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BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT Halbzeitüberprüfung der europäischen Satellitennavigationsprogramme /* KOM/2011/0005 endg. */


[pic] | EUROPÄISCHE KOMMISSION |

Brüssel, den 18.1.2011

KOM(2011) 5 endgültig

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

Halbzeitüberprüfung der europäischen Satellitennavigationsprogramme

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

Halbzeitüberprüfung der europäischen Satellitennavigationsprogramme

Einleitung

Dieser Bericht stellt sowohl den jährlichen Bericht als auch die Halbzeitüberprüfung gemäß Artikel 22 der Verordnung (EG) Nr. 683/2008 (im Folgenden „die Verordnung“) dar. In ihm wird eine Bestandsaufnahme der Programmdurchführung vorgenommen und auf die bevorstehenden Herausforderungen eingegangen.

Das Zahlenmaterial, das in diesem Bericht für den Zeitraum nach 2013 angegeben wird, dient nur zur Information. Damit soll der abschließenden Entscheidung der Kommission über Inhalt oder Struktur der Programme nicht vorgegriffen werden. Zu dieser Frage wird die Kommission 2011 einen Gesetzgebungsvorschlag im Rahmen der Erstellung des künftigen mehrjährigen Finanzrahmens vorlegen.

Bei den Zahlen des Berichts wird auch davon ausgegangen, dass die Systeme so errichtet werden, dass sie sämtliche Dienste nach der Verordnung (EG) Nr. 683/2008 erbringen. Alternativlösungen werden im Zuge der Folgenabschätzung geprüft, die dem Gesetzgebungsvorschlag über die Programme vorausgeht.

Die europäischen Satellitennavigationsprogramme wurden vor mehr als einem Jahrzehnt mit der politischen Zielsetzung ins Leben gerufen, ein System mit weltweiter Abdeckung zu entwickeln und zu betreiben, das der Europäischen Union (EU) strategische und ökonomische Vorteile sichern, ihre Unabhängigkeit sowohl vom russischen als auch vom amerikanischen System verwirklichen und für die zivile Nutzung optimal geeignete Dienste der Satellitennavigation erbringen sollte.

Bei der grundlegenden Reform der Programme im Jahr 2007 beschlossen das Europäische Parlament und der Rat, die Verhandlungen über die öffentlich-private Partnerschaft zu beenden, und bekräftigten, dass ein europäisches Satellitennavigationssystem geschaffen werden müsse, dessen Finanzierung und Risikomanagement vollständig von der öffentlichen Hand getragen werden, betonten dessen strategische Bedeutung und wiesen auf dessen wirtschaftlichen Nutzen hin. Die Unabhängigkeit und Autonomie der EU in einem derart wichtigen Bereich sicherzustellen, ist ein hochgestecktes Ziel, das es zu erreichen gilt.

Wenn sich die öffentliche Hand derart für Hochleistungs-Satellitennavigationsdienste einsetzt, so weckt das weltweit hohe Erwartungen bei den Nutzen und Dienstleistern. Die neuen Generationen moderner Dienste bieten allen Wirtschaftszweigen außerordentliche Perspektiven, wobei durch die boomenden Märkte, die in den letzten Jahren eine jährliche Wachstumsrate von 30 % aufwiesen, viele neue Arbeitsplätze entstanden sind. Bereits heute hängen in den westlichen Ländern schätzungsweise 6 bis 7 % des BIP (etwa 800 Mrd. EUR in der EU) von der Satellitennavigation ab. Die Förderung dieser Technologie, die stark zur Überwindung der Krise beitragen kann, steht voll und ganz im Einklang mit der Strategie „Europa 2020“ und der Politik der nachhaltigen Entwicklung. Die Kommission wurde daher im Rahmen der Leitinitiative „Eine Industriepolitik für das Zeitalter der Globalisierung“ der Strategie Europa 2020 beauftragt, „eine wirkungsvolle Weltraumpolitik zu entwickeln und insbesondere die Projekte Galileo [und GMES] erfolgreich abzuschließen, um die Instrumente zur Bewältigung einiger der wichtigsten globalen Herausforderungen in die Hand zu bekommen“.

Als im Zuge der Lenkungsreform im Jahre 2007 zum einen der EU das Eigentum an der Infrastruktur übertragen wurde, die aus den Programmen Galileo und EGNOS entstanden ist und fester Bestandteil der transeuropäischen Netze ist, und zum anderen die Kommission als Vertreterin der EU mit der Verwaltung der Programme beauftragt wurde, stellte dies eine viel diskutierte Neuerung in der Geschichte des europäischen Aufbauwerks dar. Angesichts der Bedeutung und Tragweite der anstehenden Entscheidungen sowohl für die Sicherheit als auch auf internationaler, finanzieller und industrieller Ebene war es nur logisch, dass die Wahl auf die Kommission als politisch verantwortliche Institution fiel.

Die Kommission hält die ihr vorliegenden Informationen für ausreichend, um das Europäische Parlament und den Rat in dem vorliegenden Bericht auftragsgemäß über den Stand der Projekte zu unterrichten.

1. DIE GESCHICHTE DER PROGRAMME SEIT 2007

Als die Kommission 2008 die Verwaltung der Programme Galileo und EGNOS übernahm, waren beide durch Verzögerungen und erhebliche Mehrkosten sowie durch gravierende Lenkungsschwächen beeinträchtigt. Seit drei Jahren konnten trotz der Schwierigkeiten, die der Verwaltung solcher Projekte zu eigen sind, erhebliche Fortschritte erzielt werden, was auf die Mitwirkung der einzelnen Beteiligten, darunter auch der Partner aus der Industrie, und auf die Unterstützung der Mitgliedstaaten, des Parlaments und des Rates zurückzuführen ist.

Der Interinstitutionelle Galileo-Ausschuss hat diesen Prozess begleitet und eine enge Zusammenarbeit von Kommmission, Parlament und Rat ermöglicht, so dass die Schwierigkeiten, mit denen die Programme konfrontiert waren, bewältigt werden konnten. Dieser Ausschuss und die verschiedenen Parlamentsausschüsse wurden regelmäßig über den Stand der Projekte auf dem Laufenden gehalten. Auch wenn die Kommission weiterhin für die Projektverwaltung zuständig bleibt, müssen die drei Organe angesichts der Tragweite der Entscheidungen partnerschaftlich zusammenarbeiten und in letzter Konsequenz auch die politische Verantwortung teilen.

1.1. Die wichtigsten Erfolge

1.1.1. Der Aufbau eines neuen Lenkungsrahmens

In der Verordnung ist ein klarer Lenkungs- und Finanzierungsrahmen festgelegt, der eine effektive Verwaltung der derzeitigen Programmphasen gestattet. Die Zuständigkeit der Kommission für ihre Verwaltung schließt auch „alle Fragen in Verbindung mit der Sicherheit der Systeme“ ein. Die beiden anderen Hauptakteure sind die Europäische Weltraumorganisation (im Folgenden „die ESA“) und die Agentur für das Europäische GNSS[1] (im Folgenden „die Agentur der EU“).

Die Rolle als Verwalterin von industriellen Großprogrammen, die auf den Aufbau weltraumgestützter, öffentlicher und strategischer Infrastrukturen abzielen, ist für die Kommission noch neu. Um diese vorrangige Aufgabe zu bewältigen, musste die Kommission die erforderliche Kompetenz erwerben und einige Dienststellen umorganisieren. Wie von ihr zugesagt, hat sie auch ein Team unabhängiger Sachverständiger für Projektmanagement zu Rate gezogen. Darüber hinaus hat sie gemäß Artikel 15 der Verordnung einen strategischen Rahmen[2] festgelegt, der die wichtigsten Maßnahmen, die veranschlagten Mittel und den Zeitplan umfasst, die zur Verwirklichung der in der Verordnung festgelegten Ziele erforderlich sind.

Die Mitgliedstaaten wurden durch ihre Mitarbeit im Ausschuss für die europäischen GNSS-Programme und in unterschiedlichen Arbeitsgruppen, wie der Sachverständigengruppe für die Sicherheit der europäischen Systeme, stark in die Projektverwaltung eingebunden.

Die Aufgaben der ESA, deren technisches Know-how in der EU unverzichtbar ist, wurden in zwei Übertragungsvereinbarungen zwischen ihr und der EU festgelegt: eine dient dazu, die industriellen Arbeiten der Errichtungsphase von Galileo abzuschließen, und die andere, das Veralten der EGNOS-Infrastruktur zu verhindern und das System laufend zu vervollkommnen.

In der neuen Verordnung (EG) Nr. 912/2010 wird schließlich die Tätigkeit der Agentur der EU im Einklang mit der Grundverordnung festgelegt. Damit wurde für so wichtige Aufgaben wie die Sicherheitsakkreditierung der Systeme oder den Betrieb der Sicherheitszentrale nunmehr eine tragfähige Grundlage geschaffen.

1.1.2. Die Verwaltung jedes Programms im Einzelnen

1.1.2.1. Das Programm EGNOS

EGNOS ist ein eigenständiges System, das in sich das gesamte Know-how der EU in Sachen Satellitennavigation vereint und langfristig neben Galileo bestehen soll. Schon heute profitieren davon viele wichtige Nutzergruppen z. B. in der Landwirtschaft, der zivilen Luftfahrt, dem Rettungswesen, der Ortung im Mobilfunk, der Kartografie usw.

Die EU hat, vertreten durch die Kommission, am 1. April 2009 von der ESA das Eigentum an sämtlichen materiellen und immateriellen Vermögenswerten des Programms EGNOS erworben. Mit dieser Erwerbung wurde eine für den Betrieb des Systems unerlässliche Voraussetzung geschaffen.

Der offene Dienst von EGNOS nahm am 1. Oktober 2009 offiziell seinen Betrieb auf. Seitdem arbeitet das System entsprechend den vorgeschriebenen Spezifikationen. Er wird im Auftrag der Kommission von einem Dienstleister (im Folgenden „ESSP“) betrieben. Die störungsfreie Bereitstellung des offenen Dienstes und des sicherheitskritischen Dienstes (Safety of Life – im Folgenden „SoL“) ist der Hauptgegenstand dieses Vertrags.

