPR hat dieses Ziel einen entscheidenden Schritt weiter gebracht. Künftige Energieprogramme können auf den Erfahrungen aufbauen, die mit dem EEPR-Modell gewonnen wurden.

Was die Haushaltsausführung angeht, so war es dank der Anstrengungen aller Beteiligten möglich, dass die rechtlichen Verpflichtungen für sämtliche EEPR-Projekte bis zum 31. Dezember 2010, dem in der Verordnung festgelegten Stichtag, eingegangen wurden. Dies war eine ungewöhnliche kurze, nicht ohne weiteres einzuhaltende Frist, doch der Konjunkturbelebungsanspruch des Programms ließ keine Wahl. Aus demselben Grund zielt das Programm nur auf ausgereifte Projekte ab, die so weit gediehen sind, dass sie bis Ende 2010 Investitionen anstoßen und somit den wirtschaftlichen Aufschwung antreiben können.

Bis zum 31. Dezember 2010 lagen für alle 59 Projekte, für die eine EEPR-Finanzhilfe bewilligt worden war, die rechtlichen Einzelverpflichtungen vor. Im Einzelnen nahm die Kommission 44 Finanzhilfebeschlüsse für Gas- und Strominfrastrukturvorhaben an und unterzeichnete mit den jeweiligen Empfängern sechs Finanzhilfevereinbarungen zur Kohlendioxidabscheidung und -speicherung (CCS) und neun zu Offshore-Windenergieanlagen (OWE). Damit wird hinsichtlich der Verpflichtungen insgesamt ein Betrag von 3 833 Mio. EUR erreicht, was 96,3 % des EEPR-Gesamtbudgets entspricht. Angesichts des erheblichen Umfangs des Programms und der engen Frist ist dies ein sehr gutes Ergebnis.

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Die Fortschritte bei der Durchführung spiegeln sich in dem sich beschleunigenden Rhythmus der Zahlungen wider. Ende 2010 waren insgesamt 700 Mio. EUR an die Empfänger gezahlt worden: 361 Mio. EUR für Vorhaben im Bereich Gas- und Strominfrastruktur, 146 Mio. EUR für OWE-Projekte und 193 Mio. EUR für CCS-Projekte. In den ersten Monaten des Jahres 2011 werden für die meisten Vorhaben voraussichtlich Ausgabenaufstellungen eingereicht werden, so dass umfangreiche Erstattungen der 2010 angefallenen Kosten zu leisten sein werden. Die folgenden Abschnitte bieten eine ausführliche Übersicht über die Durchführung des Prgramms.

2. Gas- und Strominfrastruktur

Die Durchführung des Programmteils zur Gas- und Strominfrastruktur war 2010 äußerst zufriedenstellend.

Im Laufe des Jahres wurden bereits drei Infrastrukturprojekte fertiggestellt . Die am 14. Oktober eingeweihte Fernleitung zwischen Ungarn und Rumänien ist die erste Hochdruckgasverbindungsleitung zwischen den beiden Ländern. Das erste der vier „Reverse-Flow“-Projekte in Österreich am Einspeisepunkt Baumgarten, das die Beförderung von Erdgas von Deutschland in an Österreich angrenzende Länder ermöglichen wird, wurde am 24. Oktober eingeweiht. Die Verbindung Ungarn-Kroatien, die erste direkte Verbindungsleitung zwischen Kroatien und dem europäischen Erdgasnetz mit einer Kapazität von 6 Mrd. Kubikmetern pro Jahr (Mrd. m³/j), wurde am 23. Dezember eingeweiht.

