30.4.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 100/72


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Umstrukturierung und Entwicklung der Haushaltselektrogeräteindustrie in Europa und die Auswirkungen auf Beschäftigung und Klimawandel“

2009/C 100/12

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss beschloss am 17. Januar 2008, gemäß Artikel 29 Absatz 2 der Geschäftsordnung eine Initiativstellungnahme zu folgendem Thema zu erarbeiten:

„Umstrukturierung und Entwicklung der Haushaltselektrogeräteindustrie in Europa und die Auswirkungen auf Beschäftigung und Klimawandel“.

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Beratende Kommission für den industriellen Wandel nahm ihre Stellungnahme am 10. September 2008 an. Berichterstatterin war Frau DARMANIN, Ko-Berichterstatter Herr GIBELLIERI.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 448. Plenartagung am 22.-23. Oktober 2008 (Sitzung vom 22. Oktober) mit 86 Ja-Stimmen bei 2 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1   Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss ist der Auffassung, dass die Stärke der europäischen Haushaltselektrogeräteindustrie (1) in ihrer Fähigkeit liegt, qualitativ hochwertige und nachhaltige Produkte herzustellen. Diese Stärke muss durch eine angemessene europäische Politik gestützt und erweitert werden, die auf fortgesetzten Anstrengungen und Verbes-serungen in den Bereichen technologische Innovation und Weiterbildung zur Erhöhung des Fachwissens der Mitarbeiter basiert. Durch eine solche Politik dürfte die Entwicklung energieeffizienter Haushaltsgeräte mit einer erhöhten Wiederverwertbarkeit beschleunigt werden. Die Auswirkungen auf die Umwelt müssen auf Grundlage einer Lebenszyklusanalyse insgesamt auf ein Minimum beschränkt werden.

1.2   Der EWSA ist fest davon überzeugt, dass die Rechtsetzung der Europäischen Union insbesondere durch den Vorschlag für die Ausweitung der Ökodesign-Richtlinie und den Vorschlag für eine Überarbeitung der Umweltzeichen-Verordnung einen unmittelbaren Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit der Branche nehmen, damit eine Erhöhung der Energieeffizienz und eine Verminderung des CO2-Ausstoßes bewirken und so die Gefahr und die Tendenz einer Verlagerung des verarbeitenden Gewerbes in außereuropäische Länder, des Verlusts von Arbeitsplätzen und des drohenden Eingriffs in Verbraucherinteressen verringern könnte.

1.3   Marktüberwachung ist von größter Bedeutung, um die Interessen der europäischen Industrie, ihrer Arbeitnehmer, die Interessen der Verbraucher und die Umwelt zu schützen. Marktüberwachung sollte mittels folgender Maßnahmen durchgeführt werden:

Bereitstellung von mehr Mitteln durch die Mitgliedstaaten und die EU (2) zur strengeren Überwachung der Produktkonformität mit den Normen und rechtlichen Bestimmungen des Europäischen Binnenmarktes, insbesondere der Konformität importierter Waren;

Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs und Dumpings. Zur Vermeidung negativer Auswirkungen auf die Industrie der EU sollten Antidumping-Maßnahmen sorgfältig geprüft werden, damit sie nicht eine Verlagerung der Branche außerhalb Europas oder den Anstieg von Importen begünstigen. Antidumping-Maßnahmen sollten nicht nur in Bezug auf ganze Geräte, sondern auch auf einzelne Bestandteile getroffen werden;

Revision des Etikettierungssystems zur Berücksichtigung der Fortschritte bei der technologischen Innovation, ohne den falschen Eindruck einer Wertveränderung zu erwecken;

strengere Kontrollen zur Verhinderung von Produktfälschung und Markentäuschung sowie von sklavischen Nachahmungen und Kopien;

Kontrollen der Etiketten insbesondere importierter Waren hinsichtlich Wahrheitsgehalt und möglicher Irreführung.

