52009DC0534

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat - Kosovo – Verwirklichung der europäischen Perspektive /* KOM/2009/0534 endg. */


Brüssel, den 14.10.2009

KOM(2009) 534 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

Kosovo( – Verwirklichung der europäischen Perspektive

ZWECK DER MITTEILUNG

Die Kommission kündigte in ihrer Erweiterungsstrategie 2008 an, eine Durchführbarkeitsstudie zum Kosovo[1] vorzulegen. Im Dezember 2008 begrüßte der Rat den Vorschlag der Kommission, eine Studie vorzulegen, in der geprüft wird, wie die politische und sozioökonomische Entwicklung des Kosovo gefördert werden kann. Er erinnerte an die Bereitschaft der EU, die wirtschaftliche und politische Entwicklung des Kosovo durch eine klare europäische Perspektive im Einklang mit der europäischen Perspektive der Region zu unterstützen.

Im April 2005 veröffentlichte die Kommission eine Mitteilung zum Kosovo[2]. Die Kommission hat die EU-Mitgliedstaaten regelmäßig über die Entwicklungen im Kosovo unterrichtet. Zweck dieser Mitteilung ist es, eine Bilanz dieser Entwicklungen zu ziehen, die Probleme, vor denen das Kosovo auf dem Weg nach Europa steht, zu ermitteln, die Maßnahmen, die das Kosovo zur Bewältigung dieser Probleme treffen sollte, zu bestätigen und Gemeinschaftsinstrumente vorzuschlagen, mit denen das Kosovo bei der Förderung seiner politischen und sozioökonomischen Entwicklung unterstützt werden kann. Da das Kosovo die gleiche europäische Perspektive hat wie die übrige westliche Balkanregion, kommt dem regionalen Kontext besondere Bedeutung zu. Das Kosovo muss mit den Entwicklungen in der Region Schritt halten, um Wirtschaftswachstum und politische Stabilität zu fördern. Dies liegt sowohl im Interesse des Kosovo als auch der westlichen Balkanstaaten und der Europäischen Union insgesamt.

Das Kosovo hat am 17. Februar 2008 seine Unabhängigkeit erklärt. Diese ist bisher von 62 Staaten anerkannt worden. Das Kosovo hat sich auch eine Verfassung gegeben, die auf dem Umfassenden Vorschlag für die Regelung des Status des Kosovo beruht. Der Internationale Zivilbeauftragte (ICR) beaufsichtigt die Umsetzung dieses Vorschlags[3].

Die Übergangsverwaltungsmission der Vereinten Nationen im Kosovo (UNMIK) ist umstrukturiert worden; die Resolution 1244/1999 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen findet weiter Anwendung. Zu den Aufgaben der UNMIK gehören Beobachtung und Berichterstattung, die Unterstützung der Vertretung des Kosovo im Ausland und des Dialogs zwischen Pristina und Belgrad sowie Maßnahmen zur Lösung praktischer Fragen hinsichtlich der Gebiete des Kosovo mit mehrheitlich serbischer Bevölkerung[4].

Auf Antrag der Generalversammlung der Vereinten Nationen arbeitet der Internationale Gerichtshof zurzeit ein Gutachten zu der Frage aus, ob die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo mit dem Völkerrecht im Einklang steht. Das Gutachten soll 2010 abgegeben werden.

ENGAGEMENT DER EU FÜR DAS KOSOVO

Die EU-Mitgliedstaaten entscheiden über ihre Beziehungen zum Kosovo im Einklang mit ihrer innerstaatlichen Praxis und dem Völkerrecht. Bisher haben 22 EU-Mitgliedstaaten die Unabhängigkeit des Kosovo anerkannt. Das Fehlen eines vereinbarten Standpunkts zum Status des Kosovo hindert die EU nicht daran, sich in erheblichem Umfang im Kosovo zu engagieren.

Die EU hat einen EU-Sonderbeauftragten ernannt[5], der Beratung und Unterstützung im politischen Prozess des Kosovo anbietet und die Kohärenz der Tätigkeit der EU gewährleistet. Die EU hat auch ihre bisher größte zivile ESVP-Mission in das Kosovo entsandt[6]. EULEX hat die Aufgabe, das Kosovo in Fragen der rechtsstaatlichen Ordnung, insbesondere Polizei, Justiz und Zoll, zu beobachten, anzuleiten und zu beraten, und nimmt auch weiterhin bestimmte Exekutivbefugnisse wahr.

Das Kosovo ist in den Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess (SAP) der EU für die westlichen Balkanstaaten einbezogen. Im März 2007 wurden die Strukturen für den SAP-Kontrollmechanismus verbessert. In diesem Rahmen ist ein regelmäßiger Dialog über Innovation, Binnenmarkt, verantwortungsvolle Staatsführung, Landwirtschaft, Wirtschaft und Infrastruktur vorgesehen. Die EU hat die Reformprioritäten für das Kosovo in der Europäischen Partnerschaft vom 18. Februar 2008[7] festgelegt.

Im Juli 2008 organisierte die Kommission eine Geberkonferenz für das Kosovo, auf der 1,2 Mrd. EUR zugesagt wurden, davon mehr als 500 Mio. EUR aus dem Gemeinschaftshaushalt. Die EU und ihre Mitgliedstaaten sagten zusammen fast 800 Mio. EUR zu. Das Kosovo erhält von der Gemeinschaft weiterhin Finanzhilfe im Rahmen des Instruments für Heranführungshilfe (IPA), der CARDS[8], des Instruments für Stabilität und anderer Initiativen. Es kommt auch nach wie vor für Makro-Finanzhilfe in Betracht.

FORTSCHRITTE DES KOSOVO AUF DEM WEG NACH EUROPA

In ihrer Mitteilung von 2005, Eine europäische Zukunft für das Kosovo , konzentrierte sich die Kommission auf die wirtschaftlichen Aspekte der Entwicklung des Kosovo, den Institutionenaufbau und den regionalen Kontext. In diesen Bereichen hat das Kosovo seit 2005 einige Fortschritte erzielt, es sind jedoch noch große Herausforderungen zu bewältigen.

Die Fortschrittsberichte der Kommission seit 2006 bestätigen, dass das Kosovo bei der Angleichung an die europäischen Normen vorangekommen ist. Die Vorlage eines mittelfristigen Ausgabenrahmens 2008 und 2009 ist als Fortschritt auf dem Weg zu einem tragfähigen finanzpolitischen Rahmen für das Kosovo anzusehen. Seit Juni 2009 ist das Kosovo Mitglied des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank. Die Einrichtung der Agentur für die Koordinierung von Entwicklung und europäischer Integration im Jahr 2008 ist ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Geberkoordinierung im Kosovo und zur Verstärkung seiner Anstrengungen zur Annäherung an Europa. Das Kosovo hat an den Arbeiten zum Stabilitätspakt und beim Übergang vom Stabilitätspakt zum Regionalen Kooperationsrat mitgewirkt. Es nimmt an zahlreichen regionalen Kooperationsinitiativen[9] teil.

