25.3.2010   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 76/69


Donnerstag, 19. Februar 2009
Die Rolle der NATO im Rahmen der Sicherheitsarchitektur der EU

P6_TA(2009)0076

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Februar 2009 zu der Rolle der NATO im Rahmen der Sicherheitsarchitektur der EU (2008/2197(INI))

2010/C 76 E/14

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der Europäischen Union und der NATO vom 16. Dezember 2002,

unter Hinweis auf die Charta der Vereinten Nationen,

unter Hinweis auf den am 4. April 1949 in Washington unterzeichneten Nordatlantikvertrag,

gestützt auf Titel V des Vertrags über die Europäische Union,

gestützt auf den Vertrag von Lissabon, der am 13. Dezember 2007 unterzeichnet und von der überwiegenden Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten ratifiziert wurde,

unter Hinweis auf den umfassenden Rahmen für ständige Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der NATO, der vom Generalsekretär des EU-Rates/dem Hohen Vertreter für die Gemeinsame Sicherheits- und Außenpolitik und dem Generalsekretär der NATO am 17. März 2003 beschlossen wurde,

unter Hinweis auf die vom Europäischen Rat am 12. Dezember 2003 angenommene Europäische Sicherheitsstrategie (ESS),

unter Hinweis auf die Erklärung des Gipfeltreffens des Nordatlantikrates vom 3. April 2008 in Bukarest,

unter Hinweis auf die vom Ratsvorsitz der Europäischen Union am 11. Dezember 2007 bzw. 16. Juni 2008 veröffentlichten Berichte über die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP),

unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 14. April 2005 zur Europäischen Sicherheitsstrategie (1), vom 16. November 2006 zur Umsetzung der Europäischen Sicherheitsstrategie im Rahmen der ESVP (2), vom 25. April 2007 zu den transatlantischen Beziehungen (3), vom 5. Juni 2008 zur Umsetzung der Europäischen Sicherheitsstrategie und der ESVP (4) und vom 5. Juni 2008 zum bevorstehenden Gipfeltreffen EU-USA (5),

gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A6-0033/2009),

A.

in der Erwägung, dass die Europäische Union und die NATO auf den gemeinsamen Werten Freiheit, Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit beruhen und seit ihrer Gründung dazu dienen, Kriege auf europäischem Gebiet zu verhindern; in der Erwägung, dass es nach der Wahl des neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten auf beiden Seiten des Atlantiks einen zunehmenden Konsens über den abnehmenden Nutzen von Kernwaffen angesichts der derzeitigen Bedrohungen und ein neues Bewusstsein gibt, dass der Umfang des Kernwaffenarsenals im Einklang mit den Verpflichtungen verringert werden muss, die man nach Artikel VI des Atomwaffensperrvertrags eingegangen ist,

B.

in der Erwägung, dass der VN-Sicherheitsrat nach der Charta der Vereinten Nationen die Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit trägt; unter Hinweis auf die Tatsache, dass die Charta die Rechtsgrundlage für die Errichtung der NATO ist; unter Hinweis auf die Tatsache, dass die NATO-Mitgliedstaaten mit Unterzeichnung des Nordatlantikvertrages ihren Glauben an die Ziele und Grundsätze der Charta bekräftigt und sich verpflichtet haben, sich in ihren internationalen Beziehungen jeder Gewaltandrohung oder Gewaltanwendung zu enthalten, die mit den Zielen der Vereinten Nationen nicht vereinbar sind,

C.

in der Erwägung, dass die EU-Mitgliedstaaten das System der Vereinten Nationen als grundlegenden Rahmen für die internationalen Beziehungen anerkennen; in der Erwägung, dass sie weiterhin der Erhaltung des Friedens und der Stärkung der internationalen Sicherheit im Einklang mit den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen, den Grundsätzen der Schlussakte von Helsinki und den Zielen der Charta von Paris sowie der Entwicklung und Konsolidierung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit und der Achtung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten verpflichtet sind; unter Hinweis auf die Tatsache, dass die EU-Mitgliedstaaten die Reform und Stärkung der Organisation der Vereinten Nationen als vorrangige Maßnahmen festgelegt haben, um sie in die Lage zu versetzen, ihre Aufgaben zu erfüllen und effektiv zu handeln, indem sie Lösungen für weltweite Herausforderungen anbietet und auf Hauptbedrohungen reagiert,

D.

