18.5.2010   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 128/142


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Luftsicherheitsentgelte“

KOM(2009) 217 endg. — 2009/0063 (COD)

(2010/C 128/27)

Berichterstatter: Marius OPRAN

Der Rat beschloss am 20. Juli 2009 gemäß Artikel 80 Absatz 2 des EG-Vertrags, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

„Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Luftsicherheitsentgelte“

KOM(2009) 217 endg. - 2009/0063 (COD).

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft nahm ihre Stellungnahme am 12. Oktober 2009 an.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 457. Plenartagung am 4./5. November 2009 (Sitzung vom 5. November) mit 130 gegen 4 Stimmen bei 2 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Empfehlungen und Vorschläge

1.1.   Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss empfiehlt, dass das Europäische Parlament und der Rat den von der Europäischen Kommission vorgelegten Vorschlag für eine Richtlinie über Luftsicherheitsentgelte annehmen, damit die darin vorgeschlagene moderne Methode und aufgezeigten Lösungen so schnell wie möglich in allen Mitgliedstaaten umgesetzt werden können .

Der Ausschuss empfiehlt außerdem, für eine größere Klarheit und einfachere Anwendung der von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen modernen Methode und Lösungen folgende Änderungen im Wortlaut vorzunehmen:

1.2.1.   In Bezug auf die Begründung, Ziffer 3 - „Rechtliche Aspekte“, Absatz „Nichtdiskriminierung“ schlägt der Ausschuss vor, dass in dieser Ziffer der Beitrag (auch zu den Forschungs- und Entwicklungskosten) der Flugzeughersteller zur Verbesserung der Flugzeugsicherheit anerkannt wird. Die Ziffer sollte wie folgt lauten: „ Die Luftsicherheitskosten sollten gerecht und nicht diskriminierend für die Luftfahrtunternehmen, die Fluggäste und die Luftfahrtindustrie sein .“

1.2.2.   In Bezug auf Artikel 1 - „Gegenstand“ schlägt der Ausschuss die Umformulierung von Absatz 1 wie folgt vor: „ Diese Richtlinie legt gemeinsame Grundsätze für die Berechnung und Erhebung von Sicherheitsentgelten auf allen Flughäfen der Gemeinschaft fest .“

1.2.3.   In Bezug auf Artikel 4 - „Konsultation“ schlägt der Ausschuss folgende Umformulierung von Absatz 2 vor: „ Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass an jedem Flughafen ein Ausschuss der Luftfahrtunternehmen eingerichtet wird. Dieser Ausschuss nimmt an einem verbindlichen und regelmäßig durchzuführenden Verfahren für Konsultationen mit dem Flughafenleitungsorgan bezüglich der Durchführung der Sicherheitsentgeltregelung und der Höhe der Sicherheitsentgelte teil. Die Konsultation erfolgt bei Bedarf, mindestens aber einmal jährlich. Vertreter zivilgesellschaftlicher Organisationen, die die Interessen der Fluggäste vertreten, sollten eingeladen werden, um regelmäßig als Mitglieder oder im Einzelfall als Beobachter an den Arbeiten dieses Ausschusses teilzunehmen .“

Angesichts der finanziellen Belastung, die für die Mitgliedstaaten mit der Einrichtung der neuen Behörden verbunden ist, sollten die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und der Rat sich nach Ansicht des Ausschusses letztlich zwischen folgenden beiden Optionen entscheiden , und zwar

1.2.4.1.   die Aufgaben der unabhängigen Aufsichtsbehörde den Sekretariaten der nationalen Luftfahrtbehörden und ihren qualifizierten Fachleuten zu übertragen und so eine finanzielle Belastung der Mitgliedstaaten zu vermeiden oder

1.2.4.2.   die ursprüngliche Entscheidung zur Einrichtung neuer unabhängiger Strukturen aufrecht zu erhalten.

1.2.5.   Des Weiteren ist der Ausschuss fest der Meinung, dass Maßnahmen zur Gewährleistung der nationalen Sicherheit im Allgemeinen und zur Terrorismusbekämpfung im Besonderen zu den grundlegenden Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten zählen. Daher sollte die finanzielle Beteiligung der Mitgliedstaaten an den Luftsicherheitskosten, die derzeit von den Flughäfen, den Luftfahrtunternehmen und den Fluggästen getragen werden, überprüft und ihr Beitrag erheblich erhöht werden.