Sechs weitere Projekte stehen kurz vor dem Abschluss und werden im Laufe des Jahres 2011 fertiggestellt:

- die Verdoppelung der Kapazität (um 10 Mrd. m³/j) der Gasfernleitung in Belgien, die den Anschluss an Deutschland und das Vereinigte Königreich erlaubt;

- die Verbesserung der Interoperabilität zwischen dem österreichischen und dem ungarischen Stromnetz über die Verbindungsleitung Wien-Györ mit einer modernen 400-kV-LWL-Leitung;

- die Fertigstellung der Arbeiten am Standort des Gasspeichers des tschechischen Handelsplatzes an der tschechisch-polnischen Grenze, wodurch die Speicherkapazität um 15 % erhöht wird;

- das „Reverse-Flow“-Projekt in Polen, bei dem die grenzüberschreitende Anschlussstelle zwischen Polen und Deutschland nachgerüstet wird, und die Modernisierung und Nachrüstung mehrerer Teilabschnitte des polnischen Gasfernleitungsnetzes;

- der Ausbau der grenzüberschreitenden Stromverbindungsleitungen zwischen Portugal und Spanien und

- eines der beiden „Reverse-Flow“-Projekte in der Slowakei, das für einen Gasdurchfluss in beide Richtungen zwischen der Slowakei und der Tschechischen Republik und auch zwischen der Slowakei und Österreich sorgen wird.

Bei 17 Gas- und 5 Stromprojekten der 44 Projekte sind derzeit die Bauarbeiten in Gang; dies sind z.B.:

- das Flüssiggasterminal Świnoujście in Polen;

- die Stromverbindungsleitung Halle/Saale-Schweinfurt in Deutschland;

- Spaniens Maßnahmen zur Unterstützung des Gasverbindungsleitungsprojekts zwischen Spanien und Frankreich durch die westlichen Pyrenäen;

- die „Reverse-Flow“-Projekte in Portugal und zwischen Lettland und Litauen, die sich ebenfalls beide in der fortgeschrittenen Bauphase befinden.

Für 35 Projekte wurden 2010 die Ausschreibungen und Bestellungen für Ausrüstungsgegenstände mit langer Vorlaufzeit (29 im Gassektor und 6 im Stromsektor) vorgenommen, z.B. für:

- die Projekte für die Stromverbindungsleitungen Nordbalt 1 und 2 und Estlink;

- die Stromverbindungsleitungen für die Anbindung Irlands an das Vereinigte Königreich, Siziliens an das italienische Festland und Siziliens an Malta sowie der Ausbau des maltesischen Stromnetzes;

- der Gasverbund Rumänien-Bulgarien;

- das Stromverbundprojekt Frankreich-Spanien;

- mehrere „Reverse-Flow“-Projekte in der Slowakei, der Tschechischen Republik, Österreich und Ungarn und ähnliche „Reverse-Flow“-Projekte zwischen Polen und Deutschland und zwischen Polen und der Tschechischen Republik.

Bei einigen Projekten ist es zu Verzögerungen gekommen wegen mangelnder fester Verträge mit den Gasversorgungsunternehmen oder wegen komplexer, zeitaufwändiger Genehmigungsverfahren; dabei handelt es sich um

- die drei Projekte, die zu den Zielen des südlichen Gaskorridors beitragen, d.h. ‚Nabucco’, ‚ITGI-Poseidon’ und der griechisch-bulgarische Abschnitt ‚IGB’;

- das Projekt Galsi, durch das algerisches Erdgas über Sardinien und eventuell Korsika an das italienische Netz geliefert wird;

- das französisch-belgische Gasverbundprojekt, bei dem Fortschritte auf belgischer Seite zu verzeichnen sind (das aber auf französischer Seite immer noch ausgesetzt ist);

- die Arbeiten am Flüssiggasterminal auf Zypern.

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Nachrüstung des Gasfernleitungsnetzes in Slowenien zwischen der slowenisch-österreichischen Grenze und Ljubljana

Das Programm bot die einzigartige Gelegenheit, strategische EU-Investitionsvorhaben anzustoßen, insbesondere in einer Zeit, in der rein kommerzielle Erwägungen – in Kombination mit der Wirtschafts- und Finanzkrise – neue Investitionen bremsten.