in der Erwägung, dass die NATO den Kern der militärischen europäischen Sicherheit bildet und die Europäische Union über ein ausreichendes Potential verfügt, um ihre Aktivitäten zu unterstützen, so dass eine Stärkung der europäischen Verteidigungskapazitäten und eine Vertiefung der Zusammenarbeit beiden Organisationen nutzen wird,

E.

in der Erwägung, dass die europäische Sicherheitsarchitektur auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und internationale Instrumente wie zum Beispiel den Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa umfasst,

F.

in der Erwägung, dass es sich bei der NATO um eine zwischenstaatliche Organisation demokratischer Nationen handelt, in der der Grundsatz: „Zivilisten entscheiden und das Militär führt aus“ herrscht,

G.

in der Erwägung, dass 94 % der EU-Bevölkerung Bürger von NATO-Mitgliedstaaten sind, 21 von 27 EU-Mitgliedstaaten Verbündete in der NATO, 21 von 26 NATO-Staaten EU-Mitgliedstaaten sind, und dass die Türkei, ein langjähriger NATO Verbündeter, ein Kandidat für den Beitritt zur Europäischen Union ist,

H.

in der Erwägung, dass der Europäische Rat in den Jahren 2007 und 2008 wichtige Entscheidungen im Bereich der ESVP mit dem Ziel getroffen hat, ihre operativen Fähigkeiten weiter zu verbessern; in der Erwägung, dass das ungeduldig erwartete Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon wichtige Neuerungen im Bereich der ESVP bringen wird, wodurch die europäische Zusammenarbeit kohärenter und effizienter in diesem Bereich gestaltet werden wird,

I.

in der Erwägung, dass die Europäische Union und die NATO ihre Zusammenarbeit intensivieren müssen und es ermöglichen sollten, die Mittel beider Organisationen zu maximieren und eine effiziente Zusammenarbeit zu gewährleisten, indem den institutionellen Grabenkämpfen ein Ende gesetzt wird,

J.

in der Erwägung, dass die NATO zwar das Forum für Diskussionen und naturgemäß das Gremium zur Durchführung gemeinsamer militärischer Operationen ist, an der die europäischen und amerikanischen Verbündeten beteiligt sind, dass aber die Verantwortung für Frieden und Sicherheit letztendlich bei den Vereinten Nationen liegt,

K.

in der Erwägung, dass Truppen und Ausrüstungen, die ESVP-Missionen zur Verfügung gestellt werden, mehr oder weniger die gleichen sind wie diejenigen, die NATO-Operationen zur Verfügung gestellt werden,

L.

in der Erwägung, dass die NATO als solche nicht in ESVP-Operationen involviert ist; in der Erwägung, dass die Europäische Union, wenn sie eine solche Operation durchführt, entscheidet, ob sie auf die Mittel und Kapazitäten der NATO zurückgreift, und zwar im Rahmen der sogenannten „Berlin-Plus“-Vereinbarungen,

M.

in der Erwägung, dass die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der NATO im Rahmen der „Berlin-Plus“-Vereinbarungen bislang nicht zur allgemeinen Zufriedenheit funktioniert hat, weil es ungelöste Probleme im Zusammenhang mit der Tatsache gibt, dass einige Länder Mitglieder der NATO aber nicht Mitglieder der Europäischen Union sind,

N.

in der Erwägung, dass die NATO und die Europäische Union zusätzlich zu den „Berlin-Plus“-Vereinbarungen eine effiziente Krisenbewältigung sicherstellen sollten und besser zusammenarbeiten sollten, um zu ermitteln, welche Maßnahmen sie im Fall einer Krise, wie beispielsweise in Afghanistan und im Kosovo, am besten treffen sollten,

O.

in der Erwägung, dass die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der NATO von beiden Organisationen noch weiter verbessert werden sollten, wobei die Europäische Union die europäischen NATO-Verbündeten, die keine EU-Mitgliedstaaten sind, noch stärker an der ESVP beteiligen und die NATO die EU-Mitgliedstaaten, die nicht der NATO angehören, stärker an den Gesprächen zwischen der Europäischen Union und der NATO beteiligen sollte; in der Erwägung, dass die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten gestärkt werden sollten,

P.

in der Erwägung, dass die Prozesse der NATO- und der EU-Erweiterung zwar unterschiedlich sind, aber zu einer Stärkung beider Organisationen führen müssen, um Stabilität und Wohlstand auf dem europäischen Kontinent sicherzustellen,

