52008DC0698

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die praktische Durchführung der Arbeitsschutzrichtlinien 92/57/EWG (zeitlich begrenzte und ortsveränderliche Baustellen) und 92/58/EWG (Sicherheitskennzeichnung am Arbeitsplatz) /* KOM/2008/0698 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 6.11.2008

KOM(2008) 698 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

über die praktische Durchführung der Arbeitsschutzrichtlinien 92/57/EWG (zeitlich begrenzte und ortsveränderliche Baustellen) und 92/58/EWG (Sicherheitskennzeichnung am Arbeitsplatz)

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

über die praktische Durchführung der Arbeitsschutzrichtlinien 92/57/EWG (zeitlich begrenzte und ortsveränderliche Baustellen) und 92/58/EWG (Sicherheitskennzeichnung am Arbeitsplatz)

1. EINLEITUNG

Mit der Vorlage dieser Mitteilung kommt die Kommission ihrer Zusage nach[1], die Durchführung der Rechtsvorschriften mit dem Ziel ihrer Verbesserung zu bewerten.

Die Mitteilung basiert im Wesentlichen auf den von den Mitgliedstaaten vorgelegten nationalen Berichten[2] und einem Bericht unabhängiger Experten, in dem die Durchführung der beiden Richtlinien in allen betroffenen Branchen der privaten und/oder öffentlichen Wirtschaft analysiert wird. Einbezogen werden auch die Ergebnisse der europäischen Inspektionskampagnen über die Sicherheit in der Bauwirtschaft, die in den Jahren 2003 und 2004 in den damals 15 Mitgliedstaaten durchgeführt wurden, die neueren europäischen Statistiken über Arbeitsunfälle und die Erfahrungen, die die Kommission bei der Überwachung der Umsetzung und Anwendung der Richtlinien gesammelt hat.

Die Bewertung betrifft die Umsetzung und Durchführung zweier Richtlinien: der Richtlinie 92/57/EWG des Rates vom 24. Juni 1992 über die auf zeitlich begrenzte oder ortsveränderliche Baustellen anzuwendenden Mindestvorschriften für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz[3] und der Richtlinie 92/58/EWG des Rates vom 24. Juni 1992 über Mindestvorschriften für die Sicherheits- und/oder Gesundheitsschutzkennzeichnung am Arbeitsplatz[4], und zwar jeweils nur in den EU-15-Staaten. Nach Auffassung der Kommission wird diese Bewertung für die 12 neuen Mitgliedstaaten eine Quelle nützlicher Informationen für die Anwendung der beiden Richtlinien sein.

2. RECHTSWIRKUNGEN

2.1. Richtlinie 92/57/EWG

Aus den Berichten der Mitgliedstaaten[5] geht hervor, dass die formale Wirkung der Richtlinie 92/57/EWG (Vereinfachung, Straffung, Konsolidierung und Kodifizierung) es den Mitgliedstaaten erlaubt hat, die geltenden nationalen Rechtsvorschriften zu vereinheitlichen, zu konsolidieren und zu aktualisieren. Einige Mitgliedstaaten erklären allerdings, dass die Richtlinie keinerlei Auswirkungen auf rechtliche/administrative Grundsätze gehabt hat.

Die inhaltliche Wirkung auf die innerstaatlichen Rechtsvorschriften war in allen Mitgliedstaaten erheblich. Selbst diejenigen Mitgliedstaaten, die erklärten, sie hätten bereits zuvor gut entwickelte nationale Rechtsvorschriften gehabt, führten Änderungen ein, um Kernkonzepte der Richtlinie zu übernehmen. Die Richtlinie hatte zur Folge, dass in allen nationalen Arbeitsschutzvorschriften wesentliche Ergänzungen vorgenommen wurden, insbesondere im Zusammenhang mit der Planung, der Koordinierung auf der Baustelle, dem Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan und der Sicherheits- und Gesundheitsschutzunterlage.

Die neue Herangehensweise an die Prävention durch Festlegung von Pflichten und Verantwortlichkeiten der verschiedenen Akteure auf einer Baustelle scheint sich deutlich ausgewirkt zu haben.

Richtlinie 92/58/EWG

Die meisten Mitgliedstaaten haben sich darauf beschränkt, frühere Bestimmungen über Sicherheitskennzeichnung, die sie zur Umsetzung der Richtlinie 77/576/EWG erlassen hatten, aufzuheben und durch neue Rechtsvorschriften, mit denen sie die Richtlinie 92/58/EWG umsetzten, zu ersetzen. Einige Mitgliedstaaten erklärten, ihr Rechtsrahmen sei durch die neuen Bestimmungen ergänzt, erweitert und aktualisiert worden, und außerdem habe sie die Gelegenheit geboten, die nationalen Bestimmungen zu konsolidieren.

Die meisten inhaltlichen Änderungen betreffen neue Vorschriften zu bestimmten Zeichen einschließlich verbaler Kommunikation und Handzeichen, Gesundheitskennzeichnungen, die von der früheren Richtlinie nicht abgedeckt wurden, und neue Pflichten des Arbeitgebers im Zusammenhang mit Unterrichtung, Unterweisung und Anhörung der Arbeitnehmer; außerdem wird der Geltungsbereich der Richtlinie auf sämtliche Wirtschaftszweige ausgedehnt.

3. SENSIBILISIERUNGS- UND BEGLEITMASSNAHMEN ZU DEN RICHTLINIEN 92/57/EWG UND 92/58/EWG

Nach Erlass der beiden Richtlinien sorgten die Kommission und die Mitgliedstaaten dafür, sie bekannt zu machen, und boten Beratung für ihre Durchführung auf den Baustellen und bei der Kennzeichnung an den Arbeitsplätzen an. Das Europäische Jahr für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz 1992, die Europäischen Wochen für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit und die nationalen Sensibilisierungskampagnen boten sich in besonderem Maße für die Informationsverbreitung und die Sensibilisierung der Verantwortlichen für ihre Pflichten an. Die 1994 gegründete Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz[6] setzt sich für europaweite Informationsverbreitung und Sensibilisierung ein und hat ihrerseits das „European Construction Safety Forum“ gegründet, das den Erfahrungsaustausch zwischen den Akteuren der Branche, insbesondere zwischen den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), fördern soll. Der Ausschuss Hoher Arbeitsaufsichtsbeamter (SLIC)[7] hat ebenfalls verschiedene Initiativen zur Durchsetzung und Sensibilisierung in die Wege geleitet (europäische Inspektionskampagnen).

Die Mitgliedstaaten führten umfassende Pläne zur Förderung aktiver Prävention, zur Sensibilisierung für integrierte Prävention und zur Erstellung praktischer Leitlinien ein, mit denen Arbeitgebern und Arbeitnehmern die Einhaltung der neuen Rechtsvorschriften erleichtert werden soll. In einigen Mitgliedstaaten waren diese Aktivitäten an bestimmte zentrale Akteure wie etwa die Bauherren gerichtet. Berufsverbände, Gewerkschaften sowie Architekten- und Ingenieursverbände gaben die Informationen über die neuen Rechtsvorschriften ebenfalls durch Seminare, Sitzungen, Broschüren und andere Druckmedien an ihre Mitglieder weiter. Schließlich haben einige große Bauunternehmen eigene Informationsmittel für ihre Beschäftigten und Subunternehmer herausgegeben.

4. UMSETZUNG

Trotz vorheriger intensiver Anhörung der Sozialpartner und trotz einstimmiger Annahme im Rat hat die Mehrheit der Mitgliedstaaten die beiden Richtlinien nicht fristgerecht umgesetzt, was erhebliche Auswirkungen auf den Grad der praktischen Durchführung an den Arbeitsplätzen hatte[8].

Im Anschluss an die Umsetzung überprüfte die Kommission die Übereinstimmung der nationalen Vorschriften mit den Richtlinien und nahm Gespräche mit den nationalen Behörden auf, um eventuelle Unklarheiten zu beseitigen, Probleme zu lösen und notwendige Korrekturen zu veranlassen. Erforderlichenfalls wurden Vertragsverletzungsverfahren gemäß Artikel 226 EG-Vertrag eingeleitet. Auch Beschwerden, die an die Kommission gerichtet wurden, stellten eine wertvolle Informationsquelle dar, die es erlaubte, Schwachstellen in den nationalen Rechtsvorschriften ausfindig zu machen.

