52009DC0451

Bericht der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die Anwendung der Bestimmungen über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Abgaben, Zölle, Steuern und sonstige Maßnahmen im Zeitraum 2005-2008 /* KOM/2009/0451 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 4.9.2009

KOM(2009) 451 endgültig

BERICHT DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT

über die Anwendung der Bestimmungen über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Abgaben, Zölle, Steuern und sonstige Maßnahmen im Zeitraum 2005–2008

BERICHT DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARL AMENT

über die Anwendung der Bestimmungen über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Abgaben, Zölle, Steuern und sonstige Maßnahmen im Zeitraum 2005–2008

1. Einführung

Die Mitgliedstaaten unterstützen sich gegenseitig bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Abgaben, Zölle, Steuern und sonstige Maßnahmen. Die diesbezüglichen Rechtsvorschriften waren ursprünglich in der Richtlinie 76/308/EWG des Rates vom 15. März 1976[1] verankert, die inzwischen durch die Richtlinie 2008/55/EG vom 26. Mai 2008[2] ersetzt wurde. Nach diesen Rechtsvorschriften erstattet die Kommission regelmäßig Bericht über die Anwendung der Regelungen zur gegenseitigen Unterstützung. Der erste Bericht (Dokument KOM(2006)43) wurde am 8. Februar 2006 veröffentlicht und gab einen Überblick über die in den Jahren 2003 und 2004 geleistete gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen. Der vorliegende Bericht betrifft die Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen im Zeitraum 2005–2008 und befasst sich außerdem mit den derzeitigen einschlägigen Initiativen der Kommission.

2. Analyse der Inanspruchnahme des Instrumentariums der gegenseitigen Unterstützung in den Jahren 2005-2007

2.1. Vorbemerkungen

Die Kommission hat in ihrem vorigen Bericht darauf hingewiesen, dass die Statistiken der einzelnen Mitgliedstaaten in mancherlei Hinsicht inkohärent sind. Die Statistiken zur Anzahl der im Zeitraum 2005–2007 übermittelten Beitreibungsersuchen zeigen, dass diese Diskrepanzen trotz der stark gestiegenen Zahl der Ersuchen deutlich abgenommen haben.

Dies zeigt, dass die Mitgliedstaaten der Erstellung korrekter Statistiken mehr Aufmerksamkeit gewidmet haben. Die am 5. Dezember 2005 angenommene genaue Anleitung zu den statistischen Berichterstattungspflichten hat zweifellos zur höheren Genauigkeit der Statistiken beigetragen. Außerdem hat der Beitreibungsausschuss die diesbezüglichen Anfragen der Mitgliedstaaten eingehend geprüft, sodass die nationalen Behörden in der Lage waren, etwaige Unterschiede in den Sichtweisen, die zu Diskrepanzen in den übermittelten Statistiken führen können, abzubauen.

2.2. Zunehmende Inanspruchnahme von Amtshilfeersuchen

Aus den von den Mitgliedstaaten übermittelten Statistiken geht hervor, dass die Zahl der Amtshilfeersuchen aufgrund der EG-Richtlinie ( erste Säule in den nachstehenden Diagrammen) gestiegen ist.

Zudem nehmen die Mitgliedstaaten offenbar den gemeinschaftlichen Rechtsrahmen wesentlich häufiger in Anspruch als etwaige andere Abkommen oder Vereinbarungen zur Beitreibungsamtshilfe. Von anderen Amtshilfevereinbarungen ( zweite Säule in den nachstehenden Diagrammen) haben die Mitgliedstaaten im Zeitraum 2005–2008 immer weniger Gebrauch gemacht. (Daten zur Inanspruchnahme anderer Amtshilfevereinbarungen liegen lediglich für den Zeitraum 2005–2008 vor).[3]

2.2.1. Entwicklung der Auskunftsersuchen

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2.2.2. Entwicklung der Zustellungsersuchen

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2.2.3. Entwicklung der Beitreibungsersuche n

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2.2.4. Art der Forderungen, für die um Beitreibungsamtshilfe ersucht wurde

Im nachstehenden Diagramm sind die prozentualen Anteile der einzelnen Arten von Forderungen an den Gesamtbeträgen aller Forderungen wiedergegeben:[4]

- [pic] Ein Großteil der Beitreibungsersuchen betrifft MwSt.-Forderungen (nach Artikel 2 Buchstabe e der Richtlinie 2008/55/EG). Ihr Anteil stieg von 43 % im Jahr 2005 auf 57 % im Jahr 2007 und sank 2008 auf 34 %.

