[pic] | EUROPÄISCHE KOMMISSION | Brüssel, den 30.6.2010 KOM(2010) 367 endgültig MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN EUROPÄISCHEN RAT, DEN RAT, DIE EUROPÄISCHE ZENTRALBANK, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Stärkung der wirtschaftspolitischen Koordinierung für Stabilität, Wachstum und Beschäftigung – Instrumente für bessere wirtschaftspolitische Steuerung der EU MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN EUROPÄISCHEN RAT, DEN RAT, DIE EUROPÄISCHE ZENTRALBANK, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Stärkung der wirtschaftspolitischen Koordinierung für Stabilität, Wachstum und Beschäftigung – Instrumente für eine bessere wirtschaftspolitische Steuerung der EU Europa hat aus der jüngsten Finanz- und Wirtschaftskrise viele Lehren gezogen. Die Krise hat deutlich gemacht, wie eng unsere Volkswirtschaften und Errungenschaften in einer stark integrierten Union und erst recht in einer Währungsunion miteinander verbunden sind. Die EU verfügt zwar über verschiedene Instrumente zur wirtschaftpolitischen Koordinierung, aber die Krise hat doch gezeigt, dass diese nicht in vollem Umfang eingesetzt worden sind und das derzeitige System der wirtschaftspolitischen Steuerung Lücken aufweist. Es besteht ein breiter politischer Konsens, dass sich dies ändern muss und dass die EU über ein umfassenderes und wirksameres Instrumentarium verfügen sollte, damit sie Wohlstand und Lebensstandard auch künftig sichern kann. Die EU hat mutige, weit reichende und kohärente Maßnahmen ergriffen, um die Krise zu überwinden und derartige Situationen künftig verhindern zu können. So hat das 2008 eingeleitete Europäische Konjunkturprogramm dazu beigetragen, die Wirkung des Wirtschaftsabschwungs zu dämpfen. EU-Mitgliedstaaten, die Hilfe benötigten, erhielten koordinierte Unterstützung, um die Stabilität der Wirtschafts- und Währungsunion zu sichern. Derzeit wird in der EU und darüber hinaus über verschiedene Maßnahmen zur Stärkung der Überwachung und Regulierung des Finanzsystems verhandelt. Auf der Grundlage der inzwischen angenommenen Strategie Europa 2020 können nun verschiedene Initiativen auf den Weg gebracht werden, um das Potenzial der EU zu stärken, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln und Arbeitsplätze zu schaffen. Die EU benötigt einen klar definierten Strategieansatz, um die wirtschaftliche Erholung zu stützen, die öffentlichen Finanzen wieder auf eine solide Grundlage zu stellen und um nachhaltiges Wachstum sowie die Schaffung von Arbeitsplätzen aktiv zu fördern. Diese politische Vision wurde in der Strategie Europa 2020 festgelegt, die der Europäische Rat vor kurzem genehmigt hat. Alle einschlägigen Instrumente müssen zusammengeführt werden und sicherstellen, dass künftige politische Entscheidungen kohärent sind, den einschlägigen Zielen dienen und nach der Annahme auch umgesetzt und durchgesetzt werden. Die EU kann durch die Stärkung ihrer wirtschaftspolitischen Koordinierung einen neuen und nachhaltigen Wachstumspfad für die Bürger einschlagen. Vor diesem Hintergrund zielt diese Mitteilung auf Folgendes ab: - Entwicklung konkreter Vorschläge für eine stärkere wirtschaftspolitische Koordinierung und Überwachung, wie in der Mitteilung der Kommission über die verstärkte wirtschaftspolitische Koordinierung vom 12. Mai beschrieben, die auf folgende Aspekte abstellt: i) Bekämpfung von Ungleichgewichten mit Hilfe einer stärkeren makroökonomischen Überwachung, u. a. durch einen Warn- und einen Sanktionsmechanismus; ii) Stärkung des fiskalpolitischen Rahmens in den Mitgliedstaaten durch Spezifizierung entsprechender Mindestanforderungen und Ersetzung der jährlichen durch eine mehrjährige Haushaltsplanung; iii) Stärkung des Stabilitäts- und Wachstumspakts, insbesondere unter den Aspekten Schuldendynamik und Defizite. - Festlegung von wirksamen Durchsetzungsmechanismen, um zu gewährleisten, dass die Mitgliedstaaten gemäß dem vereinbarten EU-Rahmen handeln. Für den Fall, dass die volkswirtschaftlichen Entwicklungen in einzelnen Mitgliedstaaten ein Risiko für die Entwicklung in der Union insgesamt darstellen, werden verschiedene präventive und korrektive Maßnahmen vorgeschlagen, darunter auch Sanktionen, die bei Verstößen Anwendung finden könnten. - Einführung eines „Europäischen Semesters“ für die wirtschaftspolitische Koordinierung auf europäischer Ebene und Erläuterung des Verfahrens und des Zeitplans für den europäischen Beitrag zu nationalen Entscheidungen im Hinblick auf eine wirksamere Ex-ante-Koordinierung. Dies betrifft auch die Strukturreformen und wachstumsfördernden Maßnahmen der Strategie Europa 2020. Sämtliche in dieser Mitteilung präsentierten Vorschläge können entsprechend dem Vertrag von Lissabon vereinbart werden. Sie sind an alle 27 Mitgliedstaaten gerichtet, auch wenn einige Vorschläge – zumindest teilweise – lediglich auf die Mitglieder des Euroraums abzielen. Mit den Vorschlägen soll außerdem die Länderüberwachung im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts mit der Überwachung im Rahmen der Strategie Europa 2020 zusammengeführt werden, um sicherzustellen, dass die thematischen Europa-2020-Ziele mit einer soliden Wirtschafts- und Steuerpolitik verfolgt werden. In den Vorschlägen werden die in der Mitteilung der Kommission vom 12. Mai 2010[1] beschriebenen politischen Ideen weiterentwickelt. Sie stützen sich auf die Leitlinien, die am 17. Juni 2010 vom Europäischen Rat vereinbart wurden, und spiegeln die bisher erzielten Fortschritte der Arbeitsgruppe „Wirtschaftspolitische Steuerung“ wider. Mit den Vorschlägen kommen diese Arbeitsgruppe und die Kommission dem Ersuchen des Europäischen Rates nach, seine Leitlinien weiter zu entwickeln und sie für die Praxis anwendbar zu machen. Diese Vorschläge in ihrer Gesamtheit zielen darauf ab, das Vertrauen der EU und der Mitgliedstaaten in die Qualität der Politik- und Entscheidungsfindungsprozesse zu stärken und dafür zu sorgen, dass eine frühzeitige Warnung erfolgt, wenn sich die Situation in einzelnen Mitgliedstaaten nachteilig entwickelt. Dies ermöglicht allen Mitgliedstaaten, die positiven Synergien zu maximieren, die sich aus ihrer Einbindung in die Union ergeben. Darüber hinaus werden Transparenz und gegenseitiges Vertrauen durch einen stärker von Gemeinsamkeit geprägten Prozess gesteigert. Außerdem können auf diese Weise negative Spillover-Effekte minimiert werden, wenn sich Mitgliedstaaten nicht an vereinbarte Grenzen halten, und als letztes Mittel können dann Sanktionen gegen diejenigen Länder verhängt werden, die durch nicht nachhaltige Maßnahmen auf nationaler Ebene das Gemeinwohl in der EU gefährden. Nach der Zusammenführung der Verfahren des Stabilitäts- und Wachstumspakts und der Strategie Europa 2020 kann die EU auf den dafür notwendigen Konsolidierungsmaßnahmen aufbauen, die wichtige Elemente für die längerfristige Wachstumsstrategie darstellen, und eine intelligentere, nachhaltigere und integrativere EU schaffen. 1. Breiter angelegte makroökonomische Überwachung Die EU benötigt eine stärkere makroökonomische Länderüberwachung, in der alle einschlägigen wirtschaftspolitischen Bereiche berücksichtigt werden. Makroökonomische Ungleichgewichte sollten zusammen mit fiskalpolitischen Aspekten und wachstumsfördernden Strukturreformen betrachtet werden. Ziel ist es, die makroökonomische Stabilität zu sichern, das Auftreten schädlicher Ungleichgewichte zu verhindern und umfassende makroökonomische Rahmenbedingungen zu schaffen, die ein nachhaltiges und dynamisches Wachstum ermöglichen. 