Q.

in der Erwägung, dass ein wichtiger Aspekt der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der NATO darin besteht, nationale Anstrengungen zur Entwicklung und zur Bereitstellung militärischer Kapazitäten für die Krisenbewältigung, die sich gegenseitig unterstützen, zu fördern, wodurch wiederum die vorrangige Aufgabe, das Hoheitsgebiet und die Sicherheitsinteressen der Mitgliedstaaten zu schützen, besser durchgeführt werden kann,

R.

in der Erwägung, dass die Synergie zwischen der Europäischen Union und der NATO in bestimmten militärischen Bereichen durch gemeinsame Pilotvorhaben gestärkt werden könnte,

S.

in der Erwägung, dass die gemeinsame Verteidigung Europas auf einer Kombination konventioneller und atomarer Streitkräfte beruht, die tief greifender an die sich wandelnde Sicherheitslage hätten angepasst werden müssen,

T.

wie der Erwägung, dass sowohl die Europäische Union als auch die NATO derzeit eine Neubewertung ihrer jeweiligen Sicherheitsstrategien (Europäische Sicherheitsstrategie und Erklärung zur Sicherheit des Bündnisses) vornehmen,

U.

in der Erwägung, dass durch den Vertrag von Lissabon zivile und militärische Fähigkeiten aller Mitgliedstaaten für die ESVP bereitgestellt werden, eine ständigen strukturierte Zusammenarbeit im Bereich Verteidigung zwischen einer Pioniergruppe von Staaten vorgesehen ist, die Staaten zur schrittweisen Verbesserung der militärischen Fähigkeiten verpflichtet werden, die Rolle der Europäischen Verteidigungsagentur ausgeweitet wird, die Staaten verpflichtet werden, einander im Falle eines Angriffs beizustehen (unbeschadet der Neutralität einiger bzw. der NATO-Mitgliedschaft einiger anderer Mitgliedstaaten), EU-Zielsetzungen („Petersberger Aufgaben“) um die Bekämpfung des Terrorismus ergänzt werden und schließlich auf gegenseitiger Solidarität im Falle einer terroristischen Bedrohung bzw. terroristischer Angriffe oder Naturkatastrophen bestanden wird,

Strategische Übersich t

1.

unterstreicht, dass alle politischen Maßnahmen der Europäischen Union im vollständigen Einklang mit dem Völkerrecht stehen müssen;

2.

weist mit Nachdruck darauf hin, dass die Daseinsberechtigung der Europäischen Union darin besteht, Frieden innerhalb und außerhalb ihrer Grenzen dadurch zu schaffen, dass sie sich zu wirksamem Multilateralismus und zu Buchstaben und Geist der Charta der Vereinten Nationen bekennt; stellt fest, dass eine effiziente Sicherheitsstrategie die Demokratie und den Schutz der Grundrechte fördert; stellt fest, dass eine ineffiziente Sicherheitsstrategie im Gegenteil die Menschen unnötig leiden lässt; ist der Auffassung, dass die Fähigkeit der Europäischen Union zur Friedensschaffung von der Entwicklung der richtigen Sicherheitsstrategie bzw. -politik, einschließlich der Fähigkeit zu eigenständigem Handeln, und einer effizienten und ergänzenden Beziehung zur NATO abhängt;

3.

fordert die Europäische Union daher auf, weiterhin Missionen im Rahmen der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu entsenden, um Konflikte zu vermeiden, Stabilität zu fördern und dort zu helfen, wo dies notwendig ist, und zwar im Rahmen eines gemeinsamen Konsenses zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder der strukturellen Zusammenarbeit; ist der Überzeugung, dass es weiterhin notwendig ist, dass die Europäische Union und die NATO einen umfassenden Ansatz zur Krisenbewältigung entwickeln;

4.

erkennt an, dass die Vielfalt der Interessen in einer Union mit 27 oder mehr Mitgliedstaaten, mit anderen Worten die mosaik-artige Zusammensetzung der Europäischen Union, dieser einen einzigartigen Charakter verleiht und das Potenzial, in unterschiedlichen Teilen der Welt zu intervenieren, zu vermitteln und zu helfen; fordert, dass das vorhandene Instrumentarium der Europäischen Union zur Krisenbewältigung weiterentwickelt wird und hofft, dass die militärische Kapazität der EU-Mitgliedstaaten integrierter, kosteneffizienter und militärisch schlagkräftiger werden wird, da die Union nur so über die notwendigen Kräfte verfügen kann, die sie in die Lage versetzen, ihre einzigartigen Möglichkeiten in den Bereichen Konfliktverhütung und Konfliktbewältigung auszuschöpfen und ihre umfassenden zivilen Krisenmanagementmechanismen zu vervollständigen;