4.1. Richtlinie 92/57/EWG

Die Durchführung der Richtlinie 92/57/EWG ist eine komplexe technisch-administrative Angelegenheit; die Mitgliedstaaten überarbeiten und aktualisieren ihre Rechtsvorschriften regelmäßig. Dies ist der Grund, weshalb die Richtlinie in einigen Mitgliedstaaten auf höchst fragmentierte Weise mit mehreren Rechtsakten (in einigen Fällen mehr als 40) umgesetzt wurde, was die Beurteilung der Übereinstimmung erschwert. Es wurden Abweichungen zwischen den nationalen Rechtsvorschriften festgestellt, deren Ursprung im zugrunde liegenden Rechtsrahmen und in der Tatsache zu suchen ist, dass die Richtlinie Mindestvorschriften vorgibt und es den Mitgliedstaaten überlässt, ein höheres Schutzniveau beizubehalten oder festzulegen[9].

Die größten Einhaltungsprobleme wurden im Zusammenhang mit dem Geltungsbereich, den Begriffsbestimmungen, der Benennung von Koordinatoren, der Vorbereitung und Ausführung von Bauprojekten und der Verantwortung von Bauherren, Bauleitern, Koordinatoren und Arbeitgebern festgestellt.

In mehreren Mitgliedstaaten jedoch gehen die Rechtsvorschriften über die Mindestanforderungen der Richtlinie 92/57/EWG hinaus, sie klären bestimmte Koordinierungsfragen und legen Verfahren für eine wirksame Einhaltung fest.

Die festgestellten Probleme mit der Einhaltung und die extrem hohe Unfallrate in der Bauwirtschaft legt die Vermutung nahe, dass im Zusammenhang mit der Richtlinie 92/57/EWG Verständnisschwierigkeiten auftreten, die durch die Komplexität der nationalen Durchführungsmaßnahmen noch verschärft werden. Ein Mittel zur Verbesserung der Anwendung der Richtlinie in den Mitgliedstaaten könnten zusätzliche nichtverbindliche Instrumente auf europäischer Ebene sein, die allen Akteuren dabei helfen, ihre Pflichten und Rechte richtig zu verstehen. Die Kommission hat daher in enger Zusammenarbeit mit dem Beratenden Ausschuss[10] und den verschiedenen Fachleuten der Branche mit der Erstellung eines nichtverbindlichen Leitfadens zur Anwendung der Richtlinie begonnen. |

4.2. Richtlinie 92/58/EWG

Es liegt in der Natur der Sache, dass diese Richtlinie in den meisten Mitgliedstaaten fast wortwörtlich umgesetzt wurde. Die sehr wenigen Fälle einer möglicherweise nicht korrekten Umsetzung der Richtlinie wurden über Kontakte mit den zuständigen Behörden gelöst, ohne dass weitere gerichtliche Maßnahmen notwendig gewesen wären.

5. MASSNAHMEN VOR ORT: DIE PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG DER RICHTLINIE 92/57/EWG

Die Bewertung der Lage auf den Baustellen ergibt ein uneinheitliches Bild: In einigen Mitgliedstaaten hat die Richtlinie tatsächlich dazu beigetragen, die Gesundheits- und Sicherheitsbedingungen zu verbessern und Unfälle zu vermeiden, während in anderen noch viel getan werden muss, damit die Anforderungen erfüllt und die vollen Vorteile einer effektiven Prävention geerntet werden können.

Allen bereits unternommenen Anstrengungen zum Trotz sprechen die Arbeitsunfallstatistiken eine unmissverständliche Sprache: Die Bauwirtschaft ist nach wie vor ein Risikosektor, in dem sich zweimal so viele Unfälle ereignen wie im Durchschnitt aller Wirtschaftszweige und zweieinhalb mal so viele tödliche Unfälle[11].

Die Richtlinie weist allen, die auf einer Baustelle tätig sind, wichtige Rollen im Rahmen der Prävention zu. Die Durchführung wurde daher danach bewertet, welchen Einfluss jede Gruppe auf die Prävention von und den Schutz vor arbeitsbedingten Gefahren hat. Die wichtigsten Schlussfolgerungen:

Bauherren

Durch die Richtlinie werden den Bauherren verschiedene Pflichten im Zusammenhang mit der Durchführung von Sicherheits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen auferlegt. Diese Pflichten verursachen ein gewisses Unbehagen.

Bauherren gehören unterschiedlichen Kategorien an, je nach

- dem betreffenden Sektor: öffentlich oder privat;

- der Größe der Baustelle: groß, mittel oder klein;

- der Häufigkeit der Durchführung von Hoch- oder Tiefbauarbeiten: regelmäßig oder gelegentlich;

- des Rechtsstatus: Einzelperson, Bauunternehmer oder Bauträger, Wohnungsbaugesellschaften.

Wie sehr sich die verschiedenen Bauherrenkategorien für die Prävention einsetzen, variiert erheblich, bedingt durch unterschiedliche Rechtskenntnis, unterschiedliche Verfügbarkeit von Mitteln für die Prävention und unterschiedliche Motivation. Einzelpersonen, die nur gelegentlich als Bauherren kleiner Baustellen auftreten, wissen im Allgemeinen nicht über ihre Präventionspflichten Bescheid, während große Bauherren, die regelmäßig Großbaustellen betreiben, normalerweise ihre Pflichten kennen und eine aktive Rolle bei der Prävention arbeitsbedingter Gefahren übernehmen. Diese Bauherren sind überzeugt, dass Prävention wesentlich ist und letztendlich zu Einsparungen führt, auch wenn sie versuchen, die Kosten so weit wie möglich zu reduzieren. Ihr Hauptproblem sei, sagen diese Bauherren, der durch die neuen Rechtsvorschriften und insbesondere durch die Koordinierung verursachte Kostenanstieg. Dagegen engagieren sich Einzelpersonen, die gelegentlich Bauarbeiten ausführen lassen, nur sehr widerwillig für die Prävention, die sie als finanzielle und administrative Last empfinden; sie glauben, ihre Verantwortung ende mit dem Unterzeichnen des Bauvertrags. Dieses Problem resultiert allerdings nicht unmittelbar aus der Richtlinie, die es den Mitgliedstaaten freistellt, die Verantwortung für die Prävention je nach Art und Größe des Bauprojekts zuzuweisen.

Mehrfach wurden schlechte Planung und zeitliche Zwänge als Faktoren angegeben, die die Prävention von Unfällen und Gesundheitsbeeinträchtigungen stark unterminieren. Bauherren, die zu sehr auf kurzen Ausführungsfristen bestehen, wurden oft als Ursache dieser Probleme genannt.

Auch wenn es nach der Richtlinie nicht verboten ist, dass eine natürliche oder juristische Person gleichzeitig mehrere Aufgaben übernimmt, scheint doch die Kombination etwa der Rolle des Bauherrn und des Koordinators praktische Probleme aufzuwerfen. Oft ist ein Bauherr beispielsweise deswegen nicht in der Lage, die Rolle des Koordinators auszufüllen, weil er nicht über die erforderlichen Fähigkeiten oder Kenntnisse verfügt.

Die Lage in einigen Mitgliedstaaten zeigt deutlich, dass es notwendig ist, verschiedene Bauherrenkategorien nach Größe der Baustelle (klein), Rechtsstatus (Einzelpersonen) und Art der Bauarbeiten (gelegentlich oder regelmäßig) zu informieren, zu schulen und zu sensibilisieren. Die einzelstaatlichen Behörden und die Berufsverbände müssen in diesem Bereich Vorreiter sein.

Einige Mitgliedstaaten haben bereits Schritte unternommen, um ein gutes Gesundheitsschutz- und Sicherheitsniveau bei öffentlichen Aufträgen zu gewährleisten. Dieser Praxis sollten sich die anderen Mitgliedstaaten anschließen.

Bauherren sollten – da sie über die wirtschaftlichen und finanziellen Mittel für die Ausführung der Bauarbeiten verfügen – die führende Rolle in dem von der Richtlinie vorgesehenen Präventionssystem übernehmen. Ihnen fehlt es aber häufig an den hierfür erforderlichen Kenntnissen und Fähigkeiten, weshalb sie laut Richtlinie andere Akteure heranziehen können, ohne dass dadurch ihre Verantwortung entfiele.

Bauleiter

Sehr oft übernimmt der Bauherr auch die Rolle des Bauleiters. Um das Präventionsmanagement dort zu verbessern, wo mehrere Subunternehmer zusammen auf einer Baustelle tätig sind, kann der für das Projekt verantwortliche Hauptunternehmer als Bauleiter im Sinne der Richtlinie 92/57/EWG agieren.