Das EEPR hat der Gasinfrastruktur eine wirklich europäische Dimension verliehen, wodurch eine zügigere, effizientere Umsetzung des dritten Binnenmarktpakets und der neuen Verordnung zur Gewährleistung der sicheren Erdgasversorgung, die am 2. Dezember 2010 in Kraft trat, möglich wird. Das Programm hat zur Verbesserung der Funktionsweise des Erdgasbinnenmarkts beigetragen: durch die Schaffung von Verbindungsleitungen zwischen westlichen und östlichen Teilen der EU, in Mitgliedstaaten in Randlage und in Mittel- und Osteuropa, durch die schrittweise Fertigstellung eines Gasfernleitungsnetzes, das in beide Richtungen funktioniert, und durch die Anbindung von ‚Energie-Inseln’. Sobald die Projekte abgeschlossen sind, dürften die Auswirkungen einer Gaskrise, wie wir sie im Januar 2009 erlebt haben, viel begrenzter ausfallen. Darüber hinaus hat das Programm auswärtigen Versorgern wie Turkmenistan, Aserbaidschan und dem Irak für den Südlichen Korridor sowie Algerien für den Mittelmeerkorridor unmissverständlich klargemacht, dass die Europäische Union ein Interesse an der Diversifizierung der Energieversorgungswege hat.

Von den geförderten Stromprojekten gehen entscheidende Impulse für die Vollendung des Binnenmarkts aus, denn daran sind ausnahmslos alle Teile der Europäischen Union beteiligt und sie sorgen für wichtige Verbesserungen der Versorgungssicherheit der betreffenden Länder und Regionen. Das Programm wird Engpässe beseitigen und ‚Energieinseln’ wie die baltischen Staaten, die Iberische Halbinsel, Irland, Sizilien und Malta integrieren. Mehrere neue Verbindungsleitungen sind außerdem für die Einbindung der erneuerbaren Energiequellen in das Stromnetz äußerst wichtig.

Als Fazit lässt sich festhalten, dass das EEPR durch die Finanzierung spezieller Maßnahmen – wie technische, ingenieurtechnische und umweltbezogene Studien, Beschaffung von Ausrüstungsgegenständen mit langen Vorlaufzeiten (Rohre, Kabel, Umspannwerke, Transformatoren usw.) und Bauarbeiten – die Durchführung von Projekten beschleunigt hat. Dank des Programms war es für Projektträger leichter, zusätzliche Mittel von Finanzinstituten zu erhalten: für 15 Projekte sind Kreditverhandlungen in Gang bzw. bereits abgeschlossen. Darüber hinaus hat die EEPR-Unterstützung einer großen Zahl von Projekten, die ernsthafte Schwierigkeiten mit umweltrechtlichen Genehmigungen hatten, geholfen, Vorrang bei den nationalen Behörden zu erhalten.

3. Offshore-Windenergie (OWE)

Die im Rahmen des EEPR geförderten Projekte stellen auf die zentralen Herausforderungen und Prioritäten ab, die in der Mitteilung der Kommission über Offshore-Windenergie[5], bei der im Rahmen des Strategieplans für Energietechnologie angeregten Europäischen Industrieinitiative für Windenergie und im Energieinfrastrukturpaket benannt wurden. Die im großen Maßstab demonstrierten und eingeführten Technologien – innovative Fundamente, Multimegawatt-Offshoreturbinen und modulare Netzintegrationstechnologien usw. – sind unverzichtbar, um die ehrgeizigen Ziele der EU für den Marktanteil der Offshore-Windenergie bis 2020 und danach zu erreichen.

Dank der Unterstützung durch die EU entstehen die ersten großmaßstäblichen (400 MW) Offshore-Windparks in großer Entfernung (100 km) von der Küste und in tiefen Gewässern (mehr als 40 m). Die EEPR-Finanzhilfen für den Offshore-Windsektor werden die Kapazität für die kohlenstofffreie Stromproduktion unmittelbar um ca. 1500 MW erhöhen. Sie werden ein wichtiges Instrument für die Mitgliedstaaten sein, um ihre verbindlichen Ziele für den Anteil regenerativer Energien an der Stromerzeugung bis 2020 zu erreichen. Die Zuschüsse werden auch bei den ersten Schritten für den Aufbau eines europäischen Offshore-Netzes von entscheidender Bedeutung sein und damit die Kapazität für den Stromhandel im Binnenmarkt steigern.