2.   Schlussfolgerungen und Anmerkungen

2.1.   Die neue von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Methode zur Berechnung der Kosten für die Anbieter von Sicherheitsdienstleistungen in der Zivilluftfahrt beruht auf der Auswahl und Definition einer Reihe von Grundsätzen, die von allen Flughafenbetreibern bei der Festlegung von Sicherheitsentgelten einzuhalten sind, welche dann von allen, einer oder mehreren Kategorien an potenziellen Nutzern (Staaten, Flughafenleitungsorgane, Luftfahrtunternehmen und Fluggäste) getragen werden müssen:

Subsidiarität;

Verantwortung der Staaten;

Gebührenerhebung / Gebührenschema;

Information und Kommunikation;

Harmonisierung;

Transparenz

Einrichtung einer unabhängigen nationalen Aufsichtsbehörde in jedem Mitgliedstaat.

2.2.   Nach einer eingehenden Bewertung dieser von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Grundsätze kommt der Ausschuss zu dem Schluss, dass durch ihre Umsetzung bestehende Verfahrensverzerrungen ausgemerzt werden können, wodurch die erfolgreiche Durchführung dieser neuen innovativen Methode sichergestellt wird.

In Bezug auf die Notwendigkeit, eine unabhängige nationale Aufsichtsbehörde in jedem Mitgliedstaat einzurichten, betont der Ausschuss, dass

2.3.1.   die Mitgliedstaaten bereits über nationale Luftfahrtbehörden verfügen, die auf einer interministeriellen Struktur beruhen;

2.3.2.   die Sekretariate dieser Luftfahrtbehörden dank ihrer Fachleute und Finanzressourcen als Aufsichtsbehörde agieren und eine angemessene und effiziente Durchführung der Richtlinienbestimmungen sicherstellen können, auch wenn sie nicht als wirklich unabhängige Gremien anzusehen sind. Nach Meinung des Ausschusses sollten Fragen in Verbindung mit der Personensicherheit in einem Mitgliedstaat nicht vollständig unabhängig behandelt werden, sondern letztlich einer demokratischen parlamentarischen Kontrolle unterliegen.

Der Ausschuss begrüßt die professionelle Arbeit der Europäischen Kommission, insbesondere die Verwendung von Computermodellen zur Bewertung verschiedener grundlegender Optionen für Luftsicherheitsentgelte auf der Grundlage international geltender Grundsätze:

2.4.1.   Die EU nimmt keinen Einfluss auf die Verfahrensweise und damit verbundene Folgen.

2.4.2.   Mit der von der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation ICAO und der Industrie selbst anerkannten Praxis der Selbstregulierung könnten die Interessen der Fluggäste geschützt und die Luftsicherheitsdienstleistungen durch eine direkte Konsultation zwischen Luftfahrtunternehmen und Flughäfen wirksamer unterstützt werden.

2.4.3.    Ein der in Ziffer 2.4.2 genannten Option ähnliches Verfahren, das jedoch durch eine europäische Richtlinie geregelt wird.

2.4.4.    Die Mitgliedstaaten übernehmen die gesamten Kosten für die Finanzierung der Flughafensicherheit , um eine geeignete „Win-Win“-Lösung für die Fluggäste, die Flughafenleitungsorgane, die Luftfahrtunternehmen und die Mitgliedstaaten zu finden, d.h. es entstehen keinerlei Sicherheitskosten für Dritte und keine Diskriminierung.

2.5.   Der Ausschuss befürwortet die Entscheidung der Europäischen Kommission, dass die dritte Option den Interessen der Verbraucher am besten Rechnung trägt und die Effizienz der Luftsicherheitsdienstleistungen am ehesten fördert. Er betont, dass der Verwaltungsaufwand für die Umsetzung dieser Option auf nationaler Ebene und die damit verbundenen zusätzlichen Kosten vernachlässigbar sein könnten, wenn die Europäische Kommission zustimmt, den Sekretariaten der nationalen Luftfahrtbehörden, die gemäß der Richtlinie über Flughafenentgelte (1) eingerichtet wurden, die Aufgaben der Aufsichtsbehörden zu übertragen.