Bei der Annäherung an die EU muss dass Kosovo jedoch parallel zum Erlass von Rechtsvorschriften auch für deren angemessene Anwendung und Durchsetzung sorgen. Im Kosovo besteht eine ausgedehnte Schattenwirtschaft, und die Ordnungspolitik, der Regulierungsrahmen und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geben weiter Anlass zur Besorgnis. Den Unternehmen im Kosovo fehlen Exportkapazitäten. Das Kosovo muss Umfang und Effizienz seines Systems der sozialen Sicherung verbessern und zu einem stärker strategisch geprägten Beschäftigungskonzept übergehen. Die öffentliche Verwaltung des Kosovo ist nach wie vor schwach. Die Teilnahme des Kosovo an regionalen Foren gestaltet sich zunehmend schwieriger. Das Mitteleuropäische Freihandelsabkommen konnte die Blockade der Ausfuhren des Kosovo nach Serbien und des Transithandels mit Bosnien und Herzegowina nicht beenden.

UMSETZUNG DER EUROPÄISCHEN PERSPEKTIVE DES KOSOVO

Die EU hat wiederholt bestätigt, dass das Kosovo die gleiche europäische Perspektive hat wie die übrige westliche Balkanregion. Im Dezember 2007 bestätigte der Europäische Rat die Bereitschaft der EU, die wirtschaftliche und politische Entwicklung des Kosovo durch eine klare europäische Perspektive im Einklang mit der europäischen Perspektive der Region zu unterstützen. Im Februar 2008 bekräftigte der Rat seine Zusage, die europäische Perspektive für die westliche Balkanregion umfassend und wirksam zu fördern, und forderte die Kommission auf, zur Förderung der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung Gemeinschaftsinstrumente zu nutzen und der gesamten Region konkrete Maßnahmen für Fortschritte in dieser Richtung vorzuschlagen. Im Dezember 2008 hob die EU erneut ihre Bereitschaft hervor, die wirtschaftliche und politische Entwicklung des Kosovo durch eine klare europäische Perspektive im Einklang mit der europäischen Perspektive der Region zu unterstützen.

Die Region hat im Bereich der europäischen Integration beträchtliche Fortschritte gemacht. Alle Länder haben Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit der EU ausgehandelt. Kroatien und die ehemalige jugoslawischen Republik Mazedonien haben den Status von Kandidatenländern. Im Auftrag des Rates arbeitet die Kommission zurzeit eine Stellungnahme zum Beitrittsantrag Montenegros aus. Der Rat hat auch einen Beitrittsantrag Albaniens erhalten. Das Kosovo muss im Interesse der politischen Stabilität und des wirtschaftlichen Fortschritts in der Region mit diesen Entwicklungen Schritt halten.

In ihrer Mitteilung Westlicher Balkan: Stärkung der europäischen Perspektive [10] vom März 2008 hat die Kommission die Gemeinschaftsinstrumente aufgezeigt, mit denen demokratische Reformen, gutnachbarliche Beziehungen und wirtschaftliche Fortschritte gefördert werden können. Das Kosovo steht vor einer Reihe großer Herausforderungen, bei deren Bewältigung die Gemeinschaftsinstrumente helfen könnten. In welchem Umfang das Kosovo diese Instrumente nutzen kann, hängt von den Fortschritten bei seinen Reformen ab. Das Kosovo muss seine europäische Agenda konsolidieren, für eine nachhaltige sozioökonomische Entwicklung sorgen, die sektorale Angleichung intensivieren und sich konstruktiv an der regionalen Zusammenarbeit beteiligen. Die EU kann das Kosovo bei diesen Anstrengungen unterstützen.

Die Kommission begrüßt die Tatsache, dass trotz der unterschiedlichen Standpunkte der EU-Mitgliedstaaten zum Status des Kosovo das Konzept „uneinig bei der Anerkennung, einig im Engagement“ eine konstruktive Grundlage für Fortschritte bietet. Im Einklang mit den Schlussfolgerungen des Rates kann sich die EU unbeschadet der Standpunkte der EU-Mitgliedstaaten zum Status auf Maßnahmen zur Unterstützung der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung des Kosovo einigen.

KONSOLIDIERUNG DER EUROPÄISCHEN AGENDA DES KOSOVO

Das Kosovo hat wiederholt seine Entschlossenheit bestätigt, Fortschritte bei der Verwirklichung seiner europäischen Agenda zu erzielen. Die Annäherung an die EU ist im Kosovo nach wie vor die treibende Kraft für Reformen. Das Kosovo hat im April 2008 einen Plan für die europäische Integration verabschiedet und im August 2009 den Aktionsplan für die Europäische Partnerschaft aktualisiert.

Die Schlussfolgerungen des Fortschrittsberichts 2009 für das Kosovo bestätigen, dass das Kosovo vor großen Herausforderungen steht. Das Kosovo muss bei der Errichtung und Festigung einer rechtsstaatlichen Ordnung weiter vorankommen und Arbeitsweise und Unabhängigkeit der Justiz verbessern. Es muss eine Bilanz der Bekämpfung von Korruption, Geldwäsche und organisierter Kriminalität aufstellen und konkrete Ergebnisse nachweisen. Das Kosovo muss auch die Kapazität, Unabhängigkeit und Professionalität der öffentlichen Verwaltung stärken und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verbessern, unter anderem Regulierung, Aufsicht und Unternehmensverfassung. Das Kosovo muss für volle Transparenz bei der Besetzung höherer Verwaltungsämter sorgen und sicherstellen, dass die öffentliche Beschaffung die Kriterien der Unabhängigkeit, Objektivität und Transparenz erfüllt. Das Kosovo muss eine nachhaltige Gesamtwirtschafts- und Steuerpolitik festlegen.

Das Kosovo muss dafür sorgen, dass die für November 2009 geplanten Kommunalwahlen in fairer und transparenter Weise stattfinden. Die Minderheiten müssen uneingeschränkt an der Dezentralisierung beteiligt werden. Das Kosovo muss den Schutz der Serben und der anderen Minderheiten verbessern und den Dialog und die Versöhnung zwischen den Gemeinschaften fördern. Der soziale Zusammenhalt muss gestärkt werden. Das Kosovo muss eine effiziente und effektive öffentliche Verwaltung aufbauen. Bei der Ausarbeitung von Rechtsvorschriften sollte das Kosovo das ihm zur Verfügung stehende internationale Fachwissen rechtzeitig und in vollem Umfang nutzen. Vorrangig ist die ordnungsgemäße Anwendung der erlassenen Rechtsvorschriften zu gewährleisten, einschließlich einer angemessenen Bereitstellung von Personal und Ausrüstung. Es ist unerlässlich, dass das Kosovo mit einer konstruktiven, pragmatischen Einstellung an die regionale Zusammenarbeit herangeht.