Der Bereich ‚ Turbinen und Offshore-Strukturen ’ (Projekte in der deutschen und belgischen Nordsee) ist der am weitesten fortgeschrittene Programmteil: Auslegungsstudien und Bodenuntersuchungen wurden durchgeführt, Verträge mit Hauptlieferanten geschlossen, Genehmigungen für die Aufnahme der Arbeiten erteilt und die Installationslogistik sorgfältig vorbereitet. Mehrere Projekte sind bereits in der Fertigungs- und Installationsphase. Im Herbst 2010 wurde der erste Offshore-Strom, der mit vom EEPR kofinanzierter Windkraftinfrastruktur erzeugt wurde, in das deutsche Netz eingespeist. Dank des raschen Fortschritts dieser Projekte stieg vor allem in der Region Bremerhaven und Cuxhaven in Norddeutschland spürbar die Zahl der Aufträge und der Arbeitsplätze in Unternehmen, die Offshore-Windturbinen und Stahlfundamente herstellen.

Ein weiteres Projekt mit großer Bedeutung für die europäische Industrie ist ein Prüfzentrum für Offshore-Windturbinen und –strukturen, das in Aberdeen angesiedelt werden soll. In Fragen der Genehmigung und der Rechts- und Unternehmensstruktur für das Management der Prüfanlagen beispielsweise ist man inzwischen entscheidend weitergekommen.

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Multi-MW-Turbinen und Offshore-Fundamentstrukturen in der Anlage Bard I in der deutschen Nordsee, kofinanziert vom EEPR

Auch die Auslegung, Planung und Auftragsvergabe auf dem Gebiet der ‚ Netzintegration der Windenergie über Mehrfachanbindungen ’ (Kriegers Flak, Cobra Cable und ein Hochspannungsgleichstrom(HVDC)-Hub in Schottland) sind ein gutes Stück vorangekommen. Oftmals verlangen diese Projekte die Koordinierung zwischen den Behörden mehrerer Mitgliedstaaten und/oder unterliegen einem streng regulierten Kofinanzierungssystem. Auch war es wichtig, dass bei diesen Projekten innovative HVDC-Technologien eingesetzt werden. Damit die Synergien zwischen diesen Projekten maximal ausgeschöpft werden und ihr Beitrag zum Ausbau eines Offshore-Netzes so groß wie möglich ausfällt, wird die Kommission 2011 einen Workshop mit den Projektträgern veranstalten.

2011 werden die Offshore-Arbeiten für alle EEPR-Projekte des Programmteils ‚ Turbinen und Offshore-Strukturen’ weitergeführt bzw. aufgenommen. Bei den Projekten zur Netzintegration der Windenergie werden die optimalen Strecken und technischen Spezifikationen für die Verbund-Module festgelegt, die Genehmigungsverfahren fortgeführt und Verträge mit den Ausrüstungslieferanten geschlossen.

Zu beachten ist, dass die rechtzeitige Erfüllung sämtlicher Zwischenziele der EEPR-Projekte erheblich von einem zügigen Voranschreiten der Genehmigungsverfahren abhängt. Auch andere Voraussetzungen sind entscheidend, wie die Zusicherung für Offshore-Windparks, eine Netzanbindung zu erhalten, und die Möglichkeit, das verfügbare Zeitfenster (Frühjahr und Sommer) für Offshore-Installationsarbeiten vollständig auszunutzen. Bis Ende 2011 dürfte etwa die Hälfte des EEPR-OWE-Budgets in Höhe von 565 Mio. € von den Empfängern ausgegeben worden sein.

