15.10.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 247/25


Donnerstag, 10. April 2008
Kulturwirtschaft in Europa

P6_TA(2008)0123

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. April 2008 zur Kulturwirtschaft in Europa (2007/2153(INI))

2009/C 247 E/06

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf Artikel 151 des EG-Vertrags,

unter Hinweis auf das Übereinkommen der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (Unesco) zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen von 2005 (Unesco-Übereinkommen zum Schutz der kulturellen Vielfalt),

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 13. und 14. November 2006 und vom 24. und 25. Mai 2007, insbesondere in Bezug auf den Beitrag der kulturellen und kreativen Sektoren zur Erreichung der Lissabon-Ziele, und die Entschließung des Rates vom 16. November 2007 zu einer europäischen Kulturagenda,

unter Hinweis auf die Richtlinie 2007/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (1),

unter Hinweis auf den Beschluss 2006/515/EG des Rates vom 18. Mai 2006 über den Abschluss des Übereinkommens zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen (2),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission zu einer europäischen Kulturagenda im Zeichen der Globalisierung (KOM(2007)0242) sowie das begleitende Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen (SEK(2007)0570),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 4. September 2003 zur Kulturwirtschaft (3),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. Januar 2004 zu einem Gemeinschaftsrahmen für Verwertungsgesellschaften im Bereich des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte (4),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. März 2007 zu der Empfehlung 2005/737/EG der Kommission vom 18. Oktober 2005 für die länderübergreifende kollektive Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten, die für legale Online-Musikdienste benötigt werden (5),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 7. Juni 2007 zum Sozialstatut der Künstler und Künstlerinnen (6),

gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,

in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Kultur und Bildung sowie der Stellungnahmen des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie sowie des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (A6-0063/2008),

A.

in der Erwägung, dass die Kultur ebenso sehr ein öffentliches Gut und einen Selbstzweck zur Entfaltung der Individuen und zum Nutzen der Gesellschaft darstellt und zugleich zum Wirtschaftswachstum, zur Beschäftigung sowie zum sozialen Zusammenhalt und zur regionalen und lokalen Entwicklung beiträgt, wie dies jüngste wissenschaftliche Studien, insbesondere die von KEA European Affairs für die Kommission erstellte Studie zur Kulturwirtschaft in Europa belegen,

B.

in der Erwägung, dass die Kulturwirtschaft weder existieren noch einen europäischen kulturellen und wirtschaftlichen Mehrwert schaffen könnte ohne einen ständigen Input neuer Inhalte durch eine wachsende kreative Gemeinschaft von Kulturschaffenden in allen künstlerischen Bereichen wie Filmemacher, Komponisten, Schriftsteller, bildende Künstler und Designer,

C.

in der Erwägung, dass zur Kulturwirtschaft die Bereiche gehören, die die Werke des Geistes um einen wirtschaftlichen Mehrwert ergänzen und gleichzeitig neue Werte für die Individuen und die Gesellschaft hervorbringen; in der Erwägung, dass diese Kulturwirtschaft traditionelle Industrien wie Film-, Musik- und Verlagswesen sowie die Medien und den Kreativsektor (Mode, Design), die Bereiche Fremdenverkehr, bildende Kunst und Information umfassen,

D.

in der Erwägung, dass im Licht der im Unesco-Übereinkommen zum Schutz der kulturellen Vielfalt enthaltenen Definition die Kulturwirtschaft alle Sektoren umfasst, die das künstlerische Schaffen, die Produktion sowie die Vermarktung von Gütern und Dienstleistungen vereinigen, deren Besonderheit in der Unantastbarkeit ihrer kulturellen Inhalte besteht; in der Erwägung, dass das Produkt der Kulturwirtschaft im Allgemeinen durch die Rechte des geistigen Eigentums geschützt ist,

E.