In der Regel sind Bauleiter mit der Koordinierung der Sicherheits- und Gesundheitsschutzangelegenheiten während der Ausführung eines Bauprojekts vertraut, sie bedauern jedoch, dass die Sicherheit bei der Planung und Vorbereitung nicht ausreichend berücksichtigt wird, und sind der Ansicht, dass die Verantwortung des Bauleiters und des Bauherrn klarer definiert sein sollte. Einige Unternehmen erkennen zwar den Wert der Koordinierung an, schätzen aber die damit verbundenen Formalitäten nicht und verweisen auf Unklarheiten, was die Aufgaben von Koordinatoren und Präventionsdiensten angeht.

Bei den Großunternehmen, die besucht wurden, weiß man über die Anforderungen gut Bescheid. Sie setzen oft Präventionsdienste ein, und ihre Berufsverbände versorgen sie regelmäßig mit Informationen. Bei den Klein- und Mikrounternehmen besteht eher die Gefahr, dass sie die Bestimmungen nicht so gut kennen, und selbst wenn sie sie kennen, betreiben sie Prävention im Allgemeinen und Koordinierung im Besonderen immer noch widerwillig. Den KMU, die nicht Mitglied eines Berufsverbandes sind, fehlt es oft an Informationen, weshalb ihre Kenntnisse über Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz beschränkt sind. Je länger außerdem die Untervergabekette ist, desto größer ist das Informationsdefizit. In den Augen der Bauherren und Bauleiter wird die Verantwortung durch lange Untervergabeketten verwässert. Nur die kleinen Unternehmen am Anfang einer Untervergabekette profitieren von der Erfahrung und bewährten Praxis des Hauptunternehmers.

Hochentwickelt ist die Prävention oft in den auf bestimmte Aufgaben spezialisierten Nachunternehmen (etwa für Gasanlagen oder Wartung von Aufzugsanlagen).

Eine enge Zusammenarbeit über die gesamte Untervergabekette ist der Grund dafür, dass bei gut geplanten, geleiteten und koordinierten Bauprojekte eher mit sicheren und gesunden Arbeitsbedingungen zu rechnen ist. In diesem Fall ist es auch wahrscheinlicher, dass die wirtschaftlichen Vorteile geerntet werden können, also weniger Ausfalltage, weniger Verschwendung, geringere Gefahr, die Kostenplanung zu überschreiten. Jeder in der Untervergabekette – Bauherren und Bauunternehmen gleichermaßen – sollte immer daran denken und entsprechend handeln. Angesichts der Schwierigkeiten, die Unternehmen ganz am Ende der Untervergabekette zu erreichen, bleibt die Untervergabe nach wie vor ein Thema, mit dem man sich intensiv beschäftigen muss. Dies betrifft auch die Durchsetzung der Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften. Die Kommission muss sich damit auch im Rahmen der Gemeinschaftsstrategie 2007-12 befassen. |

Architekten, Ingenieure und Beratungsfirmen

Zwar erwähnt die Richtlinie Architekten, Ingenieure oder Beratungsfirmen nicht ausdrücklich, aber diese Gruppe wurde dennoch in die Bewertung einbezogen, da Planer eine zentrale Rolle bei der Projektvorbereitung spielen und daher für die Prävention arbeitsbedingter Gefahren auf Baustellen wichtig sind.

Architekten und Ingenieure, die Bauprojekte planen, machten deutlich, dass sie die Anforderungen kennen, aber nicht gänzlich mit den vorgeschriebenen neuen Maßnahmen einverstanden sind. Einige sind dagegen, dass der Bauherr einen Koordinator für die Planungsphase ernennt, da sie dadurch ihrer Ansicht nach in ihrer gestalterischen Freiheit eingeschränkt werden.

In einigen Mitgliedstaaten agieren Architekten und Ingenieure aber oft als Koordinatoren in der Planungsphase. Dadurch haben sich die Arbeitsbedingungen auf der Baustelle deutlich verbessert, weil für kollektive Schutzmaßnahmen und Sicherheitskennzeichnung gesorgt wird. Die Mehrheit der Planer akzeptiert die der Koordinierung zugrunde liegende Philosophie, zögert aber, zusätzliche Verantwortung zu übernehmen. Einige berichten, dass es problematisch sein kann, Bauherren und Bauleiter davon zu überzeugen, die notwendigen Präventionsmaßnahmen zu treffen. Architekten kritisieren auch den Formalismus bestimmter nationaler Bestimmungen für kleine Baustellen und die unterschiedliche Auslegung, zu denen sie führen können.

Präventionsmaßnahmen werden oft nicht vom Planungsstadium an in ein Bauprojekt integriert, da die Sicherheitsbedingungen während der Bauausführung und der anschließenden Baunutzung und -instandhaltung in den planerischen oder architektonischen Entscheidungen keinen zentralen Faktor darstellen. In allen Mitgliedstaaten ist noch ein weiter Weg zu gehen, um zu erreichen, dass die Präventionskultur tatsächlich bereits im Planungsstadium verwurzelt wird. Um dahin zu gelangen, müssen die zuständigen nationalen Behörden Anstrengungen unternehmen, um die Projektplaner in den berufsbildenden Schulen und Universitäten zu schulen und der Prävention in den Lehrplänen einen zentralen Platz einzuräumen. |

Koordinatoren

Die Rolle des Koordinators besteht gemäß Richtlinie 92/57/EWG darin, die Durchführung der verschiedenen Gesundheits- und Sicherheitsbestimmungen durch die an der Vorbereitungs- und der Ausführungsphase eines Projekts Beteiligten zu koordinieren.

In der Richtlinie ist nicht festgelegt, welche Anforderungen an ihre fachliche Kompetenz eine Person erfüllen muss, um während der Vorbereitungs- und Ausführungsphase als Koordinator agieren zu können. Hier bestehen erhebliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten. In einigen sind die Kompetenzen und/oder Fähigkeiten der Koordinatoren im Detail definiert; oft wird sogar eine bestimmte Ausbildung oder eine Kombination von Ausbildung und Erfahrung verlangt. Andere schreiben nur vor, dass es Koordinatoren geben muss, ohne eine bestimmtes Qualifikationsniveau zu fordern.

Welche Kompetenzen in den einzelnen Mitgliedstaaten von Personen verlangt werden, die als Koordinatoren agieren, ist recht unterschiedlich, und damit variiert auch das Niveau der Koordinierung von einem Mitgliedstaat zum anderen stark. Das Ergebnis der Bewertung legt die Schlussfolgerung nahe, dass sich die Durchführung der Richtlinie verbessern ließe, wenn die Mitgliedstaaten für die Kompetenz der Koordinatoren bestimmte Mindestkriterien je nach Größe der Baustelle und/oder je nach Art der Gefahren auf der Baustelle einführten. Grundlegende Kriterien für die Bewertung und den Nachweis der Kompetenz von Koordinatoren sind von entscheidender Bedeutung. Die Kommission wird in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten die Entwicklung solcher Kriterien fördern. |

Alle Akteure der Bauwirtschaft geben an, dass der Koordinator in einer zu späten Phase eines Projekts ernannt wird. Arbeitnehmervertreter verwiesen auf einen echten Mangel an Koordinierung in der Planungsphase. Die Bewertung zeigt auch, dass es in der Vorbereitungsphase verbreitet an Koordinierung (und Kontrolle) fehlt; wirksam wird sie erst in der Ausführungsphase.

Da die Prävention arbeitsbedingter Gefahren nicht berücksichtigt wird, ehe die Planung abgeschlossen ist, muss dieser Mangel in der Ausführungsphase ausgeglichen werden. Dies kann einer der Gründe für die im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen extrem hohe Unfallrate sein. Diese Situation beeinträchtigt die Prävention arbeitsbedingter Gefahren während der gesamten Lebensdauer eines Baues, insbesondere hinsichtlich Betrieb, Unterhaltung, Wartung und sogar Abbruch.

Würde in den nationalen Rechtsvorschriften festgelegt, dass an den Auftragsgegenstand gebundene Präventionsmaßnahmen von den Vergabebehörden systematisch in die Leistungsbeschreibung für öffentliche Ausschreibungen und in die Vertragserfüllungsklauseln sowie in das vertraglich festgelegte Qualitätsmanagement einzubeziehen sind, könnte dies dazu führen, dass sich die Einstellung in diesem Bereich ändert.

In der Ausführungsphase kommen mehrere Szenarien vor. Einige Mitgliedstaaten legen fest, dass es sich beim Koordinator um den Architekten oder Ingenieur, der das Gebäude entworfen hat, oder um den Hauptunternehmer auf der Baustelle (Bauleiter) handeln muss. In anderen Mitgliedstaaten kann der Koordinator eine unabhängige natürliche oder juristische Person sein oder zur Organisation bzw. zum Unternehmen des Bauherrn gehören.