4. CO 2 -Abscheidung und –speicherung (CCS)

Das EEPR ist ein entscheidendes Instrument zur Verwirklichung des EU-Ziels, die CCS-Technologie bis 2020 wirtschaftlich zu machen. Es unterstützt direkt sechs der zwölf CCS-Projekte, die – wie es der EU-Rat verlangt hat – bis 2015 abgeschlossen sein sollen. Das Programm zeigt – im Einklang mit der im Rahmen des SET-Plans entwickelten Europäischen Industrieinitiative für CCS – alle drei verschiedenen Abscheidungstechnologien (nach der Verbrennung, vor der Verbrennung, Oxyfuel-Verfahren) sowie verschiedene Speicherkonzepte (ausgeförderte Kohlenwasserstofffelder und saline Aquifere).

Eine erste Überprüfung, die von Kommissionsbediensteten zusammen mit Vertretern der nationalen Behörden durchgeführt wurde, kam zu dem Schluss, dass alle sechs CCS-Projekte planmäßig vorankommen, darunter auch die Studien im Bereich „Front-End-Engineering und –Design (FEED)“ für die Abscheidungsanlagen und Erkundung von CO2-Speicherstätten. Für alle Projekte laufen derzeit die Antragsverfahren, damit die erforderlichen Genehmigungen für eine CCS-Demonstrationsanlage in dem jeweiligen Mitgliedstaat eingeholt werden können. Zum Teil wurden die Genehmigungen für Bau und Betrieb der Kraftwerke wie auch für die Speicheranlagen bereits erteilt. Auch bei der Erkundung potenzieller Speicherstätten für die Projekte sind Fortschritte zu verzeichnen.

Allerdings ist es zu einigen Verzögerungen gekommen, was teilweise auf die rechtlichen Unwägbarkeiten hinsichtlich der Einzelheiten der Regelung der CO2-Speicherung zurückzuführen ist, die sich aus der gegenwärtig laufenden Umsetzung der CCS-Richtlinie[6] in einzelstaatliches Recht ergibt. Die Mitgliedstaaten müssen die CCS-Richtlinie bis zum 25. Juni 2011 in nationales Recht umsetzen. Bis Dezember 2010 hatte keiner der Mitgliedstaaten die Richtlinie umgesetzt; daher wurden bei den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bislang keine Genehmigungsanträge für eine dauerhafte Speicherung von CO2 gestellt.

Wie es die EEPR-Verordnung verlangt, wird das im Zuge sämtlicher Projekte gewonnene Wissen über das CCS-Projekt-Netzwerk (http://www.ccsnetwork.eu) ausgetauscht. 2008 hatte die Kommission das Netzwerk vorgeschlagen, um durch die Koordinierung der Vorreiterprojekte die Entwicklung von CCS zu beschleunigen, sie dabei zu unterstützen, voneinander zu lernen, und das CCS-Konzept bekannter zu machen. 2010 organisierte des Projektnetzwerk drei Veranstaltungen zum Wissensaustausch. Die erste Veranstaltung im Jahr 2011 fand im Februar in Brindisi statt. Daran nahmen auch US-amerikanische Vertreter im Rahmen des EU-US-Energierats teil. Dies kann als erster Schritt auf dem Weg zu einem globalen Wissensaustausch gesehen werden.

In Belchatow (Polen) sind Fortschritte sowohl bei der Speicherung als auch der Abscheidung zu verzeichnen. Die endgültige Entscheidung über die Auswahl dieser Speicherstätte wird bis Mitte 2011 gefällt. Die ausführlichen Arbeiten zur Streckenführung und Genehmigung der Pipeline werden nach der Wahl des endgültigen Standorts beginnen. FEED-Arbeiten für die Anlage zur CO2-Abscheidung liefen im November 2009 an und waren im Februar 2011 fast vollständig abgeschlossen. Der Vertrag mit dem Hauptausrüstungslieferanten wird voraussichtlich im Frühjahr unterzeichnet.

Für das Projekt in Jänschwalde (Deutschland) hat das Ausschreibungsverfahren für neun der wichtigsten Komponenten begonnen; inzwischen liegen qualifizierte Angebote vor. Die Vertragsverhandlungen für die Luftzerlegungsanlage, die größte Komponente des EEPR-Projekts, wurden im Februar 2011 abgeschlossen. Der Vertrag mit einem Lieferanten dürfte demnächst unterzeichnet werden. Hinsichtlich der Bereiche Transport und Speicherung wurde der Hauptbetriebsplan für Birkholz im Januar 2011 genehmigt.

