7.6.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 166/3


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen „Bericht über die Unionsbürgerschaft 2010“

2011/C 166/02

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

ist sich bewusst, dass die Unionsbürgerschaft es den verschiedenen nationalen Identitäten ermöglicht, unabhängig von den Verfahren für die Zuerkennung der nationalen Staatsbürgerschaft in der Europäischen Union zusammenzuleben; durch die Einbindung der Bürger in den Integrationsprozess der Gemeinschaft fördert sie darüber hinaus den Aufbau der europäischen Demokratie;

unterstützt jede Initiative, die geeignet ist, die Bürgerbeteiligung am demokratischen Prozess der Union auch durch Maßnahmen zur Förderung der direkten und partizipativen Demokratie zu verstärken und das Demokratiedefizit in der EU zu überwinden;

betont die Notwendigkeit, die Bürger für ihren Unionsbürgerstatus, ihre Rechte und Pflichten und deren Bedeutung in ihrem Alltag zu sensibilisieren;

ist der Ansicht, dass die allgemeinen Bestimmungen über die Unionsbürgerschaft im Zusammenhang mit dem Grundsatz gesehen werden müssen, dass die Entscheidungen möglichst offen und möglichst bürgernah zu treffen sind; weiß,

dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften am besten geeignet sind, ein besseres Verständnis der Unionsbürgerschaft und ihrer konkreten Vorteile für jeden Einzelnen zu fördern;

betont, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften seit Langem erfolgreiche Maßnahmen erproben und sich als Förderer und Unterstützer der Bürgerrechte bewährt haben;

betont die Notwendigkeit von Maßnahmen, mit denen die Bildung und Erziehung zur Unionsbürgerschaft, die Überwindung der verschiedenen Hindernisse und der Informationsungleichgewichte und –lücken sowie das Vertrautmachen mit einer bewussten und freien Ausübung der Rechte und Pflichten gewährleistet werden können;

bekräftigt die Verantwortung aller Regierungsebenen, einen Beitrag zur Herausbildung einer „Kultur der Grundrechte“ zu leisten.

Berichterstatter

Roberto PELLA (IT/EVP), Mitglied des Gemeinderates von Valdengo

Referenzdokument

Bericht über die Unionsbürgerschaft 2010: Weniger Hindernisse für die Ausübung von Unionsbürgerrechten

KOM(2010) 603 endg.

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

Der Hintergrund: die Unionsbürgerschaft nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon

1.

würdigt den Bericht über die Fortschritte auf dem Weg zu einer effektiven Unionsbürgerschaft 2007-2010 (1), in dem die wichtigsten Entwicklungen auf dem Gebiet der Unionsbürgerrechte in diesem Zeitraum beschrieben werden und der den „Bericht über die Unionsbürgerschaft: Weniger Hindernisse für die Ausübung von Unionsbürgerrechten“ begleitet;

2.

befürwortet die in dem Bericht vorgelegte Übersicht über die größten Hindernisse, denen die Bürger immer noch tagtäglich bei der Wahrnehmung ihrer Unionsbürgerrechte in den verschiedenen Lebensbereichen begegnen, ebenso wie das erklärte Ziel, die Hindernisse aufzudecken und sie danach auszuräumen, damit die Unionsbürger ihre Rechte in vollem Umfang wahrnehmen können, und den Willen der Kommission, die Unionsbürgerschaft konkret und wirksam zu stärken;

3.

würdigt die dem Bericht über die Unionsbürgerschaft beigefügte Mitteilung „Auf dem Weg zu einer Binnenmarktakte - Für eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft“ (2), in der es um die Beseitigung der Hindernisse geht, denen sich EU-Bürger gegenübersehen, wenn sie als Wirtschaftsteilnehmer im Binnenmarkt (z.B. als Unternehmer, Verbraucher oder Arbeitnehmer) die Rechte wahrnehmen wollen, die ihnen aufgrund der Binnenmarktvorschriften zustehen;

4.