Bereits im Juli 2010 wurde mit der Zertifizierung von ESSP nach den Bestimmungen des einheitlichen europäischen Luftraums ein wichtiger Fortschritt gemacht. Die Errichtung des Systems EGNOS dürfte demnächst abgeschlossen sein und die Aufnahme des SoL-Dienstes für die Bedürfnisse der zivilen Luftfahrt dürfte Anfang 2011 bekanntgegeben werden.

Im Übrigen ist geplant, die flächenmäßige Abdeckung der EGNOS-Dienste auf alle Länder der Europäischen Zivilluftfahrtkonferenz auszuweiten. Es werden aber auch weitere Untersuchungen über die Erweiterung dieses Gebiets in Afrika, den arabischen Ländern und den direkten östlichen EU-Anrainerländern angestellt.

1.1.2.2. Das Programm Galileo

Was die Entwicklungsphase angeht, arbeiten die beiden Erprobungssatelliten, Giove A und Giove B, äußerst zufriedenstellend. Durch sie konnten die Technologien für die nächsten Satelliten validiert werden und es konnte die Nutzung der dem Galileo-Programm von den internationalen Gremien zugeteilten Frequenzen gewährleistet werden.

Zudem befindet sich der Bau der vier ersten Satelliten der künftigen Konstellation, deren Start für 2011–2012 vorgesehen ist, laut ESA in der Schlussphase. Gleichzeitig wird weiter an der Errichtung der terrestrischen Infrastrukturkomponente gearbeitet, wozu die Auswahl der Standorte und der Bau zahlreicher Stationen gehört, die auf etliche Länder und Regionen der Welt verteilt sein werden: Belgien, Frankreich, Italien, Deutschland, Spanien, Niederlande, das Vereinigte Königreich, Neukaledonien, Réunion, Französisch-Guayana, Tahiti, Schweden, Norwegen, Vereinigte Staaten, Antarktis (Troll, Adélieland) usw.

Seit 2008 wird mit Hochdruck an der Errichtungsphase gearbeitet. Die damit verbundenen Aufgaben wurden überwiegend in sechs Arbeitspakete unterteilt, die öffentlich ausgeschrieben wurden. Der Vergabedialog, der im Rahmen der Ausschreibungen mit den Bietern geführt wurde, stellt einen Kernpunkt der eingeleiteten Verfahren dar.

So konnte 2010 der Zuschlag für zunächst vier Aufträge mit einem Gesamtwert von 1250 Mio. EUR erteilt werden; dies betraf die Arbeitspakete „Systemtechnische Unterstützung“, „Satellitenkonstruktion“ mit einer Anfangsbestellung von 14 Satelliten, „Startdienstleistungen“ für den Start von 10 Satelliten, aber mit Option auf weitere Starts und „Betrieb“. Der Zuschlag für die beiden restlichen Arbeitspakete, die die Bodeninfrastruktur betreffen, wird 2011 erfolgen. Im Verlauf dieses Jahres werden auch die Aufträge über ergänzende Anlagen und Ausrüstungen zu vergeben sein. Sofern auf den Märkten Wettbewerb herrschte, konnten gegenüber den anfänglichen Schätzungen Einsparungen erzielt werden, was allerdings bei monopolartigen Gegebenheiten nicht der Fall war.

An den Tätigkeiten im Rahmen der Vergabeverfahren waren bereits mehrere Hundert Unternehmen aus der Mehrzahl der Mitgliedstaaten beteiligt, die Tausende von hochqualifizierten Arbeitnehmern zu diesem Zweck beschäftigen. Im Übrigen hat sich die Kommission dazu verpflichtet, den 40 %-Grundsatz nach Artikel 17 Absatz 3 Buchstabe c der Verordnung zu befolgen, mit dem bezweckt wird, einem Großteil der EU-Industrie die Chance zur Programmbeteiligung zu bieten. Solange allerdings noch nicht alle Arbeitspakete vergeben sind und die Unterauftragnehmer noch nicht vollständig feststehen, lassen sich zum jetzigen Zeitpunkt keine genauen Zahlen angeben. Inzwischen sind jedenfalls strukturell eng verbundene Industriebranchen und zahlreiche wissenschaftliche Standorte in der gesamten EU aktiv in alle die Satellitennavigation betreffende Aktivitäten, einschließlich jener auf den nachgeschalteten Märkten, eingebunden.

Was den öffentlich-staatlichen Dienst („Public Regulated Service“, im Folgenden „PRS“) angeht, hat die Kommission einen Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Regelung des Zugangs zum PRS vorgelegt, in dem der Schwerpunkt auf der Sicherheitsproblematik lag. Seine Annahme ist für die Erbringung dieses Dienstes unerlässlich. Darüber hinaus wird die Kommission gemeinsam mit der Agentur der EU Pilotprojekte ins Leben rufen, in denen die im Beschlussentwurf vorgesehenen Verfahren und Mechanismen anhand konkreter, mit den Mitgliedstaaten abgestimmter Fallbeispiele geprüft und validiert werden können.

1.1.3. Die horizontalen Maßnahmen

Auf internationaler Ebene stehen die Kompatibilität und Interoperabilität der Systeme im Mittelpunkt komplexer Gespräche mit China, den Vereinigten Staaten, Russland, Indien und Japan sowie mit den Vereinten Nationen. Was China betrifft, stellt die Frage der Überlagerung der Frequenzen ein gravierendes Problem für die Sicherheit der EU und ihrer Mitgliedstaaten dar, das trotz der Bemühungen der Mitgliedstaaten und der Kommission bislang ungelöst geblieben ist und das ohne die politische Unterstützung der Letzteren und des Europäischen Parlaments nicht ausgeräumt werden kann.

Die globalen und regionalen, von den Vereinigten Staaten, Russland, China, Japan und Indien entwickelten Systeme stellen die europäischen Programme nicht nur hinsichtlich der Kompatibilität und der Interoperabilität ihrer Frequenzen vor Herausforderungen, sondern auch im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit, zumal es nunmehr darauf ankommt, dass diese Programme rasch für Dienste mit hohem Qualitätsanspruch sorgen, so dass eine wirksame Marktdurchdringung erzielt werden kann.

Im Rahmen des Europäischen Wirtschaftsraums erhält Norwegen seit 2010 eine ähnliche Behandlung wie ein EU-Mitgliedstaat. Auch die Verhandlungen mit der Schweiz kommen voran.

Zur Entwicklung der nachgelagerten Märkte hat die Kommission im Juni 2010 einen Aktionsplan verabschiedet, mit dem die Nutzung der Satellitennavigation in als prioritär eingestuften Wirtschaftszweigen gefördert werden soll. Seine Durchführung ist wichtig, damit nicht eine Infrastruktur ohne Nutzer geschaffen wird, was über die Anwendungen eine andauernde Abhängigkeit der EU von fremden militärischen Systemen begünstigen würde.

Mit den globalen Satellitennavigationssystemen können weltweit Positions- und Synchronisationsinformationen bereitgestellt werden. Sie sind der Katalysator für eine Fülle von wirtschaftlichen Tätigkeiten, die jede für sich zur Wertschöpfung beitragen. Dies trifft vor allem auf folgende Bereiche zu: Mobilität von Personen, Zivilluftfahrt, insbesondere auf Regionalflughäfen und Hubschrauberlandeplätzen, Zivilschutz, Krisenhilfe, vor allem bei Überschwemmungen, Erdbeben oder terroristischen Anschlägen, humanitäre Hilfe, Verfolgung von Schiffen, Schienenfahrzeugen, LKW, Containern, Unterstützung von Personen mit eingeschränkter Mobilität, Lokalisierung gefährlicher Orte, Präzisionslandwirtschaft, Such- und Rettungsdienste, Überwachung gefährlicher Stoffe, Landvermessung und Katasterwesen, vor allem für die Gemeinsame Agrarpolitik, Synchronisierung der Telekommunikations- und Energienetze, Schutz sensibler Infrastrukturen und präzise Zeitbestimmung für Finanztransaktionen. Ferner ist zur Überwachung der EU-Grenzen zu Wasser und zu Land im Rahmen von EUROSUR geplant, einen operativen Dienst einzurichten, der sich der Erdbeobachtungssatelliten (GMES-Programm) bedient. Auch Galileo und EGNOS könnten sich hierbei als nützlich erweisen, weil sie dazu eingesetzt werden könnten, die exakte Position von Inspektionsteams zu bestimmen.

Im vorgelagerten Bereich generieren die Konstruktion und der Betrieb der europäischen Systeme direkte Gewinne für Hunderte von Firmen in der gesamten EU und schaffen Tausende von Arbeitsplätzen mit hohem Qualifikationsprofil. Auf den nachgeschalteten Märkten stellt die Fülle der Anwendungen, die sich aus der Satellitennavigation ergeben, eine einzigartige Wachstumschance für die Unternehmen dar. Der indirekte sozio-ökonomische Nutzen wird unter 2.2.5 beschrieben und im Anhang ausführlich dargestellt.

Neben einigen Regulierungsmaßnahmen umfasst dieser Aktionsplan insbesondere Maßnahmen zur Förderung von Forschung und Innovation, vor allem in den KMU, sowie Maßnahmen zur Standardisierung, Koordinierung und Zertifizierung, die unter anderem auf die Luftfahrt und den Seeverkehr abgestellt sind. Er enthält auch Maßnahmen zur Sensibilisierung von Industrie und Nutzern. Ferner muss beispielsweise die technische Dokumentation für den Bau von Empfangsgeräten für Galileo regelmäßig aktualisiert werden. Bereits 2014 werden nach einer Prognose der Kommission mindestens 80 % der weltweit in Betrieb befindlichen GNSS-Empfänger das europäische Satellitennavigationssystem nutzen, was insbesondere durch die Vereinbarung über die Interoperabilität mit dem GPS-System ermöglicht wird.

Für die Entwicklung der Anwendungen und der Empfängertechnik wurden unter dem 7. Rahmenprogramm für Forschung und Entwicklung drei Aufrufe zur Einreichung von Vorschlägen mit einem Gesamtwert von rund 120 Mio. EUR veröffentlicht. Über die beiden ersten konnten etwa hundert Projekte gefördert werden, deren vorläufige Ergebnisse im März 2010 vorgestellt wurden. Für den dritten und letzten Aufruf ist die Einreichungsfrist noch nicht abgelaufen.

Was schließlich die technische Entwicklung für die künftige Infrastruktur betrifft, so führt die ESA ihre Arbeiten über ein spezifisches fakultatives Programm fort.

