2.4.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 104/1


Prospektivstellungnahme des Ausschusses der Regionen „Regionale Agrar- und Ernährungswirtschaft“

2011/C 104/01

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN:

weist darauf hin, dass die regionale Agrar- und Ernährungswirtschaft die lokale und regionale Wirtschaft unterstützt, daher in benachteiligten Gebieten von ganz besonderer Bedeutung ist und zur Ausschöpfung des lokalen Potenzials sowie zur Verbesserung des Images unterschätzter und oftmals vernachlässigter Gebiete beiträgt;

stellt fest, dass kurze Vertriebswege engere Kontakte zwischen Verbrauchern und Erzeugern bewirken, ermöglichen, dass die Verbraucher ein Vertrauensverhältnis zu den Erzeugern aufbauen und die Herkunft der Produkte unmittelbar nachvollziehen können sowie ein Mindestmaß an Ernährungssouveränität gewährleisten;

weist darauf hin, dass die regionale Agrar- und Ernährungswirtschaft ökologische Vorteile auf Grund nachhaltigerer Produktionsverfahren bringt;

ist der Auffassung, dass die Europäische Kommission deshalb:

1.

vorschlagen sollte, dass die Mitgliedstaaten prüfen, in ihrer jeweiligen Strategie zur Entwicklung des ländlichen Raums Zielvorgaben für die Entwicklung der regionalen Agrar- und Ernährungswirtschaft vorzusehen, die von den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften mit Unterstützung der EU und der nationalen Behörden umgesetzt werden;

2.

Definitionen der Begriffe „regionales Lebensmittel“ und „regionale Agrar- und Ernährungswirtschaft“ festlegen und ein neues Zeichen einführen und ein gemeinsames Symbol sowie ein allen regionalen Erzeugnissen, die unter die Regelung fallen, gemeinsames Identitätskennzeichen schaffen sollte, die in die Regelung für die EU-Qualitätspolitik für Agrarerzeugnisse aufgenommen werden;

3.

ein System der Direktvermarktung registrierter regionaler Erzeugnisse einführen könnte, das von den Mitgliedstaaten auf der Ebene der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften betrieben wird;

4.

prüfen sollte, ob Artikel 26 der Richtlinie 2004/18/EG über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge dergestalt geändert werden kann, dass „regional erzeugt“ als Standardauswahlkriterium bei Ausschreibungen für die Lieferung von Lebensmitteln, beispielsweise für Schulen, Pflegeheime oder öffentliche Einrichtungen, verwendet werden kann.

Berichterstatterin

:

Lenie DWARSHUIS-VAN DE BEEK (NL/ALDE), Mitglied der Exekutive der Provinz Südholland

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

I.   HERAUSFORDERUNGEN UND ZIELE

unterstreicht angesichts der Tatsache, dass das Thema der Stellungnahme „Regionale Agrar- und Ernährungswirtschaft“ in einem größeren Zusammenhang steht, folgende Punkte:

Lebensmittel und Landwirtschaft im Kontext der Strategie Europa 2020

1.

Die Welt sieht sich derzeit einer Vielfalt beträchtlicher Herausforderungen gegenüber: rasches Bevölkerungswachstum, notwendige Steigerung der Leistungsfähigkeit der Ausgaben und Klimawandel.

2.

Diese Herausforderungen gehen einher mit der drohenden Knappheit von Lebens- und Futtermitteln, fossilen Energieträgern, Rohstoffen, Fasern und Süßwasser, der zunehmenden Verschlechterung der Bodenqualität und dem Artensterben sowie einem steigenden Risiko des Versagens der Finanzmärkte, politischer Instabilität und bewaffneter Konflikte.

3.

Die Ernährungssicherheit wird ferner beeinflusst durch die global stattfindenden Wanderungsbewegungen aus den ländlichen Gebieten in die Ballungsräume, die Verbesserung der Flächenerträge der Lebensmittelproduktion weltweit, die Umwandlung von Naturlandschaft in neue Erzeugungsgebiete, die Entwicklung neuer Produktionsformen sowie den Verlust von Flächen, auf denen ursprünglich Lebensmittel erzeugt wurden und die der Produktion von Biokraftstoff oder der Zersiedelung zum Opfer fallen.