in der Erwägung, dass jedoch mehr Anerkennung und eine stärkere Förderung notwendig sind, um die Kultur- und Kreativwirtschaft dabei zu unterstützen, ihren vollen Beitrag zu den Lissabon-Strategie-Zielen zu leisten,

F.

in der Erwägung, dass die Kulturwirtschaft ein breites Spektrum von Inhalten herstellt und verbreitet, die die Bürger informieren, bilden und unterhalten, das sich immer mehr auf die neuen Technologien und die neuen digitalen und audiovisuellen Formate stützt, und bei denen die Mitgliedstaaten und die Europäische Union ihre Rolle als Förderer und Regulatoren spielen und garantieren müssen, dass den Urhebern der Originalinhalte gerechte und angemessene wirtschaftliche Vorteile zuteil werden, indem ein angemessener und wirksamer Schutz von Urheberrechten und verwandter Schutzrechte gewährleistet wird und dadurch auch die Nachhaltigkeit der europäischen Kulturwirtschaft gesichert wird,

G.

in der Erwägung, dass sich in der heutigen Informationsgesellschaft neue Produktions-, Vertriebs- und Konsumformen herausbilden, durch die neue Kulturerzeugnisse und -dienstleistungen entstehen, die vor Piraterie geschützt werden müssen, aber auch ganz allgemein geeignete unternehmerische und wirtschaftliche Modelle erforderlich machen, die den Zugang zu, die Öffnung und die Vielfalt von Produkten kulturellen Inhalts sicherstellen und gleichzeitig ihre besondere Eigenschaft verglichen mit gewöhnlichen Handelswaren bewahren und allen Kategorien von Rechteinhabern eine gerechte Bezahlung für die Nutzung urheberrechtlich geschützter kultureller Inhalte gewähren,

H.

in der Erwägung, dass die kulturellen Güter und Dienstleistungen besondere Merkmale aufweisen, die sie von anderen Gütern und Dienstleistungen unterscheiden und die bei der Ausarbeitung und Umsetzung der politischen Maßnahmen der Europäischen Union berücksichtigt werden müssen,

I.

in der Erwägung, dass ein angemessener und wirksamer Schutz der Urheberrechte und der verwandten Schutzrechte ein zentrales Mittel darstellt, um den Kulturschaffenden zu ermöglichen, für ihre kreativen Bemühungen im Rahmen der kommerziellen Nutzung ihrer Werke gerecht entlohnt zu werden, und in der Erwägung, dass ein solcher Schutz schon jetzt für das Überleben der Kulturwirtschaft unverzichtbar ist,

J.

angesichts des wesentlichen Beitrags der Kulturwirtschaft und der kreativen Gemeinschaft zur Förderung der kulturellen Vielfalt, indem sie die Auswahlmöglichkeit für den Verbraucher gewährleisten, die Vielfalt des Unternehmertums vergrößern, den Zugang zur Kultur demokratisieren, die europäische Identität und Integration verstärken sowie den interkulturellen Dialog fördern,

K.

in der Erwägung, dass die Kulturwirtschaft einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung und zum Zusammenhalt auf lokaler und regionaler Ebene leistet, da sie einen Anziehungspol für Investitionen im Fremdenverkehr bildet, neue Arten von Handelsprodukten und Dienstleistungen mit „lokalem Charakter“ hervorbringt und durch die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen und Chancen wirtschaftlicher Entwicklung der gesellschaftlichen Marginalisierung entlegener oder benachteiligter Regionen entgegenwirkt,

L.

in der Erwägung, dass die Schriftsteller ebenfalls zu den grundlegenden Tätigkeiten der Kulturwirtschaft beitragen und dass es daher angebracht ist, ihnen ein wirtschaftliches, rechtliches und soziales Umfeld zu bieten, das die Entwicklung ihres kreativen Potenzials gewährleistet,

M.

in der Erwägung, dass die Kultur eng mit Bildung und Ausbildung verknüpft werden muss, um die Produktions- und Kreativkapazitäten des Kultursektors zu stärken,

