5.8.2010   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 212/99


Donnerstag, 7. Mai 2009
Umsetzung der Bürgerinitiative

P6_TA(2009)0389

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Mai 2009 mit der Aufforderung an die Kommission zur Unterbreitung eines Vorschlags für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Umsetzung der Bürgerinitiative (2008/2169(INI))

2010/C 212 E/14

Das Europäische Parlament,

gestützt auf Artikel 192 Absatz 2 des EG-Vertrags,

unter Hinweis auf den Vertrag von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, unterzeichnet in Lissabon am 13. Dezember 2007,

unter Hinweis auf den Vertrag über eine Verfassung für Europa (1),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Februar 2008 zu dem Vertrag vom Lissabon (2),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 19. Januar 2006 zur Reflexionsphase: Struktur, Themen und Kontext für eine Bewertung der Debatte über die Europäische Union (3),

gestützt auf die Artikel 39 und 45 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für konstitutionelle Fragen sowie der Stellungnahme des Petitionsausschusses (A6-0043/2009),

A.

in der Erwägung, dass die Bürgerinitiative durch den Vertrag von Lissabon eingeführt wird und damit Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, deren Anzahl mindestens eine Million betragen und bei denen es sich um Staatsangehörige einer erheblichen Anzahl von Mitgliedstaaten handeln muss, die Initiative ergreifen und die Kommission auffordern können, im Rahmen ihrer Befugnisse geeignete Vorschläge zu Themen zu unterbreiten, zu denen es nach Ansicht jener Bürgerinnen und Bürger eines Rechtsakts der Union bedarf, um die Verträge umzusetzen – Artikel 11 Absatz 4 des EU-Vertrags in der Fassung des Vertrags von Lissabon („EUV“),

B.

in der Erwägung, dass damit eine Million Unionsbürgerinnen und Unionsbürger dasselbe Aufforderungsrecht gegenüber der Kommission zur Vorlage eines Rechtsetzungsvorschlags erhalten werden, wie dies der Rat bereits seit Gründung der Europäischen Gemeinschaften im Jahre 1957 (ursprünglich Artikel 152 EWG-Vertrag, derzeit Artikel 208 EG-Vertrag, zukünftig Artikel 241 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union („AEUV“)) und das Europäische Parlament seit Inkrafttreten des Vertrags von Maastricht im Jahre 1993 (derzeit Artikel 192 EG-Vertrag, zukünftig Artikel 225 AEUV) besitzen,

C.

in der Erwägung, dass sich die Bürgerinnen und Bürger damit unmittelbar an der Ausübung der Hoheitsgewalt der Europäischen Union beteiligen und erstmalig direkt in die Initiierung europäischer Legislativvorschläge eingebunden werden,

D.

in der Erwägung, dass Artikel 11 Absatz 4 EUV als spezieller Ausfluss des Rechts auf Teilnahme am demokratischen Leben der Union (Artikel 10 Absatz 3 EUV) auf die Begründung eines individuellen Rechts auf Teilnahme an der Bürgerinitiative zielt,

E.

in der Erwägung, dass dieses Initiativrecht häufig mit dem Petitionsrecht verwechselt wird; in der Erwägung, dass sichergestellt werden muss, dass den Bürgerinnen und Bürgern der Unterschied zwischen diesen beiden Rechten insbesondere deshalb vollständig deutlich gemacht wird, weil Petitionen an das Parlament gerichtet werden und die Bürgerinitiative eine Aufforderung an die Kommission beinhaltet,

F.

in der Erwägung, dass die Unionsorgane und Mitgliedstaaten aufgefordert werden, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Bürgerinnen und Bürger der Union ihr Recht auf Teilnahme problemlos, transparent und wirksam wahrnehmen können,

G.

in der Erwägung, dass die Verfahren und Bedingungen der Bürgerinitiative, einschließlich der Mindestzahl der Mitgliedstaaten, aus denen die Bürgerinnen und Bürger, die diese Initiative ergreifen, kommen müssen, vom Parlament und dem Rat nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren durch eine Verordnung festgelegt werden (Artikel 24 Absatz 1 AEUV),

H.

in der Erwägung, dass bei der Annahme und Durchführung dieser Verordnung insbesondere die Grundrechte auf Gleichheit, ordnungsgemäße Verwaltung und Rechtsschutz zu gewährleisten sind,

I.