Selbst wenn auf der Baustelle für Koordinierung gesorgt ist, beschränkt sie sich häufig auf ein Minimum. Mangelhafte Koordinierung in der Planungsphase wirkt sich auf die Qualität der Arbeit des Koordinators in der Ausführungsphase aus. Koordinatoren auf der Baustelle stoßen oft auf Gesundheits- und Sicherheitsprobleme, die sich nur schwer lösen lassen, weil sie nicht bereits in der Vorbereitungsphase berücksichtigt wurden. Dies wird durch Autoritätsprobleme noch erschwert: Zuweilen verstehen andere Akteure nicht, welche Aufgabe der Koordinator hat, und Selbständige oder Subunternehmer, die auf der Baustelle arbeiten, sind noch weniger bereit, die Autorität des Koordinators anzuerkennen.

Dagegen sind die Beziehungen zwischen dem Koordinator und den Arbeitnehmern sehr gut, wenn der Koordinator unabhängig ist (d. h. weder mit dem Bauleiter noch dem Architekten oder Ingenieur usw. verbunden ist); dann fällt es den Arbeitnehmern leichter, dem Koordinator über Präventionsprobleme zu berichten, über die sie mit der für die Baustelle verantwortlichen Person nicht so gerne sprechen würden. Dieses Vertrauen lässt sich leichter aufbauen, wenn der Koordinator die Baustelle regelmäßig besucht.

Auf Großbaustellen ist die Situation insgesamt gesehen akzeptabel, die Koordinierung ist wirksam und effizient. Auf kleinen oder mittelgroßen Baustellen dagegen stellt sich die Lage ganz anders dar: Die Richtlinie wird hier nur selten eingehalten. Auf kleinen privaten Baustellen bleibt die Koordinierung fast ausnahmslos unbeachtet, man beschränkt sich auf eine „Einhaltung der Form nach“, der Koordinator wird oft sehr spät beauftragt, kleine Unternehmen betrachten die Koordinierung im Allgemeinen als „optional“.

Den Schwierigkeiten einer effektiven Koordinierung auf kleinen Baustellen sollte in den nichtverbindlichen Instrumenten dadurch Rechnung getragen werden, dass die wesentlichen Präventionsaufgaben auf einfache, der Größe der Baustelle und den dort vorhanden Gefahren angemessene Weise behandelt werden. |

Arbeitnehmer

In vielen Mitgliedstaaten gehören die Bauarbeiter unterschiedlichen Nationalitäten an, was Kommunikations- und Verständigungsprobleme mit sich bringt. Sprachbarrieren erschweren es den Arbeitnehmern, Sicherheits- und Gesundheitsanweisungen bei der Verwendung von Maschinen und chemischen Stoffen zu befolgen. Wanderarbeitnehmer scheinen schlechter ausgebildet und informiert zu sein als andere, was die Prävention arbeitsbedingter Gefahren angeht. Häufig können das Fehlen einer Präventionskultur und eine unterschiedliche Wahrnehmung bestimmter Grundwerte Arbeitnehmer veranlassen, inakzeptable Risiken einzugehen. Schulung und Erziehung in Gesundheitsschutz- und Sicherheitsthemen sind ausschlaggebend für eine Verbesserung dieser Situation.

Die Vertreter der Bauarbeiter sind der Schlüssel zur tagtäglichen Einhaltung einer guten Präventionspraxis, insbesondere auf kleinen Baustellen, auf denen der Bauleiter und der Koordinator nicht ständig anwesend sind. Nach Auffassung der Vertreter der Bauarbeiter gibt es dank der Richtlinie echte Fortschritte bei der Arbeitshygiene (Umkleideräume, Kantinen, Sanitäreinrichtungen) und beim Zugang zu Baustellen.

Die Arbeitnehmer geben an, sie verstünden die Rolle oder die Pflichten des Koordinators in der Planungsphase nicht, wüssten aber über seine Rolle in der Ausführungsphase besser Bescheid.

Nach Auffassung der Bauherren haben die Arbeitnehmer keine proaktive Einstellung zur Prävention, sondern beschränkten sich darauf, ihre Pflichten zu erfüllen, ohne über die Auswirkungen auf ihre Gesundheit und Sicherheit nachzudenken.

Die Bewertung auf der Baustelle zeigt, dass es neben einem allgemeinen Mangel an Schulung größere Kommunikations- und Verständigungsprobleme gibt, die verschärft werden, wenn sich auch Wanderarbeitnehmer auf der Baustelle befinden. Schulungsprogramme von der Art des „Safe Pass“[12] könnten sich zur Nachahmung empfehlen. Wenn Arbeitnehmervertreter auf der Baustelle anwesend sind, könnten sich die Arbeitsbedingungen verbessern. Arbeitnehmer glauben häufig, die Pflichten der Koordinatoren umfassten auch Baustelleninspektionen, insbesondere im Hinblick auf die Verwendung persönlicher Schutzausrüstung. |

Selbständige

Die Zahl der auf Baustellen tätigen Selbständigen nimmt in allen Mitgliedstaaten wegen der steigenden Tendenz zur Untervergabe ständig zu. Diese Situation wird in Artikel 10 der Richtlinie 92/57/EWG behandelt; hier wird von den Selbständigen verlangt, bestimmte Vorschriften einzuhalten und die Hinweise der Koordinatoren zu beachten.

Selbständige, die für private Bauherren Renovierungsarbeiten durchführen, stellen ein besonderes Problem dar, da sie nicht Subunternehmer, sondern Dienstleister sind; sie arbeiten normalerweise ohne technische Überwachung und kennen oft nicht einmal die Rechtsvorschriften.

Die zuständigen Behörden sollten gezielte Sensibilisierungskampagnen für Selbständige durchführen. Bauherren oder Unternehmen, die Selbständigen Aufträge erteilen, müssen die Verantwortung für deren Gesundheit und Sicherheit und für die Auswirkungen ihrer Tätigkeit auf andere auf der Baustelle Arbeitende übernehmen. |

Präventionsdienste

Im Allgemeinen haben die neuen Rechtsvorschriften die Zahl der Beratungsfirmen für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz ansteigen lassen; sie sind allerdings nur an der Ausführungsphase des Projekts beteiligt, nicht an der Planungs- und der Vorbereitungsphase.

In einigen Mitgliedstaaten waren die Präventionsdienste sehr aktiv bei der Bereitstellung von Schulungen und Informationen, insbesondere für Koordinatoren und Bauherren. Allerdings erklären sie, nicht über die notwendigen Mittel zu verfügen, um in der Planungsphase eingreifen zu können.

Präventionsdienste sollten eine aktivere Rolle bei der Schulung und Information der Beschäftigten auf der Baustelle erhalten.

5.1. Erforderliche Unterlagen: echte Prävention oder reine Bürokratie?

Einer der wichtigsten Kritikpunkte, die gegen die Richtlinie 92/57/EWG vorgebracht werden, betrifft den Anstieg des Verwaltungsaufwands und die unverhältnismäßigen Kosten, die den Unternehmen, besonders den KMU, dadurch entstehen.

Die Richtlinie sieht drei Arten von Unterlagen vor, durch die die Gesundheits- und Sicherheitsangelegenheiten in allen Phasen dokumentiert werden, von der Planung bis zur Ausführung und während der Nutzung und Instandhaltung, während der Renovierung und Einrichtung und gegebenenfalls bis zum Abbruch.

Vorankündigung

Gemäß Artikel 3 der Richtlinie 92/57/EWG müssen der Bauherr oder der Bauleiter in bestimmten Fällen eine Vorankündigung mit administrativen Informationen erstellen und auf der Baustelle aushängen. In den meisten Fällen muss diese Vorankündigung den zuständigen Behörden innerhalb bestimmter in innerstaatlichen Rechtsvorschriften festgelegter Fristen übermittelt werden. Oft ist es der Koordinator, der erst ernannt wird, wenn das Projekt schon relativ weit fortgeschritten ist, der den Bauherrn drängt, diese Anforderung zu erfüllen.

Wie die Vorankündigung abgefasst und den zuständigen Behörden übermittelt wird, ist von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich. Häufig erledigt dies der Koordinator, obwohl es laut Richtlinie Aufgabe des Bauherrn oder des Bauleiters ist.

Laut Richtlinie dient die Vorankündigung dazu, grundlegende Informationen über die Baustelle und die wichtigsten Akteure sowie die Zahl der Beschäftigten und der auf der Baustelle tätigen Unternehmen und Selbständigen bekannt zu machen; sie ist aber nur für bestimmte Arten von Baustellen erforderlich. Unter dem Gesichtspunkt der Prävention erinnert dieses Dokument den Bauherrn und/oder den Bauleiter an seine/ihre Pflichten, und es erlaubt den zuständigen Behörden, die Erfüllung dieser Pflichten von der Planungsphase an, also noch bevor die Bauarbeiten beginnen, sicherzustellen.

