29.10.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 318/133


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Wohnimmobilienkreditverträge“

KOM(2011) 142 endg. — 2011/0062 (COD)

2011/C 318/22

Berichterstatterin: Reine-Claude MADER

Der Rat und das Europäische Parlament beschlossen am 18. April bzw. am 10. Mai 2011, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 114 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Wohnimmobilienkreditverträge

KOM(2011) 142 endg. — 2011/0062 (COD).

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch nahm ihre Stellungnahme am 23. Juni 2011 an.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 473. Plenartagung am 13./14. Juli 2011 (Sitzung vom 14. Juli) mit 113 gegen 4 Stimmen bei 7 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1   Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) nimmt den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Wohnimmobilienkreditverträge mit Interesse auf, äußert jedoch auch Vorbehalte. Im Zuge der Finanzkrise wurden zahlreiche Immobilienerwerber zahlungsunfähig und mussten ihre Immobilien zu Schleuderpreisen verkaufen, weshalb nunmehr angemessene EU-Rechtsvorschriften in diesem Bereich notwendig sind.

1.2   Der EWSA unterstützt das Ziel der Kommission, die notwendigen Voraussetzungen für die Entwicklung eines effizienten und wettbewerbsfähigen Binnenmarktes zu schaffen, um das Vertrauen der Verbraucher wiederherzustellen und finanzielle Stabilität zu fördern. Er fürchtet jedoch, dass der Vorschlag inhaltlich nicht weitreichend genug ist, um dieses Ziel zu erreichen.

1.3   Der Ausschuss betont, wie wichtig eine Kohärenz der geltenden Bestimmungen und insbesondere mit der Richtlinie 2008/48/EG (1) über Verbraucherkredite ist.

1.4   Der Ausschuss ist der Auffassung, dass der Vorschlag aufgrund seiner besonderen Merkmale auf Artikel 169 AEUV und nicht auf Artikel 114 als Rechtsgrundlage gestützt werden sollte.

1.5   Er weist darauf hin, dass bei der Harmonisierung auf Unionsebene ein hohes Verbraucherschutzniveau gewahrt werden muss; dies bedeutet, dass die Rechte der Verbraucher, die durch einzelstaatliches Recht geschützt sind, nicht in Frage gestellt werden dürfen. Damit dieses Ziel erreicht wird, muss seiner Ansicht nach eine gezielte Harmonisierung angemessen durchgeführt werden.

1.6   Der EWSA befürwortet die Bestimmungen für eine bessere Vergleichbarkeit und insbesondere die Vorschriften für eine Harmonisierung der Begriffsbestimmungen und der Berechnung des effektiven Jahreszinses.

1.7   Er ist der Auffassung, dass die Maßnahmen für verantwortungsvolle Kredite allein nicht ausreichen, um den Markt zu bereinigen und zur Überschuldungsprävention beizutragen.

1.8   Der EWSA hält die Kontrolle der Kreditvermittler, die der in der Stellungnahme zu dem Vorschlag für eine Richtlinie über Verbraucherkredite erhobenen Forderung entspricht, angesichts der zahlreichen Schwierigkeiten mit dieser Berufsgruppe für entscheidend. Diese Kontrolle sollte Gegenstand einer allgemeinen Regelung und nicht nur auf den Anwendungsbereich dieses Vorschlags beschränkt sein.

1.9   Er ist ferner der Auffassung, dass der Vorschlag nicht zur Verwirklichung des Binnenmarktes für Hypothekarkredite im Allgemeinen beiträgt, und bedauert, dass in diesem Bereich nicht der Einsatz eines fakultativen Instrumentes erwogen wurde.

1.10   Der EWSA schlägt vor, dass einige Vorschriften präzisiert bzw. ergänzt werden, damit die Verbraucher besser über variable Zinssätze informiert werden, denn sie kennen die Bezugsindizes kaum, und ihnen ist nicht richtig bewusst, wie sich variable Zinssätze auf den zu erstattenden Betrag auswirken. Nach Ansicht des Ausschusses müssen Wucherzinsen verboten werden und sollten die Zinssätze für Kredite zur Finanzierung des Hauptwohnsitzes gedeckelt werden. Zinssätze dürfen nur auf der Grundlage objektiver, zuverlässiger, öffentlicher und nicht vom Darlehensgeber erstellter Indices verändert werden.