4.

Schätzungen zufolge werden gegenwärtig weltweit 80 % der Lebensmittel regional erzeugt und vermarktet. In der Europäischen Union liegt der Anteil bei ca. 20 %.

Europäisches Agrarmodell

5.

Es gibt kein einheitliches europäisches Modell in der Landwirtschaft. Die europäische Landwirtschaft ist vielmehr vielgestaltig und dies ist ein wichtiger Vorteil.

6.

Damit die Vorzüge eines solchen vielfältigen Modells optimal zur Geltung kommen können, müssen die Verbindungen zwischen der Landwirtschaft und den Erwartungen der Verbraucher, zwischen der Erzeugung der Bauernhöfe und den Märkten, ob lokal, regional oder international, gestärkt werden.

7.

Ein wesentlicher Gesichtspunkt in diesem vielgestaltigen Modell ist die regionale Agrar- und Ernährungswirtschaft, der allerdings bisher nicht genug Aufmerksamkeit gewidmet wurde und die in professioneller, strukturierter und innovativer Weise unterstützt werden muss.

Europäische Ziele im Agrarbereich

8.

Die Hauptaufgabe der europäischen Landwirtschaft besteht darin, Lebensmittel für die Menschen in den Mitgliedstaaten zu erzeugen und bereitzustellen, wobei zu berücksichtigen ist, dass ein fairer Wettbewerb und der Umweltschutz gewährleistet und die geltenden Standards im Hinblick auf Lebensmittelsicherheit, Qualität und Erschwinglichkeit erfüllt werden müssen.

9.

Landwirtschaft und Lebensmittelversorgung der Zukunft müssen sich durch einen sparsameren Umgang mit Wasser, fossilen Brennstoffen, Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln auszeichnen, sie müssen stärker diversifiziert sein und sich auf intelligentere Weise bemühen, die Synergien zwischen Ackerbau, Viehzucht, der Bewirtschaftung organischer Abfälle, Restströmen und der Energiegewinnung aus erneuerbaren Energiequellen optimal zu nutzen.

10.

Die Erzeuger müssen die Möglichkeit haben, ein angemessenes Einkommen aus ihren Produkten zu erwirtschaften. Allerdings herrscht gegenwärtig in der Lebensmittelversorgungskette kein ausgewogenes Machtverhältnis, und die eigentlich nötigen Lebensmittelpreise und Gewinnspannen sind nicht garantiert.

11.

Die Gemeinsame Agrarpolitik nach 2013 muss ihre Beihilfen so austarieren, dass die Beschäftigung und der Erhalt der landwirtschaftlichen Einflussnahme in allen europäischen Anbaugebieten gefördert werden, wobei den gefährdeten Gebieten, einschließlich stadtnahen Gebieten, besonderes Gewicht beizumessen ist. Der territoriale Schwerpunkt in den von der Kommission vorgeschlagenen Prioritäten für die GAP bis 2020 ist daher zu begrüßen.

12.

Die Entwicklung der regionalen Agrar- und Ernährungswirtschaft ist für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften von besonderer Bedeutung. Die Gebietskörperschaften spielen eine wichtige Rolle, da sie die nachhaltige Wirtschaftsentwicklung des ländlichen Raumes definieren, fördern und unterstützen und in diesem Zusammenhang auch günstige Bedingungen für die regionale Agrar- und Ernährungswirtschaft schaffen.

II.   VORTEILE DER REGIONALEN AGRAR- UND ERNÄHRUNGSWIRTSCHAFT

hebt folgende Punkte hervor:

Wirtschaftliche Vorteile der regionalen Agrar- und Ernährungswirtschaft

13.

Die regionale Agrar- und Ernährungswirtschaft ist ein wichtiges Thema, bei dem es nicht nur darum geht, ein neues Spektrum europäischer Regionalerzeugnisse neben den Produkten, die unter die bereits weithin bekannten Qualitätsregelungen fallen, zu positionieren.

14.