- [pic] Einen weiteren Großteil machten Ersuchen im Zusammenhang mit Einkommen- und Kapitalsteuern (nach Artikel 2 Buchstabe g der Richtlinie) aus. Ihr Anteil sank von 37 % aller Ersuchen im Jahr 2005 auf 26 % im Jahr 2007, während 2008 entsprechende Forderungen 50 % aller Ersuchen ausmachten.

- [pic] Ersuchen im Zusammenhang mit Erstattungen, Interventionen und anderen Maßnahmen, die Bestandteil des Systems der Finanzierung des Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft und des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums sind, Abschöpfungen und anderen Abgaben im Rahmen der gemeinsamen Marktordnung für den Zuckersektor, Einfuhr- und Ausfuhrabgaben (nach Artikel 2 Buchstaben a bis d der Richtlinie) bilden etwa 10 % aller Ersuchen.

- [pic] Auch Ersuchen im Zusammenhang mit Verbrauchsteuern (nach Artikel 2 Buchstabe f der Richtlinie) stellen rund 10 % aller Ersuchen dar (ausgenommen 2007, als ihr Anteil auf 4 % sank).

- [pic] Ersuchen im Zusammenhang mit Steuern auf Versicherungsprämien (nach Artikel 2 Buchstabe h der Richtlinie) machen nur einen sehr geringen Teil aller Ersuchen aus. Für 2008 wurden überhaupt keine derartigen Ersuchen gemeldet.

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2.3. Anstieg der beigetriebenen Beträge

2.3.1. Gesamtentwicklung der beigetriebenen Beträge

Die tatsächlich beigetriebenen Forderungsbeträge sind ebenfalls tendenziell im Anstieg begriffen. Gegenüber 2003 (100 %) sind die beigetriebenen Beträge 2006 und 2008 auf mehr als 600 % gestiegen.[5]

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2.3.2. Verteilung der für andere Mitgliedstaaten beigetriebenen Beträge nach den Jahren, auf die sich die betreffenden Ersuchen beziehen

Es dauert eine gewisse Zeit, bis Beitreibungsmaßnahmen getroffen werden und Wirkung zeigen. So betreffen etwa die von einem ersuchten Mitgliedstaat im Jahr 2008 beigetriebenen Beträge nur zum Teil die im Jahr 2008 eingegangenen Ersuchen; daneben betreffen sie Ersuchen, die bereits in früheren Jahren eingegangen sind. Die folgenden Diagramme zeigen für die in den Jahren 2005–2008 tatsächlich beigetriebenen Beträge, aus welchem Jahr die jeweiligen Ersuchen stammen. Daraus geht hervor, dass (mehr als) 80 % der in diesen Jahren beigetriebenen Beträge Ersuchen betreffen, die im selben Jahr (im nachstehenden Diagramm durch „=“ gekennzeichnet) oder in den beiden vorangegangenen Kalenderjahren (im nachstehenden Diagramm durch „-1“ und „-2“ gekennzeichnet) gestellt worden waren.

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2.4. Mangelnde Effizienz

Die Statistiken zur Beitreibungsamtshilfe im Zeitraum 2005–2008 zeigen, dass die beigetriebenen Beträge deutlich gestiegen sind. Doch auch die Zahl der Ersuchen und die Einzelbeträge, um deren Beitreibung ersucht wird, nehmen zu. Dementsprechend besteht auch weiterhin eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem Gesamtbetrag der Forderungen, für die um Beitreibungsamtshilfe ersucht wurde, und dem Betrag der Forderungen, die im Wege der Amtshilfe tatsächlich beigetrieben wurden.