1.11   Der EWSA empfiehlt, dass die Kreditnehmer die Versicherung für ihr Darlehen frei wählen können, um so einen größeren Wettbewerb zwischen den einzelnen Versicherungsanbietern zu gewährleisten.

2.   Hintergrund und allgemeine Bemerkungen

2.1   Die Kommission hat am 18. Dezember 2007 ein Weißbuch über die Integration der EU-Hypothekarkreditmärkte angenommen. Durch die damit verbundene Konsultation einer breiten Öffentlichkeit hat die Kommission festgestellt, dass die unterschiedlichen Rechtsvorschriften zum Hypothekarkredit dem reibungslosen Funktionieren des Binnenmarktes schaden, Kosten vergrößern und zum Nachteil der Verbraucher sind.

2.2   Der EWSA hat am 9. Juli 2008 eine Stellungnahme zu dem Weißbuch über die Integration der EU-Hypothekarkreditmärkte verabschiedet (2). Der Ausschuss ist sich zwar nicht sicher, ob sich der Kreditmarkt angesichts der kulturellen, rechtlichen und ethisch-sozialen Besonderheiten der einzelnen Mitgliedstaaten tatsächlich integrieren und vereinheitlichen lässt, begrüßt es jedoch, dass ein Zusammenhang zwischen den geltenden Bestimmungen zum Hypothekarkredit und dem notwendigen Verbraucherschutz hergestellt wurde. Er betont dabei zugleich die Verantwortung der Kreditgeber und der Kreditnehmer, denen das Ausmaß ihrer Verpflichtungen bewusst sein muss.

2.3   Die jüngste Finanzkrise hat die Funktionsstörungen offenbart, die mit Mängeln der Rechtsvorschriften und des Marktes, aber auch mit ökonomischen Gegebenheiten, mit den Praktiken der Kreditvermittler und Kreditgeber und mit den geringen finanztechnischen Kenntnissen der Kreditnehmer zusammenhängen. Alle diese Mängel müssen in Zukunft vermieden werden, da sie das Vertrauen erheblich erschüttern können.

2.4   In dem Richtlinienvorschlag werden die Ergebnisse der Konsultationen und der Arbeiten der OECD sowie der Weltbank berücksichtigt.

2.5   Mit der Richtlinie soll durch eine Angleichung des Rechts der Mitgliedstaaten innerhalb eines harmonisierten unionsrechtlichen Rahmens ein hohes Verbraucherschutzniveau geschaffen werden. Aus diesem Grunde und aufgrund seiner besonderen Merkmale sollte der Vorschlag nach Ansicht des Ausschusses auf Artikel 169 AEUV und nicht ausschließlich auf Artikel 114 als Rechtsgrundlage gestützt werden.

2.6   Ziel der Richtlinie ist es, einen effizienten und wettbewerbsfähigen Binnenmarkt zu schaffen - unter Wahrung der in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Grundrechte -, das Vertrauen der Verbraucher wiederherstellen und die finanzielle Stabilität zu fördern.

2.7   Die Richtlinie soll die Verbraucherrechte im Sinne der Richtlinie 2008/48/EG über Verbraucherkreditverträge gewährleisten, wobei die Mitgliedstaaten weiterhin die Möglichkeit haben, den Nutzen auf bestimmte Berufsgruppen und namentlich auf Mikrounternehmen auszuweiten.

2.8   Die Richtlinie gilt für Kredite zum Immobilienerwerb bzw. zur Immobilienrenovierung, die nicht von der Richtlinie 2008/48/EG erfasst sind, unabhängig davon, ob sie durch eine Hypothek oder eine vergleichbare Garantie abgesichert sind oder nicht.

2.9   Der Richtlinienvorschlag entspricht dem Grundsatz einer gezielten Harmonisierung, die zugleich auf einer ausreichend hohen Ebene angesiedelt sein muss, um den unterschiedlichen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten und den vielfältigen Hypothekarmärkten in der EU gerecht zu werden.

