11.2.2011 |
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Amtsblatt der Europäischen Union |
C 44/118 |
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Eine wirkungsvollere europäische Energiepolitik für die KMU und insbesondere für Kleinstunternehmen“ (Initiativstellungnahme)
2011/C 44/19
Berichterstatter: Francis DAVOUST
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss beschloss auf seiner Plenartagung am 16. Juli 2009 gemäß Artikel 29 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung, eine Initiativstellungnahme zu folgendem Thema zu erarbeiten:
„Eine wirkungsvollere europäische Energiepolitik für die KMU und insbesondere für Kleinstunternehmen“.
Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft nahm ihre Stellungnahme am 1. Juni 2010 an.
Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 464. Plenartagung am 14./15. Juli 2010 (Sitzung vom 14. Juli) mit 157 Stimmen bei 5 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:
1. Schlussfolgerungen und Empfehlungen
1.1 Auf EU-Ebene:
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Umdenken in der Energiepolitik nach der Devise „Vorfahrt für KMU“, um sicherzustellen, dass die Verbände der Klein- und Kleinstunternehmen am Rechtsetzungsverfahren beteiligt und in den Folgenabschätzungen auch die allerkleinsten Unternehmen erfasst werden und ein sektorspezifischer Ansatz begünstigt wird; |
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Einrichtung eines Forums für den dauerhaften Dialog mit den KMU-Verbänden zu den Auswirkungen der EU-Energiepolitik auf die Unternehmen, insbesondere die Kleinstunternehmen; |
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in Zusammenarbeit mit den Verbänden der betroffenen Unternehmen Definition derjenigen Maßnahmen, denen in den EU-Programmen Rechnung getragen werden muss, um diesen Unternehmen die bestmögliche Anpassung an die EU-Leitlinien zu ermöglichen; |
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Untersuchung der Auswirkungen der Ökoeffizienz-Programme auf die verschiedenen KMU-Kategorien und Verbreitung eines Leitfadens zu bewährten Verfahren; |
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Vereinfachung der Zugangs- und Nutzungsbestimmungen der bestehenden Energieeffizienz-Programme der EU für KMU; |
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Annahme eines Plans zur Förderung von Energiesparinnovationen und Schaffung eines Finanzinstruments zur Innovationsförderung, das den Anforderungen der Klein- und Kleinstunternehmen Rechnung trägt; |
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Konzipierung eines Rahmens zur Stärkung der Präsenz und der Tätigkeit der Energiedienstleistungsunternehmen (Energy Service Companies - ESCO) auf nationaler Ebene zugunsten der Kleinunternehmen; |
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Vereinfachung des Zugangs zu den Strukturfonds für die Kleinunternehmen, insbesondere über ihre Verbände; |
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Schaffung eines Rahmens zur Förderung kleiner Energieerzeugungsanlagen in den Mitgliedstaaten; |
1.2 Auf nationaler Ebene:
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Einrichtung eines nationalen Dialogforums mit den KMU-Verbänden; |
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Entwicklung von Bildungs- und Informationsprogrammen über sektorspezifische Kampagnen und zentrale Anlaufstellen, in erster Linie bei den zwischengeschalteten Organisationen der betroffenen Unternehmen; |
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Unterstützung für die Investitionsfinanzierung, Senkung der Versicherungskosten und Schaffung von steuerlichen Anreizen; |
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Schaffung von finanziellen Synergien zwischen EU, Mitgliedstaaten und Unternehmensverbänden im Hinblick auf die Einführung verschiedener Fördermaßnahmen für die Kleinunternehmen; |
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Einstellung von Beratern im Umwelt- und Energiebereich in den zwischengeschalteten Organisationen sowie Bereitstellung unabhängiger Diagnose- und Energieberatungsdienste; |
1.3 auf regionaler Ebene:
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Aufnahme von Energiebegleitung und -beratung, Bildungsmaßnahmen sowie Innovationsförderung und -finanzierung in die Prioritäten der Regionalprogramme; |
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Förderung kleiner Energieerzeugungsanlagen durch die Strukturfonds. |
2. Einführung
2.1 Hintergrund
2.1.1 Die Europäische Union hat eine Politik zur Verbesserung der Energieeffizienz auf den Weg gebracht, die auch eines der Elemente der EU-2020-Strategie ist. Sie wird für die KMU in erster Linie eine grundlegende Änderung ihres Zugangs zu Energie bedeuten und eine effizientere Energienutzung bringen. Bislang wurde die Situation der Klein- und Kleinstunternehmen in den EU-Maßnahmen im Bereich Energieeffizienz nicht gesondert berücksichtigt, und ihre Auswirkungen auf diese Unternehmen sind nicht bekannt.