erinnert daran, dass ein wichtiger und höchst symbolträchtiger Schritt auf dem Weg zur Gestaltung einer europäischen Identität und einer europäischen Demokratie die mit dem Vertrag von Maastricht erfolgte Einführung der „Unionsbürgerschaft“ war, die allen Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats der Europäischen Union zuerkannt wurde und seit der Annahme des Vertrags von Amsterdam die nationale Staatsbürgerschaft ergänzt;

5.

betont, dass die durch den Vertrag von Lissabon eingeführten neuen Vorschriften die Unionsbürgerschaft gestärkt haben, denn sie tritt nun zur nationalen Staatsangehörigkeit hinzu (anstatt sie lediglich zu ergänzen), ohne diese zu ersetzen;

6.

ist sich bewusst, dass die Unionsbürgerschaft es den verschiedenen nationalen Identitäten ermöglicht, unabhängig von den Verfahren für die Zuerkennung der nationalen Staatsbürgerschaft in der Europäischen Union zusammenzuleben; durch die Einbindung der Bürger in den Integrationsprozess der Gemeinschaft fördert sie darüber hinaus den Aufbau der europäischen Demokratie. Mit dem Vertrag über die Europäische Union wurde die Unionsbürgerschaft zusammen mit dem Grundsatz der Gleichheit der europäischen Bürgerinnen und Bürger in die demokratischen Grundsätze aufgenommen;

7.

betont, dass gemäß dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger die in den Verträgen vorgesehenen Rechte und Pflichten haben; zu diesen hinzuzufügen sind die Rechte der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, der beizutreten die Union mit der Annahme des Lissabon-Vertrags die Absicht erklärt hat, sowie die Rechte und Freiheiten, die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 7. Dezember 2000 in der am 12. Dezember 2007 in Straßburg angepassten Fassung niedergelegt sind; diese Grundrechtecharta hat seit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon denselben rechtlich Wert wie die Verträge;

8.

betont, dass die im Bericht über die Unionsbürgerschaft genannten Rechte einerseits ausschließlich für Unionsbürger geltende Rechte und andererseits Grundrechte sind, die auch für Drittstaatsangehörige gelten;

9.

ist sich bewusst, dass die Unionsbürgerschaft heute den grundlegenden Status des Einzelnen – des politischen Akteurs der europäischen Integration – darstellt, der es allen erlaubt, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit die gleiche rechtliche Behandlung zu genießen;

10.

ist sich bewusst, dass die Information über die Unionsbürgerschaft und ihre Förderung vor allem in den Ländern strategisch wichtige Bedeutung hat, die in den letzten Jahren der EU beigetreten sind oder ihr gerne beitreten möchten;

11.

erinnert daran, dass der Unionsvertrag von den beitrittswilligen Ländern und den Mitgliedstaaten fordert, die Werte zu achten und zur Geltung zu bringen, auf die sich die Union gründet, nämlich: die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte, einschließlich der Minderheitenrechte; diese Werte sind allen Mitgliedstaaten in einer Gesellschaft gemeinsam, die sich durch Pluralismus, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und Nichtdiskriminierung auszeichnet;

12.

betont, dass es bereits in der Empfehlung des Ministerkomitees des Europarats an die Mitgliedstaaten vom 16. Oktober 2002 heißt: „die Demokratieerziehung sollte jegliche formale, nicht formale bzw. informelle Bildung und Erziehung, einschließlich jener in der Familie, umfassen, die einen Menschen sein Leben lang dazu befähigen, die Rolle eines aktiven und verantwortungsbewussten Bürgers, der die Rechte anderer achtet, in einer demokratischen Gesellschaft wahrzunehmen“;

13.

verweist darauf, dass die Kommission in der Mitteilung vom September 2005 zum Thema „Eine gemeinsame Integrationsagenda“ einen Rahmen für die Integration von Drittstaatsangehörigen in die Europäische Union entworfen und die Mitgliedstaaten darin zur „Betonung der staatsbürgerlichen Dimension in Einführungsprogrammen und sonstigen Aktivitäten für neu ankommende Drittstaatsangehörige“ aufgefordert hat, „um sicherzustellen, dass Einwanderer die gemeinsamen europäischen und nationalen Werte verstehen, respektieren und Nutzen aus ihnen ziehen“;

