27.8.2010   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 232/14


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen „Zukunft der Kohäsionspolitik“

(2010/C 232/03)

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

Einleitung

1.   begrüßt, dass die Europäische Kommission mit dem Vierten Kohäsionsbericht vom Mai 2007, dem Grünbuch zur territorialen Kohäsion vom September 2008, dem „Barca-Bericht“ vom April 2009 sowie ihren Zwischenberichten zum wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt frühzeitig den Meinungsaustausch zur künftigen Ausgestaltung der europäischen Kohäsionspolitik nach 2013 eröffnet hat;

2.   ist darüber erfreut, dass die Europäische Kommission den Ausschuss der Regionen um eine Prospektivstellungnahme gebeten hat, wie die Kohäsionspolitik ein wirksames Instrument für die harmonische und dauerhafte Entwicklung der Europäischen Union bleiben kann und wie sie den künftigen Herausforderungen bei der Umsetzung der EU-Politiken begegnen kann;

3.   unterstreicht, dass es nach den Festlegungen des Vertrages von Lissabon ein vorrangiges Ziel der EU bleiben muss, auch künftig eine Politik zur Stärkung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts zu entwickeln, um eine harmonische Entwicklung der Union als Ganzes zu fördern. Dabei besteht ein besonderes Ziel darin, die Unterschiede im Entwicklungsstand der verschiedenen Regionen und den Rückstand der am stärksten benachteiligten Gebiete zu verringern. Unter den betreffenden Gebieten soll den ländlichen Gebieten, den vom industriellen Wandel betroffenen Gebieten und den Gebieten mit schweren und dauerhaften natürlichen oder demografischen Nachteilen besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden, wie den nördlichsten Regionen mit sehr geringer Bevölkerungsdichte sowie den Insel-, Grenz- und Bergregionen. Auch das Problem der langfristigen Verarmung in städtischen Gebieten sowohl in Klein- als auch in Großstädten sollte Berücksichtigung finden;

4.   ist insofern der Auffassung, dass die Fortentwicklung der europäischen Kohäsionspolitik darauf abzielen muss, auch künftig Entwicklungsrückstände nachhaltig überwinden zu helfen, nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung in den Regionen Europas zu stärken, die soziale Eingliederung und Wettbewerbsfähigkeit in allen Mitgliedstaaten und Regionen zu unterstützen, Subsidiarität und Finanzierbarkeit zu wahren und die Effektivität der Gemeinschaftspolitik weiter zu verbessern;

5.   ist der Ansicht, dass die Debatte über die Zukunft der europäischen Kohäsionspolitik derjenigen über die Überprüfung des europäischen Finanzsystemsvorausgehen muss, da die politischen Ziele vor der Festsetzung der zuzuweisenden Mittel festgelegt werden müssen. Daher sind Fragen zum finanziellen Rahmen der künftigen Kohäsionspolitik nicht Gegenstand dieser Stellungnahme. Diese sind im Rahmen der vorgesehen Überprüfung des Finanzsystems und der Verhandlungen zur nächsten Finanziellen Vorausschau zu klären. Allerdings spricht sich der Ausschuss der Regionen bereits heute dafür aus, auch künftig einen erheblichen Teil der EU-Haushaltsmittel für strukturpolitische Förderaktivitäten in regionalen und lokalen Gebietskörperschaften vorzusehen;

Die künftigen Herausforderungen für die Kohäsionspolitik nach 2013

6.   teilt die Auffassung der Europäischen Kommission, dass sich mit Blick auf den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt neue Herausforderungen abzeichnen, die unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Entwicklungsmerkmale, der verfügbaren Ressourcen und der Entwicklungsstrategie des betreffenden Gebiets angegangen werden müssen. Es ist ein Grundmuster der Regional- und Strukturpolitik, sich auf wandelnde Problemlagen und Chancen einzustellen. Der Ausschuss der Regionen ist deshalb davon überzeugt, dass die regionale Ebene unter Einbindung der kommunalen Akteure in besonderer Weise einen Beitrag leisten kann, Herausforderungen wie den Klimawandel, die Sicherheit der Energiepolitik, demographische Entwicklungen oder die Globalisierung zu bewältigen - im engen Zusammenspiel mit den Anstrengungen der übergeordneten Ebenen. Wichtig ist es, dass die Grundsätze der Multi-Level-Governance angewandt werden und die verschiedenen Verwaltungsebenen zusammenarbeiten;

7.   weist darauf hin, dass diese Herausforderungen die Kohäsionspolitik berühren, wenn sie zur Vergrößerung der wirtschaftlichen und sozialen Unterschiede in den Regionen Europas beitragen. Insoweit sollte geprüft werden, auf welche Weise auch die neuen Herausforderungen bei der Ausgestaltung der Kohäsionspolitik verstärkt berücksichtigt werden müssen. Dabei sollte auch geprüft werden, ob diesen Herausforderungen nicht auch durch Rechtsanpassungen oder allgemeinpolitische Prozesse begegnet werden muss;

8.   betont, dass die europäische Kohäsionspolitik auch einen Beitrag zur Bewältigung der neuen Herausforderungen leisten kann, indem sie die Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität der Regionen stärkt. Sie trägt bereits jetzt beispielsweise durch die Förderung von Öko-Innovationen, von Maßnahmen zur Stärkung der Energieeffizienz sowie zur Entwicklung erneuerbarer Energien zum Klimaschutz, zur Bewältigung der vielfältigen Folgen des Klimawandels und zur Energiesicherung bei. Durch diese Flexibilität hat die europäische Strukturpolitik bereits in der Vergangenheit neuen Herausforderungen Rechnung getragen. Sie ist in der Lage, dies auch weiterhin zu tun;

9.   sieht im Hinblick auf die neuen Herausforderungen keinen Bedarf an grundsätzlich neuen strukturpolitischen Instrumenten oder an der Formulierung neuer, zusätzlicher Zielstellungen. Auch vor dem Hintergrund der neuen Herausforderungen bedarf es der übergeordneten strukturpolitischen Zielsetzung, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung in allen Regionen Europas zu steigern und zusätzlich die Konvergenz der bislang noch rückständigen Regionen zu beschleunigen. Dazu muss auch über 2013 hinaus der Einsatz der europäischen Strukturfonds in allen Regionen Europas erfolgen, damit der wirtschaftliche und soziale Zusammenhalt gewährleistet und die territorialen Unterschiede zwischen den und innerhalb der Regionen begrenzt werden können;