Die Mehrheit der Mitgliedstaaten verlangt systematisch eine Vorankündigung, auch wenn sie von der Richtlinie nur für bestimmte Arten von Baustellen vorgeschrieben wird. Um den Verwaltungsaufwand zu reduzieren, könnten die Mitgliedstaaten in Erwägung ziehen, die Vorankündigung mit anderen Verwaltungsverfahren zu verbinden, etwa der Erteilung der Baugenehmigung. |

Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan

Gemäß Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 92/57/EWG sorgt der Bauherr oder der Bauleiter dafür, dass vor Eröffnung einer Baustelle ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan erstellt wird. Der Koordinator arbeitet den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan aus, in dem die auf die Baustelle anwendbaren Bestimmungen aufgeführt sind.

Die Bewertung ergab, dass die Qualität der Pläne von ausgezeichnet bis kaum akzeptabel reicht. In einigen Fällen zieht der Koordinator für die Vorbereitungsphase den Koordinator für die Ausführungsphase hinzu, um die anzuwendenden Sicherheitsmaßnahmen festzulegen. Der Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan sollte die auf der Baustelle anzuwendenden sicheren Arbeitsverfahren umfassen und muss regelmäßig aktualisiert werden. Er ist besonders wichtig, wenn viele Arbeiten weitervergeben werden sollen.

Oft basiert der Plan auf Standardunterlagen, insbesondere bei kleinen Baustellen und kleinen Unternehmen, und wird damit eher zu einer bürokratischen Formalität, statt die spezifischen Maßnahmen widerzuspiegeln, die auf einer bestimmten Baustelle erforderlich sind. In anderen Fällen beschränkt er sich auf eine Auflistung allgemeiner bewährter Präventionsverfahren ohne Bezug zur spezifischen Baustelle.

Unternehmen, die so vorgehen, argumentieren, eine Baustelle verändere sich laufend und rechtfertige daher keine sehr detaillierte Planung, die sehr rasch überholt sein könnte.

Doch viele Unfälle in der Bauwirtschaft sind auf schlechte Planung und fehlende Voraussicht zurückzuführen. Dies ist der Beleg dafür, dass der Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan keine rein bürokratische Anforderung, sondern entscheidend für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen ist, sofern er laufend an die Veränderungen der Baustellensituation angepasst wird.

Darüber hinaus machen die Mitgliedstaaten in der Praxis nur selten von der in der Richtlinie vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch, Unternehmen von der Erstellung eines Sicherheits- und Gesundheitsschutzplans zu befreien, obwohl dies in allen Fällen mit Ausnahme der in der Richtlinie genannten (Arbeiten, die mit besonderen Gefahren verbunden sind oder für die eine Vorankündigung erforderlich ist) zulässig ist. Dies ist umso erstaunlicher, als diese Möglichkeit nicht angesprochen wird, wenn es um den von der Richtlinie verursachten Verwaltungsaufwand geht.

Um den Bauherren und Bauleitern die Erledigung ihrer Aufgaben zu erleichtern, wird man in einem nichtverbindlichen Leitfaden die verschiedenen Aspekte des Sicherheits- und Gesundheitsschutzplans und die von der Richtlinie vorgesehenen Möglichkeiten behandeln, Unternehmen von der Erstellung bestimmter Unterlagen zu befreien, wenn die Gefahren sie nicht rechtfertigen. |

Unterlage mit Angaben zu Sicherheit und Gesundheitsschutz

Gemäß Artikel 5 der Richtlinie stellt der Bauleiter eine Unterlage mit zweckdienlichen Angaben in Bezug auf Sicherheit und Gesundheitsschutz zusammen, die bei eventuellen späteren Arbeiten zu berücksichtigen sind. Diese Unterlage wird selten am Ende der Planungsphase vorgelegt. Oft ist es der Koordinator für die Ausführungsphase, der sie erstellt und dem Bauherrn übergibt, wenn die Arbeit abgeschlossen ist.

Diese Unterlage wird häufig mit dem Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan verwechselt, und die Erstellung erfolgt eher routinemäßig. Bei kleinen Baustellen jedoch sollte die Sicherheits- und Gesundheitsschutzunterlage an die Art des Projekts angepasst und einfach abgefasst sein und nur die relevanten Sicherheits- und Gesundheitsschutzangaben enthalten, die bei eventuellen späteren Arbeiten zu berücksichtigen sind. Die Richtlinie erlaubt es ausdrücklich, dass der Inhalt der Unterlage den Merkmalen des Bauwerks Rechnung trägt.

Einige Akteure betrachten den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan und die Sicherheits- und Gesundheitsschutzunterlage als bürokratische Formalitäten, die nichts zum Gesundheitsschutz und zur Sicherheit auf der Baustelle beitragen. Es wurde deutlich, dass der Zweck und die Bedeutung der Sicherheits- und Gesundheitsschutzunterlage für die Prävention arbeitsbedingter Gefahren während späterer Arbeiten noch nicht richtig verstanden werden. Auf kleinen Baustellen handelt es sich bei den Unterlagen oft um Kopien von Standardmodellen, die nicht die tatsächlichen Bedingungen auf der Baustelle widerspiegeln und nichts zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen beitragen. In einem nichtverbindlichen Leitfaden soll dieses Problem dahingehend behandelt werden, dass der Verwaltungsaufwand für die Unternehmen verringert wird, ohne dass der Schutz reduziert wird, und dass Engagement und Verantwortungsgefühl gegenüber den Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumenten verbessert werden. |

5.2. Die Verantwortung der einzelnen auf der Baustelle anwesenden Akteure

Artikel 7 der Richtlinie 92/57/EWG regelt die Verantwortung der Bauleiter, der Bauherren und der Arbeitgeber.

In einigen Fällen sind in den innerstaatlichen Gesetzen zur Umsetzung der Richtlinie die Pflichten und die Verantwortung der Bauleiter, Bauherren und Arbeitgeber nicht klar beschrieben. In der Praxis bedeutet dies, dass jeder Akteur seine Verantwortung subjektiv auslegt und dass Aufgaben und Zuständigkeiten von einem Akteur an einen anderen delegiert werden: Planer geben ihre Verantwortung an die Bauunternehmen weiter, diese wiederum an die Subunternehmer; der Koordinator für die Vorbereitungsphase zieht sich zurück, sobald Pläne und Leistungsbeschreibung fertiggestellt sind, selbst wenn die Details noch nicht ausgearbeitet wurden.

Die Bewertung auf der Baustelle zeigt, dass die Bauherren oft glauben, die Verantwortung für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz an den Architekten oder Bauleiter delegieren zu können. Dies ist in denjenigen Mitgliedstaaten nicht zulässig, in denen die Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie vorsehen, dass der Bauherr und nicht der Bauleiter für die Prävention verantwortlich ist. Die Bauherren glauben nach wie vor, dass nur der Bauleiter für Gesundheit und Sicherheit auf der Baustelle verantwortlich ist. Dieses Phänomen ist besonders auf kleinen privaten Baustellen verbreitet.

5.3. Durchsetzung

Für die Durchsetzung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften, mit denen die Richtlinie 92/57/EWG umgesetzt wurde, ist im Allgemeinen die Arbeitsaufsicht der Mitgliedstaaten zuständig.

2001 hat der Ausschuss Hoher Arbeitsaufsichtsbeamter (SLIC) beschlossen, eine EU-weite Durchsetzungskampagne im Bausektor durchzuführen. Die erste Kampagne fand 2003 in den damals 15 Mitgliedstaaten statt. Es handelte sich um eine Inspektions- und Informationskampagne zur Durchführung der Richtlinie 92/57/EWG, wobei die Prävention von Abstürzen im Mittelpunkt stand. Die Inspektionskampagne von 2003 wurde 2004 wiederholt und auf innerbetrieblichen Transport und Hebevorgänge ausgedehnt.

Wie die Ergebnisse der Kampagne von 2003 zeigen, besteht, was die Koordinierung, den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan, die Vorankündigung und die Projektunterlage betrifft, eine positive Korrelation zwischen Baustellengröße und dem Grad der Einhaltung der Richtlinie; große Baustellen (mehr als 50 Beschäftigte) wurden wesentlich besser bewertet als kleine. Auch wenn große Baustellen sicherer sind als kleine, ist doch der Grad der Einhaltung immer noch nicht zufriedenstellend (20-30 % der großen Baustellen entsprechen nicht den Vorschriften, gegenüber 40-50 % der kleinen).