Die regionale Agrar- und Ernährungswirtschaft unterstützt die lokale und regionale Wirtschaft, da sie Arbeitsplätze in der Landwirtschaft und der Nahrungsmittelproduktion, einschließlich Verarbeitung, Vertrieb, Vermarktung, Verkauf und entsprechender Dienstleistungen, sichert. Sie ist daher in entlegenen ländlichen sowie in stadtnahen Gebieten, in Berggebieten und in gefährdeten und benachteiligten Gebieten von ganz besonderer Bedeutung, trägt sie doch zur Ausschöpfung des lokalen Potenzials sowie zur Verbesserung des Images unterschätzter und oftmals vernachlässigter Gebiete bei.

15.

Wenn Einkommen vor Ort für regional erzeugte Lebensmittel ausgegeben wird, dann bleibt es in der Region und hat eine starke, im Vergleich zu herkömmlichen Vertriebswegen etwa dreifache Multiplikatorwirkung auf die regionalen Einnahmen der betreffenden Gemeinschaft.

16.

Investitionen in die regionale Agrar- und Ernährungswirtschaft führen zum wirtschaftlichen Aufschwung benachteiligter Regionen, höheren Einkommen für die Erzeuger vor Ort, einer engeren Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten, einer Belebung des Unternehmertums, bessere Absatzchancen auf den lokalen Märkten, Entstehung von Arbeitsplätzen, geringeren Kosten und der Erhaltung der Dienstleistungen und Angebote vor Ort im bestehenden Umfang.

Soziale Vorteile der regionalen Agrar- und Ernährungswirtschaft

17.

Kurze Vertriebswege bewirken engere Kontakte zwischen Verbrauchern und Erzeugern sowie eine Stärkung des Wissens übereinander und des Verständnisses füreinander. Sie ermöglichen den persönlichen Kontakt, wodurch die Verbraucher ein Vertrauensverhältnis zu den Erzeugern aufbauen und die Herkunft der Produkte unmittelbar nachvollziehen können. Ferner gewährleisten sie ein Mindestmaß an Ernährungssouveränität.

18.

Das Angebot regionaler Produkte, die authentisch, traditionell, ursprünglich, nachhaltig bzw. saisonal sind oder andere vor Ort geschätzte Eigenschaften aufweisen, fördert den gesellschaftlichen Zusammenhalt und den Gemeinsinn und bestärkt die Gemeinschaft darin, sich umweltfreundlich zu verhalten. Die Verkaufsstätten regionaler Produkte, wie z.B. Stände von Direktverkäufern oder Märkte, bieten Verbrauchern, Erzeugern und Verkäufern vielfach Gelegenheit, engere soziale und berufliche Kontakte zueinander zu knüpfen.

19.

Wie es die Slow-Food-Bewegung in ihrer Philosophie der nachhaltigen Lebensmittelbündnisse formuliert, haben die Verbraucher ein Grundrecht auf regional erzeugte, schmackhafte und gesunde Nahrungsmittel. Die Bewegung ist auch der Überzeugung, dass sich diese Bündnisse weltweit vernetzen sollten. Der durch den Direktverkauf regionaler Erzeugnisse gewährleistete rasche Zugang zu frischen Produkten ist der öffentlichen Gesundheit insofern zuträglich, als er Abwechslung in die Ernährung bringt und die Nahrungsmittelqualität (die bei Langzeitkonservierungsverfahren beeinträchtigt wird) dabei erhalten bleibt.

20.

Die weltweite Ernährungssicherheit wird durch den Erhalt der regionalen Kapazitäten für die Lebensmittelerzeugung in den Industrieländern gefördert. Um der Nachfrage nach Nahrungsmitteln in wachsenden Ballungsgebieten entsprechen zu können, muss die Lebensmittelproduktion in den Regionen bzw. sogar in den Städten selbst gesteigert werden.

Ökologische Vorteile der regionalen Agrar- und Ernährungswirtschaft

21.