1.4   Der EWSA ist der Ansicht, dass Anpassungen des Systems der Etikettierung äußerst wichtig sind. Das Etikett sollte immer dann aktualisiert werden, sobald der Standard infolge neuer, effizienterer Haushaltselektrogeräte mit höherem Wirkungsgrad steigt. Das System sollte dahingehend dynamisch sein, dass, wenn neue Produkte mit besseren Eigenschaften auf den Markt kommen, für diese ein neues Etikett gelten würde, anstatt dass sie den Rang der früher bewerteten Geräte herabsetzen. Eine solche Überprüfung sollte im Zusammenhang mit der technischen Innovation stehen, aber gemäß dem Aktionsplan für Energieeffizienz mindestens alle fünf Jahre vorgenommen werden. Es ist von wesentlicher Bedeutung, dass alle Interessenträger an dieser Überprüfung beteiligt werden. Weiterhin sollte die Kommission die Durchsetzung von Vorschriften fördern, um die Verbindlichkeit dieses Etiketts für Hersteller, Importeure und Einzelhändler zu erhöhen.

1.4.1   Um die Nachhaltigkeit zu erhöhen, wäre es weiterhin empfehlenswert, wenn die EU sich darum bemühen würde, dass auch andere Länder die von der EU für den Binnenmarkt gesetz-ten Standards anerkennen würden, was zu einer weltweiten Reduzierung des Energieverbrauchs führen könnte.

1.5   Durch Schaffung von Systemen in den Mitgliedstaaten, die Anreize bieten sollen, alte Haushaltsgeräte durch modernere und energieeffizientere Geräte, die bereits hergestellt, aber auf dem Markt noch nicht ausreichend nachgefragt werden, zu ersetzen, könnte die europäische Haushaltsgeräteindustrie einen gewaltigen Aufschwung erfahren. Eine solche Unterstützung sollte so angelegt werden, dass den sozial Schwächeren unter Beachtung des Gebots der Gleichbehandlung ein angemessenes finanzielles Instrument an die Hand gegeben wird. Man sollte von erfolgreichen Beispielen inner- und außerhalb Europas lernen.

1.6   Es ist zudem sinnvoll, die Verbraucher hinsichtlich der Instandhaltung von Haushaltsgeräten und der benötigten Ersatzteile zu unterstützen und zu garantieren, dass die Kenntnisse der Arbeitnehmer ständig verbessert und auf dem aktuellsten Stand gehalten werden, um einen effizienten und verlässlichen Service sicherzustellen. Dies könnte zu einer Erhöhung und/oder Erhaltung der Beschäftigungsquote führen.

1.7   Der EWSA vertritt die Auffassung, dass die Politik der EU den Übergang der Industrie zu innovativeren Produkten und entsprechenden Dienstleistungen erleichtern sollte; letztere sind aufgrund ihrer Auswirkungen auf den CO2-Ausstoß und Energieverbrauch von strategischer Relevanz, so z.B. Sonnenkollektoren, Photovoltaikanlagen, Wärmepumpen, Wasserstoffzellen, Kleinstkraftwerke und leistungsstarke Klimaanlagen. Dies würde stimulierend auf die Schaffung von Arbeitsplätzen wirken und größere Wahlmöglichkeiten für den Verbraucher schaffen.

1.8   Der EWSA bekräftigt erneut, dass der Erfolg der Umsetzung der Empfehlungen zur effektiven Umstrukturierung der Haushaltselektrogeräteindustrie in der EU mit dem Ziel der Nachhaltigkeit nur dann sichergestellt und in größtmöglichem Umfang erreicht werden kann, wenn in diesem Industriezweig ein eingehender und effektiver sozialer Dialog auf europäischer Ebene stattfindet.

2.   Hintergrund

2.1   Die Verlagerung der Haushaltselektrogeräteindustrie nicht nur in mittel- und osteuropäische Länder, sondern auch nach Russland, in die Türkei und nach China ist zurzeit das größte Problem der Branche. Es findet also nicht nur eine Verschiebung innerhalb der Mitgliedstaaten der EU statt, sondern ganze Segmente im Bereich Haushaltselektrogeräte werden fast vollständig von Europa nach China verlagert.

2.2   Gerade entdecken die Unternehmen Russland: dort werden neue Fabriken für die Herstellung von Waschmaschinen und Kühlschränken errichtet und bereits bestehende Haushaltselektrogerätefirmen wurden übernommen. In Russland werden im Moment zwischen fünfzehn und zwanzig Fabriken für Haushaltselektrogeräte errichtet. Für europäische Hersteller ist dies von wesentlicher Bedeutung für die Erschließung dieses neuen Marktes, dessen Potenzial enorm ist. Dabei darf aber nicht aus den Augen verloren werden, dass diese Fabriken künftig nicht nur für den nationalen russischen Markt produzieren, sondern ihre Produktion auch in die Union exportieren werden, wenn die grundsätzlichen Probleme des EU-Marktes nicht angegangen werden.