14.

weist darauf hin, dass der AdR seit Beginn der Debatte über die Zukunft der Union jede Initiative unterstützt, die geeignet ist, die Bürgerbeteiligung am demokratischen Prozess der Union zu verstärken, an Maßnahmen zur Förderung der direkten und partizipativen Demokratie mitzuwirken und wesentlich zur Überwindung des Demokratiedefizits in der EU beizutragen und begrüßt vor allem die Fortschritte, die in dieser Hinsicht mit dem Vertrag von Lissabon erreicht worden sind;

15.

erinnert daran, dass der Ausschuss der Regionen in der Stellungnahme zu den „Neuen europäischen Entscheidungsstrukturen: Europa - ein Rahmen für das Engagement der Bürger“ die EU aufgefordert hatte, Demokratie und Transparenz ihrer Politik und ihrer Entscheidungsstrukturen zu vertiefen, um somit ideale Rahmenbedingungen für Bürgerbeteiligung und Bürgerinitiativen auf europäischer Ebene zu schaffen. Darüber hinaus hatte er gefordert, Instrumente zur Förderung eines interaktiven politischen Dialogs und zur Verwirklichung des Grundsatzes der direkten Demokratie zu entwickeln;

16.

betont, dass im Rahmen der politischen Prioritäten des AdR für den Zeitraum 2010-2012 bekräftigt wurde, dass zur Stärkung der institutionellen Rolle des AdR die für die Regionen relevanten oder zumindest eine gebietsbezogene Komponente umfassenden Bestimmungen des Vertrags von Lissabon, wie die geplante Bürgerinitiative, vorrangig umgesetzt werden müssen; begrüßt die Verabschiedung der Verordnung (EU) Nr. 211/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 über die Bürgerinitiative, in der zahlreiche vom Ausschuss der Regionen genannte Erfordernisse (CdR 167/2010) berücksichtigt wurden;

17.

weist auf das Bedürfnis der Unionsbürger hin, dass die Hindernisse für die Freizügigkeit beseitigt werden und dass sie die ihnen im Rahmen der Verträge gewährten Rechte unabhängig von ihrem gewählten Wohnsitz oder dem Ort des Erwerbs von Waren und Dienstleistungen in vollem Umfang wahrnehmen können;

18.

verdeutlicht, dass in den Mitgliedstaaten noch immer eine Lücke zwischen den rechtlich geltenden Regeln und der Wirklichkeit, wie Bürger sie in ihrem Alltag erleben, insbesondere in Situationen mit grenzüberschreitendem Bezug bleibt;

19.

zeigt auf, dass die größten Hindernisse in dem Moment auftreten, wenn die EU-Rechtsvorschriften durch die einzelnen Mitgliedstaaten umgesetzt und die einzelstaatlichen Rechtsordnungen an die gesetzlichen Neuerungen angepasst werden;

20.

betont die Notwendigkeit, die Bürger für ihren Unionsbürgerstatus, ihre Rechte und deren Bedeutung in ihrem Alltag zu sensibilisieren;

21.

ist der Ansicht, dass besonderes Augenmerk den Migranten gelten sollte, die mit dem Erhalt der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats auch „Unionsbürger“ werden;

Die Rolle der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften

22.

ist der Ansicht, dass die allgemeinen Bestimmungen über die Unionsbürgerschaft, die in den Titel „Bestimmungen über die demokratischen Grundsätze“ des Vertrags über die Europäische Union aufgenommen wurden, im Zusammenhang mit dem Grundsatz gesehen werden müssen, dass die Entscheidungen möglichst offen und möglichst bürgernah zu treffen sind – nach dem Modell der bürgernahen Demokratie, das insbesondere durch die vollständige und effektive Einbeziehung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften als die „den Bürgern und Bürgerinnen am nächsten stehende Regierungsebene“ mit Leben erfüllt wird;