1.1. Überwachung makroökonomischer Ungleichgewichte Das Entstehen großer makroökonomischer Ungleichgewichte, die sich u. a. in erheblichen und fortdauernden Diskrepanzen bei der Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit widerspiegeln, hat sich im Verlauf der Krise für die EU und insbesondere für den Euro als höchst schädlich erwiesen. Es ist daher wichtig, einen neuen strukturierten Mechanismus zur Überwachung von schädlichen makroökonomischen Ungleichgewichten und deren Korrektur in allen Mitgliedstaaten zu entwickeln. Die Kommission schlägt eine zweistufige Vorgehensweise mit folgenden Komponenten vor: - eine präventive Komponente mit regelmäßigen (jährlichen) Bewertungen des Risikos makroökonomischer Ungleichgewichte, in Verbindung mit einem Warnsystem , und - eine korrektive Komponente , mit der Abhilfemaßnahmen durchgesetzt werden sollen, wenn nachteilige makroökonomische Ungleichgewichte entstanden sind. Präventive Komponente: ein Warnsystem Bei der makrostrukturellen Länderüberwachung im Rahmen von Europa 2020 bewertet die Kommission auf Länderbasis makrostrukturelle Schwächen, eine etwaige Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit und neu entstehende makroökonomische Ungleichgewichte unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen und finanziellen Verflechtungen, insbesondere innerhalb des Euroraums. Der Warnmechanismus basiert auf einer Indikatoren-Übersicht, die Aufschluss über externe und interne Ungleichgewichte gibt, sowie auf qualitativen Analysen von Sachverständigen. Die Verwendung von Indikatoren bietet zwar eine wichtige Orientierung, bedeutet aber nicht, dass bei bestimmten Indikatorenwerten automatisch Folgemaßnahmen ergriffen werden müssen. Bei Ländern, die wesentliche Risiken aufweisen, wird eine umfassende Länderanalyse durchgeführt. Wenn die Analyse aufkommende Risiken bestätigt, schlägt die Kommission länderspezifische Empfehlungen des Rates vor, um schädliche makroökonomische Ungleichgewichte zu bekämpfen. Gegebenenfalls könnte die Kommission gegenüber dem betreffenden Mitgliedstaat auch direkt eine Warnung aussprechen. Je nach Art der in einem Mitgliedstaat festgestellten Ungleichgewichte können die Empfehlungen ein breites Spektrum politischer Aspekte betreffen, z. B. makroökonomische Strategien, Lohn- und Arbeitsmarktpolitik, die Funktionsweise der Waren- und Dienstleistungsmärkte sowie makroprudenzielle Strategien. Die entsprechenden Empfehlungen werden in die länderspezifischen Empfehlungen integriert, die die Kommission jährlich zusammen mit den im Folgenden beschriebenen Empfehlungen im Rahmen der thematischen Überwachung der Strukturreformen vorschlägt. Dieser Mechanismus wird die zentrale Komponente der in der Strategie Europa 2020 vorgesehenen verbesserten (nichtfiskalischen) Länderüberwachung auf Makro-Ebene sein. Gemeinsam mit der fiskalischen Überwachung im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts soll die Länderüberwachung dazu beitragen, ein stabiles, wachstums- und beschäftigungsfreundlicheres makroökonomisches Umfeld zu schaffen, wobei der Interdependenz zwischen den Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten, insbesondere im Euroraum, Rechnung getragen wird. Auf diese Weise soll die Kohärenz innerhalb von Europa 2020 sichergestellt werden, insbesondere indem makroökonomische bzw. fiskalische Beschränkungen ermittelt werden, vor deren Hintergrund die Mitgliedstaaten Strukturreformen umsetzen müssen und in die wachstumsfördernden Strategien von Europa 2020 investieren können. Im Falle von Mitgliedstaaten, die sich in einer besonders schwierigen Lage befinden, kann die Kommission empfehlen, das Vorliegen „übermäßiger Ungleichgewichte“ festzustellen. Dadurch würde die korrektive Komponente des im Folgenden beschriebenen Mechanismus aktiviert. In einem solchen Fall könnte die Kommission gegenüber dem betreffenden Mitgliedstaat auch direkt eine Warnung aussprechen. Hauptmerkmale des Warnmechanismus für makroökonomische Ungleichgewichte Mit Hilfe des Warnmechanismus werden Mitgliedstaaten ermittelt, deren makroökonomische Ungleichgewichte möglicherweise ein problematisches Niveau erreicht haben und deren Situation weitere umfassende länderspezifische Analysen erfordert. Der Warnmechanismus basiert auf einer Indikatoren-Übersicht, die durch qualitative Analysen ergänzt wird. Die Indikatoren beziehen sich auf die außenwirtschaftliche Position des Landes, seine Preis- bzw. Kostenwettbewerbsfähigkeit sowie interne Ungleichgewichte. Die Verwendung von Indikatoren für interne Ungleichgewichte ist geboten, da diese zwangsläufig externen Ungleichgewichten gegenüberstehen. In der Übersicht könnten außerdem z. B. folgende Aspekte berücksichtigt werden: Leistungsbilanz, Nettoauslandsposition, realer effektiver Wechselkurs auf der Grundlage von Lohnstückkosten und BIP-Deflator, Anstieg der realen Hauspreise, Schuldenquote und Anteil der Kredite der Privatwirtschaft am BIP. Für jeden Indikator werden „Warnschwellen“ festgelegt und bekannt gegeben. Diese Schwellenwerte könnten auf der Grundlage eines einfachen und transparenten statistischen Konzepts berechnet werden. Ein möglicher Ansatz hierfür wäre, das 75- und das 25-Prozent-Perzentil der statistischen Verteilung jeder Variablen (pro Land und Zeitraum) zu verwenden, deren Über- oder Unterschreiten weitere Analysen nach sich ziehen würde. Es sei jedoch daran erinnert, dass absolute Schwellenwerte für einzelne Variablen nur geringe wirtschaftliche Aussagekraft haben und durch wirtschaftliche Begründungen ergänzt werden müssen, da die für ein jeweiliges Land angemessenen Werte von seiner wirtschaftlichen Lage abhängig ist. Es scheint daher geboten, für Mitglieder des Euroraums eine andere Indikatoren-Übersicht als für Nichtmitglieder zu verwenden. Angesichts der Unterschiede bei den Wechselkurssystemen und den wichtigsten wirtschaftlichen Merkmalen weicht das Verhalten einiger Wirtschaftsvariablen im Euroraum stark von dem der Variablen außerhalb des Euroraums ab. Dies spricht für die Verwendung unterschiedlicher Schwellenwerte für Mitglieder und Nichtmitglieder des Euroraums. Da es innerhalb der Währungsunion keine nominalen Wechselkurse gibt, ist darüber hinaus im Euroraum eine spezifische Analyse der Entwicklung des realen effektiven Wechselkurses notwendig. Korrektive Maßnahmen Zur Überwachung der Ungleichgewichte soll auch ein Durchsetzungsmechanismus gehören. Um diesen Mechanismus zu aktivieren, müsste der Rat zunächst auf der Grundlage einer Empfehlung der Kommission feststellen, dass in einem Land, in dem wesentliche Risiken bestehen, „übermäßige Ungleichgewichte“ entstanden sind. Hierbei werden Risikowarnungen und/oder Empfehlungen des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken zur makrofinanziellen Stabilität berücksichtigt. Ein Mitgliedstaat mit „übermäßigen Ungleichgewichten“ würde daraufhin Gegenstand einer verstärkten Überwachung. Der Rat kann in diesem Fall Politikempfehlungen (auf der Grundlage von Artikel 121 Absatz 4 bzw. Artikel 136 AEUV für Mitglieder des Euroraums) aussprechen; der Mitgliedstaat muss daraufhin regelmäßig (d. h. innerhalb von sechs Monaten nach der Empfehlung des Rates und danach auf vierteljährlicher Basis) an den Rat „Wirtschaft und Finanzen“ und die Eurogruppe über seine Fortschritte bei der Umsetzung der empfohlenen Reformen berichten. Der Mechanismus soll auf alle Mitgliedstaaten Anwendung finden. Wie bei dem finanzpolitischen Regelungsrahmen, der ebenfalls für alle EU-Mitgliedstaaten gilt, müssten für die Mitglieder des Euroraums strengere Regeln gelten. Angesichts der engen wirtschaftlichen und finanziellen Verflechtungen innerhalb des Euroraums und ihrer Auswirkungen auf den Euro könnten im Falle einer wiederholten Nichteinhaltung der Empfehlungen spezifische Durchsetzungsmechanismen für Mitglieder des Euroraums in Erwägung gezogen werden, um makroökonomische Ungleichgewichte im Euroraum zu bekämpfen, die ein Risiko für die Funktionsfähigkeit der Wirtschafts- und Währungsunion darstellen . Eine unzureichende Umsetzung der Empfehlungen, die vor dem Hintergrund der Überwachung von Ungleichgewichten ausgesprochen worden sind, würde sich dann bei der fiskalischen Bewertung im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts nachteilig auswirken. Ende September wird die Kommission förmliche Vorschläge für sekundärrechtliche Vorschriften für die Behandlung von übermäßigen Ungleichgewichten auf der Grundlage von Artikel 121 und 136 AEUV vorlegen. In diesen Vorschlägen werden die Funktion des Warnmechanismus, die Rollen und Verpflichtungen der Kommission, der Mitgliedstaaten und des Rates, das Verfahren für die Annahme von Empfehlungen sowie die Regeln, Verfahren und Durchsetzungsmechanismen für die Mitglieder des Euroraums spezifiziert. 