2.10   Dem Ausschuss ist die Bedeutung des Baugewerbes für die Wirtschaft sehr wohl bewusst, doch ist er der Ansicht, dass die Erfahrungen mit der Finanzkrise, die auf den amerikanischen Hypothekarkreditmarkt zurückzuführen ist, nicht hinreichend in die Richtlinie eingeflossen sind. Die schädliche Praxis, Hypothekarkredite für 100 % und mehr des Immobilienwerts zu gewähren, hat die Verbraucher - auch solche mit geringen Einkünften - zum Kauf veranlasst. In Aufschwungsphasen können umfangreiche Verpflichtungen bewältigt werden; wenn die Wirtschaft jedoch in eine Phase der Stagnation und gar der Rezession eintritt, kommt es aufgrund der daraus resultierenden Arbeitslosigkeit sogleich zu umfassenden Zahlungsausfällen. Die Veräußerung zahlreicher Immobilien führte zu starken Preisrückgängen und enormen Verlusten für die Finanzinstitute. Somit wurzelt die Krise in der Überschuldung der Kreditnehmer, die auf jeden Fall zu vermeiden ist. Der Ausschuss wird in den nachstehenden Bemerkungen entsprechende Vorschläge formulieren.

3.   Vorschläge der Richtlinie

3.1   Kapitel 1: Gegenstand, Geltungsbereich, Begriffsbestimmungen und zuständige Behörden

3.1.1

In Artikel 3 des Richtlinienvorschlags werden - im Einklang mit dem Verfahren für die Richtlinie über Verbraucherkredite - die wichtigsten Begriffe definiert. In diesem Zusammenhang sollte der Begriff „Wohnimmobilie“ so präzisiert werden, dass er ausschließlich den Hauptwohnsitz bezeichnet.

3.1.2

Der EWSA begrüßt diese Bestimmung, die gewährleisten soll, dass die Verbraucher die verschiedenen Angebote besser verstehen und vergleichen können.

3.1.3

Der Ausschuss ist der Ansicht, dass die Einrichtung und Organisation von Kontrollbehörden und ihre Zusammenarbeit notwendig und angesichts der während der Krise zutage getretenen Funktionsstörungen umso wichtiger sind.

3.2   Kapitel 2: Anforderungen an Kreditgeber und Kreditvermittler

3.2.1

In Artikel 5 und 6 werden Anforderungen hinsichtlich der Ehrlichkeit, Redlichkeit und Kompetenz der Kreditgeber und Kreditvermittler im Dienste der Verbraucher gestellt. Es ist z.T. Aufgabe der Mitgliedstaaten, die Einhaltung dieser Anforderungen zu überprüfen, wobei die Kommission sich das Recht vorbehält, das erforderliche Kenntnis- und Kompetenzniveau zu bestimmen.

3.2.2

Im Übrigen werden die Mitgliedstaaten in dem Richtlinienvorschlag aufgefordert, dafür zu sorgen, dass bei der Vergütung der Verkäufer keine diskriminierenden Unterschiede bezüglich des verkauften Produkts gemacht werden.

3.2.3

Der EWSA begrüßt diese Maßnahmen, da verlässliche Informationen bei der Aufnahme eines Hypothekarkredites unerlässlich sind. Seiner Ansicht nach darf die Vergütung des Personals der Kreditgeber und der Kreditvermittler nicht dazu verleiten, für Kredite zu werben, die nicht auf die Bedürfnisse der Verbraucher abgestimmt sind. Der EWSA verweist jedoch auf die Verwendung vager, schwammiger und subjektiver Begriffe, die zu unterschiedlichen Interpretationen eines Rechtstextes, der strikte Verpflichtungen festlegt, führen können.