Die Kommission schlägt vor, zur Unterstützung der rechtsstaatlichen Ordnung, der Reform der öffentlichen Verwaltung und der Anstrengungen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Kosovo gezielt IPA-Mittel einzusetzen, unter anderem im Wege von Partnerschaften („Twinning“). Auch eine Unterstützung im Infrastrukturbereich wird geprüft werden.

ANNÄHERUNG DER BÜRGER DES KOSOVO AN DIE EU

Eine Reihe von Ländern in der Region hat erhebliche Fortschritte im Bereich der Freizügigkeit erzielt. Nach dem Abschluss von Rückübernahmeabkommen konnte die EU mit diesen Ländern im Gegenzug Abkommen über Visaerleichterungen schließen. Die Fahrpläne für die Visaliberalisierung waren eine wichtige Orientierungshilfe in Fragen wie Dokumentensicherheit, Bekämpfung der organisierten Kriminalität, Migration und Grenzschutz. Die Fortschritte sind durch einen Dialog hochrangiger Beamter begleitet und bewertet worden. Die Aussicht auf visafreies Reisen war ein starker Anreiz für diese Länder, Reformen durchzuführen. Die Kommission hat daher vorgeschlagen, die einschlägige Verordnung des Rates[11] dahingehend zu ändern, dass Bürger der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien, Montenegros und Serbiens ab Januar 2010 ohne Visum in die EU einreisen können. Auch Bürger von Albanien und Bosnien und Herzegowina könnten in den Genuss dieser Regelung kommen, sobald diese Länder die restlichen Voraussetzungen dafür erfüllen.

Das Kosovo hat im Juli 2008 damit begonnen, eigene Reisepässe auszugeben. Die Beantragung von Visa ist für Bürger des Kosovo erleichtert worden. Die meisten EU-Mitgliedstaaten haben die durch die EU-Rechtsvorschriften ermöglichte Flexibilität genutzt und die Verfahren für die Erteilung von Visa für einen kurzfristigen Aufenthalt für Gebietsansässige des Kosovo vereinfacht.

Die Bürger des Kosovo müssen stärker als bisher an den Vorteilen der Annäherung an die EU beteiligt werden, zu denen die Möglichkeit gehört, ohne Visum in die EU einzureisen. Dies ist nur möglich, wenn das Kosovo gewährleisten kann, dass die einschlägigen Reformen durchgeführt und die Vorschriften und Verfahren eingehalten werden, um die damit verbundenen Sicherheitsrisiken für die EU-Mitgliedstaaten möglichst gering zu halten. Ausgangspunkt für diese Reformen sind ordnungsgemäß funktionierende Rückübernahmevereinbarungen. Das Kosovo muss seine Rechtsvorschriften anpassen, seine Verwaltungskapazitäten für die Bearbeitung von Rückübernahmeersuchen ausbauen und eine wirksame Strategie für die Wiedereingliederung umsetzen. Es muss auch die Sicherheit seiner Grenzen verbessern und die Verwaltung der Personenstandsregister sowie die Ausstellung von Papieren sichern.

Die Kommission schlägt vor, die Annäherung der Bürger des Kosovo an die EU mit einem strukturierten Konzept voranzutreiben und zu diesem Zweck einen Dialog über Visafragen mit der Aussicht, letztendlich zu einer Visaliberalisierung zu führen, sobald die nötigen Reformen durchgeführt worden sind. Auf der Grundlage einer eingehenden Prüfung schlägt die Kommission vor, eine umfassende Strategie zu entwerfen, die dem Kosovo als Leitfaden für seine Anstrengungen dient, die von der EU aufgestellten Voraussetzungen für eine Visaliberalisierung zu erfüllen. Diese Strategie, die dem Rat zur Information vorgelegt wird, soll Benchmarks enthalten, an denen die Fortschritte des Kosovo im Zusammenhang mit dem Dialog über Visafragen gemessen werden.

Die Kommission wird die Fortschritte des Kosovo bei der Umsetzung der Strategie regelmäßig bewerten und sich dabei auf Evaluierungsmissionen von Fachleuten der Mitgliedstaaten und der Kommission stützen. Die Kommission wird das Kosovo bei der Umsetzung der Strategie mit technischer und finanzieller Hilfe unterstützen. Ferner wird die Kommission im größeren Rahmen der rechtsstaatlichen Ordnung und in Ergänzung der Maßnahmen von EULEX die Möglichkeit prüfen, das Kosovo in Maßnahmen für die Zusammenarbeit der Justizbehörden auf regionaler Ebene einzubeziehen. Die Regelungen über die Zusammenarbeit des Kosovo mit Europol, Eurojust und Frontex und seine Mitwirkung an deren Arbeit bedürfen noch einer näheren Prüfung, an der eventuell auch EULEX beteiligt wird[12].

UNTERSTÜTZUNG DER SOZIOÖKONOMISCHEN ENTWICKLUNG DES KOSOVO

Die soziale und politische Stabilität des Kosovo hängt von einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung und einer Stärkung des sozialen Zusammenhalts ab. Das Kosovo ist wegen seiner geringen Integration in die Weltmärkte relativ wenig von der globalen Wirtschaftskrise betroffen. Es ist jedoch damit zu rechnen, dass der Zustrom von ausländischen Direktinvestitionen und Migrantenüberweisungen nachlassen wird. Auch die öffentlichen Investitionen dürften zurückgehen, da die Einnahmen der Regierung zunehmend unter Druck geraten. Es wird erwartet, dass das Haushaltsdefizit des Kosovo 2009 auf 7 % des BIP steigt.

Das Kosovo steht vor ernsten wirtschaftlichen Problemen. Nach Angaben des Internationalen Währungsfonds beträgt das Pro-Kopf-BIP des Kosovo 1726 EUR, 6,9 % des Durchschnitts der EU-27. Das Kosovo verzeichnet nach wie vor ein erhebliches Defizit im Waren- und Dienstleistungsverkehr. Das Gesamthandelsdefizit des Kosovo wird für 2009 auf 43 % des BIP geschätzt. Ein großes außenwirtschaftliches Ungleichgewicht lässt auf eine unterentwickelte einheimische Produktionskapazität schließen und deutet auf eine starke Verwundbarkeit hin.

Zusätzlich zur Durchführung makroökonomischer Maßnahmen muss das Kosovo die Hemmnisse auf der Angebotsseite angehen, z. B. Infrastrukturschwächen, Engpässe in der Energieversorgung, hohe Kapitalkosten und schlecht ausgebildete Arbeitskräfte. Für das Kosovo ist von entscheidender Bedeutung, dass es die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft verbessert, die Produktivität erhöht und den Exportsektor stärkt.

