22.7.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 184/10


Zusammenfassung der Entscheidung der Kommission

vom 11. März 2008

zur Feststellung der Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen

(Sache COMP/M.4731 — Google/DoubleClick)

(Nur der englische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2008/C 184/06)

Am 11. März 2008 erließ die Kommission eine Entscheidung in einem Verfahren nach Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen  (1) (Fusionskontrollverordnung). Eine nichtvertrauliche Fassung des vollständigen Wortlauts der Entscheidung in der verbindlichen Sprache der Sache ist auf der Website der Generaldirektion Wettbewerb abrufbar unter:

http://ec.europa.eu/comm/competiton/index_en.html

I.   EINLEITUNG

1.

Am 21. September 2007 ging aufgrund einer Verweisung nach Artikel 4 Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 („Fusionskontrollverordnung“) die Anmeldung eines Zusammenschlusses nach Artikel 4 der Fusionskontrollverordnung bei der Kommission ein, wonach beabsichtigt ist, dass das Unternehmen Google Inc. („Google“, USA) im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b der Fusionskontrollverordnung durch Erwerb von Anteilen die Kontrolle über die Gesamtheit des Unternehmens DoubleClick Inc. („DoubleClick“, USA) erwirbt.

II.   DIE BETEILIGTEN UNTERNEHMEN

2.

Google betreibt eine Internetsuchmaschine und ist Anbieter von Online-Werbefläche auf seinen eigenen Websites und auf den Websites von (dem Google-Netzwerk „AdSense“ angeschlossenen) Partnern. Seit dem Kauf von YouTube bietet Google auch Inhalte an. Google erzielt seine gesamten Einnahmen nahezu ausschließlich aus der Online-Werbung.

3.

DoubleClick bietet weltweit vor allem Technologien in den Bereichen Adserving, Management und Auswertung für Website-Betreiber, Werbetreibende und Werbeagenturen an. Ferner ist DoubleClick im Begriff, eine Vermittlungsplattform (Ad-Börse) zu lancieren.

III.   VERWEISUNG NACH ARTIKEL 4 ABSATZ 5

4.

Der geplante Zusammenschluss hat keine gemeinschaftsweite Bedeutung im Sinne von Artikel 1 Absätze 2 und 3 der Fusionskontrollverordnung. Aber infolge eines Antrags auf Verweisung nach Artikel 4 Absatz 5 der Fusionskontrollverordnung wird davon ausgegangen, dass der Zusammenschluss von gemeinschaftsweiter Bedeutung ist.

IV.   SACHLICH RELEVANTE MÄRKTE

5.

Google ist hauptsächlich in der Vermarktung von Online-Werbefläche tätig. In der Entscheidung wird davon ausgegangen, dass der allgemeine Markt für Online-Werbung der größtmögliche sachlich relevante Markt ist. Die Kommission hat geprüft, ob dieser Markt nach den verschiedenen Arten von Online-Werbung (Text- versus Display-Anzeigen bzw. suchgebundene versus nicht suchgebundene Anzeigen) oder aber nach den verschiedenen Absatzkanälen (direkte Verkäufe versus vermittelte Verkäufe über Ad-Netzwerke und Ad-Börsen) weiter untergliedert werden muss. In der Entscheidung wurde der sachlich relevante Markt dann aber nicht genau abgegrenzt, weil der Zusammenschluss bei keiner der möglichen Produktmarktdefinition wettbewerbsrechtliche Bedenken aufwerfen würde.

6.

DoubleClick bietet Adserving für Display-Anzeigen an. Den Ergebnissen der Marktuntersuchung zufolge ist der Markt für Adserving-Technologie für Display-Anzeigen vom Markt für Adserving-Technologie für Textanzeigen abzugrenzen. Der Markt für Adserving-Technologie für Display-Anzeigen ist noch weiter zu untergliedern, und zwar nach der Erbringung solcher Leistungen für Werbetreibende einerseits und für Website-Betreiber andererseits.

V.   RÄUMLICH RELEVANTE MÄRKTE

7.

In der Entscheidung wird der allgemeine Markt für Online-Werbung geografisch nach den Landes- bzw. Sprachgrenzen im EWR untergliedert. In Bezug auf Vermittlungsleistungen wird in der Entscheidung der Schluss gezogen, dass sich der entsprechende hypothetische Markt zumindest auf den EWR erstreckt.

8.