Bei dem Demonstrationsprojekt in Rotterdam (Niederlande) wurde die CO2-Abscheidungsanlage ausgeschrieben; im Vorfeld wurden sechs Vorstudien und zwei FEED-Studien durchgeführt. Parallel dazu wurde ein technischer Plan für Transport und Speicherung ausgewählt, Streckenführungsstudien für die Pipeline wurden abgeschlossen und eine geologische Feldstudie durchgeführt. Die Mitteilung über die Einleitung der Umweltverträglichkeitsprüfung für das ROAD-Projekt wurde 2010 vorgelegt; im März 2011 folgen die Genehmigungsanträge.

In Italien wurde die Pilotanlage in Betrieb genommen, die Versuchsphase lief im Juni 2010 an. Für die Demonstrationsanlage Porto Tolle wurden vier Auftragnehmer ausgewählt, die die FEED-Studien für die CO2-Abscheidungsanlage durchführen sollen; die Zuschläge wurden im August 2010 erteilt, die Studien sollen im April 2011 abgeschlossen sein. Grundlage der Studie zur Erkundung geeigneter CO2-Speicherstrukturen in der nördlichen Adria waren detaillierte Datensätze (seismische 2D- und 3D-Daten) und Borlochinformationen. Ausgewählt wurde ein offshore gelegener saliner Aquifer in der nördlichen Adria; derzeit werden detaillierte Reservoirstudien durchgeführt, um ein vollständigeres Bild zu erhalten.

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CCS-Pilotanlage in Jänschwalde, Deutschland

Die wichtigsten technischen Erfolge für die CO2-Abscheidung in Compostilla (Spanien) konnten mit dem Bau der 30-MW-Entwicklungsanlage für die Oxyfuel-Technologie erzielt werden, die im Verlauf dieses Jahres in Betrieb gehen wird. Im Bereich der CO2-Speicherung sind als Hauptmeilensteine die strukturelle Analyse und strategische Studien für die Standortbewertung und die Charakterisierung von Reservoirs zu nennen. Zur Bestimmung der Eigenschaften der unterirdischen CO2-Speicherstätte wurde eine seismische 3D-Erhebung vorgenommen und wurden magnetotellurische 3D-Daten eingeholt.

In Hatfield (VK) wurde die FEED-Studie für den Abscheidungsteil des Projekts abgeschlossen; auch bei der Charakterisierung der Speicherstätte sind nennenswerte Fortschritte erzielt worden. Die Muttergesellschaft (Powerfuel plc) des Projektkoordinators (Powerfuel Power Ltd) meldete jedoch im Dezember 2010 Insolvenz an. Dies beeinträchtigte den Finanzierungsplan und führte zur Einstellung der Arbeiten im Bereich Abscheidung. Deshalb baten die Finanzhilfeempfänger um Aussetzung des Projekts, bis ein neuer Investor gefunden werde. Im März 2011 stand ein Bieter fest, dem der Vorzug gegeben wird. Grundsätzlich könnte das Projekt wieder aufgenommen werden, sobald das Verfahren abgeschlossen ist, sofern der neue Investor über die notwendige finanzielle und technische Kapazität verfügt.

5. Überwachung und Risikomanagement

Großangelegte Infrastrukturvorhaben, wie sie im Rahmen des EEPR finanziert werden, bergen erhebliche technologische, finanzielle und administrative Risiken in sich. Um die Risiken zu beherrschen und die Fortschritte der Projekte intensiv zu überwachen, hat die Kommission mehrere Verfahren geschaffen.