1.2. Die gesammelte Erfahrung: Bewertung aller bisherigen Fortschritte

Der Auftrag, der der Kommission in der Verordnung erteilt wurde, geht weit über ihre übliche Tätigkeit bei Industrie-, Infrastruktur- oder Forschungsprojekten hinaus, an denen sie sich in aller Regel nur über Zuschüsse beteiligt, jedoch nicht als Hauptakteur auftritt.

Damit die Programme zufriedenstellend fortgeführt werden können, entwickelte die Kommission mit dem Einsatz ihrer unterschiedlichen Dienststellen und trotz der starren Vorschriften, an die sie gebunden war, passende Lösungen für das Management eines industriellen Projekts. Sie wird mit den seit 2007 gesammelten Erfahrungen das Management der Programme und die Bewältigung unvorhergesehener Schwierigkeiten sowie das Risikomanagement noch optimieren können.

1.2.1. Die Verwaltung der Programme

Der Kommission gelang es, in ihren internen Dienststellen rasch eine Struktur einzurichten, die die Programme in ihrer aktuellen Phase verwalten kann. Sie hat insbesondere das gesamte Personal der Agentur der EU übernommen, das die für die Wahrnehmung ihrer neuen Aufgabe erforderliche Befähigung besaß, um die Kontinuität bei der Durchführung der Projekte zu gewährleisten. Sie hat alle diese Teams eingegliedert, um alle Aspekte der Programme im Einklang mit der Verordnung zu verwalten. Außerdem hat sie eine Übertragungsvereinbarung mit der ESA und einen Managementplan ausgearbeitet, die die Beziehungen zwischen den beiden Organisationen regeln, und sie sorgte für die nötigen Synergien zwischen ihren eigenen Dienststellen, jenen der ESA und jenen der Agentur der EU. Sie hat aber auch Expertengruppen aus den Mitgliedstaaten zu Rate gezogen.

Es ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission Stellen mit hohem Qualifikationsprofil besetzen musste, die für eine ordnungsgemäße Programmverwaltung benötigt wurden. Leider war es aufgrund der Art der Tätigkeiten nur begrenzt möglich, intern Personal umzuschichten, und die Verfahren für die Einstellung von neuen Mitarbeitern mussten streng eingehalten werden. Das Personal, das schließlich eingestellt wurde, hat mehrheitlich den Status von Bediensteten auf Zeit mit Verträgen bis 2013. Sie müssen unbedingt über diesen Termin hinaus weiterbeschäftigt werden, da für die Fortführung der Programme erwiesenermaßen auf das aufgebaute Fachwissen nicht verzichtet werden kann.

Aufgrund des EU-Finanzrahmens, der von finanziellen Vorausschauen für begrenzte Zeiträume abhängt, lassen sich Mittelübertragungen von einem Zeitraum zum nächsten kaum bewerkstelligen, was eine langfristige Planung sehr erschwert, die bei Projekten jedoch unerlässlich ist, deren Laufzeit auf mehrere Jahrzehnte angelegt ist. Nach Auffassung der Kommission müssen Haushaltsmechanismen und -instrumente eingerichtet werden, die hier Abhilfe schaffen.

Auf der externen Ebene müssen Antworten auf Fragen über die Aufgaben der ESA und über die Folgen der Entscheidungen in Sachen Systemsicherheit gefunden werden.

Bei Galileo musste die ESA nach der Auflösung des Konsortiums ESNIS die neue Aufgabe eines Auftraggebers wahrnehmen. Die neue Verteilung der Zuständigkeiten, wonach die ESA de facto eine im Auftrag der EU handelnde Durchführungsstelle wurde, erbringt gute Ergebnisse, wird aber an die Entwicklung der Programme und an künftige Herausforderungen beim Betrieb angepasst werden müssen.

Was EGNOS betrifft, so sind heute die Kommission als Programmverwalterin, die ESA als mit der Konzeption und Weiterentwicklung des Systems betrautes technisches Organ und die Firma ESSP als Dienstleister am Betrieb beteiligt. Ein integriertes Verwaltungsmodell wäre geeignet, die derzeitigen Mitarbeiter in einem zentraler angelegten Rahmen dauerhaft zu binden, um so besser den Risiken vorzubeugen, die mit der Erbringung der EGNOS-Dienste verbunden sind, und die industriellen Aktivitäten besser zu koordinieren, die derzeit sowohl von der ESA als auch von ESSP wahrgenommen werden.

Ferner müssen die künftigen Entwicklungen des Systems auch die Erfahrungen der verschiedenen Nutzergruppen, insbesondere jener aus dem Luftverkehrssektor, widerspiegeln und die Arbeiten des gemeinsamen Unternehmens SESAR und jene des Entwicklungsprogramms der ESA berücksichtigen.

Im Zusammenhang mit der Sicherheitsproblematik ist anzumerken, dass die Kommission zwar gemäß der Verordnung für das Sicherheitsmanagement der Systeme zuständig ist, ihre Handlungsfähigkeit hier allerdings durch zwei Faktoren eingeschränkt ist:

- Erstens werden die Sicherheitserfordernisse tatsächlich von den Mitgliedstaaten festgelegt. Die Bedrohungen für die Sicherheit von sensiblen Infrastrukturen wie z. B. der Satellitennavigation ändern sich ständig. Die Konzeption der Systeme muss sich folglich laufend an deren Veränderungen anpassen. Für die Ausschaltung eines Teils dieser Risiken sind daher die Mitgliedstaaten verantwortlich.

- Zweitens wird mit der Verordnung die Aufgabe der Sicherheitszertifizierung der Systeme an die Agentur der EU übertragen. Diese Trennung der Aufgaben Sicherheitsmanagement und Sicherheitszertifizierung ist im Rahmen einer verantwortungsvollen Projektlenkung für diese Art von Projekten wichtig und gängige Praxis.

In beiden Fällen dürften die Entscheidungen, die getroffen werden, weitreichende Folgen für den mit den Programmen verbundenen Kosten- und Zeitaufwand haben.

1.2.2. Die Unwägbarkeiten der Programme

Es muss betont werden, dass derart komplexe Programme naturgemäß immer mit Unwägbarkeiten verbunden sind. Daher muss ein wirksames Risikomanagementsystem eingerichtet werden und es werden unter Umständen heikle Entscheidungen zu treffen sein.

Zunächst hat in der Entwicklungsphase[3] von Galileo die Übertragung der Trägerschaft auf die ESA, die durch das Scheitern des Firmenkonsortiums ESNIS erforderlich wurde, zu einem Zeitverlust und zu Mehrkosten geführt, weil einige Verträge nachverhandelt werden mussten und die praktische Einführung des neuen Schemas besonderen Erfordernissen unterworfen war. Außerdem erwies sich der Start eines zweiten Erprobungssatelliten als nötig, um die Nutzung der von der Internationalen Fernmeldeunion zugeteilten Frequenzen zu wahren. Und schließlich haben die Rücksichtnahme auf technische Zwänge, die insbesondere die Umsetzung bestimmter Sicherheitsaspekte betrafen, und die Verzögerungen beim Abschluss der Verträge für die Errichtungsphase dazu geführt, dass der Zeit- und Kostenplan revidiert werden mussten.

Die Entwicklungsphase hat insgesamt Mehrkosten in Höhe von etwa 500 Mio. EUR verursacht. Auf Antrag der Mitgliedstaaten hat sich die Kommission bereit erklärt, diese Kosten zu übernehmen, damit die Kontinuität des Programms sichergestellt ist. Mit der Validierung in der Umlaufbahn steht und fällt das Galileo-Programm, und eine Finanzierungslücke hätte seine Fortsetzung in Frage gestellt, was einen Verlust von industriellem Know-how und teilweise fertiggestellten Anlagen zur Folge gehabt hätte.

Für die Errichtungsphase wiederum hat sich die Entscheidung für die Vergabe durch einen wettbewerblichen Dialog als vorteilhaft erwiesen. Durch die Ausschreibung konnte bei den Bietern ein Konkurrenzdruck aufgebaut werden. War dies nicht der Fall, hat die monopolartige Position mancher Akteure stattdessen eine Preiserhöhung mit sich gebracht. So führte der Anstieg der Preise für die Startdienste zu Mehrkosten von über 500 Mio. EUR gegenüber dem ursprünglich veranschlagten Betrag.[4]

Im Übrigen wirken sich die Erfordernisse des SoL-Dienstes von Galileo auf den Finanzierungsbedarf des Programms, insbesondere für die terrestrische Infrastruktur, aus. Derzeit wird in Studien eine Neudefinition dieses Dienstes geprüft, um den neuen Anforderungen der Nutzer und den neuen technologischen Entwicklungen Rechnung zu tragen. Dabei geht es auch darum, das System zu vereinfachen, die Risiken und Kosten zu verringern und die Kompatibilität mit dem GPS-System zu verbessern. Die einschlägigen Entscheidungen werden in den kommenden Jahren zu treffen sein.

Bei EGNOS haben die Erfordernisse der Wartung und Entwicklung des Systems die Ausgaben ansteigen lassen, wobei eine gute geografische Abdeckung der Region Europa noch nicht gewährleistet ist.

Alles in Allem konnten die ersten Kostenschätzungen nicht eingehalten werden, weil einige, hauptsächlich auf technische Fragen, Sicherheitserfordernisse oder Marktgegebenheiten zurückzuführende Risiken im Laufe dieser hochkomplexen Programmphasen eingetreten sind.

Der Kommission gelang es allerdings, die Folgen dieser Schwierigkeiten abzumildern. Das Gesamtziel ist nämlich nicht in Gefahr, weil die verfügbaren Mittel bereits die Konstruktion und den Start von 18 Satelliten, samt der damit verbundenen terrestrischen Infrastruktur, sowie die Erbringung der ersten Dienste schon für die Jahre 2014–2015 gestatten. Auch der Eintritt der EGNOS-Dienste in die operative Phase ist damit gesichert. Es wurden Studien in Auftrag gegeben, um optimale Lösungen dafür zu finden, wie sich die Programme mit den künftig zur Verfügung stehenden Mitteln durchführen lassen. Die ersten Ergebnisse dieser Studien werden in Kapitel 2.2 beschrieben.