in der Erwägung, dass es sich bei der „Mindestzahl der Mitgliedstaaten, aus denen die Bürgerinnen und Bürger, die diese Initiative ergreifen, kommen müssen“ (Artikel 24 Absatz 1 AEUV) um eine „erhebliche Anzahl von Mitgliedstaaten“ handeln muss (Artikel 11 Absatz 4 EUV),

J.

in der Erwägung, dass die Festlegung der Mindestzahl der Mitgliedstaaten nicht willkürlich erfolgen darf, sondern sich am Zweck dieser Regelung orientieren und unter Berücksichtigung anderer Vertragsbestimmungen interpretiert werden muss, um Wertungswidersprüche zu vermeiden,

K.

in der Erwägung, dass der Zweck dieser Regelung darin besteht zu gewährleisten, dass der Ausgangspunkt des europäischen Rechtsetzungsprozesses nicht von einzelstaatlichen Partikularinteressen, sondern vom europäischen Allgemeinwohlinteresse geleitet ist,

L.

in der Erwägung, dass Artikel 76 AEUV anzeigt, dass bei einem von einem Viertel der Mitgliedstaaten getragenen Rechtsetzungsvorschlag davon ausgegangen werden kann, dass das europäische Allgemeinwohlinteresse ausreichend berücksichtigt wird und dass eine solche Mindestzahl somit als widerspruchsfrei angesehen werden kann,

M.

in der Erwägung, dass dem Zweck dieser Regelung nur dann entsprochen wird, wenn dies mit einer Mindestzahl von Unterstützungsbekundungen aus jedem dieser Mitgliedstaaten verbunden wird,

N.

in der Erwägung, dass aus Artikel 11 Absatz 4 EUV, der die Zahl von einer Million Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern festlegt, geschlussfolgert werden kann, dass angesichts einer Unionsbevölkerung von rund 500 Millionen Menschen 1/500 der Bevölkerung als repräsentativ anzusehen ist,

O.

in der Erwägung, dass Artikel 11 Absatz 4 EUV für alle Unionsbürgerinnen und Unionsbürger gleichermaßen gilt,

P.

in der Erwägung, dass jedoch jede Einschränkung des Rechts auf demokratische Teilnahme und jede Ungleichbehandlung aus Gründen des Alters dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen müssen,

Q.

in der Erwägung, dass zudem Wertungswidersprüche vermieden werden sollten, die sich zum Beispiel ergeben würden, wenn das Mindestalter für die Teilnahme an den Europawahlen in einem Mitgliedstaat niedriger wäre als das Mindestalter für die Teilnahme an der Bürgerinitiative,

R.

in der Erwägung, dass die Kommission durch eine erfolgreiche Bürgerinitiative verpflichtet wird, sich mit deren Anliegen zu befassen und darüber zu beschließen, ob und inwieweit sie einen entsprechenden Vorschlag für einen Rechtsakt vorlegt,

S.

in der Erwägung, dass die Initiativen auf eine oder mehrere Rechtsgrundlagen verweisen sollten, damit die Kommission den vorgeschlagenen Rechtsakt vorlegen kann,

T.

in der Erwägung, dass eine Bürgerinitiative nur dann erfolgreich ist, wenn sie in dem Sinne zulässig ist,

dass sie die Aufforderung an die Kommission enthält, einen Vorschlag für einen Rechtsakt der Union zu unterbreiten,

dass die Union die Rechtsetzungsbefugnis und die Kommission das Vorschlagsrecht in den betreffenden Angelegenheiten besitzen, und

dass der geforderte Rechtsakt nicht offensichtlich gegen die grundlegenden Rechtsvorschriften der Union verstößt,

U.

in der Erwägung, dass eine Bürgerinitiative erfolgreich ist, wenn sie in diesem Sinne zulässig und repräsentativ ist sowie von mindestens einer Million Bürgerinnen und Bürgern, bei denen es sich um Staatsangehörige einer erheblichen Anzahl von Mitgliedstaaten handelt, unterstützt wird,

V.

in der Erwägung, dass die Kommission prüfen muss, ob die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Bürgerinitiative erfüllt sind,

W.

in der Erwägung, dass es sehr wünschenswert ist, bei der Organisation einer Bürgerinitiative noch vor Beginn der Sammlung der Unterstützungsbekundungen Rechtssicherheit hinsichtlich der Zulässigkeit der Bürgerinitiative zu haben,

X.