Bereits in Punkt 2.3.2 wurde drauf hingewiesen, dass die aufgrund eines in einem bestimmten Jahr eingegangenen Ersuchens getroffenen Beitreibungsmaßnahmen nicht immer im selben Jahr zum Erfolg führen. Zu dieser verzögerten Wirkung der Beitreibungsmaßnahmen lagen für die Jahre vor 2005 keine statistischen Daten vor. Daher lässt sich jetzt nicht mehr genau feststellen, welcher Teil der Forderungsbeträge, für die in einem bestimmten Jahr um Beitreibungsamtshilfe ersucht wurde, auch im selben Jahr tatsächlich beigetrieben werden konnte. Jedoch geht aus den derzeit verfügbaren, noch unvollständigen, Daten hervor, dass die Gesamterfolgsquote für die Beitreibungsersuchen zwischen Mitgliedstaaten gegenwärtig bei etwa 5 % liegt.[6]

Angesichts der wachsenden Zahl der Ersuchen und des Anstiegs der Beträge, für die um Unterstützung bei der Beitreibung ersucht wird, sind sowohl auf nationaler Ebene als auch auf Gemeinschaftsebene besondere Anstrengungen erforderlich, um die Effizienz dieser Amtshilfe zu verbessern:

- die Mitgliedstaaten müssen die nach ihrem einzelstaatlichen Recht verfügbaren Beitreibungsinstrumente stärken und

- die Gemeinschaft muss die Beitreibungsamtshilfe zwischen den Mitgliedstaaten fördern und erleichtern.

3. Neue Gemeinschaftsinitiativen zur Stärkung der Beitreibungsamtshilfe

3.1. Neue Richtlinie des Rates

Die ursprüngliche Richtlinie 76/308/EWG über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Abgaben, Zölle, Steuern und sonstige Maßnahmen wurde mehrfach geändert. Aus Gründen der Übersichtlichkeit und Klarheit wurde die Richtlinie kodifiziert. Die neue Richtlinie 2008/55/EG des Rates wurde am 26. Mai 2008 erlassen und trat am 30. Juni 2008 in Kraft.

3.2. Neue Verordnung der Kommission erleichtert den Austausch von Amtshilfeersuchen

Am 28. November 2008 hat die Kommission die Verordnung (EG) Nr. 1179/2008 erlassen, die seit 1. Januar 2009 die Richtlinie 2002/94/EG der Kommission ersetzt. Die neue Verordnung legt Durchführungsbestimmungen zur Ratsrichtlinie fest und erleichtert die Amtshilfe in der Praxis, insbesondere die Kommunikation zwischen den zuständigen Behörden der einzelnen Mitgliedstaaten. Dies ist in Anbetracht der ständig steigenden Zahl von Ersuchen unerlässlich.

Nach den neuen Durchführungsbestimmungen können grundsätzlich sämtliche Arten von Amtshilfeersuchen und Antworten elektronisch übermittelt werden. Neue Standardformblätter für Ersuchen tragen ebenfalls zu einer schnelleren Kommunikation zwischen der ersuchenden und der ersuchten Behörde bei.

Gegenwärtig wird eine elektronische Fassung dieser neuen Formblätter erarbeitet, die eine automatische Übersetzung ermöglicht. Seit 1. Juni 2008 wird die Verwendung dieser elektronischen Formulare in einer Testphase erprobt, an der Behörden von sechs Mitgliedstaaten beteiligt sind. Es ist davon auszugehen, dass die neuen elektronischen Formulare im Laufe des Jahres 2010 von allen Mitgliedstaaten verwendet werden können.

3.3. Vorschlag für neue Ratsrichtlinie

Die Kommission hat am 2. Februar 2009 den Vorschlag KOM(2009)28 vorgelegt, wonach die Ratsrichtlinie 2008/55/EG durch eine neue Richtlinie ersetzt werden soll, um die Beitreibungsamtshilfe zu stärken.

Die wichtigsten Ziele und Bestandteile des Vorschlags sind:

- die Erweiterung des Geltungsbereichs auf Abgaben, die in den derzeitigen gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften nicht erfasst sind, da die Wettbewerbsfähigkeit und Steuerneutralität des Binnenmarktes nicht nur durch die Nichtzahlung der in den Geltungsbereich der Richtlinie 2008/55/EG fallenden Steuern beeinträchtigt wird. Auch Betrug im Zusammenhang mit anderen Steuern kann die Wettbewerbsbedingungen auf dem Binnenmarkt verzerren und die finanziellen Interessen der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten bedrohen;