1.2. Thematische Überwachung der Strukturreformen Die Mitgliedstaaten müssen ihre makroökonomische Stabilität und solide öffentliche Finanzen wiederherstellen, wenn ihre Volkswirtschaften zu nachhaltigem Wachstum und höherer Wettbewerbsfähigkeit zurückfinden sollen. Gleichzeitig müssen sie sich darauf konzentrieren, die Europa-2020-Ziele und die vom Europäischen Rat vereinbarten fünf Kernziele zu erreichen. Angesichts der Haushaltszwänge ist es wichtig, dass zur Gestaltung und Umsetzung der Politik ein integrierter Ansatz verfolgt wird. Die Feststellung von Schwierigkeiten, die ein Erreichen der Europa-2020-Ziele verhindern oder verzögern, ist ein Kernelement der thematischen Überwachung. Die thematische Überwachung der Strukturreformen zielt daher auf zweierlei ab: i) Die Ziele von Europa 2020 sollen leichter zu erreichen sein, insbesondere die fünf Kernziele[2]. Hierzu bedarf es entsprechender Maßnahmen in den Bereichen Beschäftigung, soziale Integration, Forschung und Innovation, Bildung, Energie und Klimawandel sowie der Bewältigung jeglicher Probleme, die der wirtschaftlichen Entwicklung eines Mitgliedstaats oder seinem Wachstum entgegen stehen. ii) Die ambitionierte Umsetzung der Strukturreformen muss in einer Weise sichergestellt werden, die im Einklang mit den makrofiskalischen Beschränkungen steht. Die Überwachung wird gemäß Artikel 121 und 148 AEUV sowie auf der Grundlage der integrierten Leitlinien zu der Strategie Europa 2020 durchgeführt. Die Kommission wird die Nationalen Reformprogramme der Mitgliedstaaten heranziehen, um zu bewerten, wie jedes Land die jeweils von ihm festgestellten Schwierigkeiten angeht, und um seine Fortschritte im Hinblick auf seine nationalen Ziele im Rahmen von Europa 2020 einzuschätzen. Falls die Fortschritte unzureichend sind oder die Kohärenz der Strategien mit den integrierten Leitlinien (z. B. Integrierte Leitlinien für Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik) nicht ausreicht, werden länderspezifische Empfehlungen oder Empfehlungen für den Euroraum abgegeben. Wenn die wirtschaftpolitischen Strategien eines Mitgliedstaats nicht im Einklang mit den Grundzügen der Wirtschaftspolitik stehen oder das Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion gefährden könnten, wird der betreffende Mitgliedstaat direkt von der Kommission verwarnt . Die Kommission nimmt auf der Grundlage der länderspezifischen Überwachung eine Bewertung des Fortschritts in der EU insgesamt hinsichtlich der fünf Kernziele vor, bewertet ihre Leistung gegenüber den wichtigsten (internationalen) Handelspartnern und untersucht ggf. die Ursachen für unzureichende Fortschritte. Dabei bewertet die Kommission auch, inwieweit die Umsetzung der Leitinitiativen im Rahmen von Europa 2020 fortgeschritten ist, sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene, da diese zum Erreichen der Ziele beitragen. Die Kommission wird dem Europäischen Rat jedes Jahr auf seiner Frühjahrstagung Bericht erstatten und spezifische Orientierungen vorschlagen, um die Umsetzung der entsprechenden Reformmaßnahmen zu verbessern. Die Orientierungen werden außerdem im Rahmen der länderspezifischen Empfehlungen berücksichtigt, die die Kommission Anfang Juli vorschlagen wird. 2. Fiskalpolitische Regelungsrahmen in den Mitgliedstaaten Bei der Stärkung der fiskalischen Konsolidierung und der Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen kommt einem belastbaren und wirksamen nationalen fiskalpolitischen Rahmen eine wesentliche Rolle zu. Auch wenn die besonderen Bedürfnisse der Mitgliedstaaten und ihre Präferenzen berücksichtigt werden müssen, sind doch verschiedene Aspekte besonders wichtig, um ein Mindestmaß an Qualität und die Komplementarität zu EU-Vorschriften sicherzustellen[3]: 1. Um sicherzustellen, dass die Qualitätsstandards in allen Mitgliedstaaten eingehalten werden, ist ein einheitlicher Ansatz für die Berichterstattung wichtig (für die fiskalische Überwachung auf EU-Ebene ist das ESVG 95 zu verwenden). Die Kapazitäten der nationalen Statistikinstitute müssen die Einhaltung der EU-Anforderungen an Daten und der Berichtspflichten gewährleisten. Die Systeme zur Erstellung von Prognosen müssen zuverlässige und objektive Wachstums- und Haushaltsprojektionen generieren können. Idealerweise sollten die Prognosen der Kommission als Benchmark verwendet werden.Die Kommission schlägt vor, klar zu kennzeichnen, ob die Kassendaten der Mitgliedstaaten den ESVG-95-Daten entsprechen, wobei die Daten monatlich auf Kassenbasis übermittelt und vierteljährlich in Sinne des ESVG 1995 umgerechnet werden). Die Prognosemethoden und makroökonomischen Annahmen, die für Haushaltszwecke verwendet werden, sind einer entsprechenden Prüfung zu unterziehen. 2. Die Mitgliedstaaten sollten über nationale fiskalpolitische Vorschriften verfügen, die gewährleisten, dass ihr Regelungsrahmen die vertraglichen Verpflichtungen widerspiegelt. Die nationalen fiskalpolitischen Vorschriften sollten gewährleisten, dass die im Vertrag vorgesehenen Referenzwerte für Defizit und Schuldenstand eingehalten werden und mit dem mittelfristigen Haushaltsziel in Einklang stehen. Die Vorschriften und ein glaubwürdiger Durchsetzungsmechanismus sollten auf nationaler Ebene gesetzlich geregelt sein. 3. Die Reform der fiskalpolitischen Vorschriften auf Ebene der Mitgliedstaaten sollte auch auf eine mehrjährige Haushaltsplanung abzielen. Die jährlichen Haushaltsziele sollten in mehrjährigen Regelungsrahmen verankert sein, die u. a. eine Aufschlüsselung der voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben und Hinweise darauf enthalten, in welchem Bereich eine Anpassung im Hinblick auf die Ziele geplant ist. 4. Die einzelstaatlichen Regelungsrahmen müssen umfassend sein und das gesamte System der öffentlichen Finanzen abdecken. Dies ist für dezentralisierte Volkswirtschaften besonders wichtig. Die Aufteilung der haushaltspolitischen Verantwortlichkeiten auf die verschiedenen staatlichen Ebenen sollte eindeutig sein und es müssten entsprechende Kontroll- und Durchsetzungsbestimmungen eingeführt werden. Die Kommission wird im September förmliche Vorschläge unterbreiten, in denen die Mindestanforderungen an die Gestaltung der einzelstaatlichen fiskalischen Regelungsrahmen und die Verfahrensregeln (Berichterstattung) enthalten sind, die ermöglichen, die Einhaltung der EU-Vorgaben zu überprüfen. Dies wird in Form einer neuen Verordnung auf der Grundlage von Artikel 126 Absatz 14 AEUV geschehen, um die Anwendung des Protokolls Nr. 12 über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit zu stärken. Bei Nichteinhaltung können dann Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet werden. 3. Stärkere Konzentration auf die Schulden- und Nachhaltigkeitsproblematik im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts Der Stabilitäts- und Wachstumspakt sollte der Wechselwirkung zwischen Schuldenstand und Defizit besser Rechnung tragen, damit der Anreiz für eine vorsichtige Politik steigt. Was die präventive Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts anbelangt, so schlägt die Kommission vor, dass Mitgliedstaaten mit hoher Verschuldung oder ausgeprägten Risiken bei der künftigen Schuldenentwicklung schneller einen gesamtstaatlichen Finanzierungssaldo erreichen müssen, der im Hinblick auf den Defizit-Referenzwert von 3 % des BIP eine angemessene Sicherheitsmarge aufweist und rasche Fortschritte in Richtung auf langfristig tragfähige öffentliche Finanzen gewährleistet, d. h. dass diese Länder das mittelfristige Haushaltsziel rascher erreichen. Hinsichtlich der korrektiven Komponente schlägt die Kommission vor, das Schuldenstandskriterium des Defizitverfahrens wirksam umzusetzen, indem anhand einer klaren und einfachen Benchmark gemessen wird, ob der Schuldenabbau in einem zufrieden stellenden Tempo vorangeht. Bei Mitgliedstaaten mit einer Schuldenquote von über 60 % des BIP könnte das Defizitverfahren eingeleitet werden, wenn der Schuldenstand innerhalb einer festgelegten Vorlaufperiode nicht um einen angemessenen Richtwert zurückgeführt wird (bestimmter Anteil an der Differenz zwischen Schuldenstand und dem Referenzwert von 60 % des BIP). Außerdem reicht es möglicherweise nicht aus, für die Einstellung eines Defizitverfahrens das Defizit unter die 3 %-Marke des BIP zu führen, wenn die Verschuldung keine nachhaltig fallende Tendenz aufweist. Die genauen Parameter werden im Verhaltenskodex zum Stabilitäts- und Wachstumspakt festgelegt. Mehr noch als das Defizit ist die Entwicklung des öffentlichen Schuldenstands von Faktoren abhängig, die außerhalb des direkten Einflusses der Staaten liegen (insbesondere Inflation, Zinssätze, Entwicklung des zyklischen Wachstums), weshalb eine entsprechende Bewertung vorgenommen werden muss, bevor ein Defizitverfahren gegen einen Mitgliedstaat angestrengt wird. Es sollte eine Gesamtbewertung erfolgen, bei der verschiedenen Parametern Rechnung getragen wird, z. B. der Entfernung der Schuldenquote vom Referenzwert von 60 % des BIP und ob es sich um temporäre und/oder einmalige Schulden handelt; zu berücksichtigen wären aber auch einschlägige Parameter für das Risiko eines künftigen Schuldenanstiegs und finanzieller Engpässe: - Laufzeitstruktur und Währung von Schuldtiteln; - Bürgschaften für Unternehmen, Finanzinstitute und Haushalte; - kumulierte Rücklagen und andere Vermögenswerte des Staates; - implizite Verbindlichkeiten, v. a. vor dem Hintergrund der Bevölkerungsalterung; - Höhe und Veränderungen der Verschuldung privater Haushalte, da dies eine implizite Verbindlichkeit für den Staat darstellen kann; - Faktoren für Veränderungen des Schuldenstands (Primärsaldo, Inflation, Wachstum, Zinssätze, Einmalzahlungen); - Bestandsanpassungen. Bei der Nichteinhaltung von Empfehlungen sollten entsprechende Sanktionen angewandt werden. Zur Umsetzung dieser Grundsätze wird die Kommission im September Änderungen an der präventiven (Verordnung (EG) Nr. 1466/97) und der korrektiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts (Verordnung (EG) Nr. 1467/97) vorschlagen. 