Die Europäische Kommission überwacht die Durchführung der Projekte ab einem sehr frühen Stadium, indem sie in Begleitung von Vertretern der nationalen Behörden regelmäßig die jeweiligen Standorte besichtigt. Darüber hinaus organisiert die Kommission in regelmäßigen Abständen Einzelsitzungen mit den jeweiligen Projektträgern. Die Finanzhilfeempfänger legen der Kommission und den nationalen Behörden regelmäßig technische Berichte vor. Für jedes EEPR-Projekt ist mindestens einmal pro Jahr ein technischer Zwischenbericht samt einer Ausgabenaufstellung (einschließlich einer Prüfungsbescheinigung) vorzulegen. Die Kommission nimmt ferner für Überwachungsaufgaben (Besichtigungen, Sitzungen, Prüfung von Zwischenberichten usw.) die Unterstützung unabhängiger Sachverständiger in Anspruch.

Zur Auswahl– und Vergabephase des EEPR fand in der zweiten Jahreshälfte von 2010 ein internes Audit statt. Die Prüfer waren insgesamt zufrieden, wiesen aber darauf hin, dass es Verbesserungsmöglichkeiten hinsichtlich der Sichtbarkeit der finanziellen Unterstützung und des Risikomanagements gäbe. Die betreffenden Abteilungen haben darauf reagiert und einen Aktionsplan aufgestellt.

6. Eine neue Finanzfazilität für Energieeffizienz und erneuerbare Energiequellen

In einer der EEPR-Verordnung beigefügten Erklärung machte die Kommission die Zusage, dass EEPR-Mittel, die nicht bis zum 31. Dezember 2010 gebunden werden könnten, in die Finanzierung von Projekten im Bereich Energieeffizienz und erneuerbare Energiequellen fließen würden. Letztlich stellte sich heraus, dass insgesamt rund 146 Mio. EUR, d.h. 3,7 % des EEPR-Budgets, nicht bis Ende 2010 gebunden werden konnten. Um ihrer Verpflichtung nachzukommen, hatte die Kommission bereits am 31. Mai 2010 eine Änderung der EEPR-Verordnung vorgeschlagen. Infolge dieses Vorschlags wurde am 15. Dezember 2010 die Verordnung (EU) Nr. 1233/20103 erlassen, die die Schaffung einer Finanzfazilität zur Unterstützung von Initiativen im Bereich Energieeffizienz und erneuerbarer Energien vorsieht.

Diese Initiative fügt sich ein in die Strategie für Beschäftigung und Wachstum „Europa 2020“ sowie in den vor kurzem verabschiedeten Energieeffizienzplan 2011[7] und ergänzt sonstige EU-Programme und -Instrumente wie die Strukturfonds, den Kohäsionsfonds, das Programm „Intelligente Energie – Europa“ und das Rahmenprogramm für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration. Die Förderung der Energieeffizienz und erneuerbarer Energiequellen würde zu einem umweltverträglichen Wachstum, dem Aufbau einer wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Wirtschaft und der Bewältigung des Klimawandels beitragen.

Die neue Fazilität wird als Investmentfonds angelegt, dessen erste Anteilseigner die EU und die EIB sind. Sie wird auch genutzt, um technische Unterstützung zu leisten sowie lokale, regionale und nationale Behörden dafür zu sensibilisieren, für eine optimale Nutzung der Strukturfonds und des Kohäsionsfonds zu sorgen, besonders was Verbesserungen an Wohngebäuden und anderen Gebäudearten mit Blick auf Energieeffizienz und erneuerbare Energieträger angeht. 146 Mio. EUR wird die EU zur Fazilität beisteuern, die EIB bis zu 75 Mio. EUR. Zu einem späteren Zeitpunkt können auch andere Finanzinstitute dem Fonds beitreten.