in der Erwägung, dass die Prüfung der Echtheit der Unterstützungsbekundungen nicht von der Kommission vorgenommen werden kann und daher von den Mitgliedstaaten wahrgenommen werden sollte; dass sich die daraus ergebenen Pflichten der Mitgliedstaaten jedoch nur auf Initiativen im Rahmen des Artikels 11 Absatz 4 EUV erstrecken und keinesfalls auf solche Initiativen, die im oben genannten Sinne unzulässig sind; dass es aus diesem Grunde auch für die Mitgliedstaaten erforderlich ist, noch vor Beginn der Sammlung der Unterstützungsbekundungen Rechtssicherheit hinsichtlich der Zulässigkeit der Bürgerinitiative zu haben,

Y.

in der Erwägung, dass die Prüfung der Zulässigkeit einer Bürgerinitiative durch die Kommission jedoch ausschließlich auf die oben genannten Rechtsgründe begrenzt ist und keinesfalls Erwägungen politischer Opportunität umfassen darf; dass dadurch sicher gestellt wird, dass es nicht dem freien politischen Belieben der Kommission obliegt, zu entscheiden, ob die Zulässigkeit einer Bürgerinitiative erteilt oder versagt wird,

Z.

in der Erwägung, dass es zweckmäßig erscheint, das Verfahren der Bürgerinitiative in die folgenden fünf Phasen zu gliedern:

Anmeldung der Initiative,

Sammlung der Unterstützungsbekundungen,

Einreichung der Initiative,

Positionierung durch die Kommission,

Überprüfung, ob der geforderte Rechtsakt mit den Verträgen vereinbar ist,

AA.

in der Erwägung, dass die Bürgerinitiative eine Form der Ausübung öffentlicher Hoheitsgewalt im Bereich der Gesetzgebung ist und somit dem Grundsatz der Transparenz unterworfen ist; in der Erwägung, dass sich daraus die Notwendigkeit ableitet, dass die Organisatorinnen und Organisatoren einer Bürgerinitiative öffentlich Rechenschaft über deren Finanzierung einschließlich der Finanzquellen ablegen,

AB.

in der Erwägung, dass die politische Aufgabe des Parlaments darin besteht, den Prozess der Bürgerinitiative zu kontrollieren,

AC.

in der Erwägung, dass sich diese Verantwortung auf die Umsetzung der Verordnung über die Bürgerinitiative sowie auf den politischen Standpunkt der Kommission hinsichtlich der mit der Bürgerinitiative vorgebrachten Forderung erstreckt,

AD.

in der Erwägung, dass unbedingt sichergestellt werden muss, dass die der Kommission durch eine Bürgerinitiative übermittelten Aufforderungen und die demokratisch angenommenen Prioritäten und Vorschläge des Parlaments miteinander vereinbar sind,

1.

fordert die Kommission auf, nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon unverzüglich einen Vorschlag für eine Verordnung zur Bürgerinitiative auf der Grundlage von Artikel 24 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu unterbreiten;

2.

fordert die Kommission auf, hierbei die in der Anlage zu dieser Entschließung dargelegten Empfehlungen gebührend zu berücksichtigen;

3.

fordert, dass die Verordnung verständlich, einfach und nutzerfreundlich gestaltet wird und auch praktische Gesichtspunkte im Zusammenhang mit der Definition der Bürgerinitiative berücksichtigt werden, um Verwechslungen mit dem Petitionsrecht zu vermeiden;

4.

beschließt, unmittelbar nach der Annahme dieser Verordnung ein effizientes System zur Kontrolle des Prozesses der Bürgerinitiative auf den Weg zu bringen;

*

* *

5.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.


(1)  ABl. C 310 vom 16.12.2004, S. 1.

(2)  Angenommene Texte, P6_TA(2008)0055.

(3)  ABl. C 287 E vom 24.11.2006, S. 306.


Donnerstag, 7. Mai 2009
ANLAGE

EMPFEHLUNGEN ZUM INHALT DES VORSCHLAGS DER KOMMISSION FÜR EINE VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES ÜBER DIE VERFAHREN UND BEDINGUNGEN DER BÜRGERINITIATIVE

Zur Festlegung der Mindestzahl der Mitgliedstaaten

1.

Die Mindestzahl der Mitgliedstaaten, aus denen die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, die an der Bürgerinitiative teilnehmen, kommen müssen, beträgt ein Viertel der Mitgliedstaaten.