23.

bemerkt, dass in dem Bericht der Kommission der Beitrag, den die Regionen und Gemeinden zu einer effektiven Unionsbürgerschaft von hoher Qualität zu leisten vermögen, keine angemessene Erwähnung findet;

24.

weiß, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften aufgrund ihrer Bürgernähe am besten geeignet sind, ein besseres Verständnis der Unionsbürgerschaft und ihrer konkreten Vorteile für jeden Einzelnen zu fördern, indem sie z.B. die greifbaren Auswirkungen der EU-Politiken auf den Alltag der Bürger veranschaulichen;

25.

ist sich bewusst, dass den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in den einzuleitenden Mitwirkungsprozessen eine Schlüsselrolle zukommen wird, damit im Interesse eines echten basisorientierten Prozesses die Bürger wirklich einen inhaltlichen Beitrag zur politischen Entscheidungsfindung leisten und dadurch ihre Rechte konkret wahrnehmen können;

26.

ist der Ansicht, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften es den EU-Institutionen ermöglichen können, insbesondere jene Gruppen zu erreichen, die sonst oft einen geringen Grad der Teilhabe aufweisen, wie etwa Jugendliche und Migranten;

27.

betont, dass die lokalen und regionalen Behörden Verantwortung für die Bewältigung der Freizügigkeits- und Aufenthaltsprobleme der Unionsbürger und im Bereich der Aufnahme tragen;

28.

stellt fest, dass in dem Bericht zwar die der Ausübung von Unionsbürgerrechten entgegenstehenden Hindernisse aufgedeckt, die notwendigen Voraussetzungen für eine mögliche effektive Gestaltung jeder Form von Bürgerschaft und für die Überwindung geografischer, kultureller, sprachlicher und informationstechnischer Hindernisse, die einer bewussten und freien Ausübung der eigenen Rechte und Pflichten im Wege stehen, jedoch außer Acht gelassen werden;

29.

stellt fest, dass in dem Bericht über die Unionsbürgerschaft 2010 den Instrumenten des Bürgerengagements, die neue Kanäle zur Vermittlung von Demokratie und Bürgerschaft darstellen, nicht genügend Beachtung gewidmet wird;

30.

betont, dass in dem Bericht ferner die Notwendigkeit nicht gebührend berücksichtigt wird, auf lokaler und regionaler Ebene zur effizienten Umsetzung der Rechte der Unionsbürgerschaft Maßnahmen zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren zu ergreifen;

31.

verdeutlicht, dass in dem neuen multikulturellen Gefüge die Bürgerschaft nicht mehr nur als bloße Verteidigung der Identität und der Zugehörigkeit zu definieren ist, sondern als Faktor der Integration und sozialen Inklusion;

32.

betont, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften seit Langem erfolgreiche Maßnahmen erproben und sich, auch mittels Verfahren der partizipativen und deliberativen Demokratie, als Förderer und Unterstützer der Bürgerrechte bewährt haben;

33.

stellt fest, dass die meisten EU-Bürger laut Statistik weder wissen, was die durch die Unionsbürgerschaft begründeten Rechte, insbesondere das Freizügigkeits- und Aufenthaltsrecht, bedeuten, noch sich dieser Rechte bewusst sind, weshalb die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften aufgrund ihrer Nähe zu den Bürgern natürliche Kanäle oder Instrumente darstellen, die die Verbreitung der an die Bürger gerichteten Informationen unterstützen können;

34.

stellt fest, dass die politischen Institutionen vor Ort, die schlechthin Ausdruck einer „europäischen“ Wählerschaft und somit die ersten echten europäischen Verwaltungsorgane sind, die idealen Kanäle zur Information der EU-Bürger über ihre Wählerrechte darstellen;

35.

