52009DC0449

Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die praktische Durchführung der Arbeitsschutzrichtlinien 92/91/EWG (Gewinnung von Mineralien durch Bohrungen) und 92/104/EWG (übertägige oder untertägige Gewinnung von Mineralien) /* KOM/2009/0449 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 3.9.2009

KOM(2009) 449 endgültig

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

über die praktische Durchführung der Arbeitsschutzrichtlinien 92/91/EWG (Gewinnung von Mineralien durch Bohrungen) und 92/104/EWG (übertägige oder untertägige Gewinnung von Mineralien)

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

über die praktische Durchführung der Arbeitsschutzrichtlinien 92/91/EWG (Gewinnung von Mineralien durch Bohrungen) und 92/104/EWG (übertägige oder untertägige Gewinnung von Mineralien)

EINLEITUNG

Mit diesem Bericht kommt die Kommission ihrer Zusage nach, die praktische Durchführung des geltenden Rechtsrahmens im Hinblick auf mögliche Verbesserungen zu bewerten[1]. Der Bericht basiert im Wesentlichen auf den nationalen Berichten der Mitgliedstaaten[2] sowie auf einem Bericht unabhängiger Experten, die vor Ort die praktische Durchführung der beiden Richtlinien in den einschlägigen privaten und/oder öffentlichen Wirtschaftsbranchen bewertet haben. Herangezogen wurden ferner europaweite Statistiken und Erhebungen zu Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten[3] sowie Informationen, die der Kommission über die Umsetzung der Richtlinien vorlagen.

Diese Bewertung bezieht sich auf die Umsetzung und Durchführung zweier Richtlinien nur in den EU-15-Staaten; dabei handelt es sich um die Richtlinie 92/91/EWG des Rates vom 3. November 1992 über Mindestvorschriften zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer in den Betrieben, in denen durch Bohrungen Mineralien gewonnen werden[4], und die Richtlinie 92/104/EWG des Rates vom 3. Dezember 1992 über Mindestvorschriften zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer in übertägigen oder untertägigen mineralgewinnenden Betrieben[5]. Nach Ansicht der Kommission kann die vorliegende Bewertung auch den 12 Mitgliedstaaten, die der EU mittlerweile beigetreten sind, als nützliche Informationsquelle zur Anwendung der Richtlinien dienen.

Der Bergbau fällt nicht in den Geltungsbereich der Richtlinie 89/654/EWG des Rates vom 30. November 1989 über Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz in Arbeitsstätten (erste Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG). In diesem Wirtschaftszweig ist damit zu rechnen, dass Arbeitnehmer einem besonders hohen Risiko ausgesetzt sind, so dass für sie Spezialregelungen festgelegt wurden, und zwar in zwei Einzelrichtlinien (Richtlinien 92/91/EWG und 92/104/EWG) im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit.

Die Richtlinie 92/91/EWG gilt speziell für die Gesundheit und Sicherheit derjenigen Arbeitnehmer, die mit dem Aufsuchen und Gewinnen von Mineralien durch Bohrung (onshore und offshore) befasst sind, während die Richtlinie 92/104/EWG alle übrigen mineralgewinnenden Industriezweige abdeckt, d. h. das Aufsuchen und Gewinnen von Mineralien im Übertage- und Untertagebergbau sowie in Steinbrüchen.

Gemäß Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinien 92/91/EWG und 92/104/EWG findet die Richtlinie 89/391/EWG auf den von diesen Richtlinien abgedeckten Bereich in vollem Umfang Anwendung.

Da die beiden Richtlinien bezüglich ihrer praktischen Durchführung unter zahlreichen Gesichtspunkten ähnlich sind, werden sie im vorliegenden Bericht nur dann einzeln angesprochen, wenn ein spezieller Aspekt der einen oder der anderen Richtlinie hervorgehoben werden muss.

RECHTSWIRKUNGEN

Die nationalen Berichte der Mitgliedstaaten zeigen, dass die Richtlinien in allen Mitgliedstaaten formelle Wirkungen (Straffung und Kodifizierung) entfaltet und sie zur Konsolidierung und Aktualisierung ihres geltenden Rechts veranlasst haben.

Was die materiellrechtliche Seite angeht, so gab es in den meisten Mitgliedstaaten bereits Rechtsvorschriften auf diesem Gebiet, doch wurden durch die Richtlinien wichtige neue Konzepte in das nationale Recht eingeführt (etwa das Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokument). In einem Mitgliedstaat (Irland) sind Verstöße gegen die einschlägigen Rechtsvorschriften, die vorher nur privatrechtliche Folgen hatten, seit Umsetzung der Richtlinien auch strafrechtlich relevant.

AUFKLÄRUNG UND FLANKIERENDE MASSNAHMEN

Die einzelstaatlichen Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinien wurden in allen Mitgliedstaaten veröffentlicht; ferner wurden Aufklärungskampagnen durchgeführt, die u. a. die Herausgabe von Broschüren, Leitlinien und Pressemitteilungen sowie die Veranstaltung von Seminaren und Konferenzen umfassten, auf denen Behördenmitarbeiter, Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit den Konzepten der Richtlinien vertraut gemacht wurden. In einigen Fällen wurden die betroffenen Unternehmen unmittelbar informiert.

Die Sozialpartner verbreiteten ihrerseits Informationen über die neuen Vorschriften in Form von Dokumentationen (z. B. Leitfäden mit Beispielen guter Praxis) und durch die Veranstaltung von Fortbildungskonferenzen und -seminaren.

Im Großen und Ganzen wurden die genannten Informationskampagnen als zufriedenstellend beurteilt, denn sie haben das Bewusstsein für die einschlägigen Vorschriften geschärft und die Entwicklung einer Kultur der Prävention von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten in den Unternehmen gefördert.

UMSETZUNG

Ungeachtet der einstimmigen Verabschiedung der beiden Richtlinien im Rat, der eine eingehende Anhörung der Sozialpartner vorangegangen war, wurde die Umsetzungsfrist von etwa der Hälfte der Mitgliedstaaten nicht eingehalten. Die Kommission leitete gegen die betreffenden Mitgliedstaaten Vertragsverletzungsverfahren gemäß Artikel 226 EG-Vertrag ein, die in einigen Fällen noch vor dem Abschluss der Umsetzung zu einer Verurteilung durch den Gerichtshof führten.

