3.5.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 132/82


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Sondermaßnahmen im Bereich der Landwirtschaft zugunsten der kleineren Inseln des Ägäischen Meeres“

KOM(2010) 767 endg. — 2010/0370 (COD)

2011/C 132/15

Alleinberichterstatter: Christos POLYZOGOPOULOS

Der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament beschlossen am 18. Januar bzw. 20. Januar 2011, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 43 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Sondermaßnahmen im Bereich der Landwirtschaft zugunsten der kleineren Inseln des Ägäischen Meeres

KOM(2010) 767 endg. — 2010/0370 (COD).

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Umweltschutz nahm ihre Stellungnahme am 28. Februar 2011 an.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 470. Plenartagung am 15./16. März 2011 (Sitzung vom 15. März) mit 174 gegen 6 Stimmen bei 17 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.   Schlussfolgerungen

Der EWSA begrüßt die vorliegende Verordnung als Entwurf eines Vorschlags zur Neufassung der vorherigen Verordnung (EG) Nr. 1405/2006 aus den nachfolgenden Gründen:

1.1

Die vorherige Verordnung war mehrfach geändert worden, einerseits aufgrund der Entwicklung des Gemeinschaftsrechts, andererseits aber auch aufgrund der Angleichung an den Vertrag von Lissabon. Deshalb ist es erforderlich, den verfügenden Teil neu zu strukturieren, um die zentrale Rolle des Förderprogramms besser an den neuen Text der Verordnung anzupassen und Folgendes hervorzuheben:

a)

die besondere Versorgungsregelung und

b)

die Sondermaßnahmen zugunsten örtlicher landwirtschaftlicher Erzeugungen.

1.2

In der neuen Verordnung werden die wesentlichen Elemente einer Sonderregelung für landwirtschaftliche Erzeugnisse der kleineren Inseln des Ägäischen Meeres klarer dargelegt, wobei die Sachzwänge, die sich aus der Randlage, der Abgelegenheit, der Insellage, der geringen Größe, den schwierigen Relief- und Klimabedingungen sowie der wirtschaftlichen Abhängigkeit von einigen wenigen Erzeugnissen ergeben, effizient angegangen werden.

1.3

In Artikel 2 der neuen Verordnung wird auf die Maßnahmen abgehoben, die zur Umsetzung folgender zwei Ziele beitragen: erstens Sicherung der Versorgung der kleineren Inseln mit Erzeugnissen, die für den menschlichen Verzehr oder zur Verarbeitung oder zum Einsatz als landwirtschaftliche Betriebsmittel benötigt werden, durch Ausgleichen der durch die Abgelegenheit, Insellage und geringe Größe bedingten Mehrkosten, und zweitens Erhaltung und Entwicklung der landwirtschaftlichen Tätigkeit der kleineren Inseln, einschließlich der Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung örtlicher Erzeugnisse.

1.4

Ziel der Verordnung ist die Gewährleistung einer einheitlichen Anwendung der Regelung für die kleineren ägäischen Inseln durch Griechenland gegenüber anderen ähnlichen Regelungen, um Wettbewerbsverzerrungen oder eine Diskriminierung von Marktteilnehmern zu vermeiden.

1.5

In der Verordnung wird die ordentliche Mittelverwaltung dadurch gewährleistet, dass Griechenland in seinem Programm die Beihilfen auflisten muss, bei denen es sich um Direktzahlungen für vor Ort produzierte Erzeugnisse handelt, und zwar mit einem speziellen Hinweis darauf, wie dieser Betrag festgesetzt wird.

1.6

Es wird festgelegt, den Höchstbetrag zur Finanzierung der besonderen Versorgungsregelung um 20 % zu erhöhen.

1.7

Die Kommission erhält Durchführungsbefugnisse hinsichtlich der einheitlichen Bedingungen für die Umsetzung der Lizenzregelung und die Verpflichtungen der Marktteilnehmer im Zusammenhang mit der besonderen Versorgungsregelung sowie einer allgemeinen Rahmenregelung für die von Griechenland durchzuführenden Kontrollen.

1.8

Die Kommission ist künftig befugt (Artikel 11 Absatz 2), im Wege eines delegierten Rechtsakts die Bedingungen für die Aufnahme von Marktteilnehmern in das Lizenzregister festzulegen, die Leistung einer Sicherheit für die Lizenzerteilung vorzuschreiben sowie die Annahme von Programmänderungen zu regeln.

