15.2.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 43/69


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2008/106/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über Mindestanforderungen für die Ausbildung von Seeleuten“

KOM(2011) 555 endg. — 2011/0239 (COD)

2012/C 43/16

Berichterstatterin: Anna BREDIMA

Der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament beschlossen am 30. September bzw. 28. September 2011, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 100 Absatz 2 und Artikel 304 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2008/106/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über Mindestanforderungen für die Ausbildung von Seeleuten

KOM(2011) 555 endg. — 2011/0239 (COD).

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft nahm ihre Stellungnahme am 23. November 2011 an.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 476. Plenartagung am 7./8. Dezember 2011 (Sitzung vom 7. Dezember) mit 176 gegen 3 Stimmen bei 10 Enthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1   Eine bessere Ausbildung von Seeleuten ist für die Anziehungskraft der Seeschifffahrtsberufe in der EU von zentraler Bedeutung und führt zu einer höheren Sicherheit und Gefahrenabwehr im Seeverkehr. Schifffahrtsbezogenes Fachwissen ist strategisch wichtig für die weltweite Führungsrolle der EU im Bereich der Seefahrt.

1.2   Der EWSA unterstützt den Richtlinienentwurf zur Anpassung der Richtlinie 2008/106/EG über Mindestanforderungen für die Ausbildung von Seeleuten an die 2010 in Manila vorgenommenen Änderungen des Internationalen Übereinkommens von 1978 über Normen für die Ausbildung, die Erteilung von Befähigungszeugnissen und den Wachdienst von Seeleuten (STCW-Übereinkommen).

1.3   Für die EU-Mitgliedstaaten ist die Annahme des Richtlinienvorschlags unerlässlich, da die Ausbildung von Seeleuten infolge des Inkrafttretens der in Manila beschlossenen Änderungen an dem STCW-Übereinkommen ab 2012 neuen Bestimmungen über Fähigkeiten, Berufsprofile, Sicherheit und Befähigungszeugnisse auf internationaler Ebene unterliegt.

1.4   Der EWSA ist mit dem vorgeschlagenen Wortlaut von Artikel 15 Absatz 11 nicht einverstanden, wo es heißt, dass „die Mitgliedstaaten Tarifverträge genehmigen oder registrieren [können], die Ausnahmen von den […] vorgeschriebenen Ruhezeiten [der Seeleute] gestatten“. Die EU-Richtlinie darf nicht vom Wortlaut der bestehenden internationalen und europäischen Rechtsvorschriften abweichen, nämlich von dem ILO-Übereinkommen Nr. 180, dem ILO-Übereinkommen über Mindestarbeitsnormen im Seeverkehr von 2006 und der Richtlinie 1999/63/EG. Diese Richtlinie zur Regelung der Arbeitszeit von Seeleuten ist das Ergebnis langer und schwieriger Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern; dieses Ergebnis des sozialen Dialogs sollte von den EU-Institutionen respektiert werden.

1.5   Der EWSA schlägt vor, das Standardmuster zur Registrierung der Ruhe- und der Arbeitszeit in der vorgeschlagenen Richtlinie zu spezifizieren. In dem Standardmuster könnte auf die IMO- bzw. ILO-Leitlinien für die Erstellung von Übersichten über die Arbeitsorganisation an Bord und von Verzeichnissen über die Arbeits- und Ruhezeiten der Seeleute verwiesen werden.

1.6   Der EWSA merkt an, dass das STCW-Übereinkommen bereits am 1. Januar 2012 in Kraft treten wird, die vorgeschlagene Richtlinie aber aufgrund der vorbereitenden Gesetzgebungsverfahren im Rat der EU und im Europäischen Parlament nicht vor Juli 2012. Der EWSA verweist darauf, dass es mit den neuen Arbeitszeiten der Seeleute Probleme bei der Kontrolle durch den Hafenstaat außerhalb der EU geben wird und dass die europäischen Seeleute zunächst keine Befähigungszeugnisse nach STCW 2010 haben werden. Diesbezüglich bedarf es rechtlicher Klarstellungen.

1.7   Bezüglich der Bewertung von Drittländern zur Anerkennung ihrer Ausbildungseinrichtungen und Befähigungszeugnisse geht der EWSA davon aus, dass die Verlängerung von derzeit drei auf 18 Monate realistisch ist, wenn man das hohe Arbeitsaufkommen für Seefahrtnationen und den Ressourcenmangel in Ländern ohne Seefahrt berücksichtigt.