1.2.3. Die Risikolage

Die Kommission hat die Frage des Risikomanagements in den Mittelpunkt ihrer Arbeiten gestellt, weil ihre Bedeutung im Zuge der Lenkungsreform von 2007 zutage getreten war. Alle Risiken der Programme werden zentral in einem Register erfasst: sowohl jene, die mit der industriellen Lieferkette zusammenhängen, als auch jene, die mit der ESA, der Agentur der EU, mit externen Faktoren wie dem Einfluss politischer Gremien und den Sicherheitsanforderungen, aber auch mit internen Faktoren wie der Organisation der Programme verbunden sind. Jedem Risiko wird eine Eintrittswahrscheinlichkeit und ein Folgenschweregrad zugewiesen. Das Risikoregister enthält ferner eine Liste von Maßnahmen, die die Wahrscheinlichkeit des Eintretens verringern sollen. Die Risiken werden wie folgt eingeteilt:

- Technische Risiken: Bei der Satellitennavigation kommen Spitzentechnologien zum Einsatz, deren Validierung noch nicht erfolgt ist und deren Spezifikationen sich laufend weiterentwickeln.

- Industriebezogene Risiken: Am Aufbau der Infrastrukturen ist eine Vielzahl von Industrieakteuren aus verschiedenen Ländern beteiligt, deren Arbeiten effizient koordiniert werden müssen, damit zuverlässige Systeme aus einem Stück entstehen; dies gilt ganz besonders für den Sicherheitsaspekt.

- Marktrisiko: Die technische Leistung darf nicht hinter den Ankündigungen zurückbleiben, weil dies die Nutzer weltweit enttäuschen würde und somit die Infrastruktur ungenutzt bliebe. Zudem muss sichergestellt sein, dass ab 2014–2015 zuverlässige Empfangsgeräte für die ersten Galileo-Dienste und speziell für den öffentlich-staatlichen Dienst erhältlich sind.

- Zeitrisiko: Jede Verzögerung bei der Durchführung kann bedeuten, dass das zur Verfügung stehende Zeitfenster verstreicht und die veranschlagten Kosten überschritten werden.

- Lenkungsrisiko: An der Programmlenkung sind verschiedene Gremien beteiligt, die zusammenarbeiten müssen, wobei für angemessene Stabilität und Organisation zu sorgen ist. Zudem ist auf die Meinungsunterschiede zwischen den einzelnen Akteuren und insbesondere den verschiedenen Mitgliedstaaten in mehreren wichtigen Punkten Rücksicht zu nehmen. Hierbei wäre zu bedenken, ob bestimmte Risiken – insbesondere die finanziellen Risiken und die Risiken im Bereich der Sicherheit – nicht von jenen Akteuren, die dazu am besten in der Lage sind, gemeinsam getragen werden sollten.

- Haftungsrisiko: Wie jede Infrastruktur können die beiden europäischen Systeme bei ihren Nutzern oder auch Dritten direkt oder indirekt Schäden verursachen. Aus der Prüfung, die die Kommission vorgenommen hat, geht hervor, dass das derzeit geltende Recht keinen maßgeblichen juristischen Rahmen für einen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen der Opfer und jenen der Eigentümer und Betreiber der europäischen Satellitennavigationssysteme bietet. Aus diesem Grund sind sowohl auf europäischer als auch auf weltweiter Ebene die geeigneten Initiativen einzuleiten, um hier noch vor 2014 Abhilfe zu schaffen. Vor diesem Hintergrund setzt die Kommission in Absprache mit den übrigen internationalen Gremien die entsprechenden Studien fort.

Angesichts dieser Risiken hat die Kommission bei ihren Entscheidungen stets vorrangig das Ziel verfolgt, entsprechend dem Zeitplan die ersten Galileo-Dienste ab 2014 dauerhaft erbringen zu können. Das langfristige übergeordnete Ziel bleibt nach wie vor die Erbringung von hochwertigen, jenen der anderen Systeme gleichwertigen oder überlegenen Diensten im Einklang mit der Verordnung und dem Bedarf der Nutzer. Die Entscheidungen über die Sicherheitsfragen werden in enger Abstimmung mit den Mitgliedstaaten getroffen.

1.3. Finanzieller Überblick

Die EU leistet im Zeitraum 2007–2013 einen Beitrag von 3,4 Mrd. EUR zur Finanzierung der Programme Galileo und EGNOS, wobei unter anderem ein Beitrag Norwegens noch hinzukommt. Dieser Betrag teilte sich auf die drei Hauptaktivitäten auf: den Abschluss der Entwicklungsphase von Galileo (etwa 600 Mio. EUR), die Errichtungsphase von Galileo (2,4 Mrd. EUR) und den Betrieb von EGNOS (rund 400 Mio. EUR).

Was die Errichtungsphase betrifft, sind bereits rund zwei Drittel der Mittel gebunden, und zwar überwiegend für die 2010 unterzeichneten Beschaffungsverträge. Neben der Reserve für Unvorhergesehenes gestatten es die restlichen Mittel, die beiden letzten Arbeitspakete für die Bodeninfrastruktur zu vergeben.

Was konkret die Reserve für Unvorhergesehenes betrifft, wird eine genaue Bewertung des zu deckenden Bedarfs vorgenommen. Welche Haushaltsposten vorzusehen sind, wird von der Rangfolge der zu vermeidenden Risiken oder ihrem Eintreten abhängen. Die größten Risiken, die festgestellt wurden, bestehen in einem starken Leistungsabfall, falls die Nutzung einer auf 18 Satelliten beschränkten Konstellation anhalten sollte[5], in der unzureichenden Verfügbarkeit von Startdiensten, in der nicht möglichen Nutzung ausgewählter Standorte, in einer fehlenden Redundanz der Bodeninfrastruktur oder auch in Konzeptions- und Integrationsdefiziten. Aufträge für Wartungsleistungen müssen vergeben und Ersatzanlagen angekauft werden, damit Pannen vermieden und ein Veralten des Systems verhindert wird.

Die für EGNOS bereitgestellten Gelder waren hauptsächlich für den Vertrag mit ESSIP und die Übertragung an die ESA bestimmt, damit die Erbringung der Dienste und der dauerhafte Bestand des Systems gewährleistet sind.

Die im aktuellen Finanzrahmen für die Programme Galileo und EGNOS eingesetzten Mittel sind folgender Grafik zu entnehmen:

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2. DIE NÄCHSTEN HERAUSFORDERUNGEN

Die Kommission erhielt mit der Verordnung den Auftrag, Satellitennavigationsinfrastrukturen aufzubauen, die zusätzlich zu den bereits bestehenden Diensten regional und weltweit hochwertige Dienste bereitstellen. Dieses Gesamtziel bleibt unverändert bestehen, denn sobald die Qualität der Dienste in Frage gestellt wird, hätte dies sofort eine Destabilisierung des Programms und ein Schwinden des Interesses auf den Märkten zur Folge.

Gerade diese Märkte verzeichnen jedoch ein starkes Wachstum; man geht davon aus, dass 2020 ihr Jahresumsatz rund 240 Mrd. EUR weltweit erreichen wird. Überdies dürften Galileo und EGNOS aufgrund ihrer Vorteile gegenüber den Systemen von Mitbewerbern in den nächsten 20 Jahren einen wirtschaftlichen und sozialen Nutzen in der Größenordnung von 60 bis 90 Mrd. EUR[6] generieren.

Dies setzt allerdings voraus, dass die vollständige Galileo-Infrastruktur fertig gestellt ist und der Betrieb der Systeme eine zuverlässige Erbringung der Dienste ermöglicht. Angesichts der in der Entwicklungs- und der Errichtungsphase entstandenen Mehrkosten (siehe 1.2.2) hält die Kommission eine zusätzliche Mittelausstattung in Höhe von 1,9 Mrd. EUR für die Fertigstellung der Infrastruktur (siehe 2.2.1) für erforderlich. Die Betriebskosten wiederum werden auf rund 0,8 Mrd. EUR im Jahresdurchschnitt geschätzt (siehe 2.2.2). Infolgedessen müssen angepasste Finanzierungsmechanismen eingerichtet werden.

In der derzeitigen Situation hat die Kommission bisher noch keine Aufstockung der Mittel vorgeschlagen, die im gegenwärtigen Finanzrahmen für die Programme veranschlagt sind.[7] Dadurch wird sich die Fertigstellung der vollständigen Infrastruktur des Galileo-Programms wahrscheinlich um vier Jahre verzögern und es werden Mehrkosten anfallen.

Da vor 2014 keine zusätzlichen Mittel bereitstehen werden, muss die Strategie für die Errichtung der Programme überdacht werden, indem die Abwägung zwischen der Leistungsfähigkeit der Dienste und den damit verbundenen Kosten mit der Notwendigkeit in Einklang gebracht wird, einen Dienst bereitzustellen, der sich durch seine Qualität auf dem Markt behaupten kann.

2.1. Die kurzfristige Verwaltung der Programme

Um den Erwartungen des Marktes gerecht zu werden, hat die Kommission ein angepasstes Vorgehen entwickelt: es gilt die Dienste möglichst rasch zu starten und die operative Phase vorzubereiten.

2.1.1. Der Start der ersten Dienste muss 2014–2015 erfolgen

Der jährliche Umsatz, der 2010 weltweit mit Produkten und Diensten erwirtschaftet wurde, die direkt mit der Satellitennavigation zusammenhängen, wurde auf 130 Mrd. EUR geschätzt. Die entsprechenden Märkte dürften in den nächsten Jahren noch ein zweistelliges Wachstum verzeichnen. Nach Expertenmeinung werden sie im Jahr 2020 ein Volumen von 240 Mrd. EUR übersteigen.[8] Erklären lässt sich dieses enorme Wachstum einmal durch die technischen Fortschritte bei den Empfängern und durch das Entstehen vielfältiger neuer Anwendungen, die bei den Verbrauchern einen Nachfrageboom auslösen.

Dieses dynamische Wachstum des Weltmarktes wird derzeit allein vom amerikanischen GPS-System getragen. Mittelfristig werden jedoch weitere globale Satellitennavigationssysteme (im Folgenden „GNSS“), vor allem das russische und das chinesische System, ihren Betrieb aufnehmen. Darum muss sich das europäische System insbesondere bei den Herstellern von Empfängern unbedingt als das andere führende GNSS neben GPS positionieren.