Handel

Handel und Handelskapazitäten sind unerlässlich, um für Investitionen attraktiv zu sein, Wachstum zu fördern und die sozioökonomische Entwicklung sicherzustellen. Die EU ist der wichtigste Handelspartner des Kosovo. Im Rahmen der autonomen Handelsmaßnahmen der Gemeinschaft sind dem Kosovo Handelspräferenzen gewährt worden[13]. Diese Präferenzen gelten allerdings nur bis Ende 2010. Mit dem Kosovo ist bisher kein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) oder Interimsabkommen (IA) geschlossen worden. Durch das Inkrafttreten der SAA bzw. IA mit den westlichen Balkanstaaten[14] und das Außerkrafttreten der derzeitigen Präferenzregelung wird sich daher die Handelsposition des Kosovo absolut und relativ verschlechtern. Außerdem kann das Kosovo nicht von der diagonalen Ursprungskumulierung zwischen der EU und den meisten SAP-Ländern profitieren, was die Entwicklung einer regionalen Komplementarität im Handel behindert. Dies verringert auch die Attraktivität des Kosovo für ausländische Investoren und beschränkt die Möglichkeiten der dortigen Hersteller für den Export in die EU.

Damit das Kosovo weiter die derzeitige Präferenzregelung nutzen kann, müsste diese Regelung verlängert werden. Eine solche Verlängerung wäre aber nur von vorübergehendem Nutzen. Denn Handelsbeziehungen zwischen der EU und dem Kosovo, die ausschließlich auf autonomen Handelspräferenzen beruhen, bieten keine überzeugende Perspektive für die Nachhaltigkeit der langfristigen wirtschaftlichen Entwicklung des Kosovo. Eine solche Perspektive kann nur durch ein Handelsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Kosovo eröffnet werden.

Ein Handelsabkommen bringt sowohl für das Kosovo als auch für die EU erhebliche Vorteile mit sich. Ein Abkommen bildet einen rechtlichen Rahmen, der Investoren Stabilität und Vorhersehbarkeit bietet. Es hat auch einen umfassenderen Geltungsbereich und garantiert Marktzugang parallel zu den Fortschritten in den Bereichen Rechte des geistigen Eigentums, Wettbewerb, Einhaltung der Normen und Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden. Die Aussicht auf ein Abkommen wird ein starker Anreiz für das Kosovo sein, seine Reformen in allen den Binnenmarkt betreffenden Bereichen voranzutreiben, unter anderem bei der Leistungsfähigkeit der Verwaltung. Zudem wird das Kosovo eine effektive Handelspolitik verfolgen und seine Grenzen wirksam kontrollieren müssen. Schließlich ist ein Abkommen Voraussetzung für die Teilnahme des Kosovo an der diagonalen Ursprungskumulierung zwischen der EU und den in den SAP-Ländern.

Das Kosovo ist jedoch für die Aushandlung und Umsetzung eines Handelsabkommens noch nicht bereit. Zum Beispiel müssen die Verwaltungskapazitäten für eine effektive Umsetzung der Kartellpolitik und des Beihilferechts erst noch geschaffen werden. Was die Rechte des geistigen Eigentums angeht, so sind die wesentlichen Elemente der Rechtsvorschriften zum Schutz des gewerblichen Eigentums zwar vorhanden, dem Kosovo fehlen aber die grundlegenden Verwaltungskapazitäten, um ihre Einhaltung zu gewährleisten. Das Kosovo muss auch erhebliche Fortschritte bei der Angleichung der Rechtsvorschriften im Bereich des Urheberrechts und seiner Durchsetzung erzielen. Erhebliche Fortschritte sind ferner bei den rechtlichen und institutionellen Strukturen erforderlich, die für den Warenverkehr von Bedeutung sind, zum Beispiel im Gesundheits- und Pflanzenschutz. Der institutionelle Rahmen für eine ordnungsgemäße Akkreditierung, Zertifizierung, Normung und Marktaufsicht muss effektiv arbeiten.

Die Kommission wird die Fortschritte des Kosovo beim Ausbau seiner Kapazitäten und der Durchführung der Reformen in den für ein Handelsabkommen wichtigsten Bereichen bewerten. Sie wird die Maßnahmen ermitteln, die das Kosovo treffen muss. Sobald das Kosovo die einschlägigen Voraussetzungen erfüllt, wird die Kommission Verhandlungsrichtlinien vorschlagen, damit die Gemeinschaft Verhandlungen über ein Handelsabkommen zu gegebener Zeit einleiten kann.Um die derzeitigen Handelsbeziehungen aufrechtzuerhalten, bis Fortschritte auf dem Weg zu einem Handelsabkommen erzielt worden sind, wird die Kommission die Verlängerung der autonomen Handelsmaßnahmen vorbereiten. Als Teilnehmer des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses wird das Kosovo durch das Übereinkommen über Präferenzursprungsregeln für den Raum Europa-Mittelmeer in die Ausdehnung der Ursprungskumulierung im Raum Europa-Mittelmeer auf die westlichen Balkanstaaten einbezogen werden.

Makroökonomische und finanzpolitische Nachhaltigkeit

Ein nachhaltiger makroökonomischer und finanzpolitischer Rahmen ist für die Entwicklung des Kosovo unerlässlich. Zu diesem Zweck haben die EU und andere Geber die Aufstellung eines mittelfristigen Ausgabenrahmens unterstützt. Dieser ist inzwischen ein wesentlicher Bestandteil des Haushaltszyklus des Kosovo.

Im Jahr 2008 haben das Kosovo und die Kommission in enger Zusammenarbeit mit dem IWF einen Konsultationsmechanismus zur Überwachung der öffentlichen Finanzen eingeführt. Dieser Mechanismus hilft dem Kosovo bei den Vorbereitungen auf die reibungslose Einbeziehung in die bestehenden Wirtschafts- und Finanzkontrollrahmen der EU. Das Kosovo muss seine Kapazitäten für die Umsetzung kohärenter und koordinierter makroökonomischer und steuerpolitischer Maßnahmen ausbauen. Sofern in dieser Hinsicht Fortschritte festzustellen sind, wird das Kosovo aufgefordert werden, an dem für die westlichen Balkanstaaten eingerichteten Rahmen für Wirtschafts- und Finanzberichte teilzunehmen und jedes Jahr ein Wirtschafts- und Finanzprogramm vorzulegen. Die Kommission wird die Bemühungen des Kosovo um Fortschritte in dieser Richtung weiter unterstützen und einen regelmäßigen Dialog mit ihm führen, um die wirtschaftlichen Entwicklungen zu verfolgen.