10.   unterstützt damit auch die Intention der Territorialen Agenda der EU und die zentralen Ergebnisse der Diskussion um das Grünbuch zum Territorialen Zusammenhalt, die potenzialorientierte und integrierte regionale Entwicklungsstrategien als Erfolg versprechende Instrumente für einen stärkeren Zusammenhalt Europas betrachten. Europa kann es sich angesichts der bevorstehenden Herausforderungen nicht leisten, auf eine gemeinsame Ausrichtung der Politiken der verschiedenen Ebenen und der verschiedenen Sektoren zu verzichten. Nur mit einem abgestimmten Zusammenwirken von europäischer, nationaler und regionaler Politik kann den neuen Herausforderungen wirkungsvoll begegnet werden;

11.   spricht sich daher für eine eingehende Prüfung aus, in welchem Maße die Instrumente der EU-Strukturfonds neben anderen Instrumenten möglichst effizient insbesondere zur Nutzung der mit den neuen Herausforderungen verbundenen Chancen für ein schnelleres Zusammenwachsen in Europa und für eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit Europas in der Welt und die Umwandlung in eine CO2-arme Wirtschaft genutzt werden können. Diese Prüfung muss an eine Prüfung der Wechselwirkungen zwischen Kohäsionspolitik und Lissabon-Strategie für den Zeitraum 2007-2013 gekoppelt sein und vor allem an die Frage, ob sich die Zweckbindung der Strukturfonds gemäß den Zielen dieser Strategie auf den Zusammenhalt ausgewirkt hat. Eine solche Überprüfung könnte gegebenenfalls eine Umorientierung der strategischen Leitlinien für die Kohäsionspolitik gestatten;

12.   stellt fest, dass die EU-Strukturfonds in der laufenden Förderperiode 2007-2013 bereits wesentlich zur Umsetzung der Lissabon-Strategie beigetragen haben, indem die Regionen stärker in ihre Umsetzung einbezogen wurden, und hält es daher für erforderlich, das Potenzial der europäischen Strukturpolitik auch zur Umsetzung der erneuerten Lissabon-Strategie zu nutzen und die Orientierung der Kohäsionspolitik an den Zielen der erneuerten Lissabon-Strategie beizubehalten, wobei das ursprüngliche Ziel der Kohäsionspolitik, der Ausgleich von Entwicklungsunterschieden zwischen weniger entwickelten Regionen und der übrigen EU, zu wahren ist. Effektivität und Wirkung der Kohäsionspolitik hängen wesentlich von den jeweiligen makroökonomischen Bedingungen ab. Günstige wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen, die Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung in den Regionen unterstützen, sind zentral für das Erreichen eines sich selbst tragenden Wirtschaftswachstums in den Regionen. Die Kohäsionspolitik ist in diesem Zusammenhang als wichtigste flankierende Politik zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit rückständiger Regionen zu bewerten;

13.   betont außerdem, dass Effektivität und Wirkung der Kohäsionspolitik wesentlich von den jeweiligen makroökonomischen Bedingungen abhängen. Günstige wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen, die Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung in den Regionen unterstützen, sind zentral für das Erreichen eines sich selbst tragenden Wirtschaftswachstums in den Regionen. Die Kohäsionspolitik ist in diesem Zusammenhang als wichtigste flankierende Politik zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit rückständiger Regionen zu bewerten;

14.   unterstützt daher die Feststellung der Europäischen Kommission in ihrer Mitteilung zur Europa-2020-Strategie, dass der wirtschaftliche, soziale und territoriale Zusammenhalt ein zentrales Anliegen der Strategie Europa 2020 bleibt. Die Kohäsionspolitik und die Strukturfonds sind nicht nur per se wichtige Instrumente der Unionspolitik, sondern auch entscheidende Katalysatoren für die Verwirklichung eines innovativen, nachhaltigen und integrativen Wachstums in den Mitgliedstaaten und Regionen. Die enge Verknüpfung von wirtschaftlichen, sozialen und umweltpolitischen Zielen ist eine Erfolgsvoraussetzung für diese Strategie. Allerdings dürfen die vorgeschlagenen Leitinitiativen nicht zu einer Einengung der europäischen Kohäsionspolitik führen. Die Strukturfonds müssen zu einer integrierten Problemlösung auf regionaler Ebene fähig bleiben und dürfen nicht auf die Erfüllung sektoraler Vorgaben reduziert werden;

15.   betont, dass die europäische Kohäsionspolitik einen wichtigen Beitrag sowohl zur Förderung des sozialen Zusammenhalts als auch zur Verringerung sozialer Disparitäten in der Europäischen Union leistet. Der Ausschuss der Regionen weist deshalb darauf hin, dass gerade vor dem Hintergrund der sozialen Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise die politische Gestaltung der sozialen Kohäsion mit der wirtschaftlichen und territorialen Kohäsion eine Einheit bilden muss und auch zukünftig nicht vernachlässigt werden darf. Es muss jedoch bedacht werden, dass die Kohäsionspolitik langfristig angelegt sein sollte, dabei aber auch in der Lage sein muss, auf kurzfristige Veränderungen aufgrund einer Verschlechterung der Wirtschaftslage zu reagieren;

16.   ist überzeugt, dass aufgrund der Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise auf die Arbeitsmärkte eine beschäftigungsorientierte europäische Kohäsionsstrategie zukünftig noch an Bedeutung gewinnt. Zur Verwirklichung dieser Strategie ist der Europäische Sozialfonds (ESF) als wichtigstes arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitisches Förderinstrument der Gemeinschaft unverzichtbar. Der Europäische Sozialfonds muss auch zukünftig als Finanzinstrument zur Erreichung des Ziels des sozialen Zusammenhalts im Rahmen der Kohäsionspolitik erhalten bleiben. Darüber hinaus ist es notwendig, einen integrierten Ansatz für den Einsatz der Strukturfonds in den europäischen Regionen beizubehalten. Der ESF muss mit ausreichenden Finanzmitteln ausgestattet sein, um die arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitischen Ziele der Gemeinschaft sowie das Ziel der sozialen Eingliederung zuverlässig erreichen zu können;