4. WIRKSAME DURCHSETZUNG DER WIRTSCHAFTSPOLITISCHEN ÜBERWACHUNG DURCH ANGEMESSENE SANKTIONEN UND ANREIZE Die im Vertrag sowie im Stabilitäts- und Wachstumspakt festgelegten gemeinsamen Regeln und Koordinierungsverfahren konnten nicht verhindern, dass einige Mitgliedstaaten fiskalpolitisch in einer Weise verfahren sind, die den bestehenden Regelungen zuwider läuft. Es besteht eindeutig Bedarf, die Glaubwürdigkeit der EU-Regelungen für die fiskalpolitische Überwachung durch eine stärker regelbasierte Anwendung von Sanktionen zu verbessern. Ein breiteres Spektrum an Sanktionen und Anreizen sollte verstärkt präventiv und zu einem früheren Zeitpunkt eingesetzt werden, um die Wirksamkeit künftig zu erhöhen. Die abschreckende Wirkung finanzieller Sanktionen sollte echte Anreize zur Einhaltung der Regeln schaffen. Für den Fall, dass ein Mitgliedstaat die EU-Leitlinien missachtet, sind in Artikel 126 Absatz 11 AEUV verschiedene Arten von Sanktionen vorgesehen. Diese umfassen die Aufforderung, vor Emissionen zusätzliche Angaben zu veröffentlichen, die Europäische Investitionsbank zu ersuchen, ihre Darlehenspolitik gegenüber dem Mitgliedstaat zu überprüfen, von dem Mitgliedstaat zu verlangen, eine unverzinsliche Einlage in angemessener Höhe bei der Union zu hinterlegen, bis das übermäßige Defizit korrigiert ist, und die Möglichkeit, Geldbußen in angemessener Höhe zu verhängen. Bei der genauen Festlegung der Funktionsweise und des Umfangs möglicher finanzieller Anreize ist es wichtig und notwendig, deren Wirksamkeit und der Gleichbehandlung der Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen. Um sicherzustellen, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eingehalten wird, könnten finanzielle Sanktionen, die im Zusammenhang mit EU-Mitteln stehen, als Prozentsatz des BNE oder BIP des betreffenden Mitgliedstaats festgelegt werden, wobei für alle Mitgliedstaaten eine einheitliche Obergrenze gelten sollte. Anhand der Obergrenze wird sichergestellt, dass gegen alle Mitgliedstaaten de facto Sanktionen verhängt werden können. Darüber hinaus müsste die Höhe der von einer Aussetzung und/oder Streichung betroffenen Mittel für Verpflichtungen und Zahlungen auf einer Pro-rata-Basis für die entsprechenden Mittel festgelegt werden, wobei die Obergrenze nicht überschritten werden darf. Das neue Sanktionsinstrumentarium enthält daher verschiedene Arten von Sanktionen und Anreizen in Abhängigkeit von den Umständen und der Schwere der Situation. Die vorgeschlagenen Verbesserungen an den bestehenden Durchsetzungsmechanismen erfordern Änderungen an der präventiven und korrektiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts (Verordnungen (EG) Nr. 1466/97 und 1467/97) auch durch einen geeigneten Mechanismus, der auf verschiedenen Rechtsakten beruht, die die Grundlage für ausgabenwirksame Programme der EU bilden. Was die präventive Komponente betrifft (d. h. für den Fall, dass die Anstrengungen eines Mitgliedstaats nicht ausreichen, um das mittelfristige Haushaltsziel in Zeiten günstiger Konjunktur zu erreichen), werden zwei Arten von Anreizen bzw. Sanktionen vorgeschlagen. Erstens: Von Mitgliedern des Euroraums, die ihren Haushaltskonsolidierungszielen nicht in ausreichendem Maße näherkommen, können in diesem Zusammenhang vorübergehend verzinsliche Einlagen verlangt werden. Eine Option wäre, eine einfache Ausgabenvorschrift festzulegen, die im Einklang mit der Anpassung an das länderspezifische mittelfristige Haushaltsziel steht. Eine wesentliche Abweichung von der vereinbarten Ausgabenentwicklung würde als unvorsichtige Haushaltspolitik angesehen und eine Warnung der Kommission nach Artikel 121 Absatz 4 AEUV nach sich ziehen. Bei fortdauernden Verstößen behält der Rat die verzinsliche Einlage so lange ein, bis der Verstoß abgestellt ist. Sie wird erst dann freigegeben, wenn die Situation, die zur Verhängung der Sanktion geführt hat, nicht mehr besteht. Zweitens: Die Kommission schlägt im Rahmen der präventiven Komponente die Einrichtung einer Ex-ante-Konditionalität vor, die die Bereitstellung von Fördermitteln im Rahmen der Kohäsionspolitik an strukturelle und institutionelle Reformen koppelt, die in direktem Zusammenhang mit der Umsetzung der Kohäsionspolitik stehen. Hierdurch soll die Wirksamkeit und Effizienz verbessert werden. Was die korrektive Komponente angeht (d. h. für den Fall, dass ein Mitgliedstaat Gegenstand eines Defizitverfahrens ist), schlägt die Kommission ein neues System finanzieller Sanktionen und Anreize vor, das das System der Einlagen und die Verhängung von Geldbußen ergänzt. Der EU-Haushalt entfaltet hierbei eine ergänzende Hebelwirkung, indem er die Einhaltung wichtiger makroökonomischer Vorgaben, die im Stabilität- und Wachstumspakt verankert sind, stützt. Das System kann sich negativ auf Zahlungen an Mitgliedstaaten sowie auf Zahlungen auswirken, bei denen die Mitgliedstaaten als Mittler fungieren, hat aber keine Auswirkungen auf die Endbegünstigten von EU-Mitteln. Bei der Entscheidung, welche EU-Ausgabenkategorien und -Programme für Sanktionen bzw. Anreize in Frage kommen, könnten folgende Kriterien herangezogen werden: - Wirksamkeit der betreffenden Mittel in Abhängigkeit von einer soliden Haushaltspolitik; - eindeutige Zuordnung der Mittel zu dem Mitgliedstaat, der gegen den Stabilitäts- und Wachstumspakt oder andere Bedingungen verstößt; - Programmierung und Durchführung der Mittel im Rahmen der geteilten Verwaltung, d. h. die Hauptverantwortung liegt bei den Mitgliedstaaten, oder es handelt sich um EU-Erstattungen an Mitgliedstaaten; - im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit von Sanktionen bzw. Anreizen ausreichendes Mittelvolumen; - (potenzielle) Wirkung auf die Qualität der öffentlichen Ausgaben und Strukturanpassungen. Diese Kriterien treffen auf die meisten Ausgaben im Zusammenhang mit der Kohäsionspolitik, der Gemeinsamen Agrarpolitik (EGFL und ELER) und dem Europäischen Fischereifonds (EFF) zu. Im Zusammenhang mit der GAP und dem EFF darf keine Situation entstehen, in der Kürzungen von EU-Mitteln zu einer Einnahmenverringerung der Landwirte oder Fischer führen. Die Verknüpfung von Bedingungen an Zahlungen sollte daher ausschließlich die EU-Erstattungen an die einzelstaatlichen Haushalte betreffen. Auf diese Weise müssten die Mitgliedstaaten weiterhin Agrarsubventionen auszahlen, die Erstattung dieser Ausgaben aus dem EU-Haushalt könnte jedoch (teilweise) ausgesetzt werden. Falls die Vorschriften nicht eingehalten werden, können Anreize geschaffen werden, indem laufende oder künftige Zahlungen aus dem EU-Haushalt teilweise ausgesetzt oder gestrichen werden. Mittel, die gestrichen worden sind, sollten im EU-Haushalt verbleiben. Ergänzend zu den Bestimmungen von Artikel 126 Absatz 11 AEUV könnten in einer Frühphase des Defizitverfahrens zwei Arten von finanziellen Sanktionen in Erwägung gezogen werden. • Schritt 1: Die Feststellung eines übermäßigen Defizits (Artikel 126 Absatz 6 AEUV) könnte zur Aussetzung von Mittelbindungen für mehrjährige Programme führen. Diese Aussetzung würde sich nicht unmittelbar auf die Zahlungen auswirken und ließe daher genügend Zeit, Abhilfemaßnahmen zu ergreifen. Die Mitgliedstaaten können aufgefordert werden, Mittel für andere Zwecke zu verwenden, um die Qualität der öffentlichen Finanzen zu verbessern. Hinsichtlich der GAP-Erstattungen (EGFL) könnte ein Beschluss mitgeteilt werden, dass die Zahlungen bis zu einem festgesetzten Stichtag gestrichen werden. Sobald der Mitgliedstaat den Empfehlungen des Rates nachkommt, wäre eine Wiedereinstellung der Mittel vorzusehen. • Schritt 2: Die Nichteinhaltung der ersten Empfehlungen zur Korrektur eines übermäßigen Defizits (Artikel 126 Absatz 8 AEUV) könnte zur Streichung von Mittelbindungen im Jahr n führen. Auch die GAP-Erstattungen (EGFL) für das Jahr n würden gestrichen. Für den betreffenden Mitgliedstaat würde dies den endgültigen Verlust der Mittel bedeuten. Durch die Änderung der Kofinanzierungssätze oder die Einführung einer EU-Reserve zur Belohnung einer soliden Haushaltspolitik könnten weitere Anreize geschaffen werden. Eine solche Reserve könnte mit Mitteln finanziert werden, die im Rahmen des vorstehend beschriebenen Verfahrens nach Schritt 2 gestrichen worden sind. Auch die Finanzierungsseite des EU-Haushalts kann dazu beitragen, die Einhaltung der Regelungen zu stärken. Im geltenden Eigenmittelsystem ist vorgesehen, dass sich der Beitrag zum Haushalt, der von den teilnehmenden Mitgliedstaaten, in denen kein übermäßiges Defizit besteht, zu leisten ist (in Abhängigkeit von ihrem Anteil am gesamten BNE der betreffenden Mitgliedstaaten), automatisch um denjenigen Betrag verringert, der von einem Mitgliedstaat im Zuge eines Defizitverfahrens als Geldbuße entrichtet worden ist. Dieses System gewährleistet, dass der Beitrag der Mitgliedstaaten, gegen die eine Geldbuße verhängt worden ist, effektiv ansteigt und der Beitrag aller anderen Mitgliedstaaten zum Haushalt sinkt. Die Kommission wird ebenfalls bewerten, ob die Einnahmenseite des EU-Haushalts angemessen als Anreiz für die Einhaltung der Regeln genutzt werden kann. Die notwendigen Änderungen werden in die Vorschläge aufgenommen, die die Kommission 2011 für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen vorlegen wird. In der Zwischenzeit wird für die Mitglieder des Euroraums eine Verordnung auf der Grundlage von Artikel 136 AEUV vorgeschlagen, die ab Ende September für die Schaffung eines neuen Sanktionsinstrumentariums mit ähnlicher Wirkung sorgen wird. Die Kommission wird erkunden, wie sich das Instrumentarium von Sanktionen und Anreizen so schnell wie möglich auf alle Mitgliedstaaten ausweiten lässt. 