2.1.2 In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass der Ausschuss in seiner Stellungnahme vom 1. Oktober 2009 (1) zum Thema „Förderung der Energieeffizienzstrategien und –programme auf Ebene der Endnutzer“ empfohlen hat, die Bemühungen um die systematische Einbeziehung der Endnutzer (insbesondere der kleinen Unternehmen) zu intensivieren und dazu 1.) den sektorspezifischen Aspekt der europäischen Energieeffizienzpolitik zu stärken, 2.) die energiebezogenen EU-Programme zu vereinfachen, 3.) eine Folgenabschätzung der Energieeffizienzpolitik für die Endnutzer, insbesondere die KMU, durchzuführen und ihre Ergebnisse zu bewerten und 4.) eine europäische Sachverständigengruppe und ein Netz unabhängiger Organisationen einzurichten, die im Bereich Energieeffizienz tätig sind und sich an die Endnutzer und insbesondere KMU und Handwerk richten.
2.2 Gegenstand der Stellungnahme
2.2.1 Nach Meinung des Ausschusses muss dieses Thema im Sinne des Small Business Act nach der Devise „Vorfahrt für KMU“ angegangen werden, die den Überlegungen zu den EU-Politiken und -Programmen sowie deren Ausarbeitung zu Grunde gelegt werden. Gegenstand dieser Stellungnahme sind die Auswirkungen der EU-Energiepolitik auf die Klein- und Kleinstunternehmen, die 92 % der Unternehmen in der EU ausmachen (2).
2.3 Rahmen und Umfang der Stellungnahme
2.3.1 In dieser Stellungnahme sollen die grundlegenden Elemente herausgearbeitet werden, um die europäischen Entscheidungsträger dazu anzuhalten, die KMU und insbesondere die Klein- und Kleinstunternehmen in den künftigen EU-Politiken zu berücksichtigen. Die Frage der „Ökologisierung“ der Arbeitsplätze an sich ist zwar ausgeklammert, es werden jedoch die flankierenden Maßnahmen für die Arbeitnehmer im Rahmen der Anpassung der Unternehmen an die vorrangigen Ziele der Energiepolitik behandelt.
3. Allgemeine Bemerkungen
3.1 Allgemeine Auswirkungen der Energiepolitik auf die Kleinunternehmen
Der Ausschuss betont, dass die Ziele der EU-Energiepolitik große Entwicklungschancen für bestimmte KMU-Kategorien bieten und somit die Schaffung von Arbeitsplätzen ermöglichen können. In diesem Zusammenhang ist zwischen vier unterschiedlichen Funktionen von Klein- und Kleinstunternehmen in energiepolitischer Hinsicht zu unterscheiden, und zwar
3.1.1 Energieverbraucher : Der Großteil der Klein- und Kleinstunternehmen steht vor vier Problemen: 1.) Sie sind sich der Vorteile einer effizienteren Energienutzung noch nicht bewusst; 2.) sie können die Auswirkungen von Energieeffizienzmaßnahmen auf ihren Betrieb und ihre Arbeitnehmer nicht erfassen; 3.) sie wissen weder, für welche Maßnahmen sie sich entscheiden sollen, noch mit wessen Hilfe sie ihre Entscheidungen anschließend umsetzen sollen, und 4.) sie verfügen nicht über ausreichende Mittel für die Finanzierung von Energiesparinvestitionen, die sich außerdem erst langfristig rechnen werden.
3.1.1.1 Dieses Informationsdefizit ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass die Unternehmen aufgrund ihrer Größe nicht über in Energie- und Umweltfragen geschulte Mitarbeiter verfügen.