Auch die Märkte für die Bereitstellung von Adserving-Technologie für Display-Anzeigen für Werbetreibende und Website-Betreiber erstrecken sich der Entscheidung zufolge zumindest auf den EWR.

VI.   WETTBEWERBSRECHTLICHE WÜRDIGUNG

6.1.   Stellung der beteiligten Unternehmen in den relevanten Märkten

9.

Auf dem Markt für Online-Werbung ist Google zurzeit i) als Website-Betreiber mit seiner eigenen Suchmaschinen-Webseite Google.com (und nationalen Webseiten wie google.de, google.fr usw.) und ii) als Vermittler mit seinem Ad-Netzwerk AdSense tätig. Google ist der führende Anbieter von Online-Werbung und insbesondere von Fläche für suchgebundene Anzeigen im EWR über diese direkten und indirekten Absatzkanäle mit Marktanteilen zwischen (25-35) % und (60-70) % je nach der genauen Marktabgrenzung.

10.

Die Hauptkonkurrenten von Google im Bereich suchgebundene Werbung sind Yahoo! und Microsoft, wobei Yahoo! Marktanteile bis zu (10-20) % am Weltmarkt und mindestens (0-10) % im EWR hält und Microsoft jeweils rund (0-10) %. Im Bereich der Vermittlung von nicht suchgebundenen Anzeigen im EWR sind unter anderem TradeDoubler, Zanox (gehört zu Axel Springer), AdLink, Interactive Media (gehört zu Deutsche Telekom), Advertising.com und Lightningcast (beide AOL/TimeWarner) sowie Tomorrow Focus tätig (TradeDoubler hält einen Marktanteil von (10-20) %, Zanox (0-10) % und die anderen Marktteilnehmer jeweils rund (0-10) %).

11.

DoubleClick bietet Adserving-Technologie an. Was die Werbetreibenden angeht, nimmt DoubleClick zusammen mit aQuantive/Atlas (unlängst von Microsoft übernommen) die Spitzenposition im Adserving-Markt des EWR ein. Ihr Marktanteil im EWR beläuft sich auf je (30-40) %. Was die Website-Betreiber angeht, steht den Ergebnissen der Marktuntersuchung zufolge DoubleClick mit rund (40-50) % Marktanteil im EWR an erster Stelle, gefolgt von 24/7 Real Media/OpenAdStream (unlängst von der Werbeagentur WPP übernommen) mit weniger als (20-30) % und AdTech/AOL (weniger als (10-20) %).

12.

Trotz dieser relativ hohen Marktanteile ist die Marktmacht von DoubleClick gering, weil das Unternehmen erheblichem Wettbewerbsdruck von anderen Adserving-Tool-Anbietern ausgesetzt ist, zu denen Kunden im Falle von Preisanhebungen wechseln könnten. Die Ergebnisse der Marktuntersuchung über die theoretischen Umstiegskosten waren zwar nicht eindeutig, aber es gibt Anhaltspunkte dafür, dass viele Website-Betreiber und Werbetreibende in den letzten Jahren in der Tat von DoubleClick zu anderen Anbietern (und umgekehrt) gewechselt sind. Dass auf dem Adserving-Markt zurzeit Wettbewerb herrscht, lässt sich auch an dem erheblichen Preisrückgang der Produkte von DoubleClick für Werbetreibende und Website-Betreiber trotz der gleichzeitig steigenden Nachfrage ablesen.

13.

DoubleClick ist ferner im Begriff, eine neue Ad-Börse zu lancieren, die Betatests liefen im Juni 2007 an. Bisher sind nur sehr wenige Geschäfte über diese Ad-Börse abgewickelt worden, und sie hat die volle Marktreife noch nicht erreicht.

6.2.   Horizontale Effekte

14.

Gegenwärtig ist DoubleClick auf dem Markt für die Bereitstellung von Flächen für Online-Werbung nicht tätig, und Google bietet keine eigenständigen Adserving-Tools an. Folglich konkurrieren die beiden Unternehmen zurzeit nicht miteinander.

15.