2.2.1   Auch Asien, Nordamerika und der Nahe Osten bieten EU-Herstellern ein großes Exportpotenzial, wobei es in der EU bereits einen Trend zum Export von Haushaltsgeräten gibt. Die Hersteller der Union können die gegenwärtige Situation wie z.B. die wachsende Mittelschicht in diesen Regionen und den guten Ruf der Produkte aus der EU nutzen, um diese Märkte weiter zu erschließen.

2.3   Die wachsende Zahl billiger und problematischer Importerzeugnisse trägt zur Verschärfung der Krise in der europäischen Haushaltselektrogeräteindustrie bei. Es wird an der Qualität gespart, um, unter Ausnutzung der Unterschiede der Steuersysteme und der Arbeitskostenvorteile sowie der relativ geringen Transportkosten, gegen alteingesessene Hersteller in Europa anzugehen.

2.4   Es ist offensichtlich, dass die europäischen Monatslöhne z.B. nicht mit denen in China konkurrieren können. Ein in China hergestellter Kühlschrank (bzw. ein dort hergestelltes Gefrier-gerät) ist — ebenso wie einfache Bauteile wie Motoren oder Kompressoren — konkurrenzlos billig. Rein über den Preis und nicht über bessere Qualität lässt sich für europäische Waren kein Wettbewerbsvorteil erzielen. Die Stärke der europäischen Haushaltselektrogeräteindustrie liegt in ihrer Fähigkeit, qualitativ hochwertige Ware herzustellen. Andere Wettbewerbsvorteile bieten sich in den Bereichen Design, Garantieleistungen, Kundendienst, Kompatibilität der Ersatzteile und Reparaturen. Diese Stärke kann durch eine klare europäische Politik gestützt und ausgebaut werden.

2.5   Europäische Fabriken stellen Kühlschränke und Gefriergeräte der Energieeffizienzklassen A++, A+, A und B her. Der Großteil der derzeitigen Produktion entfällt auf die Klassen A+ und A. Geräte der Klasse A++ machen weniger als 4 % aller Geräte aus.

2.6   Der Absatz energieeffizienter Kühlschränke bewegt sich gleich bleibend auf niedrigem Niveau. Laut CECED (Europäischer Verband der Hausgerätehersteller) gibt es in europäischen Haushalten noch ungefähr 188 Millionen Kühlschränke und Gefriergeräte, die älter als 10 Jahre sind. Alte Haushaltsgeräte (von 1990) verbrauchen ca. 600 kWh/Jahr; Haushaltsgeräte der Klasse A+ verbrauchen ca. 255 kWh/Jahr, und Haushaltsgeräte der Klasse A++ ca. 182 kWh/Jahr. Bei den derzeitigen Preisen und unter den derzeitigen Bedingungen (3) muss ein Haushaltsgerät der Klasse A++ ungefähr 12 Jahre laufen, damit sich seine Anschaffung für den Verbraucher rechnet.

2.7   Noch mehr Anlass zur Besorgnis als die älteren Haushaltsgeräte geben den europäischen Herstellern potenziell gefährliche, nicht energieeffiziente und störanfällige Importe. Diese Besorgnis betrifft insbesondere Importe über den Spotmarkt, bei denen die importierte Ware schnell auf dem gesamten EU-Markt abverkauft wird.

2.7.1   Der Energiebedarf der Haushalte macht infolgedessen 25 % des gesamten Energiebedarfs in der EU aus, wobei der Energieverbrauch von Geräten in Privathaushalten in den letzten Jah-ren aufgrund neuer Anwendungen und Produkte den stärksten Anstieg verzeichnet.

2.8   Die Verwendung hochwertigerer Materialien für den magnetischen Kern bei gleichzeitiger Optimierung der Bauweise unter Berücksichtigung der neuen Materialeigenschaften könnte die Effizienz elektrischer Motoren in Haushaltsgeräten (um bis zu 15 %) steigern und zu einer erheblichen Senkung des Stromverbrauchs in Privathaushalten beitragen.