Begründung

2.   Einleitung

2.1   Durch die Ziele der Maßnahmen sowie die Grundsätze der Programmplanung, der Vereinbarkeit und der Kohärenz mit den anderen Politikbereichen der Union im Einklang mit der Verordnung (EG) 1782/2003 wurden gemeinsame Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik festgelegt.

2.2   Gemäß Artikel 291 Absatz 2 des Vertrags erlässt die Kommission mithilfe von Durchführungsbefugnissen daher die erforderlichen Bestimmungen, um die einheitliche Anwendung der Regelung für die kleineren ägäischen Inseln durch Griechenland gegenüber anderen ähnlichen Regelungen sicherzustellen und um Wettbewerbsverzerrungen oder eine Diskriminierung von Marktteilnehmern zu vermeiden.

2.3   Die Verordnung gewährleistet einheitliche Bedingungen für die Anwendung der Lizenzregelung und die Verpflichtungen der Marktteilnehmer im Zusammenhang mit der besonderen Versorgungsregelung (Artikel 11 Absatz 3).

2.4   In der Verordnung werden die einheitlichen Bedingungen für die Programmdurchführung (Artikel 6 Absatz 2, Artikel 15 Absatz 3 und Artikel 18 Absatz 3) sowie eine allgemeine Rahmenregelung für die von Griechenland durchzuführenden Kontrollen festgelegt (Artikel 7, Artikel 12 Absatz 2 und Artikel 14 Absatz 1).

2.5   Der EWSA ist der Ansicht, dass die in den Ziffer 4, 5, 6 und 7 dieser Stellungnahme angestellten Überlegungen zur inhaltlichen Bereicherung des vorliegenden Verordnungsvorschlags sowie mit Blick auf die Ausgestaltung einer integrierten Politik für die vielen kleineren Inseln des Ägäischen Meeres herangezogen werden sollten.

3.   Zusammenfassung der vorgeschlagenen Verordnung

3.1   Aufgrund der vielen Änderungen und zur Angleichung an den Vertrag von Lissabon wird mit der neuen Verordnung die bisherige Verordnung (EG) Nr. 1405/2006 aufgehoben und durch einen neuen Rechtstext ersetzt.

3.2   Der Inhalt des Förderprogramms für die kleineren Inseln des Ägäischen Meeres (Kapitel 2 Artikel 5), das Griechenland aufstellen und der Kommission zur Genehmigung vorlegen muss, wird in Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip und unter dessen Anwendung präzisiert. Demgemäß kann Griechenland das Programm (Kapitel 2 Artikel 3 und 6) je nach den erforderlichen Anpassungen entsprechend den von ihm festgelegten Grundsätzen flexibel ändern.

3.3   In der Verordnung wird eine besondere Versorgungsregelung für landwirtschaftliche Erzeugnisse der Union eingeführt, die auf den kleineren Inseln der Ägäis zum menschlichen Verzehr, zur Herstellung anderer Erzeugnisse oder auch als landwirtschaftliche Betriebsmittel dringend benötigt werden (Artikel 3). Es wird ebenfalls festgelegt, dass Griechenland eine Bedarfsvorausschätzung für die Inseln erstellen soll.

3.4   Für jedes landwirtschaftliche Erzeugnis der kleineren Inseln wird eine Beihilfe gewährt. Sie wird auf der Grundlage der Vermarktungskosten festgesetzt, die ab den Häfen des griechischen Festlands, die die Versorgung der Inseln gewährleisten, und anhand der Mehrkosten infolge der Insellage und der geringen Größe berechnet werden.

3.5   Aufgrund der besonderen geografischen Lage, der Mehrkosten für die Lieferung der Erzeugnisse und der durch die Abgelegenheit bedingten zusätzlichen Kosten ergeben sich Nachteile, deren Ausgleich eine Senkung der Preise dieser Erzeugnisse und folglich eine besondere Versorgungsregelung erforderlich machen. Die unter die besondere Versorgungsregelung fallenden Erzeugnisse sollten hochwertig und von vermarktbarer Qualität sein, um jegliche Spekulation zu vermeiden.