17.   ist der Auffassung, dass sich der besondere Wert der europäischen Kohäsionspolitik an ihren Ergebnissen messen lassen muss, und verweist in diesem Zusammenhang auf die Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Hebeleffekt der Kohäsionspolitik. Die europäischen Strukturfonds sind ein wichtiges Instrument, um allen Regionen die Möglichkeit zu verschaffen, ihre endogenen Entwicklungspotenziale für nachhaltiges Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand zu nutzen. Die auf gemeinsame europäische Prioritäten ausgerichteten Programme basieren auf abgestimmten Entwicklungsstrategien und werden auf dezentraler Ebene operationalisiert. Somit tragen sie spürbar zur Erschließung von Wachstumspotenzialen in den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei;

18.   stellt fest, dass aus dem breiten Spektrum der Erfolge der europäischen Kohäsionspolitik die Impulse für Forschung und Innovation sowie für wissensintensive Dienstleistungen hervorzuheben sind. Viele für die Strukturentwicklung wichtige Projekte - insbesondere auch im Bereich der wissenschaftlich-technischen Infrastruktur und bei der Entwicklung innovativer Ansätze in der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik - konnten sowohl in den rückständigen als auch in den übrigen Regionen Europas nur durch die Fördermittel aus den EU-Strukturfonds realisiert werden. So wurden in ganz Europa bereits zahlreiche Projekte umgesetzt, die den europäischen Mehrwert der EU-Strukturfondsförderung in hervorragender Weise illustrieren. Die regional ausgerichtete Kohäsionspolitik stellt in Ergänzung zur europäischen Exzellenzförderung sicher, dass eine europäische Innovationspolitik die nötige Breitenwirkung entfaltet, um die EU-2020-Strategie zum Erfolg zu führen. In eben diesem Sinne, die Wirkungen und Resultate im Hinblick auf Forschung und Innovation in den Regionen zu steigern und zu stärken, wäre die Bedeutung einer Koordinierung der Programme und Finanzierungsinstrumente der Innovations- und Forschungspolitik und der Kohäsionspolitik hervorzuheben;

19.   weist zugleich darauf hin, dass die europäischen Strukturfonds nicht nur unmittelbar durch die ausgereichten Fördermittel wirken. Sie tragen wesentlich dazu bei, die regional- und strukturpolitischen Strategien der auf den verschiedenen Ebenen handelnden Akteure auf gemeinsame Ziele zu fokussieren. Der Ausschuss der Regionen ist daher der Überzeugung, dass hierdurch die Effizienz der für den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt insgesamt eingesetzten europäischen, nationalen, regionalen und kommunalen Mittel deutlich gesteigert wird. Das System einer Multi-Level-Governance mit dezentraler Programmverantwortung in den Fördergebieten stellt sicher, dass Europa gemeinsame Ziele mit kohärenten Maßnahmen verfolgt und gleichzeitig Raum für regionale und lokale Schwerpunktsetzungen eröffnet. Hierin liegt nach Auffassung des Ausschusses der Regionen der über die finanzielle Solidarität hinausgehende Mehrwert der europäischen Strukturpolitik;

20.   ist der Auffassung, dass die fortlaufende Ex-Post-Bewertung der letzten Förderperiode und die anstehende Zwischenbewertung dazu genutzt werden sollten, die positiven Wirkungen und das Potential der Strukturfondsförderung aufzuzeigen;

Die Prinzipien der Kohäsionspolitik nach 2013

21.   stimmt der im Barca-Report getroffenen Feststellung zu, dass die Strukturpolitik auch in den Zusammenhang mit den übergeordneten Zielen der Europäischen Union gestellt werden muss, Wachstum, Wohlstand und Zusammenhalt zu erhöhen und den Frieden zu erhalten, und ist der Auffassung, dass diese Politik auch weiterhin in allen Regionen Europas erfahrbar sein muss, wobei besonderes Augenmerk auf die schwächer entwickelten Regionen zu richten ist. Die Strukturpolitik bildet eine tragende Säule des europäischen Integrationsprozesses und ermöglicht die Identifikation der Bürger mit dem Projekt „Europa“. Die Formel für die zukünftige europäische Kohäsionspolitik könnte daher lauten: Europäische Förderprogramme mit strategischen Rahmensetzungen plus regionale und lokale Problemlösungskompetenz ergeben wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt;

22.   erachtet es als sinnvoll, eine Methode zur Bewertung des CO2-Fußabdrucks der über die Strukturfonds finanzierten Vorhaben zu entwickeln, und empfiehlt insbesondere, die CO2-Neutralität als Leitmotiv für die künftige Programmplanung heranzuziehen. Wie bereits in einigen Mitgliedstaaten vorgesehen, sollte die Investitionsbilanz keine zusätzlichen Treibhausgasemissionen verursachen;

23.   weist in diesem Kontext darauf hin, dass sich der dezentrale Ansatz der Kohäsionspolitik bewährt hat und beibehalten werden sollte. Gleichwohl sollte untersucht werden, welche Verfahren weiter vereinfacht werden können, um die Bürokratie im Zusammenhang mit der Verwaltung der Kohäsionspolitik zu verringern;

24.   spricht sich für ein differenziertes Konzept zur Nutzung von sorgfältig ausgewählten und aussagekräftigen Indikatoren zur Evaluierung der Kohäsionspolitik aus, um einen zielgenauen Einsatz der Mittel zu erreichen und die Wirkungen der Strukturpolitik umfassend darstellen zu können;

25.   weist darauf hin, dass auch andere EU-Politikbereiche Einfluss auf den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt haben und daher auch die Ziele der Kohäsionspolitik berücksichtigen sollten, und fordert die Europäische Kommission auf, vorab Studien zu den territorialen Auswirkungen legislativer und nichtlegislativer Vorschläge in Bereichen durchzuführen, die eine eindeutige territoriale Dimension haben (öffentliche Dienste, Verkehr, Energie, Umwelt, Wettbewerb, Landwirtschaft usw.). Darüber hinaus fordert der Ausschuss die Europäische Kommission auf, diesem Umstand in der Erstellung des 5. Berichts über den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt besonderes Augenmerk zu schenken. Dabei werden vom Ausschuss der Regionen die Bestrebungen der Kommission, die Kohäsionspolitik mit anderen Politiken, die eindeutige territoriale Auswirkungen haben, besser zu verzahnen und Synergieeffekte zu erzielen, ausdrücklich begrüßt;