- die bevorzugte Anwendung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften auf sämtliche Beitreibungsersuchen zwischen Mitgliedstaaten. Dadurch können die beteiligten Bediensteten die Schwierigkeiten vermeiden, die mit der Anwendung unterschiedlicher Abkommen und Vereinbarungen mit unterschiedlichen Möglichkeiten, Bedingungen und Modalitäten sowie Kommunikationsmethoden verbunden sind;

- die Verbesserung der Möglichkeiten für Amtshilfeersuchen und die Beschleunigung ihrer Bearbeitung. Dies ist von entscheidender Bedeutung, da die Chancen für eine erfolgreiche Beitreibung von Forderungen von deren Alter abhängig sind. Zur Verbesserung der Beitreibungsaussichten schlägt die Kommission unter anderem Folgendes vor:

- die Möglichkeit, Beitreibungsersuchen selbst dann zu stellen, wenn im ersuchenden Mitgliedstaat noch nicht alle angemessenen Beitreibungsmaßnahmen durchgeführt worden sind;

- den spontanen Austausch bestimmter Arten von Informationen;

- die Möglichkeit, dass Beitreibungsbeamte in anderen Mitgliedstaaten die Amtsräume von Behörden betreten und an behördlichen Ermittlungen teilnehmen;

- die Vereinfachung der Zustellung von Schriftstücken durch Einführung eines einheitlichen Zustellungsverfahrens unter Verwendung eines Standardformblatts;

- die Erarbeitung eines einheitlichen gemeinschaftlichen Vollstreckungstitels, der zur Vollstreckung und Durchführung von Sicherungsmaßnahmen ermächtigt, um Probleme bei der Übersetzung und Anerkennung ausländischer Titel zu vermeiden.

4. Schlussfolgerungen und Empfehlungen

4.1. Schlussfolgerungen

Die wachsende Zahl der Amtshilfeersuchen macht deutlich, dass die Mitgliedstaaten eine enge Zusammenarbeit im Kampf gegen Steuerbetrug für notwendig erachten.

Wenngleich die beigetriebenen Beträge im Zeitraum 2005–2008 gestiegen sind, müssen die einschlägigen Rechtsvorschriften weiter gestärkt werden, um die steigende Zahl der Amtshilfeersuchen zu bewältigen und die Effizienz der Beitreibungsamtshilfe zu verbessern.

4.2. Empfehlungen

Die Mitgliedstaaten werden nachdrücklich aufgefordert, die in ihren einzelstaatlichen Rechtsvorschriften zur Verfügung stehenden Beitreibungsinstrumente zu stärken.

Der Rat und das Parlament werden ersucht, den von der Kommission am 2. Februar 2009 vorgelegten Vorschlag zur Stärkung der gegenseitigen Amtshilfe bei der Beitreibung möglichst bald anzunehmen.

[1] ABl. L 73 vom 19.3.1976, S. 18.

[2] ABl. L 150 vom 10.6.2008, S. 28.

[3] Angaben nach den von den ersuchten Mitgliedstaaten übermittelten Statistiken.

[4] Die Statistiken beruhen auf den durchschnittlich eingegangenen und abgesandten Ersuchen. Für 2005 basieren die Statistiken auf den von 17 Mitgliedstaaten übermittelten Daten, für 2006 auf den von 20 Mitgliedstaaten übermittelten Daten, für 2007 auf den von 24 Mitgliedstaaten übermittelten Daten und für 2008 auf den von 25 Mitgliedstaaten übermittelten Daten.

[5] Von den ersuchten Mitgliedstaaten übermittelte Statistiken zu den auf Ersuchen anderer Mitgliedstaaten beigetriebenen Forderungen.

[6] Dabei darf nicht vergessen werden, dass die Summe aller in den Beitreibungsersuchen angegebenen Beträge nicht unbedingt mit den tatsächlich fälligen Beträgen übereinstimmt, da z. B. ein und dieselbe Forderung Gegenstand mehrerer Beitreibungsersuchen an unterschiedliche Mitgliedstaaten sein kann oder Ersuchen zurückgezogen werden können, weil die geforderten Beträge freiwillig gezahlt oder erfolgreich angefochten wurden. Gegenwärtig lassen sich nicht alle derartigen Sachverhalte in den verfügbaren Statistiken erfassen.