Die regionale Agrar- und Ernährungswirtschaft bringt ökologische Vorteile auf Grund nachhaltigerer Produktionsverfahren, geringerer externer Verkehrskosten (Ökobilanz mit Blick auf die Transportwege) und Möglichkeiten der Schaffung von Kreislaufsystemen auf der Grundlage organischer Abfälle, Reststoffe und erneuerbarer Energieträger.

22.

Jedes Lebensmittel weist eine Ökobilanz mit Blick auf die Transportwege zwischen dem Ort der Herstellung und dem Verbraucher auf, bei denen Kohlendioxidemissionen entstehen. Dies gilt sowohl für Frischwaren als auch für verarbeitete Lebensmittel (und deren Ausgangserzeugnisse). Die regionale Agrar- und Ernährungswirtschaft trägt dazu bei, die Ökobilanz einer Gemeinschaft mit Blick auf die Transportwege zu verbessern.

23.

Regionale Lebensmittel sollten vorzugsweise einen kleineren CO2-Fußabdruck als vergleichbare importierte Produkte aufweisen. Dieser Fußabdruck kann mit Hilfe einer Lebenszyklusanalyse des Produkts berechnet werden.

24.

Innerhalb der regionalen Agrar- und Ernährungswirtschaft können die Erzeuger die Alleinstellungsmerkmale ihrer Produkte besser auf die subjektiven Erwartungen der Verbraucher abstimmen. Diese Alleinstellungsmerkmale können Aspekte wie nachhaltige Erzeugungsbedingungen, den ökologischen Landbau oder begleitende Umweltleistungen betreffen.

25.

Die Schaffung lokaler Absatzmärkte für Nahrungsmittel, die in sehr geringer Menge hergestellt werden bzw. besondere geschmackliche Eigenschaften besitzen, kann zum Erhalt der Artenvielfalt und der Entwicklung von Obst- und Gemüsesorten sowie Tierrassen beitragen, die vom Aussterben bedroht sind.

26.

Die regionale Agrar- und Ernährungswirtschaft kann heute an Kreislaufwirtschaftssysteme oder Systeme zur Wahrnehmung anderer regionaler Aufgaben, wie der Bewirtschaftung organischer Abfälle, der Wasserbewirtschaftung, der Wiederverwendung von Nebenprodukten – z.B. Wärme – und der Energiegewinnung aus erneuerbaren Energiequellen, angebunden werden.

Mängel in der Lebensmittelversorgungskette

27.

Die regionale Agrar- und Ernährungswirtschaft kann dazu beitragen, gerechte Einkommen für Landwirte zu sichern und ein ausgewogenes Machtverhältnis in der Lebensmittelversorgungskette wiederherzustellen. Da die Globalisierung und die zunehmende Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel zu einer Kluft zwischen dem Anstieg der Produktionskosten (seit 1996 jährlich 3,6 %), der Verbraucherpreise (jährlich 3,3 %) und der landwirtschaftlichen Erzeugerpreise (jährlich 2,1 %) geführt haben, sind Systeme nötig, durch die die Verhandlungsposition der Landwirte gestärkt wird, beispielsweise durch kurze Vertriebswege.

Aktuelle Politik im Hinblick auf regionale Erzeugnisse

28.

Die EU-Politik im Bereich der Qualität von Agrarerzeugnissen umfasst Kriterien für Qualitätsregelungen, die es den Erzeugern ermöglichen, für ihr Produkt eine Kennzeichnung als geschützte Ursprungsbezeichnung (g. U.), geschützte geografische Angabe (g. g. A.), garantiert traditionelle Spezialität (g. t. S.) oder ein Ökozeichen eintragen zu lassen. Für diese Erzeugniskategorien wurden Gütezeichen eingeführt, die nur für die eingetragenen Erzeugnisse zu Vermarktungszwecken oder zum Schutz von Marken verwendet werden dürfen. Die Erzeugnisse werden üblicherweise in erheblichen Mengen über verschiedene Kanäle auf zahlreiche Märkte gebracht.

29.