3.6   Zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der Erzeugnisse der Union sollten Beihilfen für die Belieferung dieser Inseln mit Unionserzeugnissen gewährt werden, wobei auch die Mehrkosten für die Verbringung zu berücksichtigen sind.

3.7   Für den Fall, dass aus der besonderen Versorgungsregelung eine wirtschaftliche Vergünstigung erwachsen sollte, ist die Versendung oder die Ausfuhr der Erzeugnisse verboten. Es ist dennoch möglich, sie auf ausländischen Märkten zu vermarkten, sofern die wirtschaftliche Vergünstigung zurückerstattet wird. Die Erzeugnisse unterliegen außerdem Verwaltungskontrollen (Artikel 14).

3.8   Voraussetzung für die Gewährung der Beihilfe ist die Vorlage einer Lizenz durch die Marktteilnehmer, aus der ihre Eintragung im einschlägigen Register hervorgeht.

3.9   Gefördert wird sowohl der Handel mit verarbeiteten Erzeugnissen zwischen den kleineren ägäischen Inseln als auch deren Ausfuhr in die restliche EU und in Drittländer.

3.10   Es wird ein Anreiz zur Unterstützung örtlicher Erzeugnisse über das Förderprogramm gegeben, das erstmals mit der Verordnung (EG) Nr. 1405/2006 festgelegt wurde. In jener Verordnung wurden die Erzeugung, Vermarktung und Verarbeitung einer ganzen Bandbreite von Erzeugnissen begünstigt, da sich die darin vorgesehenen Maßnahmen als wirksam für die Agrartätigkeit erwiesen hatten.

3.11   Es werden Maßnahmen zur Finanzierung von Studien, Demonstrationsvorhaben, Ausbildungsmaßnahmen und technischer Hilfe erlassen.

3.12   Auch werden die landwirtschaftliche Erzeugung und die Vermarktung von Qualitätsprodukten gefördert.

3.13   In der vorgeschlagenen Verordnung werden die Zuständigkeiten der Kommission beim Erlass delegierter Rechtsakte festgelegt, die die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat mitteilen muss.

4.   Empfehlungen

Der EWSA ist der Auffassung, dass die folgenden Maßnahmen besonders nachdrücklich betont und beschlossen werden sollten:

4.1

Die landwirtschaftlichen Erzeugnisse sollten in die Schaffung eines geeigneten Rahmens zur Entwicklung des Inseltourismus einbezogen werden. Insbesondere sollten sie auf europäischer und internationaler Ebene zu einem Anziehungspunkt für die Verbraucher werden, die den besonderen ernährungsspezifischen Wert der Mittelmeerküche und der örtlichen Bioprodukte schätzen.

4.2

Gleichzeitig sollten die notwendigen Schritte unternommen werden, um die traditionellen landwirtschaftlichen Erzeugnisse effizienter zu nutzen, da sie aufgrund ihrer therapeutischen Eigenschaften (Mastixkaugummi von der Insel Chios, Olivenöl, Honig, verschiedene Kräuter usw.) auch in anderen Wirtschaftsbereichen, insbesondere der Arzneimittelindustrie, der Kosmetik und der Homöopathie, immer stärker gefragt sind.

4.3

Die Bevölkerung der Inseln sollte über den ernährungsspezifischen und wirtschaftlichen Wert der erzeugten Produkte aufgeklärt werden. Der EWSA schlägt vor, auf einer strategisch günstig gelegenen Insel eine interregionale Schule zu gründen, deren Konzept so etwas wie ein „Erasmusprogramm für Studenten und Beschäftigte im Bereich des Agrartourismus oder der Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse“ wäre.

4.4

Es sind Maßnahmen für die Konzipierung von Ausbildungsprogrammen vorzusehen, die darauf abzielen, nationale und internationale Hochschulen an entsprechenden Programmen zur Erarbeitung von Studien und zur Durchführung wissenschaftlicher Untersuchungen teilnehmen zu lassen, mit denen der wirtschaftliche Wert der Inselerzeugnisse und ihre Verwendung herausgestellt werden.