Eine Prüfung der Vereinbarkeit der nationalen Rechtsvorschriften mit den EG-Richtlinien deutet darauf hin, dass die Anforderungen der Richtlinien im Allgemeinen zutreffend umgesetzt wurden. Gewisse Unzulänglichkeiten wurden festgestellt in Bezug auf die Verantwortung der Arbeitgeber in Fällen, in denen Arbeitnehmer mehrerer Betriebe an derselben Arbeitsstätte tätig sind (Artikel 3 Absatz 3 der Richtlinien), in Bezug auf die präventivmedizinische Überwachung (Artikel 8 der Richtlinien) und auf die Ausnahme für die Mineralgewinnung durch Schwimmbagger (Artikel 12 der Richtlinie 92/104/EWG); ferner genügte der gewährte Schutz in bestimmten Fällen nicht den in den Anhängen der Richtlinien normierten Mindestanforderungen.

EINSCHLÄGIGE MASSNAHMEN: DURCHFÜHRUNG DER BEIDEN RICHTLINIEN IN DER PRAXIS

Wesentliche Aspekte

Das Spektrum der in der Mineralgewinnung tätigen Unternehmen ist breit – es gibt große und kleine Unternehmen mit sehr unterschiedlichen Merkmalen. So findet man in der Offshore-Bohrbranche vorwiegend große internationale Unternehmen, im Abbau von Werkstein und bei Steinbrüchen hingegen auch sehr kleine Familienbetriebe. Jede Art von Unternehmen ist anders, und die notwendigen Arbeitsschutzmaßnahmen müssen der jeweiligen konkreten Situation angepasst sein.

Trotz aller Bemühungen um eine Verbesserung des Arbeitsschutzes besteht in der Mineralgewinnung nach wie ein hohes Risiko, sowohl im Hinblick auf Arbeitsunfälle als auch im Hinblick auf Berufskrankheiten.

Laut einer Studie, auf die im Bericht der unabhängigen Experten Bezug genommen wird[6], sind etwa 10 % der Unglücke im Bergbau (Richtlinie 92/104/EWG) auf technische Mängel zurückzuführen, etwa auf eine nicht den Normen entsprechende Ausrüstung. In 90 % der Fälle sind jedoch organisatorische Mängel die Ursache, etwa unklare Anweisungen oder eine fehlerhafte Einschätzung der Gefahren durch Arbeitnehmer.

Die Bewertung der Situation in großen und mittleren Unternehmen der Mineralgewinnung zeigt im Allgemeinen, dass es hinsichtlich der wesentlichen Vorgaben der Richtlinien für die minimalen Sicherheitsanforderungen keine erheblichen Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten oder den einzelnen mineralgewinnenden Industriezweigen gibt. Im Hinblick auf das Gesundheitsschutzdokument, die Verantwortung des koordinierenden Arbeitgebers, die Weiterbildung und Überwachung der Arbeitnehmer und die Vorkehrungen für Notfälle scheint die Anwendung der Bestimmungen insgesamt zufriedenstellend zu sein.

Andererseits fehlen den kleineren Unternehmen oft die finanziellen Mittel oder das für einen wirksamen Arbeitsschutz notwendige Wissen. Gleichwohl deuten die nationalen Berichte darauf hin, dass die Mitgliedstaaten keine speziellen Regelungen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) eingeführt haben, ausgenommen, unter anderem, die Bemühungen der Behörden um eine Verbesserung und Straffung bestimmter Verwaltungsverfahren für KMU. Auch haben die Mitgliedstaaten spezielle Informationskampagnen für KMU organisiert. In einem Mitgliedstaat (Portugal) zahlen kleine Unternehmen, die im Bereich des Arbeitsschutzes gute Ergebnisse erzielen, geringere Sozial- und Versicherungsbeiträge.

Durch bestimmte proaktive Präventionsmaßnahmen konnten die Unfallzahlen nachweislich verringert werden.

Dazu gehören Schulungen, die von Beinaheunfällen ausgehen (das sind auf gefährliche Arbeitsbedingungen zurückführbare Zwischenfälle, die beinahe einen Unfall zur Folge gehabt hätten); dabei erzählen die betroffenen Arbeitnehmer, was ihnen passiert ist, oder es werden vor Ort Bilder von Kindern angebracht, die in der Mineralgewinnung arbeitende Eltern vor Gefahren warnen. In manchen Fällen werden die Familien der Arbeitnehmer telefonisch kontaktiert, um sie für die Bedeutung von Arbeitschutzmaßnahmen zu sensibilisieren.

In der Mineralgewinnung durch Bohrungen (Richtlinie 92/91/EWG) sind meist große oder mittlere Unternehmen tätig. Die Untersuchung vor Ort zeigte, dass das Arbeitsschutzmanagement in den einzelnen Unternehmen recht ähnlich ist, auch wenn sie in verschiedenen Mitgliedstaaten operieren. In der Regel sind ihnen die speziellen Risiken des Wirtschaftszweigs bekannt, und selbst Konkurrenzunternehmen tauschen im Allgemeinen Informationen über Fragen des Arbeitsschutzes aus. Im Alltag umfasst das Arbeitsschutzmanagement Sitzungen, Kontrollen und die Arbeitsfreigabe, die nach der Richtlinie für besonders gefährliche Arbeiten erforderlich ist[7].

Die im Tagebau auf Kohle, Erz und Industrieminerale tätigen Unternehmen (Richtlinie 92/104/EWG) sind vorwiegend groß und setzen oft automatisierte Verfahren ein. Sie vertreten allgemein die Ansicht, dass Arbeitsschutzmaßnahmen auch gewinnbringend sein können und nicht nur Kosten verursachen und dass diese Maßnahmen weniger kosten als Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Für solche Unternehmen ist es oftmals sehr schwierig, ihre Arbeitnehmer von der Bedeutung von Arbeitsschutzmaßnahmen zu überzeugen. Dagegen sind Unternehmen in der Werksteingewinnung vorwiegend KMU: Häufig handelt es sich um Familienbetriebe mit drei bis zehn Arbeitnehmern, die regelmäßig manuell arbeiten. Diese Arbeitnehmer sind bestimmten Risiken – wie Staub und Steinschlag – stärker ausgesetzt. KMU betrachten Arbeitsschutzmaßnahmen mitunter als lästig und tendieren dazu, den sich aus der Richtlinie ergebenden Pflichten nicht in vollem Umfang nachzukommen.

BOX: KMU brauchen bei der wirksamen Umsetzung von Arbeitsschutzstrategien mehr Unterstützung. Diese sollten sie von den Mitgliedstaaten erhalten, und zwar in einer Weise, die den konkreten Merkmalen der betreffenden Unternehmen effektiv Rechnung trägt. Die Mitgliedstaaten sollten diese Frage in ihren nationalen Strategien thematisieren, die sie im Rahmen der Gemeinschaftsstrategie für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz (2007-12) beschließen müssen.