In der Entscheidung kommt die Kommission zu dem Ergebnis, dass der geplante Zusammenschluss im Hinblick auf den möglichen Wegfall des potenziellen Wettbewerbs zwischen Google und DoubleClick keinen Anlass zu wettbewerbsrechtlichen Bedenken gibt. Die Ad-Börse von DoubleClickhat zwar noch keine bedeutende Marktposition erlangt, aber es ist nicht auszuschließen, dass das Unternehmen zu einem wichtigen Akteur auf dem Vermittlungsmarkt würde, wenn es seine Unabhängigkeit behielte. Es ist allerdings wahrscheinlich, dass die Zahl anderer Wettbewerber für einen hinreichenden Wettbewerbsdruck nach dem Zusammenschluss ausreicht, so dass der Wettbewerb nicht nennenswert beeinträchtigt würde. DoubleClick hat im Vergleich zu anderen Marktbeteiligten auf dem Vermittlungsmarkt offenbar keine erheblichen Wettbewerbsvorteile gegenüber Google.

16.

Im Zusammenhang mit dem potenziellen Wettbewerbsdruck von Google im Adserving-Markt wird in der Entscheidung die Tatsache untersucht, dass Google gegenwärtig ein neues Display-Anzeigen-Adserving-Produkt für Werbetreibende und Website-Betreiber entwickelt. Der Entscheidung zufolge sind jegliche Bedenken hinsichtlich des möglichen Wegfalls potenziellen Wettbewerbsdrucks aber unbegründet, weil es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass die neuen Produkte von Google gegenüber den entsprechenden Produkten von DoubleClick über eine bessere Ausgangsposition verfügen als jene der zahlreichen anderen Marktbeteiligten.

6.3.   Nicht horizontale Effekte

6.3.1.   Marktabschottung aufgrund der Stellung von DoubleClick im Bereich des Adserving

17.

Die Kommission prüfte auf der Grundlage der Marktstellung von DoubleClick im Bereich des Adserving eine Reihe von Ausschlussstrategien, die das Unternehmen nach dem Zusammenschluss verfolgen könnte. Dazu zählen unter anderem a) eine Erhöhung der Preise von DoubleClick-Tools für Werbetreibende und Website-Betreiber, die andere Ad-Netzwerke nutzen, oder selektive Preiserhöhungen bei Tools von DoubleClick für Kunden, bei denen ein Wechsel zu einem anderen Anbieter von Adserving-Tools weniger wahrscheinlich ist, b) eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Tools von DoubleClick bei Nutzung konkurrierender Ad-Netzwerke, c) eine Bündelung der Tools von DoubleClick mit den Vermittlungsleistungen von Google (wobei die Leistungen entweder ausschließlich im Paket oder auch einzeln angeboten werden) und d) „Tweaking“; dabei handelt es sich um einen Ad-Auswahlmechanismus, der dazu dient, Werbung über AdSense zu platzieren, und e) Ausschluss der Wettbewerber von Vorleistungen (d. h. Verkaufsverweigerung oder Erhöhung der Kosten für Konkurrenten) beim Verkauf von Adserving-Tools an konkurrierende Ad-Netzwerke.

18.

In der Entscheidung wird der Schluss gezogen, dass alle diesbezüglichen Bedenken unbegründet sind. Erstens ergab die Marktuntersuchung, dass das Unternehmen nach dem Zusammenschluss nicht in der Lage wäre, seine Konkurrenten erfolgreich vom Adserving-Markt zu verdrängen, weil DoubleClick mit einer Reihe von Wettbewerbsbeschränkungen konfrontiert ist und wahrscheinlich nicht über eine erhebliche Marktmacht verfügt.

19.

Zweitens sind die Anreize für das neue Unternehmen zur Verfolgung der genannten Strategien allem Anschein nach gering. Es ist unwahrscheinlich, dass (selbst beträchtliche) Preisänderungen bei Adserving-Tools eine erhebliche Wanderung zwischen Ad-Netzwerken auslösen würden, weil die Kosten des Adserving nur einen sehr geringen Teil der Kosten von Werbetreibenden bzw. der Einnahmen von Website-Betreibern aus Online-Werbung ausmachen. Dies dürfte den Anreiz verringern, Website-Betreibern das Display-Adserving von DoubleClick bei Nutzung im Paket mit AdSense (wenn die Dienstleistungen auch einzeln angeboten werden) zu einem geringeren Preis (oder sogar kostenlos) anzubieten. Das Display-Adserving von DoubleClick ausschließlich im Paket mit Vermittlung über AdSense anzubieten, dürfte in Anbetracht der dann zu erwartenden Abwanderung unrentabel sein. Mit „Tweaking“-Strategien würde das neue Unternehmen seine vertraglichen Verpflichtungen gegenüber seinen Kunden verletzen, und ein solches Handeln würde wahrscheinlich aufgedeckt, wenn es ein spürbares Ausmaß annimmt.

20.