N.

in der Erwägung, dass die Erfahrung der „Europäischen Kulturhauptstädte“ konkret vor Augen geführt hat, welchen Beitrag der Kultursektor zum wirtschaftlichen und sozialen Leben der Stadt und zur Entfaltung ihrer Bewohner leisten kann,

O.

in der Erwägung, dass staatliche Beihilfen und andere Zuschüsse zugunsten des Kreativsektors als Investitionen und nicht als Luxus zu betrachten sind und gleichermaßen nach den EU-Wettbewerbsregeln, dem dem Vertrag von Amsterdam beigefügten Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten und nach Artikel 151 EG-Vertrag sowie nach dem Unesco-Übereinkommen zur kulturellen Vielfalt bewertet werden müssen,

P.

in der Erwägung, dass die privaten und öffentlichen Investitionen sowie das Mäzenatentum im Kulturbereich gefördert werden sollten,

Q.

in der Erwägung, dass die Konzentration in der Kulturwirtschaft eine Gefahr für die Vielfalt und das Angebot von Kulturgütern für die Verbraucher darstellt,

R.

in der Erwägung, dass die Kreativität eine Voraussetzung für die Entwicklung von Innovation in Europa darstellt und dass die europäischen Technologieunternehmen gewinnen würden, wenn sie eng mit den Kulturschaffenden im Rahmen von Unternehmenszentren („Clusters“) zusammenarbeiten würden,

S.

in der Erwägung, dass stärker Klein- und Kleinstunternehmen und ihre Netzwerke sowie die in diesen Unternehmen tätigen einzelnen Arbeitnehmer unterstützt werden müssen, die massiv zur Schaffung von Gütern in einer Volkswirtschaft beitragen, und dass es angebracht ist, den Kulturschaffenden zu helfen, ihre Ausbildung als Unternehmer der Kreativwirtschaft weiter zu entwickeln, und sie zu ermutigen, von ihrer Kreativität zu leben,

T.

in der Erwägung, dass die Zersplitterung des Kreativsektors in Europa, die nur teilweise mit der Sprache oder Gründen der nationalen Identität erklärt werden kann, sowie das Fehlen einer Kulturwirtschaft mit einer wirklich europäischen Dimension die kulturelle Rolle Europas weltweit einschränken können,

U.

in der Erwägung, dass die kulturelle Vielfalt und der freie Austausch von Ideen in der Unverwechselbarkeit, der Vielfalt der Identitäten und der Gleichstellung von Männern und Frauen wurzeln,

V.

in der Erwägung, dass die Gleichstellung von Männern und Frauen einer der Grundwerte der Europäischen Union ist, der durch die Kultur vermittelt wird, und in der Erwägung, dass diese Vermittlung von Werten die europäische Integration fördert,

W.

in der Erwägung, dass in der Kulturwirtschaft eine ausgewogene Vertretung der Geschlechter noch längst nicht verwirklicht ist,

X.

in der Erwägung, dass Frauen Führungspositionen in der Kulturwirtschaft vorwiegend in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) oder wenn sie ihr eigenes Unternehmen gründen bekleiden,

Y.

in der Erwägung, dass die Beteiligung von Frauen im TIMES-Sektor (Telekommunikation, Internet, Medien, E-Commerce und Software), der eine fundamentale Säule der Kulturwirtschaft darstellt, mit 30 % außerordentlich gering ist, und in der Erwägung, dass lediglich 20 % der neuen Unternehmen in diesem Sektor von Frauen gegründet werden,

1.

begrüßt, dass der Rat und die Kommission die zentrale Rolle von Kultur und Kreativität als wichtige Faktoren für die Förderung des europäischen Bürgersinns, die Annäherung der Kunst an die europäische Öffentlichkeit und die Verwirklichung der Ziele der Lissabon-Strategie anerkennen wollen, deren Bedeutung für den Aufbau des europäischen Projekts dadurch noch mehr gestärkt werden;