Die Ergebnisse der Kampagne 2004 fielen nicht besser aus. Im Gegenteil, es gibt Hinweise, dass sich die Situation auf kleinen Baustellen möglicherweise sogar etwas verschlechtert hat, was das Fazit von 2003 bestätigt, dass es für die Bauwirtschaft unerlässlich ist, Sicherheits- und Gesundheitsangelegenheiten größere Aufmerksamkeit zuzuwenden und die Arbeitsbedingungen zu verbessern.

6. MASSNAHMEN VOR ORT: DIE PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG DER RICHTLINIE 92/58/EWG

In der Mehrheit der Mitgliedstaaten sind die Akteure mit der Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung vertraut, da sie bereits vor Erlass der Richtlinie 92/58/EWG üblich war. Gegenüber den früheren Zeichen wurden nur sehr wenige Änderungen an Form, Logos, Farben usw. vorgenommen, mit Ausnahme der Zeichen mit Angaben über Notausgänge für den Brandfall.

In den meisten Mitgliedstaaten lassen sich die Arbeitgeber beraten, ehe sie bestimmte Arten von Kennzeichnungen anschaffen. Im Allgemeinen erkundigen sie sich danach, welche Typen zu verwenden und wo sie am besten anzubringen sind.

Zwar sind in den meisten Mitgliedstaaten die Rechtsvorschriften bei den Bauunternehmen sehr gut bekannt, aber sie werden nicht immer eingehalten, weil die Annahme weit verbreitet ist, es handle sich um unwichtige und über das Unerlässliche hinausgehende Rechtsvorschriften.

Am besten sind bei den Bauunternehmen in der Regel die Zeichen für Feuer und Evakuierung bekannt, weil diese Gefahren von den zuständigen Behörden und den Versicherungsgesellschaften am häufigsten hervorgehoben werden. Zwar weiß man in den meisten Unternehmen darüber Bescheid, dass Gefahrenpunkte beschildert werden müssen, aber in kleinen Unternehmen ist man weniger gut informiert als in großen, und in einigen Branchen (z. B. Landwirtschaft, Hotel- und Gaststättengewerbe, Baustellen) ist die Einhaltung der Vorschriften weniger verbreitet. Gefahren, die direkt mit der Haupttätigkeit des Unternehmens zusammenhängen (z. B. chemische Gefahren in Chemieunternehmen) sind besser gekennzeichnet als andere (etwa Gefahren an Verkehrswegen oder beim Transport schwerer Lasten). |

In neuen Unternehmen werden die Rechtsvorschriften konsequenter eingehalten als in älteren. Aber auch in den Fällen, in denen die neuen Kennzeichnungsvorschriften befolgt werden, lassen sich in der Praxis zahlreiche Mängel feststellen. Oft werden die Zeichen nicht erneuert.

Die Folgen der Nichteinhaltung können sehr schwerwiegend sein. Das Fehlen von Zeichen, die vor innerbetrieblichem Fahrzeugverkehr, hängenden Lasten, offenen Gräben, elektrischen Gefahren usw. warnen, kann oft die Ursache schwerer Unfälle sein. |

In den meisten Mitgliedstaaten scheint eine spezifische Schulung der Beschäftigten in der Bedeutung von Zeichen und anderen visuellen Informationen nicht sehr üblich zu sein. Zumeist werden sie ganz allgemein in Sicherheits- und Gesundheitsangelegenheiten geschult und informiert, wobei die Kennzeichnung eher nur am Rande Beachtung findet. Der besondere Fall der Wanderarbeitnehmer muss genauer untersucht werden, um festzustellen, wieweit sie die Zeichen tatsächlich verstehen.

Bestimmte Probleme ergeben sich bei der Deutung der Zeichen „Notausgang“ und „Telefon für Rettung und Erste Hilfe“ einerseits sowie „Ausrüstungen zur Brandbekämpfung“ und „Brandtelefon“ andererseits. Der einzige Unterschied zwischen diesen beiden Zeichengruppen ist die Farbe des Hintergrunds.

7. ALLGEMEINE BEWERTUNG

7.1. Die wichtigsten positiven Wirkungen der beiden Richtlinien

Richtlinie 92/57/EWG

Die Mitgliedstaaten geben in ihren nationalen Berichten an, dass durch die Umsetzung der Richtlinie 92/57/EWG das Bewusstsein für Sicherheits- und Gesundheitsangelegenheiten deutlich geschärft wurde und dass sie veranlasst wurden, ihre innerstaatlichen Gesetze zu aktualisieren. Die Mitgliedstaaten sehen den Erlass dieser neuen Rechtsvorschriften als unbedingt notwendig, als positive Entwicklung, als nützlich, relevant, gerechtfertigt und zufriedenstellend an.

Mit der Richtlinie 92/57/EWG wurde für die Arbeitsbedingungen auf Baustellen viel Positives erreicht. Vor allem hat sie die Präventionskultur in diesem Wirtschaftszweig gefördert, der, was Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten betrifft, besonders negativ heraussticht. Viele Mitgliedstaaten erklären, die Einrichtungen auf den Baustellen hätten sich erheblich verbessert (Hygiene, Schulungsräume, Kantinen, Sanitäreinrichtungen und Büros), und die Richtlinie habe sich positiv auf den Dialog und die Kommunikation zwischen den Akteuren ausgewirkt, die in den einzelnen Phasen auf der Baustelle anwesend sind.

Die wichtigste Neuerung der Richtlinie, die alle Parteien als Fortschritt sehen, besteht darin, dass sämtlichen Akteuren und vor allem auch dem Bauherrn Verantwortung zugewiesen wird. Auch die Einführung der Koordinierung in der Vorbereitungs- und in der Ausführungsphase wird als sehr nützlich angesehen, ebenso die Pflicht, einen Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan und eine Sicherheits- und Gesundheitsschutzunterlage zu erstellen.

Nach Auffassung einiger Mitgliedstaaten erkennen die Unternehmen die Bedeutung von Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz immer mehr an. Sicherheits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen werden nicht mehr nur als Kostenfaktor angesehen, sondern auch als wirtschaftlich vorteilhaft, weil sie die Fehlzeiten verringern und letztendlich die Produktivität steigern können.

Richtlinie 92/58/EWG

Die neuen Rechtsvorschriften enthalten praxisbezogene und umfassende Definitionen für die Kennzeichnung, so dass die an den Arbeitsplätzen verwendeten Zeichen in allen Mitgliedstaaten harmonisiert werden können. Die Tatsache, dass in der Richtlinie auch andere als visuelle Zeichen geregelt werden – etwa Leuchtzeichen, Schallzeichen, verbale Zeichen und Handzeichen – stieß ebenfalls auf Zustimmung.

Die nationalen Berichte zeigen, dass die Richtlinie eine Gelegenheit bot, die bestehenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften zu aktualisieren oder zu ergänzen. Sie trug zur Konsistenz der innerstaatlichen Vorschriften und zur Einführung eines kohärenten Satzes von EU-Sicherheits- und Gesundheitsbestimmungen bei.

7.2. Wichtigste Probleme bei der Durchführung

Richtlinie 92/57/EWG

Die wichtigsten von den Mitgliedstaaten gemeldeten Probleme ergeben sich aus der Anforderung, einen Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan zu erstellen und schon in der Projektvorbereitungsphase einen Koordinator zu ernennen.

Gemäß den meisten innerstaatlichen Gesetzen ist der Bauherr für die Präventionsstrategie verantwortlich. Bauherren haben Schwierigkeiten, sich von ihrer gestiegenen Verantwortung zu entlasten. Die Bestellung von Koordinatoren lässt immer noch zu wünschen übrig oder erfolgt für die Vorbereitungsphase verspätet, da sie auch als bürokratische Belastung angesehen wird.

Wird der Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan nicht erstellt oder der Koordinator nicht vor der Ausführungsphase ernannt, ist der Pflicht, die Präventionsgrundsätze in die Projektvorbereitung einzubeziehen, nicht Genüge getan. Außerdem sind die verschiedenen innerstaatlichen Bestimmungen über den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan zu vage und allgemein gehalten, so dass die Verantwortlichen nicht wissen, was sie in den Plan aufnehmen müssen. Die Arbeitsaufsichtsbehörden stellten ein weiteres schwerwiegendes Problem fest, nämlich dass sich einige Unternehmen mit Sicherheitsplan-Standardmodellen begnügen, die eine Inspektion der spezifischen Arbeitsbedingungen auf einer spezifischen Baustelle nicht erlauben. Die Mitgliedstaaten berichten, dass es manchen Unternehmen schwerfällt, zu begreifen, welche Rolle der Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan innerhalb des Präventionssystems spielt.