5.

tritt nachdrücklich für mehr Solidarität unter den EU-Mitgliedstaaten bei der Entwicklung gemeinsamer Sicherheits- und Verteidigungsstrategien ein;

6.

ist der Überzeugung, dass eine starke und lebendige europäisch-atlantische Partnerschaft der beste Garant für Sicherheit und Stabilität in ganz Europa sowie für die Achtung der Grundsätze Demokratie, Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und verantwortungsvolle Staatsführung ist;

7.

ist der festen Überzeugung, dass demokratische Freiheiten und Rechtstaatlichkeit die Antwort auf die Bestrebungen der Menschen in der ganzen Welt darstellen; ist der Auffassung, dass kein Land und keine Nation von einer solchen Perspektive ausgeschlossen werden sollte, da jeder Mensch das Recht hat, in einem demokratischen Rechtstaat zu leben;

8.

begrüßt, dass die Europäische Sicherheitsstrategie als Teil des Engagements der Europäischen Union aktualisiert wurde, die europäischen Sicherheitsinteressen festzulegen und zu schützen und einen wirksamen Multilateralismus zu stärken, wodurch der Union eine Strategie zur Bewältigung der Bedrohungen des 21. Jahrhunderts an die Hand gegeben wird; stellt fest, dass ein echter, umfassender und demokratischer Konsens zwischen der Europäischen Union und der NATO ein unverzichtbares Element der Umsetzung dieser Strategie auf der Grundlage eines Konsenses zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika im Bereich der Sicherheitspolitik ist, worin sich ihre gemeinsamen Werte, Ziele und Prioritäten widerspiegeln, namentlich der Vorrang der Menschenrechte und des Völkerrechts;

9.

weist mit Nachdruck darauf hin, dass dies angesichts der jüngsten Ereignisse im Kaukasus, des neuen Vorgehens im Rahmen des Konzepts der NATO in Europa, des Regierungswechsels in den Vereinigten Staaten von Amerika und der Aufnahme der Arbeiten an der Überprüfung des strategischen Konzepts der NATO noch mehr an Bedeutung gewinnt;

10.

fordert nachdrücklich, dass die parallel laufenden Überarbeitungen der Sicherheitsstrategien der Europäischen Union bzw. der NATO nicht nur komplementär sondern auch konvergent sein sollten, wobei dem Potenzial des anderen das gebührende Gewicht zu geben ist;

11.

ist der Auffassung, dass sowohl die NATO als auch die Europäische Union langfristig als gemeinsames Ziel anstreben sollten, für die Einwohner ihrer Mitgliedstaaten und generell eine sicherere Welt im Einklang mit Buchstaben und Geist der Charta der Vereinten Nationen zu schaffen und ebenfalls aktiv massenhaft begangene Gräueltaten und regionale Konflikte, unter denen die Menschen nach wie vor stark leiden, zu verhüten oder entsprechende Maßnahmen zu treffen;

12.

weist mit Nachdruck darauf hin, dass alle Demokratien sich gemeinsam für Stabilität und Frieden im Rahmen eines Mandats der Vereinten Nationen einsetzen sollten;

13.

ist sich der Tatsache bewusst, dass Sicherheit und Entwicklung voneinander abhängig sind und dass es keine klare Abfolge von Ereignissen gibt, um eine nachhaltige Entwicklung in Konfliktgebieten zu erreichen; weist darauf hin, dass in der Praxis alle Instrumente parallel eingesetzt werden; fordert deshalb die Kommission auf, weitere Forschungen über die Bedeutung von aufeinander folgenden militärischen und zivilen Einsätzen in Konfliktgebieten anzustellen und ihre Erkenntnisse in ihre Sicherheits- und Entwicklungspolitik einzubringen;

Zusammenhang zwischen der NATO und der Sicherheitsarchitektur der Europäischen Union

14.