26.   sieht die EU-Kohäsionspolitik auch im engen sachlichen Zusammenhang zu den Bestimmungen des EU-Beihilfenrechts und der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse. Eine Reform der EU-Kohäsionspolitik sollte daher auch mit einer Überprüfung des EU-Beihilferechts einhergehen. Gerade bei global konkurrierenden Standorten und Investitionen in Zukunftsindustrien können differenzierte Lösungen erforderlich werden. Bezüglich der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse fordert der AdR die Kommission auf, die neue, durch Artikel 14 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union geschaffene Rechtsgrundlage zu nutzen, insbesondere um die Vereinbarkeit der Mechanismen zur Finanzierung dieser Dienstleistungen mit den einschlägigen gemeinschaftlichen Regelungen zu prüfen;

27.   bekräftigt, dass sich das Prinzip der Partnerschaft und damit verbunden die Einbeziehung der Wirtschafts- und Sozialpartner und anderer regionaler und lokaler Akteure in alle Phasen der Strukturfondsförderung bewährt hat, um so eine höhere Akzeptanz und Zielgenauigkeit der Interventionen zu erreichen, und schlägt in diesem Zusammenhang vor, den interregionalen Austausch bewährter Praktiken zur Stärkung der Partnerschaft verstärkt zu unterstützen. Weitergehende rechtliche Vorgaben zur Ausgestaltung der Partnerschaft auf europäischer Ebene sieht der Ausschuss der Regionen dagegen als nicht notwendig an;

28.   erkennt die Notwendigkeit an, Effizienz und Effektivität der europäischen Kohäsionspolitik insbesondere auch vor dem Hintergrund knapper werdender Finanzmittel immer wieder neu zu überprüfen. In diesem Zusammenhang liegen in der verstärkten Erschließung privater Ressourcen zusätzliche Chancen für die Umsetzung der Kohäsionspolitik. Die Verwendung privater Ressourcen darf jedoch nur als Anreiz und keinesfalls als Ersatz im Rahmen der Kohäsionspolitik angesehen werden;

29.   bekräftigt in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit, den Einsatz revolvierender Fonds im Rahmen der Kohäsionspolitik in dafür geeigneten Bereichen zu erleichtern, um damit stärker als bisher auf Darlehensinstrumente bei der Umsetzung der Kohäsionspolitik zu setzen, und würdigt in diesem Zusammenhang die Rolle der Europäischen Investitionsbank und der Instrumente wie JEREMIE und JASPERS bei der Entwicklung und Umsetzung von darlehensbasierten Strukturfondsprogrammen;

30.   spricht sich für die konsequentere Anwendung der Prinzipien von Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit in der Kohäsionspolitik aus. Diese Prinzipien dürfen jedoch nicht auf Effizienzerwägungen reduziert werden. Das bisherige dezentrale System der europäischen Kohäsionspolitik mit der Erstellung operationeller Programme auf nationaler und regionaler Ebene im partnerschaftlichen Dialog mit der Kommission und Umsetzung dieser operationellen Programme in eigener Verantwortung der nationalen, regionalen und lokalen Behörden hat sich bewährt. Es ist zu erhalten und im Sinne einer weiteren Stärkung der regionalen und lokalen Eigenverantwortung bei der operationellen Umsetzung europäischer Kohäsionspolitik auszubauen;

31.   begrüßt ausdrücklich den mit der Förderperiode 2007-2013 vollzogenen Schritt zu einer mehr strategischen Steuerung der EU-Strukturpolitik. Die Steuerung über Ziele statt über Förderfähigkeitsregeln erlaubt es den Regionen, den jeweils für sie passenden Maßnahmen- und Instrumentenkatalog zu wählen und erforderlichenfalls anzupassen, ohne die Kohärenz zu den EU-weiten Zielen zu vernachlässigen;

32.   bekräftigt zudem die Notwendigkeit, die Maßnahmen in Zusammenhang mit der Entwicklung des ländlichen Raums (zweiter Pfeiler der GAP) besser mit der Regionalpolitik zu koordinieren, um so zu gewährleisten, dass sich die Entwicklung des ländlichen und des städtischen Raums besser ergänzen. Diese Koordinierung könnte auf die Schaffung eines strategischen Rahmens auf europäischer Ebene in Form von strategischen EU-Leitlinien hinauslaufen, die sowohl auf die Strukturfonds als auch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) Anwendung finden;

33.   ist der Überzeugung, dass eine konsequent auf die europäischen strategischen Ziele ausgerichtete Berichterstattung und Kontrolle zur Bewertung der Fortschritte und zur Prüfung der Zuverlässigkeit der in den Mitgliedstaaten angewandten Kontroll- und Auditverfahren in Anbetracht des Ziels, weniger, aber bessere Kontrollen durchzuführen, in Kombination mit einem überschaubaren und stabilen Prüfsystem dem Ansatz der strategischen Steuerung sehr gut gerecht würde. Unnötiger Verwaltungsaufwand könnte so vermieden werden;

34.   ist der Meinung, dass sich auch die eingeführten Monofondsprogramme für EFRE und ESF bewährt haben. Mit dem Monofondsprinzip wurden die Genehmigungs- und Änderungsverfahren gegenüber den früher praktizierten Multifondsprogrammen wesentlich vereinfacht. Durch die Regelung, in einem gewissen Umfang auch Maßnahmen des jeweils anderen Fonds in den Programmen durchführen zu dürfen, wurde die notwendige Flexibilität geschaffen. Die Koordination zwischen den Fonds und ihren jeweiligen operationellen Programmen sollte weiter verstärkt werden, um letztendlich zu erreichen, dass sich der ESF und der EFRE auf lokaler und regionaler Ebene besser ergänzen;

35.   betont das dauerhafte Anliegen des Bürokratieabbaus und der konsequenten Verwaltungsvereinfachung bei der Zuweisung, Verwendung, Abrechnung und Kontrolle von Finanzmitteln aus den EU-Strukturfonds. Dies sollte auch für die Vorgaben künftiger Programmplanungen gelten;