Als weiteres Problem wird die geringe Beteiligung der Bauarbeiter – über ihre Vertreter – an der Prävention arbeitsbedingter Gefahren erwähnt.

Festgestellt wurde auch ein Mangel an Schulung für Beschäftigte, Subunternehmer, Selbständige und KMU. Außerdem leiden die KMU unter einem übermäßigen Verwaltungsaufwand und fehlender Flexibilität in den innerstaatlichen Gesetzen.

Schließlich sind in vielen Mitgliedstaaten die Kompetenzen des Koordinators nicht gesetzlich definiert. Dadurch entstehen Situationen, in denen die Koordinierung nicht effektiv sein kann, weil diejenigen, die dafür zuständig sind, nicht über das nötige Wissen verfügen.

Richtlinie 92/58/EWG

Aus den Berichten der Mitgliedstaaten und der Beurteilung der Experten geht hervor, dass das wichtigste Problem die fehlende Schulung der Beschäftigten ist. In den meisten Fällen werden sie ganz allgemein in Sicherheits- und Gesundheitsangelegenheiten geschult und informiert, wobei die Kennzeichnung eher nur am Rande Beachtung findet. Ganz allgemein wurde auch ein Mangel an Interesse für die Durchführung der Richtlinie aufseiten der Unternehmen und Führungskräfte als Problem festgestellt.

8. VERBESSERUNGSVORSCHLÄGE

Richtlinie 92/57/EWG

Einige Mitgliedstaaten erklärten, es sei schwierig, die Richtlinie anzuwenden, weil sie zu allgemein gehalten sei. Einige forderten die Kommission auf, zur Erleichterung der Durchführung nichtverbindliche Informationen auszuarbeiten, in denen mögliche Fragen und Zweifel behandelt werden.

Im Allgemeinen zeigen die nationalen Berichte, dass die Hauptsorge der Mitgliedstaaten den Mängeln bei der Sicherheitskoordinierung in der Vorbereitungsphase gilt. Einige würden es daher begrüßen, wenn die Koordinierung in der Vorbereitungsphase von der Kommission in einem nichtverbindlichen Instrument behandelt würde.

Andere würden gerne das Zusammenspiel zwischen Bauleiter, Planer und Bauherrn sowie zwischen Projektkoordinator, Bauleiter, Selbständigen und Bauherrn in ihren innerstaatlichen Gesetzen klären.

Richtlinie 92/58/EWG

Es wurde eine Reihe von Vorschlägen zur Verbesserung der Richtlinie oder ihrer Anwendung unterbreitet.

Ein Vorschlag zur Verbesserung der Rechtsvorschriften besteht darin, eine obligatorische Grundschulung der Beschäftigten in der Sicherheitskennzeichnung vorzusehen, wobei die Schulung allerdings den jeweiligen Gefahren angemessen sein muss. Ein weiterer Vorschlag war, die Bestimmungen über Handzeichen im Interesse einer besseren Durchführung zu überarbeiten. Es sollten Anstrengungen unternommen werden, um die Richtlinie an die internationalen Normen anzugleichen.

9. BEWERTUNG DER WIRKSAMKEIT DER RECHTSVORSCHRIFTEN

Richtlinie 92/57/EWG

Es ist sehr schwer, den Zusammenhang zwischen der Durchführung der Richtlinie und der Verbesserung der Situation, d. h. dem Rückgang der Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten in der Bauwirtschaft, objektiv zu belegen.

Das Wachstum der Branche seit Inkrafttreten der Richtlinie, die Einführung neuer Technologien, die Kompliziertheit der Einrichtung eines Präventionssystems auf der Baustelle und die Vielzahl der Akteure, jahreszeitliche Unterschiede und die Art und Weise, wie durch die Richtlinie manche neue Bestimmungen Geltung erlangten, während andere durch bereits bestehende nationale Regelungen umgesetzt wurden – all dies erschwert die Bewertung ihrer Wirksamkeit.

Nach wie vor steht die Bauwirtschaft bei den Arbeitsunfällen im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen am schlechtesten da. Zwar hat die Durchführung der Richtlinie über die Jahre zu einem stetigen Sinken der Inzidenzrate der Arbeitsunfälle am Bau geführt, aber dieser Rückgang ist nicht so groß wie erwartet.

(a) Auswirkungen auf Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten

Die neueste verfügbare europäische Statistik über Arbeitsunfälle auf den Baustellen der EU-15 bezieht sich auf das Jahr 2005. Seit 1996 war eine schrittweise Verbesserung der Inzidenzrate sowohl bei den tödlichen Unfällen (1996: 13,3; 2005: 8,8) als auch bei Unfällen mit nachfolgender Fehlzeit von mehr als drei Tagen (1996: 8 023; 2005: 6 069) zu beobachten[13]. Allerdings ist die Rate der tödlichen Unfälle in der Bauwirtschaft fast 2,5-mal so hoch wie der Durchschnittswert für alle Wirtschaftszweige einschließlich des Bauwesens und die Rate der Unfälle mit nachfolgender Fehlzeit von mehr als drei Tagen doppelt so hoch.

(b) Auswirkungen auf Produktivität, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit

Die meisten Mitgliedstaaten liefern keine Informationen über die Auswirkungen der neuen Rechtsvorschriften auf Produktivität, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit. In einigen Mitgliedstaaten werden die neuen Maßnahmen als vorteilhaft für Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit, insbesondere auf lange Sicht, angesehen. Nach Auffassung dieser Mitgliedstaaten fördert die Durchführung der Richtlinie die Modernisierung und Straffung der Produktionsprozesse, was logischerweise durch sorgfältige Planung und Überprüfung der Arbeitsorganisation zu größerer Wettbewerbsfähigkeit führt.

Richtlinie 92/58/EWG

(a) Auswirkungen auf Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten

Zu diesem Thema liegen keine konkreten Daten vor, da in den Statistiken normalerweise die auf die Kennzeichnung zurückzuführenden Unfälle nicht berücksichtigt werden. Insbesondere das Fehlen einer Kennzeichnung wird nicht allgemein als Unfallfaktor angesehen. Folglich findet sich dieser Umstand nicht in der Liste der Unfallgegenstände für die statistische Erfassung. Mangelhafte oder fehlende Kennzeichnung wird daher in den Studien zur Ermittlung der Ursachen von Arbeitsunfällen nicht behandelt.

(b) Auswirkungen auf Produktivität, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit

Die Mitgliedstaaten bezeichnen es als schwierig, die Auswirkungen der Richtlinie auf Produktivität, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit zu messen. Ein Mitgliedstaat erklärte, die Richtlinie habe als Managementinstrument zur Produktivität beigetragen; ein weiterer stellte fest, sie habe positive Auswirkungen auf die Zahl krankheitsbedingter Fehltage und auf die Arbeitsbedingungen im Allgemeinen gehabt.

10. FAZIT

Richtlinie 92/57/EWG

Zwar gingen die Inzidenzrate und die Zahl sowohl der tödlichen Unfälle als auch der Unfälle mit nachfolgender Fehlzeit von mehr als drei Tagen zurück (was schon für sich eine positive Auswirkung der Richtlinie auf Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten in der EU belegt), aber die Zahlen sind nach wie vor unannehmbar hoch: Die Bauwirtschaft ist immer noch die Branche, in der die Beschäftigten den größten Gefahren ausgesetzt sind.

Die Bewertung scheint, wie auch die oben genannten Zahlen, deutlich zu zeigen, dass eine Verbesserung der Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten auf Baustellen nur dann erreicht werden kann, wenn die Richtlinie 92/57/EWG in der Praxis wirksamer durchgeführt wird. Es dürfte jetzt nicht der richtige Zeitpunkt sein, einen Prozess zur Änderung der Richtlinie einzuleiten, ohne zunächst andere Schritte auf nationaler und/oder europäischer Ebene zu unternehmen, um der Richtlinie zur vollen Geltung zu verhelfen und ihre Einhaltung sicherzustellen. Bei der Entwicklung nationaler Gesundheits- und Sicherheitsstrategien könnten die Mitgliedstaaten dahingehend tätig werden, dass sie für eine effektivere Anwendung der Richtlinie 92/57/EWG sorgen, hauptsächlich durch Straffung und Vereinfachung des bestehenden innerstaatlichen Rechtsrahmens, bei gleichzeitiger Beachtung der Grundsätze einer konsistenten und wirksamen Gesetzgebung. Die Maßnahmen zur Verringerung der Verwaltungslasten in der Europäischen Union[14], an denen die Kommission zurzeit arbeitet, sind in diesem Zusammenhang von größter Bedeutung. Sie umfassen auch eine Bewertung der Richtlinie 92/57/EWG und werden es ermöglichen, unnötige von innerstaatlichen und EU-Rechtvorschriften verursachte Verwaltungslasten zu ermitteln.