2.1.2. Die Aufnahme des Betriebs

Die bereits vergebenen Aufträge ermöglichen es der Kommission, ihr Vorgehen so anzupassen, dass die Zeitvorgabe 2014 eingehalten werden kann. Die Entwicklungs- und die Errichtungsphase werden bis zum Jahr 2012, in dem die Entwicklungsphase abgeschlossen sein wird, parallel fortgesetzt und die Phase des Betriebs der ersten Dienste läuft bereits 2014 an.

Als erster Schritt wird ab 2014–2015 ein Teil der Infrastruktur in Betrieb genommen („Initial Operational Capability (IOC)“: Aufnahme erster operativer Tätigkeiten), so dass der offene Dienst, der Such- und Rettungsdienst und der PRS erbracht werden können. Die Genauigkeit und die Verfügbarkeit werden in diesem Stadium allerdings noch nicht optimal sein.

Diese erste Phase reicht zwar zum Test der Dienste aus, sollte jedoch von möglichst kurzer Dauer sein, weil sie eine volle Ausschöpfung des Potenzials des Systems nicht erlaubt und nicht den Anforderungen aller Nutzer entspricht. Daher muss diese Phase mit einer festen Zusage der Union einhergehen, die Infrastruktur im Einklang mit den Zielen des Programms Galileo fertigzustellen, damit bei den Nutzern Vertrauen aufgebaut wird und sie zu Investitionen ermutigt werden.

Die Kommission schlägt ferner vor, dass das System EGNOS angepasst wird, um die Präzision des offenen Dienstes dieses, aus dem Programm Galileo hervorgegangenen Systems ebenso zu verbessern wie dies heute bereits bei der Präzision von GPS der Fall ist. EGNOS stellt das einzige System dar, mit dem die EU in den kommenden Jahren einen SoL-Dienst bereitstellen kann.

2.2. Die langfristige Programmplanung

Das europäische System besitzt gegenüber den anderen GNSS-Systemen den entscheidenden Vorteil, das einzige zivilen Zwecken dienende und unter ziviler Kontrolle stehende System zu sein. Es verfügt aber auch noch über andere Vorzüge, die nicht zu unterschätzen sind, wie sein kommerzieller Dienst, der eine Authentifizierung der Signale und eine zusätzliche Verbesserung der Präzision des offenen Dienstes ermöglichen könnte. Zudem ergänzt sein offener Dienst das amerikanische GPS und ist mit diesem interoperabel. Eine kombinierte Nutzung der beiden Systeme wird somit einen Grad an Zuverlässigkeit und Präzision bieten, der den meisten Nutzeranforderungen auf dem Markt der Massenanwendungen weltweit gerecht werden kann.

Die meisten dieser Vorteile kommen allerdings erst zum Tragen, wenn die vollständige Infrastruktur fertiggestellt ist.

2.2.1. Die Fertigstellung der Infrastruktur

Wie unter 1.2.2 bereits ausgeführt wurde, reicht die Summe von 3400 Mio. EUR nicht zur Fertigstellung der aus dem Programm Galileo hervorgegangenen Infrastruktur aus, weil es zu Mehrkosten in der Entwicklungsphase kam, die Trägerraketen sich verteuerten, der Zuschlag für bestimmte Arbeitspakete wettbewerbsfrei erfolgte, für das Programm EGNOS zusätzliche Unkosten angefallen sind und die Mittel auf die Zeit nach 2013 übertragen wurden.[9]

Nach Konsultationen mit der ESA[10] hat die Kommission verschiedene Studien in Auftrag gegeben, um die Kosten der Systeme bewerten zu lassen. Grundlage dieser Bewertungen sind die verschiedenen Szenarien, die für die Zyklen von Beschaffung, Errichtung und Betrieb der Infrastrukturen, einschließlich Wartung und Erneuerung, bei den derzeit angebotenen Preisen und aufgrund der Erfahrungen mit anderen Weltraumsystemen denkbar sind. Ihnen zufolge bedarf es zur Fertigstellung der Infrastruktur des Programms Galileo einer zusätzlichen Mittelzuweisung in Höhe von 1900 Mio. EUR. Damit könnte ein System aufgebaut werden, das die in der Verordnung festgelegten Dienste mit einer Konstellation von 30 Satelliten erbringt.

Benötigt wird dieser Betrag zur Finanzierung der Satelliten und der Trägerraketen, die zur Vervollständigung der Galileo-Konstellation erforderlich sind, sowie zur Fertigstellung der Bodeninfrastruktur zur Erbringung sämtlicher Dienste. Wie bei derartigen, hoch riskanten Industrieprojekten üblich, wurde auch eine Reserve für unvorhergesehene Ereignisse in Höhe von 20 % in den Programmen vorgesehen, was insbesondere die technischen Risiken in der abschließenden Integrationsphase betrifft. Der beschriebene Finanzbedarf ist der nachstehenden Abbildung zu entnehmen.

Es ist darauf hinzuweisen, dass derzeit noch mit ergänzenden Analysen untersucht wird, wie sich der Finanzbedarf begrenzen lässt, indem vor allem die zu erbringenden Dienste gestaffelt eingeführt werden und der SoL-Dienst angepasst wird.

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2.2.2. Die Betriebskosten

Die Betriebskosten der Systeme decken das operative Management der Infrastrukturen, die Verwaltung der Dienste, sowie den Austausch und die Erneuerung der Komponenten, deren Lebensdauer begrenzt ist[11], ab. Darunter fällt auch die ständige Optimierung der Systeme, mit der die Dienste an die wechselnden Nutzerbedürfnisse angepasst werden.

Die Schätzbeträge enthalten auch eine Reserve für Unvorhergesehenes aufgrund der Risiken, die allen Programmen mit starker Technologiekomponente anhaften. Trotzdem wurden bestimmte Risiken, die Folgen für die Finanzierung hätten, außer Acht gelassen, weil es nicht sehr wahrscheinlich ist, dass sie eintreten. Gleiches gilt für die Entwicklung der Sicherheitsaspekte, die Probleme der Interoperabilität mit den anderen Systemen oder die technologischen Risiken wie die Lebensdauer der Uhren. Es gilt angepasste Mechanismen zu prüfen, damit die entsprechenden Mittel nicht angefordert werden.

Bliebe eine Finanzierung dieser Betriebskosten aus, hätte dies sofort zur Folge, dass die Qualität beeinträchtigt oder die Dienste sogar eingestellt würden, was mit der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Aufgaben nicht vereinbar wäre, die den Systemen zugewiesen wurden.

Gemeinsam mit der ESA wurde eine Betriebskostenschätzung vorgenommen, deren Ergebnisse von den Experten der Mitgliedstaaten und anderen unabhängigen Experten validiert wurden.[12] Demnach belaufen sich die durchschnittlichen jährlichen Betriebskosten auf etwa 800 Mio. EUR, wovon 110 Mio. EUR auf EGNOS entfallen, wenn man den nicht indexierten Wert von 2010 und eine Lebensdauer von zwölf Jahren für Standard-Satelliten zugrunde legt.

Dabei ist zu bedenken, dass diese Kosten in den ersten Betriebsjahren nach 2014-2015 niedriger ausfallen, weil die Dienste mit fortschreitender Fertigstellung der Infrastruktur stufenweise eingeführt werden. Damit decken sie lediglich die Kosten für das ordnungsgemäße Funktionieren und die Wartung der Infrastruktur, für die Erbringung der Dienste und den Austausch der ersten am Ende ihrer Lebensdauer angelangten Satelliten. Später kommen noch die Kosten für die Entwicklung und die Inbetriebnahme der neuen Generationen von Systemen hinzu.

Die nachstehende Grafik bietet einen Überblick über die wichtigsten Posten der durchschnittlichen Betriebskosten einer kompletten Infrastruktur.

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2.2.3. Die Kosten für Forschung und Entwicklung

Das Wachstum des nachgeschalteten GNSS-Marktes ist der Hauptfaktor für die indirekte Wertschöpfung von Galileo und EGNOS. Die Entwicklung und Förderung neuer Anwendungen muss finanziert werden, damit eine ausreichende Marktdurchdringung erreicht wird und die europäischen Unternehmen sich auf den Märkten für Produkte und Dienstleistungen, die von der Positionsbestimmung per Satellit abhängen, besser aufstellen können. Die benötigten Mittel können über Instrumente, wie z. B. das Rahmenprogramm für Forschung und Entwicklung oder den Nachfolger des Programms für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (CIP), aufgebracht werden.

2.2.4. Finanzierung und voraussichtlicher Zeitplan

Wie bereits erläutert, ist aktuellen Schätzungen zufolge eine Mittelausstattung in Höhe von 1900 Mio. EUR im Zeitraum von 2014 bis 2019 nötig, um die mit dem Programm Galileo einhergehende Infrastruktur fertigzustellen. Dazu kommen noch die Betriebskosten des Systems, sobald es ab 2014–2015 seinen operativen Betrieb aufnimmt.

Obwohl öffentliche Vergabeverfahren durchgeführt wurden, hat es sich in der Praxis als schwierig erwiesen, die für die verschiedenen Arbeiten veranschlagten Mittel nicht zu überschreiten und von den an den Programmen beteiligten Industrieunternehmen echte Festpreise zu erhalten. Gründe dafür sind die Komplexität und die Besonderheit dieser einzigartigen Systeme, deren Komponenten von einem sehr kleinen Herstellerkreis eigens und ausschließlich für die Zwecke der EU entwickelt und gebaut werden. Die Integration dieser Komponenten ist zudem die Ursache möglicher Schwierigkeiten. Zur Begrenzung finanzieller Auswüchse müssen hierbei vor allem die Risiken gemindert und die Lenkung angepasst werden, um ein wirksames Programm-Management zu gewährleisten.

Wie bereits erläutert, hat die Kommission zu diesem Zweck ihr Risikomanagement-System ausgebaut und die Einhaltung der veranschlagten Kosten und des Zeitplans stärker kontrolliert. Der Erfolg der Programme hängt wesentlich davon ab, dass alle Beteiligten stärker in die Verantwortung genommen werden.

Die Grundlagen einer leistungsfähigen Lenkungsstruktur, mit der künftig verhindert werden könnte, dass die Lage außer Kontrolle gerät, werden unter 2.2.6 dargelegt.