36.   stellt fest, dass die Anforderungen an das Umsetzungssystem und die Finanzkontrollvorschriften in der laufenden Förderperiode verschärft wurden. Angekündigte Vereinfachungen wurden zum Teil in ihr Gegenteil verkehrt. Dadurch ist ein unverhältnismäßiger Aufwand entstanden. Die Folgebewertung zeigt außerdem, dass die Wirksamkeit der Entwicklungsarbeit leidet. Der Ausschuss der Regionen plädiert daher für einfache und transparente, aber leistungsfähige Kontrollverfahren. Hierzu ist es aus Sicht des Ausschusses nicht erforderlich, in jeder Förderperiode eine vollständige Konformitätsprüfung der Verfahren durchzuführen. Vielmehr sollte die Anerkennung bewährter nationaler zuwendungsrechtlicher Vorschriften ausreichen. Auch die Struktur der Prüfinstanzen, die Kontrollstandards und die Definition und Ermittlung von Fehlerquoten sind mit dem Ziel einer Vereinfachung zu überprüfen. Die wiederholt vorgenommenen rückwirkenden Festlegungen von Regelungen und Standards führen zu Komplikationen, erschweren die ordnungsgemäße Verwaltung erheblich und müssen künftig unterbleiben. Eine zusätzliche untersuchenswerte Möglichkeit wäre die Anwendung eines allgemeinen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zur Anpassung der Kontrollauflagen an die Größe der durch die Strukturfonds finanzierten Vorhaben;

37.   weist darauf hin, dass sich mit der im Vertrag von Lissabon neu geregelten Einbeziehung der Mitgliedstaaten in die Verantwortung für den Vollzug des EU-Haushalts ggf. neue Vereinfachungsmöglichkeiten ergeben. Der Ausschuss weist auch darauf hin, dass eine weitere Vereinfachung erreicht wird, wenn die Kommission die Auditverfahren der Mitgliedstaaten dahingehend untersucht, ob „Vertrauenspakte“ mit den Regionen zur Vermeidung von Doppelungen bei Auditverfahren abgeschlossen werden können. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sollte bei den Bestimmungen für Kleinprojekte Anwendung finden, um den Aufwand zu senken;

Die künftige Architektur der Kohäsionspolitik nach 2013

38.   begrüßt, dass die EU-Strukturpolitik seit 2000 durch den Verzicht auf die ursprüngliche Vielzahl von Zielen und auf eine große Anzahl spezifischer Gemeinschaftsinitiativen das Fördersystem in der Weise reformiert hat, dass ein deutlicher Fortschritt an Klarheit und Vereinfachung erreicht werden konnte. Dieser sollte nicht wieder in Frage gestellt werden;

39.   ist der Meinung, dass sich die Beschränkung auf eine geringe Zahl an Zielen, die Einbeziehung aller Regionen Europas bei besonderer Berücksichtigung von rückständigen Regionen und die Kompetenzverteilung zwischen den Ebenen mit der Verantwortung der Regionen für die dezentrale Programmentwicklung und -umsetzung grundsätzlich bewährt haben;

40.   hält es jedoch für erforderlich, auch weiterhin mit Hilfe der europäischen Kohäsionspolitik den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt in der Gemeinschaft sowie ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, um so nachhaltiges Wirtschaftswachstum, hohe Beschäftigung, soziale Eingliederung sowie Qualität und Effektivität der öffentlichen Dienstleistungen sicherzustellen, und betont, dass die europaweite Gleichbehandlung der betroffenen Länder und Regionen zu gewährleisten ist. Auch künftig sollten insbesondere die rückständigen Regionen gefördert werden, unabhängig davon, in welchem Mitgliedstaat sie liegen. Die Kohäsionspolitik ist ein Schlüssel für das lokale und regionale Engagement der Bürgerinnen und Bürger für die übergreifenden politischen Strategien der EU;

41.   ist der Auffassung, dass die europäische Kohäsionspolitik zu einem erheblichen Teil auch eine Politik zur Förderung von Innovation, Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum und damit zur Förderung nachhaltiger Beschäftigung geworden ist;

42.   stimmt der Einschätzung der Kommission zu, dass die Unterstützung der wirtschaftlichen Aufholprozesse in den schwächeren Regionen der neuen Mitgliedstaaten ein besonderer Schwerpunkt der europäischen Kohäsionspolitik bleiben muss. Er befürwortet daher eine entsprechende Konzentration der Instrumente der Kohäsionspolitik auf diese Mitgliedstaaten und Regionen. Dabei soll die Kohäsionspolitik die Chancen des Binnenmarktes und der europäischen Integration insgesamt erschließen helfen. Eine Entwicklung der EU-Kohäsionspolitik hin zu einem reinen Instrument des „Mitteltransfers“ gilt es hingegen zu vermeiden;

43.   ist der Auffassung, dass es zur Stärkung der Kohäsion in Europa auch in Zukunft notwendig sein wird, den größten Teil der Fördermittel aus den europäischen Strukturfonds in Regionen mit Entwicklungsrückstand einzusetzen, um weitere Fortschritte beim Ausgleich der größten regionalen Unterschiede zu erzielen. Für die Bestimmung dieser Regionen mit Entwicklungsrückstand hat sich der bisherige Schwellenwert von 75 % des Bruttoinlandsprodukts pro Einwohner im Verhältnis zum EU-Durchschnitt auf der Ebene NUTS-II als Abgrenzungskriterium zur Auswahl der Fördergebiete bewährt. Für die Evaluierung der Kohäsionspolitik müssten Indikatoren unterhalb der Ebene von NUTS-II gefunden werden, die die regionalen Besonderheiten und die Situation in den Regionen besser abbilden;

44.   spricht sich dafür aus, dass auch die aus der Höchstförderung ausscheidenden Regionen noch der Unterstützung durch verlässliche und angemessene flächendeckende Förderinstrumente, die der spezifischen Situation dieser Regionen gerecht werden, bedürfen, um die vorhandenen Potenziale - auch im Interesse der EU insgesamt - dauerhaft zu mobilisieren. Nur so lässt sich die Nachhaltigkeit der bisherigen Erfolge der Strukturfondsförderung in diesen Gebieten sichern. Für diese Regionen (einschließlich der vom sog. statistischen Effekt betroffenen Regionen) müssen daher angemessene und gerechte Übergangsregelungen im Rahmen des Ziels Konvergenz vorgesehen werden, um das abrupte Wegbrechen der Förderung bei Überschreiten der 75 %-Schwelle zu vermeiden und den betroffenen Regionen Sicherheit für die weitere Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit zu geben. In jedem Fall müssen die Finanzhilfen für die Regionen, die zum ersten Mal aus dem Konvergenzziel herausfallen, ungeachtet der künftigen Struktur der Regionalpolitik und ihrer Ziele gewährleistet bleiben;

45.   begrüßt, dass das Europäische Parlament und die Europäische Kommission die besondere Situation von Regionen, die nach 2013 aus der Höchstförderung im Rahmen des Ziels „Konvergenz“ ausscheiden werden, ausdrücklich anerkannt haben;