Die Regionen, die gegenwärtig ihre traditionellen gastronomischen und landwirtschaftlichen Spezialitäten unter die Lupe nehmen, stoßen auf Dutzende oder gar Hunderte regionaler Produkte, die in ein professionelles System der regionalen Agrar- und Ernährungswirtschaft einbezogen werden könnten. Dies würde jedoch nicht unbedingt einer Registrierung als Erzeugnis geschützter Ursprungsbezeichnung, geschützter geografischer Angabe, als garantiert traditionelle Spezialität oder als Ökoerzeugnis entsprechen oder bedürfen, auch wenn einige Erzeugnisse möglicherweise das entsprechende Potenzial haben. Wünschenswert wäre ein zusätzlicher Rahmen für die Förderung regionaler Produkte.

III.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

stellt Folgendes fest:

Frühere Stellungnahmen zum Thema regionale Lebensmittel

30.

Empfehlungen zum Thema regionale Lebensmittel wurden bereits in der Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 18. September 1996„Schutz und Förderung regionaltypischer Erzeugnisse – ein Trumpf für die Regionen“ (1) abgegeben. Die meisten dieser Empfehlungen sind nach wie vor gültig.

31.

bedauert zutiefst, dass die Legislativvorschläge der Europäischen Kommission zur Qualitätspolitik für Agrarerzeugnisse in zwei für den Ausschuss der Regionen wesentlichen Aspekten der Aufwertung lokaler Erzeugnisse hinter dem ursprünglichen Entwurf zurückbleiben, nämlich in Bezug auf die Kennzeichnung von Erzeugnissen aus der Berglandwirtschaft und auf den Direktverkauf durch Kleinerzeuger auf den lokalen Märkten;

Begriffsbestimmungen

32.

Benötigt wird eine einheitliche Definition des Begriffs „Regionales Lebensmittel“. Da alle Lebensmittel letztlich an einem bestimmten Ort erzeugt bzw. verarbeitet werden, müssen Merkmale und Besonderheiten definiert werden, um eine Unterscheidung zu treffen. Diese Merkmale und Besonderheiten müssen klar und eindeutig sein, um komplexe Registrierungs- und Kontrollverfahren zu vermeiden.

33.

Ein regionales Lebensmittel:

1.

wird regional erzeugt,

2.

trägt zur lokalen/regionalen Strategie zur Entwicklung des ländlichen Raums bei,

3.

wird mittels der , die möglich, vernünftig und effizient ist, an den Verbraucher verkauft, wobei die Vertriebskette nicht mehr Glieder umfasst als a) den Erzeuger oder die regionale Erzeugerorganisation, b) den Partner oder die Partnergemeinschaft, die dafür zuständig sind, Angebot und Nachfrage in Einklang zu bringen, und c) den Verbraucher,

4.

kann im oder auf einem Markt vor Ort auf der Grundlage eines lokalen Vertrags verkauft werden, nicht jedoch – zumindest nicht mit dem Zeichen „regionales Lebensmittel“ – an Ankaufszentralen des Einzelhandels,

5.

ist für Verbraucher bestimmt, denen an einem oder mehreren besonderen gelegen ist, wie Geschmack, Frische, hoher Qualität, kulturellen Aspekten, örtlicher Tradition, örtlichen Spezialitäten, Tierschutz, ökologischen Werten, gesundheitlichen Aspekten oder nachhaltigen Produktionsbedingungen,

6.

wird in so wie möglich, vernünftig und effizient verkauft: die Entfernung kann je nach Produkt, Region und Rahmenbedingungen variieren. Entscheidend ist am Ende jedoch Folgendes: Ist der Ort des Verkaufs der nächstgelegene, zu dem der Verbraucher Zugang hat? Möglich wäre eine Entfernung zwischen einem und 50 Kilometern.

7.

ist in die eingebunden.

34.