Die Mitgliedstaaten sind sich einig – und die Bewertung vor Ort bestätigt dies –, dass nichtverbindliche Instrumente auf europäischer und/oder nationaler Ebene benötigt werden, um die Anwendung der Richtlinie 92/57/EWG in der Praxis zu erleichtern. Im Einzelnen betonen die Mitgliedstaaten Probleme mit dem Verstehen und dem Erstellen des Sicherheits- und Gesundheitsschutzplans und dem Ermitteln der dafür verantwortlichen Personen. Auch die Funktion der Sicherheits- und Gesundheitsschutzunterlage muss erläutert werden.

Ganz allgemein berichten die Mitgliedstaaten über Probleme, die aus dem Fehlen klarer Informationen über Definition, Rolle, Aufgaben und Qualifikationen der Koordinatoren je nach Art des Projekts resultieren.

Größere Anstrengungen müssen unternommen werden, um durch Schulung und Unterrichtung den Bauherren ihre Verantwortung bewusst zu machen und sie davon zu überzeugen, dass Koordinierung kein zusätzlicher Kostenfaktor ist, sondern ein wirksames Mittel, um die Kosten über den gesamten Verlauf des Projekts zu senken. Die an der Planung beteiligten Architekten und Ingenieure müssen auch in der Prävention arbeitsbedingter Gefahren geschult werden, vorzugsweise im Rahmen ihres Hochschulstudiums. Es sollten grundlegende Ausbildungsanforderungen für Koordinatoren ausgearbeitet werden. Schließlich müssen kleine Unternehmen sowie Beschäftigte, insbesondere Wanderarbeitnehmer, und Selbständige über die Rechtsvorschriften und über ihre Verantwortung informiert und angemessen geschult werden.

Ein zentraler Aspekt ist eine einheitliche Durchsetzung der Richtlinie in der gesamten EU. Über die Konzentration auf die Ausführungsphase des Baus hinaus ist bei der Durchsetzung stärker darauf zu achten, dass die Bauherren und Planer ihren Pflichten in der Planungsphase gerecht werden. Inspektionsbesuche auf Baustellen sollten häufiger stattfinden, und die Sicherheits- und Gesundheitsschutzpläne und -unterlagen sollten auch auf Form und Inhalt geprüft werden. Sowohl Bauherren als auch Bauleitern sollten, wenn sie ihre Pflichten verletzen, wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Strafen auferlegt werden. In diesem Kontext spielt der SLIC eine zentrale Rolle; er sollte der besonderen Situation in der Bauwirtschaft in seiner künftigen Arbeit Vorrang einräumen.

Im Überblick nun die Maßnahmen, die auf nationaler oder auf EU-Ebene getroffen werden sollten:

- Ausarbeitung nichtverbindlicher Instrumente (Leitfäden);

- Aufnahme spezifischer Sicherheits- und Gesundheitsfragen in die Lehrpläne berufsbildender Schulen und Hochschulen, an denen die Personen ausgebildet werden, die bei der Durchführung der Richtlinie eine maßgebliche Rolle spielen;

- Einführung nationaler Anforderungen an die fachliche Kompetenz von Koordinatoren;

- systematische Einbeziehung – durch die Vergabebehörden – von an den Auftragsgegenstand gebundenen Präventionsmaßnahmen in die Leistungsbeschreibung für öffentliche Ausschreibungen und in die Vertragserfüllungsklauseln sowie in das vertraglich festgelegte Qualitätsmanagement;

- Verbesserung der Erziehung und Schulung der Beschäftigten und bessere Kommunikation mit ihnen durch Schulungsprogramme (wie beispielsweise durch den „Safe Pass“);

- Durchführung spezifischer an die Selbständigen gerichteter nationaler Sensibilisierungskampagnen;

- Kombination der Erstellung der Vorankündigung mit anderen relevanten nationalen Verwaltungsverfahren (etwa Beantragung der Baugenehmigung);

- häufigere Baustelleninspektionen;

- Einführung wirksamer, verhältnismäßiger und abschreckender Strafen.

Die Bauwirtschaft ist nach wie vor ein besonders gefährlicher Wirtschaftszweig, der von allen Akteuren besonderen Einsatz verlangt, soll die Durchführung der Richtlinie 92/57/EWG signifikant verbessert werden. Die Kommission wird ihren Beitrag leisten, damit dieses Ziel erreicht werden kann, unter anderem durch Erstellung eines praktischen nichtverbindlichen Leitfadens, in dem bestimmte zentrale Begriffe geklärt werden und der allen Akteuren dabei helfen soll, ihren Pflichten zu genügen.

Richtlinie 92/58/EWG

Alle Mitgliedstaaten sind der Auffassung, dass sich die Richtlinie 92/58/EWG sehr positiv auf den Schutz der Sicherheit und Gesundheit von Arbeitnehmern und Dritten auswirkt. Sie hat dazu geführt, dass Gefahrensituationen, unabhängig von den Sprachkenntnissen, klar erkannt werden, und entscheidend dazu beigetragen, einen wichtigen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts zu realisieren: die Freizügigkeit der Arbeitnehmer.

Die Einführung des Globally Harmonised System of Classification and Labelling of Chemicals (GHS, Global Harmonisiertes System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien) – durch das die Kriterien, Piktogramme und Symbole für Toxizität, Entflammbarkeit und andere chemische Gefahren geändert werden – wird sich auf die Richtlinie auswirken, die deshalb zu gegebener Zeit aktualisiert werden muss.

[1] Gegeben in der Mitteilung Die Arbeitsplatzqualität verbessern und die Arbeitsproduktivität steigern: Gemeinschaftsstrategie für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz 2007-2012, KOM(2007) 62 endg. vom 21.2.2007.

[2] Der Kommission gemäß den Artikeln 14 und 11 der beiden Richtlinien übermittelt. Diese Artikel wurden in der Folge durch die Richtlinie 2007/30/EG aufgehoben.

[3] ABl. L 245 vom 26.8.1992, S. 6.

[4] ABl. L 245 vom 26.8.1992, S. 23.

[5] Zwei Mitgliedstaaten, die sicherstellen wollten, dass die Richtlinie objektiv bewertet wird, gaben bei unabhängigen externen Fachleuten Erhebungen/Untersuchungen in Auftrag; in fast allen Mitgliedstaaten spielten die Sozialpartner bei der Erstellung des Berichts eine sehr wichtige Rolle.

[6] Verordnung (EG) Nr. 2062/94 des Rates vom 18. Juli 1994 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (ABl. L 216 vom 20.8.1994, S. 1). Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1112/2005 (ABl. L 184 vom 15.7.2005, S. 5).

[7] Beschluss der Kommission vom 12. Juli 1995 zur Einsetzung eines Ausschusses Hoher Arbeitsaufsichtsbeamter (ABl. L 188, 9.8.1995, S. 11).

[8] In den meisten Mitgliedstaaten wurden alle Vertreter der Bauwirtschaft (Sozialpartner, Architekten, Bauherren, Bauleiter usw.) zuvor angehört, und es wurde ihnen Gelegenheit gegeben, an der Umsetzung der Richtlinie mitzuwirken.

[9] EuGH 1996, Vereinigtes Königreich/Rat , Rechtssache C-84/94, Slg. 1996, I-5755, Randnr. 17.

[10] Beschluss des Rates vom 22. Juli 2003 zur Einsetzung eines Beratenden Ausschusses für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz (ABl. C 218 vom 13.9.2003, S. 1).

[11] Quelle: Eurostat, ESAW-Daten 2005.

[12] Das „Safe Pass Health and Safety Awareness Training Programme“ ist ein eintägiges Programm der irischen „Training and Employment Authority“. Mit dem „Safe Pass“ soll erreicht werden, dass alle Bauarbeiter in Irland über Grundwissen in Gesundheit und Sicherheit verfügen, so dass sie auf Baustellen arbeiten können, ohne für sich selbst oder für andere, auf die sich ihre Tätigkeit auswirken könnte, eine Gefahr darstellen.

[13] Laut ESAW-Methodik ist die Inzidenzrate definiert als die Zahl der Arbeitsunfälle je 100 000 Erwerbstätige.

[14] KOM(2007) 23 vom 24.1.2007, Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – Aktionsprogramm zur Verringerung der Verwaltungslasten in der Europäischen Union (SEK(2007) 84) (SEK(2007) 85).