erkennt an, dass die NATO sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart eine wichtige Rolle in der Sicherheitsarchitektur Europas spielt; stellt fest, dass die Allianz für die Mehrzahl der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die ebenfalls NATO-Verbündete sind, das Fundament der gemeinsamen Verteidigung ist und bleibt und die Sicherheit Europas als Ganzes, unabhängig von den einzelnen Positionen, die seine Staaten vertreten, weiterhin von der Aufrechterhaltung des transatlantischen Bündnisses profitiert; vertritt daher die Auffassung, dass die künftige gemeinsame Verteidigung der Europäischen Union soweit wie möglich in Zusammenarbeit mit der NATO organisiert werden soll; vertritt die Auffassung, dass die USA und die Europäische Union ihre bilaterale Beziehung vertiefen und sie auf Fragen ausdehnen müssen, die zum Bereich Frieden und Sicherheit gehören;

15.

stellt fest, dass die Gefahren für die Sicherheit in der heutigen Welt zunehmend durch Phänomene geprägt werden wie internationaler Terrorismus, Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, gescheiterte Staaten, festgefahrene Konflikte, organisierte Kriminalität, Internet-Gefahren, Umweltschäden und damit verbundene Sicherheitsgefahren, Naturkatastrophen und andere Katastrophen, und dass diese eine noch engere Partnerschaft sowie eine Konzentration auf die Stärkung der zentralen Fähigkeiten von Europäischer Union und NATO und eine engere Koordinierung in den Bereichen Planung, Technologie, Ausrüstung und Ausbildung erforderlich machen;

16.

weist mit Nachdruck auf die zunehmende Bedeutung der ESVP hin, die dazu beitragen wird, die Fähigkeit der Europäischen Union bei der Bewältigung der Sicherheitsbedrohungen des 21. Jahrhunderts zu schärfen, insbesondere im Rahmen von gemeinsamen zivilen und militärischen Operationen und Krisenmanagementmaßnahmen, die von Krisenverhütungsmaßnahmen über Reformen des Sicherheitssektors bis hin zu Reformen der Polizei und der Justiz gehen;

17.

ist der Ansicht, dass die Europäische Union und die NATO sich gegenseitig stärken könnten, indem sie Wettbewerb vermeiden und auf der Grundlage einer praktischen Arbeitsteilung eine größere Zusammenarbeit bei Operationen des Krisenmanagements schaffen; ist der Auffassung, dass eine Entscheidung darüber, welche Organisation Streitkräfte entsenden sollte, auf der Grundlage des politischen Willens erfolgen sollte, der von beiden Organisationen hinsichtlich der operativen Bedürfnisse und der politischen Legitimität vor Ort ausgedrückt wird, sowie ihrer Fähigkeit, Frieden und Stabilität zu schaffen; stellt fest, dass die Zusammenarbeit bei der Erarbeitung der neuen europäischen Sicherheitsstrategie und des neuen strategischen Konzepts der NATO für die Erreichung dieses Ziels von ausschlaggebender Bedeutung ist;

18.

ist der Auffassung, dass die Europäische Union ihre eigenen Sicherheits- und Verteidigungsfähigkeiten entwickeln muss, was eine verbesserte Lastenteilung mit den nicht-europäischen Verbündeten und eine angemessene Reaktion auf diejenigen Sicherheitsherausforderungen und Bedrohungen ermöglichen wird, die nur die EU-Mitgliedstaaten betreffen;

19.

fordert die Europäische Union auf, das Instrumentarium ihrer Sicherheitsstrategie zu entwickeln, das von diplomatischer Krisenverhütung und Wirtschafts- und Entwicklungshilfe bis zu zivilen Kapzitäten im Bereich der Stabilisierung und des Wiederaufbaus sowie militärischen Mitteln reicht; ist darüber hinaus der Auffassung, dass das Instrumentarium der „sanften Macht“ in der Nachbarschaftspolitik der Europäischen Union eingesetzt werden sollte;

20.

stellt fest, dass die „Berlin-Plus“-Vereinbarungen, die der Europäischen Union ermöglichen, sich der NATO-Mittel und -Kapazitäten zu bedienen, jetzt verbessert werden müssen, damit die beiden Organisationen in derzeitigen Krisensituationen, die vielfältige zivile und militärische Reaktionen erfordern, intervenieren und wirksam helfen können; hält es daher für notwendig, die Beziehungen zwischen der NATO und der Europäischen Union weiter auszubauen und dauerhafte Strukturen der Zusammenarbeit zu schaffen, wobei die Unabhängigkeit und die Autonomie beider Organisationen zu berücksichtigen ist und die Beteiligung aller NATO-Mitglieder und aller EU-Mitgliedstaaten, die eingebunden werden wollen, nicht ausgeschlossen werden darf;