2.9   Die Europäische Kommission sollte auch die Entwicklung wart- und wiederverwertbarer Haushaltselektrogeräte unterstützen. Es muss darauf hingewiesen werden, dass europäische Hersteller bereits große Anstrengungen in diesem Bereich unternommen haben und den Energie und Wasserverbrauch von Elektrogroßgeräten deutlich gesenkt haben. Immer mehr Roh-stoffe sind inzwischen nicht nur unter dem Umweltaspekt, sondern auch hinsichtlich ihrer Kosten problematisch geworden. Das gilt für Stahl, Plastik, Nickel, Chrom, Kupfer usw. Die Preise für diese Rohstoffe sowie für Öl-Nebenprodukte steigen. Hersteller, die den Materialaufwand begrenzen können, haben einen großen Wettbewerbsvorteil. Die Möglichkeiten eines solchen Wettbewerbsvorteils durch die Anwendung der Nanotechnologie und die Ökobilanzierung (LCA) zur Verbesserung und Beurteilung der richtigen Materialwahl in der Haushaltselektrogeräteindustrie sind noch längst nicht ausreichend erforscht.

2.9.1   Ein Problem besteht momentan darin, dass unter den gegenwärtigen Rechtsbestimmungen für Elektro- und Elektronik-Altgeräte nicht alle für die Wiederverwertung geeigneten Materialien tatsächlich wieder an die Hersteller zurückgegeben werden, wodurch die Hersteller folglich die Kosten für die Wiederverwertung tragen, die Produkte faktisch aber nicht erhalten.

2.10   Die Förderung der entsprechenden Forschung und der weiteren Miniaturisierung von Bautei-len wie z.B. Motoren, Radiatoren, Kompressoren usw. sollte das Ziel einer von der Kommis-sion finanzierten Forschungspolitik sein. Von einem solchen Standpunkt aus bedeutet die Entwicklung von Haushaltselektrogeräten mit einem Minimalverbrauch von Materialien die Ent-wicklung von Geräten mit einer höheren Wiederverwertbarkeit. Die umweltgerechte Gestaltung (die EU-Rahmenrichtlinie von Mai 2005 mit der Anforderung einer umweltgerechten Gestaltung energiebetriebener Produkte) stellt hier einen wichtigen Ausgangspunkt dar. Die Europäische Kommission muss ihre politischen Instrumente nicht neu erfinden, sondern die bereits vorhandenen Instrumente verfeinern. Das gilt auch für das bestehende EU-Energieetikett mit Verbrauchsangabe. Vor dem Hintergrund einer sich verschärfenden Energiekrise und der Verknappung von Rohstoffen sollte die Kommission dieses Etikett durch zwingende Vorschriften für das Inverkehrbringen von Produkten unterstützen. Nur denjenigen Herstellern, die qualitativ hochwertige Produkte herstellen, sollte künftig gestattet werden, Haushaltselektrogeräte auf dem europäischen Binnenmarkt zu verkaufen. Das wäre der Grundtenor von Rechtsvorschriften, die von Firmen verlangen, qualitativ hochwertige und haltbare Haushaltselektrogeräte herzustellen.

2.11   Es ist ebenfalls sinnvoll, Hersteller und Händler durch eine Richtlinie dazu zu verpflichten, instandsetzbare Haushaltselektrogeräte herzustellen und zu verkaufen, für die Ersatzteile für Reparaturen bereitgehalten und Kundendienstleistungen angeboten werden. Der europäische Verbraucher erwartet einen solchen Kundendienst und durch ihn können sich die europäi-schen Hersteller und Händler von den kostengünstigen Herstellern abheben, deren Produkte nicht repariert werden können, sondern weggeworfen und durch neue ersetzt werden. Das kann nicht im Sinne einer Strategie für nachhaltige Entwicklung sein.

2.11.1   In dieser Hinsicht verfolgt der EWSA mit Interesse die weitere Entwicklung der Diskussion über die Umsetzung des „Aktionsplans für Nachhaltigkeit in Produktion und Verbrauch und für eine nachhaltige Industriepolitik“ (4) der Europäischen Kommission.

2.12   Die europäische Haushaltselektrogeräteindustrie beschäftigt zurzeit noch etwa 200 000 Arbeitnehmer. Die Branche ist seit vielen Jahren in der Krise. Etwa 57 000 Arbeitsplätze sind in den vergangenen zwei Jahrzehnten in Westeuropa verloren gegangen. Die Haushaltselektrogeräteindustrie in Mittel- und Osteuropa ist nach dem Ende des alten politischen Systems zusam-mengebrochen, und nur etwa 20 000 neue Arbeitsplätze wurden seitdem geschaffen.