2.6.   Gleichzeitig kann das gesteckte Ziel nach Ansicht des Ausschusses mit der von der Europäischen Kommission gewählten Option nur dann erreicht werden, wenn die Mitgliedstaaten sich ihrerseits bereiterklären, ihren Anteil an der Finanzierung der einschlägigen Kosten erheblich zu erhöhen.

2.7.   In Bezug auf die in dem Richtlinienvorschlag enthaltenen Transparenzbestimmungen sollte nach Meinung des Ausschusses aus diesen klar hervorgehen, dass die Transparenzanforderungen nicht nur für Probleme in Verbindung mit den Luftsicherheitskosten, sondern ebenfalls in gleichem Maße für die bestehenden Finanzierungsmechanismen gelten. Luftfahrtunternehmen und Fluggäste können die Berechnung der Luftsicherheitsentgelte durch die Flughafenleitungsorgane nur dann nachvollziehen, wenn die Finanzierung offengelegt wird und transparent ist. In gleicher Weise müssen auch die Kosten für das Sicherheitspersonal und die wichtigsten damit verbundenen Leistungsindikatoren öffentlich zugänglich sein.

In Bezug auf die Begründung, Ziffer 3 - „Rechtliche Aspekte“, Absätze „Konsultation und Rechtsbehelf“ und „Transparenz“ betont der Ausschuss, dass die Vertretungsorganisationen der Fluggäste, die den größten finanziellen Beitrag für die Luftsicherheit erbringen, zumindest als Beobachter in den einschlägigen Dialog zwischen den Flughafenleitungsorganen und den Luftfahrtunternehmen eingebunden werden sollten. So könnten die Einführung oder die ungerechtfertigte Fortführung teurer Sicherheitskontrollen, die zu peinlichen Situationen für die Fluggäste führen, die Terrorgefahr jedoch nicht erheblich mindern, vermieden werden. In der Regel werden derartige über die Standardkontrollen hinausgehenden zusätzliche Maßnahmen von den US-amerikanischen und/oder israelischen Behörden vorgesehen. Sie kommen in gewissen Situationen je nach Gefahrengrad zur Anwendung. Einige EU-Sicherheitsbehörden wollen sie jedoch dauerhaft einführen - aus Übereifer oder manchmal auch aus Angst, für eine falsche Einschätzung der Gefahr zur Verantwortung gezogen zu werden. Daher lehnen sie meistens viele Vorschläge der organisierten Zivilgesellschaft für eine gemeinsame Diskussion dieser Frage ab.

2.8.1.   Auf dem Flughafen von Brüssel müssen Fluggäste vor der Sicherheitskontrolle mittels Metalldetektor ihre Schuhe ausziehen, die dann getrennt durchleuchtet werden. Daraus entsteht eine Ansteckungsgefahr für die Fluggäste, die barfuss durch den Sicherheitskontrollbereich laufen, in dem unzählige Viren lauern können, die beispielsweise durch das Niesen einer Person, die nicht diagnostizierter Träger der H1N1-Grippe ist, ausgestoßen wurden. Gleichzeitig haben die Flughafenbehörden mit öffentlichen Mitteln eine beträchtliche Anzahl der neuesten Hightech-Scanner- und Durchleuchtungsgeräte für die Kontrolle der Schuhe angeschafft, die dazu nicht mehr ausgezogen werden müssen. Diese Ausrüstung ist zwar im Sicherheitskontrollbereich installiert worden, wird allerdings nicht im Rahmen der Sicherheitskontrolle der Fluggäste eingesetzt.

2.8.2.   Ein weiterer umstrittener Aspekt ist die geltende abwegige Begrenzung der an Bord mitgeführten Flüssigkeiten, auf lächerliche 100 ml pro Fluggast - vor allem das Ergebnis eines überzogenen und übereifrigen Verhaltens der Sicherheitsbehörden.

2.9.   Obwohl das in dem Richtlinienvorschlag festgelegte Verbot, Gewinne aus Tätigkeiten zur Erbringung von Luftsicherheitsdienstleistungen zu erwirtschaften, in völligem Widerspruch zu der Philosophie steht, die der Gründung und dem Betrieb von Privatunternehmen zugrunde liegt, d.h. der Profitoptimierung, und in dem Bemühen, weitere falsche Auslegungen von Artikel 7 des Richtlinienvorschlags zu vermeiden, ist der Ausschuss unbedingt der Meinung, dass die Europäische Kommission die Erbringung von Sicherheitsdiensten auf Flughäfen durch Privatunternehmen mit Ausnahme von Personen- und Gepäckskontrollen zulassen sollte.