1.8   Der EWSA begrüßt, dass die EU-Mitgliedstaaten dazu verpflichtet werden, der Europäischen Kommission für statistische Analysen standardisierte Informationen über die Ausstellung von Befähigungszeugnissen für Seeleute zu übermitteln.

1.9   Der EWSA schlägt vor, die Definition eines Schiffsbetriebstechnikers gemäß den Bestimmungen des STCW-Übereinkommens in die vorgeschlagene Richtlinie aufzunehmen.

1.10   Der EWSA fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, angesichts der weltweiten Zunahme von Piratenangriffen umgehend die Frage eines Piratenabwehrtrainings für Seeleute zu prüfen. Grundlage eines solchen Trainings sollten die einschlägigen bewährten Praktiken der Vereinten Nationen und der Internationale Kodex für die Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen (ISPS) sein.

2.   Einleitung

2.1   Der Schlüssel zu gewinnbringender Schifffahrt ist die Qualität der Ausbildung von Seeleuten. Selbst in Zeiten globaler wirtschaftlicher Schwierigkeiten darf die Ausbildung in Schifffahrtsberufen nicht als Kostenfaktor angesehen werden, sondern muss als Investition gelten. Der Weg für mehr Sicherheit und eine bessere Gefahrenabwehr im Seeverkehr führt über die Ausbildung der Seeleute.

2.2   Im Internationalen Übereinkommen über Normen für die Ausbildung, die Erteilung von Befähigungszeugnissen und den Wachdienst von Seeleuten (STCW-Übereinkommen von 1978) der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) wird hauptsächlich auf die Anforderungen für die Ausbildung von Offizieren eingegangen. Das STCW-Übereinkommen wurde zunächst 1995 und jüngst im Juni 2010 in Manila geändert.

2.3   In früheren Stellungnahmen (1) hat der EWSA die Bedeutung des europäischen Fachwissens im Bereich der Seefahrt, der Kohärenz der EU-Richtlinien mit dem STCW-Übereinkommen sowie einer besseren Ausbildung von Seeleuten als eine wesentliche Maßnahme zur Steigerung des Interesses junger Leute für Schifffahrtsberufe hervorgehoben (EWSA-Konferenz zur Attraktivität der maritimen Berufe am 11. März 2010). Für die EU ist der Erhalt der Arbeitsplätze ihrer 250 000 Seefahrer von zentraler Bedeutung, denn mit ihnen würden auch über 2 Mio. weitere Arbeitsplätze im europäischen Schifffahrtssektor verlorengehen. Daher ist eine bessere Ausbildung von Seeleuten strategisch wichtig für die weltweit führende Rolle der EU im Bereich der Seefahrt.

2.4   Mit dem Vorschlag zur Änderung der Richtlinie 2008/106/EG werden zwei Ziele verfolgt, nämlich erstens das EU-Recht durch die Umsetzung des 2010 auf der Konferenz in Manila angenommenen überarbeiteten STCW-Übereinkommens von 1978 den internationalen Vorschriften anzugleichen und zweitens die Mitgliedstaaten zur Übermittlung von Angaben in Bezug auf die Befähigungszeugnisse zu verpflichten und den Zeitraum für die Anerkennung der Ausbildungssysteme von Drittländern zu verlängern. Die neuen internationalen Normen treten am 1. Januar 2012 in Kraft. Die vorgeschlagene Frist zur Umsetzung auf europäischer Ebene endet am 31. Dezember 2012. Letztendlich soll sichergestellt werden, dass das aktualisierte STCW-Übereinkommen von den Mitgliedstaaten einheitlich angewandt wird und dass Seeleute, die auf Schiffen unter einer EU-Flagge arbeiten und über Befähigungszeugnisse verfügen, die von einem Drittland erteilt wurden, ordnungsgemäß ausgebildet sind.