Arbeitsbedingungen

Gemäß Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a beider Richtlinien müssen die Arbeitsstätten von den Arbeitgebern so konzipiert, errichtet, ausgestattet, in Betrieb genommen, betrieben und unterhalten werden, dass die Arbeitnehmer die ihnen übertragenen Arbeiten ohne Gefährdung ihrer Sicherheit und ihrer Gesundheit oder der Sicherheit und Gesundheit anderer Arbeitnehmer ausführen können.

In der Mineralgewinnung tätige Unternehmen halten die Unfallschutzbestimmungen offenbar generell ein, doch scheint es in Bezug auf die Vermeidung möglicher langfristiger Gesundheitsschäden Unterschiede zwischen den Unternehmen in verschiedenen Mitgliedstaten zu geben. Die Probleme können hier mit falschen Arbeitshaltungen, alten Ausrüstungen, der manuellen Handhabung schwerer Gegenstände oder unzureichendem Schutz vor ungesunden Umweltbedingungen wie etwa extrem hohen oder niedrigen Temperaturen, Feuchtigkeit, Lärm, Vibrationen oder Staub zusammenhängen. Diese Probleme entstehen in manchen Fällen, weil die Nachrüstung von Anlagen sehr teuer werden oder praktische Probleme verursachen kann; mitunter sind die betroffenen Arbeitnehmer auch nicht genügend geschult.

Ein recht positives Bild ergibt sich bei der Gewinnung durch Bohrungen (Richtlinie 92/91/EWG). In dieser Branche werden veraltete Ausrüstungen häufig durch neue ersetzt, mechanische Verfahren verbessern die Situation an potenziell gefährlichen Arbeitsplätzen, und es werden Maßnahmen zur Verringerung von Lärm und Schadstoffen getroffen.

Qualifikationen der Arbeitnehmer

Nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c beider Richtlinien haben die Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass die mit einem besonderen Risiko verbundenen Arbeiten nur fachkundigen Arbeitnehmern übertragen und entsprechend den Anweisungen ausgeführt werden.

Die Untersuchung vor Ort hat ergeben, dass die Unternehmen in der Regel Vorschriften über die für spezielle Aufgaben erforderlichen Qualifikationen haben.

In der Mineralgewinnung durch Bohrungen (Richtlinie 92/91/EWG) gibt es Regelungen für die Offshorebranche, die vorschreiben, dass die Arbeitnehmer bestimmte Ausbildungsnachweise besitzen müssen, wenn sie spezielle oder Notfall-Arbeiten zu erledigen haben. Mehrere an der Nordsee gelegene Mitgliedstaaten bemühen sich gemeinsam mit den dort tätigen Unternehmen um eine Vereinbarung über die Anforderungen, die an die Ausbildung der Arbeitnehmer zu stellen sind; diese Vereinbarung wird auch die Freizügigkeit fördern.

BOX: Nationale Behörden und die Sozialpartner der mineralgewinnenden Industriezweige sind aufgerufen, in der gesamten EU ihre Bemühungen um den Abschluss einer Vereinbarung über die Ausbildungsanforderungen zu intensivieren, die je nach Ausmaß und/oder Art der Risiken an die Arbeitnehmer zu stellen sind. Unterstützung könnten sie vom Beratenden Ausschuss für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz sowie von seiner Ständigen Arbeitsgruppe für den Steinkohlenbergbau und die anderen mineralgewinnenden Industriezweige erhalten.

Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokument

Der Wortlaut des Artikels 3 Absatz 2 ist in beiden Richtlinien ähnlich. Danach haben die Arbeitgeber sicherzustellen, dass ein Dokument über Sicherheit und Gesundheitsschutz erstellt und auf dem letzten Stand gehalten wird, aus dem insbesondere hervorgeht, dass i) die Gefährdungen, denen die Arbeitnehmer an den Arbeitsstätten ausgesetzt sind, ermittelt und einer Bewertung unterzogen worden sind; ii) angemessene Maßnahmen getroffen werden, um die Ziele dieser Richtlinie zu erreichen, und iii) die Arbeitsstätten und die Ausrüstung sicher gestaltet, betrieben und gewartet sind.

Es wurde festgestellt, dass sowohl große Unternehmen als auch KMU im Allgemeinen ein Gesundheitsschutzdokument erstellen. Allerdings widmen nicht alle Unternehmen ihm dieselbe Aufmerksamkeit, so dass es im Hinblick auf Länge und Inhalt der Dokumente erhebliche Unterschiede gibt. Darüber hinaus werden sie in sehr kleinen Unternehmen offenbar nicht regelmäßig auf den neuesten Stand gebracht. Generell gelten die Dokumente für alle Mitarbeiter des Unternehmens unter Einschluss von Subunternehmern und Selbständigen.

Die Vorzüge des Gesundheitsschutzdokuments werden im Allgemeinen nicht bestritten, und die Risikobewertungen sorgen für eine bessere Prävention von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Oft regen die betroffenen Arbeitnehmer selbst eine Aktualisierung des Dokuments an, beispielsweise durch Ausfüllen von Arbeitsblättern, in denen sie die Risiken notieren, auf die sie gestoßen sind. Eine Aktualisierung kann sich nach der Untersuchung von Unfällen, nach Berichten und eingehenden Analysen von Beinaheunfällen oder nach Diskussionen mit Arbeitnehmern, in deren Verlauf sie Ideen zur Verbesserung der Situation vorbringen können, als erforderlich erweisen.

Einige Aufsichtsbehörden bemühen sich um eine Harmonisierung der Dokumente, z. B. durch Erstellung eines Standardmusters. So haben die Bohrunternehmer der Nordsee in Abstimmung mit den Aufsichtsbehörden der betroffenen Länder[8] gemäß der Richtlinie 92/91/EWG (Mineralgewinnung durch Bohrungen) ein gemeinsames Muster für ein solches Dokument ausgearbeitet. Dadurch erübrigt sich beispielsweise die Erstellung neuer Dokumente bei der Verlagerung einer Bohrinsel in das Hoheitsgebiet eines anderen Staates, wenn dort ähnliche Arbeiten verrichtet werden sollen (es sei denn, es ändert sich auch etwas an den Arbeitsbedingungen). Das macht es sowohl den Unternehmen als auch den beteiligten Aufsichtsbehörden leichter.