2.10.   Aus Sicht des Ausschusses könnte die richtige Umsetzung des Kommissionsvorschlags bei einer gleichzeitigen Aufwertung der Rolle der Vertreter der Zivilgesellschaft umfangreiche Vorteile für die Bürger in der EU und der ganzen Welt sowie die Luftfahrtindustrie und die Flughafenbetreiber in der EU bringen.

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1.   Der Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission - das Ergebnis einer breit angelegten Konsultation

3.1.1.   Im Zuge der Ausarbeitung des Richtlinienvorschlags konsultierte die GD TREN die Mitgliedstaaten sowie die Vertretungsorganisationen der Luftfahrtindustrie und Verbraucher und stützte sich auf Daten von 11 Mitgliedstaaten, 9 Branchenorganisationen von Flughafenleitungsorganen und Luftfahrtunternehmen sowie einen Fluggastverband.

3.1.2.   Die Mitgliedstaaten lehnten den Vorschlag, die Sicherheitskosten in vollem Umfang zu übernehmen, geschlossen ab. Ihr Argument: Diese Kosten sind untrennbar mit der Geschäftstätigkeit im Luftfahrtsektor verknüpft und sollten von der Luftfahrtindustrie getragen werden, so wie auch die Automobilindustrie die Investitionen in die Fahrzeugsicherheit trägt. Die Mitgliedstaaten forderten allesamt ein umfassendes Verbot der Erwirtschaftung von Gewinnen aus diesen Tätigkeiten sowie ein hohes Maß an Transparenz in diesem Bereich.

3.2.   Problembeschreibung

3.2.1.   Aufgliederung der Kosten für die Luftsicherheit

3.2.1.1.   Es gibt drei Hauptposten: Flughafensicherheitskosten, Kosten für die Luftfahrtunternehmen und von den Mitgliedstaaten getragene Kosten. Die Kosten für die Fluggast- und Fracht- (sprich Gepäcks-)-Sicherheitskontrollen machen den Löwenanteil aus.

3.2.1.2.   Die Sicherheitskosten lassen sich ihrerseits in zwei Posten aufschlüsseln: Löhne und Gehälter sowie Infrastruktur- und Ausrüstungskosten. Die Luftsicherheitsdienstleistungen werden im Allgemeinen von den zuständigen nationalen Organisationen erbracht oder dem Flughafenleitungsorgan bzw. einem spezialisierten Unternehmen übertragen.

3.2.2.   Wie viel kostet die Luftsicherheit, und wer kommt letztlich für diese Kosten auf?

2007 beliefen sich die Kosten für die Luftsicherheit in der gesamten EU auf rund 1,6 Mrd. EUR. Dies entspricht ca. 1 % des Preises, den die mehr als 636 Mio. Fluggäste, die von den Flughäfen der EU aus eine Flugreise antraten, für ihr Flugticket bezahlten. Diese Kosten werden großteils von den Mitgliedstaaten und der Luftfahrtindustrie getragen, die diese wiederum mittels Gebühren und zusätzliche Kosten auf die Fluggäste abwälzen. Insgesamt tragen Luftfahrtunternehmen, Fluggäste und Frachtunternehmen 90 % der Luftsicherheitskosten, wohingegen die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer Haushalte lediglich für 6 oder 7 % dieser Kosten aufkommen.

3.2.3.   Diskriminierende Praktiken in Bezug auf die Kosten für Luftsicherheitsdienstleistungen

Ungeachtet ihres Zielorts unterliegen Fluggäste in der EU selbst bei Inlandsflügen denselben Sicherheitskontrollen. Die Sicherheitskosten sollten daher identisch sein. Zur Kostensenkung wälzen Luftfahrtunternehmen bedauerlicherweise die Kosten für die Sicherheitskontrollen, die sie selbst übernehmen sollten, auf ihre Fluggäste ab. Ganz allgemein machen nationale Luftfahrtunternehmen ihre Machtposition auf ihren nationalen Flughäfen geltend, d.h. sie senken die Preise für Inlandsflüge und heben die Preise für Auslandsflüge an.