Begünstigte der Fazilität sind lokale, regionale und (in begründeten Fällen) nationale Behörden sowie öffentliche oder private Akteure, die im Namen von Behörden handeln. Die Fazilität kann Darlehen, Bürgschaften und Eigenkapitalbeteiligungen sowie Mittel für technische Hilfe bereitstellen (nach dem Muster der ELENA-Fazilität (European Local Energy Assistance)). Sie wird in Vorhaben im Bereich Energieeinsparung, Energieeffizienz und erneuerbare Energieträger insbesondere in Städten investieren, die messbare, bedeutende Auswirkungen auf die Konjunkturbelebung in der Europäischen Union haben, auf die Erhöhung der Energiesicherheit und die Verringerung der Treibhausgasemissionen. Dazu könnten folgende Projekte gehören: Energieeinsparung/Energieeffizienz in öffentlichen und privaten Gebäuden; Investitionen in energieeffiziente Kraft-Wärme-Kopplungssysteme (KWK), einschließlich Mikro-KWK, und Fernwärme-/Fernkühlungsnetze; dezentrale erneuerbare Energiequellen, einschließlich Stromerzeugung in kleinstem Maßstab; umweltfreundlicher Stadtverkehr; Modernisierung der Infrastruktur, wie Straßenbeleuchtung und intelligente Netze, sowie Technologien für Energieeffizienz und für erneuerbare Energieträger mit Innovationspotenzial und wirtschaftlichen Chancen.

Die Kommission handelt derzeit eine Vereinbarung aus, um die Schaffung und Verwaltung dieser neuen Fazilität an die EIB zu delegieren. Die Übertragungsvereinbarung muss bis spätestens 31. März 2011 unterzeichnet sein. Die Fazilität wird voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte von 2011 funktionsfähig sein.

7. Schlussfolgerungen

Nach der Startphase, die im ersten Bericht vom April 2010 eingehend beschrieben wurde, ist das EEPR nunmehr in seine Durchführungsphase eingetreten. Wie oben geschildert, sind Fortschritte in allen drei von dem Programm geförderten Bereichen zu verzeichnen. Die meisten Projekte befinden sich in der Bau- oder Entwicklungsphase, drei sind bereits fertiggestellt. Durch die Finanzierung spezieller Maßnahmen – wie technische, ingenieurtechnische und umweltbezogene Studien, die Beschaffung von Ausrüstungsgegenständen mit langen Vorlaufzeiten und Bauarbeiten – beschleunigt das EEPR die Durchführung von Projekten. Zudem war es dank des Programms für Projektträger leichter, zusätzliche Mittel von Finanzinstituten erhalten.

Wie im ersten Durchführungsbericht angedeutet, könnten die komplexen und langwierigen Verfahren für die Erteilung von Baugenehmigungen ein Risiko für die rechtzeitige Durchführung der Projekte darstellen. Allerdings erweist sich das EEPR sogar in dieser Hinsicht als hilfreich, da es einer großen Zahl von Projekten, bei denen Verzögerungen drohten, dank des Programms gelungen ist, Vorrang bei den nationalen Behörden zu erhalten.

Zum Zeitpunkt der Verabschiedung des ersten Berichts war der genaue Betrag der Mittel, die nicht gebunden werden konnten, nicht bekannt. Die Dienststellen der Kommission bewerteten danach die verschiedenen Optionen für die Umschichtung dieser Mittel im Einklang mit der EEPR-Verordnung. Dies führte schließlich zu einer Änderung der EEPR-Verordnung im Dezember 2010, die die Umschichtung nicht gebundener Mittel auf eine neue Finanzierungsfazilität zur Unterstützung von Projekten im Bereich der nachhaltigen Energienutzung vorsieht.

[1] Verordnung (EG) Nr. 663/2009 über ein Programm zur Konjunkturbelebung durch eine finanzielle Unterstützung der Gemeinschaft zugunsten von Vorhaben im Energiebereich.

[2] KOM(2010) 191 vom 27.4.2010.

[3] Verordnung (EU) Nr. 1233/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2010 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 663/2009 über ein Programm zur Konjunkturbelebung durch eine finanzielle Unterstützung der Gemeinschaft zugunsten von Vorhaben im Energiebereich.

[4] KOM(2010) 677 vom 17.11.2010.

[5] KOM(2008) 768.

[6] Richtlinie 2009/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die geologische Speicherung von Kohlendioxid, ABl. L 140 vom 5. Juni 2009.

[7] KOM (2011) 109 vom 8.3.2011.