3.2.4

In keinem der beiden Artikel wird auf die notwendige grundlegende Unterscheidung zwischen Kreditgebern und Kreditvermittlern hingewiesen: das Personal von Kreditnehmern wird in der Regel mit einem Gehalt und das Personal von Kreditvermittlern mit einer Provision vergütet. Bei einer konstant „neutralen“ Vergütung dürfte das Verhalten vom Berufethos geprägt sein, doch dürfte dies nicht immer der Fall sein, wenn der Gewinn von rentableren Lösungen für das Verkaufspersonal und noch mehr für die Kreditvermittler abhängt. Dies bedeutet, dass jeder, der mit den Verkäufern zu tun hat, unabhängig von seiner Funktion eine angemessene Ausbildung erhalten muss. Demgegenüber muss das Personal der Kreditvermittler eine offizielle Zulassung besitzen, mit der seine Kompetenzen beglaubigt, vor allem jedoch seine Verhaltensweisen kontrolliert werden.

3.2.5

Ein weiterer grundlegender Unterschied: Im Falle einer Streitigkeit kann der Verbraucher sich an den Kreditgeber – ein im Prinzip solides und solventes Finanzinstitut – wenden; im Falle eines Kreditvermittlers haftet dieser oftmals persönlich und ist nicht unbedingt solvent. Dies ist ein weiterer Grund, warum eine weitaus strengere Regelung als die derzeit geltende verabschiedet werden sollte.

3.3   Kapitel 3: Informationspflichten und vorvertragliche Pflichten

3.3.1

Nach Maßgabe der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen (3) muss Werbung redlich und eindeutig und darf nicht irreführend sein.

3.3.2

Jede bezifferte Werbung muss eine Reihe unverzichtbarer Informationen für den Verbraucher umfassen, der sich um einen Hypothekarkreditvertrag bemüht. Diese Informationen müssen - unabhängig vom Datenträger - klar, prägnant und verständlich sein.

3.3.3

In Artikel 9 werden die Bedingungen für vorvertragliche Informationen auf zwei Ebenen festgelegt. Die erforderlichen allgemeinen Informationen werden aufgelistet, und für individuell zugeschnittene Informationen wird auf das „Europäische standardisierte Merkblatt“ für Hypothekarkredite (ESIS) verwiesen. Für inakzeptabel hält der EWSA die in Artikel 9 Ziffer 2 Absatz 3 vorgesehene Rechtsvermutung, wonach die bloße Aushändigung des ESIS einer Informationstätigkeit gleichkommt.

3.3.4

In Artikel 10 werden die Informationen ergänzt, die den Verbrauchern über die Qualifikationen und Geschäftsbedingungen des betreffenden Kreditvermittlers zustehen.

3.3.5

Der EWSA nimmt diese Informationspflichten zur Kenntnis. Seiner Ansicht nach müssen sie hinsichtlich der Auswirkungen von Krediten mit variablem Zinssatz verstärkt werden. Es sollte eine spezielle Informationserklärung ausgestellt werden.

3.3.6

Der EWSA stellt den derzeitigen Wortlaut hinsichtlich der Verpflichtung in Frage, eine Versicherung für den Kredit abzuschließen, denn es wird der Eindruck erweckt, dass dies bei dem Kreditgeber erfolgen muss. Er schlägt vor, den Verbrauchern die freie Wahl ihrer Versicherung zu lassen, um den Wettbewerb zwischen den einzelnen Versicherungsunternehmen zu fördern.

3.3.7

Nach Auffassung des Ausschusses ist die Kontrolle der Geschäfte der Kreditvermittler von vorrangiger Bedeutung. In die Richtlinie sollte auch das grundsätzliche Verbot aufgenommen werden, jedweden Betrag (für Provision, Recherchen, Bearbeitung usw.) vor der tatsächlichen Überweisung der geliehenen Gelder zu erheben.

3.3.8

Folgende weitere Überlegung hält der Ausschuss für besonders wichtig: Die Informationen für den Verbraucher sollten so formuliert sein, dass er sich intensiv mit seiner künftigen Rückzahlungsfähigkeit auseinandersetzt. Natürlich kann ein derartiges Verhalten nicht immer erwartet werden; der Kreditgeber muss daher vernünftig agieren und wieder systematisch die in der Vergangenheit in mehreren Mitgliedstaaten gesetzlich vorgeschriebene Praxis befolgen: Der gewährte Kredit durfte 70 - 80 % des Immobilienwertes nicht überschreiten. Diese Regel war eine wichtige Vorsichtsmaßnahme und sollte ein unvorsichtiges Agieren der Finanzinstitute verhindern. Die Krise der subprime-Kredite hat gezeigt, wie sinnvoll diese Regel war. Es sollte erwogen werden, sie wiedereinzuführen, zugleich jedoch auch im Hinblick auf Sozialwohnungen flexibler zu gestalten, für die es in den meisten Mitgliedstaaten finanzielle Erleichterungen gibt.