Tabelle 1: Kosten für die Luftsicherheit pro Fluggast für Auslandsflüge innerhalb der EU und Inlandsflüge.

Land / Flughafen

Auslandsflug innerhalb der EU

Inlandsflug

Rumänien, Flughafen Bukarest

7,50 EUR

3,81 EUR

Spanien, alle Flughäfen

1,39 EUR

1,18 EUR

Litauen, Flughafen Vilnius

2,32 EUR / MT des Starthöchstgewichts

max. 1,16 EUR / MT des Startgewichts

Zypern, Flughafen Larnaca

0,39 EUR

0

In Tabelle 1 sind Beispiele für die Verfahrensweise vieler nationaler Luftfahrtunternehmen veranschaulicht, die unterschiedliche Luftsicherheitskosten für Aus- und Inlandsflüge veranschlagen. Dies steht im Widerspruch zu Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 über gemeinsame Vorschriften für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt (2).

3.3.   Computermodelle und Simulation zahlreicher Optionen – Auswahl der Ideallösung

Für die Ausarbeitung des Richtlinienvorschlags griff die Europäische Kommission auf mathematische Simulationen zurück, um vier verschiedene Optionen auf der Grundlage internationaler Grundsätze für die Kosten für die Luftsicherheit zu bewerten.

3.3.1.   Option 1: Die EU nimmt keinen Einfluss auf die Verfahrensweise und damit verbundene Folgen.

Die Entgelte führen zu einer erheblichen Diskriminierung von Luftfahrtunternehmen und Fluggästen.

3.3.2.   Option 2: Mit der von der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation ICAO und der Industrie anerkannten Praxis der Selbstregulierung könnten die Interessen der Fluggäste besser geschützt und die Luftsicherheitsdienstleistungen durch eine direkte Konsultation zwischen Luftfahrtunternehmen und Flughäfen wirksamer unterstützt werden.

Ein ähnlicher Rahmen besteht seit 1981 in Form der ICAO-Regeln, die Selbstregulierung hat jedoch bislang keine nennenswerten Ergebnisse gebracht.

3.3.3.   Option 3: Ein Option 2 ähnliches Verfahren, das jedoch durch eine europäische Richtlinie geregelt wird.

Sind die Luftsicherungsentgelte diskriminierend oder werden sie zu anderen Zwecken als zur Abgeltung der Kosten von Sicherheitsmaßnahmen verwendet, können Luftfahrtunternehmen außerdem rechtliche Schritte gegen Flughäfen einleiten. Diese Option wird von einer Reihe damit verbundener EU-Maßnahmen unterstützt und steht im Einklang mit den einschlägigen Rechtsvorschriften in den Mitgliedstaaten.

3.3.4.   Option 4: Die Mitgliedstaaten tragen sämtliche Kosten für die Luftsicherheit , wodurch Dritten keinerlei Sicherheitskosten entstehen und jedweder Diskriminierung ein Riegel vorgeschoben wird.

Mit dieser Option werden keinerlei Anreize für die Verbesserung der Qualität der Luftsicherheitsdienstleistungen geschaffen, da die Luftfahrtunternehmen keinen Anreiz zur Kostenkontrolle haben. Diese Option wurde überdies von allen Mitgliedstaaten abgelehnt.

3.4.   Die Meinung des Ausschusses zu den von der Europäischen Kommission für die Festlegung der neuen Methode ausgewählten Grundsätzen

3.4.1.   Subsidiarität

3.4.1.1.   Dieser Grundsatz gelangt zur Anwendung, da der Vorschlag nicht unter die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft fällt und seine Ziele von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können, weil die Festlegung von Sicherheits- und Flughafenentgelten in der EU nicht einheitlich geregelt ist.

3.4.1.2.   Die Entgeltregelungen in den Mitgliedstaaten sind nach wie vor unterschiedlich. Dadurch herrschen für die Flughäfen und Luftfahrtunternehmen ungleiche Wettbewerbsbedingungen.

3.4.1.3.   Die EU-weite Anwendung eines gemeinsamen Regelwerks für Sicherheitsentgelte wird für gleiche Ausgangsbedingungen zwischen den Luftverkehrspartnern bei der Festlegung von Parametern für die Aufteilung der Kosten für Sicherheitsmaßnahmen auf Flughäfen sorgen.