46.   fordert die Kommission gemeinsam mit dem Europäischen Parlament auf, „… ein umfassenderes System der schrittweisen Übergangshilfe für Regionen, die die Schwelle von 75 % des BIP bald überschreiten werden, zu schaffen, damit diese Regionen eine eindeutigere Stellung und mehr Sicherheit in ihrer Entwicklung haben …“;

47.   unterstreicht, dass in den Regionen des Ziels „Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung“ nach 2013 die flächendeckende Förderung im Rahmen der europäischen Kohäsionspolitik fortgesetzt werden soll, da es in diesen Regionen bedeutende Armutszonen gibt und da die sozialen und territorialen Disparitäten innerhalb dieser Regionen in ganz Europa zugenommen haben. Zur Umsetzung der Lissabon-Strategie leisten diese Regionen einen wichtigen Beitrag. Nur wenn es gelingt, Wettbewerbsfähigkeit, Innovation und hohes Beschäftigungsniveau im Einklang mit Nachhaltigkeitserfordernissen fortwährend neu zu erarbeiten, können diese Regionen ihren Beitrag zum Zusammenhalt und zur Wettbewerbsfähigkeit dauerhaft leisten;

48.   begrüßt, dass - wie die Europäische Kommission in ihrem Fünften Kohäsions-Zwischenbericht mitteilte - die meisten Mitgliedstaaten sich für die Fortführung des Ziels „Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung“ ausgesprochen haben und dass dies im Reflexionspapier der damaligen Regionalkommissarin Danuta Hübner vom April 2009 und in der Studie von Fabrizio Barca über eine Reform der europäischen Kohäsionspolitik ebenfalls vorgesehen ist;

49.   stimmt der Kommission zu, dass auch die strukturell stärkeren Regionen, die heute unter das zweite Strukturfonds-Ziel „Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung“ fallen, ihre Investitionen in Kreativität und Innovation steigern und die Umwandlung neuer Ideen in neue Produkte, Dienstleistungen oder Verfahren beschleunigen müssen;

50.   geht davon aus, dass im Hinblick auf die im neuen EU-Vertrag enthaltenen Bestimmungen zur territorialen Kohäsion der räumliche Aspekt in der Kohäsionspolitik künftig an Bedeutung gewinnt; fordert die Europäische Kommission auf, die 400 Beiträge, die sie im Verlauf der Anhörung zum Grünbuch zum territorialen Zusammenhalt erhalten hat, in ihren Überlegungen zur Zukunft der Kohäsionspolitik zu berücksichtigen (siehe Stellungnahme des AdR). Hierzu sollten die Regionen ihre Stärken selbst definieren und auf die jeweiligen Bedürfnisse angepasste Strategien entwickeln. Raumentwicklung liegt auch zukünftig in der Zuständigkeit der EU-Mitgliedstaaten, deren innere Kompetenzverteilung zu berücksichtigen ist. Durch die Einbeziehung der regionalen und lokalen Ebenen sollen eine umsetzungsorientierte, sachlich und räumlich verknüpfte Raumentwicklung und ein effizienter Mitteleinsatz gewährleistet werden;

51.   spricht sich dafür aus, die städtische Dimension im Rahmen der europäischen Kohäsionspolitik beizubehalten. Städte sind - wie auch Metropolregionen - wichtige Wachstums- und Innovationsmotoren. Zur Erfüllung dieser Funktion sind aber auch zukünftig Maßnahmen zur sozialen und wirtschaftlichen Stabilisierung von Städten und städtischen Problemgebieten erforderlich, insbesondere in den weniger entwickelten Regionen der EU. Städte und großstädtische Ballungsräume tragen auch zum Übergreifen der Entwicklungsprozesse auf das Umland bei. Darüber hinaus gewährleisten sie die Zugänglichkeit von Wissen, Dienstleistungen und Gütern auf einem entsprechend hohen Niveau. Die Gestaltung der Städtepolitik sollte zudem auf die Förderung endogener Faktoren für die Entwicklung der städtischen Gebiete sowie auf die Stärkung der Beziehungen und Kontakte zwischen den Ballungsräumen abzielen;

52.   schlägt vor, dass die Kohäsionspolitik zunehmend den Wechselbeziehungen zwischen städtischen und ländlichen Gebieten innerhalb größerer funktionaler Wirtschaftsräume Rechnung tragen sollte. Die Kohäsionspolitik ist gut dazu geeignet, einen integrierten Entwicklungsansatz zu verwirklichen, mit dem Probleme in und zwischen den verschiedenen Kombinationen städtischer und ländlicher Gebiete angegangen werden können. Eine engere Abstimmung der Ziele und Instrumente zwischen den europäischen Strukturfonds und dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums ist dabei erforderlich. Da die Probleme der Regionen regionsspezifisch sind, wird dafür plädiert, dass jede Region innerhalb gewisser Grenzen eigene Ziele und Maßnahmen definieren kann, damit sie die eigene Entwicklung mit Hilfe von EU-Mitteln steuern kann;

53.   ist der Auffassung, dass ein starkes Gewicht auch der Förderung des ländlichen Raumes sowie der Rolle der im ländlichen Raum liegenden kleineren und mittleren Städte eingeräumt werden muss. Nur so kann Strukturdefiziten und Abwanderungstrends sowie der demografischen Überalterung in vielen ländlichen Gebieten der Europäischen Union begegnet werden. Eine engere Abstimmung der Ziele und Instrumente zwischen den europäischen Strukturfonds und dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums ist dabei erforderlich;

54.   weist auf die Notwendigkeit hin, in Anwendung des mit dem Lissabon-Vertrag eingeführten Grundsatzes des territorialen Zusammenhalts auch den vom industriellen Wandel betroffenen Gebieten und den Gebieten mit schweren und dauerhaften natürlichen oder demografischen Nachteilen besondere Aufmerksamkeit zu widmen, z.B. den nördlichsten Regionen mit sehr geringer Bevölkerungsdichte sowie den Insel-, Grenz- und Bergregionen und den Regionen in äußerster Randlage;