2.13   Die am stärksten von Verlagerungen in außereuropäische Länder (Russland, China, Türkei) betroffenen Produktgruppen der Haushaltselektrogeräteindustrie sind Klimaanlagen und Kleinelektrogeräte. In den Kühlschrank- und Gefriergerätefabriken sind ungefähr noch 23 000 Menschen beschäftigt.

2.14   Die Umstrukturierungen im europäischen Haushaltselektrogerätesektor werden in den kommenden Jahren andauern. Ihr Umfang wird nicht nur von Markt- und Technologieentwicklungen, sondern auch von politischen Entscheidungen und der Gesetzgebung abhängen.

3.   Besondere Bemerkungen

3.1   Die europäische Politik sieht sich vier Problemen gegenüber:

3.1.1   Wie kann sichergestellt werden, dass dieser Industriezweig nicht an Länder außerhalb der EU verloren geht? Es besteht eindeutig eine Tendenz zur räumlichen Verlagerung, und daher sollten gegen die vorhergesehene und tatsächliche Gefahr des Abwanderns dieser Branche in Drittstaaten Maßnahmen ergriffen werden.

3.1.2   Wie kann der Strukturwandel in Europa so gestaltet werden, dass die mittel- und osteuropäischen Länder ihre sich entwickelnde Haushaltselektrogeräteindustrie für die Zukunft stabilisieren können, ohne dass die westeuropäischen Länder den wissenschaftlichen und technischen Produktionsprozess, ihr Know-how und die damit verbundenen Arbeitsplätze verlieren?

3.1.3   Wie kann eine wirtschaftlich vernünftige Antwort auf die Schwemme von Importen aus Asien gefunden werden, die gegenüber vergleichbaren europäischen Produkten einen geringeren Wert und eine geringere Qualität aufweisen oder den Normen des Binnenmarktes nicht entsprechen?

3.1.4   Wie kann sichergestellt werden, dass die Ausstattung mit nachhaltigen Geräten auch die erwarteten Folgen für den Binnenmarkt hat und die Nachfrage nach solchen Produkten steigt und weiter in die Forschung und Entwicklung von Geräten mit weniger starken Auswirkungen auf Klimawandel und Nachhaltigkeit investiert wird?

3.2   Die Situation für die Industrie

3.2.1   Diese Branche ist hinsichtlich ihrer Erfolge bei der Energieeffizienzforschung und -entwicklung ein fortgeschrittener Industriezweig. Die freiwilligen Verpflichtungen sind effektiv und wurden von der Industrie eingehalten.

3.2.2   Bedauerlicherweise gibt es auch einen entmutigenden Faktor, nämlich den, dass die Situation der Industrie eine Verschärfung der Politik der EU erfordert, um sicherzustellen, dass die Bemühungen der Industrie auch wirklich Ergebnisse zeigen. Im letzten Jahr entschloss man sich in der Industrie, die in der Vergangenheit so erfolgreichen freiwilligen Vereinbarungen nicht zu erneuern.

3.2.3   Marktüberwachung ist zu diesem Zeitpunkt von größter Bedeutung. Schärfere Kontrollen sollten erwogen werden, um sicherzustellen, dass die Produkte auf dem Markt tatsächlich der Art und Qualität sind, dass — insbesondere hinsichtlich des Klimawandels — positive Wirkungen zu erwarten sind.

3.2.4   Es ist eine größere Unterstützung der Mitgliedstaaten erforderlich, um sicherzustellen, dass höchsteffiziente Produkte, die auf den Markt kommen, wirklich vom Verbraucher angenommen werden. Produkte der Energieeffizienzklasse A++ werden immer noch als zu teure Produkte angesehen, die sich nicht rentieren. Daher wird auf dem Markt immer noch vorwiegend die Entscheidung zugunsten der Produkte der Energieeffizienzklasse A+ getroffen. Es kann verschiedene Anreize geben und es gibt bereits — sowohl in Mitgliedstaaten als auch außerhalb Europas - Beispiele, die sich als gute Verfahrensweisen (5) erwiesen haben.

3.2.5   Auf Ebene sowohl der Mitgliedstaaten als auch der EU sollte die Unterstützung durch die Mitgliedstaaten ebenso wie der lautere Wettbewerb dem Tempo der technischen Innovation in diesem Bereich angepasst werden.