2.

betont, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union im Rahmen der heutigen „postindustriellen Wirtschaft“ auch durch den Kultur- und Kreativsektor gestärkt werden muss; ersucht in diesem Zusammenhang die Kommission und die Mitgliedstaaten, einer Politik Vorrang einzuräumen, die nicht nur auf die unternehmerische Innovation, sondern auch auf die Innovation bei kulturellen Aktionen und in der Kreativwirtschaft ausgerichtet ist;

3.

stellt fest, dass die Kulturwirtschaft bei der Bereitstellung von Mehrwertdiensten, die die Grundlage einer dynamischen wissensbasierten Wirtschaft bilden und deshalb als wichtiger Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit in der Europäischen Union anerkannt werden sollten, eine Schlüsselstellung einnimmt;

4.

ist der Ansicht, dass die Kulturwirtschaft, die eine wichtige Quelle für die Schaffung von Arbeitsplätzen in der Europäischen Union ist, insbesondere kreative Talente nutzen muss; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, neue, innovative Arten des lebenslangen Lernens, durch die kreative Talente weiter entwickelt werden, zu fördern;

5.

ersucht Rat und Kommission klarzustellen, was das europäische Verständnis von Kultur, Kreativität und Innovation bedeutet, und strukturierte politische Maßnahmen zur konkreten Umsetzung für die Entwicklung der europäischen Kreativwirtschaft auszuarbeiten und diese in eine echte europäische Kulturstrategie einzubeziehen; ist der Auffassung, dass zu diesem Zweck die Definition des Sektors Kulturwirtschaft und Kulturunternehmen vorrangig ist;

6.

fordert die Kommission daher auf, für die Erhebung systematischer statistischer Daten in diesem Bereich zu sorgen, damit die Europäische Union und die Mitgliedstaaten über kohärente und vergleichbare statistische Angaben verfügen können, die für die Ausarbeitung angemessener und zielgerichteter politischer Maßnahmen zur Förderung des Kultur- und Kreativsektors erforderlich sind;

7.

fordert die Mitgliedstaaten auf, in die nationalen Lehrpläne für Sekundarschulen und Hochschulen, insbesondere in den Fachbereichen Geisteswissenschaften sowie Kunst und Kultur, die Schulung in unternehmerischer Initiative aufzunehmen;

8.

fordert die Kommission und den Hohen Vertreter für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik auf, die kulturelle Dimension Europas und insbesondere seine Kulturwirtschaft und Kulturschaffenden stärker und besser in die Außenbeziehungen der Europäischen Union sowie in die Europäische Nachbarschaftspolitik und in die wichtigen Dialogforen mit anderen Regionen der Welt einzubeziehen;

9.

ist der Auffassung, dass der Aufschwung der Kulturwirtschaft in starkem Maße von den Möglichkeiten einer ungehinderten grenzüberschreitenden Mobilität abhängt und dass aus diesem Grund die Probleme des Europäischen Haftbefehls aufgegriffen sowie konkrete Regelungen hierzu erarbeitet werden müssen; wiederholt diesbezüglich die Forderungen, die von ihm in seiner oben genannten Entschließung zum Sozialstatut der Künstler und Künstlerinnen formuliert worden sind;

10.

begrüßt den Gedanken, die Mobilität für Personen, Güter und Dienstleistungen im Kreativsektor unter Achtung der Bestimmungen und Grundsätze des Unesco-Übereinkommens zur kulturellen Vielfalt zu fördern, und ersucht die Kommission, dem Parlament ein einschlägiges Grünbuch zu unterbreiten, das der Besonderheit des Sektors — Kultur- und Wirtschaftsgut zu sein — gerecht wird;

11.