Die Arbeitnehmervertreter können bei der Festlegung der Arbeitsschutzstrategien der Unternehmen eine wichtige Rolle spielen. Die Untersuchung vor Ort hat ergeben, dass die sie im Allgemeinen – wenn auch nicht immer und in unterschiedlichem Maße – zum Gesundheitsschutzdokument angehört werden. Die Untersuchung zeigte auch, dass die Vertreter der Arbeitnehmer in manchen Fällen zögerten, ihren Einfluss geltend zu machen. Ferner lässt sich der Untersuchung entnehmen, dass dies auf Mängel in der Ausbildung oder unzureichende Erfahrungen mit der globalen Arbeitsschutzstrategie des Unternehmens zurückführbar sein könnte: Manche Arbeitnehmervertreter haben sich mitunter auf die Lösung praktischer Probleme – wie Tariflöhne, Arbeitszeit und Arbeitsplatzsicherheit – spezialisiert und kennen sich mit der Einführung einer neuen Präventionskultur im Unternehmen weniger aus.

BOX: Für die Erstellung wirksamer Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumente und die Entstehung einer Präventionskultur in Unternehmen werden vor allem in KMU mehr praktische Informationen benötigt; ferner müssen die Arbeitnehmervertreter stärker für die Bedeutung dieser Dokumente sensibilisiert werden.

Subunternehmer und Selbständige

Sind Arbeitnehmer mehrerer Unternehmen an derselben Arbeitsstätte tätig, so bestimmt der in beiden Richtlinien gleichlautende Artikel 3 Absatz 3, dass jeder Arbeitgeber für die Bereiche, die seiner Kontrolle unterstehen, verantwortlich ist. Außerdem hat der Arbeitgeber, der die Verantwortung für die Arbeitsstätte hat, die Durchführung aller die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer betreffenden Maßnahmen zu koordinieren und diese in seinem Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokument festzulegen.

Die Untersuchung hat gezeigt, dass die Vergabe von Unteraufträgen zunimmt und dass die Koordinierung der Arbeiten nicht immer zufriedenstellend ist. Gleichwohl überprüfen Unternehmen, die Subunternehmen einschalten, in der Regel deren Erfahrung und Wissen auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes. Mitunter bietet auch der Generalunternehmer verpflichtende Sicherheitsschulungen an, die in regelmäßigen Abständen auf den neuesten Stand gebracht werden.

Gelegentlich treten offenbar Probleme auf, weil von Subunternehmern – in der Regel für Zeit- oder Saisonarbeit – eingestellte Arbeitnehmer unzureichend geschult sind, was die Tatsache erklären könnte, dass sie häufiger in Arbeitsunfälle verwickelt sind. Es scheint jedoch in diesem Bereich weniger Probleme mit Subunternehmern zu geben als in anderen Risikobranchen wie dem Baugewerbe.

BOX: Da sich in der Mineralgewinnung sowie in anderen Wirtschaftszweigen aus der Vergabe von Unteraufträgen Probleme ergeben, wird die Kommission entsprechend ihrer Ankündigung in der Gemeinschaftsstrategie für 2007-12 die spezifischen Probleme der Vergabe von Unteraufträgen untersuchen. Beispiele guter Praxis in dieser Branche könnten auch anderen Branchen zugute kommen und über den Beratenden Ausschuss für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz, seine Ständige Arbeitsgruppe für den Steinkohlenbergbau und die anderen mineralgewinnenden Industriezweige und den Ausschuss für den sozialen Dialog im Bereich der mineralgewinnenden Industriezweige auf EU-Ebene bekannt gemacht werden.

Brandbekämpfung und Rettung

Die in beiden Richtlinien gleichlautenden Artikel 4 und 5 enthalten spezielle Mindestanforderungen an den Schutz vor Bränden, Explosionen und gesundheitsgefährdender Atmosphäre sowie an die Flucht- und Rettungsmittel.

Dank der Installation von Feuerlöschern, der Organisation von Feuerlöschübungen und der Einrichtung spezieller Feuerlösch- und/oder Rettungsteams entspricht die allgemeine Praxis offenbar diesen Anforderungen. Gelegentlich werden auf Förderbändern Reibungsdetektoren installiert, um eine Überhitzung zu vermeiden.

Neben Sammelstellen und Fluchtkammern gibt es oft eine Bereitschaft für Notfalltransporte (Krankenwagen und Hubschrauber). Die Erfahrung hat gezeigt, wie wichtig Flucht- und Rettungsmittel sind; hierzu gehören auch Rettungsteams, die oft unter extrem gefährlichen Bedingungen operieren müssen, z. B. unmittelbar nach einer Explosion.

Präventivmedizinische Überwachung

Artikel 8 der Richtlinien schreibt die präventivmedizinische Überwachung derjenigen Arbeitnehmer vor, denen Aufgaben bei der Gewinnung von Mineralien übertragen werden sollen; diese Überwachung muss erfolgen, bevor ihnen die betreffenden Aufgaben übertragen werden, und ist auch in der Folge in regelmäßigen Abständen vorzunehmen. Ferner sind diese Maßnahmen im Einklang mit den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Praktiken zu treffen.

Im Allgemeinen entspricht die präventivmedizinische Überwachung den Vorgaben der Richtlinien. Damit werden meist Arbeitsmediziner, seltener Allgemeinmediziner betraut, und die Betreuung kann über arbeitsmedizinische Aspekte im eigentlichen Sinne hinausgehen, etwa durch Kampagnen gegen das Rauchen oder Ratschläge für eine gesunde Ernährung. In einigen Mitgliedstaaten ist zudem eine Nachsorge für Rentner vorgesehen (z. B. alle fünf Jahre für ehemalige Kohlenbergleute).

Rechtsdurchsetzung

In den meisten Mitgliedstaaten ist die Arbeitsaufsicht für die Durchsetzung des nationalen Rechts zur Umsetzung der Richtlinien zuständig. In einigen Mitgliedstaaten wurde die Aufsicht über die mineralgewinnenden Industriezweige jedoch nicht der Arbeitsaufsicht, sondern speziellen Stellen übertragen, was oft mit der relativ großen Bedeutung dieser Branche für die Wirtschaft und den speziellen Risiken zusammenhängt, die sich hier stellen. Vielleicht könnten die für die Überwachung der Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer zuständigen Behörden ihre Arbeit sinnvoller koordinieren und verstärkt Informationen, auch Know-how, austauschen, denn mitunter befassen sich die verschiedenen Stellen mit unterschiedlichen Aspekten des Arbeitsschutzrechts, so dass ihnen der Gesamtüberblick fehlt. So kann es vorkommen, dass die Arbeitsaufsicht für die Durchsetzung der Rahmenrichtlinie 89/391/EWG zuständig ist, für die Durchsetzung der Richtlinien 92/91/EWG und 92/104/EWG hingegen die Bergbauinspektion.

Größere Unternehmen verfügen oft über die finanziellen und organisatorischen Ressourcen, die für die Einführung einer wirksamen Arbeitsschutzstrategie benötigt werden, und halten üblicherweise regelmäßigen Kontakt zu den Aufsichtsbehörden.