weist auf den Beitrag hin, den Städtenetze und kommunale Partnerschaften bei der Förderung von Unionsbürgerschaftsthemen und der Sensibilisierung für diese als Instrumente zur Förderung des bürgerschaftlichen Engagements und der Integration, insbesondere in den neuen Mitgliedstaaten, leisten können;

36.

befürwortet die Absicht der Kommission, das Recht der Unionsbürger auf Beistand in Drittstaaten durch diplomatische und konsularische Stellen aller Mitgliedstaaten zu stärken, indem im Jahr 2011 Legislativmaßnahmen vorgeschlagen und die Bürger besser informiert werden sollen; unterstreicht die Rolle, die die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften bei der flächendeckenden Verbreitung von Informationen über diese Rechte spielen können, und fordert die Kommission auf, den AdR bei der Erarbeitung diesbezüglicher Vorschläge zu konsultieren;

Vorrangige Ziele der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften

Die Bedingungen für eine effektive Bürgerschaft

37.

betont die Notwendigkeit von Maßnahmen, mit denen die Bildung und Erziehung zur Unionsbürgerschaft, die Überwindung der kulturellen, sprachlichen und technischen Hindernisse, das Vertrautmachen mit einer bewussten und freien Ausübung der Rechte und Pflichten und die Überwindung von Informationsungleichgewichten und -lücken gewährleistet werden können;

Die aktive Bürgerschaft

38.

ist der Auffassung, dass die Stärkung der Unionsbürgerschaft über den Ausbau der aktiven Bürgerbeteiligung am Leben der Gemeinschaft vor Ort erfolgen kann, und insbesondere der Beteiligung junger Menschen, die im europäischen Raum mobiler sind;

39.

empfiehlt der Europäischen Kommission, den Schwerpunkt auch auf unionsbürgerschaftliche Aspekte im Rahmen des Instruments für Heranführungshilfe (IPA) zu legen, damit die künftigen Unionsbürger entsprechend aufgeklärt sind und über ihre Rechte und Pflichten Bescheid wissen;

40.

betont, wie wichtig die Freiwilligentätigkeit und ihre Unterstützung für die Förderung der Mitwirkung und aktiven Bürgerschaft ist;

Die soziale Bürgerschaft

41.

erachtet es für notwendig, die Initiativen zur Förderung der sozialen Bürgerschaft unionsweit auszubauen, da der Zugang zu den sozialen Rechten an Kriterien und Anforderungen geknüpft wird, die diskriminierende Züge aufweisen; diese verstoßen gegen das im Gemeinschaftsrecht verankerte Prinzip der Gleichstellung und Gleichbehandlung von Bürgern anderer EU-Mitgliedstaaten, welche die Freizügigkeit ausüben, sowie von Drittstaatsangehörigen, die ebenfalls vom EU-Recht geschützt werden;

42.

fordert die Kommission auf, in den von ihr zur Vereinfachung des Zugangs zu grenzüberschreitender Gesundheitsversorgung und zur Einleitung von Pilotprojekten für einen sicheren Online-Zugang zu bestimmten Gesundheitsdaten der Unionsbürger geplanten Maßnahmen vorzusehen, dass die lokalen und regionalen Behörden als den Bürgern am nächsten stehende Regierungsebene einbezogen werden;

43.

hält es für erstrebenswert, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in die von der Kommission geplanten Maßnahmen zur Verbesserung des Aufklärungsdienstes für die Bürger eingebunden werden, indem ein neues System für den elektronischen Datenaustausch entwickelt wird, um Verzögerungen und Schwierigkeiten beim Austausch von Sozialversicherungsinformationen entgegenzuwirken;

Die Zivilbürgerschaft

44.

plädiert dafür, dass die Gemeinden und Regionen in die vorgesehenen neuen Maßnahmen zur Erleichterung der Freizügigkeit von EU-Bürgern und ihren Familienangehörigen aus Drittstaaten eingebunden werden, in deren Rahmen das Diskriminierungsverbot durchgesetzt, bewährte Verfahren gefördert und die Unionsbürger besser über die EU-Regelungen aufgeklärt werden sollen, indem ihnen Informationen über ihre Freizügigkeitsrechte an die Hand gegeben werden;