betont die Notwendigkeit, ein soziales und wirtschaftliches Modell zu entwickeln, das ein geeignetes Sicherheitsnetz schafft für Kreativunternehmer, vor allem für die Selbständigen, die in den Bereichen Kultur und Kreativwirtschaft tätig sind, wo bis heute ein hoher Anteil an Teilzeitbeschäftigung und instabile Arbeitsbedingungen anzutreffen sind;

12.

ist der Auffassung, dass eine gut organisierte länderübergreifende kollektive Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten sowie Geschäftsmodelle, die die Rechte aller Rechteinhaber achten, von zentraler Bedeutung sind, um das kreative Potenzial unter Gewährleistung gerechter Bezahlung für alle Kategorien von Rechteinhabern voll auszuschöpfen;

13.

erinnert die Kommission an seine oben genannte Entschließung vom 13. März 2007 und ruft zu einer gemeinschaftlichen Vorgehensweise auf, die die besonderen Merkmale des digitalen Zeitalters mit der Wahrung der europäischen kulturellen Vielfalt, mit kleinen Interessengruppen und lokalen Repertoires auf der Grundlage des Prinzips der Gleichbehandlung berücksichtigt;

14.

ersucht die Kommission um die systematische und möglichst rasche uneingeschränkte Anwendung von Artikel 151 Absatz 4 des EG-Vertrags, um zu gewährleisten, dass der Kultur und dem Kultursektor bei allen anderen gemeinschaftlichen politischen Maßnahmen Rechnung getragen wird, insbesondere bei denjenigen betreffend Binnenmarkt, Wettbewerb, Handel, Unternehmen sowie Forschung und Entwicklung, und die Besonderheit des Kultursektors bei der Umsetzung dieser Politik sowie in der Außenpolitik beim Abschluss internationaler Verträge gemäß dem Unesco-Übereinkommen zur kulturellen Vielfalt besser zu berücksichtigen und dabei eine zukunftsweisende Rolle zu spielen und die internationale Zusammenarbeit zu verbessern;

15.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, das Unesco-Übereinkommen zur kulturellen Vielfalt mit Leben zu erfüllen und die dort zugrunde gelegten Prinzipien im Rahmen ihrer Innen- wie Außenpolitik umfassend zu berücksichtigen;

16.

ersucht die Kommission, eine Struktur einzurichten, die dazu dient, die Koordinierung der Tätigkeiten und der politischen Maßnahmen, die Auswirkungen auf den Kultur- und Kreativsektor haben, zu verstärken sowie eine Task Force für Kultur und Kreativwirtschaft einzuführen, um den direkten Beitrag und die unmittelbaren Auswirkungen von Kultur und Kreativität auf Innovation, Wirtschaftswachstum und soziale Entwicklung in der Europäischen Union eingehender zu untersuchen und in Zusammenarbeit mit dem Parlament konkrete Maßnahmen im Rahmen der Gemeinschaftspolitik vorzuschlagen;

17.

fordert die Kommission vor dem Hintergrund der raschen Technologie- und Marktentwicklung und damit die Kulturwirtschaft von der Entwicklung digitaler Plattformen profitiert, nachdrücklich auf, die heikle Frage des geistigen Eigentums in kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht zu überdenken und alle Akteure dieses Bereichs, vor allem Telekom-Betreiber und Internetdiensteanbieter, dazu aufzurufen, gemeinsam im Bemühen, ein Gleichgewicht zwischen den Möglichkeiten des Zugangs zu kulturellen Aktivitäten und Inhalten einerseits und den Rechten des geistigen Eigentums andererseits herzustellen, nach für große und kleine Akteure angemessenen Lösungen zu suchen, die eine gerechte, tatsächliche Vergütung für alle Gruppen von Rechteinhabern, eine echte Wahlmöglichkeit für die Verbraucher und kulturelle Vielfalt garantieren; weist in diesem Zusammenhang auf die Tatsache hin, dass die Kriminalisierung der Verbraucher, die nicht auf Gewinn aus sind, nicht die richtige Lösung zur Bekämpfung der digitalen Piraterie ist;