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1   Die Ausbildung von Seeleuten wird ab 2012 neuen Bestimmungen über Fähigkeiten, Berufsprofile, Sicherheit und Befähigungszeugnisse unterliegen. Ausbildung und Befähigungszeugnisse sind für die Sicherheit im Seeverkehr von zentraler Bedeutung, da eine unzureichende Ausbildung und ein Mangel an angemessen qualifiziertem Personal die Unfallgefahr ansteigen lassen. Das STCW-Übereinkommen der IMO gehört zu den vier wichtigsten internationalen Schifffahrtsübereinkommen. Die anderen drei sind das Internationale Übereinkommen zum Schutz des menschlichen Lebens auf See (SOLAS), das Internationale Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe (MARPOL) und das Seearbeitsübereinkommen (MLC). Da die Mitgliedstaaten der EU das Übereinkommen ebenfalls unterzeichnet haben, sollten das internationale und das europäische Recht miteinander im Einklang stehen. Diese Änderungen erhöhen die Normen in Bezug auf körperliche Eignung, Diensttüchtigkeit und Alkoholmissbrauch und führen neue Berufsprofile ein – beispielsweise „Vollmatrosen“ und „Offiziere mit der Fachbefähigung in Elektrotechnik“, Ausbildungsmaßnahmen im Bereich der Gefahrenabwehr für alle Seeleute sowie einfachere und klarere Arten von Befähigungszeugnissen. Der Richtlinieentwurf enthält Verbesserungen in Bezug auf die Verfahren (z.B. Ausschussverfahren und Anerkennung von Ausbildungsstätten in Drittländern) und die Vorschrift, dass Mitgliedstaaten Statistiken über die Ausbildung von Seeleuten vorzulegen haben.

3.2   Der EWSA unterstützt den Vorschlag zur Anpassung der Richtlinie 2008/106/EG über Mindestanforderungen für die Ausbildung von Seeleuten an die 2010 in Manila vorgenommenen Änderungen des STCW-Übereinkommens. Er schlägt vor, dass die Europäische Kommission die Umsetzung der STCW-Richtlinie durch die Mitgliedstaaten sorgfältig überwacht, und betont, dass die Bewertung von Drittländern zur Anerkennung ihrer Ausbildungseinrichtungen und Befähigungszeugnisse unter Beachtung des STCW-Übereinkommens erfolgen muss. Auch wenn der Vorschlag in weiten Teilen eine wörtliche Übernahme der Manila-Änderungen in das EU-Recht ist, enthält er auch leichte Änderungen bestehender europäischer Vorschriften zur Anerkennung der Befähigungszeugnisse von Seeleuten.

3.3   Der EWSA nimmt zur Kenntnis, dass die Task Force für Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit im Seeverkehr (GD MOVE) der Europäischen Kommission (Juli 2011) Vorschläge zur Aufnahme der Vereinbarung von Manila bezüglich des STCW-Übereinkommens in das EU-Recht vorgelegt hat. Die globale Normierung der Ausbildung macht es möglich, dass auf europäischen Schiffen gut ausgebildete Seeleute arbeiten, ohne dass dies vom Ort ihrer Ausbildung abhängt. So stellte auch das für Verkehr zuständige Kommissionsmitglied Siim Kallas fest, dass es auf internationaler Ebene unbedingt Mindestnormen für die Ausbildung geben muss, da der Seeverkehr ein globaler Wirtschaftszweig ist.

3.4   In seiner Stellungnahme zum Verkehrsweißbuch (Stellungnahme zu dem Weißbuch: Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum – CESE 1607/2011 vom 26. Oktober 2011, Berichterstatter: Pierre-Jean COULON, Mitberichterstatter: Stefan BACK) wiederholte der EWSA, dass die „EU-Rechtsvorschriften (…) im Einklang mit internationalen Vorschriften stehen (sollten), insbesondere (…) dem STCW-Übereinkommen der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation IMO (Internationales Übereinkommen über Normen für die Ausbildung, die Erteilung von Befähigungsnachweisen, Befähigungszeugnissen und den Wachdienst von Seeleuten).“

3.5   Jüngste Untersuchungen belegen, dass insbesondere bei den einfachen Seeleuten auf dem internationalen Arbeitsmarkt gefälschte Zeugnisse ein besorgniserregendes Problem darstellen und Zweifel über die Gültigkeit ihrer Befähigungsnachweise aufkommen lassen Außerdem können viele Matrosen aus Drittländern wegen kultureller Unterschiede, Sprachproblemen und Beschäftigungsbeschränkungen nicht dazu beitragen, das Defizit an europäischen Seeleuten auszugleichen (2).

4.   Besondere Bemerkungen

4.1   Artikel 15 Absatz 9 (Standardmuster zur Erfassung der täglichen Ruhezeiten)

4.1.1   In Artikel 15 Absatz 9 wird das Standardmuster zur Registrierung der Ruhe- und Arbeitszeiten, das die Verwaltungen führen müssen, nicht spezifiziert. In Abschnitt A-VIII/1 Absatz 7 des in Manila geänderten STCW-Übereinkommens wird auf die IMO- bzw. ILO-Leitlinien für die Erstellung von Übersichten über die Arbeitsorganisation an Bord und von Verzeichnissen über die Arbeits- und Ruhezeiten der Seeleute verwiesen. Auch im Seearbeitsübereinkommen der ILO von 2006 wird unter Regel 2.3 – Norm A2.3 Absätze 10 und 11 auf ein Standardmuster für Arbeits- und Ruhezeiten verwiesen.