5. Der Koordinierungszyklus im „Europäischen Semester“ Im Rahmen eines „Europäischen Semesters“ sollen die verschiedenen Bereiche der wirtschaftspolitischen Koordinierung zusammengeführt und die Ex-ante-Koordinierung der Wirtschaftspolitik verbessert werden. Ex-ante-Koordinierung der Wirtschaftspolitik: Kernziel des Vorschlags ist es, der wirtschaftspolitischen Koordinierung in der EU und im Euroraum eine klare Ex-ante-Dimension zu verleihen. Bevor in den Mitgliedstaaten endgültige Haushaltsentscheidungen für das Folgejahr getroffen werden, soll im Rahmen des „Europäischen Semesters“ mit Hilfe politischer Leitlinien die Komplementarität der einzelstaatlichen wirtschaftspolitischen Pläne auf europäischer Ebene sichergestellt werden. Für den Euroraum sollte eine horizontale Bewertung der Haushaltslage vorgenommen werden, wobei die nationalen Stabilitätsprogramme und die Prognosen der Kommission als Grundlage dienen. Wenn im Euroraum ernsthafte wirtschaftliche Belastungen auftreten und umfangreichere fiskalpolitische Maßnahmen einzelner Mitgliedstaaten Auswirkungen auf andere Mitgliedstaaten haben dürften, sollte der Gesamtlage besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Weisen die Haushaltspläne für das Folgejahr offensichtliche Unzulänglichkeiten auf, könnte eine Überarbeitung der Pläne empfohlen werden. Stärker integrierte Überwachung: Das „Europäische Semester“ soll alle Elemente der wirtschaftspolitischen Überwachung abdecken, einschließlich der Strategien zur Sicherstellung der Haushaltsdisziplin und makroökonomischer Stabilität sowie zur Wachstumsförderung im Einklang mit der Strategie Europa 2020. Weitere Verfahren, z. B. im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts und der Grundzüge der Wirtschaftspolitik, würden hinsichtlich der zeitlichen Abläufe angepasst, bleiben aber rechtlich getrennt. Die Stabilitäts- und Konvergenzprogramme (SKP) und die Nationalen Reformprogramme (NRP) sollen von den Mitgliedstaaten gleichzeitig vorgelegt und von der Kommission gleichzeitig geprüft werden. Inhaltliche Anpassungen der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme aufgrund der Einführung des „Europäischen Semesters“: Selbstverständlich wird nicht darauf abgestellt, dass die Mitgliedstaaten umfassende Haushaltspläne vorlegen müssen, die zunächst von der EU „validiert“ werden müssen, bevor sie dem jeweiligen nationalen Parlament präsentiert werden. Die Programme sollten jedoch Informationen enthalten, die eine angemessene Ex-ante-Erörterung der Haushaltspolitik ermöglichen. Zu den Mindestanforderungen gehören: - ein ausgereiftes und aktualisiertes makroökonomisches Szenario; - konkrete Hinweise zu den Plänen für das Jahr t+1; - Beschreibung der geplanten Politik; - mittelfristige Projektionen für die wichtigsten Variablen der öffentlichen Finanzen; - Bewertung der finanziellen Entwicklungen für das Jahr t-1; - aktualisierte Finanzplanungen für das laufende Jahr. Das „Europäische Semester“: Der Zyklus beginnt im Januar mit einem „Jahreswachstumsbericht“ der Kommission, in dem die wirtschaftlichen Herausforderungen der EU und des gesamten Euroraums untersucht werden. Bis Ende Februar legt der Europäische Rat Leitlinien für die Politik vor, die die Mitgliedstaaten bei der Erstellung ihrer im April vorzulegenden SKP und NRP berücksichtigen. Wie im ersten Abschnitt beschrieben, veröffentlicht der Rat Anfang Juli länderspezifische Leitlinien. Im zweiten Semester schließen die Mitgliedstaaten ihre Haushaltspläne ab. Die Kommission bewertet im Jahreswachstumsbericht des Folgejahres, inwieweit die Mitgliedstaaten die Leitlinien der EU berücksichtigt haben. Leitlinien im Rahmen des „Europäischen Semesters“: Die Empfehlungen werden konkret und offen formuliert sein. Im Bereich Fiskalpolitik wird besonderes Augenmerk auf das Jahr t+1 gelegt, und aus der Überwachung werden sich klare Hinweise darauf ergeben, ob die angestrebten Ziele und flankierenden Strategien angemessen sind. Was die Strategien zur Wachstumsförderung und zur Bewältigung makrofinanzieller Risiken angeht, werden sich die Empfehlungen auf eine begrenzte Anzahl von Schlüsselreformen konzentrieren, für deren Umsetzung Fristen gesetzt werden. Stärkere Einbindung des Europäischen Parlaments: Die Kommission wird dem Europäischen Parlament jedes Jahr im Januar ihren Jahreswachstumsbericht vorlegen. Nationale Parlamente: Die verstärkte wirtschaftspolitische Steuerung der EU würde von einer frühen und umfassenden Einbindung der nationalen Parlamente in den Ablauf des „Europäischen Semesters“ sowie von einem intensiveren Dialog mit dem Europäischen Parlament profitieren. Frühe Umsetzung: Die Kommission schlägt vor, das „Europäische Semester“ ab 2011 umzusetzen. Änderungen am geltenden Verhaltenskodex für Stabilitäts- und Konvergenzprogramme[4], u. a. der neue Zeitpunkt für die Vorlage der SKP, werden dem Rat „Wirtschaft und Finanzen“ zur Bestätigung vorgelegt. Es dürften keine unmittelbaren legislativen Änderungen notwendig sein. Übergangsphase vor dem „Europäischen Semester“: Die Kommission wird im Juli Leitlinien zum Inhalt der künftigen NRP erstellen. Sie wird außerdem einen bilateralen Dialog mit den Mitgliedstaaten im Herbst 2010 vorschlagen, um folgende Aspekte zu erörtern: - Mittelfristiges makroökonomisches Szenario für die Mitgliedstaaten, das als Rahmen für Programme in bestimmten Politikbereichen bis 2015 dient, einschließlich Wachstumserwartungen und allgemeinen Haushaltsorientierungen. - Bestätigung, dass die einzelstaatlichen Ziele im Einklang mit den fünf Kernzielen der Strategie Europa 2020 stehen. Die Mitgliedstaaten sollten für jedes Ziel angeben, welche Strategien sie zu dessen Erreichung auf nationaler Ebene verfolgen und den hierfür notwendigen Bedarf an Haushaltsmitteln beziffern. - Überlegungen, wie Schwierigkeiten bewältigt werden können, die die Mitgliedstaaten daran hindern, ihre Ziele und die allgemeinen „ Europa-2020“-Ziele zu erreichen. 6. Schlussfolgerungen und nächste Schritte Die Kommission wird die in dieser Mitteilung angekündigten und notwendigen förmlichen Vorschläge Ende September unterbreiten (nähere Angaben im Anhang). In der Zwischenzeit ersucht die Kommission den Rat „Wirtschaft und Finanzen“, auf seiner Tagung am 13. Juli die Einleitung des Überwachungszyklus im Rahmen eines „Europäischen Semesters“ ab Januar 2011 zu bestätigen und den überarbeiteten Verhaltenskodex für die Stabilitäts- und Konvergenzprogramme, der der Mitteilung beigefügt ist, zu genehmigen. Anhang 1: Fahrplan Thema | Maßnahme | Voraussichtlicher Zeitpunkt | Breiter angelegte makroökonomische Überwachung | Vorschlag für Vorschriften nach Artikel 121 Absatz 6 AEUV und Artikel 136 für die Behandlung von übermäßigen Ungleichgewichten | Ende September | Thematische Überwachung der Strukturreformen | Erstellung spezifischer Empfehlungen zur Verbesserung der Umsetzung von Reformmaßnahmen | Beginn zum jährlichen politischen Planungszyklus der Strategie Europa 2020: Erster Bericht für die Tagung des Europäischen Rates im Frühjahr 2011 | Fiskalische Überwachung: fiskalpolitische Regelungsrahmen in den Mitgliedstaaten | Vorschlag für eine Verordnung nach Artikel 126 Absatz 14 AEUV zur Spezifizierung von Mindestanforderungen für die fiskalpolitischen Rahmen in den Mitgliedstaaten und Berichtspflichten zur Prüfung der Einhaltung von EU-Vorgaben | Ende September | Fiskalische Überwachung: Stärkere Konzentration auf die Schulden- und Nachhaltigkeitsproblematik im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts | Vorschläge zur Änderung der präventiven und korrektiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts (Verordnungen (EG) Nr. 1466/97 und 1467/97). Überarbeitung des Verhaltenskodex (Ausgabenvorschrift zur Umsetzung einer Anpassung an das länderspezifische mittelfristige Haushaltsziel; Benchmark zur Feststellung, ob der Schuldenabbau im Mindesttempo vorangeht). | Ende September | Durchsetzung der wirtschaftspolitischen