18.

fordert die Kommission auf, Maßnahmen zur Prävention, Aufklärung und zur Sensibilisierung der Verbraucher, insbesondere von Jugendlichen in Schulen, für den Wert des geistigen Eigentums und der Kreativität im Allgemeinen zu ergreifen und die Verbraucher zu ermutigen, das geistige Eigentum zu respektieren;

19.

fordert die Kommission insbesondere auf, die Anstrengungen zu unterstützen, um neue Unternehmermodelle im digitalen Zeitalter einzuführen, die es dem Verbraucher ermöglichen, die neuen Technologien optimal zu nutzen, und gleichzeitig das legitime Recht auf Vergütung des künstlerischen und kulturellen Schaffens wahren;

20.

fordert die Kommission auf, festzustellen, dass sich mit dem Internet die klassischen Nutzungsarten von kulturellen Gütern und Dienstleistungen völlig verändert haben, und dass es unverzichtbar ist, auf einen ungehinderten Zugang zu den Online-Kulturinhalten und auf die Vielfalt der kulturellen Ausdrucksformen über alleinige industrielle und kommerzielle Logik hinaus zu achten, und ferner die gerechte Vergütung, angemessen aufgeteilt auf alle Gruppen von Rechteinhabern, zu gewährleisten;

21.

ist der Meinung, dass eine Reform der Rechte des geistigen Eigentums von zentraler Bedeutung ist, um Kreativität zu fördern und zur Entwicklung kultureller Arbeiten zu ermutigen; empfiehlt das „Pariser Abkommen“ als einen Rahmen für einen fairen Interessenausgleich zwischen Kulturschaffenden und Verbrauchern;

22.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die notwendigen Mittel bereitzustellen, mit denen die Achtung und der Schutz des geistigen Eigentums gewährleistet werden können;

23.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, anzuerkennen, dass das Internet eine breite Plattform für die kulturelle Ausdrucksmöglichkeit, den Zugang zu Wissen und die demokratische Teilhabe an der europäischen Kreativität darstellt und die Generationen durch die Informationsgesellschaft zusammenbringt; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten daher auf, keine Maßnahmen zu ergreifen, die im Widerspruch zu den bürgerlichen Freiheiten und den Menschenrechten sowie den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit, der Effizienz und der Abschreckung stehen, wie z. B. die Unterbrechung des Internet-Zugangs;

24.

drängt die Kommission, bei der Bekämpfung der Piraterie alle betroffenen Akteure, auch die Verbraucher, in die Verantwortung einzubeziehen sowie Sensibilisierungs- und Aufklärungskampagnen aufzulegen;

25.

hält die angemessene Finanzierung der Kultur- und Kreativwirtschaft sowie der kreativen Gemeinschaften für unerlässlich und ersucht den Rat, die Kommission und die Mitgliedstaaten, die notwendigen Maßnahmen zu treffen, indem sie Mischformen der Finanzierung und der finanziellen Sicherheit empfehlen und einen sowohl für die Kulturwirtschaft wie auch für die kreativen Gemeinschaften günstigen rechtlichen und steuerlichen Rahmen schaffen, genauer gesagt die Anwendung von Steuergutschriften und ermäßigten MwSt.-Sätzen auf alle Kulturerzeugnisse, einschließlich Online-Werke;

26.

betont die Bedeutung freier Informationsinfrastrukturen wie das World Wide Web für den europäischen Kreativsektor, die auf Modellen einer offenen Beteiligung und offener Standards basieren, und fordert die Kommission auf, eine Strategie für offenere und interoperable Informationsinfrastrukturen zu konzipieren;

27.