21.

fordert die Türkei auf, die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der NATO nicht weiter zu behindern;

22.

fordert die Europäischen Union auf, bei der Erarbeitung eines Weißbuchs zur Europäischen Sicherheit und Verteidigung auch die Kohärenz der externen Operationen Europas zu prüfen, insbesondere was die Zusammenarbeit mit anderen internationalen Partnern in Krisengebieten anbelangt;

Zusammenarbeit zwischen der NATO und der Europäischen Union in Fragen der Sicherheit und der Verteidigung

23.

begrüßt ausdrücklich die französische Initiative, offiziell zu den militärischen Strukturen der NATO zurückzukehren, sowie die Bemühungen des französischen Ratsvorsitzes innerhalb des Rates der Europäischen Union, die Europäischen Union und die NATO stärker zusammenzubringen, um auf die neuen Herausforderungen im Bereich der Sicherheit eingehen zu können; begrüßt die Bemühungen des französischen Ratsvorsitzes, konkrete Initiativen zu verabschieden, mit denen die europäischen Verteidigungskapazitäten zusammengelegt werden können; begrüßt ebenfalls den neuerdings positiven Ansatz der Vereinigten Staaten im Hinblick auf die Konsolidierung der Verteidigungskapazitäten der Europäischen Union;

24.

fordert die Mitgliedstaaten beider Organisationen mit Nachdruck auf, flexibler, zielgerichteter und pragmatischer zu sein bei der Umsetzung der Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und der NATO; unterstützt deshalb den Vorschlag der französischen Regierung zur Einrichtung systematischer Kontakte zwischen den Generalsekretariaten der NATO und dem Rat der Europäischen Union, insbesondere um Verwirrung zu vermeiden, wenn die Europäischen Union und die NATO im Rahmen diverser Einsätze Seite an Seite und mit einem gemeinsamen Ziel und in einem gemeinsamen Einsatzgebiet arbeiten, wie beispielsweise im Kosovo und in Afghanistan;

25.

betont, dass die Europäischen Union ein entscheidender NATO-Partner ist, da sie über eine spezifische Kombination einsetzbarer Instrumente verfügt, nämlich zivile Operationen, Sanktionen, humanitäre Hilfe, Entwicklungshilfe und Handelspolitik sowie politischer Dialog; fordert deshalb die EU und die NATO auf, ihre Bemühungen zur Errichtung eines Rahmens für die integrierte Zusammenarbeit im Vorgriff auf die Ratifizierung des Vertrags von Lissabon wesentlich zu verstärken;

26.

ist sich der entscheidenden Bedeutung einer Verbesserung der Zusammenlegung nachrichtendienstlicher Erkenntnisse zwischen den NATO-Verbündeten und den EU-Partnern bewusst;

27.

stellt fest, dass EU-Bürger Einsätze unterstützen, die das menschliche Leid in Konfliktregionen lindern sollen; stellt fest, dass die Bürger über die Einsätze der Europäischen Union und der NATO und deren Ziele nicht ausreichend informiert sind; fordert die Europäische Union und die NATO daher auf, die Bevölkerung besser über ihre Einsätze und deren Rolle bei der Schaffung von Sicherheit und Stabilität weltweit zu informieren;

28.

stellt fest, dass sich sowohl die NATO als auch die Europäische Union zur Festigung ihrer Zusammenarbeit darauf konzentrierten sollten, ihre grundlegende Kapazitäten zu stärken, die Interoperabilität zu verbessern und ihre Lehrsätze, Planungen, Technologien, Ausrüstungen und Ausbildungsmethoden abzustimmen;

Operationelles Hauptquartier der Europäischen Union

29.

unterstützt die Schaffung eines operationellen EU-Hauptquartiers unter der Leitung des Vizepräsidenten der Kommission/des Hohen Vertreters, das den Auftrag hat, die militärischen ESVP-Operationen zu planen und durchzuführen;

30.