3.1.1.2 Das Problem der Investitionsrentabilität: Die Investitionen zur Verringerung des Energieverbrauchs können sehr teuer sein und sich kurzfristig kaum rentieren. Meistens können diese Kosten nicht über die Produktion oder die Dienstleistung weitergereicht werden; die Energieeinsparungen können die Investitionen erst sehr langfristig ausgleichen.
Ein Investitionsertrag fällt häufig erst nach mehr als fünf Jahren an und wird so für die Kleinunternehmen zum Hemmnis.
3.1.2 Installationsunternehmen: die Unternehmen, die Produkte und Systeme für eine effizientere Energienutzung installieren oder warten, tragen zur Verbreitung energieeffizienter Technologien bei den Verbrauchern bei. Folgende Sektoren sind besonders betroffen:
3.1.2.1 |
Die Tätigkeiten des Baugewerbes hinsichtlich einer umweltfreundlichen Bauweise, des Einsatzes umweltfreundlicher Baustoffe und der Installation von Systemen zur Nutzung erneuerbarer Energieträger: Die Kleinunternehmen, die innovative Produkte installieren, berichten über Vorbehalte seitens der Versicherungsunternehmen, die unter dem Vorwand, dass die langfristige Stabilität und Wirksamkeit des Produkts noch nicht erwiesen sind, nicht die entsprechenden Garantien wie Zehn-Jahres-Garantien gewähren wollen. Diese Vorbehalte behindern die Einführung umweltfreundlicher Technologien bei den Verbrauchern. Der Ausschuss schlägt vor, 1.) Weiterbildungsprogramme für die Arbeitnehmer im Baugewerbe betreffend neue umweltfreundliche Bautechnik und Baustoffe sowie neue Konzepte zur Bewertung der Energieeffizienz von Gebäuden aufzulegen und 2.) die Versicherungskosten durch die Schaffung eines EU-Finanzinstruments oder eines anderen EU-Mechanismus zur Verringerung der Kosten des von den Versicherungsunternehmen übernommenen Risikos zu senken. |
3.1.2.2 |
Die Installation und Wartung von Geräten zur Verringerung des Energieverbrauchs in Privathaushalten und Unternehmen: Die in diesem Sektor tätigen KMU leiden unter dem direkten Wettbewerb der großen Energieerzeuger, die durch von ihnen selbst geschaffene und kontrollierte Strukturen in einem gesamten Land operieren. Aufgrund ihrer völligen Abhängigkeit von eben diesen Großerzeugern, die sie kontrollieren, sind sie stärker am Verkauf herkömmlicher Energieträger als an der Verbesserung der Energieeffizienz ihrer Kunden interessiert. Der Ausschuss ist 1.) der Ansicht, dass die europäischen und nationalen Entscheidungsträger diesen Markt überwachen müssen, um seine Transparenz sicherzustellen und dem Missbrauch von marktbeherrschenden Stellungen vorzubeugen, und fordert 2.) Fortbildungsprogramme für KMU, um ihre Rolle als Impuls- und Ratgeber bei Privat- und Unternehmenskunden zu stärken. |
3.1.3 Kleinunternehmen, die Energiesparprodukte entwickeln und herstellen: Diese Unternehmen sind auf dem Gebiet nachhaltiger Materialien und Geräte besonders innovativ.
3.1.3.1 In Wirklichkeit haben die innovativen Kleinunternehmen mit zahlreichen Schwierigkeiten zu kämpfen, um ein marktreifes Produkt herzustellen, patentieren zu lassen (Europäisches Patent?) und auf den Markt zu bringen. Sie stehen oftmals monopolartigen Marktpositionen großer Unternehmensgruppen oder Industrielaboratorien gegenüber und müssen sich mit immer komplexeren Zertifizierungssystemen auseinandersetzen, die zur Erlahmung der Innovationstätigkeit führen und letztlich den Marktzugang für die Innovationen dieser Kleinunternehmen unmöglich machen.