45.

anerkennt, dass die unterschiedliche Umsetzung der Richtlinie 2004/38/EG Schwierigkeiten bei der effektiven Ausübung der Grundrechte der EU-Bürger verursachen könnte;

Die politische Bürgerschaft

46.

erachtet das Recht auf uneingeschränkte Freizügigkeit und die aktive politische Teilhabe der Bürger als Wesensaspekte der Unionsbürgerschaft;

47.

unterstützt sämtliche Bemühungen darum, Drittstaatsangehörigen mit rechtmäßigem Wohnsitz auf dem Unionsgebiet je nach Dauer ihres Aufenthalts die Teilhabe am Leben ihrer Gemeinde zu ermöglichen. Das Recht von Drittstaatsangehörigen auf politische Teilhabe ist auch im Übereinkommen über die Beteiligung von Ausländern am kommunalen öffentlichen Leben festgelegt;

48.

ruft die Kommission auf, spezifische Maßnahmen zur Förderung der effektiven Ausübung des dem Unionsbürger gewährten Rechts auf Teilnahme an den Kommunal- und Europawahlen in dem Staat, in dem er wohnhaft ist, zu ergreifen;

49.

betont die Notwendigkeit, den Unionsbürgern in den Mitgliedstaaten den uneingeschränkten Informationszugang als Voraussetzung für ihre aktive politische Teilhabe zu gewährleisten;

Die administrative Bürgerschaft

50.

betont die Notwendigkeit, auf lokaler und regionaler Ebene Maßnahmen zur Verwaltungsvereinfachung zu ergreifen, mit denen die Rechte der Unionsbürgerschaft, insbesondere die Freizügigkeit, zu effektiven Rechten werden, sowie alle abschreckenden Praktiken und andere bestehende Formen der Diskriminierung zu beseitigen, durch die Unterschiede bei der Behandlung europäischer Bürgerinnen und Bürger - insbesondere bei der Gewährung des Aufenthaltsrechts - entstehen; ausgehend von der Ermittlung der Probleme, denen die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften gegenüberstehen, sollten von diesen zudem angemessene Lösungen erarbeitet werden können;

51.

hebt hervor, dass der Austausch von elektronischen Daten zwischen öffentlichen Verwaltungsbehörden in den Mitgliedstaaten ebenso wie die Kommunikation zwischen diesen und den Bürgern verbessert werden muss, wenn die Ausübung der Freizügigkeit der Unionsbürger erleichtert werden soll;

52.

weist auf die Notwendigkeit hin, mit Instrumenten zur Verwaltungsvereinfachung insbesondere im Bereich der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit dort einzugreifen, wo Bürger bei der Wahrnehmung ihrer Rechte auf die größten Schwierigkeiten stoßen;

53.

hält es für zweckmäßig, die unterschiedlichen Formen territorialer Zusammenarbeit zu unterstützen, um Projekte und Maßnahmen zur Förderung einer effektiven Unionsbürgerschaft umzusetzen, die zudem zum Abbau der Hindernisse und bürokratischen Verwaltungsauflagen beitragen können; dies kann z.B. durch Verbreitung der zahlreichen bewährten Verfahren erfolgen, die es für die grenzüberschreitenden Dienste z.B. in den Bereichen Gesundheit und Mehrsprachigkeit gibt;

54.

erachtet es für unverzichtbar, die Verwaltungszusammenarbeit und den Austausch von Informationen über gute Praktiken zwischen den zuständigen Behörden so bald wie möglich zu intensivieren und zu verbessern, um die uneingeschränkte Wahrnehmung der im Rahmen der Unionsbürgerschaft bestehenden Rechte und Pflichten zu gewährleisten;

Die Bürgerschaftskultur

55.

bekräftigt die Verantwortung aller Regierungsebenen, einen Beitrag zur Herausbildung einer „Kultur der Grundrechte“ zu leisten, indem sie die Bürgerinnen und Bürger für ihre Rechte und Pflichten sensibilisieren;