weist mit Nachdruck darauf hin, dass die Erfahrung bei Operationen der Europäischen Union gezeigt hat, dass eine dauerhafte Planungs- und Befehlskapazität für EU-Operationen die Wirksamkeit und die Glaubwürdigkeit der Operationen der Europäischen Union steigern würde; weist erneut darauf hin, dass eine solche Struktur angesichts des doppelten zivilen und militärischen Engagements der Europäischen Union nicht die Wiederholung einer Struktur wäre, die andernorts bereits existiert; weist ferner darauf hin, dass das Hauptquartier der NATO hauptsächlich der militärischen Planung dient, wohingegen die Europäische Union Erfahrung bei der Planung und Durchführung sowohl ziviler als auch militärischer und zivil/militärischer Operationen besitzt, die kein anderer globaler Akteur derzeit erfolgreich durchführen kann;

31.

weist mit Nachdruck darauf hin, dass ein Hauptquartier der Europäischen Union eine Ergänzung zu den derzeitigen Befehlsstrukturen der NATO darstellen sollte und die transatlantische Integrität der NATO nicht untergraben würde;

32.

schlägt vor, dass jeder Mitgliedstaat, der zugleich Mitglied der NATO ist, in einer Vereinbarung der NATO diejenigen Streitkräfte gesondert angeben sollte, die nur für EU-Operationen eingesetzt werden dürfen, um zu verhindern, dass ein derartiger Einsatz durch NATO-Mitglieder, die nicht EU-Mitgliedstaaten sind, blockiert wird; ist der Auffassung, dass eine Verdopplung beim Einsatz dieser Streitkräfte verhindert werden sollte;

Kapazitäten und Militärausgaben

33.

ist der Auffassung, dass sowohl die Europäische Union als auch die NATO vor der Herausforderung stehen, die gleiche nationale Reserve von Ressourcen in Bezug auf Personal und Kapazitäten in Anspruch zu nehmen; fordert Europäische Union und NATO auf zu gewährleisten, dass diese begrenzten Ressourcen zur Bewältigung der schwierigen Herausforderungen in der heutigen Zeit so gut wie möglich genutzt werden, wobei Doppelarbeit vermieden und Kohärenz gefördert werden soll; ist der Auffassung, dass der strategische Lufttransport, ein besonderes Beispiel für ein relativ knappes und teures operationelles Gut, eine Gelegenheit für Zusammenarbeit zwischen den EU- und den NATO-Mitgliedstaaten sein sollte; fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, militärische Kapazitäten zusammenzulegen, zu teilen und gemeinsam zu entwickeln, um Verschwendung zu vermeiden, Kostenersparnisse herzustellen und die industriellen und technischen Grundlagen der europäischen Verteidigungsindustrie zu stärken;

34.

ist der Auffassung, dass nicht nur die militärischen Ressourcen sehr viel effizienter genutzt werden sollten, sondern dass auch im Interesse der Synergie eine bessere und effizientere Koordinierung der Investitionen in die Verteidigung auf der Ebene der EU-Mitgliedstaaten für die Interessen der europäischen Sicherheit von ausschlaggebender Bedeutung sind; fordert einen spürbaren Anstieg des Anteils der gemeinsamen Kosten bei jeder Militäroperation der NATO und der Europäischen Union; stellt fest, dass sowohl was die Größenordnung angeht als auch was die Effizienz der Verteidigungsausgaben betrifft, ein großer Unterschied zwischen den europäischen Mitgliedern der NATO auf der einen Seite und den Vereinigten Staaten auf der anderen Seite besteht; fordert die Europäische Union auf, einen gerechteren Anteil an der Last zu tragen; fordert ferner die USA auf, mehr Bereitschaft an den Tag zu legen, ihre europäischen Verbündeten zu Fragen im Zusammenhang mit Frieden und Sicherheit zu konsultieren;

35.

erkennt den beträchtlichen potenziellen Beitrag der Europäischen Verteidigungsagentur, die durch den Vertrag von Lissabon gestärkt wird, zu einem kosteneffizienten Beschaffungswesen und einer gesteigerten Interoperabiliät von Rüstungsgütern an;

Kompatibilität zwischen NATO- und EU-Mitgliedschaft

36.

besteht darauf, dass alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union unterschiedslos an gemeinsamen Treffen der Europäischen Union und der NATO teilnehmen müssen; weist mit Nachdruck darauf hin, dass Einheit der Werte und Sicherheitsvorkehrungen ein wesentlicher Faktor ist, der Frieden, Stabilität und Wohlstand in Europa garantiert;

37.