Die oben beschriebene kurze Vertriebskette ist durch folgende Merkmale gekennzeichnet:

Erzeuger sind gleichzeitig Verbraucher, wenn Verbraucher ihre eigenen Erzeugnisse anbauen,

Partnerschaften zwischen Erzeugern und Verbrauchern, bei denen sich die Verbraucher und Erzeuger die Risiken und Gewinne der Produktion teilen und der Direktverkauf des Erzeugnisses durch eine schriftliche Vereinbarung geregelt ist,

Direktverkauf durch die Erzeuger an die Verbraucher ohne vorherige Vereinbarung zwischen beiden Gruppen, beispielsweise auf Bauernmärkten, regel- bzw. unregelmäßig vor Ort stattfindenden Märkten und in Hofläden,

Erzeugerverkauf durch örtliche Verkaufsstätten oder kollektive Vermarktungssysteme, darunter auch die neuen Medien, z.B. in Form von Online-Verkaufsportalen, die eine direktere oder leichtere Lieferung der Erzeugnisse an den Endverbraucher als über traditionelle Vertriebswege ermöglichen.

35.

Die regionale Agrar- und Ernährungswirtschaft:

1.

umfasst Handelsbeziehungen zwischen Unternehmen und Verbrauchern,

2.

umfasst Erzeugnisse, die vor Ort in der betreffenden Region oder in einer Region, die Teil eines Zusammenschlusses von Regionen ist, hergestellt werden,

3.

beinhaltet ein System eng miteinander verflochtener Verfahren, die die Erzeuger mit a) den Verbrauchern und b) der Gesellschaft, d.h. der Umwelt und der regionalen Wirtschaft, verbinden,

4.

besteht aus verschiedenen Komponenten auf verschiedenen Ebenen, angefangen beim landwirtschaftlichen Betrieb bis hin zur regionsübergreifenden Ebene, einschließlich der Erzeugung und Verarbeitung von Lebensmitteln, der Vermarktung und Werbung, der Verwendung von Warenzeichen und der Etikettierung, der Einbeziehung der Verbraucher und der Gesellschaft, der Bereitstellung von damit einhergehenden öffentlichen Gütern, des Vertriebs und des Transports, Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit und der Lebensmittelsicherheit, Abfall- und Energiebewirtschaftung sowie Ausbildung und Erziehung.

Einführung und Entwicklung von Regelungen für regionale Lebensmittel und Systemen der regionalen Agrar- und Ernährungswirtschaft

36.

In künftigen strategischen Leitlinien für die Entwicklung des ländlichen Raums könnte die Europäische Kommission vorschlagen, dass die Mitgliedstaaten prüfen, in ihrer jeweiligen Strategie zur Entwicklung des ländlichen Raums Zielvorgaben für die Entwicklung der regionalen Agrar- und Ernährungswirtschaft vorzusehen, die von den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften mit Unterstützung der EU und der nationalen Behörden umgesetzt werden.

37.

Da ein partnerschaftlicher Ansatz der Förderung der regionalen Agrar- und Ernährungswirtschaft am besten dient, sollte die Schaffung von Partnerschaften unter Einbeziehung der Verbraucher unterstützt werden.

38.

Die regionale Agrar- und Ernährungswirtschaft kann nur dann erfolgreich entwickelt werden, wenn ein umfassenderer und integrierter Ansatz als Teil eines breiter angelegten Prozesses der lokalen und regionalen Entwicklung zugrunde gelegt wird und wenn sie einen untrennbaren Bestandteil einer vorausschauenden Politik der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, einschließlich der Raumordnungspolitik, bildet. Zur diesbezüglichen Unterstützung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften wären eine Musterstrategie und ein Musterfahrplan wünschenswert. In Gebieten, in denen der Urbanisierungsdruck besonders stark ist, könnte in diesem Zusammenhang auch eine Raumordnungsstrategie entworfen werden, um die Ansiedlung neuer Erzeuger zu erleichtern.

39.

Den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften könnte auch die Zuständigkeit dafür übertragen werden, die Registrierung regionaler Lebensmittel zu genehmigen, die die Voraussetzung dafür ist, dass die entsprechenden Erzeugnisse das Logo „Regionales Erzeugnis“ verwenden dürfen, und die Verfahren zu überwachen. Diese Aufgabe könnten sie in enger Zusammenarbeit mit den regionalen Interessenträgern wahrnehmen, zum Beispiel mit einer LEADER-Gruppe, einer Bauernorganisation oder einer Handelskammer. Das Europäische Netz für die Entwicklung des ländlichen Raums könnte die Ergebnisse dann verbreiten, überwachen und aktualisieren.