3.4.1.4.   Aufgrund des Fehlens einheitlicher Leitlinien für die Berechnung von Sicherheitsentgelten bestehen in der EU zahlreiche unterschiedliche Entgeltregelungen. Mit dem Richtlinienvorschlag werden Unschärfen in diesem Bereich beseitigt, da eine einzige Methode zur Berechnung dieser Entgelte festgelegt und vorgeschlagen wird, die dann auch einheitlich angewendet werden kann.

3.4.1.5.   Die Europäische Kommission hat sich in ihrem Vorschlag auf die Festlegung eines Minimums an Regeln beschränkt, die die Mitgliedstaaten und/oder Flughafenbetreiber bei der Festlegung der Höhe der Sicherheitsentgelte einhalten müssen. Mit der vorgeschlagenen Richtlinie wird keine bestimmte Entgeltregelung auferlegt. Die Wahl des Systems liegt bei den Mitgliedstaaten.

Schlussfolgerung : Das Subsidiaritätsprinzip wird zu Recht ausgewählt und angewendet und ist für die Umsetzung der Richtlinie erforderlich.

3.4.2.   Verantwortung der Staaten

3.4.2.1.   Dieser Grundsatz gelangt ebenso wie das Subsidiaritätsprinzip zur Anwendung, da der Vorschlag nicht unter die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft fällt. Hinsichtlich der Ausarbeitung der Richtlinie stellen sich im Zusammenhang mit beiden Grundsätzen ähnliche Probleme.

3.4.2.2.   Die Europäische Kommission hat sich in ihrem Vorschlag auf die Festlegung eines Minimums an Regeln beschränkt, die die Mitgliedstaaten und/oder Flughafenbetreiber bei der Festlegung der Höhe der Sicherheitsentgelte einhalten müssen. Mit der vorgeschlagenen Richtlinie wird keine bestimmte Entgeltregelung auferlegt. Die Wahl des Systems liegt bei den Mitgliedstaaten.

Schlussfolgerung : Der Grundsatz der Verantwortung der Staaten wird zu Recht ausgewählt und angewendet und ist für die Umsetzung der Richtlinie erforderlich. Allerdings muss den möglichen abweichenden und widersprüchlichen Voraussetzungen und dem unterschiedlichen Maß an terroristischer Bedrohung der Mitgliedstaaten sowie der Nationalität der Luftfahrtunternehmen angemessen Rechnung getragen werden. Der finanzielle Beitrag der Mitgliedstaaten zur Luftsicherheit muss erneut überprüft und erheblich erhöht werden, da in erster Linie die Exekutive für die Terrorismusbekämpfung verantwortlich ist.

3.4.3.   Gebührenerhebung

3.4.3.1.   Die Erhebung von Flugsicherungsgebühren und von Entgelten für Bodenabfertigungsdienste war bereits Gegenstand der Verordnung (EG) Nr. 1794/2006 der Kommission vom 6. Dezember 2006 zur Einführung einer gemeinsamen Gebührenregelung für Flugsicherungsdienste (3) bzw. der Richtlinie 96/67/EG des Rates vom 15. Oktober 1996 über den Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste auf den Flughäfen der Gemeinschaft (4).

3.4.3.2.   Angesichts der enormen Unterschiede zwischen dem Beitrag der Mitgliedstaaten zur Entwicklung, Umsetzung und Einführung von Luftsicherheitssystemen auf Flughäfen können die Verfahrenskosten für Sicherheitsbelange nicht in einem gemeinsamen Gebührenerhebungssystem festgelegt werden.

Schlussfolgerung : Der Grundsatz der Gebührenerhebung wird zu Recht ausgewählt und angewendet und ist für die Umsetzung der Richtlinie erforderlich. Angesichts der unterschiedlichen Voraussetzungen in der EU kann jedoch kein gemeinsames Gebührenerhebungssystem festgelegt werden.

3.4.4.   Information und Kommunikation

3.4.4.1.   Ganz allgemein sind die Flughafennutzer in Europa und auf anderen Kontinenten in Ausschüssen der Flughafenbetreiber zusammengeschlossen, die einen dauerhaften Dialog mit den Flughafenleitungsorganen führen.