55.   unterstreicht, dass sich die bisherige Förderung der grenzüberschreitenden, der transnationalen und der interregionalen Zusammenarbeit unter dem dritten Strukturfondsziel „Europäische territoriale Kooperation“ bewährt hat und über 2013 hinaus fortgesetzt und verstärkt werden sollte. Die territoriale Zusammenarbeit leistet einen unverzichtbaren Beitrag zur Stärkung der Leistungsfähigkeit der Europäischen Union und ihrer wirtschaftlichen, sozialen und vor allem territorialen Kohäsion, indem sie Potenziale nutzt, die sich aus der Vernetzung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zusätzlich ergeben. Dabei sollten die bisherigen Programme wie ESPON, Regionen für den wirtschaftlichen Wandel oder URBACT künftig als so genannte „Horizontale Maßnahmen der territorialen Zusammenarbeit“ zusammengefasst werden und allen drei Kooperationsformen zugutekommen. Die Grenzregionen, die alle dem Erfordernis entsprechen, zum wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt beizutragen, müssen weiterhin für die im Rahmen des Ziels „Territoriale Zusammenarbeit“ gewährten Fördergelder in Frage kommen;

56.   würdigt in diesem Zusammenhang die Arbeiten der Europäischen Kommission im Hinblick auf die Schaffung des Europäischen Verbunds für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) und ruft die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften dazu auf, dieses Instrument bei der Umsetzung der territorialen Kooperation stärker als bisher zu nutzen, und fordert die Europäische Kommission auf, Anomalien in den geltenden Verordnungen anzugehen, wie beim grenzüberschreitenden Aspekt, der die Schaffung funktionaler Räume der maritimen Zusammenarbeit zwischen Regionen (wegen der 150-km-Begrenzung in den Verordnungen) unterminiert, sowie in ihren Vorschlägen zur künftigen Ausgestaltung der territorialen Zusammenarbeit auch die Rolle der Makroregionen und der thematischen Strategien näher zu beschreiben. Dabei muss sichergestellt werden, dass lokale und regionale Gebietskörperschaften stärker als bisher an der Konzipierung und Umsetzung der Strategien beteiligt werden;

57.   spricht sich dafür aus, den Vorschlag von Fabrizio Barca, in der nächsten Förderperiode einen geringen Teil des Budgets der Kohäsionspolitik für innovative Maßnahmen vorzusehen, die direkt von der Europäischen Kommission verwaltet würden, um damit innovative Ansätze in der Regionalpolitik gemeinschaftsweit zu fördern, zu prüfen;

Umsetzungssystem der Kohäsionspolitik

58.   ist der Auffassung, dass sich nunmehr über mehrere Programmperioden die in ein System der Abstimmung und Partnerschaft mit den übergeordneten Ebenen eingebettete dezentrale Verantwortung der Regionen für die Erarbeitung operationeller Programme auf Basis regionaler Entwicklungsstrategien und für die Durchführung dieser Programme bewährt hat. Das System der geteilten Mittelverwaltung mit der Programmierung und Umsetzung auf regionaler Ebene soll daher auch zukünftig beibehalten werden. Hierbei sind die Prinzipien der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit zu stärken. Vor allem auf regionaler und lokaler Ebene können vorhandene Entwicklungspotenziale erschlossen und lokale und regionale Akteure aktiviert und vernetzt werden;

59.   spricht sich deshalb dezidiert für die Beibehaltung der regionalen Zuständigkeiten in der europäischen Strukturpolitik und gegen eine Verlagerung etwa von Projektauswahlkompetenzen auf die europäische Ebene aus;

60.   bekräftigt, dass die Bemühungen um den Bürokratieabbau und die Vereinfachung von Verfahren fortgesetzt und intensiviert werden müssen, und schlägt vor, in der laufenden Förderperiode die Erkenntnisse der durch die Kommission eingesetzten Arbeitsgruppe zur Verwaltungsvereinfachung bei der Konzipierung der künftigen Verwaltungsverfahren zu berücksichtigen und den Ausschuss der Regionen bei der Konzipierung der künftigen Verwaltungsverfahren frühzeitig zu beteiligen. Schlankere und transparente Verfahren sind wichtige Voraussetzungen für einen effizienten Mitteleinsatz;

61.   ist der Auffassung, dass es zusätzlich zu überlegen wäre, ob nicht weitere, bislang noch zentral von der EU-Kommission administrierte Teile europäischer Förderpolitik - etwa aus dem Bereich der Innovationsförderung - in das dezentrale System der EU-Strukturfonds und die Kompetenz der regionalen Behörden überführt werden sollten, zumal die Innovationsförderung bereits heute ein elementarer Baustein der EU-Strukturfondsprogramme ist. Indem die Regionen ihrerseits bei der Erarbeitung ihrer regionalen Entwicklungsstrategien die lokalen Entwicklungskonzepte aus den Städten und Teilregionen aufgreifen und bei der Durchführung der Programme die nichtstaatlichen regionalen und lokalen Akteure mobilisieren, ist auch die Ebene unterhalb der Regionen in die Durchführung der EU-Strukturpolitik aktiv eingebunden;

62.   unterstreicht die Tatsache, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in den letzten Jahren sehr viele, in der Regel positive Erfahrungen mit Entwicklungskonzepten und der Einrichtung von Regionalmanagements in Teilregionen und mit integrierten Stadtentwicklungskonzepten gesammelt haben, die kürzlich von der Generaldirektion Regionalpolitik unter dem Begriff „Lokale Entwicklungsmethoden“ zusammengefasst wurden. Diese Erfahrungen sind schon in die operationellen Programme der Perioden 2000 bis 2006 und 2007 bis 2013 und deren Umsetzung eingeflossen;

63.   ist der Auffassung, dass mit dem System einer mehrjährigen, auf gemeinsame europäische Prioritäten ausgerichteten, gleichzeitig auf einer regionalen Entwicklungsstrategie fußenden und regional operationalisierten Förderpolitik die EU-Strukturfonds einen zusätzlichen Wert gegenüber der nationalen Regionalpolitik darstellen. Die Mehrjährigkeit der Programmplanung bildet einen verlässlichen Rahmen für alle Beteiligten und ermöglicht es insbesondere auch, innovative Politikansätze auf den Weg zu bringen. Sie garantiert die Ausrichtung der Strukturpolitik auf strategische Ziele und Prioritäten und schützt vor der Gefahr einer kurzfristigen oder aktionistischen und damit oft alte Strukturen konservierenden Förderpolitik. Die seit dem Jahr 2000 praktizierten Siebenjahresprogramme haben sich bewährt. Der Programmzyklus sollte auf keinen Fall verkürzt werden. Die Regionalpolitik ist ein wichtiger Bestandteil der Gemeinschaftspolitik, daher muss jeder Versuch einer Renationalisierung abgewehrt werden;