2.

Diesem Erfordernis wird nur dann entsprochen, wenn aus jedem der betreffenden Mitgliedstaaten mindestens 1/500 der jeweiligen Bevölkerung die Initiative unterstützt.

Zur Festlegung des Mindestalters der Teilnehmerinnen und Teilnehmer

3.

Jede Unionsbürgerin und jeder Unionbürger, die/der gemäß den gesetzlichen Bestimmungen ihres/seines Mitgliedstaats wahlberechtigt ist, kann an der Bürgerinitiative teilnehmen.

Zur Ausgestaltung des Verfahrens

4.

Das Verfahren der Bürgerinitiative umfasst folgende fünf Phasen:

Anmeldung der Initiative,

Sammlung der Unterstützungsbekundungen,

Einreichung der Initiative,

Positionierung durch die Kommission,

Überprüfung, ob der vorgeschlagene Rechtsakt mit den Verträgen vereinbar ist.

5.

Die erste Phase der Bürgerinitiative beginnt mit der Anmeldung der Bürgerinitiative durch die Organisatorinnen und Organisatoren bei der Kommission und endet mit dem formellen Beschluss der Kommission über den Erfolg der Anmeldung der Bürgerinitiative. Sie ist wie folgt gekennzeichnet:

a)

Eine Bürgerinitiative bedarf der ordnungsgemäßen Anmeldung durch die Organisatorinnen und Organisatoren bei der Kommission. Bei der Anmeldung sind von jeder Organisatorin und jedem Organisator der Name, das Geburtsdatum, die Staatsbürgerschaft und die Wohnanschrift sowie der genaue Wortlaut der Bürgerinitiative in einer der Amtssprachen der Europäischen Union anzugeben.

b)

Die Kommission prüft die formale Zulässigkeit der angemeldeten Bürgerinitiative. Eine Bürgerinitiative ist formal zulässig, wenn sie folgende vier Voraussetzungen erfüllt:

Sie enthält die Aufforderung an die Kommission, einen Vorschlag für den Erlass eines Rechtsaktes der Union zu unterbreiten.

Der Union ist in den Verträgen, die Grundlage der Union sind, die Zuständigkeit übertragen worden, einen solchen Rechtsakt zu erlassen.

Der Kommission ist in den Verträgen, die Grundlage der Union sind, die Befugnis zugewiesen worden, einen Vorschlag für einen solchen Rechtsakt zu unterbreiten.

Der geforderte Rechtsakt verstößt nicht offensichtlich gegen die grundlegenden Rechtsvorschriften der Union.

Die Kommission lässt den Organisatorinnen und Organisatoren die gemäß Artikel 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union gebotene Unterstützung zukommen, damit registrierte Initiativen zugelassen werden. Zudem informiert die Kommission die Organisatorinnen und Organisatoren der Bürgerinitiative zugleich über laufende oder geplante Rechtsetzungsvorhaben zu den Angelegenheiten der betreffenden Bürgerinitiative sowie über bereits erfolgreich angemeldete Bürgerinitiativen, die ganz oder teilweise dieselben Angelegenheiten betreffen.

c)

Innerhalb von zwei Monaten nach Anmeldung der Bürgerinitiative entscheidet die Kommission, über deren Zulässigkeit und Registrierfähigkeit. Eine Zurückweisung der Anmeldung darf nur aus rechtlichen Gründen und keinesfalls aus politischen Erwägungen erfolgen.

d)

Der Beschluss ist sowohl individuell an die Organisatorinnen und Organisatoren als auch an die Allgemeinheit gerichtet. Er wird den Organisatorinnen und Organisatoren bekannt gegeben und im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Das Europäische Parlament, der Rat und die Mitgliedstaaten werden umgehend über den Beschluss informiert.

e)

Der Beschluss unterliegt der Nachprüfung durch den Gerichtshof der Europäischen Union sowie durch den Europäischen Bürgerbeauftragten gemäß den einschlägigen Vorschriften des EU-Rechts. Dies gilt entsprechend, falls es die Kommission unterlässt, einen solchen Beschluss zu fassen.

f)

Die Kommission führt ein auf ihrer Webseite öffentlich zugängliches Verzeichnis aller erfolgreich angemeldeten Bürgerinitiativen.

g)

Die Organisatorinnen und Organisatoren einer Bürgerinitiative können diese jederzeit zurückziehen. Sie gilt dann als nicht angemeldet und wird aus dem oben genannten Verzeichnis der Kommission gestrichen.