Entwicklung des Privatsektors

Auf kleine und mittlere Unternehmen entfallen nach Schätzungen rund 40 % des BIP, 60 % der Arbeitsplätze und 99 % der Unternehmen im Kosovo. KMU spielen bei der Steigerung der Produktivität, der Innovation und der Schaffung von Arbeitsplätzen eine wichtige Rolle. Dieser Sektor muss stärker unterstützt werden, um Anreize für unternehmerisches Handeln zu schaffen und informelle unternehmerische Tätigkeiten in formale Unternehmen umzuwandeln.

Das Kosovo würde von Programmen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft profitieren, die sich auf die Übernahme neuer Technologien, eine höhere Produktivität, niedrigere Lohnkosten und die Schaffung von Arbeitsplätzen konzentrieren. Solche Programme dürften zum einen dazu beitragen, die Transparenz des Unternehmensrechts einschließlich der Vorschriften über Lizenzen, Genehmigungen und Zertifizierung zu erhöhen und eine wirksame und unabhängige Aufsicht zu gewährleisten, und zum andern Unterstützung für Vernetzungsinitiativen bieten.

Das Kosovo muss bei der Privatisierung weitere Fortschritte erzielen. Das Kosovo würde von der Weiterentwicklung von Mikrofinanzierungsinstituten profitieren, die Kleinunternehmen in Wirtschaftszweigen mit Wachstumspotenzial unterstützen, z. B. Landwirtschaft, ländlicher Tourismus, verarbeitendes Kleingewerbe und städtische Dienstleistungen.

Für das Kosovo wären die Mitgliedschaft in der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und mehr Darlehen der Europäischen Investitionsbank nützlich. Eine stärkere Teilnahme an einschlägigen EU-Initiativen wie der Regelung für kleine Unternehmen („Small Business Act“) oder dem Siebten Forschungsrahmenprogramm und eine stärkere Einbeziehung in diese Initiativen würde den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und insbesondere den KMU im Kosovo zugute kommen. Die Kommission schlägt vor, dem Kosovo, sofern es die einschlägigen Voraussetzungen erfüllt, die Teilnahme an Maßnahmen auf dieser Grundlage, gegebenenfalls mit technischer und finanzieller Hilfe, zu ermöglichen.

Beschäftigungs- und Sozialpolitik

Die sehr hohe Arbeitslosigkeit im Kosovo (nach Schätzungen 2008 rund 40 %) belastet die Wirtschaft. Die Jugendarbeitslosigkeit ist mit rund 75 % ein besonderes Problem. Das Kosovo muss die Arbeitslosigkeit mit einer Kombination sorgfältig aufeinander abgestimmter Maßnahmen strategisch angehen. Die Kapazität der Arbeitsvermittlungen sollte ausgebaut und die Zusammenarbeit mit Hochschulen und Schulen weiterentwickelt werden, um die Lücke zwischen Bildung und Arbeitsplatz zu schließen. Das Kosovo würde davon profitieren, wenn Beschäftigungsanreize für arbeitsfähige Sozialhilfeempfänger geschaffen würden.

Die EU kann dem Kosovo helfen, indem sie sich an seinen Anstrengungen beteiligt, den Zugang zu Beschäftigung für alle zu fördern, den Dialog mit den Sozialpartnern und der Zivilgesellschaft zu verbessern und seine Beschäftigungs- und Sozialpolitik genauer auszurichten. In diesem Zusammenhang wird die Kommission eine Studie zum Thema „Soziale Sicherung und soziale Eingliederung im Kosovo“ vorlegen, die dazu beitragen wird, das Kosovo auf eine bessere Koordinierung der Sozial- und der Beschäftigungspolitik vorzubereiten. Die Kommission schlägt vor, das Kosovo am Programm PROGRESS[15] zu beteiligen, das der westlichen Balkanregion offensteht. Sie unterstützt die Teilnahme des Kosovo an Bemühungen um regionale Zusammenarbeit in der Beschäftigungs- und Sozialpolitik im Rahmen des Südosteuropäischen Netzes für Beschäftigungs- und Sozialpolitik und des SEE-Gesundheitsnetzes. Die Kommission bietet an, zusammen mit dem Sekretariat für das Jahrzehnt der Integration der Roma die Beteiligung des Kosovo zu fördern und Anstrengungen zur Einbeziehung von Minderheiten in Maßnahmen zur sozialen Sicherung und Eingliederung zu unterstützen.

Bildung, Ausbildung und Forschung

Das Kosovo hat eine junge Bevölkerung mit einem Altersdurchschnitt von 26 Jahren. Rund ein Drittel der Bevölkerung ist jünger als 15 Jahre und mehr als die Hälfte jünger als 25 Jahre. In den kommenden fünf Jahren werden 200 000 Jugendliche das erwerbsfähige Alter erreichen und auf den Arbeitsmarkt drängen. Angesichts der sehr hohen Jugendarbeitslosigkeit ist Bildung für das Kosovo eine zentrale Priorität.

Das Kosovo muss seine Bildungsstandards anheben, die Zahl der Schulabbrecher verringern und sein Bildungssystem stärker integrativ gestalten. Besonderen Vorrang verdienen die Verbesserung der Kompetenz der Lehrkräfte, die Modernisierung der bestehenden Bildungseinrichtungen und die Erweiterung des Einzugsbereichs der Schulen und Hochschulen, damit Lernende aus allen Gemeinschaften erreicht werden. Die weiterführende Berufsausbildung, die Berufsbildung für Erwachsene und das lebenslange Lernen würden von einer Aufstockung der Mittel profitieren. Die Lehrpläne sollten sich an der Beschäftigungsfähigkeit ausrichten.

Das Programm TEMPUS wird die Hochschulreform im Kosovo weiter unterstützen. Neben der Universität Pristina hat nun auch die Universität Mitrovica damit begonnen, Projekte einzureichen. Die Universitäten, die Studierenden, die Lehrkräfte, die Jugendlichen und die Jugendorganisationen des Kosovo müssen in vollem Umfang die Möglichkeiten nutzen, die ihnen die Programme Erasmus Mundus und Jugend in Aktion bieten. Die Kommission schlägt vor, die IPA-Mittel für die Programme TEMPUS, Erasmus Mundus und Jugend in Aktion zu erhöhen, gegebenenfalls besondere Zuweisungen vorzusehen und alle in Betracht kommenden Akteure anzusprechen.

Die Kommission wird gemeinsam mit dem Kosovo Möglichkeiten und Regelungen für die Beteiligung von Bildungseinrichtungen des Kosovo an Maßnahmen des Programms für lebenslanges Lernen prüfen. Gemeinsam mit der Europäischen Stiftung für Berufsbildung wird die Kommission ferner prüfen, wie die Aktivitäten der Stiftung im Kosovo ausgebaut und die Maßnahmen der EU im Bildungsbereich besser bekanntgemacht werden können. Im Rahmen der Qualitätssicherung wird die Kommission einen Dialog mit den Behörden des Kosovo aufnehmen, um bei der Verbesserung der Qualität der Lehrpläne für alle Gemeinschaften zu helfen. Die Kommission wird prüfen, wie die Einrichtung eines Fachbereichs für EU-Studien an der Universität Pristina unterstützt werden kann.