56.

betont, wie wichtig es ist, sich gemeinsam für die Förderung der Bürgerrechte und Bürgerpflichten einzusetzen und diese Förderung zu einem festen Bestandteil der Informations- und Kommunikationspolitik der Europäischen Kommission zu machen;

57.

verpflichtet sich, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften 2011, im „Europäischen Jahr der Freiwilligentätigkeit“, dabei zu unterstützen, einen bedeutenden und wertvollen Beitrag zu leisten, indem sie Maßnahmen, die auf dem Konzept der aktiven Bürgerschaft beruhen, breiten Raum widmen;

58.

unterstützt die Europäische Kommission in ihrem Vorhaben, 2013 zum Europäischen Jahr der Bürger zu erklären; um zum Erfolg dieser Initiative beizutragen, könnte der Ausschuss z.B. diese Thema in die Veranstaltung der Open Days aufnehmen;

59.

stellt fest, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften die Regierungsebenen sind, auf denen Maßnahmen zur „Erziehung zur Unionsbürgerschaft“ eingeleitet werden können, die sich an die Bürger sowohl im Schul- als auch im Erwachsenenalter sowie insbesondere an diejenigen richten, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats erwerben möchten;

60.

erachtet es für notwendig, Sensibilisierungs- und Bildungsmaßnahmen für Migranten zu fördern, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats erwerben möchten und somit auch „Unionsbürger“ werden;

61.

hält es für notwendig, für das Personal der öffentlichen Verwaltungen auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene Maßnahmen zur „Erziehung zur Unionsbürgerschaft“ einzuleiten;

62.

ersucht die Kommission und die Mitgliedstaaten, die Aufnahme der Unionsbürgerschaft in die Schul- und Bildungsprogramme zu unterstützen und Maßnahmen zur Erziehung zu einer aktiven Bürgerschaft für Erwachsene auch mit Hilfe der Medien und IKT zu fördern;

63.

betont, wie wichtig die „Kulturhauptstädte“ zur Förderung der europäischen Identität und Unionsbürgerschaft sind;

64.

ruft die Kommission auf, Maßnahmen und Projekte zur Aufklärung über und Förderung der Unionsbürgerschaft gegenüber den Bürgern der Länder flächendeckend umzusetzen, die in den letzten Jahren der Union beigetreten sind bzw. ihr beitreten möchten, und zwar insbesondere im Zuge der Zusammenarbeit mit den dort tätigen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften;

65.

ruft die Kommission auf, die noch bestehenden Hindernisse, die der Mobilität zu Lernzwecken in den Bereichen Verwaltung, Gesetzgebung, Information, Motivation und Sprache im Wege stehen, zu beseitigen und entsprechende Lösungsstrategien zur Förderung der transnationalen Mobilität junger Menschen unter Einbeziehung der öffentlichen Stellen und der Zivilgesellschaft, der Unternehmen und sonstiger betroffener Akteure zu ermitteln;

66.

wird in Folge des von der Europäischen Kommission formulierten Interesses die Einrichtung einer flexiblen und informellen Plattform zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Kommission, dem Ausschuss der Regionen und den nationalen Verbänden der lokalen und regionalen Selbstverwaltung mit dem Ziel prüfen, die Diskussion über die Unionsbürgerschaft zu erleichtern und zu unterstützen, die Gremien und Schwierigkeiten zu ermitteln, welche die lokalen Gebietskörperschaften bei der Umsetzung der Unionsbürgerschaftsrechte haben, zum Austausch von Erfahrungen und bewährten Verfahren einzuladen und auf diese Weise zur aktiven Ausübung der Unionsbürgerschaft beizutragen; ruft die Europäische Kommission auf, die Möglichkeit in Erwägung zu ziehen, die Koordinierungsstelle für die Unionsbürgerschaft angemessen zu unterstützen.

Brüssel, den 31. März 2011

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


(1)  KOM(2010) 602 endg.

(2)  KOM(2010) 608 endg.