3.3.9

Die Beleihungsgrenze bei der Kreditaufnahme hätte einen doppelten Vorteil. Zum einen würden dadurch nicht solvente Personen abgeschreckt, die eine Immobilie erwerben und dann völlig überschuldet sind. Zum anderen erhielte der Kreditgeber so die Garantie, dass die betreffenden Personen zuverlässig sind, da sie ihre Sparfähigkeit unter Beweis gestellt haben. Folglich würde der EWSA eine Maßnahme begrüßen, die auf dem fundamentalen Grundsatz eines verantwortungsvollen Kredites für verantwortungsvolle Kreditnehmer beruht.

3.4   Kapitel 4: Effektiver Jahreszins

3.4.1

Der EWSA begrüßt, dass die Methode zur Berechung des effektiven Jahreszinses vereinheitlicht wurde. Diese Methode muss sämtliche Kreditkosten umfassen - mit Ausnahme der Kosten, die der Kreditnehmer bei Nichterfüllung seiner Verpflichtungen zu tragen hat, und ermöglicht den Vergleich einzelner Angebote aus verschiedenen Mitgliedstaaten.

3.4.2

Die in Artikel 13 vorgesehene Information der Kreditnehmer über Änderungen des Sollzinssatzes ist sehr wichtig, da ihnen die Änderung des Referenzzinssatzes nur in Ausnahmefällen bekannt ist.

3.5   Kapitel 5: Kreditwürdigkeitsprüfung

3.5.1

Die Kreditwürdigkeitsprüfung der Verbraucher bei Kreditaufnahme und im Falle einer Erhöhung des Gesamtkreditbetrages ist unerlässlich. Sie müssen wissen, dass sie im Falle von Zahlungsrückständen ihre Immobilie verlieren, die dann zu - mitunter miserablen - Marktbedingungen versteigert wird.

3.5.2

Diese Verpflichtung darf jedoch nicht dazu führen, dass bestimmten Verbraucherkategorien kein Kredit gewährt wird oder ihnen missbräuchlich eine bestimmte Kreditart empfohlen wird. Es ist daher wichtig, dass eine Kreditablehnung begründet werden muss. Ebenso muss die Möglichkeit bestehen, eine erneute Prüfung des Antrags zu stellen, wenn die Ablehnung sich aus einem automatisierten Verfahren ergibt. Ziel der Prüfung der Kreditwürdigkeit eines Darlehensnehmers ist es, Überschuldung zu verhindern. Im Fall des Zahlungsausfalls trägt der Darlehensgeber die Verantwortung, wenn seine Entscheidung auf einer unzureichenden Prüfung der Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers basiert. Die Kosten verantwortungsloser Kreditvergabe sind vom Darlehensgeber zu tragen.

3.5.3

Der EWSA weist darauf hin, dass ihm ein verantwortungsvoller Kredit besonders am Herzen liegt; der Kreditgeber hat daher präzise Regeln einzuhalten, und der Kreditnehmer muss verlässliche Angaben über seine Lage machen.

3.6   Kapitel 6: Zugang zu Datenbanken

3.6.1

In dem Richtlinienvorschlag werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, sämtlichen Kreditgebern Zugang zu den Datenbanken zur Überprüfung der Kreditwürdigkeit der Kreditnehmer und der Einhaltung ihrer Verpflichtungen zu geben.

3.6.2

Diese öffentlichen oder privaten Register müssen nach einheitlichen Kriterien eingerichtet werden, deren Definition - unter Einhaltung der Bestimmungen der Richtlinie 95/46/EG (4) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr – sich die Kommission vorbehält.