3.1.3.2 Nach Meinung des Ausschusses müssen mehrere Maßnahmen ergriffen werden:
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Erstellung eines EU-Plans nach Vorbild des US-amerikanischen SBIRE-Programms, um die zwischengeschalteten Organisationen von Kleinunternehmen (3) dabei zu unterstützen, energieeffiziente Innovationen zu ermitteln, ihre Entwicklung, Zertifizierung und Patentierung zu fördern und ihren Marktzugang zu erleichtern; |
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Schaffung eines flexiblen und leicht zugänglichen Finanzinstruments, um Innovationen im Bereich nachhaltige Materialien und Geräte kostenlos oder kostengünstig zu fördern; |
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Konzipierung vereinfachter, neutraler und zugänglicher Verfahren für die Normung und Zertifizierung energieeffizienter Innovationen der Kleinunternehmen und Gewährleistung, dass die Normung und Zertifizierung nicht als Hemmnisse für den Zugang zu den Energieeffizienzmärkten missbraucht werden. Dies könnte mittels einer verpflichtenden Folgenabschätzung für jedwede europäische technische Norm vor ihrer endgültigen Verabschiedung verhindert werden. |
3.1.4
3.1.4.1 Eine unterschätzte Möglichkeit, die aber in zahlreichen Mitgliedstaaten immer mehr Anklang findet und eine echte Alternative bietet, ist die Stromgewinnung durch die Unternehmen selbst mittels kleiner Energieerzeugungsanlagen. Diese Stromgewinnungsanlagen können mit erneuerbaren, vor Ort verfügbaren Energieträgern betrieben werden. Diese Technik, die sich besonders gut für Kleinunternehmen eignet, beruht auf einer effizienteren Energienutzung und trägt dazu bei, 1.) die Betriebskosten zu senken, 2.) die Energieversorgung selbst bei Ausfällen sicherzustellen, 3.) das Energieerzeugungsvolumen in der EU zu erhöhen, 4.) den Klimawandel zu bekämpfen und 5.) die Schaffung von Arbeitsplätzen auf lokaler Ebene zu fördern.
3.1.4.2 Der Ausschuss fordert die Europäische Kommission auf, geeignete Rechtsgrundlagen und Rahmenbedingungen zu schaffen, um Kleinerzeugungsanlagen zu fördern, und die Mitgliedstaaten dazu anzuhalten, jedwedes Hindernis für ihre Entwicklung abzubauen. Die Europäische Kommission sollte insbesondere 1.) eine Bestandsaufnahme vornehmen und Informationen über die bewährtesten Verfahren verbreiten und 2.) kleine Energieerzeugungsanlagen und ihre Entwicklung in die Maßnahmen aufnehmen, die über die Strukturfonds sowie die verschiedenen Fonds zur Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums finanziert werden können.
4. Besondere Bemerkungen
4.1 Fehlen eines ständigen Dialogforums zwischen den europäischen Institutionen und den Vertretungsorganisationen der verschiedenen KMU-Kategorien
4.1.1 Der Ausschuss begrüßt, dass die Europäische Kommission einen Dialog mit den Vertretern der KMU eingerichtet hat. Allerdings verfolgt sie bislang keinen auf die Klein- und Kleinstunternehmen (4) ausgerichteten strukturierten strategischen Ansatz. Dies wirkt sich in dreierlei Hinsicht negativ aus:
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Es ist nicht möglich zu überprüfen, ob die bestehenden und künftigen Initiativen an die Bedürfnisse der Kleinunternehmen angepasst sind; |
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Es ist nicht bekannt, auf welcher Ebene sie umgesetzt werden. Bleibt die Europäische Kommission bei ihrem derzeitigen allgemeinen praxisfernen Politikansatz, wird dies auch in Zukunft nur schwer möglich sein; |
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Obwohl zahlreiche Mitgliedstaaten in Zusammenarbeit mit den Unternehmensverbänden Initiativen auf den Weg gebracht haben, sind die getroffenen Maßnahmen nicht bekannt. So kann nicht von bewährten Verfahren, Erfolgsgeschichten und Misserfolgen profitiert werden. |
4.1.2 Der Ausschuss stellt keinesfalls den Nutzen der Betriebspanele in Frage, sie können jedoch nicht die Erfahrung der zwischengeschalteten Organisationen wie der Industrie- und Handelskammern, der Handwerkskammern sowie der Branchenorganisationen ersetzen, die direkt bei den Unternehmen tätig werden und sie individuell und an ihre Bedürfnisse angepasst beraten. Die Europäische Kommission muss die Prioritäten in erster Linie in Zusammenarbeit mit diesen zwischengeschalteten Organisationen festlegen.