4.5

Es sollte ein sensibles Konzept für die besonders gefährdete Bevölkerung der Inseln umgesetzt werden, vor allem der unzugänglichen Gegenden, um den Erhalt der Bevölkerung auf den Inseln und die Bereitstellung von Anreizen vor allem wirtschaftlicher Art für junge Menschen zu gewährleisten. So sollten Subventionsprogramme zur Entwicklung der Wirtschaftstätigkeit in entlegenen Gebieten ohne Rückzahlung der Überschüsse aufgestellt werden, die vor allem darauf abzielen, die Möglichkeiten einer wirtschaftlichen Nutzung der Inseln aufgrund ihrer geografisch-geologisch bedingten Einzigartigkeit und Besonderheit aufzuzeigen.

4.6

Die Betonung sollte auf die Erhöhung der Qualität der landwirtschaftlichen Erzeugnisse gelegt werden, die mit einer Senkung der Produktionskosten einhergehen muss.

4.7

Es sind einige spezifische Kriterien festzulegen, die den morphologischen Besonderheiten des Gebiets und seinem geologischen Aufbau Rechnung tragen.

5.   Allgemeine Bemerkungen

Der EWSA anerkennt die besonderen Faktoren, die die Entwicklung der Landwirtschaft der Inseln des Ägäischen Meeres ausmachen, und ist der Ansicht, dass in der vorliegenden Verordnung auch Folgendes berücksichtigt werden sollte:

5.1

Da die grundlegenden Ressourcen wie Wasser, Energie und Rohstoffe begrenzt sind, müssen sie auf den ägäischen Inseln verantwortungsvoll bewirtschaftet werden. Gerade während der Sommermonate kommt es aufgrund des erhöhten Zustroms von Touristen und Urlaubern in den Inselgebieten zu Problemen mit der Verfügbarkeit von Wasser, Energie usw. Die vorstehend genannten Probleme müssen berücksichtigt werden, damit sie auf eine Weise angegangen werden können, die eine bessere Ressourcenbewirtschaftung und die Einhaltung des Umweltgleichgewichts gewährleistet. Zu diesem Zweck könnten in der Verordnung entsprechende Unterstützungsmaßnahmen zur Lösung dieser konkreten schwerwiegenden Probleme vorgesehen werden.

5.2

Veränderte Bodennutzung auf den Inseln: Die landwirtschaftlichen Nutzflächen auf den Inseln nehmen beständig ab, da sie durch eine Umwidmung in Bauland anderen Nutzungen zugeführt oder aufgrund einer Flächenaufgabe in Brachen, Unland und Ödland umgewandelt werden (auch ständige „Flächenstilllegung“ genannt). Eine bessere Nutzung der Böden muss daher durch Programme zur Förderung der landwirtschaftlichen Erzeugung unterstützt werden. Die Verordnung kann geeignete Rahmenbedingungen für eine solche Unterstützung schaffen.

5.3

Der Rückgang der Zahl und die Aufgabe landwirtschaftlicher Betriebe sowie die Ansammlung toter Biomasse (abgestorbene Äste und Kräuter) in wildwachsenden Wäldern und Olivenhainen leisten dahingegen Waldbränden Vorschub, die die Flächennutzung für lange Zeit unmöglich machen.

5.4

Darüber hinaus muss ein Gleichgewicht zwischen den für die Tourismusentwicklung und den für die Landwirtschaft bestimmten Flächen wiederhergestellt werden. Beide Sektoren müssen einander ergänzen.

5.5

Besondere Aufmerksamkeit sollte dem Primärsektor gelten, in dem es zu massiven Arbeitsplatzverlusten kommt, während gleichzeitig die Beschäftigung im Tertiärsektor ansteigt.

6.   Besondere Bemerkungen

6.1   In die Verordnung sind auch Kreta und Euböa aufzunehmen.

6.2   Es sollten über ein Jahr laufende Initiativen zur Verbesserung der Produktion, Vermarktung und Verkaufsförderung landwirtschaftlicher Erzeugnisse auf den Weg gebracht werden. Diese Maßnahmen sollten insbesondere auf die Steigerung der Produktion, gleichzeitig aber auch auf die Verbesserung der Qualität abzielen.

6.3   Zum Erhalt des traditionellen Oliven- und Zitrusfrüchteanbaus auf den kleineren ägäischen Inseln ist eine hektarbezogene Beihilfe sowie eine Wiederherstellung und Verteilung landwirtschaftlicher Flächen vorzusehen.