40.

Ein unabhängiges Überwachungssystem sollte folgenden Grundsätzen genügen:

Die Bewertung im Hinblick auf die Vorgaben für die Aufnahme in die Qualitätsregelung für regionale Erzeugnisse sollte sowohl das Erzeugnis als auch den betroffenen landwirtschaftlichen Betrieb einbeziehen und vorzugsweise von einer regionalen Kommission durchgeführt werden.

Die Erzeuger sollten technische Hilfestellung und Informationen über Absatzmöglichkeiten und die praktischen Aspekte der Teilnahme an den Systemen erhalten.

Alle Produkte, Unternehmen und Glieder der Vertriebskette sollten regelmäßigen Kontrollen in Form von Erhebungen unterliegen, an denen auch die Verbraucherverbände zu beteiligen sind.

Entsprechend dem Ergebnis der Kontrollen muss es möglich sein, ein Erzeugnis von der Qualitätsregelung auszuschließen.

Bewusste Täuschung der Verbraucher ist als Straftat zu behandeln.

41.

Auf dem Binnenmarkt sollte bei registrierten Produkten der Schutz des geistigen Eigentums gewährleistet sein. Erforderlichenfalls müssen die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, tätig zu werden.

42.

Im Fall einer erfolgreichen kommerziellen Vermarktung oder des Missbrauchs des guten Rufs eines Erzeugnisses sollte regionalen Lebensmitteln ein höheres Niveau des Schutzes ermöglicht werden, beispielsweise durch g. g. A., g. U., g. t. S. oder ein Ökozeichen.

Erforderliche Maßnahmen und Instrumente auf EU-Ebene

43.

Aus administrativer, finanzieller und wirtschaftlicher Sicht besteht ein starkes Interesse daran, ein neues europäisches Instrument vorzuschlagen, das darauf ausgelegt ist, regionale Lebensmittel zu ermitteln und zu unterstützen.

44.

Die zu ergreifenden Maßnahmen sollten so gestaltet sein, dass folgende Ziele erreicht werden:

Schaffung günstiger Rahmenbedingungen im Hinblick auf rechtliche, institutionelle und politische Instrumente sowie Forschung, Bildung und berufliche Bildung,

Maßnahmen betreffend die Versorgungskette unter Verwendung von Instrumenten wie Zertifizierung, Vermarktung und Werbung, öffentlich-private Partnerschaften und öffentliche Aufträge,

Pilotprojekte bzw. deren großmaßstäbliche Anwendung durch Testprojekte und Initiativen zur Demonstration sowie Verbreitung und Nutzung der Ergebnisse,

Finanzierung durch europäische, nationale, regionale und lokale Mittel.

weist deshalb auf folgende Punkte hin:

45.

Die EU sollte Definitionen der Begriffe „regionales Lebensmittel“ und „regionale Agrar- und Ernährungswirtschaft“ festlegen.

46.

Die EU sollte ein neues Zeichen einführen und ein gemeinsames Symbol sowie ein allen regionalen Erzeugnissen, die unter die Regelung fallen, gemeinsames Identitätskennzeichen schaffen, die in die Regelung für die EU-Qualitätspolitik für Agrarerzeugnisse aufgenommen werden. Die Nutzung des EU-Zeichens beruht auf dem Prinzip der Freiwilligkeit. Bestehende Qualitätszeichen der Mitgliedstaaten und Regionen behalten ihre Gültigkeit und Nutzungsberechtigung. Jeder Mitgliedstaat ist auch künftig zur Einführung eigener Qualitätszeichen innerhalb seiner Regionen/subnationalen Gebietskörperschaften berechtigt.

47.

Die EU könnte das Europäische Netz für die Entwicklung des ländlichen Raums auffordern, eine Online-Datenbank für registrierte Erzeugnisse einzurichten.

48.

Die EU könnte das Europäische Netz für die Entwicklung des ländlichen Raums auffordern, eine Online-Datenbank für bereits bestehende Systeme der regionalen Agrar- und Ernährungswirtschaft einzurichten, in der Interessenträger bewährte Verfahren beschreiben können.