4.1.3 Die in dem zu allgemein gehaltenen „Top-down-Ansatz“ auf EU-Ebene getroffenen Beschlüsse sind in der Praxis nicht anwendbar. Der Ausschuss empfiehlt eine neue Kultur der Zusammenarbeit in einem „Bottom-up-Ansatz“ nach dem Vorbild des Small Business Act. Eine der dringlichsten Maßnahmen ist die Einrichtung eines solchen Forums zwischen den Institutionen und den Verbänden der Unternehmen, insbesondere der Klein- und Kleinstunternehmen, sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene.
4.2 Informationsmangel in Bezug auf die Auswirkungen der EU-Programme auf die Kleinstunternehmen
4.2.1 Es wurden zahlreiche EU-Programme zur Förderung der Energieeffizienz von KMU im Allgemeinen aufgelegt; der Ausschuss hält jedoch fest, dass die Auswirkungen dieser Programme auf die Klein- und Kleinstunternehmen nicht bekannt sind. Es gibt keine europäische Studie zu den möglichen Vorteilen dieser Programme für diese Unternehmen. Dies ist bedauerlich, denn einerseits werden bewährte Verfahren nicht erkannt, weshalb es auch nicht möglich ist, einen einschlägigen Leitfaden zu erstellen, und andererseits kann die Europäische Kommission keine Programme und Maßnahmen vorschlagen, die der Wirklichkeit dieser Unternehmen Rechnung tragen.
4.2.2 Der Ausschuss fordert die Europäische Kommission auf, 1.) umgehend eine unabhängige Folgenabschätzung der Programme für die KMU mit besonderem Augenmerk auf den Klein- und Kleinstunternehmen sowie eine Analyse der ermittelten Probleme durchzuführen und 2.) einen Leitfaden zu bewährten Verfahren auszuarbeiten.
4.3 Die grundlegende Bedeutung der Gebietskörperschaften
4.3.1 Die Bekämpfung des Klimawandels und das Energieverbrauchsmanagement müssen eine der obersten Prioritäten der künftigen Politik des territorialen Zusammenhalts werden. Die Gebietskörperschaften sind für die regionalen Klimaschutzpläne verantwortlich und fördern Innovationen, u.a. im Hinblick auf Energieeinsparungen, über regionale Cluster, Innovationspole und Ressourcenzentren, die insbesondere auf Kleinstunternehmen ausgerichtet sind.
4.3.2 Die Behörden und die Gebietskörperschaften sind jedoch häufig nicht über die Zwänge und Erfordernisse der verschiedenen KMU-Kategorien informiert.
Der Ausschuss fordert die regionalen und lokalen Entscheidungsträger auf, eine Zusammenarbeit mit den Wirtschafts- und Sozialpartnern vor Ort in Energieeffizienzfragen auf- oder auszubauen und die Strukturfonds vorrangig auf Maßnahmen für das Energiemanagement insbesondere in den Kleinstunternehmen auszurichten. Zu den Prioritäten des EFRE sollten Information und Bildungsmaßnahmen für Kleinunternehmer und ihre Arbeitnehmer, die Durchführung bzw. der Ausbau von flankierenden Maßnahmen sowie der Beratung seitens der zwischengeschalteten Organisationen und der sektorspezifischen Verbände der Unternehmen, die Bereitstellung einfach zugänglicher Finanzmittel und die individuelle oder kollektive Förderung jedweder Form von Innovation zählen.
4.3.3 Der Ausschuss zeigt sich jedoch angesichts des sehr geringen Anteils der Strukturfondsmittel besorgt, die für Kleinunternehmen gewährt werden, der in einigen Regionen aufgrund der unangemessenen Verwaltungs- und Finanzanforderungen lediglich 1 bis 2 % erreicht. Das derzeitige Strukturfondsmanagement erlaubt es ihnen offenbar nicht, angemessen davon zu profitieren. Der Ausschuss fordert die EU-Institutionen und die Mitgliedstaaten auf, die erforderlichen Vereinfachungen in Zusammenarbeit mit den Verbänden der KMU und insbesondere der Klein- und Kleinstunternehmen festzulegen.