Überwachung (Sanktionen bzw. Anreize): Verzinsliche Einlagen von Mitgliedstaaten im Euroraum (für einen begrenzten Zeitraum) | Vorschlag für eine Verordnung nach Artikel 121 Absatz 6 und Artikel 136 Absatz 1 Buchstabe a AEUV. | Ende September | Durchsetzung der wirtschaftspolitischen Überwachung (Sanktionen bzw. Anreize): EU-Haushalt als zusätzliche Hebelwirkung | Einführung spezifischer Bestimmungen in Rechtsakten, die bestimmten ausgabenwirksamen Programmen der EU zugrunde liegen Vorschlag für eine Verordnung nach Artikel 136 Absatz 1 Buchstabe a für Mitglieder des Euroraums zur Einführung von Sanktionen mit gleicher Wirkung | Wird in die Vorschläge aufgenommen, die die Kommission 2011 für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen vorlegen wird Ende September | Einrichtung eines „Europäischen Semesters“ | Überarbeitung des Verhaltenskodex für die Stabilitäts- und Konvergenzprogramme | Beginn des Überwachungszyklus im Rahmen des „Europäischen Semesters“ ab Januar 2011 | ANHANG 1: Spezifikationen für die Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts sowie Leitlinien zu Inhalt und Form der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme INHALTSVERZEICHNIS ABSCHNITT I – SPEZIFIKATIONEN FÜR DIE UMSETZUNG DES STABILITÄTS- UND WACHSTUMSPAKTS A. PRÄVENTIVE KOMPONENTE DES STABILITÄTS- UND WACHSTUMSPAKTS 1) Das mittelfristige Haushaltsziel (MTO) 2) Anpassungspfad zum mittelfristigen Haushaltsziel und Abweichungen 3) Politikberatung und Warnung der Kommission | Seite 4 Seite 4 Seite 4 Seite 5 Seite 6 | B. DEFIZITVERFAHREN 1) Bericht der Kommission nach Artikel 104 Absatz 3 2) Feststellung eines übermäßigen Defizits 3) Berichtigung eines übermäßigen Defizits 4) Aufhebung von Beschlüssen des Rates im Zusammenhang mit Defizitverfahren im Falle von Mitgliedstaaten, die auf mehrere Pfeiler gestützte Rentenreformen durchgeführt haben. | Seite 6 Seite 6 Seite 7 Seite 8 Seite 9 | ABSCHNITT II - LEITLINIEN ZU INHALT UND FORM DER STABILITÄTS- UND KONVERGENZPROGRAMME 1) Stand des Programms und der Maßnahmen 2) Inhalt der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme | Seite 10 Seite 10 Seite 10 | ANHANG 1 – MUSTER FÜR DIE STABILITÄTS- UND KONVERGENZPROGRAMME ANHANG 2 – TABELLEN IN DEN STABILITÄTS- UND KONVERGENZPROGRAMMEN | Seite 14 Seite 15 | EINLEITUNG Diese Stellungnahme aktualisiert und ersetzt die Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses zu Inhalt und Form der Stabilitäts- und Wachstumsprogramme, die der Rat „Wirtschaft und Finanzen“ am 10. Juli 2001 billigte. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt, der einen auf Regeln basierenden Rahmen mit präventiven und korrektiven Komponenten bildet, trat am 1. Januar 1999 in Kraft. Er bestand zunächst aus der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken, der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit und der Entschließung vom 17. Juni 1997 über den Stabilitäts- und Wachstumspakt. Am 20. März 2005 nahm der Rat den Bericht „Verbesserung der Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts” an. Der Europäische Rat genehmigte den Bericht in seinen Schlussfolgerungen vom 22. März 2005 als eine Aktualisierung und Ergänzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts, dessen fester Bestandteil er nunmehr ist. Am 27. Juni 2005 wurde der Pakt durch zwei weitere Verordnungen zur Änderung der Verordnungen 1466/97 und 1467/97 ergänzt. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt ist ein wesentlicher Teil der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Wirtschafts- und Währungsunion, der zur makroökonomischen Stabilität der EU und zur Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen beiträgt. Mit einem auf Regeln beruhenden System lässt sich am besten gewährleisten, dass die Verpflichtungen tatsächlich eingehalten und alle Mitgliedstaaten gleich behandelt werden. Die beiden nominalen Eckwerte des Stabilitäts- und Wachstumspakts - der Defizit-Referenzwert von 3 % des BIP und der Schuldenquoten-Referenzwert von 60 % des BIP - sowie die mittelfristigen Haushaltsziele bilden das Kernstück der multilateralen Überwachung. Mitgliedstaaten, Kommission und Rat setzen alle Kraft daran, ihre Verpflichtungen konkret einzulösen, indem sie den Vertrag sowie den Stabilitäts- und Wachstumspakt wirksam und fristgerecht anwenden. Da gegenseitige Unterstützung und gegenseitiger Druck untrennbar zum Stabilitäts- und Wachstumspakt gehören, wird von Rat und Kommission außerdem erwartet, dass sie motivierend wirken und ihre Positionen und Entscheidungen auf den jeweiligen Verfahrensstufen des Stabilitäts- und Wachstumspakts vorlegen. Die Mitgliedstaaten hingegen sollen insbesondere bei der Aufstellung ihrer nationalen Haushalte die Orientierungen und Empfehlungen des Rates berücksichtigen und die nationalen Parlamente in die einzelnen Verfahrensschritte ordnungsgemäß einbeziehen. Im Interesse einer größeren Identifizierung mit dem EU-Haushaltsrahmen sollten nationale Haushaltsvorschriften und Stabilitäts- und Wachstumspakt einander ergänzen. Unbeschadet des Gleichgewichts zwischen einzelstaatlichen und Unionszuständigkeiten könnte die Umsetzung dieser nationalen Vorschriften im Zusammenhang mit den Stabilitäts- und Konvergenzprogrammen auf europäischer Ebene diskutiert werden. Dementsprechend sollten ordnungspolitische Maßnahmen auf nationaler Ebene die EU-Regelungen ergänzen. Die Bedeutung einzelstaatlicher Institutionen bei der haushaltspolitischen Überwachung könnte aufgewertet werden; dies würde die Umsetzung durch Einbeziehung der öffentlichen Meinung in den einzelnen Staaten verbessern und die Analyse der wirtschaftlichen und politischen Lage auf EU-Ebene ergänzen. So könnten die Mitgliedstaaten insbesondere einen Rat von Wirtschaftsweisen einrichten, der hinsichtlich der wesentlichen makroökonomischen Projektionen beratend tätig würde. Diese Leitlinien für die Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts umfassen zwei Abschnitte. Im ersten Abschnitt wird näher auf die Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts eingegangen. Der zweite Abschnitt enthält Leitlinien zu Inhalt und Form der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme. __________________ ABSCHNITT II LEITLINIEN ZU INHALT UND FORM DER STABILITÄTS- UND KONVERGENZPROGRAMME Gemäß dem Stabilitäts- und Wachstumspakt müssen die Mitgliedstaaten Stabilitäts- bzw. Konvergenzprogramme und entsprechende Aktualisierungen vorlegen, die dem Rat als Grundlage für die haushaltspolitische Überwachung und die Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken dienen. Der Rat kann auf Empfehlung der Kommission und nach Konsultation des Wirtschafts- und Finanzausschusses eine Stellungnahme zu jedem aktualisierten Programm abgeben und, sofern er die Ziele und Inhalte für stärkungsbedürftig hält, den betreffenden Mitgliedstaat zur Anpassung des Programms auffordern. Die Mitgliedstaaten sollen die haushaltspolitischen Korrekturmaßnahmen, die ihres Erachtens zum Erreichen der Ziele ihrer Stabilitäts- bzw. Konvergenzprogramme erforderlich sind, ergreifen, wenn es Anzeichen für eine tatsächliche oder zu erwartende erhebliche Abweichung vom mittelfristigen Haushaltsziel gibt. Die Vorlage und Bewertung von Stabilitäts- und Konvergenzprogrammen ist eine wesentliche Komponente des „europäischen Semesters“ der wirtschaftspolitischen Koordinierung und Überwachung. Im Rahmen dieses europäischen Semesters bewerten die Kommission und der Rat die Stabilitäts- und Konvergenzprogramme, ehe die wichtigsten Entscheidungen in Bezug auf die nationalen Haushalte für die Folgejahre getroffen werden, um mit Blick auf die Fiskalpolitik ex ante beratend tätig zu werden. Vorlage und Bewertung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme sowie der nationalen Reformprogramme werden zeitlich abgestimmt. Im europäischen Semester beginnt der Zyklus der Politiküberwachung und Koordinierung Anfang des Jahres mit einer horizontal angelegten Überprüfung, bei der der Europäische Rat auf der Grundlage von Analysen der Kommission die wichtigsten wirtschaftlichen Herausforderungen der EU und des Euroraums beschreibt und strategische Hinweise für die Politik formuliert. Von den Mitgliedstaaten wird erwartet, dass sie den horizontal ausgerichteten Leitlinien des Europäischen Rates bei der Erstellung ihrer Stabilitäts- und Konvergenzprogramme Rechnung tragen. Kommission und Rat ihrerseits sollen bei der Bewertung der Programme die Hinweise des Europäischen Rates berücksichtigen. Angesichts der gestärkten Rolle der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme im Prozess der im europäischen Semester vorgesehenen multilateralen Überwachung ist ein angemessener Informationsgehalt wichtig, damit Vergleiche zwischen den Mitgliedstaaten möglich sind. Die Programme fallen zwar in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, die dabei unterschiedliche Möglichkeiten und Gepflogenheiten kennen; die wesentlichen Bestandteile sind jedoch in der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1055/05 des Rates geänderten Fassung festgelegt. Insbesondere sollen die Stabilitäts- und Konvergenzprogramme die notwendigen Informationsgrundlagen für eine sinnvolle Diskussion über die kurz- und mittelfristige Fiskalpolitik beinhalten, u. a. ein ausgereiftes makroökonomisches Szenario, Projektionen für die wichtigsten Variablen der öffentlichen Finanzen und ihrer Hauptkomponenten sowie eine Erläuterung der geplanten Maßnahmen. Wie sich in den ersten Jahren der Umsetzung des Pakts mit den Stabilitäts- und Konvergenzprogrammen gezeigt hat, unterstützen Leitlinien zu Form und Inhalt der Programme die Mitgliedstaaten nicht nur bei der Programmerstellung, sondern erleichtern auch der Kommission, dem Wirtschafts- und Finanzausschuss und dem Rat die Prüfung. Die nachstehenden Leitlinien sind als Verhaltenskodex anzusehen und sollen den Mitgliedstaaten bei der Erstellung von Stabilitäts- bzw. Konvergenzprogrammen als Prüfliste dienen. Die Mitgliedstaaten sollen die Leitlinien so weit wie möglich einhalten und etwaige Abweichungen begründen. 