BOX: Mitunter obliegt die Durchsetzung des für die mineralgewinnenden Industriezweige geltenden Rechts in den Mitgliedstaaten mehreren Aufsichtsbehörden. Die Zusammenarbeit und der Informationsaustausch zwischen diesen Behörden in den einzelnen Mitgliedstaaten könnten in der Weise verbessert werden, dass alle Aspekte des Arbeitsschutzes umfassend abgedeckt werden. Der Ausschuss hoher Arbeitsaufsichtsbeamter[9] könnte dabei behilflich sein.

ALLGEMEINE BEWERTUNG

Wesentliche positive Wirkungen der beiden Richtlinien

In ihren nationalen Berichten unterstreichen die Mitgliedstaaten die positive Wirkung der beiden Richtlinien, die eine stärkere Sensibilisierung der Unternehmen für das Problem der Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz bewirkt hätten, insbesondere durch die Risikobewertung und das Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokument, das die Unternehmen dazu veranlasst habe, den Arbeitsschutz- und Präventionsstrategien Priorität einzuräumen. Die in den Richtlinien vorgesehenen Maßnahmen wurden als hinreichend umfassend und als allgemein genug beurteilt, so dass ein flexibler Umgang mit den Risiken möglich sei, die sich in den betreffenden Unternehmen stellen. Ferner wurde auf einen weiteren Vorteil hingewiesen, nämlich dass EU-weit gültige Mindesterfordernisse ein gegenseitiges Unterbieten der Arbeitsschutzstandards verhinderten, da alle Unternehmen diese Standards anzuwenden hätten.

Eine wichtige Wirkung der Richtlinien besteht darin, dass in den Unternehmen ein Wechsel hin zu einer Gesamtstrategie im Arbeitsschutz stattgefunden hat. Die Vorschriften über die Koordinierung der Arbeitsschutzmaßnahmen an Arbeitsstätten, an denen Arbeitnehmer mehrerer Unternehmen tätig sind, werden ebenfalls als wichtige positive Neuerung betrachtet, die auf die Richtlinien zurückzuführen ist.

Offenbar haben sich insbesondere in Steinbrüchen, die von KMU betrieben werden, die Arbeitsschutzbedingungen dank der Richtlinie 92/104/EWG (übertägige oder untertägige Gewinnung) etwas verbessert; für derartige Unternehmen scheint diese Frage vor Erlass der Richtlinie kein Thema gewesen zu sein.

Wesentliche Probleme bei der Durchführung

Wie bereits ausgeführt, wird die von den Richtlinien gebotene Flexibilität generell gelobt, obgleich dies bedeuten kann, dass Unternehmen nicht genau wissen, welcher Arbeitsschutzstandard konkret vorgeschrieben ist und wie sie die Richtlinien in der Praxis anwenden sollen. Darüber hinaus heißt es im Bericht, der den Mitgliedstaaten durch die Richtlinie 92/91/EWG eingeräumte Spielraum könne zu Unterschieden bei der Durchführung in den Mitgliedstaaten führen, was wiederum zur Folge haben könnte, dass bestimmte Bedingungen in einem Mitgliedstaat akzeptiert werden, in anderen hingegen nicht.

Nach Auffassung der Arbeitgeber tritt das Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokument in manchen Fällen noch zu anderen notwendigen Dokumenten – wie beispielsweise der Bergbaugenehmigung – hinzu. Dieses Problem könnte mit der Durchführung der Richtlinien in den Mitgliedstaaten zusammenhängen und möglicherweise dadurch gelöst werden, dass die für verschiedene Tätigkeiten in der Mineralgewinnung vorgeschriebenen unterschiedlichen Dokumente miteinander kombiniert werden, sofern sie in vollem Umfang die Erfordernisse des Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokuments erfüllen.

BOX: Im Interesse des Bürokratieabbaus könnten die Mitgliedstaaten prüfen, ob eine Zusammenlegung des Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokuments mit anderen, für verschiedene Tätigkeiten in der Mineralgewinnung vorgeschriebenen Dokumenten möglich wäre; dann würde sich die Vorlage mehrerer ähnlicher Einzeldokumente für die Unternehmen erübrigen.

KMU tendieren anscheinend dazu, in der Durchführung der Richtlinienvorschriften lediglich eine Belastung zu sehen. Für sie stehen häufiger die Kosten einer Unfallversicherung oder von Präventionsmaßnahmen im Vordergrund, während sie die nicht auf den ersten Blick erkennbaren, aber möglicherweise erheblich höheren künftigen Kosten – wie Produktionsausfälle oder Material- und Reorganisationsaufwand in der Folge von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten – eher übersehen.

Die Berichte der Mitgliedstaten und die Untersuchung vor Ort zeigen, dass in einigen Mitgliedstaaten Arbeitgeber mitunter dazu tendieren, nicht alle Unfälle zu melden, die gemeldet werden müssten. Möglicherweise tun sie dies, weil sie einen Imageverlust des Unternehmens befürchten oder Vertragsstrafen vermeiden wollen. Das bedeutet aber, dass sich die Behörden kein richtiges Bild von der Lage in der Branche machen und deshalb nicht für eine Verbesserung des Arbeitsschutzes sorgen können. Die Nichtmeldung von Unfällen ist ein Problem, das im Zuge einer effizienteren Arbeitsweise der Aufsichtsbehörden gelöst werden muss.

Aus den nationalen Berichten geht ebenfalls hervor, dass Arbeitgeber unter Umständen wegen der Kosten auf eine Modernisierung der Ausrüstung verzichten. In der Untersuchung vor Ort wurde zudem festgestellt, dass einige Arbeitgeber dazu neigen, umweltpolitischen Belangen Vorrang vor dem Schutz der Gesundheit und Sicherheit ihrer Arbeitnehmer einzuräumen.

Offenbar machen die Aufsichtsbehörden häufig keinen Unterschied zwischen KMU und größeren Unternehmen , d. h. sie tragen den Besonderheiten der kleineren Unternehmen und der Tatsache, dass sie oft über weniger Mittel verfügen, keine Rechnung. Für ein großes Unternehmen kann der mögliche Imageschaden infolge eines Unfalls eher ein Grund zur Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften sein als ein drohendes Bußgeld. Nach Auffassung einiger Arbeitgeber konzentrieren sich Aufsichtsbehörden übermäßig auf die Sicherheit der Ausrüstung und nicht genug auf die Schulung der Arbeitnehmer (organisatorische Aspekte, Schulungen, Förderung einer Sicherheitskultur).