3.2.6   Ein wichtiges Glied in der Versorgungskette ist der Einzelhändler. Dem Einzelhändler der EU müssen die verschiedenen Folgen des Imports von Produkten zum Verkauf auf dem Binnenmarkt deutlicher bewusst sein. Jegliche Bemühung der Industrie wäre vergebens, wenn die Einzelhändler weiterhin Waren importieren und vertreiben würden, die dem Standard nicht entsprechen, potenziell gefährlich und nicht nachhaltig sind. In dieser Hinsicht ist der EWSA der Auffassung, dass der Einzelhandel noch ein beträchtliches Potenzial für eine Sensibilisie-rung für Fragen der Haushaltselektrogeräteindustrie auf dem Binnenmarkt und der Nachhaltigkeit solcher Geräte bietet.

3.3   Der soziale Aspekt

3.3.1   Es ist eine Tatsache, dass Arbeitsplätze verloren gehen, wenn Produktionsstätten verlagert werden. Dadurch verfügt eine Reihe von Arbeitnehmern über Kenntnisse und Fähigkeiten, die keine Anwendung mehr finden, wenn diese Menschen den Produktionsstätten nicht nachziehen. Eine Umstrukturierung der Branche ist von größter Wichtigkeit, um sicherzustellen, dass keine Arbeitsplätze verloren gehen, und dass dieser Industriezweig seine Attraktivität für Spitzenkräfte der Belegschaften behält.

3.3.2   Eine Branche, die besonders berücksichtigt werden muss, sind die Dienstleistungen und hier insbesondere die Reparatur von Haushaltsgeräten. Das weitere gesunde Gedeihen dieser Branche muss dadurch gewährleistet werden, dass die Möglichkeit der Reparatur qualitativ hochwertiger Haushaltsgeräte garantiert wird, und dass Ersatzteile vorhanden sind, damit Reparaturen überhaupt möglich sind.

3.3.3   Gleichzeitig sollte eine gemeinsame Politik der EU und der Mitgliedstaaten den Übergang der Branche zur Herstellung innovativer Produkte fördern und so neue Beschäftigungsmöglichkeiten schaffen. Dieser Prozess sollte durch einen gut strukturierten Dialog zwischen den Sozialpartnern auf Ebene der EU und der Mitgliedstaaten sowie in den Unternehmen begleitet werden. Auch in den neuen Produktionsstätten in den neuen Mitgliedstaaten der EU müssen die qualitativ hochwertigen europäischen Normen in der Industrie erreicht werden.

3.3.4   Ein effektiver und andauernder sozialer Dialog in diesem Bereich auf EU-Ebene ist zusammen mit der Marktüberwachung und der Durchsetzung von Standards in ganz Europa einer der wesentlichen Faktoren, um sicherzustellen, dass weniger Arbeitsplätze verloren gehen.

3.4   Die Situation für den Verbraucher

3.4.1   Der Verbraucher muss sich sicher sein können, qualitativ hochwertige und energieeffiziente Produkte mit guter Leistungsfähigkeit zu erwerben, und daher benötigt er einen Zugang zu verlässlichen Informationen, die einfach verständlich, wahrheitsgetreu und übersichtlich sind.

3.4.2   Die Etikettierung muss dynamischer gestaltet werden und sich weiterentwickeln können, um der in diesem Bereich stattfindenden Innovation gerecht zu werden. Außerdem sollten die Etikette die Standards für die Haushaltsgeräte genau wiedergeben. Daher sollten Prüfungen strenger und genauer sein.

3.4.3   Marktüberwachung in den Mitgliedstaaten ist besonders wichtig, um sicherzustellen, dass die Geräte wirklich die genannte Leistung erbringen, und dass der Verbraucher das bekommt, was er haben wollte.

3.4.4   Ebenfalls erwähnt werden sollte der potenzielle negative Effekt, den die Anschaffung neuer Haushaltsgeräte auf die Umwelt haben kann, wenn die Verbraucher die alten Geräte gleich-zeitig weiter nutzen, und so einen „Rebound-Effekt“ erzeugen.

3.4.5   Unabhängige Verbrauchertests sind die beste Werbung für effiziente und effektive Haushaltselektrogeräte. Mithilfe solcher Tests lassen sich die Qualität und der Standard eines Gerätes bestimmen sowie feststellen, ob das Gerät seine wesentlichen Funktionen angemessen erfüllt.