Die Kommission hat in ihrer Mitteilung vom 19. Oktober 2010[13] eine Option vorgeschlagen, derzufolge Großprojekte wie ITER oder Galileo einen konstanten Jahresbeitrag aus dem Haushalt der EU erhalten sollten und etwaige Finanzlücken aus anderen Finanzierungsquellen ausgeglichen werden müssten.

Im Zusammenhang mit Galileo wird die Kommission die jeweils in Frage kommenden Finanzierungsmechanismen weiter prüfen und dabei insbesondere die Arbeitsweisen der Kommission, die Auswirkungen jeder Option auf die einzelnen Aspekte des Programms und die erforderliche Gewährleistung einer Kostenkontrolle bei einer kontinuierlichen Durchführung der Tätigkeiten berücksichtigen.

Bei der Prüfung der Lösungsansätze ist ebenfalls zu bedenken, dass sich die Kosten der Programme grob in drei Kategorien unterteilen lassen:

- Erstens, die Kosten für die Konstruktion der Systeme und die für ihre Wartung und ihren Betrieb anfallenden Kosten, die nach Ende der Errichtungsphase ziemlich genau geschätzt werden können.

- Zweitens, die Kosten, die durch unvorhergesehene Entwicklungen anfallen, welche derartig komplexen Programmen zu eigen sind, und die nach allgemein üblicher Praxis durch eine „Reserve für Unvorhergesehenes“ abgedeckt werden können. Indem die Kosten in den verschiedenen Phasen kontrolliert und alle Akteure in die Verantwortung genommen werden, sollten sich die Folgen dieser Unwägbarkeiten minimieren lassen.

- Drittens, die Kosten, die durch das tatsächliche Eintreten größerer Risiken verursacht werden, welche vom Programm-Management nicht beeinflusst werden können, wie jene Risiken, die auf gravierende technische Probleme bei der Konzeption oder auf die Infragestellung der außervertraglichen Haftung zurückgehen. Solche Risiken treten höchstwahrscheinlich nicht ein; wenn dies aber doch der Fall ist, könnten die entstehenden Kosten unter Umständen nicht mehr durch die eigens vorgesehene Reserve gedeckt werden.

Vor diesem Hintergrund sind zunächst drei Optionen denkbar:

- Bei der ersten würde die EU ausschließlich mit ihrem Haushalt auch künftig für die gesamte Finanzierung der Programme aufkommen.

- Bei der zweiten Option würden die beiden ersten oben genannten Kostenkategorien auch noch aus dem EU-Haushalt finanziert, die Mitgliedstaaten würden jedoch die nicht mit dem Programm-Management zusammenhängenden Risiken tragen.

- Die dritte Option würde auf einer festen Mittelzuweisung aus dem EU-Haushalt beruhen, wobei die Mitgliedstaaten für die Finanzierung eines etwaigen Fehlbetrags aufkommen müssten.

Diese Optionen werden in einer Folgenabschätzungsstudie eingehend untersucht und die Lösung, für die sich die Kommission letztendlich entscheidet, wird in den nächsten Gesetzgebungsvorschlag zur Änderung der Verordnung einfließen.

Im jetzigen Stadium ist es vorbehaltlich der Ergebnisse dieser Analysen nach Auffassung der Kommission nicht zweckmäßig, sämtliche Kosten und Risiken der Programme allein aus dem EU-Haushalt zu bestreiten. Führt man sich den Umfang des EU-Haushalts vor Augen, könnte diese Lösung in der Tat die Finanzierung anderer prioritärer Projekte oder Programme durch die EU gefährden. Angesichts der bisherigen Erfahrungen sollte die gewählte Option zudem alle Beteiligten bei der Kostenkontrolle stärker in die Pflicht nehmen.

Die nachstehende Abbildung zeigt hinsichtlich der Umsetzung des Programms Galileo einen Überblick über den nominellen Zeitplan (ohne Spielräume) für die Fertigstellung der Infrastruktur sowie den Betrieb.

Die Fertigstellung der kompletten Infrastruktur (FOC) ist für 2019–2020 vorgesehen. Dabei kann es je nach den verfügbaren finanziellen Mitteln, den auftretenden technischen Problemen und der industriellen Leistungsfähigkeit zu Änderungen kommen.

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2.2.5. Die Aussicht auf Wirtschaftlichkeit und der indirekte Nutzen

Die Aussicht, mit dem Betrieb der Systeme direkte finanzielle Einnahmen zu erwirtschaften, ist für die EU äußerst gering, wie sich bei den Verhandlungen über eine öffentlich-private Partnerschaft in den Jahren 2004 bis 2007 abzeichnete. Dieses schwache Einnahmenpotenzial war sicher einer der Faktoren für das Scheitern der Verhandlungen.

- Die offenen Dienste von EGNOS und Galileo sind entsprechend der Verordnung gebührenfrei und werden dies auch bleiben, worin sie anderen bestehenden oder geplanten Systemen ähneln. Da diese Dienste für Massenanwendungen bestimmt sind, kommt es darauf an, dass möglichst viele Nutzer sie in Anspruch nehmen, damit der erwartete wirtschaftliche und soziale Nutzen optimal zum Tragen kommt, was ja auch mit dem gemeinwirtschaftlichen Auftrag der Systeme in Einklang steht. Es würde dieser Zielsetzung widersprechen, wie ursprünglich geplant eine Gebühr für die Chips zu erheben, die mit den Signalen von Galileo oder EGNOS funktionieren. Die daraus entstehenden direkten Einnahmen würden viel geringer ausfallen als die indirekten Einnahmen, die der EU dadurch verlorengingen.

- Der Such- und Rettungsdienst des Systems, das aus dem Programm Galileo hervorgegangen ist, der den europäischen Beitrag zum System COSPAS-SARSAT darstellt, sollte ebenfalls unentgeltlich zur Verfügung stehen. Die Nutzung des Weltraumsegments oder der Empfang von Alarmen von COSPAS-SARSAT ist nicht gebührenpflichtig.

- Auch der SoL-Dienst von EGNOS, der zunächst in erster Linie für die zivile Luftfahrt konzipiert wurde, dürfte langfristig keinerlei Einnahmen einbringen. Die Erhebung jedweder Abgabe dürfte sich als stark abschreckend für die potenziellen Nutzer herausstellen, solange ähnliche Systeme wie das WAAS in den Vereinigten Staaten unentgeltlich zur Verfügung stehen. Allerdings könnten sich die Dinge beim SoL-Dienst des Systems, das aus dem Galileo-Programm hervorgegangen ist, künftig in eine andere Richtung entwickeln, weil zum einen bei seiner technischen Konzeption in Abstimmung mit den Nutzern besondere Erfordernisse berücksichtigt und zum anderen dieser Dienst und seine Preisgestaltung sich mit dem GPS decken würden.

Mit Bestimmtheit lässt sich in diesem Stadium sagen, dass sich nur mit dem kommerziellen und dem öffentlich-staatlichen Dienst, die vom System erbracht werden, das aus dem Programm Galileo hervorgegangen ist, Einnahmen erzielen lassen, die von Jahr zu Jahr bis auf etwa 70 Mio. EUR auf lange Sicht anwachsen werden. Eine Maximierung dieser Einnahmen wird sich nur langfristig einstellen. Welche Einnahmen vom hoheitlichen Dienst generiert werden, wir außerdem von stark politisch geprägten Entscheidungen abhängen.

Selbst wenn die aus den Systemen entstehenden finanziellen Einnahmen ziemlich niedrig erscheinen mögen, ist doch der wirtschaftliche und soziale Nutzen erheblich, der von diesen beiden öffentlichen Infrastrukturen ausgeht – er ist gewissermaßen mit dem Nutzen vergleichbar, den die unentgeltliche Verbreitung des Internets mit sich brachte – und der für den Zeitraum 2010–2027 insgesamt auf 60 bis 90 Mrd. EUR geschätzt wird[14]. Dieser Nutzen ist das Ergebnis des Wachstums der nachgeschalteten Märkte, der positiven Effekte für den Gemeinnutzen, wie eine größere Effizienz des Verkehrssektors oder die Senkung der Unfallzahlen, und der Folgen der Investitionen, die für den gesamten Weltraumsektor zugesagt wurden. Da der Betrieb der Systeme einen gemeinnützigen Dienst darstellt, liegt es eher im Interesse der EU, diesen wirtschaftlichen und sozialen Gewinn zu optimieren, als eine Maximierung der direkten finanziellen Einnahmen anzustreben. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass Galileo und EGNOS sich enorm positiv auf die wirtschaftliche Entwicklung auswirken und das Wachstum anregen werden.

2.2.6. Die Lenkung der Programme

2.2.6.1. Die Errichtungsphase von Galileo

Das Hauptziel der jüngst durch die Verordnung (EG) Nr. 912/2010 ergänzten GNSS-Verordnung bestand darin, einen stabilen und effizienten Rahmen für das Management der Entwicklungs- und Errichtungsphasen zu schaffen, der auf einem integrierten Modell mit einer Übertragung von Aufgaben an die ESA beruht. Abgesehen davon, dass sich dieser Rahmen bislang zwar als zufriedenstellend, wenn auch verbesserungsfähig erwiesen hat, wäre es auch unangebracht, ihn kurz- und mittelfristig in größerem Umfang zu verändern.

Da die Errichtung nicht vor Ende des Jahrzehnts abgeschlossen sein wird, würde eine umfangreiche Veränderung der Lenkungsmodalitäten vor diesem Zeitpunkt sicherlich den reibungslosen Programmverlauf gefährden. Die Stabilität sorgt für Kontinuität und Kohärenz sowohl der Aktivitäten der verschiedenen Beteiligten als auch der einzelnen Entscheidungen, die im Verlauf der Programme getroffen werden. Außerdem gewährleistet sie die Glaubwürdigkeit der Programme gegenüber Dritten.

Der Rechnungshof hat in seinem 2009 veröffentlichten Bericht die negativen Auswirkungen der allzu häufigen Managementänderungen vor 2007 aufgezeigt.

2.2.6.2. Der Betrieb der Infrastrukturen

Die Verwaltung des Betriebs, einschließlich der Wartung und Erneuerung der Infrastrukturen, umfasst vier Elemente: Konzeption, Konstruktion, laufender Betrieb und Erbringung der Dienste. Die Erfahrungen mit EGNOS haben gezeigt, dass die Verwaltung dieser vier Elemente nicht voneinander getrennt werden kann, sondern dass vielmehr einem integrierten Verwaltungsmodell der Vorzug zu geben ist.