schlägt vor, dass die Verbündeten der NATO, die der Europäischen Union beitreten wollen, stärker in die Arbeit der ESVP und die der Europäischen Verteidigungsagentur einbezogen werden sollen;

38.

weist darauf hin, dass das Problem der Kompatibilität zwischen Nichtmitgliedschaft in der Europäischen Union und Mitgliedschaft in der NATO sowie das Problem der Nichtmitgliedschaft in der NATO und der Mitgliedschaft in der Europäischen Union angegangen und bewältigt werden muss, damit die funktionierende Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der NATO nicht beeinträchtigt wird;

39.

bedauert insbesondere die Tatsache, dass der türkisch-zyprische Konflikt weiterhin die Entwicklung der Zusammenarbeit zwischen Europäischer Union und NATO belastet, denn einerseits weigert sich die Türkei, Zypern zu gestatten, an ESVP-Missionen unter Einbeziehung von NATO-Erkenntnissen und -Ressourcen teilzunehmen, und andererseits weigert sich Zypern dafür, der Türkei zu gestatten, sich bei der allgemeinen Entwicklung der ESVP in einem Maß zu engagieren, das dem militärischen Gewicht und der strategischen Bedeutung für Europa und das transatlantische Bündnis entspricht;

40.

legt Zypern als einem EU-Mitgliedstaat nahe, seine politische Haltung zu seiner Mitgliedschaft in der Partnerschaft für Frieden zu überdenken, und fordert die NATO-Mitgliedstaaten auf, sich der Ausübung ihres Vetorechts gegen den Beitritt von EU-Mitgliedstaaten zur NATO zu enthalten;

41.

begrüßt, dass die Verbündeten auf dem NATO-Gipfel in Bukarest den Beitrag eines stärkeren und fähigeren Europas anerkannt haben, und dass die Allianz für eine künftige Erweiterung offen bleibt; stellt fest, dass die Politik einer europäischen Perspektive und somit eines östlichen Partnerschaftsprojekts für die Länder der europäischen Nachbarschaftspolitik im Osten für ihre demokratische und rechtsstaatliche Entwicklung von überaus großer Bedeutung ist;

42.

ist der Auffassung, dass hinsichtlich künftiger Erweiterungen der NATO jeder Fall individuell geprüft werden sollte; würde sich allerdings aus Gründen der europäischen Sicherheitsinteressen gegen eine Erweiterung der Organisation um Länder wenden, in denen die Mitgliedschaft nicht die Unterstützung der Bevölkerung hat oder in denen es ernste ungelöste territoriale Streitigkeiten mit ihren Nachbarn gibt;

43.

stellt fest, dass für viele der Nachbarn der Europäischen Union die Mitgliedschaft in der NATO als auch die Mitgliedschaft in der Europäischen Union realistische und vereinbare Ziele sind, wenn dies auch nur langfristig gilt;

44.

ist der Auffassung, dass die Europäische Union und die NATO weiterhin einen realistischen und offenen Dialog mit Russland führen müssen, auch in den Bereichen Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit, regionale Sicherheit, Energie, Raketenabwehr, Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen, Begrenzung der Streitkräfte und Raumfahrtpolitik; ist der Ansicht, dass die Zusammenarbeit zwischen Russland und der Europäischen Union eine beispiellose Intensität erlangen könnte, wenn Russland ein wirklich demokratisches Land wird, und militärische Drohungen als politisches Druckmittel den Nachbarn gegenüber ausschließt, einschließlich der Perspektive einer Mitgliedschaft Russlands in allen europäisch-atlantischen Strukturen;

45.

sieht erwartungsvoll den Möglichkeiten entgegen, die der bevorstehende Gipfel der NATO zum 60. Jahrestag in Straßburg und Kehl für die Verjüngung des Bündnisses und die Stärkung seiner Beziehung zur Europäischen Union bietet;

*

* *

46.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Parlamenten der EU-Mitgliedstaaten und der NATO-Länder, der Parlamentarischen Versammlung der NATO sowie den Generalsekretären der Vereinten Nationen, der NATO, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und des Europarates zu übermitteln.


(1)  ABl. C 33 E vom 9.2.2006, S. 580.

(2)  ABl. C 314 E vom 21.12.2006, S. 334.

(3)  ABl. C 74 E vom 20.3.2008, S. 670.

(4)  Angenommene Texte, P6_TA(2008)0255.

(5)  Angenommene Texte, P6_TA(2008)0256.