Forschung ist für die sozioökonomische Entwicklung des Kosovo wichtig und bietet die Gelegenheit, die regionale Zusammenarbeit zu intensivieren. Die westliche Balkanregion ist am Siebten Forschungsrahmenprogramm beteiligt. Das Kosovo hat das Recht, als internationaler Kooperationspartner teilzunehmen. Es hat eine Kontaktstelle für das Siebte Forschungsrahmenprogramm benannt und arbeitet an einem nationalen Plan für den Ausbau der Forschungskapazitäten. Die Einbeziehung des Kosovo in die Forschung der EU muss fortgesetzt und intensiviert werden[16].

Kultur und Bürger für Europa

Die Achtung des kulturellen und religiösen Erbes ist ein wesentliches Element von Versöhnung, Vertrauen und Stabilität. Sie kann auch einen wichtigen Beitrag zur sozioökonomischen Entwicklung des Kosovo leisten. Das Kosovo hat Fortschritte beim Schutz und bei der Wiederherstellung des kulturellen und religiösen Erbes geleistet. Seine Mitwirkung im Ljubljana-Prozess, im Ausschuss für die Durchführung von Wiederaufbaumaßnahmen und im Technischen Forum für das kulturelle Erbe hat sich als nützlich erwiesen und muss fortgesetzt werden. Das Kosovo muss auf seinen Investitionen in diesem Bereich als Teil einer umfassenden Entwicklungsstrategie aufbauen. Diese Strategie muss unter Beteiligung aller Akteure entworfen und umgesetzt werden. Besonders ist auf die Bekämpfung nicht geregelter Tätigkeiten an oder in der Nähe von Stätten des Kulturerbes zu achten.

Mehrere Länder der westlichen Balkanregion nehmen an den Programmen Kultur und Bürger für Europa teil. Grundlage für die Teilnahme an diesen Programmen ist ein Rahmenabkommen über die allgemeinen Grundsätze für die Teilnahme an den Programmen der Gemeinschaft. Mit dem Kosovo ist bisher kein solches Abkommen geschlossen worden. Die Teilnahme an diesen Programmen würde jedoch zu einer Annäherung der Menschen im Kosovo an das europäische Projekt führen. Bis zum Abschluss eines Rahmenabkommens wird der Ausbau der Kapazitäten der Organisationen der Zivilgesellschaft, Gemeinden und Kulturakteure und die Erleichterung ihrer Vernetzung mit Partnern auf regionaler und EU-Ebene im Rahmen des IPA unterstützt. Die Kommission wird die Möglichkeit prüfen, den kulturellen Austausch und Stipendien zu erleichtern, indem der Geltungsbereich des Programms Young Cell, der sich zurzeit auf den Bereich des Rechts beschränkt, auf den Kulturbereich ausgedehnt wird.

WEITERE SCHRITTE ZUR SEKTORALEN ANGLEICHUNG

Energie

Die Unzuverlässigkeit der Energieversorgung ist ein großes Hemmnis für wirtschaftliches Wachstum und die Zunahme ausländischer Direktinvestitionen. Ohne eine sichere, nachhaltige Energieversorgung wird die wirtschaftliche Entwicklung des Kosovo gehemmt.

Die Privatisierung von Teilen des Stromsektors würde den Haushalt des Kosovo erheblich entlasten und Investitionen in anderen vorrangigen Bereichen ermöglichen. Sie würde auch zu einer höheren Effizienz und Effektivität der Stromversorgung führen. Die Eintreibung von Außenständen muss verbessert werden, damit die Stromunternehmen ein sichereres und zuverlässigeres Angebot gewährleisten können. Die Privatisierung ist jedoch nur ein Teil der Lösung. Das Kosovo muss sich auch stärker an den regionalen Vereinbarungen über Zusammenarbeit im Energiebereich und Energieerzeugung beteiligen, Maßnahmen zur Verringerung der Nachfrage nach Energie treffen und den Einsatz erneuerbarer Energiequellen und alternativer Mittel zur Energieerzeugung ausbauen.

Die Fortsetzung der Beteiligung des Kosovo am Vertrag über die Energiegemeinschaft ist unerlässlich. Das Kosovo muss seine Beteiligung sowohl intensivieren als auch ausweiten, unter anderem beim Ausgleichsmechanismus zwischen Übertragungsnetzbetreibern und beim Kapazitätszuweisungsmechanismus. Alle Parteien in der Region müssen es dem Kosovo ermöglichen, diese Mechanismen als gleichberechtigter Partner in Anspruch zu nehmen. Die Energieversorger, die Regulierungsbehörden und die sonstigen Akteure im Kosovo müssen die bestehenden regionalen Kooperationsvereinbarungen in vollem Umfang nutzen. Das Kosovo muss an den Vorteilen beteiligt werden, sie sich aus den EU-Initiativen im Bereich der Energieeffizienz und der erneuerbaren Energiequellen ergeben. Dies liegt auch im Interesse der Region insgesamt.

Verkehr

Das Kosovo muss dringend seine Verkehrsinfrastruktur verbessern. Das Kosovo hat ein umfangreiches Straßenbauprogramm eingeleitet, das jedoch den Haushalt stark belastet. Alternative Finanzierungsmöglichkeiten müssen genutzt werden. Dies sollte im Rahmen eines ausgewogenen Konzepts geschehen, das auch Investitionen in die Bahn fördert und die Finanzierung von Straßenunterhaltung und -neubau ermöglicht. Das Kosovo muss seine Anstrengungen zur Umsetzung des Übereinkommens über den gemeinsamen europäischen Luftverkehrsraum und des gemeinschaftlichen Besitzstands im Bereich des Luftverkehrs fortsetzen.

Ziel des Vertrages über die Verkehrsgemeinschaft ist es, die schrittweise Umsetzung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Verkehrsbereich durch die Unterzeichner mit einer schrittweisen Integration in die regionalen und die EU-Märkte zu begleiten. Der Vertrag ist für das Kosovo von zentraler Bedeutung. Alle Vertragsparteien müssen die Einbeziehung des Kosovo gewährleisten, damit es uneingeschränkt an den entsprechenden Initiativen teilnehmen kann. Das Kosovo muss mit der Umsetzung eines Zeitplans für die Anwendung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Bereich des Landverkehrs beginnen und die Vorschriften über die regionale Marktintegration nutzen.