Die Arbeitnehmer werden im Allgemeinen in bestimmten Phasen der Ausarbeitung und/oder Verwendung des Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokuments angehört, jedoch in unterschiedlichem Maße und nicht systematisch. Die Richtlinien schreiben die Anhörung der Arbeitnehmer verbindlich vor, doch scheint dies nur selten im vorgeschriebenen Umfang zu geschehen.

EINSCHÄTZUNG DER WIRKSAMKEIT DER RECHTSVORSCHRIFTEN

Es ist schwierig, einen objektiven Zusammenhang zwischen der Durchführung der Richtlinien in den mineralgewinnenden Industriezweigen und Verbesserungen beim Schutz vor Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten nachzuweisen. Entsprechende Versuche sind deshalb kompliziert, weil Unfälle und Berufskrankheiten auf viele andere Faktoren zurückführbar sind als die in den Richtlinien geregelten.

Ferner ist zu berücksichtigen, dass Berufskrankheiten oft erst diagnostiziert werden, wenn die die Exposition des Arbeitnehmers gegenüber dem betreffenden Risikofaktor schon lange zurückliegt. Zudem enthalten die Richtlinien einige neue Vorschriften, während andere in vorhandene innerstaatliche Regelungen eingebaut werden. Die Wirkung der Richtlinien lässt sich deshalb nicht leicht messen.

Wie bereits ausgeführt, handelt es sich bei der Mineralgewinnung – trotz der unternommenen Anstrengungen – nach wie vor um einen Wirtschaftszweig mit hohem Risiko.

a) Wirkungen auf Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten

In den mineralgewinnenden Industriezweigen ist das Arbeitsunfallrisiko hoch. Die Inzidenz[10] der Arbeitsunfälle liegt hier erheblich über dem Durchschnitt aller Wirtschaftszweige: Bei den Arbeitsunfällen, die mehr als drei Ausfalltage zur Folge haben, ist sie doppelt so hoch (5 500 gegenüber 2 500) und bei den tödlichen Unfällen fast fünf Mal so hoch (14 gegenüber 3)[11]. Interessant ist, dass nach Schätzungen aus dem Jahre 1986[12] die Inzidenz tödlicher Unfälle im Jahr 1986 erheblich höher war (100 gegenüber 14 im Jahr 2005); somit scheinen die Unfallzahlen in der Zeit von 1986 bis 2005, also in der Zeit des Inkrafttretens der Richtlinien, drastisch gesunken zu sein.

Die Statistiken[13] zeigen, dass das Fallen oder Zusammenstürzen eines Gegenstands (z. B. der Einsturz eines Grubenbaus) die häufigste Unfallursache (auch von tödlichen Unfällen) ist; sie machen 25 % der Gesamtzahl aus, während Ereignisse wie Feuer oder Explosionen – was überraschen mag – einen geringeren Prozentsatz stellen (unter 5 %). Diese Zahlen beziehen sich allerdings auf das allerletzte vom normalen Ablauf abweichende Ereignis, das unmittelbar zum Unfall führte : Dieses letzte Ereignis kann selbst wiederum von anderen Ereignissen ausgelöst worden sein, d. h. der Einsturz eines Grubenbaus kann beispielsweise auf ein Feuer oder eine Explosion zurückzuführen sein. In einem solchen Fall wird der Einsturz des Grubenbaus als letztes Ereignis registriert, obwohl möglicherweise ein Feuer oder eine Explosion die eigentliche Ursache war.

BOX: Im Hinblick auf Unfälle und deren Ursachen sollte die Ständige Arbeitsgruppe für den Steinkohlenbergbau und die anderen mineralgewinnenden Industriezweige eng mit dem Ausschuss für den sozialen Dialog im Bereich der mineralgewinnenden Industriezweige auf EU-Ebene zusammenarbeiten.

Von allen Wirtschaftszweigen wies die Mineralgewinnung bei den Berufskrankheiten die weitaus höchste Inzidenz auf, und zwar selbst im Vergleich mit anderen Risikobranchen: Die Zahl belief sich hier auf 1 949 im Vergleich zu 134 im Baugewerbe, 41 in der Landwirtschaft und 29 im Verkehrswesen. Darüber hinaus ist in dieser Branche die höchste Inzidenz für Atemwegserkrankungen zu verzeichnen[14].

Seit Erlass der Richtlinien ist in den Unternehmen das Bewusstsein für Arbeitsschutzaspekte gestiegen, sie sind in diesem Bereich besser organisiert und der Mechanisierungsgrad ist höher; dies alles sollte zu einem Rückgang der Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten führen. Gleichwohl sind sie nach wie vor häufig, was oft auf mehrere Faktoren zurückzuführen ist:

- Im Vergleich zu größeren Unternehmen kommt es in KMU, die in dieser Branche wohl die Mehrheit bilden dürften, häufiger zu Unfällen.

- Bei den kleineren Unternehmen kennen sich die Arbeitgeber oft weniger mit Fragen der Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz aus.

- Das Arbeitstempo hat zugenommen.

- Arbeitgeber konzentrieren sich mitunter stärker auf die Produktivität und auf die Umwelt als auf den Schutz der Arbeitnehmer.

- In einigen Mitgliedstaaten steigt die Anzahl der jungen und/oder zugewanderten Arbeitnehmer, wobei für Letztere oft die Sprache ein Problem darstellt.

b) Auswirkungen auf Produktivität, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit

Die meisten Mitgliedstaaten haben zu den Auswirkungen der Richtlinien auf Produktivität, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit keine Angaben gemacht. Nach Ansicht einiger Mitgliedstaaten[15] sind die in den Richtlinien vorgesehenen Maßnahmen der Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit zugute gekommen.

Aus den nationalen Berichten geht hervor, dass die Durchführung der Richtlinien zu Verbesserungen des Arbeitsumfelds geführt hat, wodurch die Arbeit für die Arbeitnehmer attraktiver wurde und die Produktivität gesteigert werden konnte. Durch niedrigere Unfallzahlen können – von dem damit verbundenen menschlichen Leid einmal ganz abgesehen – auch die Fehlzeiten verringert werden, die erhebliche wirtschaftliche Kosten nach sich ziehen.

VERBESSERUNGSVORSCHLÄGE

Da die Richtlinien allgemein formuliert sind, wurde vorgeschlagen, praktische Leitlinien, vorbildliche Verfahren oder sonstige Informationen auszuarbeiten und zu verbreiten, um so die sich aus den Richtlinien ergebenden Pflichten näher zu erläutern.

Hinsichtlich des Gesundheitsschutzdokuments wird in der Untersuchung vor Ort darauf hingewiesen, dass für bestimmte, vor allem kleine Betriebe – wie etwa Werksteinbrüche – Muster benötigt würden. Dadurch könnten die Sicherheits- und Gesundheitsbedingungen verbessert werden, denn den Unternehmen würde die Ausarbeitung des Dokuments erleichtert; außerdem könnten sie so die erforderlichen Verbesserungen leichter erkennen und durchführen.