49.

Die EU könnte ein System der Direktvermarktung registrierter regionaler Erzeugnisse einführen, das von den Mitgliedstaaten auf der Ebene der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften betrieben wird. Dieses System sollte eine Unterstützung für die Werbung für regionale Lebensmittel umfassen und könnte unter den ersten Förderschwerpunkt der zweiten Säule der GAP, d.h. die Entwicklung des ländlichen Raums, fallen.

50.

Die EU könnte eine Maßnahme auflegen, um den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, den Erzeugerverbänden oder Vereinigungen von Erzeugerverbänden zu helfen, ein System der regionalen Agrar- und Ernährungswirtschaft einzurichten, einschließlich Unterstützung für die Tätigkeiten, die im Zusammenhang mit den vorgeschlagenen Definitionen genannt wurden, sowie der diesbezüglichen Investitionen. Diese Maßnahme könnte unter den ersten und/oder dritten Förderschwerpunkt oder die LEADER-Programme im Rahmen der Politik der Entwicklung des ländlichen Raums fallen.

51.

Die EU könnte auch in anderen Fonds Möglichkeiten der Förderung von Systemen der regionalen Agrar- und Ernährungswirtschaft vorsehen, beispielsweise im Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, INTERREG, dem Europäischen Sozialfonds und den Forschungsrahmenprogrammen.

52.

Um den Schutz der Gesundheit und der Lebensmittelsicherheit zu gewährleisten, sollten Produktion und Vertrieb vollständig im Einklang mit den Lebensmittel- und den Hygienevorschriften erfolgen. Da jedoch regionale Lebensmittel oft nicht industriell hergestellt werden, könnte die öffentliche Unterstützung auch Alternativlösungen umfassen.

Möglichkeiten im Bereich der öffentlichen Aufträge

53.

Öffentliche Aufträge machen in der EU bis zu 16 % des BIP aus. Gemäß Artikel 6 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (1997) müssen die Erfordernisse des Umweltschutzes sowie soziale Ziele bei allen Politikbereichen der EU einbezogen werden. Öffentliche Aufträge können auch der Nachhaltigkeit dienen, wenn mit ihrer Hilfe weitergehende soziale, wirtschaftliche und ökologische Ziele so unterstützt werden, dass ein langfristiger Nutzen gewährleistet ist. Insofern könnte die erhebliche Kaufkraft der Regierungen genutzt werden, um die Entwicklung der regionalen Agrar- und Ernährungswirtschaft zu unterstützen.

54.

In der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge ist niedergelegt, dass der Grundsatz des freien Warenverkehrs stets eingehalten werden muss. Das heißt, dass regionale Lieferanten nicht bevorzugt werden dürfen.

55.

Allerdings ist es nach der Richtlinie möglich, in die Ausschreibung für die Vergabe öffentlicher Aufträge besondere Bedingungen und Kriterien aufzunehmen, die konkrete Vorgaben oder Elemente wie Frische oder Herstellungsbedingungen umfassen können.

56.

Diese Möglichkeit erlaubt es, regionale Lieferanten auszuwählen. Die Europäische Kommission wird dennoch ersucht, zu prüfen, ob Artikel 26 der Richtlinie dergestalt geändert werden kann, dass „regional erzeugt“ als Standardauswahlkriterium bei Ausschreibungen für die Lieferung von Lebensmitteln, beispielsweise für Schulen, Pflegeheime oder öffentliche Einrichtungen, verwendet werden kann.

57.

Die Kommission ist aufgefordert, umfassend über die bereits bestehenden Möglichkeiten zu informieren.

58.

Der Ausschuss fordert die Kommission dazu auf, die Erarbeitung der neuen Binnenmarktakte zu nutzen, um die bestehenden Bestimmungen im Hinblick auf Erleichterungen für die lokalen Gebietskörperschaften und ihre lokalen Lieferanten zu prüfen und zu vereinfachen.

Brüssel, den 27. Januar 2011

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


(1)  CdR 54/96 fin.