Umwelt

Die Umwelt im Kosovo ist durch Jahre der Verschmutzung und Vernachlässigung geschädigt worden. Es wird geschätzt, dass die Kraftwerke des Kosovo stündlich 25 Tonnen Asche und Staub ausstoßen, 74mal soviel wie nach den EU-Normen zulässig wäre. Auch das Wasser gibt Anlass zur Besorgnis. Nur 70 % der Bevölkerung sind an die Trinkwasserversorgung angeschlossen, und nur ein Drittel an die Kanalisation. Eine Verbesserung der Umwelt im Kosovo ist unbedingt notwendig, um die Gesundheit der Bürger zu verbessern. Das Kosovo ist mit der rechtlichen Umsetzung der EU-Normen weiter vorangekommen. Es fehlen jedoch Kapazitäten und Mittel für eine angemessene Anwendung. Weniger als 1 % des Haushalts des Kosovo ist für die Finanzierung von Umweltmaßnahmen bestimmt.

Dem Kosovo kommen die regionalen Umweltmaßnahmen der EU zugute, z. B. die Hilfe, die zurzeit über das Regionale Umweltzentrum bei Erlass, Anwendung und Durchsetzung von Rechtsvorschriften gewährt wird. Es nimmt auch am Regionalen Umweltnetz für den Beitritt teil, was dem Kosovo beim Austausch bewährter Methoden, beim Ausbau der Verwaltungskapazitäten und bei der Ausbildung helfen wird. Die Kommission schlägt vor, diese Anstrengungen unter anderem über die Fazilität für Infrastrukturprojekte zu ergänzen, um die Ausarbeitung von Projekten zu unterstützen, die dann mit finanzieller Hilfe der internationalen Finanzinstitutionen durchgeführt werden könnten.

EFFEKTIVE UND INTEGRATIVE REGIONALE ZUSAMMENARBEIT

Die regionale Zusammenarbeit ist ein wesentliches Element der Politik der EU für Südosteuropa. Für die Annäherung des Kosovo an Europa ist sie unerlässlich. Seine fortgesetzte Teilnahme an regionalen Kooperationsinitiativen und seine weitere Einbeziehung in diese Initiativen sind von handelspolitischer, wirtschaftlicher und politischer Bedeutung.

Die UNMIK hat eine Reihe regionaler Kooperationsvereinbarungen im Namen des Kosovo unterzeichnet. Zum Mandat der umstrukturierten UNMIK gehört auch die Unterstützung der Vertretung des Kosovo im Ausland. Die Kapazitäten der UNMIK sind jedoch begrenzt. Das Kosovo würde davon profitieren, wenn es mit einer konstruktiven und pragmatischen Einstellung an den Ausbau der Zusammenarbeit mit den Ländern in der Nachbarschaft heranginge. Das Kosovo muss die ihm zur Verfügung stehenden Mittel strategisch einsetzen. Die Regierung des Kosovo muss klare und verständliche Leitlinien für alle öffentlichen Einrichtungen erlassen, die konsequent auf allen Ebenen der regionalen Zusammenarbeit anzuwenden sind. Das Kosovo muss sich in vollem Umfang an der neu eingerichteten Regionalen Hochschule für öffentliche Verwaltung beteiligen. Alle Parteien des betreffenden Übereinkommens müssen die Einbeziehung des Kosovo gewährleisten.

Die Kommission erinnert an den Aufruf der EU-Delegation auf der Tagung des Regionalen Kooperationsrats vom Juni 2009 in Chisinau, mit dem alle betroffenen Parteien eindringlich ersucht wurden, eine konstruktive Haltung zur Suche nach pragmatischen Möglichkeiten einzunehmen, den integrativen Charakter der regionalen Zusammenarbeit in Südosteuropa zu gewährleisten. Die Kommission fordert alle Parteien nachdrücklich auf, nach praktischen, pragmatischen Lösungen zu suchen, und ist bereit, alle Anstrengungen in dieser Richtung zu erleichtern.

EINLEITUNG EINER NEUEN PHASE IM DIALOG ZWISCHEN DER EU UND DEM KOSOVO

Das Kosovo ist Teil des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses. Die ersten Tagungen fanden 2003 statt. Der verbesserte SAP-Kontrollmechanismus wurde 2007 eingerichtet. Um eine neue Phase in den Beziehungen zwischen der EU und dem Kosovo einzuleiten, sollte dieser Mechanismus zu einem intensivierten politischen Dialog weiterentwickelt werden, der sich auf die Fortschritte bei den Reformen und der Zusammenarbeit konzentriert.

Die Plenartagung sollte die Gelegenheit sein, um die Prioritäten für die europäische Agenda des Kosovo zu erörtern. Sektortagungen sollen nach dem Vorbild des politischen Dialogs mit den Kandidatenländern und potenziellen Kandidatenländern abgehalten werden. Zentrales Thema der Sektortagungen wird die europäische Agenda des Kosovo, der Institutionenaufbau sowie die Übernahme, Anwendung und Durchsetzung europäischer Normen sein. Querschnittsthemen wie die Reform der öffentlichen Verwaltung und die Justiz verdienen eine eingehende Behandlung.

Die Tagungen sollen regelmäßig nach einem Zeitplan stattfinden, der eine effektive Vorbereitung, Koordinierung und Kontrolle der Erfüllung der Zusagen des Kosovo ermöglicht. Dies ist wichtig, um gezielt Hilfe leisten und den Ergebnissen von Peer-Reviews Rechnung tragen zu können. Die Sektortagungen finden in Pristina, aber auch in Brüssel statt, um den Dienststellen der Kommission eine stärkere Teilnahme zu ermöglichen. Um die Zivilgesellschaft stärker in den Annäherungsprozess einzubinden, wird jedes Jahr eine Tagung mit Organisationen der Zivilgesellschaft abgehalten.

Die Kommission schlägt vor, den Prozess in „Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess-Dialog“ umzubenennen.

BESSERE NUTZUNG DER FINANZHILFE DER GEMEINSCHAFT

Das Kosovo hat von der Gemeinschaft in erheblichem Umfang Finanzhilfe erhalten. Auf der 2008 veranstalteten Geberkonferenz für das Kosovo sagte die Kommission mehr als 500 Mio. EUR zu. Im Rahmen des IPA hat das Kosovo im Zeitraum 2007-2009 359 Mio. EUR erhalten. Mit dem geltenden indikativen Mehrjahresfinanzrahmen 2010-2012 werden dem Kosovo weitere 206 Mio. EUR zugewiesen. Unter der direkten Anleitung des Verbindungsbüros der Kommission in Pristina hat das Kosovo bei der Anwendung des IPA gute Fortschritte erzielt. Darauf gilt es aufzubauen.

Die IPA-Hilfe muss gezielt auf eine begrenzte Zahl zentraler Prioritäten ausgerichtet werden, die genau auf die europäische Reformagenda des Kosovo abzustimmen sind und Sektorstrategien mit vollständiger Kostenkalkulation entsprechen müssen. Bei der Auswahl der Projekte sollten die verbesserte Planung, Priorisierung und zeitliche Staffelung sowie die bessere Koordinierung mit den Gebern berücksichtigt werden. Die Möglichkeit, andere Geber in Bereichen, in denen sie über komparative Vorteile verfügen, in das IPA-Management einzubeziehen, wird geprüft werden. Im Anschluss an die Geberkonferenz sollte die Eigenverantwortung des Kosovo für die IPA-Projekte gestärkt werden.