1) Stand des Programms und der Maßnahmen Bei jedem Programm wird dessen Stand im Zusammenhang mit den nationalen Verfahren, insbesondere mit Blick auf das nationale Parlament erläutert. Angegeben wird außerdem, ob dem nationalen Parlament die Stellungnahme des Rates zum vorigen Programm vorgelegt wurde. Der Stand der Umsetzung der im Programm vorgestellten Maßnahmen (bereits getroffen oder geplant) sollte näher erläutert werden. 2) Inhalt der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme Zur Erleichterung des Ländervergleichs sollen die Mitgliedstaaten dem Muster für die Programme (Anhang 1) so weit wie möglich folgen. Die Standardisierung von Form und Inhalt der Programme entsprechend den nachstehenden Leitlinien wird die Voraussetzungen für Gleichbehandlung erheblich verbessern. Die quantitativen Angaben sollen in standardisierten Tabellen (Anhang 2) festgehalten werden. Die Mitgliedstaaten sollen bestrebt sein, alle in diesen Tabellen gewünschten Angaben zur Verfügung zu stellen. Sie können die Tabellen gegebenenfalls durch weitere Informationen ergänzen. Zusätzlich zu den Angaben entsprechend den Leitlinien sollten die Programme auch aufzeigen, inwieweit die Haushaltsziele und die zu ihrer Verwirklichung vorgesehenen Maßnahmen mit den Grundzügen der Wirtschaftspolitik im Einklang stehen, und auf die Maßnahmen zur Stärkung der Qualität der öffentlichen Finanzen und zur Erreichung langfristiger Tragfähigkeit eingehen. Ziele und Verwirklichung Die Mitgliedstaaten stellen in ihren Stabilitäts- und Konvergenzprogrammen die Haushaltsziele für den gesamtstaatlichen Finanzierungssaldo im Verhältnis zum mittelfristigen Haushaltsziel sowie den geplanten Pfad für die Entwicklung der Schuldenquote dar. In den Konvergenzprogrammen soll außerdem auf die mittelfristigen geldpolitischen Ziele und deren Verhältnis zur Preis- und Wechselkursstabilität eingegangen werden. Mitgliedstaaten, die die erste Aktualisierung ihres Stabilitäts- bzw. Konvergenzprogramms nach einem Regierungswechsel vorbereiten, werden aufgefordert, die vom Rat auf der Grundlage des bisherigen aktualisierten Stabilitäts- bzw. Konvergenzprogramms gebilligten haushaltspolitischen Ziele weiterzuverfolgen und – mit Blick auf die gesamte Legislaturperiode – Informationen darüber zur Verfügung zu stellen, mit welchen Mitteln und Instrumenten und welcher Haushaltsstrategie diese Ziele erreicht werden sollen. Die Mitgliedstaaten nehmen in ihrem Stabilitäts- bzw. Konvergenzprogramm auf der Grundlage der Notifizierung vom April eine Aktualisierung der finanzpolitischen Pläne für das Jahr vor, in dem das Programm vorgelegt wird, vor. Im Stabilitäts- bzw. Konvergenzprogramm ist die Überarbeitung der im Jahr t-1 festgelegten fiskalpolitischen Ziele (unter besonderer Beachtung der Entwicklungen bei den staatlichen Ausgaben) erläutert. Um ein umfassenderes Verständnis der Entwicklung des gesamtstaatlichen Finanzierungssaldos und der Haushaltsstrategie generell zu ermöglichen, sind Angaben zur Einnahmen- und Ausgabenquote und deren Hauptkomponenten sowie zu einmaligen und sonstigen befristeten Maßnahmen erforderlich. Im Interesse eines besseren Verständnisses des Pfads für die Entwicklung der Schuldenquote sollten so weit irgend möglich Informationen über die Bestandsanpassungskomponenten, z. B. Privatisierungserlöse und sonstige Finanzgeschäfte, mitgeteilt werden. Die Haushaltssalden sollten nach staatlichen Ebenen (Zentralstaat, Teilstaat im Falle von Mitgliedstaaten mit föderalen oder quasi-föderalen Strukturen, Gebietskörperschaften sowie Sozialversicherung) aufgeschlüsselt werden. Annahmen und Daten Stabilitäts- und Konvergenzprogramme sollten auf realistischen und zurückhaltenden makroökonomischen Prognosen basieren. Die Kommission kann mit ihren Prognosen wesentlich zur Koordinierung der Wirtschafts- und Fiskalpolitik beitragen. Den Mitgliedstaaten steht es frei, ihre Stabilitäts- und Konvergenzprogramme auf ihre eigenen Projektionen zu stützen. Signifikante Abweichungen zwischen den nationalen Prognosen und denen der Kommissionsdienststellen wären jedoch näher zu erläutern. Diese Erläuterungen dienen bei einer Ex-post-Bewertung von Fehlprognosen als Referenz. Die Programme sollten die wichtigsten Annahmen über die erwarteten wirtschaftlichen Entwicklungen und wichtige für die Durchführung der Haushaltspläne relevante ökonomische Variablen, wie öffentliche Investitionsausgaben, reales BIP-Wachstum, Beschäftigung und Inflation enthalten. Die Annahmen zum realen BIP-Wachstum sollten durch Angaben zum voraussichtlichen Beitrag der Nachfrage zum Wachstum untermauert werden. Die möglichen Aufwärts- und Abwärtsrisiken der Prognose wären herauszustellen. Darüber hinaus sollten die Programme ausreichende Angaben zur Entwicklung des BIP enthalten, um die Analyse der zyklischen Position der Wirtschaft und potenzieller Quellen des Wachstums zu ermöglichen. Die Aussichten für die Salden der einzelnen Ebenen und, speziell im Falle der Länder mit hohem Zahlungsbilanzdefizit, den Außenbeitrag sollten analysiert werden. In Bezug auf die externen makroökonomischen Entwicklungen sollten insbesondere die Mitgliedstaaten des Euroraums und die Mitgliedstaaten, die am WKM-II teilnehmen, gemeinsame Grundhypothesen zu den von der Kommission in ihrer Frühjahrsprognose herangezogenen wichtigsten Variablen für die Entwicklung außerhalb der EU verwenden oder bei signifikanten Unterschieden zu Vergleichszwecken Sensitivitätsanalysen auf der Grundlage gemeinsamer Annahmen für diese Variablen vorlegen. Die Annahmen sind von den Kommissionsdienststellen rechtzeitig (nach Konsultation der nationalen Sachverständigen) auf der Grundlage der letzten Tabelle in Anhang 2 mit Blick auf die Beratungen des Wirtschafts- und Finanzausschusses bereitzustellen. Annahmen für Zinssätze und Wechselkurse sollten, sofern nicht im Programm enthalten, den Kommissionsdienststellen zur fachlichen Bewertung der Programme mitgeteilt werden. Zur Erleichterung der Bewertung werden Konzepte verwendet, die den auf europäischer Ebene insbesondere im Zusammenhang mit dem europäischen System volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG) festgelegten Standards entsprechen. Die Programme sollten die Gewähr dafür bieten, dass die geforderten Informationen zu Haushaltsaggregaten und wirtschaftlichen Annahmen formal und inhaltlich mit den Konzepten des ESVG im Einklang stehen. Diese Angaben können durch besondere Rechnungslegungskonzepte ergänzt werden, die für das betreffende Land von besonderer Bedeutung sind. Maßnahmen, Strukturreformen und langfristige Tragfähigkeit Die Programme sollten die haushalts- und sonstigen wirtschaftspolitischen Maßnahmen beschreiben, die zum Erreichen der Programmziele getroffen werden oder vorgesehen sind, und die quantitativen Auswirkungen der wichtigsten haushaltspolitischen Maßnahmen für den gesamtstaatlichen Finanzierungssaldo bewerten. Auf Maßnahmen mit erheblichen einmaligen Wirkungen sollte ausdrücklich hingewiesen werden. Je weiter die Umsetzung des Programms fortgeschritten ist, desto weniger detailliert können die Informationen sein. So können die Behörden für die letzten Jahre beispielsweise eine Liste von Maßnahmen vorlegen, die zum Erreichen der Ziele ergriffen werden können, und eine Schätzung ihrer Wirkung abgeben. Im Interesse einer sinnvollen Diskussion sollten die Programme allerdings konkrete Hinweise auf die politischen Absichten für das Jahr t+1 geben, einschließlich vorläufiger Projektionen und/oder Ziele für