4.1.2   Der EWSA schlägt vor, das Standardmuster zur Registrierung der Ruhe- und Arbeitszeiten in dem Richtlinienentwurf zu spezifizieren. In dem Standardmuster sollte auf die IMO- bzw. ILO-Leitlinien für die Erstellung von Übersichten über die Arbeitsorganisation an Bord und von Verzeichnissen über die Arbeits- und Ruhezeiten der Seeleute verwiesen werden.

4.2   Artikel 15 Absatz 11 (Ruhezeiten)

4.2.1   Im überarbeiteten Artikel 15 Absatz 11 heißt es, dass „die Mitgliedstaaten Tarifverträge genehmigen oder registrieren [können], die Ausnahmen von den […] vorgeschriebenen Ruhezeiten gestatten“. Dies stellt eine erhebliche Einengung des Wortlauts dar, der in den bestehenden internationalen und europäischen Rechtsakten zu finden ist, insbesondere im Vergleich zum STCW-Übereinkommen und dem Übereinkommen Nr. 180 der ILO (und damit dem Seearbeitsübereinkommen der ILO).

4.2.2   Der Wortlaut von Artikel 15 Absatz 11 unterscheidet sich von dem der Richtlinie 1999/63/EG des Rates vom 21.6.1999 zu der vom Verband der Reeder in der Europäischen Gemeinschaft (ECSA) und dem Verband der Verkehrsgewerkschaften in der Europäischen Union (ETF) getroffene Vereinbarung über die Regelung der Arbeitszeit von Seeleuten. Solche Vereinbarungen sind das Ergebnis langwieriger und schwieriger Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern, und das Endergebnis solcher Verhandlungen ist ein fein austariertes Gleichgewicht. Eine Änderung des Wortlauts einer Vereinbarung der Sozialpartner sollte im Wege von Gesprächen und Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern beschlossen werden. Der neue – und engere – Wortlaut in Artikel 15 Absatz 11 ist nicht der Niederschlag eines Gesprächs oder einer Verhandlung zwischen Sozialpartnern. Er wurde ohne jegliche vorherige Konsultation der Sozialpartner von der Europäischen Kommission eingeführt. Der EWSA fordert die Kommission auf, den in der Richtlinie 1999/63/EG gewählten Wortlaut hinsichtlich der Vereinbarung der Sozialpartner über die Regelung der Arbeitszeit von Seeleuten zu wahren.

4.3   Inkrafttreten der neuen Richtlinie

4.3.1   Die Manila-Änderungen des STCW-Übereinkommens werden am 1. Januar 2012 in Kraft treten. Die Kommission hat jedoch angesichts des ordentlichen Gesetzgebungsverfahren im Ministerrat und im Europäischen Parlament vorgesehen, „dass die vorgeschlagene Richtlinie in Kraft treten soll, sobald sie im Amtsblatt veröffentlicht wird“, weil „der vorliegende Vorschlag bis zu diesem Zeitpunkt (d.h. dem 1. Januar 2012) noch nicht verabschiedet sein wird.“

4.3.2   Aufgrund der Verzögerung bei der Annahme der Richtlinie wird es zu einem rechtlichen Paradoxon kommen, nämlich einem Konflikt zwischen dem STCW-Übereinkommen von Manila und der überarbeiteten STCW-Richtlinie, insbesondere in Bezug auf das Datum des Inkrafttretens. Entweder befinden sich die Mitgliedstaaten am 1. Januar 2012 nicht im Einklang mit ihren internationalen Verpflichtungen, oder – wenn sie das Übereinkommen ratifizieren – sie werden gegen die bestehende STCW-Richtlinie verstoßen. Die Mitgliedstaaten werden wahrscheinlich die Endform der Richtlinie abwarten, bevor sie das Manila-Übereinkommen ratifizieren. In der Zwischenzeit werden Schiffe unter EU-Flagge weiterhin Drittländer anlaufen, die das Manila-Übereinkommen eventuell bereits ratifiziert haben. Dies würde ein ernstes Problem für die Schiffe unter EU-Flagge mit sich bringen, da sich die EU-Flaggenstaaten noch nicht nach den Vorschriften des Manila-Übereinkommens richten würden.