6.4   Für folgende Erzeugnisse sollte eine zusätzliche finanzielle Unterstützung gewährt werden: Verzehr- und Saatgutkartoffeln, Artischocken aus Tinos, Pflaumen aus Skopelos, Kirschtomaten aus Santorini, Zitrusfrüchte, Platterbsen (Fava) der Gattung Lathyrus sp., Bohnen, Gerste aus Limnos, traditionelle Käsesorten (z.B. Graviera aus Naxos, Kalathaki Limnou (geschützte Ursprungsbezeichnung), Zitronenlikör, Honig-Raki aus Amorgos, Mandelpaste aus Sifnos und Lesbos sowie Sardellen aus Kalloni).

Honig und Öl gehören zu den Spitzenprodukten, die die Identität und Qualität der landwirtschaftlichen Erzeugung der kleineren Inseln ausmachen.

6.5   Der Akzent sollte auf den traditionellen Anbau des Mastixbaums in Chios sowie den Rebenanbau zur Herstellung von Weinen mit geschützter geografischer Angabe in den traditionellen Anbaugebieten der kleineren ägäischen Inseln gelegt werden.

6.5.1   Es sollte eine finanzielle Unterstützung für Pachtflächen gewährt werden.

6.5.2   Es ist eine Verstärkung der Beihilfen zum Schutz geografischer Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel erforderlich.

6.5.3   Die Möglichkeiten zur Verbesserung der Weinbereitung sowie von Lagerung, Normung und Vertrieb der auf den Inseln produzierten Weine und Olivenöle sollten finanziell unterstützt werden.

Bedingungen

6.5.4   Für Anbau, Nutzung und Produktion pro Hektar darf die festgelegte Ertragsobergrenze nicht überschritten werden.

6.5.5   Es müssen die in der einzelstaatlichen Gesetzgebung vorgesehenen Anbautechniken angewandt werden.

6.5.6   Die Erzeugnisse sollten eine Ursprungsbezeichnung tragen, die für kontrollierte oder höchste Qualität bürgt.

6.5.7   Die Anforderungen der nationalen und europäischen Rechtsvorschriften müssen eingehalten werden.

7.   Vorschläge

7.1   Der EWSA ist der Ansicht, dass es die Verordnung erleichtern sollte, eine Verbindung zu anderen Branchen der örtlichen Wirtschaft (Tourismus, Handwerk, Handel) herzustellen, indem der Schwerpunkt auch auf eine Änderung der Ausrichtung des Touristikprodukts gelegt wird.

7.2   Nach Ansicht des EWSA sollten das Erlernen von Anbaumethoden und Fruchternteverfahren, die Entdeckung geologisch interessanter Gebiete, die Kenntnis der Tierarten der landwirtschaftlichen Ökosysteme, die Mittelmeerdiät, gesunde Ernährung und Bioerzeugnisse besondere Schwerpunkte bilden.

7.3   Der Genuss, den das Erleben des Schattens und der Stille der Oliven- oder Orangenhaine, der Kontakt mit dem Boden, die Ruhe und Erholung vom Lärm, die Reise durch einheimische landwirtschaftliche Gefilde oder das Zusammenspiel all dieser Vorzüge bereiten, kommt nach Ansicht des EWSA einer ganzen Bandbreite besonderer und alternativer Tourismusformen entgegen (Kultur-, Ökologie-, Agrar-, Gesundheits-, Wander-, Gastronomietourismus usw.).

Auf diese Weise wird ein anderes Tourismusprodukt geschaffen, das in direktem Zusammenhang mit den landwirtschaftlichen Erzeugnissen steht, die ihrerseits unmittelbar mit Qualitätstourismus, Gastronomie (Mittelmeerernährung), Bioprodukten und Agrartourismus verbunden sind. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit, dem traditionellen Massentourismus, der nur an Sonne und Meer interessiert ist, zu entfliehen. Die Verordnung wird zur Unterstützung dieser Optionen beitragen.

7.4   Der EWSA ist der Auffassung, dass im Rahmen der EU-Politiken z.B. im Bereich der Bioprodukte, der kosmetischen oder parapharmazeutischen Produkte und mit Blick auf die Absatzförderung der Erzeugnisse der Mittelmeerkultur auf einer der ägäischen Inseln eine Dienststelle/Verwaltung eingerichtet werden könnte, die für Weiterbildungsprogramme in Sachen gesunde Mittelmeerernährung bzw. Gastronomie des Mittelmeerraums zuständig ist.