4.4 Schwierige Mobilisierung von Mitteln für Investitionen
4.4.1 Die KMU stehen großteils vor ernsthaften Schwierigkeiten bei der Finanzierung ihrer Investitionen in eine effizientere Energienutzung und eine umweltfreundliche Energieerzeugung. Die Banken stehen der Finanzierung derartiger Projekte aufgrund des niedrigen Betrags (20 000 bis 25 000 EUR) und des Mangels an geschulten Mitarbeitern, die diese als „risikoreich“ eingestuften Projekte bewerten könnten, derzeit nicht immer wohlwollend gegenüber.
4.4.2 Hindernisse für den Erhalt von EU-Finanzhilfen: Mehrere EU-Programme wären zwar für die KMU interessant, doch können die Klein- und Kleinstunternehmen in der Praxis keinen direkten Zugang zu diesen haben. Sie müssen an kollektiven, von den zwischengeschalteten Organisationen organisierten Vorhaben teilnehmen. Doch auch hier führen die Verwaltungs- und Finanzanforderungen und die oftmalige Unkenntnis der tatsächlichen Lage der Klein- und Kleinstunternehmen seitens der für die Bearbeitung zuständigen Stellen der Europäischen Kommission dazu, dass Vorschläge viel zu oft abgelehnt werden.
4.4.2.1 Diesbezüglich betont der Ausschuss, dass die erforderliche Sicherung der Staatshaushalte das wirtschaftliche und soziale Leben der Bürger wie auch der Kleinunternehmen und die Beschäftigungsquote in den Regionen beeinträchtigt. Er empfiehlt der Europäischen Kommission, im Zuge der Überarbeitung der EU-Haushaltsordnung allgemeine Überlegungen zu dieser Frage anzustoßen.
4.4.3 Der Ausschuss fordert eine Vereinfachung der Investitionsfinanzierung und eine Straffung der Investitionsfördersysteme auf allen Ebenen. Folgende Initiativen sollten ergriffen werden:
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Erleichterung des Zugangs für genossenschaftliche und lokale Banken sowie der verschiedenen Finanzierungseinrichtungen zu den Mitteln der Europäischen Investitionsbank und des Europäischen Investitionsfonds für die Finanzierung von Investitionen in Projekte zur Förderung der Energieeffizienz; |
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Erhöhung der Kapazität von Bürgschaftssystemen für Darlehen an KMU zur Förderung dieser Investitionen und Einrichtung eines Risikobürgschaft-Systems, damit Versicherungsunternehmen Energieeffizienz-Investitionen abdecken können; |
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Förderung der Nutzung von Mikrokrediten für geringfügige Investitionen und Ausbildung der Bankmitarbeiter vor Ort für die objektive Bewertung der von KMU eingereichten Projekte; |
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Überarbeitung der EU-Haushaltsordnung zur Erleichterung bzw. Anpassung der Anforderungen und Wiederauflage der Sondierungs- und Durchführbarkeitsprämien; |
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Stärkung der Bereitstellung von Energieleistungsverträgen durch die Energiedienstleistungsunternehmen (Energy Service Companies - ESCO), insbesondere für die Kleinstunternehmen. |
5. Für eine Politik zur Förderung von Begleitung und Beratung
5.1 Information und Bildung
5.1.1 Die Information der Unternehmen muss eine der Prioritäten des EU-Aktionsprogramms sein, doch muss diese Information zielgerichtet sowie dem jeweiligen Tätigkeitsfeld angepasst sein und alle Kanäle nutzen, insbesondere die Unternehmensverbände. In mehreren Mitgliedstaaten haben die Behörden in Zusammenarbeit mit den zwischengeschalteten Organisationen und den sektoralen Berufsverbänden Informationskampagnen auf den Weg gebracht. Die Information der Unternehmen kann durch folgende Maßnahmen erreicht werden:
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eine europäische Informationskampagne, die von den nationalen und regionalen Verbänden durchgeführt wird, mit dem Ziel der Erstellung eines Leitfadens der bewährten Verfahren; |
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Unterstützung von sektorspezifischen Informationskampagnen seitens der Berufsverbände; |
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Auf- und Ausbau zentraler Anlaufstellen („One-Stop-Shop“) für Umwelt- und Energiefragen auf unternehmensnächster Ebene; |
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regionale Förderung der Einstellung von Beratern im Umwelt- und Energiebereich in den zwischengeschalteten Organisationen vor Ort. |
5.1.2 Die Weiterbildung der Unternehmer und die „Ökologisierung“ der Arbeitsplätze sind weitere Prioritäten bei der Anpassung an eine nachhaltige Entwicklung. Der Ausschuss fordert, dass eine eigene Tranche des Europäischen Sozialfonds für Bildungsmaßnahmen zugunsten der Klein- und Kleinstunternehmer und ihrer Arbeitnehmer im Bereich Energieeffizienz bereitgestellt wird.