Die Erfahrungen mit der Verwaltung der Programme zeigen jedenfalls deutlich, dass die Lenkung des Betriebs neben der Integration dieser vier Elemente folgenden Grundsätzen folgen sollte:

- Sie sollte mit den Aufgaben der EU als Eigentümerin der Systeme und den Aufgaben der Kommission als Programmverwalterin vereinbar sein, wobei die Kommission die einzige Entscheidungsinstanz darstellt.

- Sie sollte auf einem einfachen, integrierten Modell mit einer klaren und einheitlichen Leitlinie für den öffentlichen Sektor beruhen.

- Sie sollte langfristig einen stabilen Rahmen bieten, eine einigermaßen flexible Finanz- und Personalverwaltung aufweisen, eine effektive, zuverlässige und transparente Organisationsstruktur haben und durch klare Verfahren eine rasche Entscheidungsfindung gestatten.

- Sie sollte das gesamte Know-how und Fachwissen bewahren, das über die Programmlaufzeit hinweg angesammelt wurde, wobei vor allem die Kenntnisse bei der ESA unbedingt erhalten bleiben müssen.

- Sie sollte das Verantwortungsgefühl der Industrie und des Auftraggebers stärken.

- Sie sollte die Unabhängigkeit der Sicherheitszertifizierung der Systeme gewährleisten.

- Sie sollte den gemeinnützigen Charakter der Dienste gebührend berücksichtigen.

- Sie sollte die europaweite Koordinierung der Maßnahmen zum Schutz der Systeme erlauben, soweit diese besonders sensibler Natur sind.

Dies bedeutet, dass die Verwaltung des Betriebs einer Trägerstruktur übertragen werden sollte, die der Kontrolle der Kommission untersteht. Dafür sind mehrere Optionen denkbar.

Für EGNOS könnte es sich bei der Trägerstruktur um die ESA, die Agentur der EU, eine neue öffentliche Stelle oder auch eine operative Einheit bei Eurocontrol handeln. Die Kommission schlägt vor, die Vor- und Nachteile aller dieser Optionen zu diskutieren, bevor sie dem Europäischen Parlament und dem Rat 2012 einen detaillierten Vorschlag vorlegt. Die gewählte Lösung muss noch vor 2014 umgesetzt werden.

Was Galileo angeht, wird die Betriebsphase der ersten Dienste ab 2014 schrittweise anlaufen. Demnach werden sich die Errichtungsphase und die Betriebsphase etwa fünf Jahre lang überschneiden. Während dieses Zeitraums müsste sich die Programmlenkung allmählich den neuen Anforderungen anpassen, die sich aus der Erbringung der ersten Dienste ergeben.

Es muss auch darauf hingewiesen werden, dass der Betreiber die nötigen Voraussetzungen erfüllen muss, um als Luftfahrt-Dienstleister nach den Verordnungen über den einheitlichen europäischen Luftraum zertifiziert zu werden.

Aufbauend auf den künftigen Diskussionen über die finanziellen Rahmenbedingungen wird die Kommission zu gegebener Zeit dem Parlament und dem Rat verschiedene Optionen für die Lenkung unterbreiten, die nach der vollständigen Fertigstellung der Infrastruktur für die Verwaltung des Betriebs einzurichten ist.

Fazit

Die europäischen Satellitennavigationsprogramme übersteigen die finanziellen und technischen Kapazitäten eines einzelnen Mitgliedstaats und fallen demnach voll und ganz in die Zuständigkeit der EU. Aufgrund der damit einhergehenden Sicherheitserfordernisse müssen zudem alle Mitgliedstaaten an diesen Programmen beteiligt werden.

Seit der Reform der Programmlenkung im Jahr 2007 kann die Kommission auf mehrere Erfolge verweisen: EGNOS ist nun operativ, es hat sich als äußerst leistungsfähig erwiesen und die Errichtung von Galileo kommt voran. Die Schaffung der Infrastrukturen wurde in Regulierungsfragen von mehreren horizontalen Maßnahmen flankiert, die sich auf internationale Aspekte und die künftigen Nutzungsweisen bezogen.

Für die Programme ergeben sich nun jedoch neue Herausforderungen, die durch das Eintreten bestimmter von der Kommission zuvor bereits erkannter Risiken bedingt sind, und die Organisation der Programme muss im Sinne der Effizienz noch verfeinert werden. Die Projektfinanzierung wurde vor allem deshalb überschritten, weil es zu Mehrkosten in der Entwicklungsphase kam, die Trägerraketen sich verteuerten, der Zuschlag für bestimmte Arbeitspakete wettbewerbsfrei erfolgte und für das Programm zusätzliche Unkosten angefallen sind.

Die Wirtschaftslage der EU und ihrer Mitgliedstaaten hat die Kommission überdies veranlasst, bisher keine Zuweisung weiterer Mittel unter dem mehrjährigen Finanzrahmen zu beantragen, selbst wenn es dadurch zu Verzögerungen bei der vollständigen Errichtung von Galileo und zu einem Anstieg der Gesamtkosten kommt.

Die europäischen Satellitennavigationsprogramme müssen auf eine neue Arbeitsgrundlage gestellt werden, um ihre Weiterentwicklung zu sichern, ohne die von Parlament und Rat vorgegebenen Ziele zu gefährden. Das empfohlene Vorgehen sieht also vor, dass die gegenwärtige Organisation über mindestens zehn Jahre hinweg beibehalten und verbessert wird, jedoch an die Erfordernisse der Betriebsphase anzupassen ist.

Auf politischer Ebene sind noch mehrere Entscheidungen zu treffen. In einem Umfeld, in dem der wirtschaftliche und soziale Fortschritt Europas enorm von der Beherrschung und Anwendung von Spitzentechnologien wie beispielsweise der Kernfusion, der Raumfahrt, dem Luftverkehrsmanagement und den Biowissenschaften abhängt, bedarf es einer klaren Aussage zu den Mitteln und vor allem den finanziellen Ressourcen, die uns vor den Risiken schützen sollen, mit denen diese Technologien behaftet sind. Und ebenso müssen daraus Konsequenzen für die Entwicklung des EU-Haushalts und für die Aufteilung der Risiken auf die EU und auf ihre Mitgliedstaaten gezogen werden. Die Entscheidungen zur Festlegung der Haushalts- und Finanzierungsgrundsätze für eine Fortsetzung der europäischen Satellitennavigationsprogramme stehen an und müssen im Einklang mit den Entscheidungen über den Lenkungsrahmen getroffen werden. Mit ihm müssen alle Akteure verstärkt in die Pflicht genommen werden, damit die Umstellung auf ein neues Lenkungsschema gelingen kann und gleichzeitig das Projekt und die damit verbundenen Kosten einer stärkeren Kontrolle unterzogen werden.

Solche Entscheidungen politischer Natur müssen lange und gründlich bedacht werden. Die Kommission wird zu einem späteren Zeitpunkt ausführliche Vorschläge ausarbeiten, die den Vorgaben folgen, welche das Europäische Parlament und der Rat auf den vorliegenden Bericht hin formulieren werden.

Anhang

Übersichtstabelle der vorgesehenen Anwendungen und erwarteten Auswirkungen der europäischen Satellitennavigationsprogramme

Bereich | Beschreibung | Auswirkungen |

Straßenverkehr | - Erhöhung der Straßenverkehrssicherheit, vor allem bei Notfällen, für PKW, Busse und Gefahrguttransporte - Verbesserung des Verkehrswegemanagements und Verringerung von Staus, Unterstützung der Fahrer durch Strecken-, Straßen- und Verkehrsinformationen in Echtzeit - Verbesserung des Mautwesens und der elektronischen Gebührenerhebung - Bessere Dienste für Reisende | Kürzere Fahrzeiten und niedrigerer Kraftstoff-verbrauch |

Logistik | - Effizienteres Container-Management in Häfen oder Bahnhöfen - Bessere Dienste für Kunden | Kürzere Transportzeiten |

Seeverkehr | - Verbesserung des Verkehrsmanagements, vor allem in Häfen oder Fahrrinnen mit hohem Verkehrsaufkommen - Sicherheitsgewinn im Seeverkehr - Bessere Überwachung des Seeverkehrs durch Polizeibehörden, raschere Kontrollen - Hilfe für Schiffe in Gefahr | Erhöhung der Umschlagskapazitäten in Häfen Reduzierung von Verwaltungsaufwand, geringere Verspätungen |

Luftverkehr | - Einfachere Nutzung schlechter ausgerüsteter Flughäfen in der zivilen Luftfahrt - Beitrag zur allgemeinen Zielsetzung des einheitlichen europäischen Luftraums und von SESAR - Verbesserung von Flugmanagement und -sicherheit auf Flughäfen | Weniger stornierte Flüge, Erhöhung der Kapazitäten vor allem auf kleinen Flughäfen |

Landwirtschaft | - Besseres Anlegen und Aktualisieren von Katastern - Präzisionslandwirtschaft und Produktionsüberwachung werden möglich - Kontrolle der Verwendung von EU-Subventionen wird verbessert | Produktivität der Landwirte steigt um 10-20 %, Kosten für Umsetzung der GAP sinken |

Fischerei | Überwachung der Schiffe | Reduzierung von Verwaltungsaufwand, geringere Verspätungen |

Hilfe für Drittländer | - Entwicklungsländer erhalten Zugang zu leicht zu unterhaltender Infrastruktur zur Deckung grundlegender Bedürfnisse, vor allem im Verkehrssektor | Zusätzliches außen-politisches Instrument |

Mobilfunk | - Mehr und bessere Dienste auf Mobilfunkgeräten | Neues Serviceangebot |

Aktivitäten auf See | - Verbesserung der Such- und Rettungsdienste | Reduzierung der Opferzahlen |

Sicherheit | - Unterstützung der Mitgliedstaaten bei Bekämpfung von Terrorismus, Kriminalität und illegaler Einwanderung | Sicherheitsgewinn |

Behinderte, Kranke und Senioren | - Verbesserung der Mobilitätshilfen für Senioren, Behinderte und Kranke | Steigerung der Lebensqualität |

Fischerei und Seeverkehr | - Überwachung der Schiffe - Überwachung von Rettungseinsätzen | Überwachung wird möglich, Häufigkeit und Schwere von Ölteppichen wird begrenzt |

Energie | - Überwachung des Energietransports - Beitrag zur Sicherheit von Kraftwerken | Optimierung des Netzes |

Umweltschutz und Zivilschutz | - Verbesserung der Krisenreaktion, auch in Drittländern - Sicherheitsgewinn für die Einsatzkräfte | Kürzere Einsatzzeiten Bessere Überwachung |

Glossar – Liste der Akronyme

Agentur der EU: Agentur für das Europäische GNSS

- Ihr Aufgabenschwerpunkt liegt auf der Sicherheitsakkreditierung und der Vorbereitung der kommerziellen Nutzung der europäischen Satellitennavigationssysteme (die neue Rechtsgrundlage für diese Agentur ist die Verordnung (EU) Nr. 912/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2010 über die Errichtung der Agentur für das Europäische GNSS und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1321/2004 des Rates über die Verwaltungsorgane der europäischen Satellitennavigationsprogramme sowie zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 683/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates).