64.   begrüßt ausdrücklich die Kultur der Evaluation, die mit den EU-Strukturfonds zunehmend Eingang in die Förderpolitik aller Regionen gefunden hat und eine kontinuierliche Qualitätssteigerung der Strategien und Instrumente ermöglicht. Die Einbindung aller Regionen in die europäische Strukturfondsförderung gewährleistet einen Erfahrungsaustausch zwischen den nationalen und regionalen Behörden in ganz Europa und die Möglichkeit, mit Best-practice-Beispielen voneinander zu lernen. Gleichzeitig entsteht in diesem Prozess eine breite und fundierte Grundlage für die Weiterentwicklung der Europäischen Strukturpolitik;

Künftige Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und des Ausschusses der Regionen

65.   sieht kritisch, dass die Tendenz besteht, Strukturfondsprogramme verstärkt auf nationaler Ebene durchzuführen, und schlägt hierzu vor, im Rahmen der Zwischenberichte über den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt regelmäßig über die Einbindung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in die Umsetzung der Kohäsionspolitik zu berichten, und weist in diesem Zusammenhang auf die Arbeiten der „Lissabon-Monitoring Plattform“ des Ausschusses der Regionen hin;

66.   unterstreicht die Notwendigkeit, im Sinne von Subsidiarität und Bürgernähe die Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Entwicklung, Umsetzung und Evaluierung der Kohäsionspolitik weiter zu stärken;

67.   schlägt vor, den Ausschuss der Regionen auch weiterhin als Partner zu nutzen, um frühzeitig und umfassend mit den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf europäischer Ebene bei der künftigen Ausgestaltung und Umsetzung der Kohäsionspolitik zusammenzuarbeiten.

Schlussfolgerungen

68.   Der wirtschaftliche, soziale und territoriale Zusammenhalt ist mit seiner Zielsetzung, die harmonische Entwicklung der Europäischen Union voranzutreiben und die Unterschiede im Entwicklungsstand der verschiedenen Regionen und den Rückstand der am stärksten benachteiligten Gebiete zu verringern, ein zentraler Bestandteil des europäischen Integrationsmodells, der durch den Vertrag von Lissabon weiter gestärkt wurde, weshalb diese Politik auch nach 2013 fortgeführt werden muss.

69.   Die Kohäsionspolitik ist mit ihrem dezentralen Ansatz und dem System einer Multi-Level-Governance die einzige Politik der Europäischen Union, um die Ziele der Strategie Europa 2020 und die neuen Herausforderungen mit den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zu verbinden. Daher ist es geboten, die Kohäsionspolitik auch weiterhin auf die Ziele nachhaltiges Wachstum, soziale Eingliederung und Beschäftigung sowie die Bekämpfung des Klimawandels auszurichten. Die Kohäsionspolitik stellt eine Verbindung zwischen den einzelnen Verwaltungsebenen her und stärkt die lokale und regionale Dimension. Dabei müssen die in der Strategie Europa 2020 genannten sieben Leitinitiativen als zusätzliche und ergänzende Maßnahmen angesehen werden.

70.   Die Kohäsionspolitik muss auch weiterhin den größten Teil der Mittel auf die bedürftigsten und problembeladensten Mitgliedstaaten und Regionen der Europäischen Union konzentrieren, um die Entwicklungsrückstände überwinden zu helfen und so einen konkreten Beitrag zur Chancengerechtigkeit der Regionen und zur europäischen Solidarität zu leisten, Die dafür verwandten Kriterien zur Fördergebietsabgrenzung haben sich bewährt.

71.   Auch Übergangsregionen bedürfen einer besonderen Unterstützung, um die mit Hilfe der Strukturfonds erreichten Erfolge nicht durch das Wegbrechen der Förderung zu gefährden. Die Nachhaltigkeit der europäischen Interventionen soll diesen Regionen Entwicklungssicherheit zu geben und auf ihre besondere Situation reagieren.

72.   Das Ziel „Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung“ muss auch weiterhin alle übrigen Regionen der Europäischen Union dabei unterstützen, vor allem Innovation, sozialen Zusammenhalt und Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.

73.   Die territoriale Zusammenarbeit muss auch in Zukunft wegen ihres hohen europäischen Mehrwerts ein eigenes Ziel zur Förderung der grenzüberschreitenden, transnationalen und interregionalen Zusammenarbeit bleiben, um insbesondere einen aktiven Beitrag zum territorialen Zusammenhalt in der Europäischen Union zu leisten.

74.   Die Kohäsionspolitik könnte die Möglichkeit vorsehen, neue innovative Ansätze der Regionalpolitik zu entwickeln. Daher könnte die Möglichkeit geprüft werden, in Zukunft einen geringen Teil der Mittel der Europäischen Kommission für die Förderung innovativer Maßnahmen zur Verfügung zu stellen.

75.   Die derzeitigen Prinzipien der Kohäsionspolitik im Hinblick auf das System der Multi-Level-Governance, der mehrjährigen Programmplanung, der Partnerschaft, der Konzentration, der indikatorgestützten Programmsteuerung und der Evaluierung haben sich bewährt. Eine Verkürzung des siebenjährigen Programmzeitraums wird deshalb abgelehnt.

76.   Das derzeitige System der Mittelverwaltung ist zu kompliziert und fehleranfällig. Daher muss es auch weiterhin gemeinsames Ziel aller Beteiligten sein, die Fehlerquote zu reduzieren, die Mittelverwaltung sowie die Abrechnungs- und Kontrollverfahren zu vereinfachen. Dabei sollten stärker als bisher an die jeweiligen nationalen Gegebenheiten angepasste Lösungen gefunden und damit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip konkret Rechnung getragen werden.

77.   Der subsidiäre Ansatz der Kohäsionspolitik muss bewahrt und weiter ausgebaut werden. Dazu zählt vor allem die weitere Stärkung der Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in allen Phasen der Programmierung, Umsetzung und der Evaluierung der Kohäsionspolitik.

78.   Die auf lokaler und regionaler Ebene erzielten Ergebnisse müssen stärker als bisher in den Mittelpunkt der Bewertung der Kohäsionspolitik treten. Daher unterstützt der Ausschuss der Regionen alle Bemühungen, die Umsetzung der Kohäsionspolitik an dieser Prämisse auszurichten.

Brüssel, den 15. April 2010

Der Erste Vizepräsident des Ausschusses der Regionen

Ramón Luis VALCÁRCEL SISO