3.6.3

Der EWSA bekräftigt sein Anliegen, dass nur Daten über finanzielle Verpflichtungen erhoben werden dürfen, die Verbraucherrechte einzuhalten sind und die Informationen dieser Datenbanken nicht zu kommerziellen Zwecken verwendet werden dürfen.

3.7   Kapitel 7: Beratung

3.7.1

Der EWSA ist der Ansicht, dass Beratungsstandards nicht die in Kapitel 5 festgeschriebene Beratungsverpflichtung beeinträchtigen dürfen, die gewährleisten soll, dass dem Verbraucher angemessene Kreditprodukte angeboten werden.

3.7.2

Des Weiteren darf die Entwicklung von als verwandt angesehenen Dienstleistungen die Kreditkosten nicht verteuern.

3.8   Kapitel 8: Vorzeitige Rückzahlung

3.8.1

Durch den Richtlinienvorschlag kann das Recht auf eine vorzeitige Kreditrückzahlung an bestimmte Bedingungen geknüpft werden. So wird die Möglichkeit einer angemessenen Entschädigungszahlung vorgesehen.

3.8.2

Diese Bestimmung benachteiligt die Verbraucher im Hinblick auf die Rechtslage in einigen Mitgliedstaaten, in denen eine Kündigung mit beschränkten oder gar ohne Entschädigungszahlungen im Todesfall oder bei erzwungener Beendigung der beruflichen Tätigkeit jederzeit möglich ist.

3.8.3

In seiner Stellungnahme zu dem Vorschlag für eine Richtlinie über Verbraucherkredite hatte sich der EWSA bereits dagegen ausgesprochen, dass es den Mitgliedstaaten überlassen bleibt, die Modalitäten der Entschädigung für eine vorzeitige Rückzahlung festzulegen. Denn es besteht die Gefahr, dass die Verbraucher völlig unterschiedlich behandelt werden und der Markt verzerrt wird.

3.9   Kapitel 9: Aufsichtsrechtliche Anforderungen

3.9.1

Die Tätigkeit der Kreditvermittler muss – wie der EWSA in seiner Stellungnahme zu dem Vorschlag für eine Richtlinie über Verbraucherkredite betont hatte – vorrangig geregelt werden, damit das Verbraucherschutzniveau in der Europäischen Union vereinheitlicht werden kann.

3.9.2

Die Bestimmungen des Richtlinienvorschlags gehen folglich in die vom Ausschuss gewünschte Richtung.

3.9.3

Folgendes wird festgelegt:

eine Zulassungsverpflichtung für Kreditvermittler als natürliche und als juristische Personen sowie Bedingungen für den Zulassungsentzug;

ein einheitliches Verzeichnis der Kreditvermittler mit obligatorischer Nennung der Verantwortlichen und der im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit auf eigene Rechnung tätigen Personen; dieses Verzeichnis muss aktualisiert werden und leicht zu konsultieren sein;

berufliche Anforderungen (Leumund und Verpflichtung zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung); die Transparenz dieser Kriterien muss gewährleistet sein; die Kommission behält sich das Recht vor, technische Regulierungsstandards zu erlassen, in denen die Mindestdeckungssumme der Berufshaftpflichtversicherung festgelegt wird.

3.9.4

In dem Richtlinienvorschlag wird ferner der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der Zulassungen verankert, demzufolge Kreditvermittler im Rahmen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs tätig werden können, nachdem sie dies den zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaats mitgeteilt haben.

3.9.5

In dem Vorschlag werden die Art der Information der Behörden im Hinblick auf die Eintragung wie auch auf den Entzug der Zulassung und die Bedingungen für die Zusammenarbeit der zuständigen Behörden der Herkunfts- und der Aufnahmemitgliedstaaten festgelegt.

3.9.6

Nach Ansicht des EWSA sollte die Kommission die Kreditmediation generell in einem eigenständigen Rechtsinstrument regeln, ganz so wie dies bei den Versicherungsvermittlern der Fall war.