Was die Durchsetzung der Richtlinie angeht, so könnte die Kommunikation mit den betroffenen Unternehmen durch fachlich geschulte Mitarbeiter der Aufsichtbehörden gefördert werden: Es ist denkbar, dass ihre Anregungen die Unternehmen eher überzeugen und von ihnen bereitwilliger umgesetzt würden. Dies könnte auch für Branchen wichtig sein, die vor komplizierten betrieblichen Herausforderungen stehen. Darüber hinaus sind die Arbeitsaufsichtsbehörden anscheinend oft unterbesetzt, so dass es beispielsweise nicht machbar ist, jedes Unternehmen einmal jährlich zu kontrollieren. Die Unternehmen beklagen, dass sich die Arbeitsaufsicht oft auf die Aufdeckung von Mängeln konzentriere, jedoch keine Vorschläge zur Verbesserung der Lage mache, obwohl wegen der allgemeinen Formulierung der Richtlinien ein Bedarf an praktischen Anregungen bestehe. Gleichwohl hat sich gezeigt, dass die Behörden durchaus neue Verfahren zur Durchsetzung der Richtlinie 92/91/EWG entwickeln, die u. a. Überprüfungen zu bestimmten Themen wie Arbeitszeiten oder Rettungseinsätzen umfassen.

Wegen der unterschiedlichen Durchführung der Richtlinien in den einzelnen Mitgliedstaaten gibt es Probleme bei der Verlegung von Arbeitsplätzen in ein anderes Land. Insoweit beabsichtigt die Kommission, weiterhin die Konformität der Umsetzungsvorschriften zu überwachen und gegebenenfalls Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten einzuleiten, deren Rechtsvorschriften nicht mit den EG-Richtlinien vereinbar sind. Allerdings enthalten die Richtlinien nur Mindestvorschriften, so dass die Mitgliedstaaten strengere Maßnahmen erlassen oder beibehalten können[16].

Es gibt auch Vorschläge für eine weitere EU-weite Harmonisierung in diesem Sektor, wodurch gleiche Ausgangsbedingungen geschaffen und der freie Verkehr von Personen und Ausrüstungen erleichtert würden. Ein anderer Vorschlag geht dahin, den Verwaltungsaufwand zu verringern, der für die Unternehmen mit der Art und Weise der Durchführung oder Durchsetzung der Richtlinien in den Mitgliedstaaten verbunden ist. Im Rahmen eines laufenden Aktionsprogramms der Kommission zur Verringerung der Verwaltungslasten von Unternehmen[17] sind die Mitgliedstaaten aufgefordert, die Unternehmen zu entlasten und sich hierfür ehrgeizige Ziele zu setzen.

Im Hinblick auf mögliche Änderungen der Richtlinie 92/104/EWG (Bergbau) gibt es folgende Vorschläge:

- Trennung des Kohlenbergbaus von der Gewinnung anderer Mineralien, und zwar wegen der jeweils spezifischen Probleme. Ein anderer Vorschlag ging dahin, praktische Leitfäden speziell für die einzelnen bergbaulichen Tätigkeiten zu erarbeiten, statt die Richtlinie zu ändern.

- Aufnahme detaillierterer Vorschriften für den Schutz der Bedienungsleute von Anlagen vor der Gefährdung durch Sprengstoffe, die nicht detoniert sind oder unentdeckt in zu entfernenden Gesteinshaufen liegen; bis zur Einrichtung fester Fluchtwege vorübergehende Einrichtung von Schutzzonen oder Rettungskammern in Grubenbauen, in denen Aus- oder Vorrichtungsarbeiten verrichtet werden, und Anbringung von Feuerlöschern und Selbstrettern an Fahrzeugen.

Da diese praktischen Vorschläge technischer Art sind, wird die Ständige Arbeitsgruppe für den Steinkohlenbergbau und die anderen mineralgewinnenden Industriezweige im Rahmen der Prüfung, ob die Richtlinie technisch angepasst werden muss (Artikel 11 der Richtlinie 92/104/EWG) darüber diskutieren.

FAZIT

Wenngleich die Durchführung der beiden Richtlinien in den 15 betroffenen Mitgliedstaaten offenbar recht zufriedenstellend ist und die Unfallzahlen in der Mineralgewinnung zurückgehen, liegt die Gesamtzahl der Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten noch immer unannehmbar hoch, und die Arbeitnehmer sind in diesem Wirtschaftszweig nach wie vor großen Risiken ausgesetzt.

Die Gemeinschaftsstrategie 2007-12 ermutigt die Mitgliedstaaten zu einer Verbesserung der Situation durch Ausarbeitung nationaler Strategien, in denen quantitative Ziele für die Verringerung der Inzidenz von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten festgelegt werden, durch gezielte Maßnahmen in den Wirtschaftszweigen und Unternehmen mit den schlechtesten Ergebnissen in diesem Bereich – wie etwa im Bergbau – und durch Konzentration auf die häufigsten Risiken und die am stärksten gefährdeten Arbeitnehmer.

Wie in anderen Wirtschaftszweigen lassen sich die Unternehmen recht eindeutig in zwei Gruppen unterteilen: Bei den größeren Unternehmen, insbesondere in der Bohrbranche, sieht es ganz gut aus, wohingegen KMU, insbesondere in der Werksteingewinnung, für eine wirksame Arbeitsschutzstrategie nicht gut genug ausgestattet zu sein scheinen.

Fest steht, dass die Unternehmen dem Arbeitsschutz höhere Priorität einräumen müssen. Von sozialen/ethischen Erwägungen einmal abgesehen, sprechen auch wichtige finanzielle Gründe für die Einführung einer Strategie zur Prävention von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten in den Unternehmen. Eine geeignete Präventionsstrategie hat eindeutige finanzielle Vorteile: Die Unternehmen sollten darüber aufgeklärt werden, dass sie nicht nur die Kosten von Versicherungsprämien und Präventionsmaßnahmen, sondern auch die indirekteren Kosten berücksichtigen sollten, die sich aus Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten ergeben (etwa Kosten für Ersatzpersonal, Produktionseinbußen und Imageschäden) und die wesentlich höher sein dürften. Betrachtet man die Präventionsmaßnahmen aus einem derartigen pragmatischen Blickwinkel, so erscheint der Investitionsaufwand gar nicht so hoch, und die Unternehmen sind möglicherweise eher bereit, diese Investitionen zu tätigen. Die Mitgliedstaaten müssen hier aktiver werden und die Unternehmen stärker für solche Erwägungen sensibilisieren.