7.5   Der EWSA empfiehlt, ausgehend vom Know-how der Genossenschaft „Vereinigung der Mastixerzeuger von Chios“ ein Pilotprojekt zu erarbeiten, dessen Hauptziel es ist, in Griechenland und ganz Europa ein Netz von Läden („Mastihashop“) aufzubauen, um Mastix und seine unterschiedlichen Verwendungsmöglichkeiten und Eigenschaften mithilfe von in Chios, Griechenland und der Europäischen Union hergestellten Mastixprodukten bekannt zu machen, herauszustellen und zu fördern.

7.6   Der EWSA hat jedoch schon in seinen im Plenum verabschiedeten Stellungnahmen ECO/212 (10. Juli 2008) und ECO/262 (15. Juli 2010) den Vorschlag gemacht, vorrangig den Agrartourismus – in Verbindung mit der Förderung der Beschäftigung – voranzubringen.

7.6.1   Er ist daher der Ansicht, dass mit der Verordnung die Teilzeitbeschäftigung der Inselbewohner im Agrarsektor angeregt werden sollte, indem diese durch eine Anerkennung ihrer Rechte auf Investitionen in den Agrartourismus und auf ein Einkommen aus dem Agrartourismus unterstützt wird. Die Sicherung der doppelten Funktion des Bodens als landwirtschaftliche (oder fortwirtschaftliche) Nutzfläche und als für den Agrartourismus bestimmte Fläche ist ein zentrales Element, um die wechselseitige Unterstützung dieser beiden Tätigkeiten zu garantieren. Dieses Recht sollte jedoch nicht an eine bestimmte Parzelle, sondern an den landwirtschaftlichen Betrieb gebunden sein.

7.6.2   Es müssen günstige Voraussetzungen im Bereich Agrartourismus geschaffen werden, d.h. im Hinblick auf das Recht auf Errichtung und Betrieb einer kleinen agrartouristischen Einheit innerhalb des landwirtschaftlichen Betriebs, das unter der Bedingung gewährt und verlängert wird, dass die Produktion (Oliven, Weinbau, Orangen, Mandarinen, Mastix, Honig, Feigen usw.) beibehalten und fortgesetzt wird.

7.6.3   In den benachteiligten Inselgebieten, in denen eine Entvölkerung stattfindet und landwirtschaftliche Nutzflächen aufgegeben werden, ist die Entwicklung der Landwirtschaft in Teilzeit die geeignetste und beständigste Lösung, um die Bevölkerung vor Ort zu halten und das Inselumfeld zu bewahren.

Die Verordnung kann hierzu als Katalysator beitragen, um das Leben, den natürlichen und ökologischen Reichtum zugunsten aller Bürger, die diese Inselregionen besuchen, und natürlich auch ihrer Bewohner, zu erhalten.

7.7   Schließlich ist der EWSA folgender Auffassung: Die für die Entwicklung der Inseln grundlegenden Branchen sind in erster Linie die Landwirtschaft und der Tourismus. Auf den Inseln gibt es noch weitere Tätigkeitsbereiche wie Viehzucht, Fischerei, Schifffahrt und Kultur, die gleichzeitig auch für die Förderung und Vermarktung der örtlichen landwirtschaftlichen Erzeugnisse genutzt werden können. Zur Verwirklichung dieser Ziele wird vorgeschlagen, Forschungsvorhaben und die Einrichtung von Landwirtschaftsschulen zu unterstützen, und zwar durch eine Wachstumsstrategie, die auf Wissen, Forschung und Innovation beruht und neue dynamische Wettbewerbsvorteile verschafft, oder durch die Ausschöpfung des Bildungs- und Forschungspotenzials der ägäischen Inseln. Auf diese Weise wird ein integrierter Rahmen für eine alle Wirtschaftsbereiche umfassende Strategie und dadurch ein neues modernes Entwicklungsmodell für die Inseln geschaffen, das sich sowohl auf die Landwirtschaft als auch allgemein auf die kleineren Inseln der Ägäis anwenden lässt und über das klassische Modell von Inselstaaten wie Malta und Zypern oder von Inseln mit starker regionaler Identität wie Sardinien oder Korsika hinausgeht.

Βrüssel, den 15. März 2011

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Staffan NILSSON