Aber selbst wenn diese Strategien alle oder auch nur teilweise erfolgreich umgesetzt würden, hätte der Zusammenschluss wahrscheinlich dennoch keine nachteiligen Auswirkungen auf den Wettbewerb, weil das Unternehmen auch nach dem Zusammenschluss mit einer ganzen Reihe finanzstarker und vertikal integrierter Unternehmen (darunter Microsoft, Yahoo!, AOL und WPP) konkurrieren müsste, die die gleiche Produktkombination anbieten.

6.3.2.   Marktabschottung aufgrund der Stellung von Google im Segment (Vermittlungs-)Leistungen für suchgebundene Werbung

21.

Google könnte auch versuchen, seine starke Stellung im Bereich der suchgebundenen Werbung auf dem Markt für Display-Adserving zu nutzen, indem es von den Nutzern seiner (Vermittlungs-)Leistungen für suchgebundene Werbung verlangt, für das Adserving ihres gesamten oder aber eines Teils ihres Inventars die Produkte von DoubleClick zu verwenden. In der Entscheidung wird der Schluss gezogen, dass auch diese Bedenken unbegründet sind.

22.

Schon die Möglichkeiten, Konkurrenten durch eine solche Strategie zu verdrängen, dürften begrenzt sein, weil der Bestand an gemeinsamen Kunden, die sowohl (Vermittlungs-)Leistungen für suchgebundene Anzeigen als auch Adserving-Technologien für Display-Anzeigen nutzen, sehr klein ist. Abgesehen davon kann es aufseiten der Werbetreibenden zu praktischen Schwierigkeiten kommen, weil die beiden Teile des Pakets nicht gleichzeitig verkauft bzw. bepreist werden.

23.

Zudem ergab die Marktuntersuchung, dass das Unternehmen nach dem Zusammenschluss keinen Anreiz hätte, eine derartige Strategie zu verfolgen, da diese aller Wahrscheinlichkeit nach unrentabel wäre.

24.

Aber selbst wenn diese Strategien alle oder auch nur teilweise erfolgreich umgesetzt würden, hätte der Zusammenschluss wahrscheinlich dennoch keine nachteiligen Auswirkungen auf den Wettbewerb, weil das Unternehmen auch nach dem Zusammenschluss mit einer ganzen Reihe finanzstarker und vertikal integrierter Unternehmen (darunter Microsoft, Yahoo!, AOL und WPP) konkurrieren müsste, die wahrscheinlich nicht ausgegrenzt würden.

6.3.3.   Marktabschottung aufgrund der Zusammenführung der Vermögenswerte von Google und DoubleClick

25.

Schließlich könnte das Unternehmen nach dem Zusammenschluss allein durch die Zusammenführung der Vermögenswerte von Google und DoubleClick und insbesondere durch die Vereinigung der derzeitigen und etwaigen künftigen Datenbanken zum Internetverhalten der Kunden eine für seine Wettbewerber unerreichbare Stellung erlangen. Infolge der Zusammenführung würden die Wettbewerber von Google dann allmählich verdrängt, so dass Google letztendlich in der Lage wäre, die Preise für seine Vermittlungsleistungen anzuheben.

26.

Den Ergebnissen der Marktuntersuchung zufolge sind diese Bedenken jedoch unbegründet. Den geltenden Verträgen von DoubleClick mit Werbetreibenden und Website-Betreibern zufolge darf DoubleClick die mithilfe seiner Adserving-Technologie gesammelten Daten nur zum Vorteil des jeweiligen Kunden nutzen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass das Unternehmen nach dem Zusammenschluss bei seinen Kunden Vertragsänderungen durchsetzen kann, nach denen eine solche Quernutzung der Daten künftig erlaubt wäre. Zudem verfügen einige Wettbewerber von Google (z. B. Microsoft und Yahoo!) bereits über aggregierte Daten über das Such- und Surfverhalten von Internetnutzern.

VII.   SCHLUSSFOLGERUNG

27.

In der Entscheidung wird daher der Schluss gezogen, dass der geplante Zusammenschluss den wirksamen Wettbewerb weder im Gemeinsamen Markt noch in einem wesentlichen Teil desselben erheblich behindern wird. Folglich erklärte die Kommission den Zusammenschluss gemäß Artikel 8 Absatz 1 der Fusionskontrollverordnung und Artikel 57 des EWR-Abkommens für mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen vereinbar.


(1)  ABl. L 24 vom 29.1.2004, S. 1.