ESA: Europäische Weltraumorganisation

- Die Europäische Weltraumorganisation öffnet Europa das Tor zum Weltraum. Ihre Aufgabe ist es, die Entwicklung der europäischen Weltraumkapazitäten zu gestalten und zu gewährleisten, dass die einschlägigen Investitionen auch künftig einen Nutzen für die Bürger Europas und die gesamte Welt mit sich bringen.

CS: Commercial Service – kommerzieller Dienst

- Der kommerzielle Dienst ist verschlüsselt und auf einen Zentimeter genau, so dass er die Entwicklung von Anwendungen für die professionelle oder kommerzielle Nutzung erlaubt, weil er leistungsstärker ist und seine Daten größeren Mehrwert bringen als die des offenen Dienstes.

Cospas-Sarsat:

- Das internationale Programm Cospas-Sarsat liefert genaue, zeitnahe und zuverlässige Notsignale und Positionsdaten zur Unterstützung der behördlichen Such- und Rettungsdienste bei ihren Einsätzen hauptsächlich im Seeverkehr und in der Luftfahrt.

- Ziel des Cospas-Sarsat-Systems ist es, die Verzögerung bis zur Übermittlung eines Notsignals an die Such- und Rettungsdienste wie auch die zur Lokalisierung des Notfallortes und zur eigentlichen Hilfeleistung benötigte Zeit möglichst zu verkürzen, was die Überlebenswahrscheinlichkeit der an Land oder auf See in einer Notlage befindlichen Personen unmittelbar erhöht.

EGNOS: European Geostationary Navigation Overlay Service – Geostationärer Navigations-Ergänzungsdienst für Europa

- EGNOS stellt das erste europäische Projekt im Bereich Satellitennavigation dar. EGNOS wurde entwickelt, um die Zuverlässigkeit und Präzision der Satellitennavigation zu erhöhen, indem damit die Signale des amerikanischen GPS-Systems in Europa ergänzt werden.

- Durch EGNOS werden bestehende Satellitennavigationsdienste auch für sicherheitskritische Anwendungen geeignet, wie das Fliegen und Landen von Flugzeugen oder das Navigieren von Schiffen durch enge Fahrrinnen.

ESSP: European Satellite Services Provider

- 2001 gegründetes Unternehmen, das die Aufgabe hat, den Betrieb des EGNOS-Systems zu gewährleisten.

FOC: Full Operational Capability – volle Betriebsfähigkeit

- Die volle Betriebsfähigkeit ist erreicht, sobald die komplette Weltraum- und Bodeninfrastruktur von Galileo fertiggestellt ist.

Galileo:

- Galileo ist der globale Satellitennavigationsdienst, der von der Europäischen Union entwickelt wurde. Er besteht aus einer Konstellation von Satelliten in der Erdumlaufbahn und der dazugehörigen Bodeninfrastruktur.

- Er liefert Positionsdaten von bisher unerreichter Genauigkeit und Zuverlässigkeit. Mit seiner Konfiguration lässt sich eine kontinuierliche Abdeckung der gesamten Erde erreichen, wobei jeder beliebige Punkt zu jeder beliebigen Zeit von sechs bis acht Satelliten erreicht wird. Dadurch werden vollständige und hochpräzise Positionsdaten auf der ganzen Erde bereitgestellt.

GNSS: Global Navigation Satellite System – Globales Satellitennavigationssystem

- GNSS ist der allgemeine Überbegriff für Satellitennavigationssysteme, die autonome Geo-Ortungsdienste mit globaler Reichweite erbringen. Im weiteren Sinn schließt dies auch regionale Ergänzungssysteme wie EGNOS oder das entsprechende US-amerikanische System WAAS ein.

GPS: Global Positioning System

- GPS ist das globale Satellitennavigationssystem der USA mit globaler Reichweite.

IOC: Initial Operational Capability – erste Betriebsfähigkeit.

- IOC stellt die Minimalkonfiguration des Galileo-Systems dar, die die Erbringung der ersten Dienste ermöglicht. Diese Stufe wird erreicht sein, sobald die ersten 18 Satelliten operativ sind.

OS: Open Service – offener Dienst

- Der offene Dienst verfügt über eine Ortungsgenauigkeit von einem Meter; er ist für den Massenmarkt bestimmt und besonders für Navigationsdienste und ortungsbasierte Mobilfunkdienste konzipiert. Er steht den Nutzern unentgeltlich zur Verfügung und liefert Positions- und Synchronisationsinformationen, die für Massenanwendungen der Satellitennavigation bestimmt sind.

PRS: Public Regulated Service – öffentlich-staatlicher Dienst

- Der öffentlich-staatliche Dienst ist staatlich autorisierten Nutzern für sensible Anwendungen vorbehalten, die einen hohen Grad an Dienstkontinuität erfordern. Er wird verschlüsselt und ist durch seine Entstörungsmechanismen und seine zuverlässige Problemerkennung für eine größere Störsicherheit ausgelegt. Dieser Dienst ist für Anwendungen in den Bereichen Sicherheit und strategische Infrastrukturen (z. B. Energie, Telekommunikation und Finanzwesen) bestimmt.

Verordnung: Die Verordnung (EG) Nr. 683/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über die weitere Durchführung der europäischen Satellitenprogramme (EGNOS und Galileo).

- Darin sind die Bestimmungen über die weitere Durchführung der europäischen Satellitenprogramme, einschließlich der Lenkung und Finanzierung, festgelegt.

SAR: Search and Rescue – Such- und Rettungsdienst

- Galileo unterstützt den Such- und Rettungsdienst des Cospas-Sarsat-Systems, indem es an die Rettungsleitzentralen Notsignale übermittelt, die es von Funkbaken empfängt, und Meldungen an diese weiterleitet.

SESAR: Single European Sky Air Traffic Management Research

- SESAR ist der Name des Programms, durch das Europa wirksame Systeme für das Luftverkehrsmanagement erhalten soll und die bestehenden Systeme modernisiert werden sollen. Mit diesem Programm wird die Grundlagentechnologie für das Programm des einheitlichen europäischen Luftraums geschaffen.

SoL: Safety of Life – sicherheitskritischer Dienst

- Vom sicherheitskritischen Dienst werden die Nutzer binnen Sekunden über einen etwaigen Satellitenausfall oder ein ähnliches Problem mit Folgen für die Systemleistung informiert. Deshalb eignet er sich für Anwendungen, bei denen die Sicherheit höchste Bedeutung hat, wie dem Leiten von Zügen und dem Navigieren von Kraftfahrzeugen, Schiffen und Flugzeugen. Dieser Dienst erfüllt zudem die Anforderungen bestimmter Sektoren hinsichtlich Kontinuität, Verfügbarkeit und Genauigkeit und alarmiert mit einem Integritätsmelder den Nutzer bei einem Systemversagen.

-

[1] GNSS: Globales Satellitennavigationssystem.

[2] K(2008) 8378 vom 12.12.2008.

[3] Laut der Definition in der Verordnung umfasst die Entwicklungsphase „den Bau und den Start der ersten Satelliten, die Errichtung der ersten Infrastrukturen am Boden sowie alle Arbeiten und Tätigkeiten zur Validierung des Systems in der Umlaufbahn“.

[4] Die Kommission wird sich in einer Mitteilung über die Weiterentwicklung der europäischen Industriepolitik für den Weltraum umfassender mit diesen Marktgegebenheiten und ihren Folgen befassen.

[5] Durch Verlust eines Satelliten beim Start oder in der Umlaufbahn.

[6] Quelle: Marktstudien der Agentur der EU (Instrumente für Überwachung und Prognose der GNSS-Märkte – Zahlen von 2010). Der Gesamtwert der von Galileo und EGNOS im Zeitraum 2010–2027 generierten Nettogewinne hängt von dem Zeitpunkt ab, an dem Galileo seinen vollen operativen Betrieb aufnimmt. Jedes Jahr Verzögerung schlägt mit einem um 10 % bis 15 % niedrigeren Gewinn zu Buche, weil Einnahmeausfälle zu verzeichnen sind, Alternativlösungen erarbeitet werden müssen und konkurrierende Systeme entstehen.

[7] KOM(2010) 700 vom 19.10.2010.

[8] Quelle: Agentur der EU (2010), GNSS-Marktüberwachungsbericht.

[9] Alle diese Faktoren zusammengerechnet schlagen mit dem zusätzlichen Finanzbedarf zu Buche.

[10] Hauptsächlich im Sommer 2010 fanden mehrere Sitzungen mit den Dienststellen der Kommission und der ESA statt.

[11] Die Satelliten sind für eine Lebensdauer von 12 Jahren ausgelegt. Die Lebensdauer der Bodeninfrastuktur ist noch kürzer.

[12] Diese Konsultationen fanden im Sommer 2010 im Rahmen der Studie über den Betrieb der Programme statt, die von unabhängigen Beratern durchgeführt wurde.

[13] KOM(2010) 700.

[14] Die Höhe dieses Nutzens hängt davon ab, wann die Errichtungsphase abgeschlossen wird. Die kürzlich eingetretenen Verzögerungen haben sich demnach negativ auf die erwarteten Rückflüsse aus den Systemen ausgewirkt (vgl. Fußnote 6).