4.3.3   Der EWSA macht darauf aufmerksam, dass es in Drittländern Probleme mit der Hafenstaatkontrolle geben wird, insbesondere hinsichtlich der neuen Bestimmungen über Ruhezeiten. Das Problem wird bei der Anwendung der neuen Bestimmungen über Ruhezeiten auftreten. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass einige Schiffe unter EU-Flagge Probleme mit der Hafenstaatkontrolle in Drittlandshäfen haben könnten. Seeleute aus der EU könnten an Wettbewerbsfähigkeit einbüßen, da sich nicht rechtzeitig über ein STCW-2010-Befähigungszeugnis verfügen. Des Weiteren wird es Probleme mit der Gültigkeit der Befähigungszeugnisse und den Auswirkungen auf die Geltungsdauer von Vermerken geben, die europäischen Seeleuten von Drittländern ausgestellt wurden. Angesichts dieser Probleme bedarf es rechtlicher Klarstellungen.

4.4   Anerkennung von Ausbildungs- bzw. Zeugnissystemen von Drittländern

4.4.1   Bezüglich der Bewertung von Drittländern zur Anerkennung ihrer Ausbildungseinrichtungen und Befähigungszeugnisse wird die Dauer in dem Vorschlag von derzeit drei auf 18 Monate verlängert. Aufgrund des absehbaren Arbeitsaufkommens für Seefahrtnationen (z.B. Malta) oder des Ressourcenmangels in Ländern ohne Seefahrt fordern einige Mitgliedstaaten eine längere Frist. Der EWSA hält die Verlängerung im Sinne der Berücksichtigung des Arbeitsaufkommens für Seefahrtnationen für realistisch.

4.5   STCW-Informationssystem

4.5.1   Die Kommission bedauert, dass häufig nur ungenaue Angaben über Befähigungszeugnisse vorliegen. Sie schlägt einen einheitlichen und kohärenten Abgleich der in den nationalen Registern vorhandenen Information vor. Der EWSA begrüßt, dass die EU-Mitgliedstaaten dazu verpflichtet werden, der Europäischen Kommission für statistische Analysen standardisierte Informationen über die Ausstellung von Befähigungszeugnissen für Seeleute zu übermitteln. Die Nutzung des „STCW-Informationssystems“ der EMSA als Plattform für die Sammlung der erforderlichen Informationen würde der Wirtschaft bei der Berechnung des aktuellen und der Schätzung des künftigen Angebots von und Bedarfs an Seeleuten behilflich sein.

4.6   Schiffsbetriebstechniker

4.6.1   Während im Richtlinienentwurf auf Regel III/7 verwiesen wird, wurde die Definition des Schiffsbetriebstechnikers gemäß Regel I/1 (36) nicht in den neuen Richtlinienvorschlag aufgenommen.

4.6.2   Der EWSA schlägt vor, die in der Regel I/1 (36) des STCW-Übereinkommens formulierte Definition eines Schiffsbetriebstechnikers mit folgendem Wortlaut in die vorgeschlagene Richtlinie aufzunehmen: „Schiffsbetriebstechniker - ein Seemann, der eine Befähigung gemäß Regel III/7 des Übereinkommens besitzt“.

4.7   Piratenabwehrtraining

4.7.1   Der EWSA geht davon aus, dass angesichts der sprunghaften Zunahme der Piraterie und ihrer Folgen für die Seeleute dringend ein Piratenabwehrtraining für Seeleute benötigt wird. Er fordert die Kommission daher auf, diese Frage mit den Mitgliedstaaten zu erörtern und hierbei die diesbezüglichen Regelungen der bewährten Praktiken (zur Verhütung seeräuberischer Handlungen) der Vereinten Nationen und den Internationalen Kodex für die Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen (ISPS) zu berücksichtigen.

Brüssel, den 7. Dezember 2011

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Staffan NILSSON


(1)  ABl. C 168 vom 20.7.2007, S. 50-56.

ABl. C 211 vom 19.8.2008, S. 31-36.

ABl. C 255 vom 22.9.2010, S. 103-109.

ABl. C 248 vom 25.8.2011, S. 22-30.

ABl. C 14 vom 16.1.2001, S. 41.

ABl. C 80 vom 3.4.2002, S. 9-14.

ABl. C 133 vom 6.6.2003, S. 23-25.

ABl. C 157 vom 28.6.2005, S. 42-47.

ABl. C 157 vom 28.6.2005, S. 53-55.

ABl. C 97 vom 28.4.2007, S. 33-34.

ABl. C 151 vom 17.6.2008, S. 35.

(2)  ABl. C 80 vom 3.4.2002, S. 9-14.