den gesamtstaatlichen Finanzierungssaldo, Ausgaben und Einnahmen sowie einer Beschreibung der zum Erreichen der Haushaltsziele geplanten Strategien. Andernfalls sollte der betreffende Mitgliedstaat aufgefordert werden, gemäß Artikel 5 Absatz 2 und Artikel 8 Absatz 2 der Verordnung 1466/97 das Programm anzupassen. Strukturreformen sollten besonders analysiert werden, wenn sie als Beitrag zu den Programmzielen dienen sollen. Bei der Festlegung des Anpassungspfads in Richtung auf das mittelfristige Ziel bei Mitgliedstaaten, die das Ziel noch nicht erreicht haben, und der Genehmigung einer befristeten Abweichung vom mittelfristigen Ziel bei Mitgliedstaaten, die das Ziel bereits erreicht haben (siehe Abschnitt I), sind „große Strukturreformen“ von Bedeutung. Deshalb sollten die Programme insbesondere umfassende Informationen zu den budgetären und wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Reformen enthalten. Die Programme sollten eine detaillierte quantitative Kosten-Nutzen-Analyse der etwaigen kurzfristigen Kosten und des langfristigen Nutzens der Reformen unter Haushaltsgesichtspunkten umfassen. Analysiert werden sollte auch, wie sich die Reform im Laufe der Zeit voraussichtlich auf das Wirtschaftswachstum auswirken wird, wobei die herangezogene Methode zu erläutern ist. Die Programme sollten auch Informationen zu Maßnahmen enthalten, die zur Verbesserung der öffentlichen Finanzen sowohl auf der Einnahmen- als auch der Ausgabenseite beabsichtigt sind (z. B. Steuerreform, Initiativen zur Verbesserung des Preis-/Leistungsverhältnisses, Maßnahmen für mehr Effizienz bei der Steuererhebung und eine effizientere Ausgabenkontrolle). Die Programme könnten außerdem Informationen über die Anwendung der bestehenden nationalen Haushaltsvorschriften (z. B. Ausgabenvorschriften) sowie andere institutionelle Merkmale der öffentlichen Finanzen, insbesondere Haushaltsverfahren und Vorgaben für die Statistik im Bereich der öffentlichen Finanzen enthalten. Schließlich sollten in den Programmen die Länderstrategien zur Sicherung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen, insbesondere im Lichte der wirtschaftlichen und budgetären Auswirkungen der Überalterung umrissen werden. Die dem Ausschuss für Wirtschaftspolitik angeschlossene Arbeitsgruppe für Fragen der Bevölkerungsalterung ist für die Erstellung gemeinsamer Haushaltsprojektionen zu folgenden Themen zuständig: öffentliche Ausgaben für Renten, Gesundheit, Langzeitpflege, Bildung, Transferleistungen für Arbeitslose und, sofern möglich und zweckdienlich, altersbezogene Einnahmen wie Rentenbeiträge. Auf diese gemeinsamen Projektionen werden sich die Kommission und der Rat stützen, um die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen der Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt zu bewerten, und sie sollten deshalb in die Programme einbezogen werden. Die Programme sollten alle erforderlichen zusätzlichen Informationen qualitativer und quantitativer Art enthalten, damit die Kommission und der Rat die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen der Mitgliedstaaten auf Basis der aktuellen Politiken bewerten können. Zu diesem Zweck sollten die in den Programmen enthaltenen Angaben gezielt um neue relevante Informationen ergänzt werden, die in den jüngsten gemeinsamen Projektionen des Ausschusses für Wirtschaftspolitik noch nicht voll berücksichtigt sind. So könnten die Mitgliedstaaten beispielsweise Angaben über die neuesten demografischen Entwicklungen und über wichtige Änderungen bei den Renten- und Gesundheitssystemen machen. Die Programme sollten deutlich zwischen getroffenen oder erst geplanten Maßnahmen unterscheiden. Langzeitprojektionen sind mit einem gewissen Maß an Unsicherheit behaftet. Deshalb sollten Kommission und Rat bei der Prüfung zusätzlich Belastungstests heranziehen, die einen Hinweis auf die Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen für den Fall geben, dass nachteilige demografische, wirtschaftliche oder budgetäre Entwicklungen eintreten. Neben den geforderten Informationen können die Mitgliedstaaten verschiedene auf nationalen Berechnungen beruhende Projektionen vorlegen. In diesem Fall sollten die Mitgliedstaaten folgende Aspekte eingehend erläutern: den Projektionen zugrunde liegende Annahmen, Methodik, ergriffene oder geplante Maßnahmen zum Erreichen der Annahmen sowie die Divergenzen zwischen den nationalen Projektionen und den gemeinsamen Projektionen, die von der dem Ausschuss für Wirtschaftspolitik angeschlossenen Arbeitsgruppe für Fragen der Bevölkerungsalterung erstellt wurden. Diese nationalen Projektionen und Annahmen sowie ihre Plausibilität bilden die Grundlage für die Bewertung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen der Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt durch die Kommission und den Rat. Sensitivitätsanalyse Da Fehlprognosen unvermeidbar sind, wird in den Stabilitäts- und Konvergenzprogrammen Wert auf umfassende Sensitivitätsanalysen und/oder die Entwicklung alternativer Szenarien gelegt werden, damit Kommission und Rat die vollständige Palette möglicher finanzpolitischer Ergebnisse prüfen können. So sollen die Programme insbesondere eine Analyse dahingehend enthalten, wie sich Änderungen bei den wirtschaftlichen Grundannahmen auf die Haushalts- und Schuldenlage auswirken würden, und die Grundannahmen dazu aufzeigen, wie Einnahmen und Ausgaben auf Veränderungen bei den wirtschaftlichen Variablen voraussichtlich reagieren würden. Berücksichtigt werden sollte dabei, wie sich verschiedene Annahmen über Zinsen und, im Falle nicht teilnehmender Mitgliedstaaten über Wechselkurse, auf die Haushaltslage und den Schuldenstand auswirken könnten. Länder, die nicht die gemeinsamen außenwirtschaftlichen Annahmen zugrunde legen, sollten nach Möglichkeit eine Sensitivitätsanalyse auch zu den wichtigsten Variablen für die Entwicklung außerhalb der EU vorlegen, wenn erhebliche Unterschiede bestehen. Im Falle „großer Strukturreformen“ (siehe Abschnitt I) soll in den Programmen auch untersucht werden, inwiefern Veränderungen bei den Annahmen einen Einfluss auf den Haushalt und das potenzielle Wachstum haben können. Planungshorizont Die Informationen über Pfade für die Entwicklung der voraussichtlichen Überschuss-/Defizitquote, der Einnahmen-/Ausgabenquote und deren Komponenten, der Schuldenquote und der wichtigsten ökonomischen Annahmen sollten sich jeweils auf ein Jahr beziehen und ebenso wie im laufenden Jahr und im Vorjahr mindestens die drei Folgejahre abdecken (Artikel 3 Absatz 3 und Artikel 7 Absatz 3); die Mitgliedstaaten können aber auch einen längeren Zeitraum wählen. Der Horizont für die langfristigen Projektionen der Auswirkungen der Bevölkerungsalterung auf den Haushalt sollte denselben Zeitraum wie die Projektionen des Ausschusses für Wirtschaftspolitik abdecken. Aktualisierung der Programme Um eine ordnungsgemäße Ex-ante-Koordinierung und -Überwachung der Wirtschaftspolitik zu gewährleisten, sollten die Aktualisierungen der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme jährlich in den ersten zwei Aprilwochen vorgelegt werden [5][6][7]. Der Prozess sollte mit der Stellungnahme des Rates zu den Programmen abgeschlossen werden, was in der Regel jährlich bis Ende Juli geschieht. Aus den jährlichen Aktualisierungen der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme sollte ersichtlich sein, wie sich die Entwicklungen im Vergleich zu den Haushaltszielen des vorigen Programms bzw. der vorigen Aktualisierung verhalten. Gegebenenfalls sollten Abweichungen eingehend erläutert werden. Kommt es zu bedeutenden Abweichungen, sollte in der Aktualisierung auf etwaige Korrekturmaßnahmen hingewiesen werden, die gegebenenfalls zu erläutern wären. __________________ ANHANG 2: [pic] _______________________ [1] KOM(2010) 250, Mitteilung der Kommission über die verstärkte wirtschaftspolitische Koordinierung. [2] Kernziele abrufbar unter: http://ec.europa.eu/eu2020/pdf/council_conclusion_17_june_en.pdf. [3] Siehe auch Schlussfolgerungen des Rates „Wirtschaft und Finanzen“ vom 18. Mai 2010 über Haushaltsrahmen. [4] Vollständige Bezeichnung: „Spezifikationen für die Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts sowie Leitlinien zu Inhalt und Form der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme“. [5] Das VK, das ein anderes Haushaltsjahr hat, sollte die Aktualisierung möglichst zeitnah mit der Veröffentlichung des Pre-Budget Report übermitteln. [6] Österreich und Portugal können zurzeit nicht diesem Zeitplan folgen, werden ihre Stabilitätsprogramme jedoch spätestens am 15. Dezember unterbreiten. [7] Wenn Irland sein aktualisiertes Stabilitätsprogramm am jährlichen irischen Budget day , traditionell dem ersten Mittwoch im Dezember, vorlegt, ist es seiner Pflicht nachgekommen.