6.

Die zweite Phase der Bürgerinitiative umfasst die Sammlung von individuellen Unterstützungsbekundungen für die erfolgreich angemeldete Bürgerinitiative sowie die amtliche Bestätigung des Sammlungsergebnisses durch die Mitgliedstaaten. Sie ist wie folgt gekennzeichnet:

a)

Die Mitgliedstaaten sehen ein effektives Verfahren zur Sammlung ordnungsgemäßer Unterstützungsbekundungen für eine Bürgerinitiative und zur amtlichen Bestätigung des Ergebnisses dieser Sammlung vor.

b)

Eine Unterstützungsbekundung ist ordnungsgemäß, wenn sie innerhalb der Frist für die Sammlung von Unterstützungsbekundungen unter Beachtung der einschlägigen Rechtsvorschriften der betreffenden Mitgliedstaaten und des EU-Rechts erklärt worden ist. Die Frist für die Sammlung von Unterstützungsbekundungen beträgt ein Jahr. Sie beginnt am ersten Tag des dritten Monats, der auf den Beschluss über die Anmeldung der Bürgerinitiative folgt.

c)

Jede Unterstützung muss einzeln bekundet werden, in der Regel durch persönliche Unterschrift, die handschriftlich oder gegebenenfalls auch elektronisch erfolgt. Die Bekundung muss mindestens den Namen, das Geburtsdatum, die Wohnanschrift und die Staatsangehörigkeit der unterstützenden Person erkennen lassen. Besitzt diese Person mehrere Staatsangehörigkeiten, so gibt sie nur eine davon an, die sie frei auswählt.

Die personenbezogenen Daten unterliegen dem Datenschutz, für den die Organisatorinnen und Organisatoren der Bürgerinitiative Rechnung tragen.

d)

Die Bekundung der Unterstützung einer Bürgerinitiative darf nur einmal abgegeben werden. Jede Unterstützungsbekundung enthält eine gesonderte eidesstattliche Erklärung der unterstützenden Person, dass sie nicht bereits zuvor ihre Unterstützung für dieselbe Bürgerinitiative bekundet hat.

e)

Jede Unterstützungsbekundung kann bis zum Ablauf der Frist für die Sammlung von Unterstützungsbekundungen widerrufen werden. Die ursprünglich bekundete Unterstützung gilt damit als von vornherein nicht erklärt. Jede unterstützende Person ist hierüber durch die Organisatorinnen und Organisatoren zu informieren. Jede Unterstützungsbekundung muss eine gesonderte Erklärung der unterstützenden Person enthalten, dass sie diese Belehrung erhalten hat.

f)

Jede unterstützende Person erhält von den Organisatorinnen und Organisatoren eine Kopie ihrer Unterstützungsbekundung, einschließlich der Kopie ihrer eidesstattlichen Erklärung sowie ihrer Erklärung über die Kenntnisnahme der Widerrufsmöglichkeit.

g)

Die Mitgliedstaaten stellen den Organisatorinnen und Organisatoren der Bürgerinitiative nach Prüfung der Nachweise über die Unterstützungsbekundungen innerhalb von zwei Monaten eine nach der Staatsangehörigkeit der unterstützenden Personen geordnete amtliche Bestätigung über die Anzahl der ordnungsgemäß bekundeten Unterstützungen aus. Sie stellen durch angemessene Maßnahmen sicher, dass jede Unterstützungsbekundung nur einmal durch einen der Mitgliedstaaten bestätigt wird und mehrfache Bestätigungen durch verschiedene Mitgliedstaaten oder verschiedene Stellen desselben Mitgliedstaates wirksam vermieden werden.

Die personenbezogenen Daten unterliegen dem Datenschutz, für den die beteiligten Behörden der Mitgliedstaaten Rechnung tragen.

7.