3.10   Kapitel 10: Schlussbestimmungen

3.10.1

In dem Richtlinienvorschlag wird Folgendes festgelegt:

Der Grundsatz von Sanktionen, demzufolge die Mitgliedstaaten entsprechend ihrem jeweiligen innerstaatlichen Recht dafür sorgen, dass gegen Kreditgeber und Kreditnehmer geeignete Maßnahmen ergriffen werden können; diese Symmetrie ist verständlich, doch darf dabei nicht vergessen werden, dass Letztere der schwächere Vertragspartner sind, da sie von den Informationen seitens der Kreditgeber bzw. Kreditvermittler abhängig sind;

die Verpflichtung zur Einrichtung bzw. Beibehaltung außergerichtlicher Streitbeilegungsverfahren – sie ist im Interesse der Kreditgeber und Kreditnehmer, wobei diese Verfahren jedoch unabhängig sein müssen und etwaige Gerichtsverfahren nicht ausschließen dürfen;

der Grundsatz einer Übertragung an die Kommission; das Parlament und der Rat können gegen die Beschlüsse der Kommission Einwände erheben; sie können die Übertragung jederzeit widerrufen.

3.10.2

Der EWSA stellt die Frage nach dem Ausmaß der delegierten Befugnisse der Europäischen Kommission zu wesentlichen Aspekten des Rechtsinstruments sowie nach ihren Auswirkungen auf die Rechtssicherheit der Bestimmungen. Außerdem reichen diese delegierten Befugnisse weit über die in Artikel 290 AEUV vorgesehenen und in der Mitteilung „Umsetzung von Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union“ definierten Grenzen hinaus. Die Möglichkeit der Übertragung muss beschränkt bleiben und darf nur in Ausnahmefällen angewandt werden.

3.10.3

In dem Richtlinienvorschlag werden die Mitgliedstaaten nachdrücklich ersucht, auf ihre Umsetzung zu achten und dafür zu sorgen, dass die Bestimmungen nicht umgangen werden.

3.10.4

Der EWSA nimmt die Bestimmungen des Richtlinienvorschlags zur Kenntnis und betont, dass sie nicht zu einer Aufweichung des Schutzes in denjenigen Mitgliedstaaten führen darf, in denen es bereits Vorschriften für Wohnimmobilienkreditverträge gibt.

3.10.5

Schließlich sind in dem Richtlinienvorschlag eine Frist von zwei Jahren für die Umsetzung und eine Überprüfung nach fünf Jahren nach dem Inkrafttreten vorgesehen; diese Fristen erscheinen vernünftig, wobei die Folgeabschätzung der Maßnahmen der Richtlinie ein Urteil über ihre Zweckmäßigkeit ermöglichen wird.

Brüssel, den 14. Juli 2011

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Staffan NILSSON


(1)  ABl. L 133 vom 22.5.2008, S. 66 - Stellungnahme EWSA: ABl. C 234 vom 30.9.2003, S. 1.

(2)  ABl. C 27 vom 3.2.2009, S. 18.

(3)  ABl. L 149 vom 11.6.2005, S.22 - Stellungnahme des EWSA: ABl. C 108 vom 30.4.2004, S.81.

(4)  ABl. L 281 vom 23.11.1995, S.31 - Stellungnahme des EWSA: ABl. C 159 vom 17.6.1991, S.38.


ANHANG

zu der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Folgende abgelehnte Änderungsanträge erhielten mindestens ein Viertel der Stimmen (Artikel 39 Absatz 2 der Geschäftsordnung):

Ziffer 3.8.2

Ändern:

„ Bestimmung im Todesfall oder bei erzwungener Beendigung der beruflichen Tätigkeit beschränkte oder gar ohne Entschädigungszahlungen b jederzeit .“

Ergebnis der Abstimmung:

Ja-Stimmen

:

26

Nein-Stimmen

:

61

Stimmenthaltungen

:

10

Ziffer 3.10.4

Ändern:

„Der EWSA nimmt die Bestimmungen des Richtlinienvorschlags zur Kenntnis und betont, .“

Ergebnis der Abstimmung:

Ja-Stimmen

:

29

Nein-Stimmen

:

76

Stimmenthaltungen

:

4