sieht es als notwendig an, dass die Strukturfonds, die Programme für die KMU sowie das Siebte Rahmenprogramm für Forschung, Entwicklung und Demonstration (2007-2013) der Entwicklung und der ausreichenden Finanzierung der Kultur- und Kreativwirtschaft, einschließlich der KMU und einzelner künstlerischer Unternehmen in diesem Sektor, einen besonderen Platz einräumen, und wiederholt seine Forderung, dass die Kommission eine Studie über die Auswirkung der von den Strukturfonds und dem Siebten Rahmenprogramm getätigten Finanzierungen auf den Kultur- und Bildungssektor vorlegt;

28.

bekräftigt die Bedeutung der Ziele der Europäischen Investitionsbank innerhalb der Initiative Innovation 2010 (i2i) und fordert, ihnen Vorrang einzuräumen; ermuntert die Kommission und die Mitgliedstaaten, weitere Möglichkeiten für die Gewährung finanzieller Unterstützung zur Gründung und Weiterentwicklung von KMU im Kultur- und Kreativsektor zu erkunden (beispielsweise mittels des Siebten Rahmenprogramms); empfiehlt die Nutzung der Strukturfonds, um traditionelle Kunst- und Kulturerbesektoren sowie die Kulturwirtschaft und innovative Branchen zu unterstützen; fordert die Kommission auf, diese Tätigkeiten zu überwachen und zur Verbreitung bewährter Verfahren beizutragen;

29.

fordert die Kommission auf, den Zugang zur Kulturwirtschaft im Rahmen der technischen Hilfsprogramme für Drittländer, insbesondere für China, Indien und Lateinamerika, zu fördern;

30.

fordert die Kommission auf, die Partnerschaften zwischen dem Sektor der Kulturwirtschaft und den Branchen Informationstechnologie und Kommunikation zu fördern und zu unterstützen, um die Synergien zwischen Kreativität und Innovation im Zusammenhang mit der Lissabon-Strategie zu begünstigen;

31.

ersucht die Kommission, ein dem Programm MEDIA vergleichbares Programm für den Musiksektor und das Verlagswesen aufzulegen, die Verfahren zur Verwirklichung der Initiative für die Europäische Digitale Bibliothek abzuschließen, den Musiksektor, das Theater und das Verlagswesen zu stimulieren und zu unterstützen, um den grenzüberschreitenden Vertrieb der Werke zu erleichtern, und als ersten Schritt im Programm „Kultur“ einen Mechanismus vorzusehen, der es der nicht-audiovisuellen Kulturwirtschaft ermöglicht, Zugang zur Gemeinschaftsfinanzierung für die Buchförderung zu erhalten (u. a. mittels gemeinsamer Stände auf Buchmessen), aber auch zur Förderung von Musik und beruflicher Bildung;

32.

ersucht die Kommission und die Mitgliedstaaten, den Betrag der Zuschüsse für Übersetzungen zu erhöhen, da mit den Haushaltsmitteln, die den europäischen Kulturprogrammen zugewiesen werden, deren Ziele nicht verwirklicht werden können;

33.

hält es für notwendig, den Kultur- und Kreativsektor durch eine Verbesserung der Qualifizierungs-, Ausbildungs- und Bildungssysteme zu fördern, insbesondere indem versucht wird, den Studierenden in den kulturellen und künstlerischen Fächern eine Ausbildung zu geben, die sie auf das Berufsleben vorbereitet, indem bessere Synergien zwischen den Unternehmen des Sektors und den Schulen gefördert werden, und indem die Annäherung von Schulen und Institutionen in den Mitgliedstaaten, die bereits in dieser Richtung arbeiten, betrieben wird; hält ferner weitere Fortschritte bei der Anerkennung von Abschlüssen in Kunststudien für notwendig;

34.

betont den besonderen Charakter bestimmter Berufe und des Know-hows in den kulturellen, kreativen und handwerklichen Bereichen, deren Dauerhaftigkeit durch geeignete Mechanismen für den Wissenstransfer gewährleistet werden muss;