3.5   Die Situation für die Umwelt

3.5.1   Der EWSA erkennt an, dass auch in diesem Bereich ein besonderer Beitrag für den Erhalt der Umwelt, zur Verringerung des CO2-Ausstoßes und zur Eindämmung des Klimawandels geleistet werden kann. In dieser Hinsicht verweist der EWSA auf die Position, die er in seiner Initiativstellungnahme „Ökologische Herstellungsverfahren“ (6) vertreten hat, wobei er noch einmal betont, dass ein „grüner Markt“ innerhalb des Binnenmarktes entstehen kann, und auch die Einzelheiten zur Etikettierung und zum Lebenszyklus des Produkts hervorhebt.

3.5.2   Für alle Waren, die unter dem „guten Standard“ liegen, sollte eine Frist von ungefähr fünf Jahren gelten, innerhalb derer der gewünschte Standard erreicht werden muss. Zum Beispiel sollten Kühlschränke, die einen bestimmten Grenzwert nicht erreichen, nach Ablauf dieser Frist nicht mehr auf dem europäischen Markt verkauft werden dürfen. Dies stimmt mit dem am 24. Oktober 2006 von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Aktionsplan zur Energieeffizienz überein („Produkte, die den vereinbarten Mindestanforderungen nicht entsprechen, dürfen nicht in Verkehr gebracht werden“). Diese Vorschläge entsprechen auch der Ökodesign-Richtlinie und der Umweltzeichen-Verordnung.

3.5.3   Darüber hinaus ist es von Bedeutung, dass die Ökodesign-Richtlinie so bald wie möglich für alle entsprechenden Elektrogroßgeräte Anwendung findet und dass die Umweltzeichen-Verordnung dahingehend überarbeitet wird, dass eine schnelle Entwicklung hocheffizienter Geräte ermöglicht wird: Dies wären die legislativen Voraussetzungen, damit Firmen qualitativ hochwertige und langlebige Haushaltselektrogeräte herstellen.

3.5.4   Hinsichtlich der gegenwärtigen Energiepolitik der EU und unter dem Aspekt, dass der Kennzeichnungsmechanismus allein nicht ausreicht, um die Energieziele der EU zu erreichen, ruft der EWSA die Kommission dazu auf, zur Erreichung der gesetzten Ziele neue Rechtsinstrumente in Betracht zu ziehen.

Brüssel, den 22. Oktober 2008

Der Präsident

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Mario SEPI


(1)  Der Begriff Haushaltsgeräte umfasst Kühlschränke, Waschmaschinen, Geschirrspülmaschinen, Wassererhitzer, Heizgeräte und alle elektronischen Geräte, die im Haus Verwendung finden.

(2)  Der neue — auch als „Ayral-Paket“ bekannte — Rechtsrahmen ist das letzte Paket des Maßnahmenpakets für eine bessere Rechtsetzung, das auf Marktüberwachung, Produktkennzeichnung und Zulassung gerichtet ist und das vom Europäischen Parlament und dem Rat am 23. Juni 2008 verabschiedet wurde. http://ec.europa.eu/enterprise/regulation/internal_market_package/index_en.htm

(3)  Einschließlich der gegenwärtigen Energie- und Kraftstoffkosten.

(4)  KOM(2008) 397 endg. (16.7.2008).

(5)  Italien — 20 % der Kosten für Kühl-/Gefriergeräte der Energieeffizienzklassen A+ und A++ (maximal 20 EUR) können von der Einkommensteuer abgesetzt werden.

Spanien — Rabattschema: Käufer energieeffizienter Produkte können 2008 in Abhängigkeit von der Art des Haushaltsgeräts eine finanzielle Unterstützung von 50-125 EUR erhalten.

Brasilien plant den Beginn eines Programms zur Förderung des Kaufs von 10 Millionen Kühlschränken für Bürger mit niedrigem Einkommen. Verbraucher hätten ihren alten Kühlschrank, der in der Regel mehr Energie verbraucht, abzugeben, um einen Kredit für einen neuen, sparsameren Kühlschrank zu bekommen.

(6)  Stellungnahme EWSA (ABl. C 224 vom 30.8.2008, S. 1); Berichterstatterin: Frau Darmanin.