3.4.4.2.   In diesem Rahmen können Informationen über das Verfahren und die Grundlage für die Berechnung der Sicherheitsentgelte ausgetauscht werden, insbesondere Betriebsprognosen, Entwicklungsprojekte und spezifischen Anforderungen und Vorschläge.

Schlussfolgerung : Der Grundsatz der Information und direkten Kommunikation zwischen den Anbietern von Sicherheitsdienstleistungen und den Flughafenleitungsorganen wird zu Recht ausgewählt und angewendet und ist für die Umsetzung der Richtlinie geeignet. Er wäre noch relevanter, wenn der Aspekt der Öffentlichkeitsarbeit mit einbezogen würde.

3.4.5.   Harmonisierung

3.4.5.1.   Die Basissatz für Sicherheitskosten könnte in allen EU-Flughäfen harmonisiert werden, in denen diese Kosten vollständig durch Sicherheitsentgelte abgedeckt werden.

3.4.5.2.   Die Einnahmen aus der Erhebung dieser Gebühren dürfen jedoch die Gesamtsicherheitskosten einschl. der öffentlichen Mittel nicht übersteigen. Das heißt, diese Maßnahme darf keinerlei Gewinn abwerfen.

3.4.5.3.   Daher können die Sicherheitsentgelte im Allgemeinen nicht völlig harmonisiert werden.

Schlussfolgerung : Der Grundsatz der Harmonisierung wird zu Recht ausgewählt und angewendet und ist für die Umsetzung der Richtlinie erforderlich, allerdings können nicht alle Gebühren harmonisiert werden. Außerdem darf kein Gewinn erwirtschaftet werden.

3.4.6.   Transparenz

3.4.6.1.   Es ist wichtig, Transparenz bezüglich der wirtschaftlichen Auswirkungen einzelstaatlicher Sicherheitsmaßnahmen zu schaffen, die über die in der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2008 über gemeinsame Vorschriften für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2320/2002 festgelegten Gemeinschaftsvorschriften hinausgehen.

3.4.6.2.   Einige dieser Maßnahmen können nur auf ausdrückliche Forderung eines oder mehrerer Luftfahrtunternehmen dauerhaft oder vorübergehend auferlegt werden.

Schlussfolgerung : Der Grundsatz der Transparenz wird zu Recht ausgewählt und angewendet und ist für die Umsetzung der Richtlinie erforderlich, wenn die nationalen Sicherheitsmaßnahmen über die Gemeinschaftsvorschriften hinausgehen oder auf ausdrücklichen Wunsch der Luftfahrtunternehmen eingeführt wurden. Außerdem müssen detaillierte Informationen über die Mittel und die Gremien zu Verfügung gestellt werden, denen diese Mittel zugewiesen werden, sofern es sich nicht um die Flughafenleitungsorgane handelt.

3.4.7.   Notwendigkeit der Einrichtung einer unabhängigen nationalen Aufsichtsbehörde in jedem Mitgliedstaat

3.4.8.   Die Mitgliedstaaten verfügen bereits über nationale Luftfahrtbehörden, die auf einer interministeriellen Struktur beruhen.

3.4.9.   Als Regierungsbehörde können die nationalen Luftfahrtbehörden nicht als vollkommen unabhängige Aufsichtsbehörde fungieren, der Ausschuss ist allerdings der Ansicht, dass sie aufgrund der Professionalität und des weltweiten Rufs ihrer Fachleute sowie aufgrund ihrer Finanzressourcen die ordnungsgemäße und wirksame Anwendung der Vorschriften der Richtlinie neutral überwachen können.

Schlussfolgerung : Die Einrichtung einer unabhängigen Aufsichtsbehörde ist korrekt und für die erfolgreiche Umsetzung der Richtlinienbestimmungen erforderlich. Trotz ihres Status als Regierungsbehörden können die nationalen Luftfahrtbehörden nach Meinung des Ausschusses dieser Aufgabe in neutraler und professioneller Weise nachkommen und die finanzielle Belastung der Mitgliedstaaten für den Aufbau und Betrieb neuer Strukturen senken.

Brüssel, den 5. November 2009

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Mario SEPI


(1)  ABl. L 70 vom 14.3.2009, S. 11.

(2)  ABl. L 97 vom 9.4.2008, S. 72.

(3)  ABl. L 341 vom 7.12.2006, S. 3.

(4)  ABl. L 272 vom 25.10.1996, S. 36.