35.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, geeignete Maßnahmen zur Aufwertung traditioneller Kenntnisse zur ergreifen, um die Mobilität zu fördern und den Zugang zur Beschäftigung von Fachleuten aus den einschlägigen Sektoren in der Europäischen Union zu erleichtern;

36.

fordert die Mitgliedstaaten auf, in der Kulturwirtschaft den Löhnen und Gehältern von Frauen besondere Aufmerksamkeit zu schenken, damit vermieden wird, dass die bestehenden Lohn- und Gehaltsregelungen zu geschlechtsbezogenen Diskriminierungen führen;

37.

unterstreicht die bedeutende Rolle, die die Kulturwirtschaft bei der Bekämpfung von Geschlechterstereotypen spielt, indem sie die Gleichstellung von Männern und Frauen fördert und zum Mentalitätswandel beiträgt; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Kulturwirtschaft zu ermutigen, diese Ideen durch ihre Initiativen zu vermitteln;

38.

ersucht die Mitgliedstaaten und ihre lokalen Körperschaften, eine bessere Kommunikation zwischen der Kulturwirtschaft und den Geldgebern durch die Entwicklung von betriebswirtschaftlichen Beratungsdiensten, Finanzberatungsdiensten sowie Informations- und Ausbildungsdiensten für Kleinbetriebe, Unternehmer und Angehörige des Handwerks im Kultur- und Kreativsektor zu entwickeln;

39.

misst den Bestimmungen der Richtlinie 2007/65/EG große Bedeutung bei und fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre fristgerechte Umsetzung zu gewährleisten; fordert außerdem die Kommission auf, dem Parlament Informationen über die Durchführung dieser Richtlinie zu übermitteln;

40.

betont die Möglichkeiten, die durch ein Hochgeschwindigkeitsbreitband mit großer Reichweite und neue drahtlose Technologien bei der Entwicklung und Verbreitung neuer, innovativer kultureller Dienstleistungen und Inhalte in ländlichen wie auch städtischen Gebieten in jedem der 27 Mitgliedstaaten eröffnet werden; fordert die Mitgliedstaaten zudem auf, der Entwicklung von Breitbandnetzen in ländlichen und Randgebieten Priorität einzuräumen, um die digitale Kluft zu überwinden; stellt fest, dass es den Verbrauchern durch technologische Fortschritte ermöglicht wird, einen rascheren Zugang zu kulturellen Inhalten zu erlangen;

41.

erinnert die Kommission und die Mitgliedstaaten an ihre bisherige Position zu audiovisuellen Dienstleistungen im Rahmen der internationalen Handelsgespräche und fordert sie auf, auch künftig im Rahmen der WTO/GATS-Verhandlungen weder Angebote zur Liberalisierung audiovisueller Dienstleistungen zu machen noch Forderungen zu stellen, dass sie eine Ausnahmeregelung von der Anwendung der Meistbegünstigung erhalten;

42.

begrüßt die 2007 erfolgte Schaffung des jährlich zu vergebenden Filmpreises des Parlaments (Prix LUX) als Mittel zur Stärkung der Kulturpolitik, zur Förderung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt, zur Bewahrung der kulturellen Tradition sowie zur Unterstützung des Kulturaustauschs; fordert, bei der Verleihung dieses Preises in Anerkennung des Beitrags, den Frauen zur Entwicklung und Entfaltung des europäischen Films leisten, die Beteiligung und Kreativität von Frauen besonders zu berücksichtigen;

43.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie der Unesco und dem Europarat zu übermitteln.


(1)  ABl. L 332 vom 18.12.2007, S. 27.

(2)  ABl. L 201 vom 25.7.2006, S. 15.

(3)  ABl. C 76 E vom 25.3.2004, S. 459.

(4)  ABl. C 92 E vom 16.4.2004, S. 425.

(5)  ABl. C 301 E vom 13.12.2007, S. 64.

(6)  Angenommene Texte, P6_TA(2007)0236.