Die dritte Phase der Bürgerinitiative beginnt mit der Einreichung der Bürgerinitiative durch die Organisatorinnen und Organisatoren bei der Kommission und endet mit dem formellen Beschluss der Kommission über den Erfolg der Einreichung der Bürgerinitiative. Sie ist wie folgt gekennzeichnet:

a)

Eine Bürgerinitiative bedarf der ordnungsgemäßen Einreichung durch die Organisatorinnen und Organisatoren bei der Kommission. Bei der Einreichung sind die Bestätigungen der Mitgliedstaaten über die Anzahl der Unterstützungsbekundungen vorzulegen.

b)

Die Kommission prüft die Repräsentativität der eingereichten Bürgerinitiative. Eine Bürgerinitiative ist repräsentativ,

wenn sie von mindestens einer Million Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern unterstützt wird,

bei denen es sich um Staatsangehörige von mindestens einem Viertel der Mitgliedstaaten handelt,

wobei die Anzahl der Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats jeweils mindestens 1/500 der Bevölkerung dieses Mitgliedstaats betragen muss.

c)

Innerhalb von zwei Monaten nach Einreichung der Bürgerinitiative entscheidet die Kommission verbindlich über den Erfolg der Einreichung. Dieser Beschluss schließt eine verbindliche Aussage über die Repräsentativität der Bürgerinitiative ein. Eine Zurückweisung der Einreichung darf nur aus rechtlichen Gründen und keinesfalls aus politischen Erwägungen erfolgen.

d)

Der Beschluss ist sowohl individuell an die Organisatorinnen und Organisatoren als auch an die Allgemeinheit gerichtet. Er wird den Organisatorinnen und Organisatoren bekannt gegeben und im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Das Europäische Parlament, der Rat und die Mitgliedstaaten werden umgehend über den Beschluss informiert.

e)

Der Beschluss unterliegt der Nachprüfung durch den Gerichtshof der Europäischen Union sowie durch den Europäischen Bürgerbeauftragten gemäß den einschlägigen Vorschriften des EU-Rechts. Dies gilt entsprechend, falls es die Kommission unterlässt, einen solchen Beschluss zu fassen.

f)

Die Kommission führt ein auf ihrer Webseite öffentlich zugängliches Verzeichnis aller erfolgreich eingereichten Bürgerinitiativen.

8.

Die vierte Phase der Bürgerinitiative umfasst die sachliche Befassung der Kommission mit dem Anliegen der Bürgerinitiative im Einzelnen und endet mit der formellen Positionierung der Kommission zu der in der Bürgerinitiative enthaltenen Aufforderung, einen Vorschlag für einen Rechtsakt zu unterbreiten. Sie ist wie folgt gekennzeichnet:

a)

Eine erfolgreich eingereichte Bürgerinitiative verpflichtet die Kommission, sich inhaltlich mit dem Anliegen der Bürgerinitiative zu befassen.

b)

In diesem Rahmen hört die Kommission die Organisatorinnen und Organisatoren der Bürgerinitiative an und gibt ihnen Gelegenheit, das Anliegen der Bürgerinitiative ausführlich darzulegen.

c)

Die Kommission entscheidet innerhalb von drei Monaten verbindlich über die in der Bürgerinitiative formulierte Aufforderung. Beabsichtigt sie, keinen Vorschlag vorzulegen, erläutert sie dem Parlament sowie den Organisatorinnen und Organisatoren die Gründe für diese Entscheidung.

d)

Der Beschluss ist sowohl individuell an die Organisatorinnen und Organisatoren als auch an die Allgemeinheit gerichtet. Er wird den Organisatorinnen und Organisatoren bekannt gegeben und im Amtsblatt der Europäsichen Union veröffentlicht. Das Europäische Parlament, der Rat und die Mitgliedstaaten werden umgehend über den Beschluss informiert.

e)

Unterlässt es die Kommission, auf der Grundlage einer auf dem Wege einer Bürgerinitiative vorgebrachten Forderung einen Beschluss zu fassen, so unterliegt dies der gerichtlichen Nachprüfung durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften sowie durch den Europäischen Bürgerbeauftragten gemäß den einschlägigen Vorschriften des EU-Rechts.

Der Grundsatz der Transparenz

9.

Die Organisatorinnen und Organisatoren einer erfolgreich angemeldeten Bürgerinitiative sind verpflichtet, nach Abschluss des Verfahrens innerhalb einer angemessenen Frist der Kommission einen Bericht über die Finanzierung der Initiative einschließlich der Finanzierungsquellen vorzulegen (Transparenzbericht). Der Bericht wird von der Kommission geprüft und zusammen mit einer Stellungnahme veröffentlicht.

10.

In der Regel sollte sich die Kommission mit dem Anliegen einer Bürgerinitiative erst nach Vorlage eines ordnungsgemäßen Transparenzberichts inhaltlich befassen.