Das Wissen auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes müsste bei den Unternehmen unterschiedlicher Art und Größe gleichmäßiger verbreitet sein. Das könnte eine Aufgabe für die Mitgliedstaaten sein, denn sie könnten Leitlinien erstellen und die kleineren Unternehmen bei der Anwendung einer wirksamen Arbeitsschutzstrategie unterstützen und schulen. Um in diesem Bereich Fortschritte zu erzielen, könnten sich der Beratende Ausschuss für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz und speziell seine Ständige Arbeitsgruppe für den Steinkohlenbergbau und die anderen mineralgewinnenden Industriezweige[18] mit dem konkreten Thema Fortbildung auseinandersetzen. Wie in der Gemeinschaftsstrategie für die Jahre 2007-12 ausgeführt, wird sich die Kommission eingehender mit den spezifischen Problemen der Vergabe von Unteraufträgen befassen. Die in diesem Wirtschaftszweig gesammelten Erfahrungen mit Unteraufträgen könnten auf andere übertragbar sein. In diesem Zusammenhang sollte nicht außer Acht gelassen werden, welche Rolle die Menschen und deren Grenzen in einer immer stärker von hochentwickelten Technologien beherrschten Umwelt spielen.

Nach Ansicht der Kommission enthält der vorliegende Bericht, der auf Informationen aus 15 EU-Staaten basiert, auch sinnvolle Vorschläge für die 12 Mitgliedstaaten, die der EU inzwischen beigetreten sind. Noch nicht lange zurückliegende Bergwerksunglücke beweisen, dass sich die Lage weiter verbessern muss.

Eine Schlussfolgerung, die sich aus der vorliegenden Bewertung ziehen lässt, bezieht sich auf die Bedeutung der Arbeitnehmervertreter und die Notwendigkeit eines Austauschs vorbildlicher Verfahren. Die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz in Bilbao könnte bei der Verbreitung spezifischer, gezielter Informationen vor allem in denjenigen Mitgliedstaaten behilflich sein, die der EU in den letzten Jahren beigetreten sind.

Unterdessen betonen mehrere Mitgliedstaaten, eine Änderung der Richtlinien sei derzeit nicht notwendig, wahrscheinlich wegen der allgemeinen Formulierung der Richtlinien, die es ihnen erlaubt, sie auf ein breites Spektrum von Situationen anzuwenden. Im Lichte der in diesem Bericht enthaltenen Informationen stimmt die Kommission der Ansicht zu, dass derzeit kein Änderungsbedarf besteht.

Die Kommission ersucht den Beratenden Ausschuss für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz, durch seine Ständige Arbeitsgruppe für den Steinkohlenbergbau und die anderen mineralgewinnenden Industriezweige Schlussfolgerungen aus der vorliegenden Bewertung zu ziehen.

[1] Siehe die Mitteilung Die Arbeitsplatzqualität verbessern und die Arbeitsproduktivität steigern: Gemeinschaftsstrategie für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz 2007-2012, KOM(2007) 62 endg. vom 21. Februar 2007.

[2] Diese Berichte wurden der Kommission gemäß den Artikeln 12 der Richtlinie 92/91/EWG und 13 der Richtlinie 92/104/EWG übermittelt. Die beiden einschlägigen Artikel wurden später durch die Richtlinie 2007/30/EG aufgehoben. In fast allen Mitgliedstaaten waren die Sozialpartner an der Abfassung der Berichte beteiligt. Belgien und Luxemburg legten keine nationalen Berichte vor.

[3] Europäische Statistik über Arbeitsunfälle (European Statistics of Accidents at Work, ESAW), Europäische Statistik der anerkannten Berufskrankheiten (European Occupational Disease Statistics, EODS) sowie die Arbeitskräfteerhebung (Labour Force Survey, LFS) von Eurostat. Die kürzlich erlassene Verordnung (EG) Nr. 1338/2008 zu Gemeinschaftsstatistiken über öffentliche Gesundheit und über Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz (ABl. L 354 vom 31.12.2008, S. 70) sieht eine enge Zusammenarbeit zwischen Eurostat und den betreffenden innerstaatlichen Stellen für die Zwecke der harmonisierten Erhebung und Verarbeitung von Daten in der gesamten EU vor.

[4] ABl. L 348 vom 28.11.1992, S. 9.

[5] ABl. L 404 vom 31.12.1992, S. 10.

[6] Gerhard Czuck: „Prevention 2000 Plus: A successful prevention strategy for better S & H at work in small and middle-sized enterprises“ (Konferenz der ISSA/Chamber of Mines „Mines and Quarries: Prevention of Occupational Injury and Disease Conference“, Sandton Conference Centre, Republik Südafrika, 19.-21. Mai 2003).

[7] Teil A Nummer 2.8 des Anhangs der Richtlinie 92/91/EWG. Teil A Nummer 1.8 des Anhangs der Richtlinie 92/104/EWG enthält ähnliche Vorschriften.

[8] Dänemark, Deutschland, Niederlande, Norwegen und Vereinigtes Königreich.

[9] Beschluss der Kommission vom 12. Juli 1995 zur Einsetzung eines Ausschusses Hoher Arbeitsaufsichtsbeamter (ABl. L 188 vom 9.8.1995, S. 11).

[10] Laut Methodik der Europäischen Statistik über Arbeitsunfälle (ESAW) wird die Inzidenz definiert als die Zahl der Arbeitsunfälle je 100 000 Erwerbstätige.

[11] Quelle: GD EMPL und Eurostat „Ursachen und Begleitumstände von Arbeitsunfällen in der EU“, Abb. 1.11, S. 25; Eurostat ESAW und Arbeitskräfteerhebung, Daten aus dem Jahre 2005.

[12] Quelle: P.A. Walker, „Mining and quarrying in the European Economic Community, the safety and health aspects“, in „ Safety and health in mining and quarrying industries“ (Bericht über ein Symposium, das vom 10. bis 12. September 1986 in Luxemburg abgehalten wurde) , 1988, S. 7-8.

[13] Quelle: Eurostat ESAW Phase III, Daten für 2005.

[14] Quelle: Eurostat EODS 2005.

[15] Griechenland und Portugal.

[16] Artikel 1 Absatz 3 der Rahmenrichtlinie 89/391/EWG. Siehe auch das Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache C-84/94, Vereinigtes Königreich/Rat, Slg.1996, I-5755, Randnr. 17.

[17] KOM(2007) 23.

[18] Artikel 6 Absatz 4 des Beschlusses des Rates vom 22. Juli 2003 zur Einsetzung eines Beratenden Ausschusses für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz, ABl. C 218 vom 13.9.2003, S. 1.