5.2 Unternehmensbegleitung und -beratung
5.2.1 Die Klein- und Kleinstunternehmen brauchen eine personalisierte Begleitung, damit die Energieeffizienzmaßnahmen auch wirksam angewendet werden können. In mehreren Regionen unterstützten die Gebietskörperschaften selbst oder mithilfe von Strukturfondsmitteln unabhängige Audits und eine Energieberatung für Unternehmen.
Nach Meinung des Ausschusses sollte die Einrichtung oder die Förderung der Bereitstellung von unabhängigen Diagnose-, Energieberatungs- und Auditdiensten vorrangig sein, insbesondere in den zwischengeschalteten Organisationen und den sektoralen Berufsverbänden.
5.3 Anstoß für eine Politik der Steueranreize
5.3.1 Um die Kleinunternehmen zu Investitionen in die Verbesserung der Energieeffizienz ihres Betriebs anzuhalten, fordert der Ausschuss die Mitgliedstaaten auf, 1.) Anreize für Sachinvestitionen sowie Investitionen in Beratung, Audits und Bildungsmaßnahmen zu schaffen und 2.) die nationalen Regelungen für steuerliche Anreize, die bereits für Privathaushalte Anwendung finden, auf Kleinunternehmen auszuweiten, die Investitionen in die Energieeffizienz tätigen.
Brüssel, den 14. Juli 2010
Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses
Mario SEPI
(1) ABl. C 318 vom 23.12.2009, S. 39.
(2) 2007 teilten sich die mehr als 20,104 Millionen Unternehmen in der EU-27 wie folgt auf: 18,16 Mio. Kleinstunternehmen (weniger als 10 Arbeitnehmer), 1,49 Mio. Kleinunternehmen (10-25 Arbeitnehmer), 303 400 mittlere Unternehmen (26-250Arbeitnehmer) und 159 000 Großunternehmen (mehr als 250 Arbeitnehmern). Auf die Kleinstunternehmen entfallen 30 %, auf die Kleinunternehmen 21 %, auf die mittleren Unternehmen 17 % und auf die Großunternehmen 33 % der Arbeitsplätze insgesamt. Quellen: EIM Business & Policy Research, EUROSTAT.
(3) Die zwischengeschalteten Organisationen zur Vertretung der Kleinunternehmen sind je nach Mitgliedstaat u.a. die Handwerkskammern bzw. Industrie- und Handelskammern, sektorspezifische Organisationen oder Unternehmensverbände. Ihr Vertretungsanspruch ist öffentlich anerkannt und sie setzen sich für die Unternehmen in ihrem Mitgliedstaat ein und führen koordinierte und gemeinsame Maßnahmen durch.
(4) Der Europäische Rat hat in seinem Treffen am 23./24. März 2006 gefordert, den KMU aller Art Rechnung zu tragen, wobei der Grundsatz „Think Small First“ („zuerst an die kleinen Betriebe denken“) systematisch Anwendung finden und zu einem Leitprinzip für alle einschlägigen Rechtsvorschriften sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene werden muss.