Grenzübergreifende Zusammenarbeit im Rahmen der IPA-Komponente II kann einen wertvollen Beitrag zu Versöhnung und gutnachbarschaftlichen Beziehungen leisten. Zudem würde der „Learning-by-doing“-Ansatz der grenzübergreifenden Zusammenarbeit den Kapazitätsaufbau auf lokaler Ebene fördern. Nach Auffassung der Kommission ist nun der richtige Zeitpunkt für eine schrittweise Öffnung der IPA-Komponente II für das Kosovo.

SCHLUSSFOLGERUNGEN UND EMPFEHLUNGEN

Der Europäische Rat hat wiederholt bestätigt, dass das Kosovo die gleiche europäische Perspektive hat wie die übrige westliche Balkanregion. In dieser Mitteilung werden die Gemeinschaftsinstrumente aufgezeigt, mit denen die EU die politische und sozioökonomische Entwicklung des Kosovo fördern kann. Das Kosovo hat eine gewisse politische Stabilität erreicht, die Sicherheitslage ist jedoch nach wie vor angespannt. Das Kosovo darf nicht zurückbleiben, während die übrige westliche Balkanregion auf ihrem Weg in die EU voranschreitet.

Die EU-Mitgliedstaaten haben unterschiedliche Auffassungen zum Status des Kosovo. Dies sollte jedoch kein Hindernis für erhebliche Fortschritte in den Beziehungen zwischen der EU und dem Kosovo sein. Das Konzept „uneinig bei der Anerkennung, einig im Engagement“ funktioniert und sollte gestärkt werden. Unbeschadet des Status des Kosovo schlägt die Kommission vor, dass die EU eine Reihe praktischer Schritte unternimmt, um zu gewährleisten, dass das Kosovo auf dem Weg nach Europa weiter vorankommt. Angesichts der Fortschritte, die das Kosovo bei der Verwirklichung seiner europäischen Agenda erzielt hat, schlägt die Kommission vor,

- die Annäherung der Bürger des Kosovo an die EU mit einem strukturierten Konzept voranzutreiben und zu diesem Zweck einen Dialog über Visafragen mit der Aussicht, letztendlich zu einer Visaliberalisierung zu führen, sobald die notwendigen Reformen durchgeführt und die Bedingungen erfüllt worden sind;

- die autonomen Handelsmaßnahmen zu verlängern und, sobald das Kosovo die einschlägigen Voraussetzungen erfüllt, Verhandlungsrichtlinien für ein Handelsabkommen zu gegebener Zeit zu erlassen,;

- die Teilnahme des Kosovo an der Ursprungskumulierung im Raum Europa-Mittelmeer zu erleichtern, sobald ein Handelsabkommen vorliegt;

- das Kosovo schrittweise in den für die westliche Balkanregion eingerichteten Wirtschafts- und Finanzaufsichtsrahmen einzubeziehen;

- die Möglichkeit zu prüfen, mit dem Kosovo ein Rahmenabkommen über die allgemeinen Grundsätze für die Teilnahme an den Programmen der Gemeinschaft zu schließen, und auf dieser Grundlage Verhandlungsrichtlinien auszuarbeiten;

- die Beteiligung des Kosovo am Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess durch Einrichtung eines regelmäßigen „SAP-Dialogs“ zu erweitern und zu vertiefen;

- die IPA-Komponente II (Grenzüberschreitende Zusammenarbeit) schrittweise für das Kosovo zu öffnen.

Die Kommission wird diese Initiativen mit finanzieller und technischer Hilfe unterstützen.

( Für das Kosovo gilt die Resolution 1244/1999 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen.

[1] Für das Kosovo gilt die Resolution 1244/1999 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen.

[2] Eine europäische Zukunft für das Kosovo (KOM(2005) 156 endg. vom 20.4.2005).

[3] Der ICR erstattet der Internationalen Lenkungsgruppe für das Kosovo Bericht.

[4] Bericht des UN-Generalsekretärs über die Übergangsverwaltungsmission der Vereinten Nationen im Kosovo (UNMIK), zur Information der Mitglieder des Sicherheitsrats, 12. Juni 2008.

[5] Gemeinsame Aktion 2008/123/GASP des Rates vom 4. Februar 2008.

[6] Gemeinsame Aktion 2008/124/GASP des Rates vom 4. Februar 2008.

[7] Beschluss 2008/213/EG des Rates.

[8] Gemeinschaftshilfe für Wiederaufbau, Entwicklung und Stabilisierung (Community Assistance for Reconstruction, Development and Stabilisation).

[9] Das Kosovo ist an der Energievertragsgemeinschaft (ETC), dem Übereinkommen über den gemeinsamen europäischen Luftverkehrsraum (ECAA), der Beobachtungsstelle für den Verkehr in Südosteuropa (SEETO), dem Mitteleuropäischen Freihandelsabkommen (CEFTA) und der EU-Charta für kleine Unternehmen beteiligt. Das Kosovo ist der Initiative Breitband Südosteuropa (bSEE), der Initiative Elektronik Südosteuropa (eSEE), der Regionalen Schule für öffentliche Verwaltung (ReSPA), der Südosteuropäischen Kooperationsinitiative (SECI), zwei regionalen Umweltinitiativen (RENA und ECENA) sowie dem Investitionspakt beigetreten. Diese Liste ist nicht erschöpfend.

[10] Westlicher Balkan: Stärkung der europäischen Perspektive (KOM(2008) 127 endg. vom 5.3.2008).

[11] Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates.

[12] Europol: Artikel 42 des Europol-Übereinkommens und Rechtsakt des Rates vom 3. November 1998; Eurojust: Artikel 26a des Beschlusses 2002/187/JI des Rates in der geänderten Fassung; Frontex: Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 des Rates in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 863/2007.

[13] Verordnung (EG) Nr. 2007/2000 des Rates, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 407/2008 der Kommission vom 7. Mai 2008.

[14] Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien (SAA – April 2004), Montenegro (IA – Januar 2008), Bosnien und Herzegowina (IA – Juli 2008) und Albanien (SAA – April 2009). Das SAA mit Serbien wurde im April 2008 unterzeichnet.

[15] Gemeinschaftsprogramm für Beschäftigung und soziale Solidarität (Community Programme for Employment and Social Solidarity).

[16] Das Kosovo steht auf der Liste der Partnerländer der internationalen Zusammenarbeit, die den Arbeitsprogrammen des Siebten Rahmenprogramms beigefügt ist.